Zum Inhalt springen

#258 Es ist vollbracht! Oder doch nicht? (m. Martin Thoms) Teil 2

Die Fantasie der Allversöhnung, der freie Wille, Mission und das Gericht Gottes

Zu Gast bei Jay, Marco und Gofi ist auch diesmal wieder der Theologe Martin Thoms mit seinem neuen Buch „Es ist vollbracht! Oder doch nicht?“, in dem er sich ausgiebig mit der Fantasie der Allversöhnung auseinandersetzt. Was er mit dieser Fantasie meint, erzählt er im ersten Teil des Gesprächs. Außerdem hat Martin dort die fünf häufigsten Einwände gegen eine Vorstellung der Allversöhnung aufgezählt und ist auf die ersten beiden davon ausführlich eingegangen. 

Im aktuellen Talk geht es um die verbleibenden drei: Das Gericht und die Gerechtigkeit Gottes, Glaube und der freie Wille des Menschen und die Frage, wofür es denn dann überhaupt noch Mission und Evangelisation braucht. Winkt Gott alle Menschen einfach so durch? Egal, ob sie nun wollen oder nicht? Übergeht das nicht die menschliche Entscheidungsfähigkeit? Und wozu braucht es dann noch Glauben? Und wenn ohnehin am Ende alle gerettet werden, warum dann noch den Aufwand betreiben, andere Menschen zum Glauben an Jesus einzuladen? Im Gespräch mit den drei Hossa-Talkern stellt sich Martin Thoms allen diesen Fragen und behauptet, dass die Argumente, die auf den ersten Blick gegen eine Allversöhnung sprechen, bei näherer Betrachtung eigentlich genau das Gegenteil sind. 

Ein inspirierender Talk, der noch einmal deutlich macht, warum es für dieses Thema unbedingt eine Doppelfolge geben musste und warum selbst nach dem eigentlich perfekten Schlusswort noch nicht alles gesagt war. 

Du findest unseren Gast Martin Thoms online 

auf seiner Webseite: www.martinthoms.de 

und auf Instagram: instagram.com/martinthoms.de

Hier findest Du Martins Buch „Es ist vollbracht! Oder doch nicht?“, über das wir in der Folge geredet haben: https://www.eva-leipzig.de/de/es-ist-vollbracht-oder-doch-nicht-2

Und hier findest Du Martins Online-Kurs: https://martinthoms.de/onlinekurs.html

9 Kommentare

  1. Matthias Matthias

    Hey ihr!

    Vielen herzlichen Dank für diese beiden Talks zur Allversöhnung!

    Mit dem zweiten bin ich noch nicht ganz durch, fand aber Gofis Frage, wieso sich das Argument der Gerechtigkeit gegen die Allversöhnung in vielen Kirchen / Gemeinden / Theologien so stark hält…

    Ich habe in dem Zusammenhang einen Verdacht, den man sicher theologisch / kulturhistorisch erforschen könnte (hat sicher schon mal jemand gemacht…):

    Kann es sein, dass irgendwann in der Kultur- bzw. Theologiegeschichte die griechisch/römische Rechtsphilosophie (Göttin Justitia) Einzug in das Denken gehalten hat (Renaissance) ? Und man hier diese Prinzipien dem biblischen Gott untergejubelt hat?

    Sehr sehr gut fand ich den Gedanken der heilenden Gerechtigkeit, der ja in der Justizgerechtigkeit wenn dann nur am Rande / sehr formal vorkommt…

    Dies nur als Anregung…

    Viele Grüße!

  2. Gerrit Gerrit

    Das Hitler-Argument gegen die Allversöhnung ist naheliegend.

    Aber es kann genauso gegen den doppelten Ausgang angewendet werden.

    Rein hypothetisch, hätte Hitler kurz vor seinem Suizid z.B. ein Bekehrungsgebet gesprochen, käme er – nach Vorstellung vieler Gläubiger – konsequenzlos in den Himmel, während all jene unter seinen Opfern, die keine entsprechende Entscheidung/Handlung/etc vorweisen können, in die Hölle müssen.

    Daher gefällt mir Martins Fokus auf Rehabilitierung der Opfer durch endgültiges Aufhebens des Bösen.

    Und es zeigt, dass man mit Hitler immer effektvoll argumentieren (und Diskussionen beenden) kann.

    • hto hto

      Das ist Quatsch/Irrglaube, denn Hitler kommt sicher auch in den „Himmel“, bzw. bleibt im Kreislauf der Wiedergeburten, bis zum Jüngsten Tag / Jüngsten Gericht, wo endgültig entschieden wird ob Mensch als Teil des Geistes / der Seele sich im Freien Willen weiterentwickelt, was sich nicht weiterentwickeln soll/kann, wird dem absoluten Tod / der Gnade Gottes entsprechend gelöscht.

  3. Stephan Stephan

    Hallo zusammen,
    Vielen Dank für den Talk.
    Als ich vor Monaten in Rahmen mehrerer Assessment Center erleben durfte
    – wie schwer es den meisten Menschen (wie auch mir) fällt die Perspektive einer anderen Person einzunehmen und Konflikte von mehreren Seiten zu betrachten
    – und gleichzeitig zu sehen welchen unglaublichen Mehrwert (Lösungen sehen, Frieden herstellen etc.) dies bringt,
    trage ich den Gedanken mit mir, dass genau das gemeinsam mit Jesus zu durchgehen/zu erleben Himmel und Hölle zugleich sein muss.
    Hölle, weil es schmerzhaft sein wird zu verstehen/erkennen welch Leid ich verursacht habe, bzw. selber erleben musste.
    Himmel, weil es wunderschön sein wird das Jesus uns sehen und verstehen lässt und uns dabei voller Liebe anschaut und durchträgt und zugleich die Heilsame Wirkung des Vergebens und Vergebung erhalten zu erleben.
    Der Begriff des therapeutischen Gerichts war mir nicht bekannt, trifft es aber so unfassbar perfekt.
    Ein toller Talk um weiterzudenken.
    Vielen Dank und liebe Grüße
    Stephan

  4. Jacob Teichroeb Jacob Teichroeb

    Hallo zusammen,
    Vielen Dank für den Talk.
    Jesus kommt nicht wieder, um seine Feinde auszurotten, sondern die Feindschaft.
    Vielen Dank und liebe Grüße

    Jacob
    Santa Cruz – Bolivia

  5. Karsten Kniep Karsten Kniep

    ich fange langsam an brutal an mein Glaubensvorstellung zu zweifeln…der Podcast hat’s in sich.

  6. Silke Römer Silke Römer

    Hallo und Halleluja liebes Hossa team und lieber Martin,
    Danke, Halleluja und Amen möchte ich auf euer letzten Talk antworten,denn jetzt glaube ich wieder an das, was in meiner Kindheit und Jugend auch immer gelebt und gehofft wurde.
    Die Allversöhnung ist ALLES in Einem.
    Sie macht GOTT und JESUS nicht zu schwächelnden Figuren, sondern zu WAHREN LIEBENDENEN!!!
    Dafür will ich weiter jeden Morgen aufstehen, arbeiten gehen und versuchen alle zu lieben.
    WOW. Eure Silke

  7. hto hto

    „Und wenn ohnehin am Ende alle gerettet werden“

    In Jesaja 55,8-11 kann man erkennen was gemeint ist – Wenn das Projekt Mensch nicht zum ganzheitlich-ebenbildlichen Wesen führt, dann wird es / die Energie des Geistes eben ein anderes ganzheitlich-ebenbildliches Wesen gestalten.

  8. André Ay André Ay

    Hallo Leute!

    Thoms vertritt hier eine Form des Annihilationismus. Ausgelöscht werden aber nicht die bösen Menschen, sondern die bösen Persönlichkeitsanteile aller Menschen.

    Das ist eine nette Idee. Aber Thoms geht hier von einer falschen Voraussetzung aus, die postevangelikal dekonstuiert werden muß – nämlich der unsterblichen Seele. Das ist aber eine Idee von Platon, nicht aus der Bibel. Der Tanach kennt sie gar nicht, im NT gibt es höchstens Anklänge.

    I.

    Die richtige Lehre heißt auf englisch „Conditionalism“ = Bedingungismus.
    Zunächst mal sind alle Menschen sterblich und nach Tod quasi weg laut Prediger 3, 10+20 und Prediger 9, 5-6. Gott muß aktiv handeln, um Menschen unsterblich zu machen. Bei wem Gott nix tut, der bleibt weg.
    „Conditionalism“ wurde bislang im Deutschen nie als Begriff verwendet und ist etwas doof, weil wir ja laut der reformatorischen Lehre keine Bedingung erfüllen können, um in Christus gerettet zu werden.
    „Conditionalism“ meint aber: Gott macht nur solche Menschen unsterblich, bei denen eine Bedingung erfüllt ist, nämlich, daß sie in Christus gerettet sind. Die Bedingung wird also von Gott erfüllt.
    Geschenk Gottes ist nicht nur die Sündenvergebung, der Glaube und die Heiligung, sondern auch die Unsterblichkeit, die nicht jeder bekommt.

    Das steht alles so in der Bibel drin, nämlich in Joh 3, 16-18; Joh 3, 36; Joh 4, 14; Joh 5, 24; Joh 6, 40+47+51+54; Joh 8, 12; Joh 8, 51; Joh 10, 27-28; Joh 11, 25-26; 1. Joh 2, 25; 1. Joh 3, 14; 1. Joh 4, 9.

    Joh 3: „36 Wer an den Sohn glaubt, der hat das ewige Leben. Wer aber dem Sohn nicht gehorsam ist, der wird das Leben nicht sehen“

    Die Alternative zum ewigen Leben ist also: nicht leben.

    Joh 5: „24 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hört und glaubt dem, der mich gesandt hat, der hat das ewige Leben und kommt nicht in das Gericht, sondern er ist vom Tode zum Leben hindurchgedrungen.“

    Das ewige Leben ist also die bessere Alternative zu Gericht und Tod.

    Joh 6: „40 Denn das ist der Wille meines Vaters, dass, wer den Sohn sieht und glaubt an ihn, das ewige Leben habe; und ich werde ihn auferwecken am Jüngsten Tage.“

    Wer also nicht an Jesus glaubt, der wird am Jüngsten Tage gar nicht auferweckt.

    Joh 8: „51 Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Wer mein Wort hält, der wird den Tod nicht sehen in Ewigkeit.“

    Die anderen werden den Tod sehen und also nicht ewig leben.

    Joh 10: „27 Meine Schafe hören meine Stimme, und ich kenne sie und sie folgen mir; 28 und ich gebe ihnen das ewige Leben, und sie werden nimmermehr umkommen“

    Wer also nicht zu Jesu Schafen gehört, seine Stimme nicht hört und ihm nicht folgt, der bekommt das ewige Leben nicht, und er wird umkommen.

    1. Joh 3: „14 Wir wissen, dass wir aus dem Tod in das Leben hinübergegangen sind; denn wir lieben die Brüder. Wer nicht liebt, der bleibt im Tod.“

    Paulus sah das ähnlich:

    Röm 6: „4 So sind wir ja mit ihm begraben durch die Taufe in den Tod, auf dass, wie Christus auferweckt ist von den Toten durch die Herrlichkeit des Vaters, so auch wir in einem neuen Leben wandeln. 5 Denn wenn wir mit ihm zusammengewachsen sind, ihm gleich geworden in seinem Tod, so werden wir ihm auch in der Auferstehung gleich sein.“

    Wer also nicht auf Jesus Christus getauft ist, der kann auch keine ihm gleiche Auferstehung erleben.

    Die Tatsache, daß das ewige Leben eine Gabe Gottes und das Gegenteil der Tod ist, war bei den frühen Kirchenvätern auch kein Geheimnis, sondern bekannt, z.B. dem Clemens von Alexandrien:
    https://bkv.unifr.ch/de/works/cpg-1397/versions/welcher-reiche-wird-gerettet-werden-bkv/divisions/8
    „Man muß also gleich von Anfang an die größte und wichtigste der zum ewigen Leben führenden Lehren der Seele einprägen, die in der Erkenntnis besteht, daß der ewige Gott der Geber ewiger Güter und der erste und höchste und der eine und gute Gott ist. Ihn können wir zu eigen gewinnen durch Erkenntnis und gläubiges Erfassen. 2. Denn das ist der unveränderliche und unerschütterliche Anfang und Grund ewigen Lebens, die Erkenntnis Gottes des wahrhaft Seienden, der uns das S. 236 wirklich Seiende, das ist das Ewige, schenkt, von dem alles andere das Leben und das Bestehen empfangen muß. 3. Denn Gott nicht zu kennen, ist der Tod, während ihn zu erkennen und ihn sich anzueignen und ihn zu lieben und ihm ähnlich zu werden, allein Leben ist.“

    Das ist also die Grundlage des christlichen Glaubens, die man verstanden haben sollte.

    Es gibt tatsächlich einen Unterschied zwischen Johannes und anderen NT-Autoren. Bei Johannes wird Jesus nur seine Anhänger auferwecken. Bei den anderen werden alle Menschen nochmal leben. Diejenigen, die dann nicht ins ewige Leben eingehen, werden aber wieder vernichtet. Daher gibt es auch die Bezeichnung Annihilationismus. Und man kann sich dann redudante Gedanken über Ortsangaben zu der Wiedervernichtung machen und irgendwas von äußerer Finsternis, Feuerofen, Gehenna oder Feuersee erzählen. Will man alle Bibelpassagen miteinander harmonisieren, wird der Annihilationismus daher etwas komplizierter, als Johannes nahelegt.
    Man sollte aber nie vergessen: Das wichtigste ist, daß Gott überhaupt einigen Leuten das ewige Leben schenkt, nicht das, was mit den anderen genau passiert.
    Ein Zeichen fortgeschrittener Fehlprägung ist es, wenn man Analysen oder Erörterungen des Themas mit der Ortsangabe beginnt, weil ja die in der Bibel genannten Orte alle bildhaften Charakter haben. Besonders dumm ist es, den Begriff „Hölle“ zu verwenden, der ja sowohl für den metaphorischen Ort der Toten vor dem Weltgericht als auch für den metaphorischen Ort der Verdammten nach dem Weltgericht als Übersetzung fungiert und damit alles durcheinanderbringt. Thoms hat das zwar kritisiert – aber warum verwendet er den Begriff dann überhaupt noch? Doch nur, um zu emotionalisieren.

    Thoms scheint „aionios“ in Joh als rein diesseitig zu verstehen; damit bin ich nicht einverstanden.

    II.

    Thoms kommt hier mit restaurativer Gerechtigkeit anhand von Witwe und Waisen.
    Aber die Bibel sagt, daß die Witwen und Waisen nicht nur die herrichtende Gerechtigkeit notwendig machen, sondern auch die Vernichtung der Sünder:

    Psalm 94: „6 Witwen und Fremdlinge bringen sie um und töten die Waisen 7 und sagen: Der HERR sieht’s nicht, und der Gott Jakobs beachtet’s nicht. … 13 … bis dem Frevler die Grube gegraben ist. … 23 3 Und er wird ihnen ihr Unrecht vergelten / und sie um ihrer Bosheit willen vertilgen; der HERR, unser Gott, wird sie vertilgen.“

    Der Tanach schildert gerichtsauslösende Sünden oft ziemlich drastisch. Daher ist es biblisch, mit extremen Beispielen anzukommen:
    Hesekiel 11: „6 Ihr habt viele erschlagen in dieser Stadt, und ihre Gassen liegen voll Toter.“
    Thoms‘ Protest gegen Extremfälle wie Hitler ist daher unberechtigt.

    Thoms behauptet, in der Bibel stehe: „Richte mich!“ Das stimmt nur bei einer Übersetzung, die über 100 Jahre alt ist. Warum kommt er damit an? Siggi hat bei Worthaus sowas auch mal erzählen; das muß man alles kritisch hinterfragen statt nachplappern!
    Psalm 43: „1 Schaffe mir Recht, Gott, und führe meine Sache gegen treuloses Volk, errette mich vor falschen und bösen Menschen.“
    Hebr. schafat = richten heißt nicht „verurteilen“, sondern umfaßt alle Rechtsakte eines Richters, inkl. Freisprüche von zu Unrecht Angeklagten und Schadenersatzforderungsankennung. Das weiß auch jeder, der die Tora kennt, denn die Gesetze für Schadensersatzleistungen aller Art stehen in 2. Mose 21, 33-37 und 22, 2-16.
    Ein Grundprinzip des biblischen Rechtsverständnisses steht in 5. Mose 25: „1 Wenn Männer miteinander Streit haben, und sie treten vor Gericht, und man spricht ihnen Recht und gibt demjenigen Recht, der im Recht ist, und demjenigen Unrecht, der im Unrecht ist“.
    Laut der Bibel wurde das oft durch korrupte Gerichte mißachtet:
    Jesaja 5: „23 die den Schuldigen gerecht sprechen für Geschenke und das Recht nehmen denen, die im Recht sind!“
    Sprüche 17: „15 Wer Frevler freispricht und wer Gerechte für schuldig erklärt – beide verabscheut der HERR.“
    Thoms lehrt hier auf Baby-Niveau, aber damit belegt er die Allversöhnung nicht. So folgt z.B. in Jes 5, 24 ein Bild eines Vernichtungsgerichts.

    Auch im Rethinking-Hell-Triangle kommt der Gegensatz zwischen retributiver und restaurativer Gerechtigkeit vor: https://rethinkinghell.com/2016/04/07/hell-triangle-christian-views-of-final-punishment/
    Angeblich gibt es da die restaurative Gerechtigkeit nur bei den Allversöhnern, aber tatsächlich kann sie auch bei ewiger Folter und Annihilation allen zugute kommen, die nicht in der ewigen Verdammnis landen. Die bloße Erwähnung von restaurativer Gerechtigkeit in der Bibel wäre also gar kein Argument für Allversöhnung.

    Thoms hat allerdings nicht klargestellt, wo die restaurative Gerechtigkeit erwähnt wird. Ich habe da mal gesucht.
    In der Vulgata habe ich restau* nicht gefunden, aber in der KJV kommt resto* vor.
    https://www.blueletterbible.org/lexicon/h7725/wlc/wlc/0-1/
    Man kommt auf hebr. schuv, daß ein komplexes Bedeutungsfeld hat und 1058mal im Tanach vorkommt.
    Die Grundbedeutung ist „umkehren“ und das Wort ist verwandt mit hebr. „tschuva“ = gr. „metanoia“ = Umkehr, Buße.
    Die meisten Verse sehen scheinbar Menschen als Akteure vor.
    In Jes 58, 12 sind es Menschen, die einen Weg reparieren = ihren Lebenswandel in Ordnung bringen, weil sie sich in Jes 58, 1-12 Gott und seiner Gerechtigkeit zuwenden und sich abkehren von Gewalt und Unterdrückung.
    Falls jemand mal einen passenden Vers mit Gott als Akteur der Reparaturaktion findet, wäre ich interessiert; allerdings sind über 1000 Bibelstellen extrem viele zum analysieren. Hat sich Thoms hiermit schon befaßt? Ich habe Zweifel …

    III.

    Thoms behauptet, daß Strafe in der Bibel immer nur Erfüllung des Tun-Ergehen-Zusammenhangs ist.
    Das ist falsch:

    2. Chrohik 24: „22 Und der König Joasch gedachte nicht an die Barmherzigkeit, die Jojada, der Vater Secharjas, an ihm getan hatte, sondern tötete seinen Sohn. Der aber sprach, als er starb: Der HERR wird es sehen und strafen. 23 Und als das Jahr um war, zog herauf das Heer der Aramäer, und sie kamen nach Juda und Jerusalem und brachten alle Oberen im Volk um, und all ihren Raub sandten sie dem König von Damaskus. 24 Denn obwohl das Heer der Aramäer mit wenigen Männern kam, gab der HERR ein sehr großes Heer in ihre Hand, weil sie den HERRN, den Gott ihrer Väter, verlassen hatten. Damit vollzogen sie an Joasch die Strafe.“

    Der Tun-Ergehen-Zusammenhang ist letztlich nur Selbstschädigung durch Verhalten, daß gleichzeitig böse und dumm ist. Man kann aber auch Handlungen begehen, die skrupellos und gewinnbringend sind (insofern man das Endgericht Gottes nicht mit einberechnet).
    Die Entscheidung der Bösewichter in der Bibel ist nicht für oder gegen Gott, sondern für rechtswidrige Gewinne:
    Psalm 58: „3 Nein, mutwillig tut ihr Unrecht im Lande, und eure Hände treiben Frevel.“
    Psalm 73: „6 Darum ist Hochmut ihr Halsgeschmeide, Gewalttat das Gewand, das sie umhüllt. … 11 Sie sagen: Wie sollte Gott es wissen, gibt es ein Wissen beim Höchsten? 12 Sieh, das sind die Frevler, immer im Glück häufen sie Reichtum.“
    Sprüche 4: „16 Denn sie schlafen nicht, wenn sie nicht Übel getan, und sie ruhen nicht, ehe sie nicht jemanden zu Fall gebracht haben. 17 Sie nähren sich vom Brot des Frevels und trinken vom Wein der Gewalttat.“
    Sprüche 11: „7 Wenn der gottlose Mensch stirbt, ist seine Hoffnung verloren, und das Harren auf Reichtümer wird zunichte.“
    Amos 3: „10 Sie haben es nicht verstanden, das Rechte zu tun, Spruch des HERRN, sie, die Gewalttat und Vernichtung anhäufen in ihren Palästen.“
    Weisheit 2: „10 Lasst uns den Gerechten unterdrücken, der in Armut lebt; lasst uns keine Witwe verschonen; wir wollen uns nicht scheuen vor dem grauen Haar des Greises. 11 Unsere Stärke sei das Gesetz der Gerechtigkeit; denn es zeigt sich, dass Schwäche nichts ausrichtet.“
    Römer 1: „29 Sie strotzen vor Unrecht, Schlechtigkeit, Habsucht, Bosheit, sie sind voller Neid, Mord, Zank, Arglist, Verschlagenheit; Ohrenbläser sind sie, 30 Verleumder, Gotthasser, Frevler, Angeber, Prahler, erfinderisch im Bösen, ungehorsam den Eltern, 31 gedankenlos, haltlos, lieblos, ohne Erbarmen. 32 Sie kennen zwar die Rechtsordnung Gottes, die sagt, dass, wer es so treibt, den Tod verdient; und doch tun sie es nicht nur, nein, sie beklatschen auch noch, die es so treiben.“
    Das ist kein Beschädigtsein, sondern rücksichtsloser und boshafter Zynismus. Deswegen reagiert Gott im Gericht darauf nicht mit Heilung, sondern mit dem, was sie laut Paulus verdienen. Die Mörderbeklatscher haben wir erst vor kurzem erlebt in Form von einer weltweiten Welle des Antisemitismus nach dem Angriff der Hamas.

    Im Buch der Sprüche hängen die Lehre vom Tun-Ergehen-Zusammenhang und die Lehre von der Vernichtung der Bösewichter zusammen:
    Sprüche 10: „25 Wenn das Wetter daherfährt, ist der Frevler nicht mehr; der Gerechte aber besteht ewiglich. … 28 Das Warten der Gerechten wird Freude werden; aber der Gottlosen Hoffnung wird verloren sein. 29 Der Weg des HERRN ist des Frommen Zuflucht; aber für die Übeltäter ist er Verderben.“
    Sprüche 13: „14 Die Lehre des Weisen ist eine Quelle des Lebens, zu meiden die Stricke des Todes. 15 Rechte Einsicht schafft Gunst; aber der Verächter Weg bringt Verderben.“

    IV.

    Thoms bezog sich in seiner Argumentation gegen den freien Wille auf Augustinus und sprach gegen den Pelagianismus.
    Ich bin ja auch Fan von De Servo Arbitrio.

    Aber wenn es darum geht, alles postevangelikal zu dekonstruieren, also alles um des Kritisierens willen zu kritisieren und theologische Alternativen aufzuzeigen, dann muß auch Gegenpositionen ernst nehmen.

    Nach einigen Anti-Calvinisten soll Augustinus ein mieser Typ gewesen sein, der Pelagius aus politischen Gründen beim Kaiser angeschwärzt und ihm alle möglichen Thesen untergeschoben haben, die Pelagius nie vertreten habe.
    Pelagius soll ein Vertreter der irischen Christen gewesen sein, die sich theologischen eher auf östliche Kirchenväter bezogen haben. Augustinus hatte demzufolge ein düsteres Bild des total korrumpierten, von der Erbsünde bestimmten Menschen, die Iren eher nicht.
    https://www.youtube.com/watch?v=bzs9HOJA6mc
    https://www.youtube.com/watch?v=MyrvWpqQkjc

    Die Hossa-Talker gehen hier zu stark von ihren Erfahrungen in ihrer früheren Bubble mit neumodischen Phänomenen wie Charismatikern, Parzany und Handheben aus und haben sich zu wenig mit dem breiten Spektrum christlicher Ideen über 2000 Jahre hinweg befaßt!

    Thoms‘ These, daß die Allversöhnungslehre mit der Ablehnung des freien Willens einhergehen müsse, ist zudem schlicht falsch. Origines, Urvater der Allversöhner, vertrat den freien Willen wie auch die Allversöhung. Das hätte Thoms auch einfach auf https://de.wikipedia.org/wiki/Apokatastasis#Zur_Frage_des_freien_Willens_des_Menschen nachlesen können.

    V.

    Das von Thoms angeführte Zitat des Pietisten bestätigt die Lehre von Fudge: Allversöhnung ist historisch gesehen immer nur eine Überreaktion auf die falsche Lehre der ewigen Folter, von lange aufgestauten Ängsten und Sorgen vor ewiger Folter angetriebener Umschwung von dem einen Fehler in das Gegenteil, das aber auch falsch ist.

    Die Bibel kennt aber nicht das von Jay empfundene Gefühl der Freude, wenn man die falsche Lehre der ewigen Folter endlich los wird. Vielmehr lehrt die Bibel die Freude der ehemals Unterdrückten, wenn ihr früherer Unterdrücker endlich vernichtet ist, z.B. Psalm 58: „11 Der Gerechte wird sich freuen, wenn er solche Vergeltung sieht, und wird seine Füße baden in des Frevlers Blut;“
    Sprüche 11: „10 Eine Stadt freut sich, wenn’s den Gerechten wohlgeht, und wenn die Frevler umkommen, wird man froh.“
    Schon das erste Worship-Lied der Weltgeschichte hat dieses Thema: 2. Mose 15: „1 Damals sangen Mose und die Israeliten dies Lied dem HERRN und sprachen: Ich will dem HERRN singen, denn er ist hoch erhaben; Ross und Reiter hat er ins Meer gestürzt.“

    VI.

    Griechisch „pas“ heißt entweder „alle“ oder „aus allen Völkern“. Alle Bibelstellen mit diesem Wort sind daher nicht ganz klar.

    Es gibt aber auch das Wort „hasas“, das tatsächlich wie ein Allquantor funktioniert.
    Ein Beispiel des Bezugs auf Menschen ist Mt 14: „36 und sie baten ihn, dass sie nur den Saum seines Gewandes berühren dürften. Und alle, die ihn berührten, wurden gesund.“
    Mit der Mengenlehre gesagt: Es gibt zwei Mengen: 1. Leute, die das Gewand von Jesus berührt haben, 2. Leute, die gesund wurden. Aber die beiden Mengen haben genau dieselben Elemente. Es gibt null Elemente, die nur in einer Menge sind. Beide Mengen sind in wirklich identisch. Wer in der Menge ist, der hat zwei Eigenschaften: 1. hat Gewand befummelt, 2. wurde gesund. Es gibt null Ausnahmen.
    Das ist die Bedeutung von „hasas“.
    Wenn man also eine eindeutige Aussage finden will, welche Menschen alle gerettet werden, dann muß man eine Aussage zu diesem Thema mit „hasas“ finden. Davon gibt es vier Verse:
    Joh 1: „12 Wie viele ihn aber aufnahmen, denen gab er Macht, Gottes Kinder zu werden: denen, die an seinen Namen glauben,“
    Apg 2: „39 Denn euch gilt die Verheissung und euren Kindern und allen in der Ferne, allen, die der Herr, unser Gott, herbeirufen wird.“
    Apg 13, 48: „alle, die zum ewigen Leben bestimmt waren, kamen zum Glauben.“
    Röm 8: „14 Denn die vom Geist Gottes getrieben werden, das sind Söhne und Töchter Gottes.“
    Es gibt immer nur eine begrenzte Gruppe von Leuten, die Kinder Gottes werden, für die die Verheißungen gelten und die zum ewigen Leben vorherbestimmt sind, nämlich, die von Gott gerufen werden, glauben, Jesus aufnehmen, vom Geist getrieben sind.
    Wer dies nicht weiß oder nicht reflektiert hat, der hat gar nicht die notwendige Qualifikation, um sich über das Thema Allversöhnung überhaupt zu äußern.
    Eine Aussage mit „hasas“ wie „Alle, die vom Weibe geboren werden, werden auch vom Geist geboren werden“ oder irgendsoetwas hätte der Heilige Geist ganz leicht in die Bibel reininspirieren können, hat er aber nicht getan. Warum wohl?

    VII.

    Thoms behauptet, Luther haben den freien Willen als selbstwidersprüchliche Idee angesehen. Könnte sein, habe ich bei Luther nicht gelesen. Es wäre erstmal nur eine Behauptung von Luther. Luthers Hauptargument ist vielmehr, daß der freie Wille des Menschen unvereinbar mit der Unwandelbarkeit von Gottes Willen sei, welcher der Garant dafür sei, daß Gottes Zusagen zuverlässig und der Glaube an = das Vertrauen auf Gott damit möglich sei. (vgl. Luther, S. 250/251, 256/257)
    – Luther, Martin, De servo arbitrio/Vom unfreien Willensvermögen, in: Martin Luther, Lateinisch-Deutsche Studienausgabe, Band 1, Der Mensch vor Gott, hg.v. Wilfried Härle, Evangelische Verlagsanstalt, 2006 Leipzig, S. 239-661

    Mit der Prozeßtheologie von Liesendahl ist Thoms‘, bzw. Luthers Lehre nicht vereinbart. Wann organisieren die Hossa-Talker mal eine krasse Diskussion zwischen den beiden potentiellen Kontrahenten?

    Alles Gute!

    André

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert