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#208 Kreuzigt ihn!!!1!1 – Christliche Cancel Culture, Bubbles und warum wir uns mit Dialog so schwer tun 

Nach den zahlreichen Gäste-Talks zuletzt, endlich mal wieder

ein Talk in trauter Zweisamkeit. So richtig gemütlich wird es aber nicht: Jay erzählt davon, dass er in einer Gemeinde eingeladen war und über das Abendmahl gepredigt hat. Mit sehr gemischten Reaktionen und der Erkenntnis, dass er jetzt wohl endgültig offiziell zum Ketzer geworden ist. 

Das haben wir zum Anlass genommen um uns ganz ausführlich über Cancel Culture und unsere Debattenkultur zu unterhalten. Warum scheinen sich gerade fromme Kreise so schwer damit zu tun, unterschiedliche Meinungen und Standpunkte auszuhalten? Wie kann Dialog auf Augenhöhe überhaupt noch gelingen, wenn wir immer mehr in unseren Blasen bleiben und die auch noch immer weiter auseinander driften? Wir reden darüber, was diese Fragen für Kirchen und Gemeinden bedeuten und wie ein gutes Zusammenleben vielleicht doch gelingen könnte. Träumen ist ja erlaubt. 

Eine spannender und sehr persönlicher Talk, in dessen Verlauf nicht nur metaphorisch die Hosen herunter gelassen werden.

Hier findet ihr Jays Predigt zum Abendmahl, über die wir in der Folge reden: https://www.youtube.com/watch?v=bKKy72_41F4

42 Kommentare

  1. Hallo ihr lieben!
    Jaja, das Abendmahl. Abendmahl und ich haben auch eine sehr komplizierte Beziehung. Und damit meine ich, es geht bei mir einfach nicht. Wenn ich teilnehme, dann sehe ich einfach zu, dass ichs hinter mich bringe und belohne mich später fürs Durchhalten. Eben unter Anderem auch wegen dieser Stelle, von der ich theoretisch weiß, dass sie nicht an mich adressiert ist, aber ein zehnspuriger Highway im Gehirn lässt sich eben nicht einfach so in einen kleinen Trampelpfad umwandeln.
    Trotzdem, ohne dass ich die Predigt jetzt gehört hätte, kann ich die Gemeinde bis zu einem gewissen Punkt verstehen, wenn es eben gar nicht zu ihrer Theologie passt. Ich meine damit, dass die Gemeinde ja auch aus Menschen mit einer Geschichte besteht und etwas völlig Anderes sie vielleicht einfach überfordert. Hatten wir vor einigen Monaten in der Gemeinde auch, wenn es auch genau umgekehrt war: Wir sind eine sehr offene FeG mit einigen Menschen, die durch konservative Bibelauslegungen traumatisiert wurden und dann kam ein Prediger, der genau in diese Kerbe geschlagen hat. Hat einige Menschen stark verstört und getriggert, mich auch. War auch nicht sehr gut. Aber da wurde dann mit diesem Prediger geredet und nicht hinter seinem Rücken irgendwelche Mails verschickt.
    Wobei es nach meiner Erfahrung grade in freien Gemeinden nochmal stärker der Fall ist, dass eine kleine Gruppe bestimmt, was richtig und was falsch ist und die große Masse relativ wenig Mitsprachemöglichkeiten hat. Das mag von Gemeinde zu Gemeinde ja noch ein wenig variieren, aber in manchen ist es ja so stark, dass Widerspruch oder auch nur anderes Denken nicht nur nicht geduldet wird sondern als todgefährlich gilt, denn wenn man nicht auf die eigenen Gedanken aufpasst weiß Gott das ja sofort und dann kann es ganz schnell passieren, dass er das Herz verstockt wie beim Pharao und dann… naja, ich möchte die Begriffe hier nicht nutzen, möchte andere nicht zu sehr triggern. Wobei es vielleicht gar nicht vermieden werden kann. Und wenn man dann die eigenen Gedanken so stark filtern muss ist es finde ich klar, dass man extrem auf der Hut ist, weil man innerlich ständig eine latente Anspannung aushalten muss, immer gefühlt in großer Gefahr schwebt und gleichzeitig nach innen und außen glaubhaft machen muss, dass alles ok ist, weil man ja schließlich Gott hat, der alles gut macht. Ganz schön widersprüchlich in sich selbst, ich weiß.

    Mal was anderes: Ich wollte grade den Kommentar abschicken, aber ich hätte den Button fast nicht gefunden. Liegt es an mir oder ist er kaum zu sehen?

    • Danke, für die guten Gedanken, Bithya. Würde mich doch glatt interessieren, ob in der Predigt nicht ein paar Gedanken stecken, die dir das Abendmahl wieder etwas näher bringen, oder wenigstens erträglicher machen.

      LG,
      der Jay

      • Ich werde sie mir auf jeden Fall anhören, wenn ich mental fit genug dafür bin 🙂 Ist halt ein sehr hartes Trigger-Thema für mich und ich kann mich nicht einfach so damit beschäftigen. Aber ich werde es mir bestimmt mal anhören.
        LG 🙂

  2. Nadja Nadja

    Hi ihr beiden, habt vielen Dank, dass ihr euch mit diesem Thema beschäftigt. Es ist so wichtig, dass wir zumindest über einen Weg des Friedens nachdenken, auch wenn man am Ende vielleicht denkt, es bleibt eine Utopie. Vor einiger Zeit habe ich im Rahmen meines Theologiestudiums eine Arbeit zum Thema „Ein Weg des Friedens im Kampf der Geschlechter in den konservativen Gemeinden“ geschrieben und Gal 3,28 zugrunde gelegt. In diese Phase habe ich mich auf ähnliche Art und Weise mit dem Thema auseinandergesetzt wie iht hier. Ich habe die Predigt zum Abendmahl noch nicht gehört, habe aber eine lebhaft Vorstellung, was da so kam im Nachhinein. Es ist schade, dass es in vielen Gemeinden keine gute Diskussions- und Streitkultur gibt sondern Leute zum Schweigen gebracht werden, wenn sie anders denken. Wie in diese Mail von der Gemeindeleitung zu deiner Predigt, Jay. Ich sehe das Potenzial der Gemeinde Jesu auch in ihrer Heterogenität und nicht in Gleichschaltung. Schade, dass wir das nicht wirklich hinbekommen. Manchmal hab ich auch keine Lust mehr ins Gespräch zu gehen, weil man eben oft abgekanzelt wird und manchmal mit dem „Wort Gottes“. Und trotzdem will ich im Gespräch bleiben. Im echten Gespräch. Finds cool, dass ihr auch dazu einladet.Nochmal zu meiner Kursarbeit. Da hat mir die Folge mit David Gushee sehr geholfen. Ich hab ihn aus dieser Folge raus zitiert, sprich die Hossatalkfolge taucht auch in der Bibliographie auf. 🙂 Danke für eure wichtige Arbeit. Und lasst uns weiter die Utopie hochhalten. 👍🏻 Liebe Grüße Nadja

  3. Derek Derek

    Ich glaube, die Menschen, die aufstehen und gehen, weil nicht alles so ist wie immer, haben keine Ahnung, wie viel Personen mit weitem Herzen in den selben Veranstaltungen alles aushalten, ohne dass sie sich beschweren. Als ich noch Gottesdienstgänger war, hatte ich ständig Facepalm- und Fight or Flight-Impulse und habe, um des lieben Friedens willen, die Klappe gehalten. Wenn ich immer rausgegangen wäre, wenn ich nicht einverstanden war, hätte ich vermutlich so viel Gottesdienst mitbekommen, wie jetzt wo ich nicht mehr gehe… Stillschweigen hat halt immer den Nachteil, dass es als Zustimmung gedeutet wird. Dabei zeigt die Forschung (s. Chr. A. Schwarz, Farben d. Spiritualität), dass der größte Teil einer Gemeinde vermutlich nicht die gleiche Spiritualität und Vorstellungen hat wie du, sprich Homogenität dort eine Illusion ist. Aber da Diskussionen offenbar vom Teufel sind, passt man sich der Gemeindekultur an, weil jeder denkt, die anderen denken anscheinend auch entsprechend dieser Kultur. Wie man allerdings in so einem System „der Wahrheit“ näher kommen will, ist mir schleierhaft. Da ist man vermutlich als Kind in den Wahrheitstopf gefallen und der Allwissenheit nahe, wenn man den kritischen Input von außen nicht mehr nötig hat oder hat so panische Angst davor, dass das, was man bislang geglaubt hat, falsch sein könnte…

    • Naja, man muss halt auch auf sich selbst achten, wenn es wirklich gar nicht mehr geht finde ich auf jeden Fall, dass es besser ist, raus zu gehen, sich zu beruhigen und (vielleicht) später wieder zu kommen.

  4. toblog toblog

    Hallo zusammen,

    es gibt auch auf der konservativen bibeltreuen Seite eine klare cancel culture. Vor allem beim Thema Sühnetheologie. Sobald jemand dort feststellt, dass man Sühne nicht als Ausgleich versteht, ist die Kommunikation abrupt beendet. Im Web und zum Teil auch in der Gemeinde. Bevor ich mein Buch zur Erlösung veröffentlicht habe (https://shop.tredition.com/booktitle/Was_ist_Erl%3fsung/W-1_166447), konnte ich mir das auch nicht so vorstellen. Ich dachte, man legt etwas vor, und dieses wird dann disktiert… War etwas zu naiv. Nach vielen, vielen Kommentaren auf konservartiven Blogs, schweige ich dort nun (vorerst).

    Gruß
    Tobias

  5. Daniel Peter Daniel Peter

    Hi Ihr Lieben,

    Wieder mal schafft Ihr es, eine Punktlandung auf einem Thema hinzulegen, dass mich (wahrscheinlich nicht nur mich) durchaus schon länger beschäftigt:

    es wäre soooo schön, eine echte GESPRÄCHSKULTUR zu haben. Bestehend aus Respekt fürs Gegenüber und seine/ihre Meinung und viel Neugier.
    In unserer Gesellschaft, digitalen Medien und in unseren Gemeinden. Und in mir selbst (versuche, das gerade zu erlernen).

    Ich bekomme langsam eine Ahnung davon dass das Judentum in dieser Sache einen jahrtausendelangen Vorsprung hat.

    Da wo ich herkomme hat man aufkommende Meinungsverschiedenheiten gerne leicht unruhig mit „lasst uns da jetzt nicht drüber streiten“ im Keim erstickt.
    Grundfalsch. Ich lerne heute erst, wie unglaublich wichtig das Hinterfragen ist. Weil es die eigene Meinung festigt und Unnützes und Falsches aussortiert. Eine fundierte Meinung oder Aussage muss das Hinterfragen nicht fürchten.

    Hossa-Talk ist für mich auch aus diesem Grund ein Augenöffner. Danke dafür.

    (Ich schreib das im Bewusstsein dafür, dass es immer Grenzen gibt ab deren Erreichen auch ich aufstehen und gehen würde – das zu unterschlagen, wäre naiv)

    Ich würde Euch aus Diversitätsgründen natürlich jetzt gerne noch was superkritisches um die Ohren hauen, hab aber leider nix zu meckern. Sorry. 😀

    Fazit: Ich kann das alles nicht so gut in Worte fassen, aber danke dafür, dass ich mit einigen für mich sehr wichtigen Themen bei Euch zurzeit ein Zuhause habe. Tut gut. Bitte dranbleiben.

    Liebe Grüße
    Daniel Peter

  6. André Ay André Ay

    Hallo!

    Exegese-Check!!!
    Widerspricht die Auslegung von 1. Kor 11, 17-34 durch Jay der fundamentalistisch-evangelikalen Bibel-Auslegung im Rahmen der Chicago-Erklärungen?
    Wie kommentiert R.C. Sproul in der Reformation Study Bible???
    11:19 … Paul may be using irony, trying to make the Corinthians see that their infighting has the unworthy motive of seeing who can argue the best.
    11:21 Paul’s concern here is not only with drunkenness but also with the humiliation of the poor. The Lord’s Supper symbolizes, among other things, the unity of God’s people. Those Corinthians who were well-off apparently did not share with the less fortunate among them at the feasts where the Lord’s Supper was celebrated. This selfish behavior openly contradicted the meaning of the ceremony.
    11:27-34 It is important to take this whole section together as a unit, and vv. 33, 34 make plain that Paul still has in mind the abuses mentioned in vv. 21, 22. Phrases such as „in an unworthy manner“ and „Let a person examine himself“ can be extended and applied to many circumstances, but we should be careful not to wrench them from their context. In particular, it would be a misreading of v. 30 to think that God routinely brings illness and death to Christians who, in spite of their spiritual failings, partake of the Supper. …
    Fazit: Die Auslegung des einflußreichen fundamentalistischen Theologen R.C.Sproul und die von Jay sind einander im grundsätzlichen Verständnis der Bibel-Passage sehr ähnlich. Es gibt also keinen echten Anlaß für Beschwerden über Jay aus fundamentalistischer Perspektive!

    Die von Jay kritisierte Fehl-Auslegung der Bibelstelle, durch die Menschen das Abendmahl sauer gemacht wird, wurde neulich auch auf dem Live-Treffen des Ökumenischen Arbeitskreises BDSM & Christsein von einem Bruder angesprochen. Das Abendmahl, das wir da gefeiert haben, war sehr schön. Jay hätte gut reingepaßt.

    Daß die historisch korrekte Einordnung eines Textes zu einer historisch-kritischen Exegese im Sinne von Entmythologisierung oder Wunderkritik führen würde, ist völlig falchs! Historische Einordnung, Textkritik und Berücksichtigung der Textgattung werden von angelsächsischen Fundamentalisten, deren Exegese an die der Reformatoren anschließt, genauso praktiziert wie von historisch-kritischen Theologen.

    Ich finde, ihr solltet wieder Konservative einladen, egal ob Lust oder nicht. Wer Yeschua nachfolgen will, der muß sein Kreuz auf sich nehmen!

    Hart ist eigentlich ok. Haut einen nicht um, aber kann man sich ab und zu mal reinziehen.

    Alles Gute!

    • Hey, war mir gar nicht bewusst, dass Sproul den Korinthertext genau so auslegt wie ich. Danke für die Info.

      LG,
      der Jay

    • Clemens Clemens

      Sproul legt zwar die Verse 27–29 so ähnlich aus wie Jay (und ich finde diese Auslegung ebenfalls überzeugend, weil sie – im Gegensatz zur geläufigen – den Kontext des Abschnitts ernst nimmt), aber ganz bestimmt sieht er Vers 30 nicht so. Was Jay über diesen Vers („schwach, krank, entschlafen“) gesagt hat, läuft ja im Grunde auf eine völlige Leugnung jeder Form von Inspiration hinaus. Dass Paulus sich beim Schreiben nicht bewusst war, dass er eine „heilige Schrift“ schrieb, die 2000 Jahre später noch gelesen werden würde, glaube ich tendenziell auch (insbesondere Letzteres), aber das bedeutet ja nicht automatisch, dass er nicht vom Heiligen Geist inspiriert war und in diesem Vers nur seine eigenen menschlichen Gedanken niederschrieb, um seiner Wut Luft zu machen. Ich könnte mir vorstellen, dass das auch der Hintergrund für die Formulierung der Gemeindeleitung war, sie hätte „einen anderen Ansatz in der Auslegung von Gottes Wort“. In der Predigt klang es eben so, als wäre zumindest Vers 30 überhaupt nicht Gottes Wort, sondern reines Menschenwort, und dieser Ansatz dürfte selbst in offeneren evangelikalen Gemeinden noch problematisch sein. Was das Abendmahl alles bedeutet und wer daran teilnehmen darf, darüber kann man sich mit Argumenten austauschen; aber hier geht es um etwas viel Grundsätzlicheres, nämlich um das Wesen der Bibel.

      • Aber ist ein Inspirationsverständnis, welches nur die Möglichkeit zu lässt, dass Gott jeden Satz so in der Bibel haben wollte, wie er da steht (was ja seine ganz eigenen Probleme mit sich brächte: abweichende Handschriften, hinzugefügter Schluss des Markusevangeliums, hinzugefügte Geschichte von der Ehebrecherin usw), nicht im Grunde eine Vorstellung von Verbalinspiration light? Ich finde ein Inspirationsverständnis, dass die Inspiration des Heiligen Geistes inmitten des komplett Menschlichen annimmt, dem was wir in der Bibel in all ihrer Vielstimmigkeit und Diskursivität tatsächlich vorfinden, deutlich näher. (Genauso der Inkarnation des einen Gotteswortes in Jesus – hat Jesus auch menschliches von sich gegeben oder war jedes Aua, wenn er sich mit dem Hammer auf den Finger gehauen hat, ein Gotteswort?).

        Die Frage, wie man mit einer Aussage wie der des Paulus in Vers 30 umgeht, ist keine andere, als die die sich auf jeder anderen Seite der Bibel auch stellt. Ich habe an der Stelle spekuliert, weil mir die Evidenzen fehlen, um die Aussage so ohne weiteres zu schlucken. Und so habe ich das ja auch formuliert („ich könnte mir vorstellen, dass…“). Aus meiner Perspektive hat das alles nichts aber auch gar nichts mit der grundsätzlichen Frage zu tun, ob man die Schriften des Paulus als vom Heiligen Geist inspiriert hält.

        LG,
        der Jay

  7. Jetzt habe ich Deine ganze Predigt gehört, Jay und bin enttäuscht! Die ganze Zeit warte ich auf den ketzerischen Satz, bei dem ich in das „Kreuziget ihn!“ einstimmen kann. Nichts, keine Häresie, nicht mal eine kleine Ketzerei! Nur gute Predigt und Theologie! (Satire aus). Willkommen im Klub der abgemahnten Prediger. Bei mir ist das schon so lange her, dass es nicht mehr weh tut. In meiner jetzigen Gemeinde (Jakobuskirche) ist der Satz mit de „Würdigkeit“ beim Abendmahl noch nie gefallen. Und die Gemeinde singt ihre selbst angestimmten Lieder zur Feier. Das genieße ich immer wieder dankbar. Ja, ich weiß, es ist für Freikirchen schwer, diese Öffnung „für alle“ zu akzeptieren. Gerade bei den Freien Gemeinden ist das so. Ich erinnere mich noch gut, dass ich als jugendlicher Besucher meiner eigenen Ursprungsgemeinde meine Tante nachfragen lassen musste, ob ich denn teilnehmen darf. (Ich durfte). Besonders aufgestoßen ist mir die Praxis in den Bruderhöfen: Es ist undenkbar, dass ein Besucher an ihrem Abendmahl teilnimmt. Hier – und auch in anderen Gemeinschaften – wird das Abendmahl zur Abgrenzung von weniger konsequenten Christen instrumentalisiert. Schade!

  8. Mirjam Mirjam

    Hallo zusammen

    wieder einmal hat es einfach nur gut getan eure Folge und heute auch deine Predigt Jay zu hören! Vielen Dank für eure Gedanken!
    Jahrelang löste das Abendmahl bei mir Unbehagen aus. Wurde das Abendmahl in der Gemeinde angekündigt, wäre ich am liebsten weggelaufen oder unsichtbar geworden. Ich kenne die Angst gut, vielleicht zu viel gesündigt zu haben oder aus irgendeinem anderen Grund nicht würdig zu sein, das Abendmahl zu nehmen. Jedenfalls war ich immer froh, wenn das Abendmahl durch war – und ich nichts Schlimmes als Strafe erlebt habe. Ich finde es so schade, dass das Abendmahl in Freikirchen immer wieder auf ein (für mich zu) heiliges Podest gestellt und dadurch Angst gemacht wird. Für mich ist es etwas Feierliches, aber trotzdem ganz Nahbares geworden. Eben weil Jesus ganz Mensch wurde und mich zu sich kommen lässt, so wie ich bin. Mir macht es Mühe, dass das Abendmahl auch immer wieder zur Abgrenzung benutzt wird. Einmal haben sich Bekannte von mir (Freikirchler) geweigert, das Abendmahl in der Landeskirche zu nehmen, weil sie es nicht zusammen mit Ungläubigen oder Unbekehrten nehmen können. Mir kam das so arrogant und ausgrenzend vor. Und genau so erlebe ich freikirchliche Kreise* immer wieder. Auf der einen Seite geben sie sich hip und modern und auf der anderen Seite sind sie in vielen Ansichten sehr eng und ausgrenzend. Ich halte viele ihrer Ansichten nicht mehr aus und bin froh, dass es andere Plattformen wie z.B. Hossatalk gibt, die eine andere, eine befreiende Sicht auf Vieles haben und bereit sind zu diskutieren und ehrlich auszutauschen. Das hat leider zur Folge, dass ich keinen Kontakt mehr zu den „Gläubigen“ im Dorf habe, weil ich nicht in ihren Kreis passe. Oder wie du Jay es gesagt hast, weil ich kein Missionsobjekt sein möchte…

  9. Gerry Gerry

    Lieber Jay,
    ich war bei diesem Gottesdienst dabei und möchte mich gerne dazu äußern. Ich hoffe ich werde nun nicht gecancelt und kann das auch später noch in den Kommentaren sehen 🙂
    Es waren gute Aspekte bei deiner Predigt dabei, aber es gab auch Stellen, über die man, je nach individuellem Bibelverständnis, durchaus streiten kann, was ich hier aber nicht tun möchte :-). Was ich sagen kann ist, dass diese Predigt und die Reaktionen darauf dazu geführt haben, dass wir einen sehr lebendigen und fairen Austausch darüber im Rahmen einer kurzfristig einberaumten Gemeindestunde hatten (übrigens schon vor dem Ausstrahlen des Hossa-Talks). D.h. ich kann dahingehend nicht mitgehen, dass es keine gute Dialog-Kultur gäbe. Diese Predigt hat uns aufgerüttelt und hat Emotionen hervorgebracht, was nicht unbedingt was Negatives sein muss. Ich weiß nicht, ob es auch deine Absicht war, zu polarisieren? Wenn ja, dann fände ich eine auf der Pastorensuche befindliche Gemeinde für den falschen Ort dafür. Die Gemeindeleitung muss aktuell viel leisten und die Nerven sind bestimmt auch angespannt.
    Deine Überschrift finde ich übrigens deutlich zu reißerisch („Kreuzige ihn“). Ich denke, dass es normal ist, dass Prediger immer wieder gute, aber auch kritische Rückmeldungen bekommen. Den Vorwurf der Cancel-Culture begründest du, wenn ich richtig zugehört habe, nur damit, dass man dich wohl eher nicht mehr in unsere Gemeinde einladen würde. Ist das so schlimm und verwunderlich? Würdest ihr in der Andreas-Gemeinde jemanden erneut einladen, der eine eurem Bibelverständnis widersprechende Predigt gehalten hätte? Ich möchte auch erwähnen, dass wir einen kurzfristigen Prediger-Ausfall hatten und beinahe den Godi abgesagt hätten. Die Empfehlung von dir kam dann von unserem gemeinsamen Freund und man war dankbar für den Ersatz, ohne dass man sich weitere Gedanken gemacht hat. Sicherlich ein „Lessons Learned“ aus dem Ganzen.
    Und ich finde es nicht gut, dass du die von Freund zu Freund weitergeleitete Nachricht der Gemeindeleitung 1:1 im Netz zitiert hast. Du beklagst, dass man dir die Kritik seitens Gemeindeleitung hätte persönlich mitteilen sollen (bin ich sogar bei dir), aber selbst machst du einen kompletten Hossa-Talk darüber ohne dass du wiederum die Gemeindeleitung darüber informiert hast. Machst du damit nicht das Gleiche, was du ihnen vorwirfst?
    Inhaltlich möchte ich mich nur soweit äußern, dass ich mit deiner Auslegung zur Einladung ALLER zu Abendmahl („wir sind alle Sünder“) absolut mitgehen kann. Aber, und das fehlte mir in deiner Predigt, es bedarf doch einer persönlichen Entscheidung, die Einladung von Jesus auch anzunehmen. Ohne eine persönliche Entscheidung/Beziehung zu Jesus macht das Abendmahl doch gar keinen Sinn und wäre nur eine Farce. In diese Richtung verstehe ich auch heute noch die Ermahnung von Paulus, dass man sich prüfen sollte, bevor man das Abendmahl zu sich nimmt.
    Soweit meine Gedanken. Bin gespannt auf deine Antwort.
    Liebe Grüße Gerry

    • Lieber Gerry,
      danke für Deine Nachricht. Die Kommentare, die wir in den vergangenen 8 Jahren bei Hossa Talk nicht veröffentlicht haben, sind an einer Hand abzuzählen. So lange sich zivil verhalten wird, kann hier jeder äußern, was er möchte. Deshalb wird natürlich auch Dein Kommentar veröffentlicht. 🙂

      Ich versuche mal auf Deine Punkte einzugehen.

      Ich verstehe ehrlich gesagt nicht recht, was Dich an dem Talk stört. Ich habe ja weder den Namen eurer Gemeinde genannt, noch irgendwelche Hinweise darauf gegeben, die darauf schließen lassen, wo diese Ansässig ist. Ich werde das auch in Zukunft nicht tun. Mich hat die Situation einfach beschäftigt (wofür du hoffentlich Verständnis hast) und so haben wir sie als Sprungbrett genommen, um über die allgemeine Diskursfähigkeit in Gottes Reich zu sprechen. Bis heute habe ich übrigens keine offizielle Rückmeldung zu meinem Einsatz bei euch bekommen, sondern lediglich die zitierte interne Gemeindemitteilung gelesen, die nicht nur mir gegenüber unfair formuliert ist, sondern auch gerade denen gegenüber, die meine Predigt wohlmöglich als willkommenen Anstoß verstanden hatten (siehe dazu zB den Kommentar von Derek, etwas weiter oben). Die Mitteilung war nicht um Ausgleich bemüht, sondern hat sich einseitig auf die Seite der Kritiker gestellt. Das fand ich schade. Und darüber reden wir im Talk ja. Mir wurde übrigens nach wie vor nicht mal mitgeteilt, was an meiner Predigt so anstößig empfunden wurde. Im Talk spekulieren wir ja nur, aber wenn die Spekulationen die Richtung treffen, waren das alles Nebenschauplätze der Predigt, weshalb ich die Aufregung und nachträgliche „Cancelung“ auch immer noch nicht nachvollziehen kann. Das ihr mit der grundsätzlichen Ausrichtung der Predigt ein Problem hattet, kann ich mir nach wie vor nicht vorstellen. Die Leitung des Gottesdienstes hatte sich meine Predigt ja sogar im Vorfeld des Gottesdienstes auf Youtube bereits angesehen.

      Ich hätte daher nicht erwartet, dass die Predigt so heftig polarisiert. Ein Predigt ohne Provokationen finde ich wie gesagt langweilig, aber mit so einer heftigen Reaktion hatte ich nicht gerechnet.

      Das ihr inzwischen als Gemeinde einen lebendigen Austausch über das Thema hattet, freut mich sehr. Dann sind wir uns doch in den im Talk formulierten Anliegen im Grundsatz einig.

      Das der Episodentitel etwas reißerisch ist, ist geschenkt. Hey, wir sind Hossa Talk und nicht @liebezurbibel 😉

      …aber selbst machst du einen kompletten Hossa-Talk darüber ohne dass du wiederum die Gemeindeleitung darüber informiert hast. Machst du damit nicht das Gleiche, was du ihnen vorwirfst?

      Finde ich nicht. Wie gesagt, ich habe anonymisiert und alles vermieden, was auf eine Lokalisierung der Gemeinde schließen lässt. Ich habe mich nicht über eine konkrete Gemeinde im Talk beschwert, sondern über eine Praxis, die so auch in vielen anderen Gemeinden zu finden ist (die Kommentare hier und auf Social Media legen davon Zeugnis ab) und angemahnt entspannter mit inhaltlichen Differenzen umzugehen. Die Nachricht der Gemeindeleitung wiederum hat mich konkret vor eurer Gemeinde abgekanzelt. Das ist schon ein deutlicher Unterschied, finde ich.

      One last thing… 🙂 Die Ermahnung zur Prüfung vor dem Abendmahl von Paulus bezieht sich meines Erachtens nicht auf die Frage, ob jemand eine Beziehung zu Jesus hat, sondern auf etwas konkretes anderes. Aber das habe ich ja in der Predigt schon deutlich ausgeführt… 🙂

      LG,
      der Jay

    • ConnyR ConnyR

      >Und ich finde es nicht gut, dass du die von Freund zu Freund weitergeleitete Nachricht der Gemeindeleitung 1:1 im Netz zitiert hast.<
      Das erinnert mich doch sehr an meine ehemalige Gemeinde. Da wurde auch gesagt das die Vorstandssitzungen (Leitungskreis) geheim sind. Und als ich dann Dinge per E-Mail mit kleinen Verteiler zur Sprache brachte wurde ich ganz schnell hintenrum denunziert.
      Wenn eine Gemeindeleitung nichts zu verbergen hat kann auch alles veröffentlicht werden. Andernfalls schreit alles nach geistl. Machtmissbrauch. Da kann man dann nur schnellstmöglich gehen.
      Meiner Ansicht nach sollte in so einem Forum wie Hossa Talk sogar die Namen von solchen Gemeinden gesagt werden.

  10. Wolle Wolle

    Hey,

    erst mal danke für eure Arbeit, bei der man so herrlich mitdenken kann.!!!
    Zum Thema Verständigung und Dialog hab ich immer mehr das Gefühl, wir müssten einfach immer zwei mal mehr „warum?“ fragen. Uns selbst und das Gegenüber. Selbst wenn die Antworten nicht stimmig sind oder gut formuliert etc. sollte das doch zu mehr Verständnis führen. Und wenn man nur versteht, dass etwas unklar ist…

  11. Christian P Christian P

    Hallo Jay,
    du weißt, ich kenne diese Gemeinde sehr gut, und dein Freund dort ist auch mein Freund. Und so schmerzt mich diese Folge sehr. Wenn ich als Prediger eingeladen werde und merke, dass es klaren Widerstand gibt, muss ich mich doch selbst fragen, was ich falsch gemacht habe. Selbst wenn ich von allem, was ich sage, völlig überzeugt bin, muss ich mich fragen, warum ich das nicht rübergebracht habe. Das habe ich bei dir vermisst. Das klingt doch nach Oskar Wilde: „Die Aufführung war gut, nur das Publikum war verkehrt.“ Das sagt doch nur etwas über sein Ego, nicht über das Publikum.
    Du bemängelst, dass die Leitung der Gemeinde ihre Kritik nicht dir mitgeteilt habe. Das wäre wirklich nicht gut. Aber darf ich dich fragen, ob du der Leitung deine Kritik mitgeteilt hast, ehe du sie hier öffentlich machst und dich selbst als Opfer darstellst („Kreuzigt ihn!“ und „jetzt offiziell zum Ketzer erklärt“)? Wenn das nicht geschehen ist, hättest du das getan, was du an ihnen bemängelst und sie dabei definitiv überboten.
    Der zweite Teil eures Talks führt euch zu selbstkritischen Fragen. Das ist klasse, denn das haben wir alle (!) nötig, damit sich die christliche Szene nicht weiter polarisiert und sich die Abgrenzungen aufschaukeln. Wir brauchen mehr Brückenbauer als Provokateure, mehr Diener für andere als Selbstdarsteller, mehr Dialog mit Andersdenkenden als nur die eigene Bubble zu bedienen. Wie würdet ihr euch da als Hossa-Talk beschreiben?
    Und – Gottesdienst ist etwas anderes als ein Talk; er sollte den Glauben der Gemeinde stärken wie auch ihr Profil. Als Gastprediger zu Kreuzestod, Abendmahl und Taufe zu predigen, erfordert darum Kenntnis und Respekt der Linie der Gemeinde. Ein Schuh, der für die Andreasgemeinde passt, passt nicht automatisch in XY… Das ist doch eigentlich keine Überraschung.
    Viele Grüße, Christian

    • Hallo Christian,

      dann antworte ich dir auch hier einfach noch mal, was ich dir bereits schon gemailt habe:
      Da ich die Gemeinde im Talk nicht namentlich genannt habe, habe ich sie auch nicht öffentlich kritisiert oder zur Schau gestellt oder so. Wir haben uns über eine gemachte Erfahrung unterhalten und darüber hinaus Gedanken gemacht, was das wohl bedeuten könnte. Mehr nicht.

      Ansonsten, siehe meinen Kommentar an Gerry – da habe ich ausführlicher geschrieben.

      Nun gut, vielleicht noch zu unserem Selbstverständnis als Hossa Talk, das du anfragst. Im Grunde kann ich nur zitieren, was wir vor vielen Jahren formuliert haben: „HOSSA TALK beschäftigt sich mit der Frage, wie sich Christsein in einer komplexen, widersprüchlichen und manchmal chaotischen Welt leben lässt.“ Das machen wir mal nachdenklich, mal provozierend, mal laut, mal leise, mal Brücken bauend, mal heilige Kühe schlachtend – aber so oder so immer komplett subjektiv. Wir verstehen uns nicht als Lehr-Organ oder so was, sondern als engagierte Laien, die mit Brüdern und Schwestern und allem dazwischen versuchen darüber nachzudenken, was für das Leben hilfreich sein könnte und was nicht. Dabei schießen wir auch über Ziele hinaus oder kommen nicht mal an die Grenzen unserer Tellerränder, geschweige denn an die Hecken und Zäune – so wie alle anderen auch. Grundsätzlich sehe ich die Arbeit von Hossa Talk aber als eine Brücken bauende. So verstehe ich übrigens auch diesen Talk (Wie gesagt, wir nehmen eine Situation, anonymisieren sie und versuchen sie auszuwerten und veröffentlichen sie als unseren Diskussionsbeitrag).

      Was den klaren Widerstand angeht, von dem du geschrieben hast: Nach dem Gottesdienst hatte ich, bis auf ein Gespräch mit einer Schwester, ausnahmslos positive Reaktionen auf die Predigt. Und zwar ziemlich viele davon! Deshalb war die heftige Reaktion der Gemeindeleitung im Nachklapp für mich schon ziemlich überraschend. Und was die thematische Ausrichtung der Predigt angeht, so bin ich ja recht kurzfristig eingesprungen, habe das Abendmahl als Predigtthema vorgeschlagen, weil ich die Predigt tatsächlich für eine meiner besten halte und wirklich nicht gedacht hätte (ja im Grunde immer noch nicht weiß), was an dieser Predigt als anstößig gewertet werden sollte. Mein Vorschlag traf auf den Umstand, dass die Gemeinde an dem Sonntag eh Abendmahl feiern wollte (Halleluja!). Außerdem hatte sich die Gottesdienstleitung meine Predigt vorher auf Youtube angesehen – mir war wirklich nicht klar, dass ich im Begriff stand Ärger auszulösen. Hätte ich das gewusst, hätte ich mich für eine andere Predigt entschieden, das kannst du mir glauben.

      LG,
      der Jay

  12. Euer aktuelles Thema & Gespräch hat mir sehr gut gefallen. Vielleicht auch bedingt durch eine allgegenwärtige Diskussion von den Extremen her und der damit einhergehenden Unmöglichkeit Verbindendes zu suchen, beschäftigt mich dieses Thema schon länger und ich hab bei meinen Predigten versucht diesem Eindruck Jesu Haltung entgegen zu halten, die da vermutlich zeitlos herausfordernd ist.
    Schön länger denke ich darüber nach, ob es sich nicht lohnen würde Impulse dazu in einem Buch zu bündeln.
    Arbeitstitel »Jesus will keine Kämpfer für die gute Sache sondern Brückenbauer & Friedensstifterinnen«
    Danke für euer offenes Nachdenken!

  13. Andi Andi

    Bin bei Minute 60, aber mir ist als würde ich gleich entschlafen…

    …eigentlich ist doch vieles gut gelaufen: Eher konservative haben Dich eingeladen und Du konntest ihnen Deine Sicht ans Herz legen, hast auch viele erreicht. Und immerhin ist keiner auf die Bühne gesprungen, um Dich zu demütigen….

    Wenn mir langweilig ist und ich n Thrill brauche, schmeiß ich mich in die Umlaufbahn von facebook und geh Fundis ärgern. Und mit meinem Blog dort will ich ja wirklich ihr Herz erreichen (tatsächlich bin ich fast nur mit Pfingstlern und FeGlern befreundet).

    Hey, Jay, wir beide waren auch mal Fundi: Mein Rat – gib den Leuten Zeit…

    Wir wollen uns ständig alle aus Gruppen ziehen und in andere hinein. Keiner will einem Irren oder einer Spinnergruppe Macht und Schlüssel geben. Das heißt Verantwortung und Gewissen, aber das ist halt auch verführbar. Grundsätzlich canceln halt beide Seiten, die Frage ist erstens, ob das Sinn macht und ob eine Seite mehr darf als die anderen. Ein Faktor ist aber auch, ob das, was man vertritt wahr/nützlich/liebevoll ist.

    Wie gesagt, bin grad im tunnel ins Reich der Träume (oder ists die Finsternis ;-).

    Alternative zu allem: Predige nächstens nur noch unter der ausdrücklichen PRämisse überzeugt zu sein, dass Gesetzliche in die Hölle fahren …. 😉

  14. Tom Tom

    Moin,
    also ich bin ja gedanklich schon am Anfang bei der Nachricht der Gemeindeleitung hängen geblieben. Wäre ich neu in der Gemeinde – d.h. ohne die Hintergründe näher zu kennen – wäre das für mich schon ein Alarmsignal und ein Zeichen, dass es hier gar nicht um eine inhaltliche Distanzierung von Seiten des Leitungsteams geht.

    Denn, wenn es um inhaltliche Differenzen gehen würde, könnte man die ja einfach benennen. Wenn man das nicht macht, kann das verschiedene Gründe haben, die aber alle nicht gut klingen. Ich wäre da schon mal auf Abstand.

    Selbst wenn man hier die Notwendigkeit sieht, sich abzugrenzen – was manchmal notwendig ist, aber in diesem Fall eher schade – dann sollte die Kommunikation hier möglichst klar sein: welche Punkte sehen wir so problematisch, dass wir uns zu einer Stellungnahme genötigt sehen. Ansonsten schafft man große Unsicherheit in der Gemeinde. Dazu gehört aber auch eine gewisse Kompetenz, sowohl theologisch, als auch pastoral. Nun lese ich in den Kommentaren, dass die Gemeinde auf Pastorensuche ist. Das ist natürlich keine leichte Situtation und bei der leider weit verbreiteten Pastorenfixierung würde es mich nicht wundern, wenn es da ein gewisses Kompentenzvakuum gibt.

    Dann kommt hinzu, dass es (den geschilderten Reaktionen zufolge) verschiedene Flügel der Gemeinde gibt, bei dem sich dann offenbar der konservative Teil im Leitungsteam durchgesetzt hat. Puh…

    Von Cancel Culture würde ich aber bitte nicht reden. Damit meint man eigentlich (nach meinem Verständnis) Fälle wie Michael Blume oder andere öffentlich auftretendende Personen, meist Frauen, die mit Stalking, Morddrohungen und Verleumdungen komplett aus der Öffentlichkeit gedrängt werden sollen. Gerade von rechts wird der Begriff aber inflationär und teils stratagisch verwendet, um das Thema zu verharmlosen und sich selbst als Opfer darzustellen, wenn einem nicht jeder eine Bühne gibt. Das ist nicht eure Absicht, aber ich hab da Bauchschmerzen, wenn man diese sehr unterschiedlichen Themen vermischt.

  15. Alex aus Cloppenburg Alex aus Cloppenburg

    Marco und Jay, ihr beiden seid euch ja einig, dass ihr immer froh seid, wenn ihr in einer Predigt auch mal herausgefordert werdet oder euch sogar ärgert. Ich selber kann das nachvollziehen, glaube aber, dass es sich dabei um eine absolute „Minderheiten-Position“ handelt.
    Herausforderungen und Ärger gibt es im Alltag zuhauf, dann bist du doch als regelmäßiger Kirchgänger froh, wenn wenigstens auf die Inhalte der sonntäglichen Predigt „Verlass ist“.
    So sympathisch ich Jays Gedanken zum Thema Abendmahl auch finde, weiß ich, dass die allermeisten in meiner Gemeinde gerade das hören wollen, was ihnen bekannt ist und was sich für sie einordnen lässt. Sie hätten dich,Jay, von der Kanzel gezerrt. 🙂 Gerade bei christlichen Gemeinschaften handelt es sich um Echo-Räume.
    Der Begriff Cancel Culture passt da deswegen nicht gut rein, eben weil man unser seinesgleichen sein will, wenn man in die Kirche geht.

    • Das wäre aber ganz schön traurig. Und irgendwie auch langweilig, oder?

      LG,
      der Jay

  16. Alex aus Cloppenburg Alex aus Cloppenburg

    Aus meiner Sicht ist es weder traurig noch langweilig. Die „reine Lehre“ bietet Sicherheit und es geht ja um nichts weniger als de ewige Seligkeit. Vielfalt und Entwürfe unterschiedlichster Art gibt es doch in der Welt zuhauf.
    Diese Offenheit ist für die Menschen gut, die dabei sind „abzufallen“. Der fromme Rest will unter sich bleiben. Dafür kämpfen „Bibel und Bekenntnis“, Evangelium21 und wie sie alle heißen. Aber ihr habt es ja gesagt, der Graben zwischen den Lagern ist inzwischen so groß, dass eine Kommunikation aus meiner Sicht unmöglich erscheint.

    • Also nicht dass du mich falsch verstehst, ich habe vollstes Verständnis dafür, dass man unter sich bleiben will und dass man möglichst in dem bestätigt werden will, was man eh schon glaubt. Das geht den meisten Menschen im Grundsatz so, denke ich. Mir im gewissen Sinn auch. Ist immer schön, wenn man in dem bestätigt wird, was man denkt. Ich kriege es nur nicht mit dem Glauben an jemanden zusammen, dessen Dienst man zu 80% mit Erregungen öffentlicher Ärgernisse beschreiben muss, wenn man ehrlich die Bibel liest. Jesus hat den Leuten doch gerade nicht gesagt, was sie hören wollten oder was sie immer schon geglaubt haben. Und ja, wenn man sich diese Dimension nimmt, um sich die gefühlte Sicherheit der ewigen Seligkeit nicht verderben zu lassen, ist das dann nicht schon im Ansatz eine faule Sicherheit? Und wäre die Immunisierung gegen jegliche Störung meines Glaubens nicht sogar oder gerade im Rahmen eines solchen Weltbildes eine ziemlich gefährliche Angelegenheit?

      LG,
      der Jay

  17. Den Eindruck hab ich auch, und ich glaube, viele sind einfach überfordert von vollkommen anderen Deutungen. Das mag bei irgendwelchen banalen Themen wie „Findet die Entrückung vor oder nach der Trübsal statt?“ noch ok sein, aber bei Abendmahl etc. echt schwierig. Ich glaube nämlich, dass sich sehr viele sehr harte Gedanken machen und Angst haben, beim Abendmahl etwas falsch zu machen. In meiner alten Gemeinde haben dabei immer wieder Leute (ich auch) gehustet, sich verschluckt und ich bin mir sicher, dass es psychisch war. Ist jetzt auch nur ein Beispiel, aber wenn man sich einen derartigen Kopf macht sind andere, entspanntere Ansätze bedrohlich, denn in dem Denken verleiten sie ja dazu, das Ganze nicht mehr ernst zu nehmen. Zumindest kann es so rüber kommen. Das gilt natürlich auch für andere Themen wie Bekehrung, Satisfaktionslehre, Lebensübergabe, Himmel und Hö*** etc.pp.

    • Danke, Bithya, das ist eine gute Erklärung, warum Menschen psychologisch und soziologisch ablehnend auf die gute Botschaft reagieren. Das hat Jesus ja exakt so erlebt. Das sollte uns aber nicht davon abhalten, die frei und froh machenden Botschaften des Evangeliums zu verkünden. In der Hoffnung, dass der Heilige Geist solche Mauern der Angst aufbricht und dadurch Raum für Erlösendes entsteht. Deshalb predige ich über das Abendmahl so leidenschaftlich, weil ich entsetzt darüber bin, mit wie viel Angst und Abscheu es für viele Christen verbunden ist. Wenn das eine Symbol der Christenheit, das die komplette Hinwendung Gottes zum Menschen in lauter verschiedenen Facetten symbolisieren und lustvoll erfahrbar machen will (Essen, Wein!), ins Gegenteil verkehrt wird, ist das nicht nur tragisch, sondern geradezu eine Katastrophe.

      LG,
      der Jay

  18. Hanna Hanna

    Hallo
    Nachdem ich vor zwei Jahren meine Gemeinde verlassen hatte, musste ich ebenfalls Monatelang um ein Gespräch betteln, weil ich einfach Antworten wollte. Diese habe ich dann aber nicht bekommen, sondern nur „du bist ja schon abgefallen“ Kommentare. Meine Reaktion war darauf natürlich erst recht Rückzug. Viele (bis zu diesem Zeitpunkt) gute Freunde meldeten sich nicht mehr bei mir, was mich zusätzlich verletzte. Allerdings meldete ich mich auch nicht, weil ich einfach Abstand und andere Gedanken brauchte. Was ich damit sagen will: Es ist echt schwer, wenn Verletzungen, Unsicherheit und vor allem Angst im Spiel ist, ein ehrliches und offenes Gespräch zu suchen. Ich habe es versucht damals, aber mein Gegenüber war wohl einfach nur überfordert mit meinen Fragen.
    Wenn plötzlich Dinge hinterfragt werden nimmt das eben die Sicherheit und ich kann so gut jede/n verstehen, der/die eben in dieser Sicherheit bleiben will. Das Leben ist unsicher genug und da ist „Glaubensgewissheit“ für viele wohl der einzige Anker (Wird ja auch so gepredigt)
    Beide Seiten müssen sich den Triggerpunkten, Verletzungen, Ängsten bewusst sein, um ein konstruktives Gespräch führen zu können, meiner Meinung nach.
    Und beide brauchen die Kraft dazu. Wie gesagt, ich habe mich selbst zurückgezogen und wollte irgendwann nur noch möglichst viele andere Kontakte, um eben auf andere Gedanken zu kommen

  19. Hossafan Hossafan

    Hallo zusammen,

    wenn ihr schonmal um Kommentare bittet, lass ich mich doch auch nicht länger bitten. Ihr habt das Thema wieder super ausgearbeitet und verschiedene Ansichten schön gegenübergestellt. Jay wir hatten schonmal einen E-Mail Verkehr zusammen zu einem ähnlichen Cancel Culture Thema. Ich habe damals gefragt, wie ihr zu der Suspendierung eines Nürnberger Pfarrers der Landeskirche steht, der sich kritisch zur Seenotrettung vor der afrikanischen Küste geäußert hat. Ich habe deine Mail noch gefunden und zitiere deine Kernaussage wörtlich:

    „Ich bin an sich gar kein Freund von Ausschlüssen und Suspendierungen. Andererseits kann ich verstehen, dass eine Kirche, wie jedes andere Tendenzunternehmen auch, darauf achten möchte, dass ihre Position/ Tendenz nicht beschädigt wird.“

    Und genau das ist es doch auch bei jedem anderen Thema in deinem Fall jetzt das Abendmahl auch. Auf deutsch, schön ist es nicht aber was will man machen. Auf meine Anmerkung, dass ich darauf hin aus der Landeskirche ausgetreten bin und zwar keineswegs weil ich in irgendeiner Weise gegen Seenotrettung bin sondern eben aus Prinzip aufgrund der (meiner Meinung nach) nicht gerechtfertigten Suspendierung war deine Frage an mich:

    „…von daher frage ich mich, was Deine Alternative sein wird? “

    Meine Antwort war damals dann eben gemeindelos zu sein.

    Eine Frage habe ich aber dennoch. Jay du sagst bei einigen Themen ist bei dir die Grenze überschritten wo du nicht bereit bist weiter mit dem anderen zu reden. Würdest du behaupten es liegt daran, weil du einer bestimmten Ansicht von sich aus böse Absichten unterstellst und damit auch vermutest ein sachlicher Austausch hätte keinen Wert oder ist es an dieser Stelle ehr ein Selbstschutz um nicht zu tief in die ein oder andere Thematik eintauchen zu müssen? Immerhin kann ja auch die dümmste/ gefährlichste Meinung aus reinem Unwissen, Fehlinterpretationen, anderen Lebensumständen oder was auch immer heraus entstehen und man immer auch annehmen sollte, dass, wenn auch mit äußerst geringer Wahrscheinlichkeit, auch die bescheuertste Meinung etwas wahres haben könnte.

    Gruß

    Ein Hossafan

    • Hallo Hossafan,
      ja, da packst du mich bei den eigenen Hörnern. Gut gemacht. 🙂

      Wie gesagt, ich habe gar nicht das Problem mit einer inhaltlichen Kritik an mir oder meiner Predigt. Ich fand die Form nur eben etwas absolutistisch (ich deute ja auch in der Antwort an dich bzgl. des Pfarrers an, dass mir seine Suspendierung ein zu drastischer erster Schritt wäre). Aber ich bin ja nun eben auch keine Spokesperson dieser Gemeinde (anders als der Pfarrer in deinem Beispiel). Da fände ich eine freundliche, kritische Auseinandersetzung eben angebrachter, als gleich den Stab brechen zu müssen.

      Eine Frage habe ich aber dennoch. Jay du sagst bei einigen Themen ist bei dir die Grenze überschritten wo du nicht bereit bist weiter mit dem anderen zu reden.

      Das hast du falsch verstanden. Es war nicht „gar nicht mehr miteinander reden“ gemeint, sondern sollte Verständnis dafür ausdrücken, dass Menschen Schmerzgrenzen haben, die sie zB dazu bringen in einem Gottesdienst den Saal zu verlassen. Solche Schmerzgrenzen habe ich auch. Das bedeutet aber nicht, dass damit automatisch jegliches Gespräch für mich beendet wäre.

      Würdest du behaupten es liegt daran, weil du einer bestimmten Ansicht von sich aus böse Absichten unterstellst und damit auch vermutest ein sachlicher Austausch hätte keinen Wert oder ist es an dieser Stelle ehr ein Selbstschutz um nicht zu tief in die ein oder andere Thematik eintauchen zu müssen?

      Weder noch. Ich hatte ja rassistische Aussagen als Beispiel genannt. Mit so etwas würde ich mich eben nicht gerne gemein machen und würde ein den Saal verlassen als Zeichen des Protestes verstehen (so ähnlich hat es sicher auch die Schwester im Bezug auf das Abendmahl gemeint, die während meiner Predigt aufgestanden ist. Und mit ihrem „Aufstand“ hätte ich an sich ja auch kein Problem gehabt). Wie gesagt, das würde für mich aber nicht bedeuten, dass damit jegliches Gespräch beendet wäre. Böse Absichten versuche ich grundsätzlich nicht zu unterstellen. Gerade bei unterschiedlichen theologischen oder ethischen Ansichten steckt ja meist ein irgendwie gestricktes Weltbild dahinter, welches sich ja gerade lohnen würde, miteinander zu besprechen und kritisch von verschiedenen Seiten aus zu reflektieren, wenn alle Seiten dabei mitmachen. Und natürlich kann es dabei gut passieren, dass ich etwas lerne. Ist doch klar. Das ist doch das fantastische daran, wenn man sich offen über seine unterschiedlichen Positionen austauscht.

      LG,
      der Jay

  20. Hilde Perez Hilde Perez

    Hallo ,
    ich bin an der Beschreibung hängengeblieben “ eine normale Gemeinde mit unterschiedlichen Lagern“ . Ich bin auch in so einer Gemeinde und finde das genau richtig und erstrebenswert , eigentlich . Aber auch schwierig , denn da liegt vielleicht mal Angst vor einer drohenden Spaltung in der Luft und die Leitung fühlt sich unter Druck , den Laden zusammenzuhalten . Ein Minenfeld , wo jede Diskussion Stress bedeutet . Vielleicht spielte das auch eine Rolle bei dem Vorfall . Das offene Abendmahl kann ja so ein nervöser Punkt sein , an dem sichtbar wird , dass die Konservativen in der (freikirchlichen) Gemeinde in der Minderheit sind ; hoffe , ich hab es nicht zu negativ ausgedrückt . Ich werde mir die Predigt auf jeden Fall anhören , weil mich das Thema sehr interessiert und ich auch sehr dankbar bin , die alte Angst vor dem Abendmahl überwunden zu haben , dank der einladenden Art und Weise , wie in meiner Gemeinde darüber gesprochen wird .

  21. Kriti-Sir Kriti-Sir

    Bevor ich durch die reichhaltigen Kommentare scrolle, erstmal meine spontanen Gedanken nach der Folge.

    0. Wo höre ich Hossatalk?
    Früher mal beim Autofahren und mittlerweile immer beim Spazierengehen und ich habe mal testweise „schneller“ gehört, aber da blieb mir zu viel vom Gesprächsflow verloren. Daher immer in Originaltempo.

    1. Vorgeplänkel
    Ich liebe das Vorgeplänkel und diesmal hat es mir sogar besser gefallen als die Folge selbst 😛
    Einfach dieses Rumgealbere, bevor es losgeht – oder war nicht der Einstieg schon immer das Highlight.

    2. Vom Punk zum Blues
    Alles, was in dieser Folge kulminierte, ist bei manch einem Duotalk zwischen Jay und Gofi schon immer wieder im selben Sound gesagt worden. Und ist ja auch eine Entwicklung, die Gofi schon ziemlich früh antizipiert hat.
    Und Jay hat es ja schon viel früher besungen. „Ich wär so gerne einfach Christ.“ – muss immer wieder an dieses Lied denken bei dieser Art von Talk.
    Man wünscht sich eine Utopie des freien Meinungsaustausch und gibt doch gleichzeitig zu, selbst nur in der eigenen Bubble zu versaften und eigentlich keine Kraft mehr für gewisse Gesprächspartner zu haben, nur um vorher aber darüber zu lamentieren, dass die Gesellschaft immer weiter auseinanderdriftet; aber ach! die anderen hören ja auch einfach nicht zu. (wo ich euch sogar mal 100% zustimme).

    Jays Aufruf und Aufgeschlossenheit zu Gesprächen mit anderen Freigeistern ist auch in seiner spürbar emotionalen Dringlichkeit sehr respektabel und ich bin gespannt, was da noch kommen mag; auch ich hätte da einiges zu berichten, traue mich aber nicht ganz, auch wenn ich gar keiner Gemeinde angehöre und auch mehr über die Debatte an sich als über die vermeintliche Zwischenkompromisse erfreut bin.
    Und irgendwie höre ich zurzeit vor allem Podcasts aus dem „linken“ Spektrum, auch wenn ich selbst konservative Werte vertrete und leben möchte; mir das dortige Angebot aber meistens zu dumpf ist bzw. einfach nie das richtige gefunden habe, wobei Hartl für mich dann wiederum auch ein rosa Tuch ist, auch wenn ich seinen „Senf“ dann doch wieder gern höre…

    3. Zur Predigt
    Gerade das Ende hat mich gecatcht. Schon allein der Gedanke, dass die Teilnehmer die Auferstehung und das Leben verkörpern. Sehr schön! Hatte ich vorher noch nie gehört.
    Und ich finde die Predigt sehr gehaltvoll und wusste gar nicht, dass Jay so schnörkellos zum Punkt kommen kann 😉

    Den Ansatz, auf „Biegen und Brechen“ provozieren zu wollen, finde ich etwas problematisch. Ich weiß, dass Jay es natürlich nicht ganz so wild meinte, aber es bleibt doch ein Kern bestehen. Selbst auferlegte Denk- und Sprechverbote bringen aber auch nichts.
    Die Botschaft an sich sollte provozieren und nicht die Vortragsweise. Dann ist man nah beim Heiland.

    Falls Jay es nicht mit der Gemeinde abgesprochen hat, ist es m.E. auch etwas übergriffig – um nicht zu sagen „justiziabel“ -, aus einer „privaten“ Whatsappgruppe Nachrichten im Wortlaut zu veröffentlichen (auch wenn der Voyeur in mir es genossen hat).

    Und auch die Leitung hatte es vllt genau wie Jay satt, mit bestimmten Personen um die immer wieder gleichen Themen zu kämpfen, wobei die Fronten dann doch hart wie Beton sind und ein Hauch von den Schützengräbenschlachten aus „Im Westen nichts Neues“ die Debatte umweht. Dieses Gespräch können sich beide Seiten sparen; auch wenn dann mal wieder mehr übereinander als miteinander geredet wird, aber ach – der Punkt ist verklungen und uns bleibt zurzeit nur der Blues. Ein Blues, der sich auch in der Ampelregierung immer mehr einstellt.

    Da nützt es für mich auch nichts auf die Debattenkultur der jüdischen Gesellschaft vor 2.000 Jahren zu verweisen und diese als uneingeschränkt positiv dastehen zu lassen. Damals ging man noch bis zur Tötung des Gegenübers; heute geht man sich aus dem Weg. Überspitzt gesagt. Muss noch mehr darüber nachdenken.

    Die Wortwahl der „Stellungnahme der sog. Leitung““ war prinzipiell noch ziemlich im Rahmen und letztlich habe ich es als Bemühung verstanden, das Thema im Sande verlaufen zu lassen.
    Und was wird schon groß herauskommen? Nein, Judas war nicht beim Abendmahl; nur die Würdigen dürfen teilnehmen; Selbstprüfung; Selbstverantwortung.
    Ich denke mir da so: Vllt lässt die Bibel bewusst offen, ob Judas nun dabei war oder nicht, auch wenn eine Deutung zutreffen muss. Auch Paulus äußert sich dazu später nicht. Es ist für seine Argumentation also nicht weiter von Bedeutung, ob er nun teilnahm oder nicht; sollte die Deutungshoheit über diese Randfrage also von Bedeutung sein? Wenn man die heilige Schrift ernst nimmt, dann muss man sie gerade bei den Lücken ernst nehmen und nicht versuchen, die Spannung in die eine oder andere Richtung aufzulösen. (Die große Lehre aus dem Ende von Inception: Gerade die größten Fragen sind manchmal gar nicht wichtig!).
    Das Schlimmste, was Jay ausgelöst (wenn auch nicht beabsichtigt!) haben könnte, ist eine Gemeindespaltung. Gemeinden spalten sich immer an irgendeinem Firlefanz. Und provokant zurückgefragt: Wäre das die Provokation dann wirklich wert gewesen?

    Andere Gemeinden hätten jetzt erstmal einen Arbeitskreis und dann eine Schulung samt Pamphlet zum „biblischen“ Abendmahlsverständnis herausgegeben.
    Rückfrage: Ist im Rahmen des Gottesdienstes, in denen du die Predigt gehalten hast, dann auch Abendmahl gefeiert worden?

    4. Siggi
    Wow, das hatte ich schon abgehakt, dass er sich noch mal bei Hossa blicken bzw. hören lässt.
    Aber Vorfreude steigt; v.a., da die nächsten Wochen Worthaus ja ziemlich siggi-lastig werden.

    • Danke für die vielen guten Gedanken.

      Nein, eine Gemeindespaltung wäre die Provokation definitiv nicht wert gewesen. Aber ehrlich gesagt, hatte ich ja gar nicht damit gerechnet, dass die Predigt besonders anstößig sein würde (ein bisschen provokant an ein paar Stellen vielleicht aber sicher nicht die Aufregung, die sie ausgelöst hat – daran merkt man aber zugegebener Maßen, dass mein Gefühl für die evangelikale Welt nach 20 Jahren als Zaungast wahrscheinlich etwas zu wünschen übrig lässt…).

      Rückfrage: Ist im Rahmen des Gottesdienstes, in denen du die Predigt gehalten hast, dann auch Abendmahl gefeiert worden?

      Yep. Das haben einige dann auch als besonders schön erlebt und andere eben nicht… 😉

      LG,
      der Jay

      • Kriti-Sir Kriti-Sir

        Irgendwie liegt es mir auf dem Herzen hier noch etwas weiterzuschreiben.
        Ich war gespannt, ob ich HossaTalk nach dem Abgang dessen, der nicht genannt werden soll, noch die Stange halte.

        In einem meiner allerersten – wenn nicht sogar dem ersten Kommentar – hatte ich zum „AfD-Talk“ gefragt, wann den mal ein „linkskritische Folge“ käme.
        Deine Antwort vor 3,5 Jahren: „Da wir beide selber linksgrünversifft sind, ist das wohl eher nicht zu erwarten. Aber solche Vorträgen etc gibt es auch schon zur genüge. Einfach mal bei bilipedia.de usw vorbeischauen, da wirst du sicher fündig.“

        Ich habe in den letzten 3,5 Jahren viel dazu gelernt. Der Horizont hat sich etwas geweitet und doch weiß ich mit Sokrates immer noch, dass ich eigentlich nichts weiß. Und immer wieder am Anfang stehe. Zumindest wünsche ich mir das. Zu- und Hinhören zu können. Aber ach, jetzt spiele ich schon denselben Sound. Dabei wissen wir alle, dass manche Schlachten eben geschlagen sind und manche Fronten so verhärtet, dass man sich im gegenseitigem Schubladendenken bequem aus dem Wege geht.

        Nochmal zur jüdischen Debattenkultur: Die fand damals ja „notgedrungen“ face-to-face statt an öffentlichen Orten. Und da frage ich mich auch schon, ob es üblich war, dass sich Gelehrte einfach vor den Ohren des Volkes gestritten haben oder ob das Volk sich gar nicht dafür interessierte. Die Evangelien geben dazu nicht wirklich einen Aufschluss – finde ich.
        Wie dem auch sei: Jesus zeigt in diesen Debatten sehr wenig Empathie, gerade mit den Schriftgelehrten. Sein Schriftverständnis ist knallhart und provoziert bis aufs Blut. Für Jesus bleiben da eben nicht zwei gleichwertige Meinungen stehen. Er hat recht, der Rest liegt falsch.
        Sich daran messen zu wollen, wäre vermessen.
        Sich in der Debattenkultur der freiheitlich-demokratischen Grundordnung verstecken zu wollen, ist mir ebenfalls zu bequem. Ich wünschte, es wäre so leicht zu sagen, dass jeder irgendwie in Gesamtsicht all seiner Lebensumstände eine valide Meinung vertritt und der Heiland in der Rührseligkeit einer Allversöhnung zum Schluss überallhin Brücken bauen wird und alles auf sich vereinen wird.
        Aber Jesus warnt eindringlich, malt grell in Schwarz und Weiß. Und daran kommt man eben nicht vorbei. Auch nach wegenmir 500 Folgen HossaTalk und 450 Worthaus-Vorträgen nicht (Seitenhieb: Seit Kurzem gibt es mehr Worthausvorträge als Hossatalks ;)).

        Das Gericht kommt v.a. in den Evangelien vor. Da kann man sich nicht dahinter verstecken, dass dieser und jener ja nicht wissen konnte, dass sein Geschreibsel mal in der Bibel landet. Sondern gerade die Evangelien sind in der Absicht geschrieben und später ausgewählt worden, um den Heiland und seine Botschaft und Wirken lebendig werden zu lassen.
        In diesem Rahmen finde ich das Argument auch etwas schwach zu sagen, dass Paulus nicht wissen konnte, dass er „für die Ewigkeit“ schreibt, da es von anderen Menschen „geistgeleitet“ eben so entschieden worden ist, dass dieser Brief uneingeschränkt relevant ist (Hachja, der BibelBastelBogen – tolle Nummer auf der Karikatour).

        Und ich kann nur anregen, dass ihr euch gerade in den DuoTalks vom Wort Gottes selbst bei den Eiern packen lasst und zurück zu den biblischen Texten kommt (und dann sollten sich bestimmt auch ganz unvorhergesehene Skandale von sich aus ergeben).
        Ihr habt die Wahl, ob das hier eine linksgrünversifftes Couch mit den immer gleichen Nummern und Gästen wird oder ob noch etwas Licht und Salz dazukommt!

        • Wow.
          Ich hoffe, du pfefferst auch in Rechtsevangelikalien den Leuten so was um die Ohren. Sonst fühle ich mich etwas einsam.
          Viel Freude mit deinem Bibabo.
          Das hatte ich jetzt auch echt auf dem Herzen zu schreiben.
          Gute Nacht.
          Jay

  22. KritiSir KritiSir

    ja, das tue ich tatsächlich bzw tat ich tatsächlich, bis corona mich von der Brüdergemeibde und den sturen bibelfesten Brüdern trennte, und wirke dabei immer verletzender aks ich sein will, aber hier weiß ich jetzt nicht, woran du dich stößt.

    Letztlich will ich wie du auch mot jedem um due Sache ringen können, quch wenn es der Klatheit wegen manchmal polemisch und überspitzt zugeht, aber irgendwie finde ich da schon ein Lebenlang kinen Seelenverwandten, also muss es wohl an mir liegen.

    ich mag es gern, on ei er Diskussion immer das Gegenteil des Gesprächspartners zu vertreten, um seine Argumente auf Herz ind Nieren zu prüfen; die meisten sind da schnell gebrrvt, bei der Brüdergemeinde hat man sich dann schnell auf Autoritäten und die eigene Engstirnigkeit zurückgezogen und konnte Sachen auch nicht einfach stehen lassen.
    da fühlt man sich dann als Bekehrungsobjekt….

  23. Christa Christa

    So, ich habe mir die Predigt nun angehört. Und finde sie richtig, richtig gut. Was daran zu kritisieren ist, erschliesst sich mir nicht. Auch finde ich sie nicht provozierend, sondern tiefgründig, warm und zu Herzen gehend. Ich hoffe, dass die Predigt in dieser Gemeinde trotzdem viele Gottesdienstbesucher nachdenklich gemacht und auch einige Herzen berührt hat. (So wie meines).

    Liebe Grüße, Christa

  24. Ismael Ismael

    Habe gerade die Folge gehört. Ich beschäftige mich zur Zeit mit der ganzen Thematik der „Evangelikalen“ und „Post-Evangelikalen“, die ihr ja insofern aufgreift, als dass ihr feststellt, dass es unterschiedliche Meinungen gibt und die Gefahr besteht, wie bei euch selbst, dass man sich voneinander trennt/abschottet/differenziert. Ich denkt im Kontext der Gemeinde über eine Diskussionskultur nach und das in der Gemeinde der Dialog gesucht werden sollte… da bin ich voll bei euch.
    Meine Frage ist allerdings aus der Sicht einer Gemeindeleitung (wo ich selber Teil davon bin): Wie kannst du eine Gemeinde leiten in der Praxis, welche diese Spannung aushält/lebt, ohne dass es dabei trennt/abschottet/auseinander differenziert. Also, wie macht man das ganz praktisch? Du musst dann ja als Gemeindeleitung leiten und sagen, so machen wir es. Bsp. Abendmahl: Entweder P1: Alle dürfen es nehmen oder P2: Nur wer an Jesus glaubt…
    – Jeden Monat abzuwechseln wäre ja komisch…. (Abendmahl ginge das noch eher, aber z.B: Wer darf Leiter sein (Leiterstandards)… kannst du ja nicht abwechseln).
    – P1 zu wählen lässt mehr Raum, auch für die P2 Leute (die evtl. nicht damit einverstanden sind).
    – Aber wenn die Gemeindeleitung sich für P2 entscheidet als Praxis: Halten das die P1 aus? Funktioniert das längerfristig oder sagen die dann nicht irgendwann: „Die sind mir zu eng“, „Damit kann ich mich nicht identifizieren“, etc… und gehen?

    Abendmahl ist nur ein Beispiel, könnte auch mit Taufe, Mitgliedschaft, Leiterschaftsstandards, Homosexualtität, etc.. gemacht werden.

    Ist es schlussendliche nicht so, dass du als Gemeindeleitung ein Weg wählen muss, immer im Bewusst sein, es wird Menschen geben, denen dass zu weit geht oder es zu eng und aus diesem oder jenem Grund gehen? Ist Einheit denn überhaupt möglich, oder müssen wir uns einfach eingestehen, wenn die Basis (z.B. das Bibelverständnis nicht dasselbe ist) sich zu stark unterscheidet, es fast nicht zu verhindern ist, dass man sich auseinander bewegt? (Wie ihr selbst das ja auch erlebt).
    Als Gemeindeleitung musst du ja in gewissen praktischen Punkten/Fragen/Praktiken leiten… Obwohl Jesus auch Zeloten und Zöllner im Team hatte funktionierte sein Team aus meiner Sicht, weil er das Team leitete und vorausging und sagte: „So und so machen wir es.“ (ich will nicht sagen, dass die Gemeindeleitung Jesus ist 😉). Und wer diesem Weg zustimmte konnte mitziehen und die anderen waren irgendwann weg?

    Ich hoffe ihr versteht meine Anliegen. Ich fände es spannend zu hören über mögliche Lösungsvorschläge wie den Gemeinde ganz praktisch gelebt und geleitet werden müssten, dass es Raum für die ganze breite hat? Gibt es Beispiele dafür? Oder ist es fast utopisch diese anzustreben?

    Bin gespannt auf eure Antwort.

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