also ich konnte etwas mit dem Koordinatenkreuz anfangen, keine Sorge! 😉
Mir gingen auch schon Gedanken in diese Richtung durch den Kopf (und ich hatte ja auch mal über den Unterschied zwischen Lebens- und Ritualgemeinschaft geschrieben), wäre aber nie auf so ne griffige Idee wie die Windrose gekommen!
Ich bekomme hier bei den anderen Hossa-Hörern ja immer mit, wie anders diejenigen „ticken“, die aus einer anderen Kirche kommen als ich. Prinzipiell habt Ihr das gut beschrieben. Zwei Sachen sind mir aber noch eingefallen.
Ich als alte Landeskirchlerin würde den Gegenpol zum praktischen (sozialen und politischen) Engagement nicht als apokalyptisch beschreiben, sondern eher als spirituell – unabhängig davon, ob man das an Eschatologie festmacht oder nicht. Eschatologisch predigt in den Gemeinden, in die ich gehe (ich besuche Gottesdienst in 3 bis 4 verschiedenen Gemeinden in meinem Umkreis) nämlich überhaupt niemand. Vielleicht ist das eher eine Spezialität von freikirchlichen Gruppen? Der Gegensatz liegt bei uns eher zwischen Politik und persönlicher Frömmigkeit (wobei von letzterem aber nur selten gesprochen wird, da sind wir mal wieder bei den Einseitigkeiten, und das genau fehlt mir in meiner Kirche. Allein der Begriff Frömmigkeit steht bereits unter Ideologieverdacht).
Und ja, Jay, wie Du sagst, wenn es zu extrem wird, kann man hinten über kippen. Das habe ich selbst schmerzlich erleben müssen: Irgendwann war ich so politisch, dass ich feststellte, dass Gott in meinem Leben keine Rolle spielte und dass ich ihn auch gar nicht brauchte, um kritisch und engagiert zu sein. Das kann man auch als Agnostiker oder Atheist. Und dann stand ich ohne sonstige Glaubenssubstanz da, das war sehr schlimm!
Zum Thema Ritual habe ich auch noch einen Gedanken. Gofi, Du hast ja schon ein paar Mal erzählt, dass Du mit klassischem Gottesdienst nichts anfangen kannst. Das ist natürlich Dein gutes Recht, ich denke aber, dass Du Leute wie mich nicht ganz verstehst. Ich bin ja ne alte Ritualgemeinschaftlerin (auch wenn ich schon gerne über den Kirchgang hinaus was mit anderen Christen zu tun haben will, aber dazu kann man ja dann auch in Gruppen gehen). Für mich ist weder die Kirche noch ein Ritual wie das Abendmahl „heilig“. Ein Ritual ist eine Form, die es Menschen ermöglicht, sich auf etwas einzustellen und sich zu sammeln. Es hilft bei der Vertiefung, es ist ein Rahmen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dazu gibt es ja auch moderne Ritualtheorien. Mit irgendeiner Heiligkeit, die man konkret örtlich festmachen könnte, hat das gar nichts zu tun.
Wenn ich mich mit einer kirchlichen Gruppe zur Besprechung in der Kirche treffe, habe ich andere Gefühle, als wenn ich zum Gottesdienst in das gleiche Gebäude gehe. Es ist für Gläubige wie mich v.a. die Liturgie, die mich beruhigt oder versinken lässt und für „Spiritualität“ sorgt. Auch die Sitzanordnung, die Du mal irgendwann kritisiert hast, hilft mir dabei, denn durch sie kann ich mich auf das Geschehen konzentrieren. Gleichbleibende liturgische Elemente (Glaubensbekenntnis, Vater unser und aaronitischer Segen) finde ich super, ich komme jedesmal richtiggehend „erfrischt“ aus dem Gottesdienst. Moderne Gottesdienste sind mir dagegen meist zu unruhig, zu wuselig, zu „unspirituell“. (Allerdings muss ich ergänzen, dass in den meisten Gemeinden, die ich kenne, erheblich kürzer gepredigt wird, eventuell verbinde ich die Sitzanordnung deshalb nicht – wie Du, Gofi – mit „Frontalunterricht“. Man bekommt auch nicht so ins Gewissen gepredigt, wie ich das aus den 2 bis 3 freikirchlichen Gottesdiensten kenne, in denen ich mal war. Das könnte alles auch eine Rolle spielen, wie jeder einzelne von uns Gottesdienst wahrnimmt. – Ich bin an 10 bis 15 Minuten Predigt gewöhnt und finde alles über 20 Minuten eine Zumutung – aus verschiedenen Gründen…)
Das wollte ich nur noch ergänzen, weil die Lebensgemeinschaftsvertreter sonst eventuell nicht ganz verstehen, dass es auch noch diese Seite der Ritualgemeinschaft gibt. 😉
Liebe Grüße
Ina
Gofi
Hallo Ina, da hast du mich missverstanden. Meine Kritik richtete sich nicht an Rituale oder Liturgien. Im Gegenteil, je älter ich werde, des wertvoller werden sie mir. Wahrscheinlich spielst du auf das an, was ich beim Regio-Talk in Köln gesagt habe. Wenn ich mich richtig erinnere, zielte ich gerade auf den freikirchlichen Gottesdienst mit seiner Vorstellung, dass im zeitgenössischen Lobpreis der Tempelgottesdienst nachgebildet wird, nur dass da, wo früher der Altar stand, jetzt die Bühne ist. Kritisiert habe ich natürlich schon auch die Vorstellung eines konkreten ‚heiligen‘ Bereiches (Altarraum), klar, das ist auch eine Kritik an traditionellen Vorstellungen. Ich verstehe total, dass dir das gut tut. Mir geht es auch so. Theologisch gesehen ist aber gerade das der Schnitt zwischen altem und neuen Bund, dass jetzt die Gemeinschaft der Heiligen, also konkrete Personen, der Tempel usw. sind, keine speziellen Räume oder Orte. (Ich weiß allerdings, dass Räume, in denen viel und oft gebetet wird, eine merkwürdige Kraft zu haben scheinen. Die irischen Mönche sprachen von Thin Places, an denen der Vorhang zwischen Himmel und Erde dünner zu sein schien als gewöhnlich.)
Was mich an Ritualen überzeugt, ist, dass sie Geschichte haben, die den einzelnen mit sich nimmt und ihn oder sie in die Gemeinschaft einreiht, völlig unabhängig von irgendwelchen subjektiven Empfindungen. Das genieße ich auch.
Ina
Hallo Gofi,
danke für Deine Antwort! Ich hatte anscheinend einiges Deiner Aussagen falsch interpretiert.
Das kann ich alles so unterschreiben, was Du sagst. Den Unterschied zwischen altem und neuem Bund verstehe ich auch so wie Du.
Mein Missverständnis ist ein gutes Beispiel für das Thema Eurer Sendung. 😉
Da ich modernen Lobpreis nur am Rande kennengelernt habe (und sofort beschlossen habe, dass ich ihn nicht mag, ohne mir näher Gedanken darüber zu machen, warum), ist mir entgangen, dass sich Deine Kritik in dem anderen Talk v.a. gegen ihn gerichtet hat. Wir argumentieren halt immer alle aufgrund unserer Erfahrungen in unserem jeweiligen Koordinatenquadrat und müssen uns auf den anderen einlassen, um seine Position nachvollziehen zu können. Und wenn man sich dann aus seinem traditionellen Quadrat rauswurschtelt und eine eigene Position finden will (Du hast Evangelikalien verlassen, ich reibe mich permanent an meiner Landeskirche), wird die Kommunikation halt noch anspruchsvoller, lohnt sich aber! 🙂
Lieben Gruß
Ina
Giselle
Hallo Gofi,
Viele Christen kennen die Wahrheit der Bibel nicht,da sie die Bibel nicht lesen,sondern nur ihrem Pastor folgen und das annehmen was er predigt.
Die Trinität,die auch in den evangelikalen. Gemeinden gelehrt wird ist nicht biblisch.
Es gibt nur den einen Gott,der Gott Abrahams,Isaaks und Jakobs. Es gibt den Menschen Jesus Christus,Gottes Sohn.
Job.17:3
Die Trinitätslehre und die Lehre der Evangelikalen,dass Jesus Gott ist,das Gott am Kreuz für die Menschen gestorben ist,das ist eine Irrlehre. Gott ist Geist. Sein heiliger Geist lebt durch Jesus Christus in uns,wenn wir glauben.
Der Sohn Jesus Christus ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen. Ohne Jesus Christus kommt keiner zu Gott.
Schon aus dieser Sicht ist es unmöglich,dass Jesus Gott ist und Gott am Kreuz gestorben ist. Durch diese Lehre werden die Menschen vom wahren Weg fortgeführt.
Lieben Gruss
Giselle
Britta
Und was passiert mit den irrgläubigen Christen deiner Meinung, bzw. biblischen Lehre nach?
Peter
@Giselle
Die Trinitätslehre, die nahezu die komplette Christenheit lehrt, soll falsch sein? Interessanter Ansatz.
Dass die Trinitätslehre in der Bibel nicht explizit erwähnt wird, ist richtig. Aber warum soll sie deshalb falsch sein? Wenn Gott kein dreifaltiger Gott ist – wie erklärst Du dann die Stellen, an denen Gott über sich selbst im Plural spricht?
Was verstehst Du unter „Jesus ist Gottes Sohn“?
Giselle
Hallo Peter,
Jesus ist Gottes Sohn und Nicht Gott der Sohn. Die Trinitätslehre kommt aus der katholischen Kirche.
Lies in der Bibel nach wo Jesus Peter fragt, wer er ist. Da hast du die Antwort.
Peter
@Giselle:
Und wie verstehst Du das „Sohn“? Im Sinn von Gott hat mit wemauchimmer ein Schäferstündchen gehabt und einen Sohn gezeugt? Oder wie soll das zu deuten sein?
Nach meinem Verständnis wird Jesus „Gottes Sohn“ genannt, weil er auf eine einzigartige Weise mit Gott verbunden ist. Jesus war ganz Mensch. Aber er ist auch ganz Gott. „Ich und der Vater sind eins.“ Oder: „Wer mich sieht, sieht den Vater.“
Oder zählen die Stellen nicht?
Und jetzt bitte keine „Lies die Bibel“-Antworten, ich kenne das Buch einigermaßen gut.
Noch mal meine Frage: was ist mit den Stellen, wo Gott über sich im Plural spricht? Z. B. gleich am Anfang in Genesis, als es heißt: „Lasst UNS Menschen machen, in UNSEREM Bilde…“. Das steht da ja nicht wirklich zufällig, oder?
Die Trinitätslehre mag durchaus zunächst von der katholischen Kirche gekommen sein (schließlich gab’s ja lange Zeit auch keine andere), aber das heißt ja nicht, dass diese Lehre falsch ist. Wie gesagt – von wenigen Ausnahmen abgesehen ist sich die ganze Christenheit einig über diese Lehre.
Ina
Giselle,
die Trinitätslehre hat sich aus ernsthaften Überlegungen entwickelt, in welchem Verhältnis Jesus zu Gott steht. Wenn er DER Weg zu Gott und DIE Wahrheit über Gott ist, hat er dann das gleiche Wesen oder nicht? Wenn er einfach NUR ein menschlicher Mittler ist, wie kann er dann erlösend wirken? Wenn er nicht das gleiche Wesen hat, warum waren dann die Urchristen (siehe z.B. Paulus) davon überzeugt, Gottes Herrlichkeit im Angesicht Jesu geschaut zu haben?
Diese Denkanstrengungen haben nach langen Diskussionen zum Konzil von Nizäa im Jahr 325 geführt. Trinität ist keine rein katholische Angelegenheit, sondern auch die orthodoxen und assyrischen Kirchen waren beteiligt. https://de.wikipedia.org/wiki/Erstes_Konzil_von_Nic%C3%A4a
Trinität bedeutet nicht, dass Jesus gleichbedeutend mit Gott IST, sondern dass er TEIL des Göttlichen ist, das sich auf unterschiedliche Weisen äußert. (Jesus sagt: „Der Vater und ich sind eins“. Er sagt nicht: „Er und ich sind einer.“)
Und Gott zeigt sich eben auch noch in einer weiteren Form, dem Geist. (Bereits im AT wird zwischen Gott und seinem Geist unterschieden: „Und Gottes Geist schwebte auf den Wassern.“ Nicht: „Gott schwebte über den Wassern.“ Auch wenn Juden das selbstverständlich anders interpretieren als Christen – allerdings hatten die auch kein Pfingsten. )
Was Gott sonst noch alles ist, wissen wir nicht. Für uns reicht es, dass er von Jesus als liebender Vater beschrieben wurde.
Man kann sicherlich einiges an der Trinitätslehre kritisieren, sie ist v.a. ein MODELL für diejenigen, die ihren Glauben denkerisch bewältigen wollen (Sie wurde u.a. entwickelt, um der Kritik antiker griechischer Philosophen am Christentum zu begegnen, daher auch so missverständliche Begriffe wie „drei Personen“. Eine Person war vor 1700 Jahren in Griechenland eine Maske bei einer Theateraufführung.).
Aber die Trinitätslehre ist auch schlicht und ergreifend eine Entwicklung, die mit christlichen Erfahrungswerten zu tun hat: nämlich, dass Gott sich auf unterschiedliche Weisen offenbart.
Was auch immer Du mit „Sohn Gottes“ statt „Gott der Sohn“ sagen willst: Da stimme ich Peter zu (die Idee von biologischer Sohnschaft/Zeugung ist ja eher eine muslimische, keine christliche…) Außerdem ist das mit Begriffen generell nicht so einfach, siehe z.B. „Menschensohn“ (das war laut der Evangelien ja Jesu Selbstbezeichnung). Ich verstehe sie alle v.a. als Hoheitstitel, mit denen die frühen Christen klar machen wollten, dass es hier nicht nur um irgendeinen Menschen geht. Die Auferweckung Jesu war dafür das untrügliche Zeichen, dass wir es mit mehr als nur einem Mittler zu tun haben.
Trinität ist eins meiner Lieblingsthemen. Habe hier schonmal vor 1 1/2 Jahren oder so ziemlich lange über die ganzen Konzilien geschrieben. Nix für ungut, Leute! 🙂
Du bist ja eher in liberalen Gemeinden unterwegs, kein Wunder, dass da Apokalyptik keine Rolle spielt 😉 Die stünden im von mir beschriebenem Spektrum sicher recht deutlich in der Weltgewandten Seite des Spektrums. Ich würde auch erst mal tatsächlich bei meinen „Polen“ bleiben, „Spiritualität“ stünde für mich eher im Gegenpol zu „Tat“ und wäre in meiner Skala dann vielleicht Nord-Osten bzw Süd-Westen (dazu kamen wir im Talk ja leider nicht mehr), also eher die Innen oder Außenorientierung.
Ich habe auf Facebook noch ein paar Sachen zu einem Kommentar geschrieben, die vielleicht das ganze noch ein bissen besser erklären. Das kopiere ich hier einfach mal an, weil es gut passt.
Vielleicht wäre tatsächlich Eschatologie, ein angenehmeres Wort als Apokalyptik, trotzdem bleibe ich erst mal beim letzteren, weil es mE trotz allem verständlicher macht, worum es mir bei diesen beiden Polen geht. Darum ob man das Christsein eher vom himmlischen Sein her denkt oder vom irdischen. Darum, ob man diese Welt „nur“ als Übergangsort sieht oder ob man sich in ihr verortet. Darum, ob man sich auf die Verwirklichung des Reiches Gottes im Jenseits (bzw im Ende des Diesseits -> Apokalyptik) ausrichtet oder auf dessen Verwirklichung im Diesseits. Ich halte beide Ansichten auch keineswegs für unvereinbar, aber man lehnt automatisch in eine Richtung, was die Theologie und die Praxis prägt und eben oft zu den beschriebenen Verständnisproblemen führt, bzw zu frommen Kuriositäten und Paralelwelten. Weltweit gesehen sehe ich die evangelikale Frömmigkeit sich eher in Richtung Apokalyptik neigen, was oft zu einer Geringschätzung des ganz normalen Alltagsleben führt (bzw dass diese Welt nur noch im Hinblick auf die nächste von Interesse ist). Andersrum scheint mir der liberalen Frömmigkeit mit dem Himmel auch jegliche (positive) Dynamik einer apokalyptischen Hoffnung und Orientierung abhanden gekommen zu sein. Da hat der Himmel, wenn er denn überhaupt noch angenommen wird, tatsächlich etwas von Vertröstung bekommen. Martin Luther King hat mE eine sehr gute Synthese der beiden Pole hingekriegt (bzw, in meiner Metapher gesprochen, würde man ihn wohl kaum auf einer der Extrempositionen verorten). Er war total auf die irdische Verwirklichung des Reiches Gottes ausgerichtet (und hat da ja auch wirklich etwas bewegt), aber sein „I have a dream“ ist aufgeladen von der apokalyptischen Hoffnung, dass der Tag der kompletten Verwirklichung tatsächlich kommen wird. Ohne diese apokalyptische Note hätte dieser Text nie die Kraft und Vision gehabt, die ihm zweifellos innewohnt. (Und du siehst daran vielleicht, dass ich den Begriff Apokalyptik eben gerade nicht negativ hören will, sondern ihn gerne wieder aus der Schmuddelecke herausholen möchte. Er war ja ursprünglich nicht als Weltuntergangsszenario angelegt, sondern als positive Zeitenwende, die Hoffnung, dass Gott ein für alle mal in Ordnung bringt, was auf der Welt im Argen liegt. Eschatologie ist hier in meinen Ohren eher ein verschwurbelter Ausdruck dafür, mit dem heute keiner mehr etwas anfangen kann).
LG, der Jay
Ina
Hallo Jay,
ich habe Eschatologie verwendet, weil das als Konzept durchaus in der liberalen Theologie vorkommt, aber nicht gepredigt wird! Das wollte ich deutlich machen, das ist eine typische Einseitigkeit meiner Kirche. Glauben wir heutzutage überhaupt noch an eine Heilsgeschichte Gottes mit der Welt oder nicht? (Damit wollte ich Dein Argument unterstützen, indem ich es für die Liberalen angewendet habe. 😉 )
Verschwurbelt finde ich Eschatologie nicht, es kennt bloß niemand, der sich nicht mit Theologie beschäftigt. Es meint ja nur die Lehre von den letzten Dingen oder die Lehre von der Vervollkommnung der Schöpfung (und jedes einzelnen) oder einfach Heilsgeschichte. Offen ist dabei, ob es Gottes konkretes Eingreifen in diese Welt meint oder etwas Jenseitiges oder beides. Das war schon zu Jesu Zeiten beides im Gespräch. https://de.wikipedia.org/wiki/Eschatologie
Aber mir ist der konkrete Begriff nicht so wichtig.
Dir ging es ja v.a . um den Gegenpol zu Weltoffenheit. Dieses Spannungsfeld habe ich unter den Aspekten Tun versus Spiritualität gesehen, während Du nochmal ne andere Achse daraus machen würdest. Spannend. Ich würde ja schon sagen, dass eine eschatologisch/apokalyptisch orientierte Gemeinde eher dazu neigt, sich abzukapseln und nicht so arg am Handeln in der Welt interessiert ist, weil Gott es ja richten wird. (Allerdings ist sie deshalb nicht unbedingt zwangsläufig spirituell…) Und dass Christen, die nicht an Gottes Eingreifen in die Welt glauben (manche liberale Theologien relativieren z.B. die Allmacht Gottes), dazu tendieren, es selbst in die Hand zu nehmen, weil sie sich als Hände Gottes verstehen. Die sind meist auch nicht sehr spirituell (obwohl Dorothee Sölle, die ja u.a. die Gott-ist-tot-Theologie entwickelt hat, später als alte Frau über den Zusammenhang zwischen Mystik und Tat geschrieben hat…)
– Hmm… Ja, man könnte ne eigene Achse draus machen, stimmt schon. (V.a. weil der Pol Spiritualitat in fast allen zeitgenössischen Gemeinden vernachlässigt wird…)
Jens Stangenberg, den Ihr ja auch bald bei Euch habt, hat in seinem Theologie-Podcast 4 verschiedene Typen oder Muster beschrieben, wie das Reich Gottes in der Christenheit verstanden wurde und bis heute verstanden wird. Das scheint mir irgendwie kompatibel mit Deinem Ansatz zu sein: eschatologisch, mystisch, politisch und kirchlich. http://www.radikale-reformation.de/2017/04/09/12-reich-gottes-in-vier-mustern/
Er hat auch 4 verschiedene Pole beschrieben, wie die Bibel interpretiert werden kann, kann ich auch empfehlen zu hören (Das hat zwar inhaltlich nix direkt mit dieser Hossa-Folge zu tun, aber er beschreibt das auch als eine Art Koordinatenkreuz: einmal die Achse Geist versus Buchstabe und dann noch die Achse AT versus NT): http://www.radikale-reformation.de/2017/09/10/34-vieldeutige-bibel/
Und ich hör jetzt auf, denn mir persönlich ist es gerade zu oft die 4. Für Zahlenmystik bin ich nicht der Typ… 😉
Also dann schreib mal das Buch! Mein Titelvorschlag: „Koordinaten des Glaubens. Gemeinde in lebendiger Spannung“. Oder so. 🙂
Kommunikationsgemeinschaft.. Das Problem einmal so zu beschreiben ist wirklich eine klleine Offenbarung. ( zugeflogen )
Das Grundproblem liegt für mich in dem , das Menschen sich gegenseitig ausschließen aus dieser Kommunikationsgemeinschaft .. Denn damit schließen Sie einen zusätzlichen Blick aus und schaden sich selbst . Viel besser ist es so wie ihr es jetzt macht , Indem man sich mitnehmen lässt, in den WestBlick Ossblick Südblick, Nordblick.
Die Frage, die sich dazu allerdings noch stellt ist : Wie kommt man zu der Einen Wahrheit die Jesus Christus selber ist, BR im Johannes Evangelium sagt
Können die vier Himmelsblickrichtungen -Schauenden Sowas überhaupt dann ertragen ?
Oder ergibt dies dann der neue Kreuzzug ?
PS: Was wäre wenn alle vier Himmelsrichtungen denselben Ziel Gedanken hätten ?
Ich arbeite in einer KinderWohngruppe Und vor sieben Jahren formulierte jemand aus seinem Mangel diesen ZielGedanken . https://m.youtube.com/watch?v=MRHz71nbgqQ
Ich gehe natürlich dann von dem Ziel Gedanken aus den ich habe, den anderen Menschen Naturgemäß nicht mit mir teilen.
Das vier Windrichtungen Modell kann man bestimmt noch öfters anwenden .
Aber auch noch in der Erweiterung benutzen,
Nämlich Untersetzt mit der Frage was trägt sie , Woher bezieht sie ihre Gottes Beschreibung ? und
Hat diese Beschreibung eine Festigkeit im Grund, Der sich anhand was messen lässt?
Sämi Müller
Hey coole Folge Jungs,danke! Mir kamen immer wieder die drei Farben von Christian A. Schwarz in den Sinn. Das klingt ganz ähnlich wie Jays Windrose.
Ich für mich will je alter ich werde,immer klarere Argumente für meine Position vertreten. Aber es ist gleichzeitig mein persönlicher Anspruch,dass im gleichen Masse mein Herz weiter wird für Leute,die es genau anders rum sehen.
Diese Spannung muss m.E. in mir selbst immer stärker spürbar werden. Alles andere macht mich extrem oder stolz.
In dem Sinne thanks für die Ermutigung dranzubleiben und Grüsse aus der Schweiz!
derFred
Ja wow … Das Bild mit dem Kompass auf die Kirche/n spannt eine tolle Weite auf. Das Bild ist auch deshalb Klasse, weil es viele neue Fragen anstößt, von denen ihr ja gleich ne ganze Batterie abgefeuert habt 🙂
Normalerweise bin ich passiver Hörer bei euch, aber dieses mal decken sich Jays Gedanken so stark mit einem Buch von meinem ehemaligen Priester in Nashville (wie ich da als Württemberger Pietist gelandet bin, ist ne andere Geschichte), dass ich euch einfach kurz die Referenz schicken wollte:
Das Buch ist als „Guidebook“ für die Anglikanische Tradition, besonders für Quereinsteiger gedacht. Es heißt „The Anglican Way“ (http://www.theanglicanway.com/p/the-book.html) und benutzt auch das Bild des Kompasses. Die Achsen sind etwas anders gewählt, aber der Grundgedanke ist sehr ähnlich zu eurem: In Lehre und Praxis gibt es innerhalb des christlichen Glaubens eine legitime Vielfalt. Das Grundprinzip dabei ist (Frei übersetzt): In essentiellen Dingen: Einigkeit, in unklaren Fragen: Freiheit und in allen Dingen: Liebe“.
Es lohnt sich für uns in Deutschland, von anderen Traditionen zu lernen. Die anglikanische Kirche als Gebietskirche (im Gegensatz zur Bekenntniskirche) musste lernen, die gegensätzlichen Positionen innerhalb der Kirche auszuhalten, und Wege finden, damit umzugehen. Und auch wenn sie nach wie vor Zerreisproben durchmacht, hat sie eine ganz besondere Art des Umgangs miteinander, der Jesus widerspiegelt.
Vielleicht fehlt uns in unserem deutschen Denominations-Flickenteppich manchmal der äußere Druck, in „Liebe“ miteinander umzugehen? 😀
Daniel
Vielen Dank, Jay, für die kreative und inspirierende Idee. Ich möchte kurz auf die Nord-Süd-Richtung eingehen und hoffe die Zuordnung der Himmelsrichtungen ist in Deinem Sinne. Ich schließe mich dabei Ina an und würde den Begriff apokalyptisch gegen spirituell tauschen. Zum einen halte ich diesen für umfassender und gegenwartsbezogener, zum anderen hat Spiritualität für deutlich mehr Menschen auch außerhalb des Christentums Relevanz. Ich sehe aber Spiritualität nicht als Gegenpol zum sozialen Handeln, sondern als zwei Seiten einer Medaille, was sich insbesondere in der Person Jesus zeigt, der sowohl die Spiritualität als auch die Nächstenliebe gelebt und gepredigt hat. Eine Person, die sich empathisch verhält oder sich für andere aufopfert ist Gott oft näher als es ihr bewusst ist und ist somit sehr viel spiritueller als ein dogmatischer Prediger des jüngsten Gerichts, der nichts von der Liebe begriffen hat.
Britta
Ich würde Tun und Spiritualität glaub ich eher nicht nicht trennen und auch nicht polarisieren.
Eine Tat kann zutiefst geistlich sein (oder ist es vielleicht sogar immer!?) und jeder geistliche Gedanke wird/muss(?) sich wahrscheinlich früher oder später in einer Tat äußern/erden…
Ich verstehe aber, denk ich , was du meinst. Ich war eine zeitlang in einer Gruppe, die viel über ökologisches Engagement usw. diskutiert hat, und mir fehlte „das Geistliche“.
Inzwischen frage ich mich allerdings manchmal, ob Gott das auch so „empfindet“…
Meister Eckhard sprach meines Wissens sogar einmal davon, dass Maria (die Schwester von Martha), von der Jesus sagte, sie habe das bessere Teil erwählt – nämlich zu seinen Füßen zu sitzen und ihm zuzuhören(?) – erst noch lernen müsse zu dienen, wie Martha.
Spannend finde ich, dass Martha nach der Auferstehung von Lazarus wieder ein Fest schmeißt und am Dienen ist, aber keine Ansprüche mehr an Maria stellt – so, als sei sie mit ihrem Platz nun völlig versöhnt. Und Maria wächst in ihrer Art, Jesus in Liebe zu dienen, über sich hinaus.
Wow!
Sehr spannend zu diesem Thema finde ich ja immer wieder diesen Vortrag:
„everything is spiritual“ : ) von Rob Bell https://youtu.be/i2rklwkm_dQ
Da bin ich an sich ganz bei dir, Britta. In der Praxis zeigt sich aber doch, dass es auch bezüglich Spiritualität und Tun durchaus verschiedene Betonungen unter christen gibt. Die Einen leben eher dem Innen zugewandt, die Anderen eher dem Außen. Mein Modell will ja gerade nicht sagen, wenn man sich an der und der Stelle verortet, macht man es richtig und an der anderen falsch, sondern erst mal wahrnehmen, dass es diese unterschiedlichen Ausprägungen gibt (so wie es unterschiedliche Persönlichkeitstypen gibt). Und mE treten die in der Praxis durchaus in eine Spannung zu einander. Mein Modell will ja dafür werben, dass die Unterschiedlichen Ausprägungen hilfreich sind, wenn ich sie nicht als Bedrohung sondern als Ergänzung und Herausforderung betrachte. Eben als ein Spannungsfeld, dass der Kirche hilft gesund zu bleiben. Natürlich gibt es die Extrempositionen, wo nichts anderes mehr als diejenige Position Geltung hat – dann ist man aber aus dem Spannungsfeld herausgetreten und schaut es von außen an.
LG,
der Jay
Caro
Hi, brittta, ich würde das apokalyptische eher der zukunftsorientierung zuordnen, und das Welt zugewandte der Gegenwart..oder dem Diesseits. Spirituell ist es aber auf jeden Fall. Und apokalyptischen kann schlimm unspirituell werden… Wenn es nicht die Erlösung der geknechteten Schöpfung und Menschheit ersehnt, sondern zum Abrechnunszenaro verkommt. Spirituell kann der ganze kompss gelebt werden, alle Ausprägungen. Und alle können das spirituelle auch vernachlässigen. Just my five cents. LG, die Caro
Das Ding, das du da entworfen hast, hat das Zeug, echt Weite und Verständnis und eine gute Toleranz in die Christenheit zu bringen. Es könnte Leute dazu bringen, Spass an der ganzen mega- unterschiedlichen Art, glauben zu leben, vermitteln. Nicht nur so einen zähneknirschend en kleinsten nennerzu finden, sondern ganz neue Seiten und unbekannte Gebiete kennenzulernen. Echt, Jay, schreib das Buch. Nimm Tests rein, Lebens Bilder, Gemeinde Typen. Es ist auch cool, wie du echt jede Bewegung aus den komischen Ecken holst. Und man merkt, dass du diese schlechten Erfahrungen echt so langsam ganz gut sortiert hast. Du bist soweit… Du wirst weise…;) Ein Versöhner. Jemand, der echt die Einheit auf der eine ganz tolle, ehrliche und ansprechende Art fördern kann. Deine Entwicklung ist total schön. LG, Caro
Eine spannende Folge mit einem guten System, in das sich tatsächlich spontan sehr viele Gemeinden/Glaubensrichtungen gut einsortieren lassen.
Ich persönlich merke, dass ich mich je nach Ausgangsfrage auch unterschiedlich in den 4 Quadranten bewegen würde, vieles davon sicher auch biographisch als Landeskirchlerin in frommer Gemeinschaftsgemeinde bedingt… da hat man eine hohe Bindung an Rituale einerseits, aber auch an Lebensgemeinschaft.
Nackt durch die Kirche tanzen könnte ich tatsächlich nicht, um bei Gofis Beispiel zu bleiben – nicht, weil ich glaube, dass dadurch etwas „entweiht“ würde, aber weil ich es als mangelnden Respekt gegenüber „Gottes Haus“ empfinde. Und weil ich selber tatsächlich meine, etwas Spirituelles zu fühlen, wenn ich in einer Kirche bin (und wenn es nur als Tourist bei einer kunsthistorischen Besichtung ist) – irgendwo ist da ein ganz anderes Raumgefühl, eine spürbare Präsenz von etwas Höherem, was mir so in einem Gottesdienstraum von Freikirchen noch nie begegnet ist.
Und die gute lutherische Liturgie ist mir persönlich sehr wertvoll, ein Vater-Unser gehört für mich gefühlt einfach zu einem Gottesdienst dazu.
Aber mit bloßem Ritual ohne Gemeinschaft hätte ich auch Probleme.
Vielleicht würde ich dem System noch eine 3. Achse geben, die dann über die „Bibeltreue“ bzw. „Schriftverständnis“ geht – von der wortwörtlichen Frömmigkeit bis hin zum Mythen-Buch ist ja auch da ein großes Spektrum vorhanden und für viele Christen die „richtige“ Bibeltreue auch quasi ein Entscheidungskriterium, ob jemand „richtig“ glaubt oder eben nicht.
Wieder eine großartige Folge. Mich bewegt nochmal die Betrachtung der Apokalyptik bzw. der eschatologischen Dimension. Beide Begriffe hängen eng zusammen, aber es ist natürlich richtig, dass die Apokalyptik, als Endzeit gedacht, eine andere Energie freisetzt, als eine Idee vom Himmelreich hier. Also jetzt gerade. Das gehört aber mit Spriritualität gerade zusammen (vielleicht dann in der Mitte der Koordinaten).
Von der Ewigkeit her betrachtet, ist Apokalypse, Anbruch des Reiches Gottes ja vermutlich zeitlos. Da denke ich dann auch immer, dass das der Denkfehler im Gebäude mancher Menschen in Evangelikalien und verwandter Provinzen ist. Wörtlich, so habe ich gelernt, bedeutet Apokalypse „Enthüllung“ und die kann mich auch an der Bushaltestelle wie Donner rühren, wenn ich in ein Gesicht sehe und Leid, Freude oder was auch immer mit-empfinde. Da enthüllt sich etwas vom Göttlichen in dem Menschen, vielleicht steht da gerade ein Engel, jedenfalls berührt es mich zutiefst. Und das ist jetzt. Und das gibt mir dann Hoffnung auf ein „da kommt noch mehr“ (Vollendung, Eschaton).
Melisa
Mega gut!! Vielen Dank für die tollen Gedanken. nAchdem ich es einmal gehört hatte hab ich es gerade nochmal gehört und alles mitgeschrieben. 🙂 Jetzt kanns im HK besprochen werden 😉 Mich würde natürlich noch interessieren, was Nordosten etc. ist! Hätte noch ne Stunde länger zuhören können. Kanns ne Fortsetzung geben?? 🙂 Weiter so!
Fortsetzung wäre wirklich toll ! Da steckt noch so viel an Möglichkeiten der Entwirrung drin.
Hier ist wirklich kleine Aufklärung!
„Ja und Gofi erklären die Welt!“ 🙂
Marlene
Hallöchen aus Österreich! Jetzt beteilige ich mich hier auch mal aktiv..
Tolle Folge!! Danke 🙂 Ich find dein Koordinatensystem ne spannende Erklärung, der ich grundsätzlich zustimmen würde. Hab mich jedoch beim Hören die ganze Zeit gefragt, ob so eine Erklärung aufgrund ihres harmonisierenden Einheitsgedankens (den ich als große Stärke des Ansatzes sehe) logisch gefolgert aus dem südlichen Spektrum des Koordinatensystems kommen muss, indem diesseitige (weltliche) Orientierung, Kooperation der Glaubensgemeinschaften für mehr Einheit, soziale Gerechtigkeit, etc. einfach mehr Gewicht haben als in stark apokalyptisch geprägten Kreisen. Kann mir vorstellen, dass sich so der Ansatz auch nur in den erstgenannten Kreisen etablieren könnte, oder was wären Argumente aus dem „nördlichen Spektrum“ für diese Theorie? Vielleicht kann mir jemand auf die Sprünge helfen..
Aus meiner Erfahrung ist da -wie von euch auch kurz angesprochen- die Betonung der Reinheit und Gottesfürchtigkeit sehr wichtig. Widerspricht dieses Koordinatensystem mit Jesus als der „unerreichbaren Mitte“ und der gleichwertigen und sich gegenseitig benötigenden Pole dann nicht dem Anliegen einer stark apokalyptisch denkenden Kirche?? Freu mich auf weitere Denkanstöße!! 🙂
Ina
Hallo Marlene,
echt gute Frage! Ich hab da jetzt ne Weile drüber gegrübelt… 🙂
In der „Logik“ des Koordinatensystems widerspricht meiner Ansicht nach jedes Extrem der Mitte. Die Mitte ist sozusagen das ideale Ziel, um das man immer wieder aktiv ringen muss. Mitte ist vielleicht auch das falsche Wort, weil es so klingt nach halber Strecke… Ich meine Mitte im Sinne von Zentrum.
Apokalyptik oder Eschatologie („nördlicher“ Pol) haben schon ihre Berechtigung, denke ich.
Was ist das Reich Gottes? Gibt es eine Heilsperspektive oder nicht? Betonen wir stärker das Gericht oder die Erlösung? Ist das gute Ende, das uns versprochen wurde, diesseitig oder jenseitig? Macht es Gott oder machen wir es? – Das scheinen mir die Fragen zu sein, die von der Christenheit – je nach Strömung – unterschiedlich beantwortet wurden. Auch geschichtlich waren immer unterschiedliche Antworten dominant.
Jens Stangenberg, der im aktuellen Hossa-Podcast zu Gast ist, hat in seinem eigenen Podcast auch dazu was gemacht und anhand der Frage aufgedröselt, wie man das Reich Gottes interpretiert hat:
– eschatologisch/apokalyptisch (Naherwartung in der Frühchristenheit)
– mystisch (Innerlichkeit, Jenseitigkeit)
– politisch (Staatsreligion des römischen Reiches)
– kirchlich (Papsttum)
Diese 4 Sichtweisen wurden dann aber auch in der Reformation und in den verschiedenen evangelischen Gemeinschaften bis heute fortgeführt. Die sozialkritisch-politischen Strömungen der Reformation waren ausgerechnet die apokalyptisch Orientierten (Spiritualisten und Schwärmer wie Thomas Müntzer oder auch die Täufer).
Weltoffenheit (Jays südlicher Pol) oder Weltzugewandtheit ist also nicht gleichzusetzen mit sozialkritisch (siehe Luther und die Bauernaufstände). Auch Apokalyptiker können politisch sein – sowohl sozialkritisch als auch erzkonservativ (denken wir mal an das weltpolitische Sendungsbewusstsein des wiedergeborenen G. W. Bush jr…)
Spannend wird es ja dann, wenn wir uns fragen, wie es aktuell bei uns aussieht. Die „apokalyptisch“-freikrichlich geprägte jüngere Generation entdeckt gerade die politische Seite (soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung), während die eher liberalen Landeskirchen das ja schon seit Jahrzehnten predigen – und in meiner Sicht manchmal zu sehr im anderen Extrem landen, weil man sie kaum noch unterscheiden kann von atheistischen Humanisten oder agnostischen Klimaschützern (und in meiner Sicht grenzen sie andere christliche Traditionslinien auch aus!)
Auch die Frage der Einheit ist heikler, als es zuerst einmal scheint.
Was bedeutet denn z.B. das Abendmahl? Ist mir neulich wieder aufgefallen, als ich in einer katholischen Messe war. Es fühlt sich für mich einfach nicht sehr gemeinschaftlich an, wenn der Pfarrer den Wein alleine trinkt und sich die Gläubigen nicht gegenseitig das Brot geben, weil ja nur der Pfarrer den besonderen Draht zu Gott hat und das Brot „wandeln“ kann! Aber auch unter Evangelischen gibt es verschiedene Auslegungen. Ich lese gerade Luthers Schrift zu den Sakramenten und bin mir nicht so sicher, ob ich ihm beim Abendmahl zustimme…
Oder in bezug auf die Taufe. Sollen wir einfach alle taufen, die es wollen? Oder Kinder v.a. aus kultureller Gewohnheit taufen? Das wäre die Position der Landeskirchen. Sehr inklusiv, nicht ausgrenzend. Bedeutet aber eben auch: kleinster gemeinsamer Nenner, folglich wenig Profilschärfe.
Ich habe auf all das auch keine klaren Antworten, aber es wäre vielleicht genau der Fehler, wenn wir irgendeine Eindeutigkeit propagieren würden. Es würde uns vom Zentrum ablenken, auf das wir uns immer wieder neu ausrichten sollten. Und bei solchen Fragen waren sich die Christen eh noch nie einig.
Jens Stangenbergs Podcast-Folge zum Reich Gottes auf 4 unterschiedlche Weisen kann ich Dir echt empfehlen (dauert nur 18 Minuten). Mir kamen viele Ideen dadurch. 🙂
Liebe Grüße
Ina
Rebekka Tünker
Sehr interessantes und ach so zutreffendes Konzept – ich liebe jede Art von Schaubild 😉
Gerade überlege ich, welche Rolle die einzelnen Gemeindemitglieder in ihrer Gesamtheit spielen. Das Thema Gruppendynamik spielt abseits oder vielleicht eher auf Basis bestimmter Leitlinien der Gemeinden eine entscheidende Rolle.
Dazu fallen mir immer wieder „The Big Five“, die psychologischen Maßstäbe für Charakterzüge ein:
1. Offenheit vs. Introversion
2. Verträglichkeit vs. Herrschsucht
3. Gewissenhaftigkeit vs. Nachlässigkeit
4. Emotionale Stabilität vs. emotionale Instabilität
5. Intellektuelle Autonomie vs. Abhängigkeit
Iggi
Was für eine geile Folge!
Das Koordinatenkreuz, genial!
Gibt es schon das Buch dazu? 🙂
…so weiter gehts mit Folge #82, muss noch einiges nachholen. 😉
Hey Leute,
also ich konnte etwas mit dem Koordinatenkreuz anfangen, keine Sorge! 😉
Mir gingen auch schon Gedanken in diese Richtung durch den Kopf (und ich hatte ja auch mal über den Unterschied zwischen Lebens- und Ritualgemeinschaft geschrieben), wäre aber nie auf so ne griffige Idee wie die Windrose gekommen!
Ich bekomme hier bei den anderen Hossa-Hörern ja immer mit, wie anders diejenigen „ticken“, die aus einer anderen Kirche kommen als ich. Prinzipiell habt Ihr das gut beschrieben. Zwei Sachen sind mir aber noch eingefallen.
Ich als alte Landeskirchlerin würde den Gegenpol zum praktischen (sozialen und politischen) Engagement nicht als apokalyptisch beschreiben, sondern eher als spirituell – unabhängig davon, ob man das an Eschatologie festmacht oder nicht. Eschatologisch predigt in den Gemeinden, in die ich gehe (ich besuche Gottesdienst in 3 bis 4 verschiedenen Gemeinden in meinem Umkreis) nämlich überhaupt niemand. Vielleicht ist das eher eine Spezialität von freikirchlichen Gruppen? Der Gegensatz liegt bei uns eher zwischen Politik und persönlicher Frömmigkeit (wobei von letzterem aber nur selten gesprochen wird, da sind wir mal wieder bei den Einseitigkeiten, und das genau fehlt mir in meiner Kirche. Allein der Begriff Frömmigkeit steht bereits unter Ideologieverdacht).
Und ja, Jay, wie Du sagst, wenn es zu extrem wird, kann man hinten über kippen. Das habe ich selbst schmerzlich erleben müssen: Irgendwann war ich so politisch, dass ich feststellte, dass Gott in meinem Leben keine Rolle spielte und dass ich ihn auch gar nicht brauchte, um kritisch und engagiert zu sein. Das kann man auch als Agnostiker oder Atheist. Und dann stand ich ohne sonstige Glaubenssubstanz da, das war sehr schlimm!
Zum Thema Ritual habe ich auch noch einen Gedanken. Gofi, Du hast ja schon ein paar Mal erzählt, dass Du mit klassischem Gottesdienst nichts anfangen kannst. Das ist natürlich Dein gutes Recht, ich denke aber, dass Du Leute wie mich nicht ganz verstehst. Ich bin ja ne alte Ritualgemeinschaftlerin (auch wenn ich schon gerne über den Kirchgang hinaus was mit anderen Christen zu tun haben will, aber dazu kann man ja dann auch in Gruppen gehen). Für mich ist weder die Kirche noch ein Ritual wie das Abendmahl „heilig“. Ein Ritual ist eine Form, die es Menschen ermöglicht, sich auf etwas einzustellen und sich zu sammeln. Es hilft bei der Vertiefung, es ist ein Rahmen, nicht mehr, aber auch nicht weniger. Dazu gibt es ja auch moderne Ritualtheorien. Mit irgendeiner Heiligkeit, die man konkret örtlich festmachen könnte, hat das gar nichts zu tun.
Wenn ich mich mit einer kirchlichen Gruppe zur Besprechung in der Kirche treffe, habe ich andere Gefühle, als wenn ich zum Gottesdienst in das gleiche Gebäude gehe. Es ist für Gläubige wie mich v.a. die Liturgie, die mich beruhigt oder versinken lässt und für „Spiritualität“ sorgt. Auch die Sitzanordnung, die Du mal irgendwann kritisiert hast, hilft mir dabei, denn durch sie kann ich mich auf das Geschehen konzentrieren. Gleichbleibende liturgische Elemente (Glaubensbekenntnis, Vater unser und aaronitischer Segen) finde ich super, ich komme jedesmal richtiggehend „erfrischt“ aus dem Gottesdienst. Moderne Gottesdienste sind mir dagegen meist zu unruhig, zu wuselig, zu „unspirituell“. (Allerdings muss ich ergänzen, dass in den meisten Gemeinden, die ich kenne, erheblich kürzer gepredigt wird, eventuell verbinde ich die Sitzanordnung deshalb nicht – wie Du, Gofi – mit „Frontalunterricht“. Man bekommt auch nicht so ins Gewissen gepredigt, wie ich das aus den 2 bis 3 freikirchlichen Gottesdiensten kenne, in denen ich mal war. Das könnte alles auch eine Rolle spielen, wie jeder einzelne von uns Gottesdienst wahrnimmt. – Ich bin an 10 bis 15 Minuten Predigt gewöhnt und finde alles über 20 Minuten eine Zumutung – aus verschiedenen Gründen…)
Das wollte ich nur noch ergänzen, weil die Lebensgemeinschaftsvertreter sonst eventuell nicht ganz verstehen, dass es auch noch diese Seite der Ritualgemeinschaft gibt. 😉
Liebe Grüße
Ina
Hallo Ina, da hast du mich missverstanden. Meine Kritik richtete sich nicht an Rituale oder Liturgien. Im Gegenteil, je älter ich werde, des wertvoller werden sie mir. Wahrscheinlich spielst du auf das an, was ich beim Regio-Talk in Köln gesagt habe. Wenn ich mich richtig erinnere, zielte ich gerade auf den freikirchlichen Gottesdienst mit seiner Vorstellung, dass im zeitgenössischen Lobpreis der Tempelgottesdienst nachgebildet wird, nur dass da, wo früher der Altar stand, jetzt die Bühne ist. Kritisiert habe ich natürlich schon auch die Vorstellung eines konkreten ‚heiligen‘ Bereiches (Altarraum), klar, das ist auch eine Kritik an traditionellen Vorstellungen. Ich verstehe total, dass dir das gut tut. Mir geht es auch so. Theologisch gesehen ist aber gerade das der Schnitt zwischen altem und neuen Bund, dass jetzt die Gemeinschaft der Heiligen, also konkrete Personen, der Tempel usw. sind, keine speziellen Räume oder Orte. (Ich weiß allerdings, dass Räume, in denen viel und oft gebetet wird, eine merkwürdige Kraft zu haben scheinen. Die irischen Mönche sprachen von Thin Places, an denen der Vorhang zwischen Himmel und Erde dünner zu sein schien als gewöhnlich.)
Was mich an Ritualen überzeugt, ist, dass sie Geschichte haben, die den einzelnen mit sich nimmt und ihn oder sie in die Gemeinschaft einreiht, völlig unabhängig von irgendwelchen subjektiven Empfindungen. Das genieße ich auch.
Hallo Gofi,
danke für Deine Antwort! Ich hatte anscheinend einiges Deiner Aussagen falsch interpretiert.
Das kann ich alles so unterschreiben, was Du sagst. Den Unterschied zwischen altem und neuem Bund verstehe ich auch so wie Du.
Mein Missverständnis ist ein gutes Beispiel für das Thema Eurer Sendung. 😉
Da ich modernen Lobpreis nur am Rande kennengelernt habe (und sofort beschlossen habe, dass ich ihn nicht mag, ohne mir näher Gedanken darüber zu machen, warum), ist mir entgangen, dass sich Deine Kritik in dem anderen Talk v.a. gegen ihn gerichtet hat. Wir argumentieren halt immer alle aufgrund unserer Erfahrungen in unserem jeweiligen Koordinatenquadrat und müssen uns auf den anderen einlassen, um seine Position nachvollziehen zu können. Und wenn man sich dann aus seinem traditionellen Quadrat rauswurschtelt und eine eigene Position finden will (Du hast Evangelikalien verlassen, ich reibe mich permanent an meiner Landeskirche), wird die Kommunikation halt noch anspruchsvoller, lohnt sich aber! 🙂
Lieben Gruß
Ina
Hallo Gofi,
Viele Christen kennen die Wahrheit der Bibel nicht,da sie die Bibel nicht lesen,sondern nur ihrem Pastor folgen und das annehmen was er predigt.
Die Trinität,die auch in den evangelikalen. Gemeinden gelehrt wird ist nicht biblisch.
Es gibt nur den einen Gott,der Gott Abrahams,Isaaks und Jakobs. Es gibt den Menschen Jesus Christus,Gottes Sohn.
Job.17:3
Die Trinitätslehre und die Lehre der Evangelikalen,dass Jesus Gott ist,das Gott am Kreuz für die Menschen gestorben ist,das ist eine Irrlehre. Gott ist Geist. Sein heiliger Geist lebt durch Jesus Christus in uns,wenn wir glauben.
Der Sohn Jesus Christus ist der Mittler zwischen Gott und den Menschen. Ohne Jesus Christus kommt keiner zu Gott.
Schon aus dieser Sicht ist es unmöglich,dass Jesus Gott ist und Gott am Kreuz gestorben ist. Durch diese Lehre werden die Menschen vom wahren Weg fortgeführt.
Lieben Gruss
Giselle
Und was passiert mit den irrgläubigen Christen deiner Meinung, bzw. biblischen Lehre nach?
@Giselle
Die Trinitätslehre, die nahezu die komplette Christenheit lehrt, soll falsch sein? Interessanter Ansatz.
Dass die Trinitätslehre in der Bibel nicht explizit erwähnt wird, ist richtig. Aber warum soll sie deshalb falsch sein? Wenn Gott kein dreifaltiger Gott ist – wie erklärst Du dann die Stellen, an denen Gott über sich selbst im Plural spricht?
Was verstehst Du unter „Jesus ist Gottes Sohn“?
Hallo Peter,
Jesus ist Gottes Sohn und Nicht Gott der Sohn. Die Trinitätslehre kommt aus der katholischen Kirche.
Lies in der Bibel nach wo Jesus Peter fragt, wer er ist. Da hast du die Antwort.
@Giselle:
Und wie verstehst Du das „Sohn“? Im Sinn von Gott hat mit wemauchimmer ein Schäferstündchen gehabt und einen Sohn gezeugt? Oder wie soll das zu deuten sein?
Nach meinem Verständnis wird Jesus „Gottes Sohn“ genannt, weil er auf eine einzigartige Weise mit Gott verbunden ist. Jesus war ganz Mensch. Aber er ist auch ganz Gott. „Ich und der Vater sind eins.“ Oder: „Wer mich sieht, sieht den Vater.“
Oder zählen die Stellen nicht?
Und jetzt bitte keine „Lies die Bibel“-Antworten, ich kenne das Buch einigermaßen gut.
Noch mal meine Frage: was ist mit den Stellen, wo Gott über sich im Plural spricht? Z. B. gleich am Anfang in Genesis, als es heißt: „Lasst UNS Menschen machen, in UNSEREM Bilde…“. Das steht da ja nicht wirklich zufällig, oder?
Die Trinitätslehre mag durchaus zunächst von der katholischen Kirche gekommen sein (schließlich gab’s ja lange Zeit auch keine andere), aber das heißt ja nicht, dass diese Lehre falsch ist. Wie gesagt – von wenigen Ausnahmen abgesehen ist sich die ganze Christenheit einig über diese Lehre.
Giselle,
die Trinitätslehre hat sich aus ernsthaften Überlegungen entwickelt, in welchem Verhältnis Jesus zu Gott steht. Wenn er DER Weg zu Gott und DIE Wahrheit über Gott ist, hat er dann das gleiche Wesen oder nicht? Wenn er einfach NUR ein menschlicher Mittler ist, wie kann er dann erlösend wirken? Wenn er nicht das gleiche Wesen hat, warum waren dann die Urchristen (siehe z.B. Paulus) davon überzeugt, Gottes Herrlichkeit im Angesicht Jesu geschaut zu haben?
Diese Denkanstrengungen haben nach langen Diskussionen zum Konzil von Nizäa im Jahr 325 geführt. Trinität ist keine rein katholische Angelegenheit, sondern auch die orthodoxen und assyrischen Kirchen waren beteiligt.
https://de.wikipedia.org/wiki/Erstes_Konzil_von_Nic%C3%A4a
Trinität bedeutet nicht, dass Jesus gleichbedeutend mit Gott IST, sondern dass er TEIL des Göttlichen ist, das sich auf unterschiedliche Weisen äußert. (Jesus sagt: „Der Vater und ich sind eins“. Er sagt nicht: „Er und ich sind einer.“)
Und Gott zeigt sich eben auch noch in einer weiteren Form, dem Geist. (Bereits im AT wird zwischen Gott und seinem Geist unterschieden: „Und Gottes Geist schwebte auf den Wassern.“ Nicht: „Gott schwebte über den Wassern.“ Auch wenn Juden das selbstverständlich anders interpretieren als Christen – allerdings hatten die auch kein Pfingsten. )
Was Gott sonst noch alles ist, wissen wir nicht. Für uns reicht es, dass er von Jesus als liebender Vater beschrieben wurde.
Man kann sicherlich einiges an der Trinitätslehre kritisieren, sie ist v.a. ein MODELL für diejenigen, die ihren Glauben denkerisch bewältigen wollen (Sie wurde u.a. entwickelt, um der Kritik antiker griechischer Philosophen am Christentum zu begegnen, daher auch so missverständliche Begriffe wie „drei Personen“. Eine Person war vor 1700 Jahren in Griechenland eine Maske bei einer Theateraufführung.).
Aber die Trinitätslehre ist auch schlicht und ergreifend eine Entwicklung, die mit christlichen Erfahrungswerten zu tun hat: nämlich, dass Gott sich auf unterschiedliche Weisen offenbart.
Was auch immer Du mit „Sohn Gottes“ statt „Gott der Sohn“ sagen willst: Da stimme ich Peter zu (die Idee von biologischer Sohnschaft/Zeugung ist ja eher eine muslimische, keine christliche…) Außerdem ist das mit Begriffen generell nicht so einfach, siehe z.B. „Menschensohn“ (das war laut der Evangelien ja Jesu Selbstbezeichnung). Ich verstehe sie alle v.a. als Hoheitstitel, mit denen die frühen Christen klar machen wollten, dass es hier nicht nur um irgendeinen Menschen geht. Die Auferweckung Jesu war dafür das untrügliche Zeichen, dass wir es mit mehr als nur einem Mittler zu tun haben.
Trinität ist eins meiner Lieblingsthemen. Habe hier schonmal vor 1 1/2 Jahren oder so ziemlich lange über die ganzen Konzilien geschrieben. Nix für ungut, Leute! 🙂
Hey, danke für die lieben Worte und den Input.
Du bist ja eher in liberalen Gemeinden unterwegs, kein Wunder, dass da Apokalyptik keine Rolle spielt 😉 Die stünden im von mir beschriebenem Spektrum sicher recht deutlich in der Weltgewandten Seite des Spektrums. Ich würde auch erst mal tatsächlich bei meinen „Polen“ bleiben, „Spiritualität“ stünde für mich eher im Gegenpol zu „Tat“ und wäre in meiner Skala dann vielleicht Nord-Osten bzw Süd-Westen (dazu kamen wir im Talk ja leider nicht mehr), also eher die Innen oder Außenorientierung.
Ich habe auf Facebook noch ein paar Sachen zu einem Kommentar geschrieben, die vielleicht das ganze noch ein bissen besser erklären. Das kopiere ich hier einfach mal an, weil es gut passt.
Vielleicht wäre tatsächlich Eschatologie, ein angenehmeres Wort als Apokalyptik, trotzdem bleibe ich erst mal beim letzteren, weil es mE trotz allem verständlicher macht, worum es mir bei diesen beiden Polen geht. Darum ob man das Christsein eher vom himmlischen Sein her denkt oder vom irdischen. Darum, ob man diese Welt „nur“ als Übergangsort sieht oder ob man sich in ihr verortet. Darum, ob man sich auf die Verwirklichung des Reiches Gottes im Jenseits (bzw im Ende des Diesseits -> Apokalyptik) ausrichtet oder auf dessen Verwirklichung im Diesseits. Ich halte beide Ansichten auch keineswegs für unvereinbar, aber man lehnt automatisch in eine Richtung, was die Theologie und die Praxis prägt und eben oft zu den beschriebenen Verständnisproblemen führt, bzw zu frommen Kuriositäten und Paralelwelten. Weltweit gesehen sehe ich die evangelikale Frömmigkeit sich eher in Richtung Apokalyptik neigen, was oft zu einer Geringschätzung des ganz normalen Alltagsleben führt (bzw dass diese Welt nur noch im Hinblick auf die nächste von Interesse ist). Andersrum scheint mir der liberalen Frömmigkeit mit dem Himmel auch jegliche (positive) Dynamik einer apokalyptischen Hoffnung und Orientierung abhanden gekommen zu sein. Da hat der Himmel, wenn er denn überhaupt noch angenommen wird, tatsächlich etwas von Vertröstung bekommen. Martin Luther King hat mE eine sehr gute Synthese der beiden Pole hingekriegt (bzw, in meiner Metapher gesprochen, würde man ihn wohl kaum auf einer der Extrempositionen verorten). Er war total auf die irdische Verwirklichung des Reiches Gottes ausgerichtet (und hat da ja auch wirklich etwas bewegt), aber sein „I have a dream“ ist aufgeladen von der apokalyptischen Hoffnung, dass der Tag der kompletten Verwirklichung tatsächlich kommen wird. Ohne diese apokalyptische Note hätte dieser Text nie die Kraft und Vision gehabt, die ihm zweifellos innewohnt. (Und du siehst daran vielleicht, dass ich den Begriff Apokalyptik eben gerade nicht negativ hören will, sondern ihn gerne wieder aus der Schmuddelecke herausholen möchte. Er war ja ursprünglich nicht als Weltuntergangsszenario angelegt, sondern als positive Zeitenwende, die Hoffnung, dass Gott ein für alle mal in Ordnung bringt, was auf der Welt im Argen liegt. Eschatologie ist hier in meinen Ohren eher ein verschwurbelter Ausdruck dafür, mit dem heute keiner mehr etwas anfangen kann).
LG, der Jay
Hallo Jay,
ich habe Eschatologie verwendet, weil das als Konzept durchaus in der liberalen Theologie vorkommt, aber nicht gepredigt wird! Das wollte ich deutlich machen, das ist eine typische Einseitigkeit meiner Kirche. Glauben wir heutzutage überhaupt noch an eine Heilsgeschichte Gottes mit der Welt oder nicht? (Damit wollte ich Dein Argument unterstützen, indem ich es für die Liberalen angewendet habe. 😉 )
Verschwurbelt finde ich Eschatologie nicht, es kennt bloß niemand, der sich nicht mit Theologie beschäftigt. Es meint ja nur die Lehre von den letzten Dingen oder die Lehre von der Vervollkommnung der Schöpfung (und jedes einzelnen) oder einfach Heilsgeschichte. Offen ist dabei, ob es Gottes konkretes Eingreifen in diese Welt meint oder etwas Jenseitiges oder beides. Das war schon zu Jesu Zeiten beides im Gespräch.
https://de.wikipedia.org/wiki/Eschatologie
Aber mir ist der konkrete Begriff nicht so wichtig.
Dir ging es ja v.a . um den Gegenpol zu Weltoffenheit. Dieses Spannungsfeld habe ich unter den Aspekten Tun versus Spiritualität gesehen, während Du nochmal ne andere Achse daraus machen würdest. Spannend. Ich würde ja schon sagen, dass eine eschatologisch/apokalyptisch orientierte Gemeinde eher dazu neigt, sich abzukapseln und nicht so arg am Handeln in der Welt interessiert ist, weil Gott es ja richten wird. (Allerdings ist sie deshalb nicht unbedingt zwangsläufig spirituell…) Und dass Christen, die nicht an Gottes Eingreifen in die Welt glauben (manche liberale Theologien relativieren z.B. die Allmacht Gottes), dazu tendieren, es selbst in die Hand zu nehmen, weil sie sich als Hände Gottes verstehen. Die sind meist auch nicht sehr spirituell (obwohl Dorothee Sölle, die ja u.a. die Gott-ist-tot-Theologie entwickelt hat, später als alte Frau über den Zusammenhang zwischen Mystik und Tat geschrieben hat…)
– Hmm… Ja, man könnte ne eigene Achse draus machen, stimmt schon. (V.a. weil der Pol Spiritualitat in fast allen zeitgenössischen Gemeinden vernachlässigt wird…)
Jens Stangenberg, den Ihr ja auch bald bei Euch habt, hat in seinem Theologie-Podcast 4 verschiedene Typen oder Muster beschrieben, wie das Reich Gottes in der Christenheit verstanden wurde und bis heute verstanden wird. Das scheint mir irgendwie kompatibel mit Deinem Ansatz zu sein: eschatologisch, mystisch, politisch und kirchlich.
http://www.radikale-reformation.de/2017/04/09/12-reich-gottes-in-vier-mustern/
Er hat auch 4 verschiedene Pole beschrieben, wie die Bibel interpretiert werden kann, kann ich auch empfehlen zu hören (Das hat zwar inhaltlich nix direkt mit dieser Hossa-Folge zu tun, aber er beschreibt das auch als eine Art Koordinatenkreuz: einmal die Achse Geist versus Buchstabe und dann noch die Achse AT versus NT):
http://www.radikale-reformation.de/2017/09/10/34-vieldeutige-bibel/
Und ich hör jetzt auf, denn mir persönlich ist es gerade zu oft die 4. Für Zahlenmystik bin ich nicht der Typ… 😉
Also dann schreib mal das Buch! Mein Titelvorschlag: „Koordinaten des Glaubens. Gemeinde in lebendiger Spannung“. Oder so. 🙂
Liebe Grüße
Ina
Kommunikationsgemeinschaft.. Das Problem einmal so zu beschreiben ist wirklich eine klleine Offenbarung.
( zugeflogen )
Das Grundproblem liegt für mich in dem , das Menschen sich gegenseitig ausschließen aus dieser Kommunikationsgemeinschaft .. Denn damit schließen Sie einen zusätzlichen Blick aus und schaden sich selbst . Viel besser ist es so wie ihr es jetzt macht , Indem man sich mitnehmen lässt, in den WestBlick Ossblick Südblick, Nordblick.
Die Frage, die sich dazu allerdings noch stellt ist : Wie kommt man zu der Einen Wahrheit die Jesus Christus selber ist, BR im Johannes Evangelium sagt
Können die vier Himmelsblickrichtungen -Schauenden Sowas überhaupt dann ertragen ?
Oder ergibt dies dann der neue Kreuzzug ?
Man, das war jetzt mal so ein wenig Remix Podcast :). ( http://wirsindmosaik.de/podcast/episode-50-was-koennen-wir-gott-zutrauen/
Ein ein wenig anderer hossa Talk.
PS: Was wäre wenn alle vier Himmelsrichtungen denselben Ziel Gedanken hätten ?
Ich arbeite in einer KinderWohngruppe Und vor sieben Jahren formulierte jemand aus seinem Mangel diesen ZielGedanken . https://m.youtube.com/watch?v=MRHz71nbgqQ
Ich gehe natürlich dann von dem Ziel Gedanken aus den ich habe, den anderen Menschen Naturgemäß nicht mit mir teilen.
Das vier Windrichtungen Modell kann man bestimmt noch öfters anwenden .
Aber auch noch in der Erweiterung benutzen,
Nämlich Untersetzt mit der Frage
was trägt sie , Woher bezieht sie ihre Gottes Beschreibung ? und
Hat diese Beschreibung eine Festigkeit im Grund, Der sich anhand was messen lässt?
Hey coole Folge Jungs,danke! Mir kamen immer wieder die drei Farben von Christian A. Schwarz in den Sinn. Das klingt ganz ähnlich wie Jays Windrose.
Ich für mich will je alter ich werde,immer klarere Argumente für meine Position vertreten. Aber es ist gleichzeitig mein persönlicher Anspruch,dass im gleichen Masse mein Herz weiter wird für Leute,die es genau anders rum sehen.
Diese Spannung muss m.E. in mir selbst immer stärker spürbar werden. Alles andere macht mich extrem oder stolz.
In dem Sinne thanks für die Ermutigung dranzubleiben und Grüsse aus der Schweiz!
Ja wow … Das Bild mit dem Kompass auf die Kirche/n spannt eine tolle Weite auf. Das Bild ist auch deshalb Klasse, weil es viele neue Fragen anstößt, von denen ihr ja gleich ne ganze Batterie abgefeuert habt 🙂
Normalerweise bin ich passiver Hörer bei euch, aber dieses mal decken sich Jays Gedanken so stark mit einem Buch von meinem ehemaligen Priester in Nashville (wie ich da als Württemberger Pietist gelandet bin, ist ne andere Geschichte), dass ich euch einfach kurz die Referenz schicken wollte:
Das Buch ist als „Guidebook“ für die Anglikanische Tradition, besonders für Quereinsteiger gedacht. Es heißt „The Anglican Way“ (http://www.theanglicanway.com/p/the-book.html) und benutzt auch das Bild des Kompasses. Die Achsen sind etwas anders gewählt, aber der Grundgedanke ist sehr ähnlich zu eurem: In Lehre und Praxis gibt es innerhalb des christlichen Glaubens eine legitime Vielfalt. Das Grundprinzip dabei ist (Frei übersetzt): In essentiellen Dingen: Einigkeit, in unklaren Fragen: Freiheit und in allen Dingen: Liebe“.
Es lohnt sich für uns in Deutschland, von anderen Traditionen zu lernen. Die anglikanische Kirche als Gebietskirche (im Gegensatz zur Bekenntniskirche) musste lernen, die gegensätzlichen Positionen innerhalb der Kirche auszuhalten, und Wege finden, damit umzugehen. Und auch wenn sie nach wie vor Zerreisproben durchmacht, hat sie eine ganz besondere Art des Umgangs miteinander, der Jesus widerspiegelt.
Vielleicht fehlt uns in unserem deutschen Denominations-Flickenteppich manchmal der äußere Druck, in „Liebe“ miteinander umzugehen? 😀
Vielen Dank, Jay, für die kreative und inspirierende Idee. Ich möchte kurz auf die Nord-Süd-Richtung eingehen und hoffe die Zuordnung der Himmelsrichtungen ist in Deinem Sinne. Ich schließe mich dabei Ina an und würde den Begriff apokalyptisch gegen spirituell tauschen. Zum einen halte ich diesen für umfassender und gegenwartsbezogener, zum anderen hat Spiritualität für deutlich mehr Menschen auch außerhalb des Christentums Relevanz. Ich sehe aber Spiritualität nicht als Gegenpol zum sozialen Handeln, sondern als zwei Seiten einer Medaille, was sich insbesondere in der Person Jesus zeigt, der sowohl die Spiritualität als auch die Nächstenliebe gelebt und gepredigt hat. Eine Person, die sich empathisch verhält oder sich für andere aufopfert ist Gott oft näher als es ihr bewusst ist und ist somit sehr viel spiritueller als ein dogmatischer Prediger des jüngsten Gerichts, der nichts von der Liebe begriffen hat.
Ich würde Tun und Spiritualität glaub ich eher nicht nicht trennen und auch nicht polarisieren.
Eine Tat kann zutiefst geistlich sein (oder ist es vielleicht sogar immer!?) und jeder geistliche Gedanke wird/muss(?) sich wahrscheinlich früher oder später in einer Tat äußern/erden…
Ich verstehe aber, denk ich , was du meinst. Ich war eine zeitlang in einer Gruppe, die viel über ökologisches Engagement usw. diskutiert hat, und mir fehlte „das Geistliche“.
Inzwischen frage ich mich allerdings manchmal, ob Gott das auch so „empfindet“…
Meister Eckhard sprach meines Wissens sogar einmal davon, dass Maria (die Schwester von Martha), von der Jesus sagte, sie habe das bessere Teil erwählt – nämlich zu seinen Füßen zu sitzen und ihm zuzuhören(?) – erst noch lernen müsse zu dienen, wie Martha.
Spannend finde ich, dass Martha nach der Auferstehung von Lazarus wieder ein Fest schmeißt und am Dienen ist, aber keine Ansprüche mehr an Maria stellt – so, als sei sie mit ihrem Platz nun völlig versöhnt. Und Maria wächst in ihrer Art, Jesus in Liebe zu dienen, über sich hinaus.
Wow!
Sehr spannend zu diesem Thema finde ich ja immer wieder diesen Vortrag:
„everything is spiritual“ : ) von Rob Bell
https://youtu.be/i2rklwkm_dQ
Da bin ich an sich ganz bei dir, Britta. In der Praxis zeigt sich aber doch, dass es auch bezüglich Spiritualität und Tun durchaus verschiedene Betonungen unter christen gibt. Die Einen leben eher dem Innen zugewandt, die Anderen eher dem Außen. Mein Modell will ja gerade nicht sagen, wenn man sich an der und der Stelle verortet, macht man es richtig und an der anderen falsch, sondern erst mal wahrnehmen, dass es diese unterschiedlichen Ausprägungen gibt (so wie es unterschiedliche Persönlichkeitstypen gibt). Und mE treten die in der Praxis durchaus in eine Spannung zu einander. Mein Modell will ja dafür werben, dass die Unterschiedlichen Ausprägungen hilfreich sind, wenn ich sie nicht als Bedrohung sondern als Ergänzung und Herausforderung betrachte. Eben als ein Spannungsfeld, dass der Kirche hilft gesund zu bleiben. Natürlich gibt es die Extrempositionen, wo nichts anderes mehr als diejenige Position Geltung hat – dann ist man aber aus dem Spannungsfeld herausgetreten und schaut es von außen an.
LG,
der Jay
Hi, brittta, ich würde das apokalyptische eher der zukunftsorientierung zuordnen, und das Welt zugewandte der Gegenwart..oder dem Diesseits. Spirituell ist es aber auf jeden Fall. Und apokalyptischen kann schlimm unspirituell werden… Wenn es nicht die Erlösung der geknechteten Schöpfung und Menschheit ersehnt, sondern zum Abrechnunszenaro verkommt. Spirituell kann der ganze kompss gelebt werden, alle Ausprägungen. Und alle können das spirituelle auch vernachlässigen. Just my five cents. LG, die Caro
Geile Folge. Dieses Koordinatensystem ist super.
Und hat mich an manchen Stellen an einen Vortrag von Hartmut Rosa denken lassen zum Thema Resonanz, der bei Deutschlandfunk Nova veröffentlicht wurde. Hier der Link:
https://www.deutschlandfunknova.de/beitrag/resonanz-eine-soziologie-des-guten-lebens
Das Ding, das du da entworfen hast, hat das Zeug, echt Weite und Verständnis und eine gute Toleranz in die Christenheit zu bringen. Es könnte Leute dazu bringen, Spass an der ganzen mega- unterschiedlichen Art, glauben zu leben, vermitteln. Nicht nur so einen zähneknirschend en kleinsten nennerzu finden, sondern ganz neue Seiten und unbekannte Gebiete kennenzulernen. Echt, Jay, schreib das Buch. Nimm Tests rein, Lebens Bilder, Gemeinde Typen. Es ist auch cool, wie du echt jede Bewegung aus den komischen Ecken holst. Und man merkt, dass du diese schlechten Erfahrungen echt so langsam ganz gut sortiert hast. Du bist soweit… Du wirst weise…;) Ein Versöhner. Jemand, der echt die Einheit auf der eine ganz tolle, ehrliche und ansprechende Art fördern kann. Deine Entwicklung ist total schön. LG, Caro
Oh, Dankeschön. :-))))))
LG,
Der Jay
Eine spannende Folge mit einem guten System, in das sich tatsächlich spontan sehr viele Gemeinden/Glaubensrichtungen gut einsortieren lassen.
Ich persönlich merke, dass ich mich je nach Ausgangsfrage auch unterschiedlich in den 4 Quadranten bewegen würde, vieles davon sicher auch biographisch als Landeskirchlerin in frommer Gemeinschaftsgemeinde bedingt… da hat man eine hohe Bindung an Rituale einerseits, aber auch an Lebensgemeinschaft.
Nackt durch die Kirche tanzen könnte ich tatsächlich nicht, um bei Gofis Beispiel zu bleiben – nicht, weil ich glaube, dass dadurch etwas „entweiht“ würde, aber weil ich es als mangelnden Respekt gegenüber „Gottes Haus“ empfinde. Und weil ich selber tatsächlich meine, etwas Spirituelles zu fühlen, wenn ich in einer Kirche bin (und wenn es nur als Tourist bei einer kunsthistorischen Besichtung ist) – irgendwo ist da ein ganz anderes Raumgefühl, eine spürbare Präsenz von etwas Höherem, was mir so in einem Gottesdienstraum von Freikirchen noch nie begegnet ist.
Und die gute lutherische Liturgie ist mir persönlich sehr wertvoll, ein Vater-Unser gehört für mich gefühlt einfach zu einem Gottesdienst dazu.
Aber mit bloßem Ritual ohne Gemeinschaft hätte ich auch Probleme.
Vielleicht würde ich dem System noch eine 3. Achse geben, die dann über die „Bibeltreue“ bzw. „Schriftverständnis“ geht – von der wortwörtlichen Frömmigkeit bis hin zum Mythen-Buch ist ja auch da ein großes Spektrum vorhanden und für viele Christen die „richtige“ Bibeltreue auch quasi ein Entscheidungskriterium, ob jemand „richtig“ glaubt oder eben nicht.
Viele Grüße
Provinzdoc
Wieder eine großartige Folge. Mich bewegt nochmal die Betrachtung der Apokalyptik bzw. der eschatologischen Dimension. Beide Begriffe hängen eng zusammen, aber es ist natürlich richtig, dass die Apokalyptik, als Endzeit gedacht, eine andere Energie freisetzt, als eine Idee vom Himmelreich hier. Also jetzt gerade. Das gehört aber mit Spriritualität gerade zusammen (vielleicht dann in der Mitte der Koordinaten).
Von der Ewigkeit her betrachtet, ist Apokalypse, Anbruch des Reiches Gottes ja vermutlich zeitlos. Da denke ich dann auch immer, dass das der Denkfehler im Gebäude mancher Menschen in Evangelikalien und verwandter Provinzen ist. Wörtlich, so habe ich gelernt, bedeutet Apokalypse „Enthüllung“ und die kann mich auch an der Bushaltestelle wie Donner rühren, wenn ich in ein Gesicht sehe und Leid, Freude oder was auch immer mit-empfinde. Da enthüllt sich etwas vom Göttlichen in dem Menschen, vielleicht steht da gerade ein Engel, jedenfalls berührt es mich zutiefst. Und das ist jetzt. Und das gibt mir dann Hoffnung auf ein „da kommt noch mehr“ (Vollendung, Eschaton).
Mega gut!! Vielen Dank für die tollen Gedanken. nAchdem ich es einmal gehört hatte hab ich es gerade nochmal gehört und alles mitgeschrieben. 🙂 Jetzt kanns im HK besprochen werden 😉 Mich würde natürlich noch interessieren, was Nordosten etc. ist! Hätte noch ne Stunde länger zuhören können. Kanns ne Fortsetzung geben?? 🙂 Weiter so!
Fortsetzung wäre wirklich toll ! Da steckt noch so viel an Möglichkeiten der Entwirrung drin.
Hier ist wirklich kleine Aufklärung!
„Ja und Gofi erklären die Welt!“ 🙂
Hallöchen aus Österreich! Jetzt beteilige ich mich hier auch mal aktiv..
Tolle Folge!! Danke 🙂 Ich find dein Koordinatensystem ne spannende Erklärung, der ich grundsätzlich zustimmen würde. Hab mich jedoch beim Hören die ganze Zeit gefragt, ob so eine Erklärung aufgrund ihres harmonisierenden Einheitsgedankens (den ich als große Stärke des Ansatzes sehe) logisch gefolgert aus dem südlichen Spektrum des Koordinatensystems kommen muss, indem diesseitige (weltliche) Orientierung, Kooperation der Glaubensgemeinschaften für mehr Einheit, soziale Gerechtigkeit, etc. einfach mehr Gewicht haben als in stark apokalyptisch geprägten Kreisen. Kann mir vorstellen, dass sich so der Ansatz auch nur in den erstgenannten Kreisen etablieren könnte, oder was wären Argumente aus dem „nördlichen Spektrum“ für diese Theorie? Vielleicht kann mir jemand auf die Sprünge helfen..
Aus meiner Erfahrung ist da -wie von euch auch kurz angesprochen- die Betonung der Reinheit und Gottesfürchtigkeit sehr wichtig. Widerspricht dieses Koordinatensystem mit Jesus als der „unerreichbaren Mitte“ und der gleichwertigen und sich gegenseitig benötigenden Pole dann nicht dem Anliegen einer stark apokalyptisch denkenden Kirche?? Freu mich auf weitere Denkanstöße!! 🙂
Hallo Marlene,
echt gute Frage! Ich hab da jetzt ne Weile drüber gegrübelt… 🙂
In der „Logik“ des Koordinatensystems widerspricht meiner Ansicht nach jedes Extrem der Mitte. Die Mitte ist sozusagen das ideale Ziel, um das man immer wieder aktiv ringen muss. Mitte ist vielleicht auch das falsche Wort, weil es so klingt nach halber Strecke… Ich meine Mitte im Sinne von Zentrum.
Apokalyptik oder Eschatologie („nördlicher“ Pol) haben schon ihre Berechtigung, denke ich.
Was ist das Reich Gottes? Gibt es eine Heilsperspektive oder nicht? Betonen wir stärker das Gericht oder die Erlösung? Ist das gute Ende, das uns versprochen wurde, diesseitig oder jenseitig? Macht es Gott oder machen wir es? – Das scheinen mir die Fragen zu sein, die von der Christenheit – je nach Strömung – unterschiedlich beantwortet wurden. Auch geschichtlich waren immer unterschiedliche Antworten dominant.
Jens Stangenberg, der im aktuellen Hossa-Podcast zu Gast ist, hat in seinem eigenen Podcast auch dazu was gemacht und anhand der Frage aufgedröselt, wie man das Reich Gottes interpretiert hat:
– eschatologisch/apokalyptisch (Naherwartung in der Frühchristenheit)
– mystisch (Innerlichkeit, Jenseitigkeit)
– politisch (Staatsreligion des römischen Reiches)
– kirchlich (Papsttum)
http://www.radikale-reformation.de/2017/04/09/12-reich-gottes-in-vier-mustern/
Diese 4 Sichtweisen wurden dann aber auch in der Reformation und in den verschiedenen evangelischen Gemeinschaften bis heute fortgeführt. Die sozialkritisch-politischen Strömungen der Reformation waren ausgerechnet die apokalyptisch Orientierten (Spiritualisten und Schwärmer wie Thomas Müntzer oder auch die Täufer).
Weltoffenheit (Jays südlicher Pol) oder Weltzugewandtheit ist also nicht gleichzusetzen mit sozialkritisch (siehe Luther und die Bauernaufstände). Auch Apokalyptiker können politisch sein – sowohl sozialkritisch als auch erzkonservativ (denken wir mal an das weltpolitische Sendungsbewusstsein des wiedergeborenen G. W. Bush jr…)
Spannend wird es ja dann, wenn wir uns fragen, wie es aktuell bei uns aussieht. Die „apokalyptisch“-freikrichlich geprägte jüngere Generation entdeckt gerade die politische Seite (soziale Gerechtigkeit und ökologische Verantwortung), während die eher liberalen Landeskirchen das ja schon seit Jahrzehnten predigen – und in meiner Sicht manchmal zu sehr im anderen Extrem landen, weil man sie kaum noch unterscheiden kann von atheistischen Humanisten oder agnostischen Klimaschützern (und in meiner Sicht grenzen sie andere christliche Traditionslinien auch aus!)
Auch die Frage der Einheit ist heikler, als es zuerst einmal scheint.
Was bedeutet denn z.B. das Abendmahl? Ist mir neulich wieder aufgefallen, als ich in einer katholischen Messe war. Es fühlt sich für mich einfach nicht sehr gemeinschaftlich an, wenn der Pfarrer den Wein alleine trinkt und sich die Gläubigen nicht gegenseitig das Brot geben, weil ja nur der Pfarrer den besonderen Draht zu Gott hat und das Brot „wandeln“ kann! Aber auch unter Evangelischen gibt es verschiedene Auslegungen. Ich lese gerade Luthers Schrift zu den Sakramenten und bin mir nicht so sicher, ob ich ihm beim Abendmahl zustimme…
Oder in bezug auf die Taufe. Sollen wir einfach alle taufen, die es wollen? Oder Kinder v.a. aus kultureller Gewohnheit taufen? Das wäre die Position der Landeskirchen. Sehr inklusiv, nicht ausgrenzend. Bedeutet aber eben auch: kleinster gemeinsamer Nenner, folglich wenig Profilschärfe.
Ich habe auf all das auch keine klaren Antworten, aber es wäre vielleicht genau der Fehler, wenn wir irgendeine Eindeutigkeit propagieren würden. Es würde uns vom Zentrum ablenken, auf das wir uns immer wieder neu ausrichten sollten. Und bei solchen Fragen waren sich die Christen eh noch nie einig.
Jens Stangenbergs Podcast-Folge zum Reich Gottes auf 4 unterschiedlche Weisen kann ich Dir echt empfehlen (dauert nur 18 Minuten). Mir kamen viele Ideen dadurch. 🙂
Liebe Grüße
Ina
Sehr interessantes und ach so zutreffendes Konzept – ich liebe jede Art von Schaubild 😉
Gerade überlege ich, welche Rolle die einzelnen Gemeindemitglieder in ihrer Gesamtheit spielen. Das Thema Gruppendynamik spielt abseits oder vielleicht eher auf Basis bestimmter Leitlinien der Gemeinden eine entscheidende Rolle.
Dazu fallen mir immer wieder „The Big Five“, die psychologischen Maßstäbe für Charakterzüge ein:
1. Offenheit vs. Introversion
2. Verträglichkeit vs. Herrschsucht
3. Gewissenhaftigkeit vs. Nachlässigkeit
4. Emotionale Stabilität vs. emotionale Instabilität
5. Intellektuelle Autonomie vs. Abhängigkeit
Was für eine geile Folge!
Das Koordinatenkreuz, genial!
Gibt es schon das Buch dazu? 🙂
…so weiter gehts mit Folge #82, muss noch einiges nachholen. 😉
Gruß
Iggi