#211 Der tote Gott und die lebendige Hoffnung

Postmoderne Deutungsversuche der Ostertage

Was ist das eigentlich für ein merkwürdiges Fest, das Christen da an Ostern feiern? Und fast noch seltsamer sind die beiden Tage davor: Karfreitag und Karsamstag. 

Wir unterhalten uns darüber, was diese Tage uns heute noch erzählen können. Welche Bilder, Prinzipien und Anknüpfungspunkte lassen sich in dieser Geschichte finden? Und was können Karfreitag, Karsamstag und Ostern einer postmodernen Gesellschaft geben, selbst wenn man nicht als glaubender Mensch auf diese Tage schaut? 

Ein sehr dichter Talk über das zutiefst Menschliche und das hoffnungsvoll Göttliche und die Spannungen dazwischen. 

Mit diesem Talk wünschen wir allen Hossa-Hörenden frohe und hoffnungsvolle Ostertage!

Hier findet Ihr die Infos zu unserer Israel-Reise an OStern 2024: https://www.chavaja.de/die-hossa-talk-reise.html

Hier gehts zum Podcast über J.K. Rowling, die Jay empfohlen hat: https://www.playpodcast.net/podcast/the-witch-trials-of-j-k-rowling/

Und hier findet ihr das neue Spoken Word-Video von Marco: https://www.youtube.com/watch?v=jVj5MJhhIJM&t=69s

22 Kommentare zu „#211 Der tote Gott und die lebendige Hoffnung“

  1. Inspiriert von euren guten Gedanken, wäre ein säkularer Ansatz evtl. auch, dass Gott Liebe ist. Am Karfreitag würden wir daran denken, dass Liebe überall auf der Welt vergewaltigt, korrumpiert und getötet wird, siehe Ukraine, Israel und die fünfhundert Millionen anderen großen und kleinen Brandherde auf der Welt, an denen sich Politiker, Familienväter und eigentlich jeder von uns täglich die Finger verbrennen. An Ostern würden wir dann feiern, dass die Liebe immer wieder aufersteht, wohingegen das Böse im Nenner steckt und deswegen niemals gewinnen kann, sondern immer kleiner wird, desto mehr es sich aufbläht. Wobei man mit Paulus dann doch die Kurve zum christlichen Glauben kriegen könnte, indem man sagt: Die Liebe, an die ihr schon immer geglaubt habt und der ihr vom Mutterleibe an euer Vertrauen geschenkt und vielleicht sogar in Religion gegossen habt, um sie ehren zu können – diese Liebe ist in Christus Mensch geworden.

  2. Danke für eure ausführliche Osterbetrachtung!
    Mich hat das Kleinteilige inspiriert und ich stelle mir auch diese pragmatischen Fragen.

    Ich habe oft Menschen beten hören: „Danke Herr Jesus, dass du für unsere Sünden gestorben bist.“ Und sie waren nicht sonderlich nett zu anderen und ziemlich egoistisch… Woran können andere Menschen erkennen, dass Christen an die Sündenvergebung glauben? Und auch: Was bedeutet die Auferstehung für unser Leben hier?

    Zur Osterbetrachtung könnten wir auch die Passionszeit dazunehmen. Im Kirchenjargon eine Zeit, in der wir unserer Sünden gedenken und Buße tun. Und es ist auch eine Zeit, in der der Leidensweg Jesu nachempfunden wird. Wir Christen zelebrieren also ein paar Wochen einen leidenden Gott.
    Vielleicht könnten wir sie säkular übersetzen als Zeit, in der wir uns mit den Leidenden solidarisieren; bewusst auf Dinge in unserem Alltag verzichten, um eine Wegstrecke mit den Leidenden und Armen zu gehen. Und wenn wir Sünde als Beziehungsstörung verstehen, können wir Passionszeit säkular übersetzen als Zeit für eine „Beziehungsinventur“ – fragen, wo es aktuell hakt oder Versöhnung nötig ist.

    Bei der Interpretation, dass Jesus im Kreuz unsere Perspektive eingenommen hat, musste ich an eine Aussage von einem Psychiater denken, der mit Menschen arbeitet, die in der Kindheit durch sexuellen Missbrauch, Gewalt oder Suchterkrankungen in der Familie traumatisiert wurden. Er sagte, der wichtigste Schritt auf dem Weg zur Heilung sei der Versuch, die (Beweggründe der) Täter zu verstehen. Das ist ziemlich hart. Und ich denke, wenn wir uns den am Kreuz hängenden Jesus vor Augen führen, sehen wir auch diese Härte des Verstehenwollens.

    Woran ich auch noch denken musste ist das Thema Schuldgefühle. Vielleicht könnte man Sündenvergebung auch zum Teil säkular übersetzen als: Wir Christen glauben, dass durch Jesus etwas passiert ist, was uns unsere Schuldgefühle nimmt. Was uns mit uns selbst „im Reinen sein lässt“. Ich kann es nicht so richtig greifbar ausdrücken… Vielleicht habt ihr eine Idee, was es sein könnte.

    Wir hätten wahrscheinlich unter uns Menschen und auch unter uns Christen schon mehr Erlösung, wenn das Ostergeschehen nicht (nur) als historisches Ereignis verstanden und geglaubt würde, in dem einmal Erlösung passiert ist, sondern, ebenso wie Jesu Leben, als Aufforderung zur Nach-Folge. Denn menschheitsgeschichtlich war es ja nun nicht so, dass nach dem historischen Ereignis sich überall Erlösung und Auferstehung breitmachte…

    1. Prima Gedanken! Beim Lesen musste ich daran denken, dass Gott ja eigentlich selbst das Säkulare ins Christliche übersetzt hat – wenn man zumindest davon ausgeht, dass das Kreuz ein Realsymbol dafür ist, dass Gott überall dort ist, wo Leid passiert, weil er uns (Koran) näher ist als unsere Halsschlagader.

      Zu dem ersten Punkt mit der Vergebung, die man Menschen so selten ansieht: Wenn Jesus uns aufträgt, unseren Mitmenschen „siebzigmal siebenmal“ zu vergeben, dann ist das vermutlich auch Gottes Devise, und wenn bei Vergebung nach den Psalmen immer auch Neuschöpfung mitschwimmt (du vergibst mir meine Sünden und schaffst in mir ein neues Herz), dann benötigt es vermutlich, „siebzigmal siebenmal“ Neuschöpfungen, bis ein Mensch dann irgendwann mal halbwegs erlöst aus der Wäsche guckt. Will sagen: das Kreuz ist ein Ereignis, Vergebung ist ein Prozess.

      1. Danke für die Ergänzungen.
        Menschlich gesehen kann ich zustimmen, dass Vergebung ein Prozess ist. Woran ich mich stoße ist das Perfektive und Performative der biblischen/christlichen Formulierungen: es IST vollbracht, die Sünde IST vergeben, durch seine Wunden SIND wir geheilt, der Weg zu Gott IST frei usw. Und nicht: es wird…werden…irgendwann.
        Ich empfinde diese Aussagen schon so, als würde diesem einmaligen Geschehen eine „kosmische“ Faktizität zugeschrieben.

        Beim Nachdenken über meine Aussagen zur Passionszeit empfand ich die Auslegung des Verzichts zur Solidarisierung doch etwas fad, vielleicht sogar snobistisch. Verzicht, indem man vom Eigenen etwas den Armen abgibt, fände ich besser 🙂 .

        @Jay: Ein Highlight des Talks war deine spontane Umschreibung von „Alltag leben“: Snickers kaufen und Sex haben (oder auch nicht). 😆

        1. Ja, das kann ich nachvollziehen. Mir gefällt diesbezüglich die Auslegungsreihe von Hans-Joachim Eckstein über den Römerbrief ganz gut. Jede der von dir zitieren Aussagen würde demnach nicht auf uns, sondern auf uns in Christus zutreffen, was ja auch dem hebräischen Denken entspricht, welches das Sein weniger im Materiellen als im Relationalen verortet. Sektiererisch wird es natürlich, wenn man den Grad des persönlichen Heils von dem Grad der Christusbeziehung abhängig machen will, eben weil eine Beziehung ein interpersonales Gemeinschaftsgeschehen ist, dass man weder (in Grad) messen noch vergleichen kann.

          1. Danke für die Literaturempfehlung.
            Was wäre denn für dich konkret das „in Christus sein“?

            Ich muss an die Form des kontemplativen Gebets denken, worin man sich bewusst auf das göttliche Du ausrichtet. Die eigenen Gedanken und Gefühle in dieses Ausrichten mit hineinnimmt. Und dadurch nicht um sich kreist und sich im eigenen Denken und Fühlen verliert. Und dann wird man auch frei für die Ausrichtung auf das menschliche Du. Das wäre der kollektive Aspekt. Und heilsam, weil dadurch zB Versöhnung möglich wird.

  3. Lieber Jay, lieber Marco,

    dass es einer meiner Kommentare zum letzten Podcast mit Sandy ausschnittsweise sogar in den Podcast geschafft hat freut mich zwar sehr, aber der Unterton war in meinem Kommentar keinesfalls so empörend gemeint wie ihn Jay wiedergegeben hat. 😉 Ich hab die Thematik inklusive eurer Gästin* Sandy ja grundsätzlich sehr gelobt, mich hätten nur eure Meinungen zu den schwierigen Themen (Gefängnis, Sport,…) interessiert. Jay, deine Empfehlung des Podcasts mit J.K. Rowling habe ich auch sehr gerne und aufmerksam gehört. Eine „Lösung“ zu den heißen Eisen bietet aber auch der in keinster Weise an. Ob das überhaupt möglich ist einen Kompromiss an dieser Stelle zu finden mit der beide Seiten guten Gewissens leben können sei natürlich mindestens fraglich.

    Jetzt aber zum eigentlichen Podcast Thema: Mega stark, eure Erläuterungen zu der ganzen Kar- und Osterthematik!
    Ein paar mal aufgefallen ist mir der Begriff „säkular (denkende) Menschen“, den ich trotz googeln nicht 100% einordnen kann, insbesondere wenn er als Gegenpart zum christlichen gemeint ist. Die grundsätzliche Säkularisierung des Staates kann ja ehr nicht gemeint sein, weil die wohl auch die allermeisten Christinnen und Christen gut finden. Ein Synonym zu atheistisch aber wohl auch nicht… Erläutert eure Definition dazu doch gerne mal. 😉

    Vielleicht erübrigt sich dann auch meine einzige Anmerkung dazu: Ich glaube nicht, dass ein nennenswerter Teil der Atheisten von der „reinen Story“ auch nur in irgend einer Weise hinterm Ofen vorgelockt werden kann, wenn es sich für sie eben „nur“ um eine Story aber nicht mehr handelt. Ich glaube in irgendeinen eurer Podcasts habt ihr sogar diese Thematik mal behandelt und den Vergleich gebracht, dann kann man auch gleich Herr der Ringe konsumieren und Gandalf abfeiern. Dieser ist, wenn die Jesusgeschichte auch „nur“ eine Geschichte sein sollte, mindestens genauso cool wie Jesus.
    Zumindest habe ich noch keinen Menschen kennen gelernt, der die Aussage getroffen hätte, „die Botschaft und die Story sind zwar super aber wahr ist es meiner Meinung nach wohl leider nicht“. Agnostiker müsste man dazu dann doch mindestens sein denke ich.

    Alles in allem, wie immer ein fettes weiter so von mir. 🙂

    Gruß

    Hossafan

    1. Lieber Hossafan,
      du warst mit meinen Sätzen im Talk gar nicht gemeint gewesen, sondern ein Kommentar auf Facebook. 🙂

      Säkular benutze ich im Sinn von nicht religiös oder weltanschaulich konkret verortet. Das können Agnostiker sein aber auch jemand aus der Spiritual but not religious Gruppe. Leute, die keinen oder wenig Bezug mehr haben zu einer christlichen Weltdeutung.

      LG,
      der Jay

  4. tolle folge, aber zum tanzverbot bin ich ganz anderer meinung. in einer hoch-individualisierten gesellschaft wie der unseren, schafft es kirche und gemeinde außerhalb ihrer bubble leider nicht in die vielen vielen karfreitage und -samstage der menschen einzutreten.
    gerade in hedonistischen szenen in denen die tanzverbote klar auf ablehnung stoßen, gibt es jährlich mehrfach dramatische ereignisse. beziehungskrisen, missglückte drogen-experimente, suizide, unfälle auf der fahrt im auto, schlägereien, etc.
    in diesen szenen gibt es in solchen krisen einen starken zusammenhalt. oft auch an den jahrestagen. die freunde und bekannten geben kraft und halt und den mut zum weiterleben. die szene an sich ist karfreitag, karsamstag aber auch ostersonntag. sie ist die gemeinde. der klub die kirche.
    wer nicht präsent ist: kirchen/gemeinden. müssen sie ja auch nicht. und sicherlich wollen kirchen und gemeinden auch garnicht wirklich dort hin. sie kann mit hedonismus ebensowenig anfangen wie andersrum auch.
    aber dann muss bitte kirche auch aushalten können, dass an „ihrem“ trauertag andere kein bock haben auf trauern weil man don donnerstag bis montag quasi durchfeiern kann. wenn nahe angehörige sterben dreht sich die welt ja auch weiter. kirche muss lernen diesen schmerz, dass andere feiern wenn sie trauert, auszuhalten.
    aktuell wirkt kirche wie ein trotziges kind, dass bockig in der ecke steht, brüllt, dass will das bitte alle das tun sollen was es will, weil grad der hamster gestorben ist und mit den ambigiutäten des lebens noch nicht umgehen kann.
    diesen einen gesamtgesellschaftlichen trauertag braucht es nicht mehr. und das tanzverbot ist angesichts der kirchenferne in feier-szenen auch grund-falsch und gehört abgeschafft.

      1. PS
        Und, etwas provokant nachgefragt, wieso sollten sich überhaupt die Gebräuche an einem christlichen Feiertag an den Bedürfnissen derer orientieren, die diesen Glauben nicht teilen? Sollte Gewerkschaften interessieren, wenn Unternehmer sich an Demonstrationen am 1. Mai stören?
        Warum dann nicht einfach den Karfreitag als Feiertag abschaffen, dann kann jeder so viel tanzen wie er will? Das wäre dann doch konsequent.
        LG,
        der Jay

    1. @Albrecht
      Interessant, dass gerade du aus der Perspektive der Hedonisten die Kirche als „bockiges Kind“ darstellst, wo doch Hedonisten per Definition sich nie aus einer bestimmten frühkindlichen Phase herausentwickeln.
      Ich habe in deinem Kommentar inhaltlich und äußerlich viel Eigensinn und Trotz gegenüber (kirchlichen) Traditionen und Konventionen wahrgenommen.

      Das Bild, das du vom Verhalten von Kindern zeichnest, denen gerade ein geliebtes Wesen gestorben ist, finde ich unrealistisch und unfair. Und sofern ein Kind von empathiefähigen Menschen umgeben ist, hat es keine Notwendigkeit, trotzig Mitgefühl einzufordern, denn diese Menschen werden ganz selbstverständlich mit ihm trauern. So wie auch mit anderen Erwachsenen.

      „Die Kirche“ hält es übrigens aus, dass andere feiern, während sie trauert. Das zeigt der Karsamstag. Das haben Jay&Marco schön im Talk dargestellt. Und auch, um was es am Karfreitag gehen könnte: memento mori.
      Aus meiner Sicht auch darum, mal kollektiv einen (!) Tag im Jahr zu begehen, an dem wir innehalten und darüber nachdenken, dass das Leben keine ununterbrochene Party ist, sondern auch Leid mit sich bringt. Z.B. denen einen Platz, eine stumme Stimme geben, die nicht feiern können, weil sie gerade vor den Bomben fliehen und ihre Existenz vom Krieg zerstört ist. Oder uns mal bewusst den Außenseitern zuwenden. Mit denen und für die sind, die hinten runter fallen.

      Wir haben in unserer Gesellschaft Leiden, Sterben, durch Krankheit entstellte Körper aus dem Alltag heraussepariert in Pflegeheime und Kliniken. Die meisten von uns werden wahrscheinlich nur den eigenen Sterbeprozess miterleben, von dem der anderen sind wir distanziert. Wir können Sterbende nicht mehr selbst pflegen – wir müssen arbeiten; leisten, damit wir uns später mal die Pflege leisten können. Und medizinisch scheint Pflege zu kompliziert geworden zu sein für den Ottonormalangehörigen. Psychisch zu belastend.
      Wir leben in einer Gesellschaft, in der täglich Millionen auf Insta ihr happy and beautiful life präsentieren (müssen) – die meisten können das nur dank Make up und mehrerer Filter. Leistung zählt, nicht Schwäche (und manche vermarkten sogar ihre Schwäche). So viele sind davon schon ausgebrannt.

      Ich finde so einen Kontra-Tag gerade deshalb sehr wichtig.

      Die kirchenfernen Partyszenemitglieder können doch das ganze übrige Jahr von Montag bis Sonntag durchfeiern. Ich denke, den EINEN Tag der Ambiguität des Lebens sollten sie verkraften können, ohne gleich bockig zu werden. Dank der Kirche haben sie so viele arbeitsfreie Tage – inkl. Karfreitag – die sie nie für den Zweck nutzen, für den sie eigentlich gedacht sind. Ich finde, es ist wirklich nicht zu viel verlangt, wenn sie wenigstens das eine Mal an Karfreitag zugestehen, dass der Tag kollektiv so begangen wird, wie er gedacht ist – vielleicht auch als Dankeschön für die ca. 62 Sonn- und christlichen Feiertage, die sie ohne Weiteres jedes Jahr ganz unchristlich und kirchenfern mitnutzen dürfen.

  5. Auch ich bedanke mich für die anregende Betrachtung des Kar- und Ostergeschehens und den Versuch, diese für eine säkulare Lebenswelt greifbar zu machen!

    Ich habe mir in den letzten Jahren angewöhnt, während der Kartage zumindest einmal bewusst „Du kommst nicht mehr zurück“ von PeterLicht anzuhören (z.B. hier: https://youtu.be/0El317cnIMA). Dabei stelle ich mir die Frage, welche Hoffnungen auf Gott oder im Leben sich im letzten Jahr zerschlagen haben oder mir auf meinem Weg entrissen worden sind. Das Lied versprüht eine Melancholie und bietet auch durch den Text einen passenden Rahmen, dem nachzugehen und ggf. auch darüber zu trauern. (Meist brauche ich noch ein paar weitere ruhige, melancholiche Stücke im Anschluss in meiner Playlist, da mir 7 Minuten nicht reichen, z.B. von Olafur Arnalds die Found Songs…)
    Manchmal gelingt es mir dann mit dem Osterfest diese Hoffnungen in einem „neuen Gewand“ wiederbeleben zu lassen…

    Grundsätzlich finde ich, dass der christliche Osterglaube neben der überschwänglichen Hoffnung und Freude aufgrund der neuen Perspektive auch einen weiteren Aspekt umfassen kann, der sehr schön im vermutlich ursprünglichen Ende des Markus-Evangeliums ausgedrückt wird: „Da flohen die Frauen aus dem Grab und liefen davon.Sie zitterten vor Angst und sagten niemandem etwas, so sehr fürchteten sie sich.“ (Mk 16,8) Da ist (noch) kein Wort über Freude oder Hoffnung. Schweigen, Angst und Irritation bleiben bei den Frauen zurück. Und ein Auftrag der Gestalt am Grab über das Ereignis mit seinen Anhänger:innen zu sprechen und zurück nach Galliläa (zu den Anfängen) zu kehren. Irgendwann haben sie sich dem wohl gestellt, aber nicht jeder gesschenkte Neuanfang muss mit Heiterkeit empfangen werden… Säkular formuliert, vielleicht auch mit Bezug zum Frühling: Wo keimen neue, bahnbrechende Perspektiven oder Neuanfänge in meinem Leben oder in unserer Welt auf & welchen Umgang finde ich damit? Worauf freue ich mich und wovor fürchte ich mich? Wo brauche ich Zeit und wo kann ich es kaum erwarten?

    Soweit meine Gedanken, die viel umfangreicher wurden, als beabsichtigt…

  6. „Als ein denkender Mensch im Jahr 2023“
    „Karfreitag und Ostern = historische Momente“
    „Historische Figur: Jesus von Nazareth“
    „Die Auferstehung von Jesus ist das best belegteste historische Ereignis“

    Diese Aussagen von Euch haben mich dazu gebracht, Euch einen Themenvorschlag zu machen, der mir schon sehr lange auf der Seele liegt. Nämlich seit dem Gespräch mit Matthias vom Ketzerpodcast. Nach 211 Folgen wäre es an der Zeit, einen weiteren Atheisten zu Wort kommen zu lassen. Ich schlage Volker Dittmar vor, Diplompsychologe, der seit 2001 über Religionskritik schreibt (zum Einstieg http://dittmar-online.net/faq.html), heute vor allem auf Quora (*Bsp. siehe unten). Er war selbst gläubiger Christ, kennt sich mit Theologiegeschichte und Kirchengeschichte aus, was ich von meiner „frommen“ Zeit nun wirklich nicht behaupten kann. Und ja, Volker ist massgeblich „schuld“ daran, dass ich heute eine sehr glückliche Atheistin bin. Die immer noch Hossatalk hört, weil es interessant ist, meine früheren Gedanken von aussen zu betrachten. Und weil mein Mann erst seit kurzem kein Hardcore-Christ mehr ist. Doch das ist eine andere Geschichte.
    Also, Ihr Lieben: „Nicht: Wer hat recht? Sondern das Gespräch zu fördern…“ finde ich echt toll – vielleicht mag Volker Dittmar ja mitmachen.
    *https://de.quora.com/Ist-Atheismus-eine-Wahl?
    * https://de.quora.com/Es-soll-50-Evangelien-geben-welches-sind-die-Richtigen/answer/Volker-Dittmar?ch=10&oid=332311819&share=fd90ee4a&srid=hjFWil&target_type=answer
    * https://de.quora.com/Warum-verbreitete-sich-das-Christentum-zu-Beginn-nur-in-Europa/answer/Volker-Dittmar?ch=10&oid=358984125&share=68cd26b1&srid=hjFWil&target_type=answer

    1. Wenn ich mir so seine Antworten auf die FAQs ansehe, sehe ich jede Menge Glauben (ohne sich dessen gewahr zu sein). Denkst du wirklich, es würde ein fruchtbares Gespräch werden, wenn wir ihn einladen? Kann ich mir kaum vorstellen. Weder für ihn noch für uns.
      Wenn schon feststeht, was die Antworten sind, wozu noch über die Fragen sprechen?Das scheint mir nicht vielversprechender, als mit irgendwelchen Fundamentalisten zu reden.
      LG,
      der Jay

  7. Nettes Gespräch. Aber den Entmythologisierungs-Kram hätte ich weggelassen.
    Natürlich kommt es darauf an, daß Christus in dir lebt:
    https://bkv.unifr.ch/de/works/cpg-1112/versions/brief-an-diognet-bkv/divisions/12
    „Deswegen sandte er den Logos, damit er der Welt erschiene, der von seinem Volke missachtet, von den Aposteln gepredigt und von den Heiden gläubig aufgenommen wurde. Dieser ist es, der von Anfang an war, als ein Neuer erschien und als der Alte erfunden wurde, der immerfort neu in den Herzen der Heiligen geboren wird. Er ist der Ewige, von dem es heisst, er sei „heute der Sohn““
    Auch Luther und Melanchthon in den Loci Communes haben nochmal ausdrücklich darauf hingewiesen, daß es nicht auf den historischen Glauben ankommt, sondern den eingegossenen.
    Bultmann kam dann auf die extreme Idee, daß man dann den historischen Glauben auch einfach weglassen könne.
    Thorsten Dietz meinte aber auf den Theologie-Seminar in Volkenroda 2022, daß man seiner Meinung nicht alle historischen Bezüge vom persönlichen Glauben abtrennen könne. Er würde den Glauben an Jesus aufgeben, wenn Aliens landen würden, die nachweisen würden, daß Jesus nur ihr Hologramm gewesen wäre, oder so.
    Auch der Siggi hat in seinen neuen Worthaus-Predigten zu Karfreitag und Ostern auch wieder historische Apologetik betrieben.
    Hört auf die Weisen eurer Szene der postevangelikalen Dekonstruierer und lest alle Werke der Kirchenväter und Reformatoren, anstatt geistig nur im eigenen Saft zu schwimmen!

    Bei der Kleinteiligkeit der Ostergeschichten habe ich durch den Talk hinzugelernt.

    Alles Gute!

  8. Bernhard Draxler

    Zur Geschichte um das Grab Jesu ist mir spontan folgender Witz eingefallen, den ich Euch nicht vorenthalten will:
    Zum Ordensgeneral der Jesuiten kommt ein Mitbruder, der als Archäologe in Israel arbeitet und berichtet ihm: Stell dir vor, Bruder General, wir haben in Jerusalem zweifelsfrei das Grab Jesu gefunden. Aber, der Leichnam Jesu war noch drin. Sagt der Ordensgeneral nachdenklich: Hm, dann hat der also tatsächlich gelebt.

  9. Hi Leute, danke für die schönen Sendungen immer, ihr seid cool 🙂

    Ich hab mir auf die Empfehlung den Podcast über J.K. Rowling angehört: Fand ihn ziemlich interessant aber etwas unausgewogen, da Rowling zwar viel zu Wort kommt aber die Gegenposition kaum vernünftig vorgetragen wird.

    Eine Ausnahme ist ein O-Ton der Youtuberin Contrapoints in einer Folge. Sie hatte mal ein kritisches Video zu J.K Rowling gemacht und diese Woche noch ein neues veröffentlicht, in dem sie auseinandernimmt wieso bei dem Projekt mitgewirkt hat, was sie vom Ergebnis hält und was ihre eigentliche Position zu dem Thema ist.

    Ich finde jeder, der den Podcast gehört hat, sollte sich zusätzlich noch ihre Videos anschauen, sodass man auch der anderen Seite Gehör schenkt und nicht nur die Perspektive von Rowling und Phelps-Roper hört, für einen ausgewogenen Diskurs. Die Videos sind zwar lang aber unterhaltsam aufgemacht und inhaltlich stabil, finde ich. Daher hier die Links:

    Das Video zu den Wich Trials of J.K. Rowling:
    https://youtu.be/EmT0i0xG6zg

    Ihr ursprüngliches Video zu J.K. Rowling:
    https://youtu.be/7gDKbT_l2us

    Macht weiter so,
    Liebe Grüße von Paulus

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