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#262 Über Christfluencer und ihre Botschaft auf Social Media (m. Martin Fritz)

Online-Werbung für die Bibel und den Glauben an Jesus

Ihnen folgen teilweise zehntausende Menschen auf Instagram und TikTok. Sie posten Bibelverse in ästhetischen Designs, haben eigene Webshops und sprechen über Jesus und die Bibel in Storys, Reels und Podcasts. Und prägen so maßgeblich, wie junge Menschen heute Glauben wahrnehmen: sogenannte Christfluencer.

Was auf den ersten Blick modern und hip wirkt, wirft bei näherem Hinsehen auch Fragen auf: Welche theologische Ausrichtung liegt dem eigentlich zugrunde? Welche Botschaften flimmern da täglich über die Displays? Welche Weltbilder werden transportiert? Und wo wird es möglicherweise problematisch – etwa im Hinblick auf Biblizismus, Exklusivitätsansprüche oder sogar politische Ideologien? Darüber sprechen Jay, Marco und Gofi in der aktuellen Folge mit dem Theologen und Religionswissenschaftler Martin Fritz.

Martin ist wissenschaftlicher Referent bei der Evangelischen Zentralstelle für Weltanschauungsfragen, der zentralen Studien-, Dokumentations-, Auskunfts- und Beratungsstelle der Evangelischen Kirche in Deutschland für religiöse und weltanschauliche Strömungen der Gegenwart. Dort beschäftigt er sich u.a. mit Phänomenen und Strömungen aus dem Evangelikalismus und der Pfingstbewegung und hat zwei ausführliche Artikel zum Podcast „In Zeiten wie diesen“ von Jana Highholder und Jasmin Neubauer (Liebe zur Bibel) geschrieben. Davon ausgehend betrachtet er gemeinsam mit Jay, Gofi und Marco das Phänomen Christfluencer im deutschsprachigen Raum, den Einfluss auf die Evangelikale Bewegung und die Kirche und wie dieses Phänomen eingeordnet werden kann.

Außerdem gibt Martin den drei drei Hossa Talkern Einblick in seine Geschichte, seine Arbeit beim EZW und seinen ästhetisch-musikalischen Zugang zu Spiritualität.

Ein spannender und hochinformativer Talk über digitale Glaubenskommunikation, Netzwerke, Weltanschauungen und Wahrheitsansprüche.

25 Kommentare

  1. Gerry Gerry

    Ich habe eine Rückfrage zu dem Vorwurf, dass Jasmin (von Liebe zur Bibel selbstwidersprüchlich sei. Es wird gesagt, sie verlange, man solle die Bibel „wortwörtlich nehmen“ und predige dann selbst – obwohl Paulus in 1. Korinther 14,34 schreibt, dass Frauen in der Gemeinde schweigen sollen.

    Aber ist das wirklich ein Widerspruch?

    Wenn man sich z. B. 1. Korinther 11 anschaut, rechnet Paulus dort ausdrücklich damit, dass Frauen in der Gemeinde beten und prophetisch reden – also nicht einfach „schweigen“. Auch Priscilla (Apg 18,26) lehrte Apollos gemeinsam mit ihrem Mann. Viele bibeltreue Christen verstehen 1. Kor 14 daher nicht als absolutes Redeverbot, sondern im Kontext von Unordnung oder Autoritätsfragen. Könnte es also sein, dass Liebe zur Bibel genau diesen differenzierten Umgang mit dem Wort Gottes pflegt?

    Und noch eine Nachfrage: Wo genau hat sie behauptet, man dürfe oder müsse die Bibel nicht interpretieren? Mir scheint, dass sie eher dafür steht, die Bibel ernst zu nehmen – nicht sie abzuschwächen oder passend zu machen, sondern mit Demut und im Kontext auszulegen. Zu sagen, „da steht’s doch“, heißt ja nicht automatisch: „Ich interpretiere nichts.“

    Falls sie das so nie gesagt hat, wäre der Vorwurf, sie wolle jede Auslegung verbieten, doch eher eine Unterstellung – oder?

    Viele Grüße
    Gerry

    • Hallo Gerry,
      aber du bringst den Punkt, den wir im Talk gemacht haben, doch selber nach Hause. „Das Weib schweige in der Gemeinde“ war ja nur ein Beispiel dafür, dass Jasmin eben nicht einfach glaubt, was sie in einer entsprechenden Passage liest, sondern durch theologische Argumentation (die du ja vorführst) zu einem Schluss kommt, der die entsprechende Stelle in ein anderes Licht rückt (andere bibeltreue Christen folgen deiner oder Jasmins Argumentation diesbezüglich übrigens keineswegs, sondern würden das als ein „Zurechbiegen“ des Wortes Gottes bezeichnen). Wenn man bei anderen Themen aber eben mit „da steht es doch, basta“ argumentiert (darum ging es ja), ist das eben nicht sehr glaubwürdig. Man wirft anderen „Cherry-picking“ vor und dass „offensichtliche“ Aussagen der Bibel nicht ernst genommen würden, tut dieses an so einer Stelle aber genauso. Niemand lehrt die Bibel einfach wortwörtlich. Alle Christen zu allen Zeiten haben immer Bibelstellen gewichtet (wie du es in deiner Erklärung auch tust) und in einen Denkhorizont gestellt, von dem aus sie dann zu ihren Glaubens- und Lehrüberzeugungen kommen. Das geht ja auch gar nicht anders (wie gesagt, du machst das schön vor). Das gilt natürlich auch für „progressive“ Christen. Das scharfe Urteil von Jasmin und Jana über Christen, die zu anderen Ergebnissen als sie selber kommen („sie bespucken meinen Jesus und kreuzigen ihn erneut“) ist nicht nur unfair, sondern im Lichte des eigenen Umgangs mit der Bibel eben auch nicht glaubwürdig und haltbar. Das war der Punkt.

      Was das predigen von Frauen angeht, kommen wir bei unserer Bibellektüre übrigens zu einem sehr ähnlichen Ergebnis.

      LG,
      der Jay

      • Gerry Gerry

        Danke für deine Antwort!

        Mir ging es in meiner Nachfrage allerdings um etwas anderes: Nämlich darum, ob Jasmin tatsächlich den Anspruch erhebt, man dürfe oder brauche die Bibel nicht zu interpretieren – also „da steht’s doch, basta“ im Sinne von: alles ist immer wortwörtlich zu nehmen, ohne Kontext, ohne Auslegung, ohne geistliches Ringen.

        Denn genau das wurde ihr (und Jana) ja indirekt vorgeworfen – und damit würde man ihr unterstellen, sie handle selbstwidersprüchlich.
        Aber hat sie das wirklich je so gesagt? Oder ist das nicht eher eine (vielleicht unbeabsichtigte) Zuspitzung bzw. ein Missverständnis?

        Nach allem, was ich sehe, fordert Jasmin dazu auf, die Bibel ernst zu nehmen, auch wenn es unbequem ist – aber doch nicht, sie völlig ohne Kontext oder Auslegung zu lesen. Dass sie z. B. bei 1. Korinther 14 theologisch argumentiert, zeigt ja gerade, dass sie sich bemüht, Schrift mit Schrift auszulegen – also kein „blindes“ Bibelverständnis vertritt, sondern ein verantwortliches.

        Wenn sie betont „da steht’s doch“, dann ist das wohl eher ein Appell gegen das Aushöhlen oder Umdeuten klarer Aussagen – nicht gegen jede Form von Theologie oder Kontextverständnis.
        Insofern finde ich den Vorwurf der Unaufrichtigkeit oder Inkonsistenz nur dann berechtigt, wenn man wirklich zeigen kann, dass sie an anderer Stelle jede Form von Interpretation grundsätzlich ablehnt. Und genau da wäre meine Bitte: Gibt es dafür konkrete Belege? Oder wird hier eher ein Strohmann aufgebaut?

  2. Gerry Gerry

    Ich finde es schade, wenn man gläubigen Christen unterstellt, sie müssten „ihr Hirn rausreißen“, um an die 6-Tage-Schöpfung zu glauben. Das ist keine Argumentation, sondern ein persönlicher Angriff – und es übersieht, dass viele kluge, wissenschaftlich gebildete Menschen genau das tun: an eine Schöpfung in sechs Tagen glauben.

    Man kann durchaus die 6-Tage-Schöpfung für historisch halten und gleichzeitig rational denken – wenn man die Bibel als Maßstab der Wahrheit sieht und Gott für allmächtig hält. Warum sollte ein allmächtiger Gott nicht in sechs Tagen erschaffen können?

    • Hallo Gerry,
      Wenn ich mich richtig erinnere, ging es in der Passage nicht darum, jedwede Rationalität abzusprechen, sondern darum deutlich zu machen, warum heute vielen Menschen diese Art des Zugangs (da steht es soundso und deshalb MUSS man das auch genauso glauben) extrem schwer fällt. Die 6-Tage Schöpfung war ja nur ein Beispiel dafür. Naturwissenschaftlich spricht einfach nicht viel dafür sondern sehr viel dagegen. Wenn man anderen Christen aber nun den christlichen Glauben abspricht, wenn sie die eigene wörtliche Lesart (und mehr ist es ja eben nicht) nicht teilen, dann ist das nicht in Ordnung. Außerdem verschließt man naturwissenschaftlich orientierten Menschen damit den Zugang zum Glauben, weil die einen kaum noch ernst nehmen. Das wurde problematisiert. Dass es rational denkende und argumentierte Christen gibt, die gleichzeitig Kreationisten sind, stand gar nicht zur Debatte.

      LG,
      der Jay

      • Gerry Gerry

        Hallo Jay,
        danke für die Klarstellung – ich verstehe den Punkt jetzt besser. Und es ist natürlich legitim, auf Spannungen zwischen Glaube und moderner Wissenschaft hinzuweisen. Auch ich finde es problematisch, wenn jemand anderen vorschnell den Glauben abspricht, nur weil sie eine andere Sicht auf die Schöpfung haben.

        Gleichzeitig möchte ich aber auch sagen: Ich bewege mich seit Jahren in der bibeltreuen Szene – und ich kenne wirklich niemanden, der behauptet, es gebe nur eine Lesart und man dürfe die Bibel auf keinen Fall theologisch auslegen. Das ist aus meiner Sicht eine Karikatur, die mit der tatsächlichen Haltung vieler bibeltreuer Christen wenig zu tun hat.

        Im Gegenteil: Viele glauben gerade deshalb an die 6-Tage-Schöpfung, weil sie sich intensiv mit dem Text, dem hebräischen Wortlaut, theologischen Zusammenhängen und dem Selbstzeugnis der Bibel beschäftigen – nicht weil sie „einfach naiv alles glauben, was da steht“, wie es manchmal unterstellt wird.

        Ich finde es schade, wenn dieser Glaube dann als irrational oder realitätsfremd dargestellt wird – denn das erschwert genau den Dialog, den wir eigentlich führen sollten. Bibeltreue Christen lehnen Wissenschaft ja nicht per se ab – sie setzen sie nur in einen anderen Rahmen: nämlich den eines Gottes, der reden kann und sich offenbart hat.

        Ich glaube, wir kommen in der Debatte nur weiter, wenn wir ehrlich anerkennen, dass es innerhalb des Christentums verschiedene Lesarten gibt – auch bei guter theologischer und wissenschaftlicher Begründung – und dass man nicht „sein Hirn rausreißen“ muss, um eine davon zu vertreten.

        Viele Grüße
        Gerry

        • Gegen den Dialog habe ich ja gar nichts. Auch mit verschiedenen Lesarten habe ich kein Problem. Noch nicht mal damit, wenn jemand an die 6-Tage Schöpfung glaubt. Gottes Garten ist bunt und wild.

          Ich habe hier – auch gut begründet – eine andere Lesart und halte die Argumente die gegen eine 6Tage Schöpfung sprechen für deutlich stärker. Im Talk ging es doch aber gar nicht um die richtige Antwort auf diese Frage. Sie war ein Beispiel dafür, warum wir es schwierig finden, wenn eben nicht verschiedene Lesarten der Bibel zugelassen werden, sondern erwartet wird, dass sich wahre Christen einer bestimmten anschließen müssen. Da muss man sich dann entscheiden, zwischen dem („wahren“) Glauben und einer modernen, wissenschaftlichen Weltsicht. Das erzeugt unnötige kognitive Dissonanzen. Ich kenne genügend Christen, die ausgelöst durch solche Entweder-Oder-Forderungen ihren Gottesglauben aufgegeben haben, Weil sie die „bibeltreue“ Argumentation nicht mehr überzeugt hat und andere Lesarten eben nicht zur Verfügung standen bzw als Häresie gebrandmarkt wurden.

          LG,
          Der Jay

          • Gerry Gerry

            Hallo Jay,
            dir nehme ich eine echte tolerante Haltung auch ab. Eurem Gast eher nicht. Zumindest stören mich einige Dinge an seinem Artikel, den ich inzwischen gelesen habe.

            Ich frage mich, ob er der Toleranz, die er einfordert, selbst wirklich gerecht wird.
            Zum Beispiel heißt es, ein echter Versuch, den „fundamentalen“ Glauben verstehen und akzeptieren zu wollen, würde die eigene „Wahrhaftigkeit“ aufgeben, denn man müsste dazu den „Sprung in die Selbstverleugnung der Vernunft“ mitvollziehen. Das ist starker Tobak. Damit wird ja unterstellt, dass evangelikale Christen ihren Verstand abschalten und dass ihr Glaube ein „hermetisches Gebäude“ sei – also völlig abgeschlossen, undurchdringlich und unfähig zum echten Dialog.

            Solche Aussagen sind nicht neutral, sondern hochgradig bewertend. Sie machen gerade das unmöglich, was zuvor noch als Ziel formuliert wurde: gegenseitiges Verstehen. Wenn man nämlich eine Glaubenshaltung als irrational, verschlossen und gefährlich für das eigene Denken beschreibt, dann ist das keine Einladung zum Gespräch, sondern eher eine Absage daran.

            Natürlich darf und soll man inhaltliche Differenzen benennen – auch scharf. Aber wenn man echte Toleranz will, dann reicht es nicht, sich selbst als vernünftig und dialogfähig zu positionieren, während die anderen als verblendet dargestellt werden. Denn dann ist das kein Dialog auf Augenhöhe mehr.

            Für mich wirkt das Ganze so: Es wird Toleranz eingefordert – aber nur unter der Bedingung, dass man die eigene Sicht als „vernünftig“ und die der anderen als „unvernünftig“ voraussetzen darf. Das überzeugt mich nicht. Ich wünsche mir ein Miteinander, in dem man sich gegenseitig erst mal unterstellt, dass der andere seinen Glauben ebenso ehrlich und in Verantwortung vor Gott lebt – auch wenn man seine theologischen Prämissen nicht teilt.

            Grüße
            Gerry

          • Hallo Gerry,
            fair Point. Kann ich gut nachvollziehen. Und ich komme da zu ähnlichen Gedanken wie du.

            Allerdings habe ich Martin an keiner Stelle „fundamental Gläubigen“ das Christsein absprechen hören. Er drückt sein eigenes Befremden dieser Art zu glauben gegenüber aus (ich finde, das ist legitim) und er erklärt, warum es ihn nicht überzeugt, bzw was er daran für schädlich hält und warum er denkt, dass in unserer Welt so viele daran scheitern.

            Wenn das respektvoll geschieht, ist das doch in Ordnung. Das gestehe ich „fundamental Glaubenden“ mir gegenüber auch zu. Es muss ja möglich sein, die eigenen Bedenken der anderen Lesart/ Auffassung gegenüber zu formulieren.

            Ich finde das macht Martin in dem Artikel. Er arbeitet heraus, was ihm an Jasmin und Jana gefällt und was er an ihnen kritisch erlebt (das ist als Weltanschauungsbeauftragter der EKD seine Aufgabe) – ohne den Beiden das Christsein abzusprechen. Und vergiss bitte nicht, er schreibt diesen Artikel nachdem er seinerseits mehrfach in dem Podcast um die Ohren gehauen bekommen hat, dass Menschen, die so glauben wie er, nicht wirklich glauben, keine echten Christen seien oder gar Jesus bespucken und erneut kreuzigen würden. Das zahlt er nicht mit gleicher Münze zurück.

            Ich teile ja dein Anliegen für Verständigung zu werben. Aber meines Erachtens tust du das hier an der falschen Stelle. Bei uns waren Markus Till, Johannes Hartel und andere Vertreter konservativer Theologie zu Gast. Rate mal, wie oft ich schon in konservative Podcasts eingeladen wurde… Jemandem wie Siggi Zimmer mag man vorwerfen, dass er abschätzig über fundamentale Glaubensgebilde sprechen würde, ich habe ihn jedoch noch nie sagen hören, dass Menschen solchen Glaubens keine Christen seien und Jesus bespucken und erneut kreuzigen würden. Im Gegenteil. Er bezeichnet sie wiederholt als seine lieben Brüder und Schwestern. Wenn ich mir die Veröffentlichungen von Herrn Voss usw ansehe, passiert da aber eben nicht bloß eine kritische Auseinandersetzung mit theologischen Ansichten, sondern das Ganzes dient am Ende dazu, konkreten Mitchristen ihr Christsein abzusprechen. Das wirst du bei Hossa Talk, bei aller Kritik, die wir an „fundamentalen Glaubenswelten“ äußern, nie zu hören kriegen. Markus Till andererseits weigert sich zB standhaft, mich als Bruder zu bezeichnen.

            Will sagen, ich hoffe, du stellst deine Anfragen auch in den Kommentarspalten von Janna & Jasmin, Voss oder Till. Meiner Erfahrung nach ist das Bedürfnis uns anderen das Christsein nicht abzunehmen bzw gar abzusprechen, hier deutlich größer.

            Man könnte ja den Artikel von Martin Fritz auch nicht als bloßen Angriff auffassen, sondern als Verständnishilfe, weshalb Menschen mit einer „fundamentalen“ Art zu glauben fremdeln. Kritik ist ja immer auch das Angebot kostenloser Beratung, wie unser Freund Thorsten Dietz gerne sagt.

            LG,
            der Jay

  3. stef baura s stef baura s

    hallo,
    hier schreibt Eure freundliche Atheistin, die Euch schon seit 2017 folgt.

    Ich bin mit nicht ganz sicher, ob ich Euren Gast Martin richtig verstanden habe, weil er gefühlt vor- und wieder zurückgerudert ist in seiner Einschätzung zu den 2 Damen.

    Ich kenne die beiden nicht, auch nicht, dass die irgendwo in der Presse aufgetaucht sind, mich würde daher der erwähnte Artikel Eures Gastes sehr interessieren.

    Nach allem, was an Zitaten zu den beiden gefallen ist, ist für mich, als jemand der die Entwicklungen in USA – Annika Brockschmidt sei Dank – seit 2016 sehr genau verfolgt, sonnenklar, dass es sich bei diesen um genau die Sorte „Christ“ handelt, die derzeit in den USA alles zurückdreht, was sich zurückdrehen lässt.

    Wie kann man solche Personen mit dem Wort konservativ verharmlosen? Wollen wir hier den gleichen Fehler wie in den USA machen?

    Ist es der EKD sogar recht, dass so ein „bisschen mehr Konservatismus“ in Deutschland wieder zurückkommt? Die kath. Kirche in D muss sicher nicht fragen, ich denke, ich kenne die Antwort – als Ex-Katholikin.

    Schlimm genug, dass wir jetzt diese schon fast-trumpistisch-agierende Regierung haben, explizit auch noch mit einem „C“ im Parteinamen.

    Aber wenn die EKD es nicht schafft, verkappte Christo-Faschos als solche zu identifizieren, meine Güte. Und natürlich finden die Hardcore-Muslims gut, ist ja das Gleiche wie Hardcore-Christen. Am besten finden die diese natürlich, wenn sie in ihrem „eigenen Land“ bleiben, Iran, Afghanistan, arabische Halbinsel. Sie sind halt nicht doof, und brüllen es in die Welt.

    Schreibe direkt nach Podcast anhören, deswegen vielleicht ein bisschen mehr Pfeffer in den Formulierungen, aber ich habe mich echt aufgeregt.

    grüße
    Eure Stef

    • Hm, also da tust du aber sowohl Martin Fritz als auch der EKD ziemlich unrecht, finde ich.

      MAGA-Christen aus der USA sind da wirklich nicht beliebt.

      Auch ich kann mich mit dem Vorwurf der Verharmlosung nicht identifizieren. Wenn du Hossa Talk seit 2017 hörst, müsstest du das eigentlich wissen.

      Dass innerhalb des christlichen Spektrums auch Binnendebatten geführt werden, die dich als Atheistin mit Unverständnis oder gar Befremden zurücklassen, versteht sich doch eigentlich von selbst. Das geht mir bei normalen/ weltlichen Themen bei jeder 2. Talkshow im Fernsehen ja genauso.

      Hier findest du den zu lesen lohnenden Artikel von Martin Fritz: https://www.ezw-berlin.de/aktuelles/artikel/in-zeiten-wie-diesen-teil-1/

      LG,
      der Jay

      • stef baura s stef baura s

        Jay,
        MAGA-Christen sind doch nicht von Himmel gefallen. Es sind überreligiöse Menschen, die 2015/16 der Meinung waren, dass Trump der ist, der zusammen mit Pence die religiösität wieder zur Tagesordnung bringt und somit Trump den entscheidenden Stimmenvorteil verschafft haben.
        Dann hatten sie 2020 bis jetzt, um sich komplett auch noch politisch zu radikalisieren, Morgenluft witternd, nachdem Roe/Vade gefallen war, und dem Irren ein weiteres Mal ins Amt verholfen.

        Das ist doch völlig egal, ob die beliebt sind oder nicht, in allen Staaten, in denen die Republikaner am Werk sind, werden ultrachristliche Gesetze verfasst, von Trennung von Staat und Kirche ist da keine Rede mehr, also gar keine. Das weißt Du ja auch. Die Amis haben ja auch nicht gedacht, dass einen klitzekleine Minderheit von Christen-Taliban am Ende die Regierungsgeschäfte (mit)führen wird. Und doch waren sie das Zünglein an der Waage.

        Ich habe jetzt auch die 3 Teile Artikel gelesen, und diese 2 Frauen vertreten genau die talking points, die gerade in den USA umgesetzt worden sind oder umgesetzt werden sollen. Offen trans- und schwulenfeindlich, da muss man nicht zwischen den Worten interpretieren. Sie schreien es vielleicht nicht ganz so unverhohlen raus, aber die Marschrichtung ist klar.

        Für mich ist das daher, aufgrund der aktuellen politischen Lage, POLITIK was die beiden sagen, nicht Religion.

        Und mit AfD Politik würden sich deren Vorstellungen von christlichem Leben ganz klar umsetzen lassen.

        Wenn wir nicht möchten, dass die Religion nicht in die Politik reinspielt, dürfen solche Leute nicht als „Spielart von religiös“ verharmlost werden.

        Ihr habt selbst schon in mehreren Sendungen beklagt, dass zu viele im christlichen Bereich zur AfD bekennen,

        Das ist kein „Binnenthema“, nicht mehr.

        grüße
        Stef

        • Hallo Stef,
          grundsätzlich bin ich da von der Einschätzung komplett bei dir. Ich teile die Befürchtungen. Ich habe halt immer noch die Hoffnung, dass Konservative Christen im Kampf gegen Rechts zu gewinnen sind. Deshalb halte ich den Binnendialog für unerlässlich.
          LG,
          der Jay

  4. hto hto

    6-Tage-Schöpfung (des holographischen Universums) – Hat Albert Einstein nicht den dazu passenden Satz gefunden: „Zeit und Raum sind relativ“!?

  5. hto hto

    Nachtrag: Mensch befindet sich derzeit im siebten Tag und denkt nicht richtig nach!?

  6. hto hto

    Korrektur: Mensch befindet sich derzeit im siebten Tag und denkt, betet und glaubt nicht richtig!?

  7. André Ay André Ay

    Hallo!

    Hier ging es vor allem um Leute, die im Netz stark auffallen. Also nix neues.

    Andere Themen fehlten hingegen, z.B. das Enneagramm.

    Alles Gute!

    André Ay

    • hto hto

      Enneagramm – Die „Vernunft“ des kategorischen Imperativs in gleichermaßen unverarbeitet-instinktiver Bewusstseinsschwäche von Angst, Gewalt und „Individualbewusstsein“, ist doch auch nur der herkömmlich-gewohnte Tanz um den heißen Brei der wettbewerbsbedingt-konfusen Symptomatik/Bewusstseinsbetäubung!?

    • Alexander Alexander

      Ich hatte mir auch noch was zum Thema Holzhacken in China gewünscht, aber schade, auch dazu kein Wort. Vielleicht beim nächsten Mal.

  8. Gerry Gerry

    Hallo Jay,

    ich antworte auf deine letzt Antwort vom 2. Juni. Da es keinen Antwort-Link darunter gibt, mache ich das als neuen Kommentar.
    Der Tonfall deiner Antwort hat mich echt gefreut!

    Ich kann vieles nachvollziehen – gerade auch, was du über das gegenseitige Absprechen des Christseins sagst. Das finde ich auch nicht hilfreich, und es verletzt dich offenbar besonders.

    Mir geht es witzigerweise fast genau umgekehrt: Wenn mir jemand sagt, er halte meinen Glauben für nicht ausreichend „christlich“, dann kann ich damit leben. Ich nehme das als „Angebot kostenlosem Feedbacks“.

    Aber wenn jemand den Eindruck vermittelt, ich würde meinen Verstand abgeben oder irrational glauben, dann trifft mich das mehr.
    In dem Artikel von Martin Fritz klang für mich genau das durch – z. B. in der Formulierung, jemand könne den „Sprung in die Selbstverleugnung der Vernunft“ nicht nachvollziehen. Ich empfinde solche Formulierungen als ziemlich entwertend. Nicht weil ich mich für rationaler als andere halte, sondern weil es suggeriert, dass man als „fundamental Gläubiger“ gar nicht vernünftig glauben kann.

    Vielleicht liegt hier der Kern unseres kleinen Missverständnisses. Wir nehmen unterschiedliche Aussagen als besonders verletzend wahr. Das zeigt, wie unterschiedlich wir ticken, auch wenn wir beide Verständigung suchen.

    Übrigens interessiert mich noch etwas ganz persönlich:
    Ich merke bei mir, dass ich Kritik an meiner Rationalität – also der implizite Vorwurf, ich würde „meinen Verstand abschalten“ oder irrational glauben – als verletzender empfinde als ein „Du bist kein richtiger Christ, bespukst Christus und nagelst ihn erneut ans Kreuz.“ Ehrlich gesagt denke ich letzteres manchmal selbst von mir, wenn ich wieder mal gefallen bin und umkehren möchte.

    Wie ist das bei dir? Würde es dich ähnlich treffen, wenn dir jemand vorwirft, deine Art zu glauben sei naiv, unreflektiert, unvernünftig oder letztlich unwahrhaftig?

    Grüße
    Gerry

    • Hallo Gerry,
      danke für den freundlichen Austausch. Macht richtig Spaß.
      Meine Antwort ist ein bisschen länger geworden, ich hoffe das ist ok. 🙂

      Mich trifft der Vorwurf kein echter Christ zu sein, tatsächlich mehr als der Vorwurf unvernünftig zu glauben. Letzteres ist ja sowieso immer Stückwerk und je nachdem womit man beginnt, gibt es auch sehr unterschiedliche Logiken, bzw Ergebnisse von an sich vernünftigen Argumentationen. Will sagen, dass meine Argumentation immer Schwächen haben wird, immer nur vorläufig ist und Stückwerk, versteht sich für mich von selbst. Ob mein Gegenüber mich als Bruder in Christus akzeptiert finde ich aus mehreren Gründen verletzend(er):
      1. derjenige (hier muss man idR nicht gendern ;-)) nimmt mir damit die Möglichkeit auf Augenhöhe mit ihm zu sprechen. Meiner Erfahrung nach laufen solche Gespräche fast immer so ab, dass mein Gegenüber entweder versucht mich zu bekehren/ zu überzeugen und wenn das nicht klappt, mich abzuwerten / abzuwehren (nicht, dass ich das nicht verstehen würde, gerade auf social media, wo man ja weiß, dass die eigene Bubble mitliest, ist das nachvollziehbar – aber trotzdem eine unfreundliche und durchschaubare Strategie). Wenn Assimilation oder Häresie meine einzigen Möglichkeiten sind, muss mein Gegenüber nicht mehr über meine Position nachdenken und hat sich erfolgreich dagegen immunisiert. Brüder und Schwestern reden auf Augenhöhe. Sie sind nicht immer einer Meinung (in welcher Familie fliegen nie die Fetzen?) aber sie nehmen sich als Familienangehörige ernst. Ich versuche so mit den Argumenten meiner Geschwister in Christus umzugehen (du glaubst gar nicht, wie oft ich schon über dasselbe Argument, dieselbe Anfrage an mich nachgedacht habe, wenn mir das entgegengebracht wurde). Das gehört sich für mich unter Geschwistern so.
      2. (Ist eine Variation von 1. aber trotzdem wichtig) Derjenige spricht mit mir von Oben nach Unten. Damit ist er in seinen Augen der Gute und ich der Böse oder der (noch) Verblendete. Damit stellt mein Gegenüber ein Machtgefälle her. Dazu hat er kein Recht. Und der christliche Glaube, der uns zu Geschwistern macht, verliert an Leuchtkraft.
      3. Wenn mir jemand mein Christsein abspricht, spricht er mir ab, wertvolles zum Reich Gottes beizutragen. Das finde ich anmaßend und fühle mich herabgewürdigt. Ich möchte gerne mit am Tisch der Brüder und Schwestern sitzen, die mit einander verhandeln, was es bedeutet Jesus nachzufolgen. Ich bin ein von Gott begabtes Kind Gottes, das genauso gehört werden sollte, wie alle anderen auch, finde ich.
      4. Wer hat das Recht, zu entscheiden, wer dabei ist und wer nicht? Ich würde sagen, nur Gott. Und ich kann nicht verstehen, wie sich jemand das Recht herausnehmen kann, dieses entscheiden zu wollen. Wenn ich dann noch mit Beschimpfungen überzogen werde („Du bespuckst meinen Jesus“), finde ich das um so verletzender, weil ich selber nicht auf die Idee käme, dass irgendwem vorzuwerfen, der Jesus nachfolgen will. Nach dem Glauben dieser Geschwister ist damit ja idR die Vorstellung verbunden, dass ich in der Hölle landen werde und ich frage mich, ob ich noch Feinde brauche, wenn ich solche Geschwister habe? Sie glauben doch auch, dass sie nur in den Himmel kommen, weil Jesus sie dahin mitnimmt? Ist ihre Jesusnachfolge so selbstbezogen, dass sie nicht mal auf die Idee kommen, dasselbe auch für mich zu tun?

      Soviel, warum ich es verletzend finde, wenn mir jemand mein Christsein abspricht.

      Aber ja, anscheinend triggern uns unterschiedliche Dinge. Ich kann Dich hier schon verstehen, denn jeder möchte ja ernst genommen werden. Und insofern liegen unsere Trigger-punkte dann vielleicht gar nicht so weit auseinander, denn der Vorwurf an Dich, Du würdest deinen Verstand ja an der Garderobe abgeben, wenn du das und das glaubst, funktioniert dann ja ganz ähnlich, wie wenn mir jemand das Christsein abspricht. Man hat Dich erfolgreich abgewertet und muss dich damit nicht mehr ernst nehmen. Ebenfalls eine niederträchtige Selbstimmunisierungsstrategie des Gegenübers. Und um deine Frage zu beantworten, wenn mir das jemand vorwirft, finde ich das auch ätzend. Ich kann damit leichter leben, als wenn mich mein Gegenüber zum „Kind der Hölle“ erklärt, aber ja, verletzend finde ich das auch.

      Eins verstehe ich nun aber nicht. Wieso nimmst du Martin Fritz Artikel so persönlich? Ich lese ihn nicht als ein Manifest darüber, wie blöd und irrational diese fundamental Gläubigen sind. Sondern eher als den Versuch einer Erklärung, warum aus Martins Perspektive diese Art zu glauben nicht oder nur schwer nachvollziehbar ist. Du verstehst es als Abwertung, ich fasse es als Unverständnis deiner Art zu Glauben gegenüber auf. Wie würdest du eine Kritik an einer Glaubenswelt formulieren, die du nicht verstehen kannst? Sagen wir mal, du würdest einen Artikel über „Flat-Earther“ schreiben (ich setze jetzt einfach mal voraus, dass wir beide uns darin einig sind, dass die Erde keine Scheibe ist- sollte ich damit falsch liegen, entschuldige ich mich schon mal im Voraus). Wie würdest du dein Unverständnis so einer Position gegenüber formulieren? Und würdest du das tatsächlich hinkriegen, ohne dass sich ein Flat-Earther davon auf den Schlips getreten fühlt?

      Martin versucht zu beschreiben, warum Menschen am „Evangelikalen-Glaubens-Paket“ scheitern. Für manche scheint das ja offensichtlich ganz wunderbar zu funktionieren. Ich selber bin eine der Geschichten, die daran schier verzweifelt ist. Und zwar aus exakt den Gründen, die Martin nennt. Ich habe es als junger Erwachsener mit der täglichen Bibellese sehr ernst genommen, nur leider passte das Buch überhaupt nicht zu dem, was mir in Evangelikalien über es erzählt wurde. So viele offensichtliche Widersprüche. Und wenn ich bei Apologeten nachlas, wie sie diese Widersprüche zu erklären versuchten, waren das selten plausible Argumente. Also manchmal schon, aber so oft, kam ich nicht drum herum, zu sagen, „das ist jetzt nicht euer Ernst!“ Ich weiß nicht, der Wunsch einen Widerspruch weg zu kriegen, war offensichtlich eher Vater des Gedankens, als nach der Wahrheit zu forschen. So kam mir das jedenfalls vor. Und gleichzeitig stand ich vor der Herausforderung, als Christ glauben zu müssen, dass es keine Widersprüche in der Bibel gebe (das gehörte zum Ganz-oderGar-Nicht-Paket der fundamentalen Gläubigkeit eines wahren Christen, der ich angehörte). Je länger ich die Bibel las, desto weniger funktionierte das alles jedoch für mich. Und das ist jetzt nur ein Beispiel, wo MEIN Verstand an schier unüberwindliche Grenzen meiner fundamentalen Glaubenswelt stieß. Und das war nicht bloß ein Gedankenspiel für mich, sondern stürzte mich in eine über mehrere Jahre andauernde existentielle Glaubenskrise. Fast wäre ich darüber Atheist geworden, denn offensichtlich konnte ich nicht so an die Bibel glauben, wie „wahre Christen“ das tun. Aber eigentlich wollte ich doch gerne Christ sein. Du kannst dir gar nicht vorstellen, was es für ein Segen für mich war, herauszufinden, dass in den letzten 2000 Jahren, die wenigsten Christen diese Art von Bibelverständnis gehabt haben. Und als ich Theologen begegnete, die die wissenschaftliche Theologie nicht verteufelten sondern ernst nahmen und die meine Fragen damit nicht als Angriffe auf den Glauben werteten sondern als ganz normale Fragen, die Menschen heute eben haben und die zu Antworten kamen, bei denen ICH MEINEN Verstand nicht ausschalten sondern weiter benutzen durfte und die vor allem zu dem passten, was ich tatsächlich in der Bibel las, war das wie ein Befreiungsschlag für mich. Und das waren gläubige Theologen, die von Jesus schwärmten und es sich nicht mit fadenscheinigen Antworten (MEINE Einschätzung) leicht machten, wie die Apologeten, die ich konsultiert hatte. Konnte es sein, dass man Christ sein konnte und die Bibel als das nehmen durfte, was sie augenscheinlich ist (ein Buch voller Widersprüche)? Und sie trotz allem ernst nehmen und lieben konnte? Das war ein äußerst schmerzhafter Prozess. Heute hat sich meine Art zu Glauben durch diese Entwicklung sehr gewandelt, aber ich bin wieder so gerne Christ. Und ich frage mich, ob mir das alles nicht hätte erspart bleiben können, wäre ich in einer Umgebung zum Glauben gekommen, die MEINEM Verstand nicht unmögliches abverlangt hätte, um ein Christ zu sein?

      Martin hat in seinem Artikel Menschen wie mich vor Augen. Es ging ihm, denke ich, nicht darum Dir vorzuwerfen, du würdest nicht anständig denken oder gar ticken, sondern darauf hinzuweisen, dass in der Art von Christsein, die Jana & Jasmin vertreten, eben nicht viel Platz für Leute wie mich ist, weil nur ein bestimmter Auslegungsstrang des Christlichen Glaubens zur einzigen legitimen Art zu glauben erhöht wird. Und bei der Dichtonomoie – entweder so oder gar nicht – fallen Menschen der Moderne wie ich eben raus, bzw man braucht sich nicht zu wundern, wenn sie das dann als „nicht nachvollziehbar“ von vornherein in den Wind schlagen.

      LG,
      der Jay

      • hto hto

        Ich selbst weiß nicht, denn ich habe erkannt was Mensch sein im Sinne der biblischen Philosophie bedeutet, ob ich Christ bin, denn Christ bedeutet nicht einer, sondern DER zweifelsfrei-eindeutigen Gemeinschaft zugehörig zu sein!?

      • Gerry Gerry

        Lieber Jay,

        Ich danke dir für deine ehrliche und ausführliche Antwort. Mir macht das auch richtig Spaß und dann darf es auch mal länger werden.

        Was du über das Absprechen des Christseins geschrieben hast, hat mich bewegt, Bruder! Ich finde das nachvollziehbar und kann deine Verletztheit gut verstehen. Vielleicht kann ich es auch deshalb nicht ganz nachempfinden, weil mir das persönlich noch nie direkt vorgeworfen wurde.

        Du hast gefragt, warum mich der Artikel bzw. der Podcast von Martin Fritz so gestört hat. Ich denke, das liegt daran, dass ich mich herabgewürdigt fühle – ganz ähnlich wie du, wenn man dir dein Christsein abspricht. Im Podcast sagte Martin, man müsse sich „das Hirn rausreißen“, um so zu glauben wie Jana und Jasmin. So ein Satz wertet mich und meinen Glauben ab. Ich habe nicht den Eindruck, dass da jemand wirklich versucht, mich zu verstehen, sondern dass meine Perspektive von vornherein als intellektuell unzumutbar dargestellt wird. Und das ist verletzend – genauso wie es für dich verletzend ist, wenn dir jemand die Geschwisterschaft abspricht.

        Aber Martin Fritz finde ich gar nicht so schlimm. Es hat mich gestört und ich wollte es kommentieren, aber das ist schon okay was er macht. Ich kann das ja auch nachvollziehen, aus seiner Perspektive.

        Jemand anderen finde ich viel schlimmer. Ich weiß, dass ihr Sigi Zimmer sehr schätzt, und ich verstehe, warum er für viele befreiend ist. Aber ich persönlich finde ihn schwierig. Mein Eindruck ist, dass stärkstes Argument die Diffamierung ist. Zum Beispiel beim Thema Arche Noah entsteht bei mir der Eindruck, er unterstellt fundamentaleren Gläubigen, sie würden das Konzept von Textsorten nicht verstehen – oder könnten es nicht verstehen, weil sie zu ideologisch oder verblendet seien. Das finde ich ehrlich gesagt unfair. Das Konzept von Textgattungen verstehen Viertklässler. Die Argumente der oft promovierten Wissenschaftler von „Wort und Wissen“ mögen euch vielleicht nicht überzeugen – das akzeptiere ich. Aber ich kann dir versichern: Diese Leute verstehen das Konzept sehr wohl, und sie sind auch in der Lage, ihren Glauben kritisch zu reflektieren.
        Da ist es überhaupt kein Trost das Sigi Leute wie mich gnädigerweise als „liebe Geschwister“ bezeichnet (und Mitleid mit uns hat). Im Gegenteil, das macht es fast noch schlimmer.

        Mich überzeugt W+W mehr als die Argumente von Sigi Zimmer. Das ist einfach so und ich bin ebenfalls sehr auf der Suche nach Wahrheit. Meinen/unseren Wunsch nach Wahrhaftigkeit abzusprechen – so klang das von euch in dem Podcast – finde ich auch nicht okay.

        Gerade deshalb nenne ich dich Bruder. Weil ich merke, dass du dir ernsthaft Gedanken machst. Wie Gott das beurteilt, ist nicht meine Sache. Und ich kenne deine Theologie auch nicht gut. Ich weiß nur, dass du zum Beispiel nicht an die Jungfrauengeburt glaubst – das sehe ich anders, aber ich finde das für sich genommen nicht entscheidend.

        Es gibt für mich aber auch Grenzen. Nicht im Sinne von: „Wer das nicht glaubt, ist raus.“ Sondern eher in dem Sinn, dass ich irgendwann nicht mehr mitgehen kann, ohne das Evangelium in seinem Kern aufzugeben.
        Wenn Jesus zum Beispiel nur als besonders guter Mensch gesehen wird – jemand, der uns zeigt, wie man richtig lebt, dessen Tod am Kreuz aber letztlich nur eine tragische Folge der Bosheit anderer war – dann fehlt für mich etwas Entscheidendes: Dass Jesus für uns gestorben ist, an unserer Stelle, zur Vergebung unserer Schuld. Nicht nur als Zeichen der Liebe, sondern als rettende Tat. Wenn das fehlt, dann bleibt ein moralisches Vorbild, aber kein Erlöser. Und dann, so ehrlich muss ich sein, glauben wir etwas anderes.

        Das heißt nicht, dass ich den Glauben anderer beurteile oder mir anmaße, über jemandes Beziehung zu Gott zu urteilen. Aber ich möchte sagen dürfen, was für mich das Zentrum des christlichen Glaubens ist – und wo ich nicht mitkann, ohne dass dieser Glaube entkernt wird.

        Ich hoffe, du verstehst das als ehrliches Teilen. Ich bin froh über unser Gespräch!

        Liebe Grüße
        Gerry

        • Hallo Gerry,
          danke für die Erklärungen. Ich kann das auch alles gut nachvollziehen. Also vor allem, dass Du Dich von verschiedenen Äußerungen herabgewürdigt fühlst. Und ja, aus deiner Perspektive ist das voll verständlich.

          Im wissenschaftlichen Bereich treffen hier natürlich anerkannte und als „fringe“ wahrgenommene/ gedeutete Positionen aufeinander. Ich bin selber kein Wissenschaftler, weshalb ich hier auch nicht wirklich für eine der beiden Seiten sprechen kann. Und ich verstehe, dass es verletzend ist, wenn man eine Randposition vertritt und diese belächelt oder gar herunter gemacht wird. In meinen Gesprächen mit ID Verfechtern oder gar Kreationisten nehme ich die Frustration darüber wahr, nicht ernst genommen zu werden. Von der anderen Seite höre ich wiederum, dass diese die Argumente eben tatsächlich unsauber oder gar als an den Haaren herbeigeredet empfindet (ungefähr so, wie viele apologetische Argumente zur Bibel bei mir ankamen). Wie gesagt, ich kann das am langen Ende nicht beurteilen (beim biblischen Argument schon, beim naturwissenschaftlichen nicht).

          Ohne deine Einstellung damit vergleichen zu wollen, aber für diejenigen, die ich aus der Wissenschaft kenne, klingen die Argumente von Kreationisten eben so wie die von Flat-Earthern für eine flache Erde. Ob das gerechtfertigt ist, kann ich nicht beurteilen. Nur, dass daraus Reaktionen folgen, die Du als verletzend empfindest, ist natürlich absehbar. Als Kreationist brauchst Du sicher ein dickeres Fell als jemand wie ich, der hier dem wissenschaftlichen Mainstream folgt. Wahrscheinlich geht es mir als jemand, der an eine Versöhnung Aller in Christus glaubt, ähnlich wie dir, wenn ich mich damit in den Tiefen Evangelikaliens tummle.

          Einen Gedanken noch zu Siggi Zimmer. Bzw das Angebot eines Perspektivwechsels.
          In den letzten Jahren meiner Fundi-Zeit kam ich mir vor, als wäre ich alleine verrückt geworden. Ich saß in meiner Gemeinde, hörte immer befremdeter den Predigten zu, aber niemand sonst schien aufzufallen, was mir auffiel bzw meine Fragen zur Bibel oder zu ethisch theologischen Fehl-Gewichtungen zu teilen, bzw gar verstehen zu wollen, warum mir das schief lag. Und wenn ich sie stellte, kam mir immer öfter dieser Seelsorgeblick entgegen, der mir sagte, dass man sich große Sorgen um mich machte, für mich betete und traurig darüber war, welchen Weg ich dabei sei einzuschlagen. Im besten Fall. Im schlechtesten begegnete mir Ärger darüber, dass ich es wagte „Offensichtliches“ zu hinterfragen. Das war eine wahnsinnig einsame Zeit. Wie gesagt, ich hatte das Gefühl alleine verrückt zu werden. Und ich machte das alles ja nicht, um zu rebellieren, sondern aus tiefen geistlichen Fragen heraus. Die Kognitiven Dissonanzen waren einfach zu groß geworden.

          Im Übrigen begegnete mir in Predigt und Lektüre viel von dem, was du bei Prof. Zimmer anmahnst. Von der anderen Seite. Polemische Herabwürdigungen von historisch kritischen oder liberalen Theologen oder Menschen, denen Feminismus oder Befreiungstheologie etc wichtig waren. Das Spiel beherrscht der Konservative Arm der Familie nicht minder.

          Ich musste mich damals ganz alleine aus dieser Welt emanzipieren. Meinen Freunden aus der Gemeinde wurde schließlich empfohlen keinen Kontakt mehr mit mir zu pflegen, weil meine Fragen gefährlich seien.

          Das war die schrecklichste Zeit meines Lebens. Klingt krass, aber in gewissen Sinn hat das nicht mal der Tod meiner Tochter getoppt. Denn in all der Fragerei fragte ich mich natürlich ständig, ob die „andere Seite“ nicht doch recht hatte und ich den breiten Weg einschlug und eines Tages in der Hölle dafür landen würde. Potentiell hatte ich hier Gott gegen mich, das wenigstens war, als meine Tochter gestorben ist, nicht so. Heute denke ich, Wahnsinn, das alles weil mir mein Verstand keine Ruhe ließ und dies als Bedrohung gewertet wurde.

          Du magst denken, naja, der Jay, das kleine Sensibelchen, hat da aber vielleicht auch ein bisschen überreagiert. Ich bin inzwischen so vielen Menschen mit einer ähnlichen Geschichte und inneren Zerwürfnissen begegnet, weil sie ihre fundamentale Glaubenswelt mit den Fragen ihres Verstandes nicht mehr zusammen bekommen haben. Die Zahl ist Legion. Ich bin gar nicht alleine verrückt geworden.

          Und jetzt kommt das Angebot des Perspektivwechsels: Als ich Prof. Zimmer das erste Mal hörte, fühlte ich mich nicht bloß verstanden, weil er sich in seinen Vorträgen mit den Fragen beschäftigte, die mich umtrieben, sie ernst nahm und Antworten darauf anbot, die MEINEN Verstand nicht beleidigten, sondern für mich stimmig und nachvollziehbar waren. Gerade seine polemischen Spitzen, die das Christentum auf die Schippe nahm, an dem ich gescheitert war und in dem ich anscheinend keinen Platz hatte, das mich mit meinen Fragen nicht wollte, mit denen er Widersprüche und Kleinkariertes offen legte, ließen mich aufatmen. Sie zeigten mir, dass ich zum einen nicht alleine war und ließen zum anderen die Hoffnung in mir keimen, dass ich eben nicht verrückt geworden bin. Hier empfand jemand bestimmte Frömmigkeiten als genauso absurd und abstoßend wie ich. Wovon du dich beleidigt fühlst, war für mich Therapie. Luft zum Atmen. Ein Wegweiser heraus aus einer bevormundenden Frömmigkeit, die keinen Platz für MEINEN Verstand hatte, hin zu Jesus, den Anfänger und Vollender meines Glaubens.

          Ich weiß nicht, ob du das denken kannst, aber vielleicht bist du gar nicht mit Zimmers Polemik gemeint. Was du so denkst und glaubst ist ihm wahrscheinlich ziemlich egal. Für meine geschundene Seele war sie aber wichtig. Vielleicht gelten die Weherufe von Jesus ja auch nicht denen an die sie adressiert sind, sondern sind für die gesprochen, die unter ihnen gelitten haben. Um ihnen zu sagen: Gott sieht deinen Schmerz, Du bist nicht allein.

          LG,
          der Jay

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