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#96 Einheit in aller Uneinigkeit

22 Kommentare

  1. viva viva

    Vielen Dank für den geilen Talk und die vielen wertvolle Gedanken.
    Wir sind in Gott, bzw. der Dreieinigkeit eins, trotz aller „oberflächlichen“ Spannungen und Meinungsverschiedenheiten. Und noch mehr, die ganze Menschheit ist vereint mit allen unterschiedlichen Weltanschauung und Lebensentwürfen. (Da wir alle Kinder Gottes sind – den Gedanken finde ich persönlich schön. Aber ist irgendwie gegenüber Nichtchristen überstülpend..)
    Ich glaube, was es manchen Christen schwer macht, Andersglaubende anzunehmen, ist die Angst vor Gott. Wenn ich glaube, dass ich um gerettet zu sein einen bestimmten dogmatischen Entwurf akzeptieren muss und sonst von Gott verdammt bin, dann ist immer die Angst im Hintergrund, ich könnte auf Abwege kommen, wenn ich nicht auf meine Punkte beharre und gewisse Grenzen ziehe. Dann fällt es schwer das im Talk gesagte umzusetzen.
    Bei euch, Jay und Gofi, merkt man, ihr habt die Angst rausgeschmissen! Das ist inspirierend und ansteckend. 🙂
    Bei mir selbst, wie anscheinend bei Vielen hier, hat sich mein Gottesbild, Bibel- und Heilsverständnis (beeinflusst und bedingt sich irgendwie gegenseitig) Stück für Stück verändert. Die Erkenntnis, dass es in der Kirchengeschichte so viele unterschiedliche, konträre Positionen gibt, hat mir die Freiheit gegeben, zu sagen: Ich kann eigentlich glauben, was ich will.. 😀 Habe beschlossen, nur noch zu glauben, was mein Herz mir sagt. Dann kann ich das Anderen auch zugestehen und werde inspiriert, wenn ich auf die Herzen der Anderen höre.
    Fühle mich damit bei Hossa ganz gut aufgehoben. Danke. 🙂

    • Jan Jan

      Hey viva, ich halte auch nichts von einem angstvollem Glauben. Angst hat im Glauben nichts mehr zu suchen, denn Gottes Liebe vertreibt die Angst (siehe 1. Johannesbrief). Trotzdem benötigt der christliche Glaube ein festes Fundament, an dem nicht zu rütteln ist. Denn entweder gibt es bestimmte Grundüberzeugung, die alle Christen miteinander teilen, oder aber es gibt dieses übergeordnete Christentum schlicht nicht. Um mal ein Vergleich zu ziehen: Eine wissenschaftliche Theorie kommt auch nicht ohne feststehende Axiome aus, die keine weiter Begründung benötigen. Man kann zwar über die Axiome diskutieren („Äpfel sind keine Birnen“), aber man kann keine sinnvollen Schlüsse ohne vorher festgelegte Axiome ziehen („Wenn Boskop eine Apfelsorte ist, kann es nicht gleichzeitig eine Birnensorte sein“ –> gilt nur wenn man vorher festgelegt hat, dass Äpfel und Birnen etwas unterschiedliches sind).

      Der Glaube daran, dass Jesus Gottes Sohn ist, teilt aus meiner Sicht die gesamte Christenheit miteinander. Jesus sagt, dass niemand zum Vater kommt außer durch ihn. Zunächst mal beschreibt diese Aussage einen Zustand, den die ganze Welt betrifft, nämlich dass sie verloren ist. Das leuchtet mir ein, denn in dieser Welt passiert so viel Mist, dass sie daran wohl irgendwann zugrunde gehen wird. Die Einsicht, dass der Mensch zwar manches verbessern kann, aber niemals das Paradies auf Erden schaffen wird, ist die Konsequenz daraus.
      Eine weitere Aussage von Jesus ist, dass der Mensch von neuem geboren werden muss, um in Gottes Reich zu kommen. Der alte Mensch ist nicht in der Lage sich am eigenen Schopf aus der Misere zu ziehen, sondern er muss erst mit Jesus am Kreuz sterben und mit ihm wieder als neue Kreatur auferstehen. Ich denke, dass darin der Schlüssel liegt, um die scheinbar so kompromisslose Aussage von Jesus zu verstehen, dass niemand zum Vater kommt ausser durch ihn.
      Wenn Gott sagt, dass er einen neuen Himmel und eine neue Erde schaffen will, in der alles Leid getilgt werden wird, dann liegt es gleichzeitig an jedem einzelnen Menschen, sich darauf einlassen. Der Mensch muss sein altes Ich aufgeben, dass sich dagegen wehrt, Gott zu vertrauen. Nur so kann Gott am Einzelnen die Erneuerung beginnen, die er im Himmel schließlich vollenden wird.

      Jesus sagt auch, dass demjenigen vergeben werden kann, der „den Sohn leugnet“, aber nicht demjenigen, der den heiligen Geist leugnet. Ich glaube, dass Gott es verzeihen kann, wenn Menschen nicht mit dem dogmatischen Gebäude des Christentums einverstanden sind. Aber wenn ein Mensch tatsächlich vom heiligen Geist berührt wird, wenn der heilige Geist ihm seine Unvollkommenheit und Sünde verdeutlicht, wenn er ihm zeigt, dass er Gott vertrauen kann und Gott ihn liebt, aber der Mensch dies nicht annehmen kann, wird er auch nicht von neuem geboren. Der Mensch lässt Gottes Handeln und Gottes Verwandlung an ihm nicht zu und kann daher nicht Teil des Himmelreichs werden.

      Nun ist mir klar, dass diese Aussagen einen Haufen neuer Fragen aufwerfen. Was ist mit Menschen, die niemals die christliche Botschaft gehört haben? Was ist mit Menschen, denen Christen ausschließlich auf negative Art und Weise begegnet sind? Was bedeutet es überhaupt, nicht in das Himmelreich zu kommen und verloren zu sein? Und wie kann Gott es zulassen, dass ein Teil seiner eigenen Geschöpfe verloren geht? Ich bin überzeugt davon, dass Gott das Schicksal jedes einzelnen Menschen interessiert. Ich glaube, dass sein Liebe so groß ist, dass es ihn nicht kalt lässt, wenn ein Mensch sich gegen ihn entscheidet. Wenn wir uns darum schon Sorgen machen, wie viel mehr wird Gott sich darum sorgen?

      Trotzdem halte ich einen alleine auf Erfahrungen beruhenden Glauben für problematisch. Der Glaube benötigt auch das Wort, dass ihm Halt gibt, gerade dann wenn das Leben eine andere Sprache spricht. Der Glaube ist nicht beliebig, sondern er steht auf festen Grundpfeilern. Das Evangelium sagt, dass es einen Gott gibt, der sich für den Menschen interessiert, der den Menschen zu einem neuen Leben führen will und eines Tages Gerechtigkeit in unserer ungerechten Welt schaffen wird. Ich ziehe aus diesem Glauben meine Kraft, meine Bodenhaftung und meine Hoffnung. Auch und gerade, wenn mein Herz und mein Verstand etwas anderes zu mir sagen.

      • Ina Ina

        Hallo Jan,

        ich melde mich mal auf Deinen Kommentar, auch wenn Du mich nicht angesprochen hast. 🙂
        Anhand Deiner Gedanken wird in meiner Perspektive nämlich das ganze Thema dieses Talks sehr praktisch klar.

        Ich gehöre zu der Minderheit der Hossa-Hörer, die nicht aus dem freikirchlichen Bereich kommen, sondern aus der stinknormalen Volkskirche, die den meisten „Kernevangelikalen“ nicht fromm genug ist. In meiner Landeskirche habe ich außerdem sehr viel Luther mit auf den Weg bekommen, was mir aber erst die letzten Jahre bewusst wird – gerade auch im Kontakt mit evangelikalen Geschwistern (bei denen offenbar viel weinger lutherische Traditionen herrschen).

        Ich stimme Dir hierbei sofort zu (und das ist womöhlich fast schon das Ende der Gemeinsamkeiten…):
        „Das Evangelium sagt, dass es einen Gott gibt, der sich für den Menschen interessiert, der den Menschen zu einem neuen Leben führen will und eines Tages Gerechtigkeit in unserer ungerechten Welt schaffen wird.“

        Auch die Bibel ist ein Grundpfeiler, ja, (die Bibel meinst Du ja wahrscheinlich mit „das Wort“), v.a. weil uns Gott darin Zusagen gemacht hat, an die wir uns klammern können, wenn es dünn wird im Leben (ich übertreibe die lutherische Perspektive nun, um meine Unterschiede zu Dir klar zu machen). Inwieweit die „Grundpfeiler“ meines Glaubens „fest“ sind, werde ich erst am Ende meines Lebens sagen können. Oder wieder ganz Hardore-Luther: MEIN Glaube ist nicht das Entscheidende, sondern der, an den ich glaube und von dem die Bibel zeugt.

        Unterschiede liegen auch. darin, wie Du „neugeboren“ zu interpretieren scheinst. Wo steht, dass ich erst mit Jesus am Kreuz sterben muss? Bei manchen Freikrchen ensteht daraus ja fast ein Kult, dass man entweder „wiedergeboren“ sein oder sein „Leben übergeben“ muss. In meiner Überzeugung (und die ist die lutherische) reicht die Taufe und das Wirken des Heiligen Geistes auf seinen oft verschlungenen Pfaden. Und darum bete ich. Plus tägliches „Ersäufen“ des „alten Adam“, aber auch das tägliche Bewusstsein, dass „das Biest schwimmen kann“.
        Ein- und Ausschlusskriterium meiner Kirche ist daher allein die Taufe. Deshalb ist meine Kirche so heterogen zusammengesetzt, was durchaus eigene Probleme birgt.

        Ich bin mir auch nicht sicher, ob ich Deiner Auslegung der „Sünde wider den Heiligen Geist“ folge. Ich kenne da von Pfarrern andere Interpretationen, von denen ich nur eine hier nennen möchte, weil sie zum Thema des Talks passt: der Heilige Geist wird traditionell mir der Gemeinschaft der Christen zusammengebracht, siehe Glaubensbekenntnis. Was ist dann also eine Sünde gegen diese Gemeinschaft und Einheit?! 😉

        Das alles soll keine „Kritik“an Deiner Position sein, sondern ich wollte nur verdeutlichen, dass Du in Deinem Betreben, die „Grundfesten“ zu beschreiben, bereits die meisten Landeskirchler und fast alle lutherisch Geprägten nicht im Boot hast. – Von den römisch-katholischen und orthodoxen Geschwistern ganz zu schweigen. 😉

        @alle

        Gofis Deutung, dass es die Einheit auf „kosmischer“ Ebene schon gibt, teile ich. Sie ist nämlich ziemlich klassisch, zumindest in der Reformation. „Heilige Katholische Kirche“ bedeutet genau das und meint nicht die konkrete Institution, die sich katholisch nennt und in Rom sitzt. Katholisch ist umfassend, und die Reformatoren haben deshalb eher „die Römischen“ gesagt, wenn es um die römisch-katholische Kirche ging. Die Hamburgische Kirche hieß noch jahrhundertelang „katholisch-lutherisch“!

        @Jay

        Dein Aufruf, sich beim Abendmahl nicht so sehr am Theologischen zu orientieren, sondern gemeinsam praktisch zu feiern, teile ich ja. Trotzdem ist das alles dann doch nicht ganz so einfach, wie es klingt . Ich bin vor nicht allzu langer Zeit häufiger bei den römischen Geschwistern gewesen, weil mir wurscht ist, was sie glauben. Sie sind getaufte Christen, das reicht in meinem Verständnis. 😀

        Allerdings habe ich irgendwie danach nie so ein richtiges „Vollständigkeitsgefühl“ gehabt, denn die Theologie ist bei uns allen schon seit Jahrhunderten in die konkrete Ritus-Gestaltung eingeflossen, d.h. man spürt sie „am eigenen Leib“. Dass die Hostie ohne Wein ziemlich trocken und schwer runterzukriegen ist, ist dabei das geringste Problem. Der ganze hierarchische Aufbau der Eucharistie-Feier fühlt sich für mich „falsch“ an. Man gibt und erhält das Abendmahl nicht gegenseitig, und der Pfarrer bekommt zuerst, nicht zuletzt… – Besser als gar kein Abendmahl, schon klar, aber mir fehlte was.

        Bei Reformierten war ich bisher noch nie zum Abendmahl. Ich könnte mir aber vorstellen, dass ich da auch ins Stolpern käme. Wenn die Geschwister glauben, dass sie sich v.a. symolisch erinnern, dann kann das leicht in die Richtung gehen, dass es auf das eigene Erinnern ankommt und man sich ordentlich anstrengen muss, damit alles auch richtig „funktioniert“… Aber vielleicht täusche ich mich, ich werde es ausprobieren.

        @Gofi

        Ich bin seit einigen Folgen sehr überrascht, wie oft Du mir aus dem Herz sprichst. Jetzt habe ich gelernt bei diesem Talk, dass Du seit einiger Zeit in den normalen evangelischen Gottesdienst gehst. Und da wären wir ja bei Liturgie als „geronnene Tradition“, die natürlich auch mit Theologie zu tun hat.

        Das ist (neben der Heterogenität meiner Landeskirche) ein Grund, warum ich trotz aller Probleme und Kritik überzeugte Volks- und Landeskirchlerin bin: es gibt wesentlich mehr feste Liturgie, inklusive Gebete und Lieder, in denen das Geheimnis Gottes anwesend und in aller Geifbarkeit als Geheimnis gewahrt ist. Und genug Stille und Raum in der Liturgie, mit Ehrfurcht und Liebe dem zu gedenken. Und genug Struktur der Liturgie, daraus wieder gestärkt herausgeführt zu werden.

        Weiß nicht, ob Du damit was anfangen kannst… Ich grübele seit einiger Zeit, wie ich meine positiven Erfahrungen mit klassischer Liturgie beschreiben soll…

        Liebe Grüße
        Ina

        • Ja, da stimme ich dir zu, ganz so einfach ist das miteinander Abendmahl feiern nun auch wieder nicht. Natürlich sind längst theologische Ansichten in die Feier geflossen und „materialisieren“ sich dabei. Das ist im „großen Stil“ auch kaum zu ändern. Im „kleinen“ aber schon, wenn wir uns Gedanken über alternative, inklusivere Abendmahlsformen und -liturgien machen. Mir ging es darum, miteinander im Eintauchen des Geheimnisses zu starten, bevor wir unsere theologischen Gefechte führen. Wenn ich an einem Ort zu Gast bin, an dem Form oder Inhalt der Abendmahlsfeier nicht meiner Überzeugung entspricht, bleibt mir aber doch erst mal nichts übrig, als diese „Kröte“ respektvoll zu schlucken und mich davon nicht ablenken zu lassen, was das Abendmahl trotz dem möglich macht: mit den Geschwistern zusammen darin dem Geheimnis Gottes Gottes zu begegnen.
          LG,
          Der Jay

        • Jan Jan

          Hey Ina, danke für deine Antwort 🙂

          Vielleicht hab ich das nicht klar genug ausgedrückt, aber zur gemeinsamen Überzeugung der Christen zählt für mich aus dem oben beschriebenem vor allem der Glaube, dass Jesus Christus Gottes Sohn ist. Die anderen Punkte, wie die Frage danach, wer in den Himmel kommt oder was mit der Sünde gegen den Heiligen Geist gemeint ist, sind natürlich theologisch unter den Konfessionen umstritten. Ich wollte damit nur einen Erklärungsansatz dafür bieten, warum zu den Aussagen von Jesus auch der Satz „Niemand kommt zum Vater, außer durch mich“ gehört. Dieser Satz ist in seiner Aussage schon ziemlich unmissverständlich und eindeutig. Er sagt allerdings noch nichts darüber aus, auf welchen Wegen, wann und in welcher Form Menschen Jesus kennenlernen. Da gibt es sicherlich tausende von Möglichkeiten, viel mehr als ein einzelner Mensch sich vorstellen kann.

          Den lutherischen Satz „MEIN Glaube ist nicht das Entscheidende, sondern der, an den ich glaube und von dem die Bibel zeugt“ finde ich übrigens gut. Der Glaube kann zwar Berge versetzen, trotzdem möchte ich als Christ demütig bleiben und akzeptieren, dass ich mit meinen theologischen Sichtweisen und Glaubensmustern immer wieder falsch liegen kann. Unsere Erkenntnis ist und bleibt auf dieser Erde nur Stückwerk. Zum Glück – und das knüpft wieder an den Punkt an, warum die Bibel auch unabhängig von meinem Verstand und meinen Gefühlen zentral ist – darf ich wissen, dass Gott mir trotzdem treu bleibt. Das ist in der Tat das Entscheidende und eine sehr befreiende Erkenntnis, wenn ich den Druck verspüre, bloß alles richtig machen zu müssen.

          Zum Thema Wiedergeburt und Taufverständnis möchte ich auch noch mal auf Luther kommen. Ich finde Luther beschreibt in seinem „Turmerlebnis“ recht eindrucksvoll, wie es ihm vorkommt, als würde er „durch offene Pforten in das Paradies eintreten“. Dieses Erlebnis stellte sich bei ihm ein, nach dem er die Rechtfertigung durch den Glauben entdeckt hatte. Luther schreibt sogar, dass er sich fühlte „wie neu geboren“. Das erinnert mich sehr an das Erlebnis, das viele Freikirchen unter dem Begriff der Bekehrung verstehen.
          Natürlich weiß ich auch um den Unterschied, christlich aufzuwachsen (und als Kirchenmitglied bereits als Kind getauft zu sein) und, im Gegensatz dazu, erst später mit dem Glauben in Berührung zu kommen oder vielleicht den Glauben „neu“ kennenzulernen (Luther hat ja einen ganz zentralen Aspekt der paulinischen Lehre neu entdeckt) und sich erst dann dafür zu entscheiden. Ich selbst bin christlich erzogen und kann mich auch nicht an „das“ eine Bekehrungserlebnis erinnern. Entscheidend ist für mich der Glaube daran, dass es nicht auf mein Wollen und Tun ankommt, sondern dass ich aufgrund von Gottes Gnade wiederhergestellt und auf geistlicher Ebene neu geboren bin. Ich meine aber, dass ein Mensch, der als Kind getauft wurde, dies später durchaus ablehnen kann. Gott gibt auch dann sicher noch eine zweite, eine dritte oder eine x-te Chance, aber er stülpt dem Menschen die Wiedergeburt und die Gemeinschaft mit ihm nicht einfach über.

          Das Verständnis, dass wir „mit Jesus am Kreuz sterben müssen“, gründet sich bei mir insbesondere auf den Hebräerbrief. Ich verstehe den Opfertod von Jesus so, dass mit ihm die alte, sündige Natur des Menschen stirbt und durch seine Auferstehung der Mensch wieder von neuem geboren wird. Es ist ein Ereignis, das auf geistlicher Ebene stattfindet. In meinem Verständnis hat Gott dabei nicht seinen Zorn „entladen“, wie man es vielleicht von einem prügelndem Vater kennt, sondern er hat das alte und unvollkommene, das uns von ihm trennt, durch seinen Sohn sterben lassen. Der Weg ist damit frei zum Vater und zu einem vollkommenen Himmelreich, da der „alte Adam“ in Christus neu geboren wurde. Es bleibt jedoch trotzdem bei jedem Menschen individuell die Frage, ob er dies möchte und für sich annimmt.

          • viva viva

            Hallo Jan, Hallo Ina, Danke fürs Kommentieren. Hab es erst gestern entdeckt, da ich irgendwie die Benachrichtigungsfunktion ausgeschalten hatte. 🙂
            @Jan: Ich denke es gibt tatsächlich gewisse Glaubenssätze die, die meisten Christen so annehmen. Z.B. Von dir genannt „Jesus ist Gottes Sohn“. Aber wie dann dieser Satz verstanden und interpretiert wird, ist ziemlich unterschiedlich: „wörtlich“, als als Metapher, Hoheitstitel usw. Genauso bei der Auferstehung, wie im Talk besprochen. Ich fand Jays Aussage genial: Den auferstanden Christus als Person in die Mitte zu stellen und nicht unsere Interpretation davon, wie der auferstande Christus zu verstehen ist. Das heißt, unser festes Fundament kann nur (der Glaube an) der lebendigen Gott selbst sein und nicht eine Aussage über Gott. Dadurch fällt viel Sicherheit weg, aber wir gewinnen eine große Freiheit. Wenn man die Sicherheit und verlässliche Grundaussagen in seinem Glauben braucht, ist das auch völlig legitim. Allerdings kann dann Unsicherheit aufkommen, wenn man auf Christen trifft, die es anders sehen. Das meinte ich damit, dass es dann schwer ist, Andersglaubende zu integrieren/anzunehmen.
            Die Schlussfolgerungen, die du in deinen Kommentaren aus den Aussagen Jesu und anderen Bibelstellen ziehst kenne ich zwar (nur zu gut), teile sie aber nicht mehr. Wurde mir eigentlich immer so vermittelt, als das einzige, logische, aus der Bibel abgeleitete Dogmatische System. Irgendwann hab ich entdeckt, dass andere Christen heute/Kirchengeschichte viele Punkte ganz anders sehen und beschlossen, mich selbst auf den Weg zu machen. Nicht mehr glauben, was man so vorgesetzt bekommt und auf mein Herz und Verstand zu hören. Verstehe das als mündiges Christsein. 🙂 Ich habe keine Angst etwas Falsches zu glauben, da ich, wie auch im Talk besprochen, davon ausgehe, dass wir sowieso alle falsch liegen, was Gott betrifft. 😀
            In der Folge 26 führt Markus Rahn in den letzten Minuten etwas zur Religion des Herzens aus. Das trifft es ganz gut, was ich meine.

          • Ina Ina

            Hey Jan,

            sorry, dass ich jetzt erst antworte! Ich lag mit einem Infekt und Hammer-Antibiotika flach. Da war mir nicht nach diskutieren… 😉

            Ja klar gibt es Jesus als Zentrum aller Christen. Das teilen wir auf jeden Fall. Ich unterschreibe auch sofort „Sohn Gottes“, sehe es aber wie viva (Hoheitstitel und frühe theologische Deutung zum Thema „Wer und was ist uns da passiert?“) Wichtig ist dabei in meiner Sicht der Kerngedanke, der damit ausgedrückt wird: seine einzigartige Verbindung zu Gott, dass er selbst Teil Gottes ist.

            Zu Taufe und Glauben:

            In der Bibel steht ja „tauft sie und lehrt sie“, d.h. beides gehört zusammen, die Heilshandlung (Sakrament) und das praktische Einüben. Und ich finde es befreiend zu sagen, Gott hat mit der Taufe etwas zugesagt, und wir wissen gar nicht, wie er dann genau wirkt. Womöglich bemerkt man das gar nicht immer selber (das würde ich für mein eigenes Glaubensleben rückblickend so sagen).
            Wer bin ich, den Glauben anderer getaufter Christen zu beurteilen? Selbst wenn ich in sie hineinblicken könnte, stünde mir eine Bewertung gar nicht zu. Deshalb halte ich die Bekehrungsidee für ideologisch.

            Und klar gibt es bei manchen Christen so etwas wie bei Luther im Turm. (Paulus vor Damaskus ist da eher ein nicht sehr hilfreiches Extrembeispiel, mit dem man sich als Normalo-Christ unnötig kirre machen kann.)
            Aus eigener Erfahrung würde ich sagen, da vertieft sich dann etwas. Bei manchen Christen ist das aber eher ein langsamer Prozess. Da würde ich allein schon aus seelsorgerlichen Gründen kein Regelwerk aufstellen wollen. Deshalb lehne ich diese Theologien der Umkehr, Lebensübergabe etc. ab. Es macht denjenigen, die keinen konkreten „Wendepunkt“ vorzuweisen haben, unnötig Druck. Und ich befürchte fast, dass manche dann in Stress geraten („Du musst Dich für Jesus entscheiden!“) und ein entsprechendes „Erlebnis“ richtiggehend „produzieren“.
            Außerdem schreiben wir Gott dann wieder theologisch etwas zu, was wir gar nicht beurteilen können. Er wirkt wann, wo und wie er will. Bei den einen so, bei den anderen so.

            Glaube ist ein Geschenk. Wir können unseren Glauben nicht herstellen. Diese ganze Rede über das „Annehmen Gottes“ verschleiert das in meinen Augen. Und es überbewertet den Anteil, den wir selbst am Glaubensgeschehen haben. Da ist dann gleich wieder Druck drin: Ich KANN mich entscheiden, also MUSS ich es auch. Ich gehe da aber lieber mit zeitgenössischen deutschen Uni-Theologen: GOTT erschließt SICH als Gott FÜR jemanden, und zwar höchst unterschiedlich und immer persönlich.

            Meiner persönlichen Erfahrung nach habe ich mich weder als Kind dafür entschieden zu glauben (ich komme aus keiner religiösen Familie und habe erst in der Grundschule im Religionsunterricht von Gott gehört), sondern ich habe einfach geglaubt (und meine Eltern wunderten sich). Und nach meinen langen Jahren als Agnostikerin und Atheistin viiiel später habe ich mich auch nicht entschieden, wieder an Gott zu glauben, sondern ER hat mich mit neuem Glauben überfallen. Da war auch nix mit „Das musst Du aber auch ANNEHMEN“. In meiner Wahrnehmung hatte ich gar keine Wahl. Es ist mir passiert. 😉

            Aber bei anderen ist das wieder ganz anders. Der lutherische Kerngedanke, dass mein Glaube nicht entscheidend ist, hat auch die seelsorgerliche Funktion der Entlastung. Luther selber soll ja in Zeiten heftiger Anfechtungen mit der Faust auf den Tisch gehauen und gerufen haben „Ich bin getauft“. Da kann man sich bei Bedarf dranklammern, das ist eine Zusage Gottes.
            In einem Roman eines früheren lutherischen Bischoffs in Schweden habe ich eine schöne Geschichte dazu gelesen: Eine Frau sagt zum Pfarrer, sie befürchtet, sie glaube nicht genug. Er antwortet, er habe sie doch getauft und ihr alles beigebracht. Sie daraufhin, aber sie fühle es nicht. Er: Aber Gott fühlt es, und das ist wichtig. 🙂

            Dass ein Mensch (egal, ob getauft oder ungetauft) Gott ablehnen kann, halte ich leider auch für möglich. Es steht zu oft in der Bibel, als dass man es ignorieren könnte. Ich bin lediglich nicht begeistert, daraus eine Theologie zu machen. Aus den oben genannten Gründen. Wer bin ich, dass ich den Glauben anderer Leute beurteilen wollte? Und wie komme ich dazu, Gott Vorschriften zu machen, wie er wirken soll?

            Wahrschenlich sind wir uns in den Grundlinien ziemlich einig. Ich hab jetzt bloß mal die Gelegenheit beim Schopf ergriffen, meinen Standpunkt auch für mich selbst etwas besser auszuformulieren.

            Danke für die Erklärungen zum Hebräerbrief. Damit kann ich was anfangen. Ich würde nur auch hier wieder keine absolute Theologie draus machen. Die Deutungen des Kreuzesgeschehens sind bereits bei den frühen Christen vielschichtig. Wie da genau „kosmisch“ die Versöhnung Gottes mit den Menschen aussah, würde ich mal wieder nicht abschließend festnageln wollen. Mir ist viel wichtiger, DASS sie stattgefunden hat. 😉

            LG, Ina

            P.S. @Jay
            Vollkommen d’accord! 🙂

  2. Derek Derek

    Wurde beim hören an einen Podcast der Kollegen von „The Bible for Normal People“ erinnert. Da wurde der jüdische Talkgast (wenn ich mich recht entsinne) mach dem Unterschied zwischen Juden und Protestanten gefragt. Er meinte dann, dass Juden sich den ganzen Tag streiten können, aber am Ende des Tages sind sie immer noch alle Juden. Bei Christen wird im Zweifel der anderen Seite mit Exkommunikation gedroht…
    Vielleicht sollten wir am jüdischen Volk lernen, wie man als Gottesvolk streiten und trotzdem eine Einheit bleiben kann…

    • Kathrin van Dijk Kathrin van Dijk

      Sehr schöner Dialog, das klingt wirklich nach etwas, das die häufig auf ‚alle haben sich lieb‘-gepolten, Einheit falsch verstehenden Christen sich abgucken könnten!

  3. Simone Simone

    “Wo der Hammer hängt“ war auch gleich mein Lieblingslied ?

  4. Kathrin van Dijk Kathrin van Dijk

    Danke für die Veröffentlichung dieses Live-Talks!
    Wertvolle Gedanken habt Ihr uns da wieder zum ‚Verdauen‘ gegeben 🙂
    Ich fühlte mich bei den Rückfragen ein bisschen an Jesus und seine Jünger erinnert (ohne Euch damit überhöhen zu wollen, kam mir einfach so, der Vergleich). Die Jünger waren ja gelegentlich etwas begriffsstutzig und Jesus war dann manchmal sicher ein bisschen genervt bis verzweifelt (‚Wie lang soll ich denn noch bei Euch sein?!‘), erklärte aber dann doch immer wieder geduldig und liebevoll, was er meinte. Danke für Eure Geduld mit uns Zuhörenden! 😉
    Der Begriff Demut, den GoFi im Zusammenhang mit Irrtümern wie der Verurteilung der Befreiungstheologie, ins Spiel bringt, ist auch mir in letzter Zeit sehr wichtig geworden. Ich habe aber gemerkt, dass man damit anderen auch auf die Füße treten kann, weil gerade ‚demütig Sein‘ für manche ein rotes Tuch ist. Und auch bei mir selbst merke ich, wie schwer es ist, diese Haltung zu leben.
    Beim Thema ‚Eins Sein‘ als Zustandsbeschreibung war ich ganz dabei! Wie in einer Familie eben, genetisch gehören wir alle zusammen, auch wenn die Lebenswirklichkeiten und Haltungen sehr unterschiedlich sein können! Ob mir das allerdings im Bezug auf z.B. rechtspopulistisch christliche Menschen (die es auch in meiner Familie gibt) so gut zu sehen gelingt, bezweifle ich. Da tat mir Euer ‚Geh mit Gott, aber geh‘ ganz gut…
    Weiter so, Hossas, es ist eine gute Sache, die Ihr da tut! Ah, ich hätte noch einen Interview-Partner-Vorschlag: Frank Muchlinsky von evangelisch.de zum Thema Christen und Internet / Online-‚Gemeinde‘ / Zukunft der christlichen Gemeinde.

  5. Markus Markus

    Jaaaaaaa! Ich fand den Talk bei Euch auch voll schön! Markus

  6. Ralf Ralf

    Ich lese momentan zum wiederholten Male ein Buch (dessen Titel gerade zu meiner Befindlichkeit passt) und entdecke darin gerade eine Passage, welche die Gedanken von Jay und Gofi zum Thema „Eins sein“ und „Einheit der Christen“ aufnimmt und aus einer anderen Perspektive betrachtet.

    “ […] Warum sonst sollten Einzelwesen erschaffen sein als um deswillen, dass Gott – sie alle unendlich liebend – dennoch jedes einzelne auf unterschiedliche Weise liebt? Und von dieser Verschiedenheit her, die dennoch niemanden zu kurz kommen lässt, strömt die Liebe aller Seligen zueinander, der Gemeinschaft der Heiligen, erst die ganze Fülle ihrer Bedeutung zu. Würden sie alle Gott auf die gleiche Weise erfahren und ihm eine vollkommen gleichartige Anbetung darbringen, dann wäre der Gesang der „Triumphierenden Kirche“ keine Symphonie. Es würde sein, wie wenn im Orchester alle Instrumente denselben Ton spielten.

    Aristoteles hat uns gesagt, eine Stadt sei eine Gemeinschaft von Ungleichen; und der Apostel Paulus, der Leib sei eine Einheit aus verschiedenen Gliedern. So ist der Himmel eine Stadt, und ein Leib, weil die Seligen ewig voneinander unterschieden bleiben; eine wirkliche Gemeinschaft, weil ein jeder all den anderen immer neue und immer frische Neuigkeiten mitzuteilen hat von „meinem“ Gott, den jeder in Ihm findet und den doch alle preisen als „unseren“ Gott. Es ist kein Zweifel möglich: der beständig gelingende und doch nie zu Ende kommende Versuch jeder Seele, ihre alleinige und einzigartige Vision allen anderen mitzuteilen (auf eine Weise, wovon alle irdische Kunst und Philosophie nur grobe Nachahmungen sind) – auch dies ist eines der Ziele, um derentwillen das Einzelwesen erschaffen worden ist.

    Denn Vereinigung gibt es nur zwischen Verschiedenen; vielleicht gelingt uns von hier aus ein flüchtiger Blick in den Sinn aller Dinge. […] “

    Aus „Der Himmel“ in „Über den Schmerz“, C.S. Lewis, 1940

  7. Mitchmax Mitchmax

    Für ich stellt sich momentan in meiner Gemeindesituation folgende Frage:

    Bis zu welchem Punkt kann ich in meiner Gemeinde weiterhin die Augen verschließen und so tun, als wäre nichts gewesen, wenn ich z. B. mitbekomme, dass Bruder X von der Gemeindeleitung höflich gebeten wurde, nicht mehr zu kommen, weil er schwul ist, bevor er sich nicht irgendwelchen dubiolsen Konversionstherapien unterzogen hat; oder Schwester Y in gleicher Weise aus der Gemeinde katapultiert wurde, weil sie nach dem Tod ihres Mannes das Trauerjahr nicht abgewartet hat; ebenso wie Schwester Z, die nach der Scheidung erneut geheiratet hat, noch dazu einen ungläubigen Mann; genau wie das Pärchen A + B, weil sie es gewagt haben, schon einen Monat vor der Trauung zusammen zu ziehen; oder Ältester C in seelsorgerlichen Gesprächen mit Gemeindegliedern leidenschaftlich für die AfD wirbt?

    Wie verhalte ich mich konkret, wenn es darum geht, Dinge, die in meinen Augen Missstände sind, anzusprechen, ohne dabei die Einheit zu zerstören?

    Ich meine, das Ding mit der Einheit ist ja schön und gut. Aber man muss auch mal Konsequenzen ziehen und wie ein Prophet klare Kante zeigen, wo Unrecht geschieht und systematischer geistlicher Missbrauch betrieben wird, z. B. die Bibel von irgendwelchen Evangelikalpharisäern als Gesetzbuch missbraucht wird. Sonst macht man sich aus meiner Sicht gegenüber den Opfern mitschuldig.

    Mir für meinen Teil fällt’s im Moment sauschwer, sonntags mit fröhlichem Herzen in den Gottesdienst zu gehen, wo gleich neben mir eine Gruppe von offen homophoben Schwulenhassern und selbsternannten „bibeltreuen“ Fundis sitzt.

    • Wenn die Einheit, wie im Talk vorgeschlagen, in Christus bereits vorhanden ist, kannst du sie mit klarer Kante ja gar nicht gefährden. Also, nur zu, würde ich sagen.
      LG,
      Der Jay

    • elbenfrau elbenfrau

      Einheit ist ja nicht das selbe wie einer Meinung sein. Ich seh es auch so wie Jay… aber ein fröhliches „Nur zu“ ist vielleicht ein bißchen irreführend. Denn es wird ganzschön fetzen. Das musst du dann aushalten.

      Wahrscheinlich wird Bruder Mitchmax höflich gebeten werden, nicht mehr zu kommen, oder subtil aus Ämtern rausgemobbt werden. Viele Fundis tendieren ja dahin, dass Einheit über Lehre geschaffen wird. Wenn du die heiligen Kühe antippst, dann rate mal, für wen sie sich entscheiden werden.

      Was man damit evt. zerstört, ist, dieses schöne, wirklich wertvolle Zusammengehörigkeitsgefühl, das einem mal so viel Kraft und Heimat gegeben hat. Für manche Leute auch lebensnotwendig ist. Aber anderseits…. wenn schon Leute ausgegrenzt wurden, obwohl sie sich nach christlicher Gemeinschaft gesehnt haben und gern weiterhin kommen wollten, dann wurde ihnen genau das genommen. Was du sozusagen zerstörst, wenn es zum Eklat kommt, ist etwas, was andere schon zerstört haben, zumindest den erwähnten schwulen, verwitweten oder zusammenlebenden Geschwistern gegenüber.

      Trotzdem kann ich dir sagen, wenn du ein sensibler Mensch bist, wird es ganz schön lange und immer wieder ziemlich wehtun, und du wirst auch mitkriegen, dass es andere bedrückt, mit denen du vielleicht ganz tolle Zeiten und tiefe Verbundenheit hattest. Vielleicht wird dir, wenn du dann gehst oder gegangen wirst, auch lange der eine oder andere Aspekt fehlen, den die Gemeinde richtig toll draufhatte – sozialer Zusammenhalt oder tolle Musik oder was auch sonst…. gute Beziehungen weiterzuführen, kann eine Herausforderung werden, weil in solchen Gemeinden oft Loyalität gefordert wird, und Freundschaft mit Abtrünnigen nicht so gern gesehen wird. Naja…. trotzdem, du musst deinem Gewissen folgen, finde ich.

      Bei mir war es ganz ähnlich, der Beschreibung nach könnte es glatt meine ehemalige Gemeinde sein. Irgendwann, nachdem ich mit einem der Ältestens total gut gesprochen habe, und dachte, seine Gedanken wären gar nicht so unähnlich wie meine, und auf jeden Fall würde ein Verständnis da sein, und er am nächsten Tag gleich zwei unglaublich homophobe Sätze in seiner Predigt hatte (vehement vorgetragen), dachte ich, da kann man nichts machen… diese Strukturen sind so dominant, da werde ich als „Schwester, die eine andere Meinung hat“ immer der Feind bleiben.
      Oder das Problem, oder die Verführte oder auch die Irrlehrerin…. in diesen Strukturen ist „sich eine Meinung bilden“ nicht vorgesehen. Vielleicht eben, weil sie Einheit über ihre Bibelauslegung definieren, zumindest in gewissen Fragen.

      Wenn ich jetzt in meiner evangelischen Kirche zum Abendmahl gehe, zusammen mit teilweise richtig sehr konservativen Kirchenmitgliedern, berührt es mich sehr, daran zu denken, wir alle, wir unterschiedlichen Leute haben Teil am Evangelium. Teil an der Einheit, die von Gott gestiftet wurde. Das ist eine andere Sicht von Einheit, eher etwas an dem ich eingeladen bin, teilzuhaben, und für das ich nicht verantwortlich bin.

      Die wir auf der Erde selbst nicht hinkriegen, aber auch nicht kaputtmachen können. Also, um das jetzt nochmal auf deine Frage zu bringen:

      Es wird nicht leicht (ist es aber für dich und andere jetzt auch nicht) aber die geistliche Einheit macht du dadurch nicht kaputt.

      Es ist höchstens in deiner Macht, deine klare Kante mit gleichzeitigem Respekt oder mit Aggression durchzuziehen, was immer was mit Temperament, eigener Verletztheit und solchen Sachen zu tun hat. Ein „Robin Hood“ wird es anders rüberbringen als ein sehr ruhiger, versöhnlicher Mensch… das ist ja klar…. ich wünsch dir viel Kraft und Weisheit und daß du nicht verbitterst, falls es hart wird.

      LG, die Elbenfrau 😉

    • Daniel Daniel

      Lieber Mitchmax, in Ergänzung zu den lieben Worten von Elbenfrau erlaube ich mir aus dem Handbuch des Krieger des Lichts (sehr lesenswert) von Paulo Coelho zu zitieren (Seite 92): „Der Krieger des Lichts hält das Schwert in seinen Händen. Er allein entscheidet, was er tun wird und was er auf gar keinen Fall tun wird. Es gibt Augenblicke, in denen das Leben in eine Krise gerät: Dann ist der Krieger gezwungen, sich von Dingen zu trennen, die er immer geliebt hat. Er denkt nach und ergründet, ob er den Willen Gottes erfüllt oder aus Egoismus handelt. Wenn die Trennung Teil seines Weges ist, nimmt er sie ohne Murren hin. Wurde aber die Trennung in böser Absicht von einem anderen herbeigeführt, wird sein Gegenschlag gnadenlos sein. Der Krieger kann zuschlagen oder verzeihen. Er weiß beide Möglichkeiten gleichermaßen geschickt einzusetzen.“ LG Daniel

  8. ein Mensch ein Mensch

    Schöne Worte und toll, mal wieder was von dir zu lesen Elbenfrau

  9. Daktari Martin Daktari Martin

    Danke! Coole Folge!
    Wir dürfen uns streiten und auch auseinander gehen und uns doch als Geliebte und Gnadenkonsumenten stehen lassen! Toll der Hinweis auf Father Richard und den Göttlichen Tanz! Ich bekenne: Bin immer noch oft im Stilstand und will übers Tanzen mitreden, aber das funktioniert nicht!
    Danke Ina für die Betonung dass Gott uns ergriffen hat und Glaube eben ein großes Stück Geheimnis und damit unverfügbar ist! Das lehrt Staunen und Demut !
    Lieber Gruß Daktari Martin

  10. Reverend Mole Reverend Mole

    Ich glaube wir brauchen sogar Uneinigkeit in manchen Fragen. Wenn wir alle nur einer Meinung wären und unsere Erkenntnis Stückwerk ist, wie Paulus schreibt, dann gäbe es ja irgendwo einen Fehler in unserer Theologie, wir hätten aber kein Korrektiv, kein Dialog, der uns unseren blinden Fleck erkennen lassen würde.

  11. Otniel Otniel

    Zu diesem Thema würde ich auch mal wieder meinen Senf dazu geben. Den Talk fand ich mal wieder richtig klasse. Stimme auch der Idee von Gofi zu, dass wir bereits alle eins sind, trotzdem würde ich noch ein bisschen differenzieren und meine eigene Sichtweise als Ergänzung dazugeben.

    Die Idee der Einheit in Glaubenslehren (Orthodoxie) geht davon aus, dass alle Menschen unbedingt zu derselben Schlussfolgerung kommen müssen, und das ist immer die eigene Schlussfolgerung. Selbstverständlich glaubt jeder, dass das was er glaubt wahr ist, sonst würde er es ja nicht glauben, aber dieser Glaube wird zur Arroganz, wenn ich nicht akzeptieren kann, dass Menschen mit anderen Erfahrungen andere Schlussfolgerungen ziehen können, oder sogar müssen. Die Bibel spricht meiner Meinung nach nie von einer Einheit in Glaubenslehren, sondern von einer Einheit im Glauben (Vertrauen) und einer Einheit in der Liebe (Verhalten gegen andere/Orthopraxie). In Eph. 4,13 wird die Einheit des Glaubens angesprochen, aber wenn man das ganze Kapitel liest wird klar, dass Paulus eine Einheit in der Liebe und Vertrauen meint, nicht das alle dasselbe glauben. Einheit im Glauben hat überhaupt nichts mit Glaubenslehren zu tun, sondern mit einer Einheit in Vertrauen zu Gott, und dieses Vertrauen zu Gott ist sehr oft genau entgegengesetzt zu dem Vertrauen in Glaubenslehren. Vertrauen in Glaubenslehren ist meiner Meinung nach Götzendienst, Vertrauen in Glaubenslehren ist Vertrauen darauf das man Recht hat. Vertrauen in Glaubenslehren macht die Menschen/Institutionen, die die Glaubenslehren entwickelt haben zu Gott. Ein echtes Vertrauen zu Gott kann unterschiedliche Positionen akzeptieren und sogar wertschätzen, weil derjenige, der Gott wirklich vertraut weiß, dass Gott größer ist als dass man ihn allein vollständig verstehen könnte bzw. durch Glaubenslehren vollständig definieren könnte. Außerdem vertraut man dem Heiligen Geist, dass er einen anderen Menschen besser führen kann als man es selbst könnte. Die Idee der „Einheit in Glaubenslehren“ wird von Autoritäten in der Kirche benutzt, um zu kontrollieren was die Menschen glauben, weil man dem Heiligen Geist nicht vertraut, dass er Menschen besser führen kann als man selbst und besser weiß, was ein Mensch braucht, als man selbst.

    Letztendlich fordert uns Jesus zu einer Einheit in der Liebe auf, nicht zu einer Einheit in Glaubenslehren (Joh. 13,35) Das ist letztendlich auch das Kennzeichen für die Jünger Jesu, nicht die richtigen Glaubenslehren, sondern der richtige Umgang miteinander! Letztendlich können Christen ihren „richtigen“ Glauben nicht durch Argumente, sondern nur durch Liebe beweisen! Aber die meisten Christen streiten sich wegen „richtigen Glaubenslehren“ und je mehr sie beweisen wollen das sie recht haben desto weniger besteht die Möglichkeit für eine Einheit in der Liebe. Im Gegensatz dazu definiert Jesus die Einheit durch Liebe und nicht Glaubenslehren! Und Jesus selbst macht auch darauf aufmerksam, dass echte Liebe darin besteht Menschen zu lieben die anders sind als man selbst (Mat.5,46.47). Aber wie sollen Menschen anders sein und anders glauben als man selbst, wenn das höchste Ziel Einheit in Glaubenslehren ist? Letztendlich kann eine Gruppe von Menschen entweder Einheit in Glaubenslehren anstreben (und dadurch immer exklusiver werden) oder sie streben Einheit in der Liebe an (und werden dadurch immer inklusiver). Deshalb glaube ich, dass die Bestrebung nach einer Einheit in Glaubenslehren/Rechtgläubigkeit eigentlich eine Themaverfehlung ist.

    In 1. Kor. 13 sagt Paulus das ohne Liebe nichts einen echten Wert hat, sogar „Rechtgläubigkeit“ hat keinen Wert ohne Liebe. Natürlich ist es kein Zufall, dass Paulus nachdem er von der Einheit des Leibes in 1. Kor. 12 spricht über die Liebe spricht, denn in einem gesunden Leib herrscht einzig und alleine das Gesetz der Liebe (Orthopraxie), alles andere ist nicht nur weniger wert als Liebe, nein, ohne Liebe sind alle anderen Sachen (Weissagung, Erkenntnis, Rechtgläubigkeit, etc.) gar nichts wert. d.h. der einzige echte Wert ist Liebe, alles andere muss sich durch Liebe definieren lassen. Ich will die „Rechtgläubigkeit“ nicht komplett verwerfen, aber sie hat nur dann einen Wert, wenn wir erst einmal alle in Liebe handeln. Wenn das der Fall wäre würden wir denjenigen, der andere Glaubenslehren vertritt lieben und ihn wirklich verstehen wolle, statt ihm zu beweisen, dass der eigene Standpunkt „die Wahrheit“ ist. Wenn wir in der Liebe leben würden, würden wir lernen, dass andere Standpunkte und Perspektiven keine Bedrohung für uns sind, sondern uns bereichern und dann würden wir vielleicht auch feststellen, dass weder unser Standpunkt, noch der eines anderen vollkommen richtig ist, sondern wir uns auf einer Reise befinden und wenn Liebe uns einigt könnten wir uns auf dieser Reise gegenseitig helfen, statt einander auszustechen.

    Ein Körper ist gerade deshalb stark, weil er unterschiedliche Glieder hat. Seine Stärke besteht nicht in „Gleichheit“ (was leider viele Christen als Einheit missverstehen) sondern in einer Einheit von völlig unterschiedlichen Organen. Die Realität ist meiner Meinung nach wirklich, dass wir alle eins sind, aber es kommt auch darauf an, ob wir dieser Realität entsprechend handeln, oder aber gegen diese Realität arbeiten.
    Statt unterschiedliche Glieder an einem Leib zu sein sind viele Christen meiner Meinung nach zu Krebszellen innerhalb des Leibes geworden. Krebszellen haben eine einzige „Mission“, nämlich benachbarte gesunde Zellen zu „missionieren“ und zu Krebszellen zu machen. Das Ziel des Krebses ist, dass der ganze Leib zu Krebszellen wird. Dummerweise zerstört sich der Krebs dadurch selbst, denn der Körper kann nur überleben, weil Zellen unterschiedlich sind, je mehr „Gleichheit“ im Körper besteht desto kranker wird der Körper. Das Ziel des Krebses ist „Gleichheit“ aber gerade das bringt den Tod.
    Die Israeliten z.B. hatten nie die Aufgabe alle Menschen zu Israeliten zu machen, nein die Israeliten sollten ein Segen für alle Menschen sein (1.Mose 12,3), die ersten Judenchristen hatten Probleme damit zu akzeptieren, dass nicht alle Heiden erst mal Juden werden mussten um zu dem Christus zu gehören! Genauso weiß eine gesunde Körperzelle, dass es nicht um sie geht, sie soll ein Segen für den ganzen Leib sein, es ist nicht ihre Aufgabe alle anderen Körperzellen ihr gleich zu machen. Die Krebszelle dagegen denkt nur an sich, ihre Mission besteht nicht darin ein Segen für den Körper zu sein, ihre Mission besteht darin andere Zellen ihr gleich zu machen. Auf der anderen Seite sind auch die Krebszellen Teil des Körpers, aber das bedeutet nicht, dass man sie tolerieren dürfte, das wäre meiner Meinung nach gefährlich (Paulus tolerierte Petrus auch nicht, als er sich absonderte und ich gebe Paulus da recht. Exklusive Gedanken darf man nicht tolerieren, das wäre genauso als ob man Rassismus, Sexismus… toleriert). Ich kann persönlich jede Position im Christentum akzeptieren, auch wenn ich nicht einer Meinung damit bin, mit der Ausnahme derer, die selbst exklusiv sind und ihre eigene Position als „Rechtgläubig“ darstellen. Meiner Meinung nach arbeiten diese Christen nicht für die Gesundheit des Leibes, sondern schaden ihm eher. Ich denke deshalb hatte Jesus auch solche Probleme mit den Pharisäern (Pharisäer=die Abgesonderten), weil er sehr inklusiv war. Die einzige Position, die er nicht akzeptieren konnte, war diejenige der Exklusiven (Heiden aller Art schneiden in den Evangelien besser ab als die rechthaberischen Pharisäer).
    Für mich persönlich sind alle Teile des Leibes Jesu wertvoll und ich weiß heute, dass die verschiedenen Perspektiven der verschiedenen Zellen meinen Glauben bereichern und keine Gefahr für meinen Glauben darstellen (das war lange Zeit nicht der Fall). Ich brauche Herz, Lunge, Leber, Magen, Darm, Hände, Füße, Ohren, Augen etc. (katholisch, orthodox, anglikanisch, protestantisch, etc.) um selbst zu leben und gleichzeitig ein Segen für den ganzen Leib sein zu können, und vor allem brauche ich Jesus als das Haupt, der mich lehrt wie ich ein Segen für den Leib sein.
    Hoffe ihr könnt mit den Ideen was anfangen.

    Liebe Grüße
    Otniel

    • Hoffe ihr könnt mit den Ideen was anfangen.

      Ja. Sehr viel sogar. Das hast Du fantastisch ausgedrückt.

      LG,
      der Jay

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