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Über Himmel, Hölle und die Frage nach der Jenseits-Erwartung
Hossa Talk meldet sich nach kurzer Feiertagspause zurück. In der ersten Folge 2025 stellen sich Jay, Marco und Gofi direkt mal einer der ganz großen Menschheit-Fragen: Gibt es eine Existenz nach oder über den Tod hinaus? Glaubst du daran? Hoffst du darauf? Und falls ja, wie kann man sich das konkret vorstellen und wie sind die biblischen Texte zu diesen Fragen zu verstehen?
Ist diese Vorstellung eines wie auch immer gearteten Jenseits nicht einfach ein Überbleibsel aus grauer Vorzeit, das dem Menschen auf der einer Seite mit Höllenqualen Angst macht, um sie auf Linie zu halten und auf der anderen Seite mit Himmelsversprechungen auf später vertröstet? Oder sind das nach wie vor hilfreiche Gedanken, die der menschlichen Existenz Hoffnung und Sinn verleihen?
Im Gespräch teilen Jay, Marco und Gofi ihre persönlichen Jenseits-Vorstellungen, was sie früher geglaubt haben und wie sich das verändert hat und die Diskrepanz zwischen Denken und Hoffen, die sich bei diesem Thema manchmal einstellt.
Ein Talk über Hoffnung, Erwartung und eine Erfahrung, die alle Menschen machen und über die trotzdem niemand etwas weiß.
Interessant, wie unterschiedlich Menschen sind. Ich z.B. finde es eine ganz furchtbare Vorstellung, irgendwann vollständig genichtet zu werden und bin da eher bei Dosto Jetski, der mal sowas meinte wie, dass er lieber eine Ewigkeit lang a là Sisyphos einen Stein einen Berg hochrollen würde als gar nicht zu sein. Wenn ich jedoch in meinen Bekanntenkreis schaue, dann seid ihr eher Mainstream und ich die Ausnahme. Heißt: Ich stoße selten auf Menschen die zugeben oder thematisieren würden, dass sie sich vor dem Nichtsein fürchten. Ich dagegen strecke bereits morgens im Bett die Hände zum Jubelsturm in die Höhe, dass ich „Oh, wie ist das schön – shalalala!“ zum Glück wieder bei Bewusstsein bin.
Philosophisch bin ich allerdings auch durch die Bielefelder Uni geprägt, wo ein Materialismus gepredigt wurde, der keinen Gott und schon gar kein Weiterleben nach dem (Gehirn)-Tod zulässt. Die eschatologische Verortung unserer Zukunft im Diesseits, wie es die moderne Theologie – und ihr im Talk – gerne tut, passt da gut rein. Denn wenn alle jenseitigen Vorstellungen auf das Diesseits heruntergebrochen werden, indem man auf einen Himmel auf Erden hofft, dann ist es relativ einfach, Gott aus der Gleichung herauszustreichen und nur noch im positivistischen Sinne auf eine Welt zu hoffen, in der sich die Dinge dialektisch – und vor allem ohne Zutun einer übernatürlichen Macht – zum Guten entwickeln. Das wäre angesichts des (aktuellen) Weltgeschehens zwar nicht mehr als eine Utopie, aber sie hätte dieselbe Funktion wie die Jenseitsvorstellung – nämlich Hoffnung zu stiften, dass am Ende alles gut wird und sich deswegen das Leben lohnt.
Für mich selber, der ich in demselben gesellschaftlichen Saft schwimme wie alle anderen, befürchte ich, dass ich, wenn ich mich nicht bewusst dagegen wehre, irgendwann so sehr von dem naturalistischen Geist durchsetzt bin, dass ich, ohne es überhaupt bemerkt zu haben, eines schönen – bzw. schrecklichen – Morgens gottlos aufwachen werde. Und daher ist es für mich umso wichtiger, alle jenseitigen Vorstellungen nicht kampflos aufzugeben, sondern sie, dem Zeitgeist zum Trotz, rational zu unterfüttern – eben, weil Kopf und Herz eine Einheit bilden und daher das, was im Kopf ist, irgendwann auch im Herzen landet.
Hi,
Mir ist beim Hören der Folge klar geworden, dass ich mir in den letzten Jahren tatsächlich viel Gedanken über das Jenseits gemacht habe. Bedeutung des gelebten Lebens ist da ein gutes Stichwort. Das, was mich umtreibt, ist allerdings nicht, dass das gelebte Leben irgendwann verloren gehen und letztlich sinnlos sein könnte, sondern dass ich in vielen Momenten einen riesigen, vergrabenen Sinnüberschuss, eine ungemeine Bedeutungsfülle im gelebten Leben wahrnehme, die hier nie gehoben werden kann. Wenn ich an den kommenden Zustand im Auferstehungsleib denke, dann stelle ich es mir irgendwie so vor, als würde sich das Gekommene und das Gewesene so verschränken, dass alle verschütteten, ungehobenen Möglichkeiten des gelebten Lebens erneut erscheinen und wir diese mit dem Blick der nun vollends aushaltbaren Liebe betrachten und in ihr leben können.
Nehme ich es so, wird das Jetzt nicht für das Jenseits übergangen, sondern der Augenblick und das, was wir tun und sehen und erleben gewinnt im Gegenteil unheimlich dazu, weil das Jetzt mit dem Glanz des Zukünftigen umschienen wird, ohne mich voll und ganz im Diesseits (hoffnungslos? hedonistisch?) oder Jenseits (fatalistisch eskapistisch?) zu verlieren.
LG
Jannik
Hallo zusammen,
für mich spielt die Jenseits-Erwartung eine tragende Rolle im Glauben, da sie ein Teil des Spannungsbogens meiner Spiritualität ist, auf den ich hin hoffe. Ähnlich wie im Talk geäußert, hat sie für mich etwas aktivierendes und ich beziehe sie voll ins Diesseits auf die Vollendung und Wiederherstellung meiner Beziehungen (in meinem kleinen persönlichen Leben) als auch auf die globalen Verhältnisse. Auch wenn ich hoffe, Ansätze dieses erhofften Wirken Gottes im Diesseits zu erleben, glaube ich, dass Gottes Reich (oder wie mans nennen mag) hier und heute immer etwas zerbrechliches, korrumpierbares und mit anderen Kräften und Motiven verwobenes ist…
Gerade die Diskussion zum Abschluss des Talks hat mich an ein Lied von mir erinnert, dass die Bedeutung & Kraft einer solchen Hoffnung zum Ausdruck bringt. Es skizziert die gegenwärtige Situation der Dunkelheit und der beschränkten Sicht, in der sich die Sonne (nicht namentlich benannt) zaghaft andeutet. Sie wird vielleicht (hoffentlich!) alles verändern und in einem neuen Glanz schmücken. Diese Vorahnung lockt uns auf dem Weg. Falls es jemanden interessiert, es heißt „Ein neuer Tag“ und findet sich u.a. auf Spotify, aber auch hier: https://soundcloud.com/olafeuler/ein-neuer-tag
Viele Grüße
Marian