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Dies sind die Zitate, über die wir in unserem Talk reden, mit Übersetzung und Quellenangabe:
Joshua Harris:
I have undergone a massive shift in regard to my faith in Jesus. The popular phrase for this is “deconstruction,” the biblical phrase is “falling away.”
By all the measurements that I have for defining a Christian, I am not a Christian. Many people tell me that there is a different way to practice faith and I want to remain open to this, but I’m not there now.
Martin Luther said that the entire life of believers should be repentance. There’s beauty in that sentiment regardless of your view of God.
I have lived in repentance for the past several years — repenting of my self-righteousness, my fear-based approach to life, the teaching of my books, my views of women in the church, and my approach to parenting to name a few.
But I specifically want to add to this list now: to the LGBTQ+ community, I want to say that I am sorry for the views that I taught in my books and as a pastor regarding sexuality. I regret standing against marriage equality, for not affirming you and your place in the church, and for any ways that my writing and speaking contributed to a culture of exclusion and bigotry.
I hope you can forgive me.
Ich durchlaufe gerade massive Veränderungen, was meinen Glauben an Jesus betrifft. Die zurzeit gängige Bezeichnung dafür ist ‚Dekonstruktion‘. Die biblische Bezeichnung ist wohl ‚Abfallen‘.
Nach allen Kriterien, die ich kenne, um sagen zu können, ob jemand ein Christ bist, bin ich keiner mehr. Es gibt viele, die mir beteuern, dass man seinen Glauben auch auf eine andere Art leben kann, und ich bin dafür wirklich offen, aber im Moment weiß ich noch nicht, wie das aussehen soll.
Martin Luther hat gesagt, dass das ganze Leben eines Gläubigen Buße sein sollte. Ich finde das eine sehr schöne Einstellung, egal welches Gottesbild wir vertreten.
Ich habe in den vergangenen Jahren ständig Buße getan: für meine Selbstgerechtigkeit, für meine angstbezogene Sicht auf das Leben, für die Lehren in meinen Büchern, für meine Ansichten bezüglich der Frauen in der Gemeinde und für meine Haltung in Erziehungsfragen.
Aber zu dieser Liste, möchte ich noch einen Punkt hinzufügen. An die LGBTQ Community: Ich möchte euch um Verzeihung bitten für meine Ansichten der Vergangenheit bezüglich Sexualität, die ich in meinen Büchern gelehrt habe und die ich als Pastor verkündet habe.
Es tut mir leid, dass ich mich nicht für die Homo-Ehe stark gemacht habe, nicht für euren Platz innerhalb der Kirche. Ich bedaure jede Aussage, die ich gesprochen oder geschrieben habe, die mit dazu beigetragen hat, dass eine Kultur des Ausschließens und der Heuchelei aufrechterhalten worden ist.
Ich hoffe, dass ihr mir vergeben könnt.
Quelle: Instagram
Marty Sampson, Kommentar zu einem Artikel von Michael Brown in der Christian Post:
I am struggling with many parts of the belief system that seem so incoherent with common human morality. If most of humankind had a choice, would we not rid the world of the scourge of cancer? Or sickness and disease? Why doesn’t God do such a thing?
Of course there is an answer to this question, but the majority of a typical Christian’s life is not spent considering these things. Questions such as these remain in the too hard basket.
I wouldn’t say I have renounced my faith, but I would say it’s on incredibly shaky ground. I have and continue to analyze the arguments of prominent Christian apologists and biblical scholars, and am open minded enough to consider the arguments of atheist debaters and debaters from other religions.
If the truth is true, it will remain so regardless of my understanding of it. If I search it out, surely it will become even more clearly seen as the truth that it is. Examining a diamond more closer reveals the quality of the diamond.
As I am still breathing, I am still learning. You cannot have well educated opinions without educating yourself well. This is a window into my thought processes at the present time.
„Ich ringe mit verschiedenen Aspekten des Glaubens, die mir widersprüchlich erscheinen oder die der normalen menschlichen Vorstellung von Moral zu widersprechen scheinen: Wenn die meisten Menschen die Möglichkeit dazu hätten, würden sie nicht die Welt von der Geißel des Krebses befreien? Oder von Krankheit und Leid? Warum tut Gott das nicht?
Natürlich gibt es darauf eine Antwort, aber die Mehrheit aller typischen Christen beschäftigt sich nicht mit diesen Dingen. Fragen wie diese werden als zu schwer abgetan.
Ich würde nicht sagen, dass ich meinem Glauben abgeschworen habe, aber ich würde schon sagen, dass er auf sehr wackeligen Beinen steht. Ich habe mich mit den Argumenten prominenter christlicher Apologeten und Theologen beschäftigt und werde das auch weiter tun. Ich bin allerdings auch offen dafür, mich mit den Argumenten atheistischer Denker und Gelehrter anderer Religionen zu beschäftigen.
Wenn die Wahrheit wirklich wahr ist wird sie das auch bleiben, unabhängig davon ob und wie ich sie verstehe. Je mehr ich mich mit ihr beschäftige, desto mehr wird sie sich als die Wahrheit erweisen, die sie ist. Die Qualität eines Diamanten erkennt man je deutlicher, je mehr man ihn untersucht.“
Quelle: https://www.christianpost.com/voice/reaching-out-to-a-hillsong-leader-who-is-renouncing-his-faith.html
John Cooper, Sänger von Skillet und Influencer:
I am stunned that the seemingly most important thing for these leaders who have lost their faith is to make such a bold new stance. Basically saying, “I’ve been living and preaching boldly something for 20 years and led generations of people with my teachings and now I no longer believe it. Therefore I’m going to boldly and loudly tell people it was all wrong while I boldly and loudly lead people into my next truth.” I’m perplexed why they aren’t embarrassed? Humbled? Ashamed, fearful, confused? Why be so eager to continue leading people when you clearly don’t know where you are headed?
As these influencers disavow their faith, they always end their statements with their “new insight/new truth” that is basically a regurgitation of Jesus’s words?! It’s truly bizarre and ironic. They’ll say “I’m disavowing my faith but remember, love people, be generous, forgive others”. Ummm, why? That is actually not human nature. Those are bible principles taught by a prophet/Priest/king of kings who wants us to live by a higher standard which is not an earthly standard, but rather the ‘Kingdom of God’ standard. Therefore if Jesus is not the truth and if the Word of God is not absolute, then by preaching Jesus’s teachings you are endorsing the words of a madman. A lunatic who said “I am the way, the truth, and the life. No one comes to the father except through me.” How would you know “what is good” without Jesus’s teachings? I’m amazed that so many Christians want the benefits of the kingdom of God, but with the caveat that they themselves will be the King.
It is time for the church to rediscover the preeminence of the Word. And to value the teaching of the Word. We need to value truth over feeling. Truth over emotion. And what we are seeing now is the result of the church raising up influencers who did not supremely value truth who have led a generation who also do not believe in the supremacy of truth. And now those disavowed leaders are proudly still leading and influencing boldly AWAY from the truth.
„Ich bin total erstaunt, dass es das Wichtigste zu sein scheint für diese Leiter, die ihren Glauben verloren haben, dass sie jetzt erneut ganz kühn auftreten. Im Prinzip sagen Sie: ‚Ich habe in den letzten 20 Jahren laut und mutig gelebt und gepredigt, woran ich glaube. Und jetzt glaube ich es nicht mehr. Deshalb werde ich jetzt laut und kühn den Leuten erzählen, dass das alles falsch gewesen ist, und ich werde sie meine nächste Wahrheit lehren.‘
Ich bin wirklich wie vor den Kopf geschlagen: Warum ist es ihnen nicht peinlich? Warum sind sie nicht beschämt, gedemütigt, verwirrt, ängstlich? Warum ist es ihnen so wichtig, die Menschen weiter anzuleiten, wenn sie offensichtlich gar nicht wissen, wo sie hin wollen?
Diese Influencer, die ihrem Glauben abschwören, beenden ihre Aussagen mit ihren neuen Einsichten, ihren neuen Wahrheiten, die im Prinzip nur das wiederholen, was Jesus gelehrt hat. Sie sagen: ‚Ich schwöre meinem Glauben ab, aber denkt immer daran: Liebt einander, seid großzügig, vergebt einander!‘
Äääh, warum? Das entspricht doch gar nicht der menschlichen Natur! Das sind biblische Prinzipien, gelehrt von einem Propheten/Priester/König der Könige, der für uns möchte, dass wir nach höheren Wertmaßstäben leben, als diese Welt sie zu bieten hat, nämlich nach den Wertmaßstäben des Königreiches Gottes. Wenn Jesus also nicht die Wahrheit ist und das Wort Gottes nicht absolute Gültigkeit besitzt, dann machst du Werbung für einen Verrückten, wenn du die Lehren von Jesus verkündest, für einen Irren, der gesagt hat: ‚Ich bin der Weg, die Wahrheit und das Leben. Niemand kommt zum Vater, außer durch mich.‘
Woher willst du denn wissen, was gut ist, ohne die Lehre von Jesus zu berücksichtigen? Ich bin erstaunt, dass so viele Christen die Vorzüge des Königreiches Gottes genießen wollen, aber nur unter der Bedingung, dass sie selbst die Könige sind. Für die Kirche ist es an der Zeit, den Vorrang des Wortes neu zu entdecken. Wir müssen die Wahrheit höher achten als Gefühle.
Das, was wir jetzt erleben, ist eine Folge davon, dass die Kirche Influencer auf ein Podest gehoben hat, die nicht vornehmlich die Wahrheit gesucht haben und die eine Generation angeführt haben, die ebenfalls nicht an die Vorrangstellung der Wahrheit glauben. Diese abgefallenen Leiter führen noch immer die Menschen stolz an und leiten sie weg von der Wahrheit.“
Quelle: https://www.facebook.com/johnlcooperstuff/photos/a.2899206263638620/2899204140305499/?type=3
Franklin Graham, Evangelist und christlicher Influencer im Interview mit Todd Starnes (Fox):
They weren’t real Christians. They were young. Their faith wasn’t very strong. They might have been atheists. They hate God. And they just wanted publicity. … Well, first of all… Somebody has called them „leaders.“ I don’t. I don’t recognize them as leaders. These are very young people, and I doubt whether they even have a very strong faith, or if they even had a faith at all to begin with. And so, for whatever reason, they have decided they’re going to turn their back on God, and God’s standards. And I feel sorry for them. They’re in a very dangerous place to be out from under God’s protection. And, for me, I’m going to keep going doing what I do. I believe the Bible. I believe the Bible to be the Word of God. I believe every word of the Bible. I do not understand it all, but I believe it all.
And, Todd, we know how God warns in Revelation, He warns churches that turn their back on him, and these young men who have renounced their faith have made it so public. Why are they making it so public? I think they just want publicity. And that’s the only reason they’ve done it. Otherwise, why didn’t they just leave their faith and just be quiet about it? But, no, they had to make a big thing about it, trying to get others to follow them, to do the same. And I’d just say, „shame on them,“ and you’ll stand before God one day and give an account to Him.
„Das waren keine echten Christen. Sie waren jung. Ihr Glaube war nicht sehr stark. Vielleicht waren es sogar Atheisten. Sie hassen Gott. Und sie wollen einfach nur öffentliche Aufmerksamkeit.
Naja, zunächst mal… Irgendjemand hat sie Leiter genannt. Ich nicht. Ich betrachte sie nicht als Leiter. Das sind sehr junge Leute, und ich bezweifle, dass sie überhaupt einen sehr starken Glauben gehabt oder ob sie überhaupt jemals geglaubt haben.
Und jetzt, aus welchen Gründen auch immer, haben sie beschlossen, sich von Gott abzuwenden, von ihm und seinen Wertmaßstäben. Und sie tun mir leid. Sie sind in großer Gefahr, sie sind dabei, Gottes Schutz zu verlieren. Und was mich betrifft, ich werde weiterhin das tun, was ich tue.
Ich glaube an die Bibel. Ich glaube, dass die Bibel das Wort Gottes ist. Ich glaube an jedes Wort der Bibel. Ich verstehe nicht alles, aber ich glaube es alles.
Und Todd, wir wissen, dass Gott in der Offenbarung Warnungen ausspricht. Er warnt Gemeinden, die ihm den Rücken zukehren. Und diese jungen Männer, die sich von ihrem Glauben abgewandt haben, die haben das in aller Öffentlichkeit getan. Warum machen Sie das so öffentlich? Ich denke, es ging ihnen nur um Aufmerksamkeit. Und das ist der einzige Grund, warum sie das getan haben. Denn warum sonst haben sie nicht einfach ihren Glauben verlassen und darüber geschwiegen?
Aber nein, sie haben eine große Sache daraus gemacht. Und sie versuchen, andere dazu zu bewegen, ihnen zu folgen. Und dazu sage ich einfach: schämt euch. Eines Tages werdet ihr vor Gott stehen und werdet ihm Rechenschaft ablegen müssen.“
Quelle: http://www.hallels.com/articles/21991/20190816/franklin-graham-comments-on-joshua-harris-hillsongs-marty-sampson-walking-away-from-the-faith.htm
Mike Donehey, Sänger von Tenth Avenue North, Influencer:
It’s not a big shock and I don’t necessarily think there’s anything I can do to prevent it, Donehey told CP. Jesus promised us things like this would happen. He was like, ‘The kingdom of God is like a dude with some seeds, and he’s throwing them out and you know what? Some seeds are going to grow up and some are going to wither, some seeds are going to start growing amongst thorns and get choked out, some seeds are going to get trampled, some seeds are going to get eaten, Donehey paraphrased. What separates him from those seeds that are not continually growing with God, he says is the foundation of where the seeds land. The only thing I can think in that parable, the one x-factor is, the soil, Donehey maintained. I don’t think I can make your soil soft, I think the Holy Spirits gotta do that. When asked what really helps him stay grounded in his faith, Donehey said for him it’s the exact opposite, he is completely honest with God. Personally, not being scared to ask really hard questions, Donehey ended. Because if you don’t allow your faith to bend every once in a while, it’s gonna snap.
„Das ist
jetzt kein großer Schock für mich, und ich denke auch nicht, dass ich
irgendetwas tun könnte, um so etwas zu verhindern. Jesus hat versprochen, dass
das passieren würde. Er meinte so: Das Königreich Gottes ist wie ein Typ, der
ein paar Samen verteilt hat. Und weißt du was? Einige Samen wachsen auf, und
andere verkümmern. Manche der Samen fallen unter Dornen, andere werden
zertreten und einige werden gefressen. Das, was die einen Samen von den anderen
unterscheidet, der eine X Factor, das ist der Boden. Ich glaube nicht, dass ich
deinen Boden weich machen kann. Das muss schon der Heilige Geist tun. Für
meinen Glauben ist es total wichtig, keine Angst zu haben, die richtig harten
Fragen zu stellen. Denn wenn du deinen Glauben nicht geschmeidig hältst, dann
wird er irgendwann brechen.“
Quelle: https://www.christianpost.com/news/tenth-avenue-north-frontman-not-shocked-some-christians-losing-faith-jesus-said-they-would.html?fbclid=IwAR3PyxUBRBkHzfmLp1Cl3wokwKqD37Uk0RNxRqFWGwVvUSDfd67KqdRKQ0w
Was ist denn jetzt passiert? Zuviel Wein? Temporäre Verwirrtheit? Oder etwa, passend zum Thema, vom Glauben abgefallen? Warum habt ihr denn ohne dreifaches „Hossa“ den Talk beendet? Muss ich mir Sorgen machen? Kann ich irgendwie helfen?
Erstes.
Puh, da bin ich aber froh! Dachte schon es wär‘ was Ernstes passiert. Weiter so….
Nachdem das nun geklärt ist, kann ich jetzt ja auch mal was zum Thema sagen:
Sören Kierkegaard hat mal sehr schlau bemerkt, dass der christliche Glauben keine Lehre, sondern vielmehr eine Existenzmitteilung sei. Ich teile diese Ansicht völlig und habe deshalb für jedweden Glaubenskrisenfall das allergrößte Verständnis. Gläubige jedoch, die im christlichen Glauben zuvorderst eine festgelegte Lehre sehen, mit Dogmen und Glaubenssätzen, die man fehlerfrei und auf’s Jota genau nachsprechen können muss, werden das und müssen es wohl auch ganz anders sehen.
Glaubenszweifel werden also gerade von denjenigen Gläubigen ganz besonders problematisch betrachtet werden, wenn sie einer dogmatisch festgelegten Lehre folgen, mit der dann ausnahmslos jede und jeder Gläubige zwingend übereinstimmen muss. Dogmen, Glaubenssätze, Gottes- Mensch- und Weltbilder dürfen dann nicht wirklich angezweifelt werden (und schon gar nicht öffentlich), weil sich der Glauben in eben jener Lehre erschöpft und deshalb kein Platz für Abweichungen vorhanden ist.
Betrachtet man den Glauben jedoch als Existenzmitteilung, lässt sich deutlich konstruktiver mit Zweifeln umgehen, da hier nicht die Dogmen und Glaubenssätze maßgebend sind, sondern die gemachten und erfahrenen Erlebnisse des individuellen Lebensvollzuges, die sich in der Beziehung des/der Gläubigen zu und aus Gott notwendig ergeben.
Ich denke deshalb das jemand wie der Bruder Franklin einen eher dogmatischen Ansatz verfolgt und er deshalb jedwede Abweichung von seinen Glaubensvorstellungen als quasi ketzerisch verdammen und verurteilen muss. Ihm kommt also erst gar nicht die Idee und er sieht wahrscheinlich auch überhaupt nicht die Möglichkeit, dass Gott sich dem Gläubigen in Krisen und Zweifeln mitteilen und ihm neu begegnen möchte. Irgendwie schade…..
Prost
Das Zitat von Sören Kierkegaard finde ich sehr gut.
Das drückt genau das aus, wie ich es auch sehe.
Deswegen finde ich auch nicht, dass sie „vom Glauben abgefallen“ sind – selbst wenn sie es selber so empfinden. Ich finde genau diese „Dekonstruktionsphase“ so wichtig, dass etwas neues entstehen kann – selbst wenn „das Neue“ dann sich manchmal sogar derselben Worte bedienen kann – die man früher benutzt hat – die Worte sind dann mit ganz anderen Lebenserfahrungen angefüllt.
Ich habe die Statements der „Glaubensabfaller“ nicht als „publicity-heischend“ empfunden, sondern als einen ganz erhlichen Schritt, weil sie ja auch ihren vielen „Followern“ nicht weiter etwas „vorspielen“ möchten.
Ich finde es interessant, dass Franklin Graham eine ganz andere, niedere Motivation ihnen unterstellt. Vielleicht ist so etwas ja die Projektion seiner eigenen Ängste, vielleicht weil er sich andere Motivationen gar nicht vorstellen kann.
Wenn jemand aus so einer „Mega-Evangelisten-Familie“ kommt, hat er wahrscheinlich auch eine ganz besondere „Bürde“ zu tragen.
Mich würde interessieren, ob es in der „Graham-Dynastie“ auch „Glaubens-Outlaws“ gibt, und wie die Familie damit umgeht, aber bei so „öffentlichen Menschen“ wird man das wohl nur dann etwas authentischer erfahren, wenn man jemand persönlich kennenlernen würde. Nach aussen hin werde sie wahrscheinlich schon meist das „perfekte christliche Glaubens-Face“ darstellen – und diese „glatte und perfekte“ das ist es auch was mich eher abstösst – wo ich mich mit meinen eigenen Höhen und Tiefen und existentiellen Verzweiflungen einfach auch nicht wieder finde.
Mutter Theresa soll ja auch sehr sehr lange ganz tiefe Glaubenszweifel gehabt haben,
also auch ob es Gott überhaupt gibt usw.
Genau da aber war sie mir besonders nah.
Aber es scheint so, dass Franklin Graham selbst noch sie so eine Phase der extremen existentiellen Glaubensdekonstruktion erlebt hat – sonst würde er wahrscheinlich anders und verständnisvoller reagiert haben.
Tja – jeder hat so seinen Lebensweg…
Viele liebe Grüße
Steve
Das ist kein Theologietypus und keine Mentalität. Diese Ausdrücke sind viel zu schwach. Es ist schwerer religiöser Machtmissbrauch!
Selbstverständlich ist es religiöser Missbrauch. Aber wo kommt der denn her? Wenn Mr. F. Graham sich in solch einem Podcast verständnisvoll, oder gar wohlwollend geäußert hätte, würden ihm noch am selben Tag zahllose Großspender abspringen und seine Community vielleicht über eine Zwangseinweisung, zumindest aber über einen Exorzismus nachdenken. Das kann der einfach nicht machen, weil er eben für eine andere Theologie steht und seine Mentalität davon geformt wurde.
Die Frage ist, an wem es Missbrauch ist. Ich denke die Personen, an die diese Statements gerichtet sind ist es herzlich egal, bestätigt sie vielmehr noch auf ihrem Weg. Aber die Menschen, die auf Graham hören werden umso weniger sich trauen zu sagen: „Ich glaube, hilf meinem Unglauben.“
Schade, weil gerade da, wo der Mensch seine Begrenztheit auch zum Glauben wahrnimmt gibt es die tollsten Gottesbegegnungen.
Lieben Gruß
Daniel
Shit, ich bin grad die neue Folge am hören und bei dem Zitat von John Cooper musste ich schon mal schmunzeln, aber als Jay das Zitat von Franklin Graham vorgelesen hat, bekam ich einen veritablen Lachanfall. Das ist einfach zuviel. Man könnte daraus vielleicht mal ein Sketch machen…
Höre mal weiter…
„Auf den Rücken von Menschen, die strugglen macht der einen Glaubenstanz *würg*“ Gold wert, Jay!!! 🙂
Vor lauter Wein das „Hossa“vergessen?! 😉 Ansonsten sehr schöner Talk!
Meines Erachtens sind die Reaktionen vor allem angstgeprägt. Denn wenn es schon „Vorzeige-Christen“ passiert, dass sie nicht mehr glauben können, dann kann es ja jeden treffen… Dann sichert man sich lieber ab und beschäftigt sich nur sehr oberflächlich mit bestimmten Themen. Es erfordert schon einiges, sich dem „wirklichen Drama“ des Zweifels auszusetzen, wie Pete Rollins sagen würde, weil man dann gezwungen ist, alle Sicherheiten aufzugeben (wie der reiche Jüngling), um am Ende möglicher Weise vor der Erkenntnis zu stehen, dass das, was man immer für richtig gehalten hat, vielleicht doch nicht so richtig war.
Von daher sind die Reaktionen so verständlich wie ärgerlich, weil sie niemandem weiterhelfen. Im Gegenteil wird weiter eine Atmosphäre der Angst vor Fragen und Zweifeln nicht nur aufrecht erhalten, sondern noch verstärkt, die nur umso mehr ähnliche Fälle hervorbringen wird.
Dabei ist Zweifel immer angebracht. Wer nicht zweifelt, der sagt doch damit, dass sein Bild von Gott korrekt, ausreichend und abgeschlossen und Gott im Sack ist… Oder etwa nicht??
Bei #Gott als Gangleader und #christlichem Schlägertrupp hab ich direkt an Sons of Anarchy gedacht.
Die Serie über die kalifornischen Motorrad Rocker.
Ich hab mir das so vogestellt, dass die Kritiker die beiden in eine Garage einsperren, ihnen die Patches abnehmen und noch ein Brandzeichen mit #Verräter und #Verführer einbrennen, damit ja kein Nachbar Chapter sie aufnimmt.
(gruselige Vorstellung und absolut meiner kranken Serien Fantasie entsprungen 😉
Was für ein geiler, profunder talk ist das denn! Schon der Albert Frey Talk war mega und nun toppt ihr das noch! Bei der verrührten Scheisse von Franklin Graham zu sagen, dass das zum Kotzen ist und euer Gelächter,befreiend! Genial die psychologische Erklärung seiner Reaktion, liegt eigentlich auf der Hand und doch oder gerade deswegen genial. Gute differenzierte Zeitanalyse und zugleich locker. Euer Format ein Beweis, dass das geht. Und der Geist Jesu da, wo ihr mit Franklin Graham Abendmahl feiert. X Anlässe, wo ich mit Freunden einhaken könnte und Lustverspürte, weiter zu diskutieren, weiter nachzudenken. Ihr seid phantastisch, Jungens! Vielen Dank, auch wenn das Hossa gefehlt hat, Produktive Duurchbrechung, Transformation des Ritus, höchstwahrscheinlich ganz im Sinne Jesu?.
Kurze ergänzende Bemerkungen zum Froschthema: Die „Feministin“ hieß Svende Merian und hat 1980 das Buch „Der Tod des Märchenprinzen“ geschrieben – übrigens ein sehr empfehlenswerter Beziehungsratgeber – nicht nur für „so ne Feministinnen“ 😉 . Ich habe es damals als 17-jährige gelesen und profitiere heute noch von Svendes Erfahrungen.
Ihr Exfreund hat daraufhin das Buch „Ich war der Märchenprinz“ geschrieben mit dem Cover des an die Wand geklatschten Frosches (@Jay: Deine Erinnerung war korrekt!)
noch eine Ergänzung aus der Perspektive einer Betroffenen:
Das kam im Talk am Rande vor, aber Joshua Harris steht auch für die Purity und True Love Waits Bewegung.
Was das mit Menschen anrichtet, kann ich mir als Mann schwer vorstellen. Aber die Youtuberin beschreibt das hier gut:
https://www.youtube.com/watch?v=tadtjFJfAvw
Der Kanal „God is grey“ ist auch eine absolute Empfehlung. Themen zu Dekonstzruktion und Körperlichkeit.
God is grey kann ich auch nur empfehlen!
Kurze Anmerkung zum Forever-Song: Ihr habt Forever von Christ Tomlin gesungen: https://www.worshiptogether.com/songs/forever-chris-tomlin/
Uuuups. Danke für die Richtigstellung.
LG,
Der Jay
@ Gofi: SPRECHMOTETTE – super! Ich hab so gelacht!
@Jay: Das Wort heißt DICHOTOMIE 🙂
Sehr intensiver Talk über ein ebenso intensives Thema. Danke für eure Gedanken und die Arbeit!! Die Ideen zum Reichen Jüngling fand ich richtig gut.
Für meinen Geschmack büsschn zu viel Wein diesmal – zwischendrin seid ihr richtig laut geworden und gefühlt alle waren auf einmal „Spacken“…
Den Mike würde ich gerne mal fragen, was denn das für „really hard questions“ sind, die er sich stellt, und die seinem so unfassbar starken Glauben nichts ausmachen und warum es so ein Problem für ihn ist, wenn sich andere really hard questions stellen (wie die Theodizee) und darüber ihre altbekannten Glaubenssätze verlieren… Da geht es dann nämlich gar nicht mehr um Gott, sondern darum, dass der liebe Mike den stärksten Glauben hat. Diese Glaubens-Protzerei find ich zum Kotzen.
Jay, was ist denn deine Antwort auf die Krebs-Frage? Dazu seid ihr nicht mehr gekommen.
Ich sag immer Dichtonomie, nicht wahr… Mal sehen, ob ich mir das auf meine alten Tage noch richtig angewöhnen kann. Aber danke für die Klarstellung. Klugscheißer. 🙂
Meine Antwort auf die Krebsfrage ist keine allgemeine Antwort auf die Theodizeefrage (die bleibt davon unberührt), sondern dreht sich tatsächlich nur darum, warum Gott bestimmte Probleme nicht löst, obwohl er die Antwort darauf kennen muss (wenn er allwissend ist). Also konkret, warum dauert es 1000de von Jahren und unzählige Tote, bis die Menschen Grippemittel entwickeln, wenn Gott die Formel dieser Medizin ja immer schon gekannt haben muss (und das gleiche kann man dann natürlich für Krebs und alles andere fragen)? Also nicht, warum schafft Gott nicht einfach Grippe und Krebs ab (oder den Klimawandel), sondern, warum hockt er auf der medizinischen Lösung und rückt sie nicht raus?
Das hat mir lange Zeit große Mühe gemacht. Auf den ersten Blick mutet das ja geradezu sadistisch an.
Auf den zweiten Blick, muss man sich aber fragen, wie das denn anders hätte überhaupt funktionieren sollen? Wie hätte Gott denn, sagen wir vor 2000 Jahren, die chemische Formel für eine Medizin übermitteln sollen? Klar, er hätte sie auf einen Zettel schreiben und sie einem Propheten in den Schoss fallen lassen können. Und dann? Der Typ hätte darauf nichts als Zeichen gesehen, die für ihn keine Bedeutung haben.
Die Art wie Menschen sich die Welt erschließen und zu Erkenntnissen kommen, ist ja nicht sprunghaft, sondern baut aufeinander auf. Sprich, bevor die Grippemedizin entdeckt werden konnte, gab es eine Fülle von Gedanken- und Entdeckungsketten, die alle vorher abgelaufen sind, auf die die neue Entdeckung aufbaut. Die entsprechende Medizin ist das Ende einer langen Kette von Erkenntnissen und Trial & Eror – bzw die Mitte der Kette von dem, was dann daraufhin entdeckt werden wird.
Aber wenn das stimmt, dass dieser Prozess sich ereignen muss, um von A nach M und schließlich zu Z zu gelangen, wie soll Gott Z klar machen, wenn der Mensch noch bei C denkt? Wie hätte Gott vor 3000 Jahren den Menschen zB beschreiben sollen, wie ein GPS funktioniert? Das ist unmöglich.
Wie gesagt, das löst die Theodizeefrage nicht in Gänze, macht aber zumindest deutlich, dass der Vorwurf, Gott würde auf Erkenntnissen hocken, die er nicht herausrückt, zu kurz gedacht ist.
Und jetzt schaue ich The Handmaids Tale weiter.
LG,
der Jay
Na, mit Dichotomie hast du dir ja auch nicht grade das geschmeidigste Wort auf Erden rausgesucht. Schwarz-Weiß-Malerei, Dualismus oder Polarisierung täten’s auch. 😉
Danke für die Krebs-Gedanken. Hm… für mich schon auch irgendwie sadistisch. So: Ich lasse eine Krankheit zu (die nicht aus irgendeiner konkreten Schuld resultiert, sondern einfach so da ist), aber sie ist so raffiniert und die Entwicklung eines Gegenmittels ist so kompliziert, dass ihr erstmal einige tausend Jahre qualvoll sterben müsst, bis ihr intelligent und technisiert genug seid, um sie umzusetzen. Why?
Ich frage mich ernsthaft, was das für Menschen sind, die über solchen Fragen nicht ihren Glauben verlieren. Habe gerade angefangen, „Theodizee“ von Klaus von Stosch zu lesen, vielleicht komme ich ja zu neuen Erkenntnissen.
Na, dass wir alle lieber eine Welt hätten, in der es so was wie Krebs gar nicht gibt, ist ja klar. Aus der realen Welt kommen wir aber wohl nicht raus…
Die Theodizeefrage insgesamt ist nur schwarz- weiß zu lösen und das ist so oder so unbefriedigend.
LG,
Der Jay
Das Theodizeeproblem hat man nicht, wenn man nicht an einen Gott glaubt. Ich bin sehr dafür, die Welt auch mal ohne Gott zu denken. Der arme Gott muss ja für alles herhalten:-)
Das stimmt natürlich. Allerdings hat man dann auch Gott nicht mehr. Da habe ich lieber das Theodizeeproblem zusätzlich. 🙂
LG,
Der Jay
Und: Interessanterweise wird ja gerade von Atheisten die „unschuldiges-Leid-Thematik“ häufig gegen die Religion oder die Existenz Gottes ins Feld geführt. Also dieses Thema scheint sie doch ziemlich zu beschäftigen…
Grundlegend ist die Theodizee ja die Frage nach all dem Leid in der Welt angesichts der Vorstellung eines allmächtigen, allwissenden und allgütigen Schöpfergottes. Jedenfalls hat Epikur sie rund 400v.Chr. so gestellt. Und er kam völlig zurecht zu dem Ergebnis, dass eines der Attribute, die man diesem Schöpfergott zuschreibt, notwendig mit den beiden anderen Attributen unvereinbar bleiben muss.
Also entweder ist Gott allmächtig und allwissend, dann kann er aber angesichts des Leids in der Welt nicht wirklich gut sein.
Oder er ist allmächtig und allgütig, aber dann fehlte es ihm offensichtlich an Wissen, wie man die Welt frei von Leid einrichten könnte.
Oder er ist allgütig und allwissend, aber dann muss es ihm offensichtlich an Macht gefehlt haben, um die Welt leidfrei einrichten zu können.
Aus Epikurs Vorstellung heraus ist die Theodizee also tatsächlich unlösbar, weil sie fünf Voraussetzungen (Schöpfergott – Allmacht – Allwissenheit – Allgüte – Leid in der Schöpfung) beinhaltet die miteinander letztlich nicht vereinbar sind. Und deshalb kommt er folgerichtig zu dem Schluss, dass es einen solchen Gott nicht geben kann.
Nun kann man sich angesichts dieses durchaus deprimierenden Befundes natürlich die Frage stellen, ob Epikurs Vorstellung eines Schöpfergottes vielleicht irgendwie falsch sei und man deshalb nicht gleich mit ihm zusammen schließen müsse, dass es gar keinen Gott gäbe?
Man könnte ja beispielsweise auch die von Epikur vorausgesetzten Attribute Gottes in Zweifel ziehen und z.B. sagen, dass Gott auch dann noch Gott sei, wenn er vielleicht nicht völlig allmächtig, allgütig, oder allwissend ist…?
Es gibt in diesem Zusammenhang ja auch einen Hossa-Talk, in dem die Allmacht Gottes im Sinne einer Relativierung der „Durchsetzungskraft“ seines Willens diskutiert wird. Sprich: Vielleicht kann Gott ja nicht alles machen was er will?
Ich persönlich halte diesen Ansatz allerdings für unbefriedigend, weil dann eben trotzdem die Frage bleibt, weshalb er nicht alles machen kann was er will? Liegt es also wirklich an mangelnder Macht, oder vielleicht doch eher an mangelndem Wissen, oder eben an mangelnder Güte Gottes? Das epikureische Problem verschiebt sich dadurch letztlich nur und wird nicht angemessen gelöst.
Angesichts der Erkenntnisse der modernen Naturwissenschaften scheint mir persönlich daher ein anderer Ansatz befriedigendere Ergebnisse zu vermitteln, da hier grundsätzlich von der epikureischen Vorstellung eines Schöpfergottes abgesehen und stattdessen ein naturalistischer Ansatz zur Welterklärung gewählt wird, in dem sich schlüssig das Leid aus der strukturellen Entwicklung biologischer Systeme heraus erklären lässt, die man vielleicht wie folgt beschreiben könnte: mit der Trennung der ersten Urzelle kam der Tod, mit der Herausbildung eines Nervensystems kam der Schmerz und mit dem Bewusstsein kam schließlich die Angst in die Welt. Jede höhere Entwicklungsstufe konnte in diesem Sinne also nur zum Preis beständiger Leidvermehrung „erkauft“ werden.
Ähnlich verhält es sich übrigens hinsichtlich der Grundvoraussetzungen unserer Existenz auf dem Planeten. Gebe es z.B. nicht exakt diejenige geothermische Stufe mit entsprechenden Konvektionsströmen im Erdmantel, die es nun einmal gibt, wäre unser Leben auf der Erde unmöglich. Gleichzeitig sind exakt dieselben Phänomene aber auch dafür verantwortlich, dass es Erdbeben, Vulkanausbrüche und Tsunamis, also schreckliches Leid gibt. Man kann das Eine (Leben auf der Erde) nicht ohne das Andere (Naturkatastrophen, Leid) haben.
Diese Grundüberlegungen stellen nun die Frage nach Gott auf eine andere Weise, als Epikur sie sich stellte. Wie sich zeigt, sind wir Menschen Teil einer ambivalenten Natur und eines evolutiven Prozesses, die uns als Lebewesen/Kreaturen zwar hervorgebracht und ermöglicht haben, uns aber nie als Individuum, nie als einzigartige Person und schon gar nicht bevorzugt vor allen Naturprozessen, meinte.
Gott, allein als Schöpfergott gedacht, bliebe in diesem Sinne immer nur der ambivalente „Ermöglichungsgrund“ aller Naturprozesse, ohne Bevorzugung irgendeines ihrer sich in Raum und Zeit vollziehenden Teile. Leid ist dann, unter den oben grob beschriebenen notwendigen Voraussetzungen unserer Existenz, unvermeidbar.
Alttestamentlich wird diese Ambivalenz übrigens sehr gut im Buch Hiob zum Ausdruck gebracht. Neutestamentlich kommt es dann vorallem im Johannesevangelium zu einer Akzentverschiebung hinsichtlich der Frage nach einem Schöpfergott. Die Ambivalenz der Natur/Schöpfung konkretisiert sich dort im fleischgewordenen Wort, welches den Menschen nicht nur hervorgebracht und ermöglicht, sondern auch individuell, als Person/ Kind Gottes gemeint und gewollt hat.
In diesem Sinne ist Gott dann also nicht zuvorderst der Urgrund einer ambivalenten Schöpfung/Natur, mit all ihrem Leid, sondern vorallem eine absolute Person, die dem individuellen Personsein des Menschen als „Beziehungspartner“ (Ich und Du) existentiell gegenübersteht und ihm hinsichtlich seiner Verlorenheit in der Welt so lange nachgeht, bis er ihn gefunden hat. Gottes Allmacht, Allgüte und Allwissenheit käme dann weniger „im Status“ eines Schöpfergottes zum Tragen, sondern vielmehr als rettender und erlösender Gott, der sowohl das Personsein des Menschen, als auch das Sein der Natur von der Vergänglichkeit befreien und vollenden will (vgl. Römer 8,22+23).
Zusammenfassend lässt sich deshalb vielleicht sagen: Die völlig berechtigte Frage nach der Theodizee lässt sich unter den epikureischen Voraussetzungen tatsächlich nicht lösen. Jedoch bezweifle ich persönlich stark, dass sich aus der Beschaffenheit der Natur, oder dem Vollzug der Naturprozesse, Rückschlüsse auf Gott ziehen lassen! Ich persönlich glaube nicht wegen, sondern trotz der Natur an die Liebe Gottes, die mein individuelles Personsein umfängt und trägt; nach Hause, in eine Welt, in der kein Leid und keine Tränen mehr sein werden…
LG
Super Gedanken! Vielen Dank fürs Teilen.
Bei Hiob ist ja (soweit ich das momentan sehen kann) nochmal eine andere Frage gestellt als bei Epikur, nämlich die im Wortsinne eigentliche Theo-Dizee (theos = Gott, dike = Gerechtigkeit) danach, ob Gott gerecht handelt. Also da geht es nicht im Allgemeinen darum, weshalb ein allmächtiger, allwissender und allgütiger Gott Leid zulässt, sondern weshalb das Leid einem Menschen widerfährt, der es nicht „verdient“ hat, weil er so gottesfürchtig lebt. Ich glaube, die umfassendere Frage nach dem warum der Existenz des Leides AN SICH angesichts eines guten etc. Gottes wird dort nicht gestellt. Oder?
Könntet Ihr den Artikel von Jürgen Mette noch verlinken? Würde ich gerne lesen.
Die Seite lädt gerade nicht, aber ich glaube, sie meinten diesen hier:
https://www.pro-medienmagazin.de/kommentar/2019/08/22/von-juergen-mette-ein-brief-an-franklin-graham/
https://www.pro-medienmagazin.de/kommentar/2019/08/22/von-juergen-mette-ein-brief-an-franklin-graham/
Was mir auffällt, ist, dass keiner der Kritiker wirklich inhaltlich auf die Gründe eingeht, die Marty Simpson und Joshua Harris für ihren Ausstieg genannt haben. So findet man weder eine fundierte Auseinandersetzung zu der Frage, wie sich das Bild vom allmächtigen Gott zu all dem Leid in der Welt verhält, noch wird zum Vorwurf der Heuchelei in Bezug auf LGBTQ auch nur ansatzweise Stellung bezogen. Stattdessen flüchten sie sich in Unterstellungen und Allgemeinplätze wie „Der war ja gar kein echter Christ…“, „Er wird schon sehen, was er davon hat…“, „Die Bibel hat immer recht…“ etc. Da geht es für viele Kritiker ohne Umschweife direkt in den Verteidigungs- und Verleugnungsmodus.
Ist ja auch viel leicher und besser fürs Ego, in schimmernder Rüstung mit Schwert und Schild bewaffnet an der Seite seines großen Königs in die Schlacht gegen Dämonenhorden, Ungläubige und Abtrünnige zu ziehen, als freiwillig sein Kreuz auf sich zu nenmen und in Liebe und Demut den untersten Weg (aufeinander zu) zu gehen. Leute wie Franklin Graham scheinen irgendwie das Evangelium nicht wirklich begriffen oder irgenetwas gewaltig missverstanden zu haben.
Was ich mir wünschen würde, wäre, wenn wenigstens der eine oder andere aus dem Verein einfach mal ganz nüchtern eingestehen würde: Ja, bei diesen Themen hakt es bei uns. Da stoßen wir mit unserem Bibelverständnis an die Grenzen. Darauf haben wir keine klare Antwort. Das kann man so oder so sehen. Das muss letztlich jeder für sich selbst entscheiden.
Wenn Jesus tatsächlich die Wahrheit ist, wieso haben dann so viele Christen so viele Probleme damit, sich selbstkritisch auf diese einzulassen?
Es nervt einfach nur noch, wie im evangelikalen Lager stattdessen ein Eiertanz nach dem nächsten um das goldene Kalb des eigenen fundamentalistischen Bibelverständnisses aufgeführt wird. Gerade beim Thema Moral.
Hallo Mitchmax,
ich fürchte, dass die Kritiker von Marty Simpson und Joshua Harris wenig bis gar keine Probleme mit der Theodizee haben und sich gegenüber der LGBTQ+ Community auch nicht als Heuchler verstehen.
Meiner perönlichen Erfahrung nach ist das Gottes-, Menschen- und Weltbild dieser Kritiker (allen voran wohl das des Franklin Graham) derart gestaltet, dass jedwedes Leid, das einen Menschen treffen kann, auf zwar durchaus geheimnisvolle, aber letztlich eben völlig gerechtfertigte Weise und deshalb notwendig erlitten werden musste.
Sei es verstanden als Strafe Gottes, sei es durch Zulassen Gottes, sei es wegen der Sünde des Menschen, oder dem bösartigen Eingreifen des Teufels. Immer gibt es einen „logischen“ Grund, den der Gläubige vielleicht nicht immer verstehen mag, der aber ganz ganz bestimmt vorhanden sein muss, denn sonst würde es ja nicht geschehen.
Das dabei dann regelmäßig völlig kaltherzige, verletzende bis zynische Erklärungsmodelle und Konstruktionen entstehen, darf einem derart Gläubigen nicht weiter beunruhigen, weil man eben der Schrift mehr glauben muss als den eigenen Gefühlen (daher auch der Einwand von John Cooper). Und ihr Gottes-, Menschen- und Weltbild, wähnen diese Menschen nun einmal unmissverständlich der Bibel entnommen zu haben, so dass man das in deren Augen auch gar nicht anders sehen kann.
Biblizistischer Fundamentalismus trifft auf religiös-ideologische Welterklärungsmodelle und schon funzt das bedauerlicher Weise ausgesprochen gut.
LG
der Daniel schrieb:
>> Das dabei dann regelmäßig völlig kaltherzige, verletzende bis zynische Erklärungsmodelle und Konstruktionen entstehen, darf einem derart Gläubigen nicht weiter beunruhigen, weil man eben der Schrift mehr glauben muss als den eigenen Gefühlen (daher auch der Einwand von John Cooper). Und ihr Gottes-, Menschen- und Weltbild, wähnen diese Menschen nun einmal unmissverständlich der Bibel entnommen zu haben, so dass man das in deren Augen auch gar nicht anders sehen kann.
Biblizistischer Fundamentalismus trifft auf religiös-ideologische Welterklärungsmodelle und schon funzt das bedauerlicher Weise ausgesprochen gut. <<
Daran anknüpfend ein paar Informationen zu John Cooper.
Da mir der Gemeindeverband „Living Light Church“, zu dem der Skillet-Sänger John Cooper sich zugehörig fühlt, etwas vertraut ist, kann ich nicht bestätigen, dass die Gefühle in deren Theologie „der Schrift“ untergeordnet werden. Es ist aus meiner Sicht eher so, dass die Gefühle als Ausdruck des Wirkens des Heiligen Geistes gedeutet werden. Es geht darum, Gefühle gezielt zu erzeugen und sich so der Nähe Gottes sicher zu sein. So ist z. B. die Lautstärke beim Worship ein Schlüsselfaktor, da nach der Auffassung der Anbetungsleiter der Heilige Geist sonst nicht umfänglich erfahren werden könne. Diese Vorstellung lässt sich dann auch sehr gut mit Hard Rock kombinieren. John Cooper ist mit seiner Band Skillet also praktisch immer „im Namen des Herrn“ unterwegs. Dass durch Musik im allgemeinen und laute Musik im speziellen der menschliche Organismus stimuliert wird und starke Gefühle entstehen, weiß die ganze Welt. Bei Living Light wird dieses Phänomen geistlich gedeutet als Wirkung des Heiligen Geistes, da es sich ja um Anbetung handelt. Man nimmt in allem die Bibel wort-wörtlich und versucht nicht die Kultur, in der sie entstanden ist, zu verstehen. Das wurde mir von Absolventen der „Living Light School of Worship“ berichtet. In der Lebenspraxis sucht man für seine Alltagsphänomene biblische Erklärungen, also passende Bibelstellen. Die Frage: „Kann der Bibeltext so gemeint sein?“, stellt sich nicht. Das Wort wirke für sich, weil es ja Gottes Wort sei. Es gibt Älteste „unter der Aufsicht eines apostolischen Dienstes. Diese Leitung ist dazu berufen pastorale Fürsorge und biblische Autorität im Leben der Gemeinde auszuüben.“ Wer beruft in den apostolischen Dienst? Gott selbst – irgendwie. Wahlen sind mir unbekannt. Ansonsten trifft man auf das klassische, fundamentalistische Gottesbild: Der zornige, strafende Gott liebt mit seinen „rechtmäßigen Forderungen“ die Menschen; Christus, der die Forderungen erfüllt und den Tod als Lohn der Sünde ertragen hat, damit jeder Sünder „durch das Bekenntnis des Glaubens an das Werk, das Jesus durch seinen Tod am Kreuz und seine Auferstehung von den Toten für uns geleistet hat“ die Chance erhält, „gerettet zu werden“. „Wir tun Buße. Das bedeutet, wir bekennen unsere Schuld, kehren um von unseren eigenen Wegen und unserem unabhängigen Lebensstil. Wir wenden uns Gott zu und folgen seinem Willen gehorsam.“ (Zitate in „Anführungsstrichen“ stammen aus https://livinglightkirche.de/ueber-uns/). „Idealerweise fallen“ Buße, Taufe, Erfüllung mit dem heiligen Geist durch Geisttaufe zeitlich zusammen – wobei das letzte nicht fehlen darf, denn ohne diese besondere Gottesbegegnung würde die Bevollmächtigung fehlen. Die Berufung, die jeder dauerhaft leben sollte, ist die Anbetung. Eingebettet ist jeder in die Gemeinschaft, in der sich alle auch und besonders im Alltag helfen und jeder bereit ist, zu geben. Im Gottesdienst trägt Frau wegen der Engel und/oder wegen der „Schöpfungsordnung“ einen Mini-Schleier, aber gerne auch Tattoo, weil es so in der Bibel steht (also das mit dem Schleier – Tattoos werden genauso wie Hard Rock in der Bibel nicht erwähnt und sind damit kein Problem). Der Bibel zu Liebe und/oder aus Gehorsam machen sie das, je nachdem, wen man fragt. Es wird gelehrt, alles in der englischen (bzw. deutschen) Bibelübersetzung wort-wörtlich zu nehmen, denn auch die Übersetzungen seien direkt vom Geist Gottes inspiriert – und damit ist dann ja nun wirklich alles klar, oder? Es gibt keine Fehler oder Unklarheiten. Es gibt keine Kulturabhängigkeiten. Es gibt nur fehlendes Verstehen. Im Web kann man bei Living Light Church darum auch ganz genau nachlesen, wie die Zukunft aussehen wird: „Am Ende dieses Zeitalters wird Christus zurückkehren, um die Lebenden und Toten zu richten. Der Teufel und alle, die nicht zu Christus gehören, werden dann endgültig von der Gegenwart Gottes getrennt und erleben diese Trennung als unaufhörliche Qual. Alle Gläubigen werden körperlich von den Toten zum ewigen Leben in der Gegenwart Gottes auferweckt. Gott wird einen neuen Himmel und eine neue Erde errichten. Dort werden wir gemeinsam mit Christus in der Vollendung seines Königreichs regieren. Gottes Herrlichkeit wird alle Dinge ausfüllen und wir werden ihm für immer dienen und ihn anbeten.“
Ausgehend von dieser Theologie kann es sich für John Cooper wahrscheinlich nur um eine perfide Aktion „des Teufels“ handeln, wenn christliche Leiter persönliche Krisen erleben, sich als Suchende outen oder ihren Fundamentalismus über Bord werfen. Sein Rat: "Lasst uns keine kreativen Wege finden, um Gottes Wort in das Bild unserer Kultur zu quetschen, indem wir unbequeme Wahrheiten unterdrücken." – Ein seltsam verquarzter Satz, der diesem extremen Wort-wörtlich-zeitlos-kulturunabhängig-Bibelverständnis entsprungen ist.
Hallo Ralf,
vielen Dank für deine umfangreichen Informationen zur „Living Light Church“! Du kennst dich da ja offensichtlich richtig gut aus und so, oder so ähnlich, wie nun von dir beschrieben, hatte ich mir die Community der im Talk thematisieren Kritiker auch vorgestellt.
Irgendwie finde ich deren Theologie und der daraus resultierende Umgang mit ihren Mitmenschen echt ziemlich eindimensional und vorhersehbar. Deshalb wundert mich das auch kein bisschen, dass sich deren Kritik so äußert, wie sie es nun einmal getan hat.
Vielen Dank, dass du meine „Vorurteile“ bestätigt hast… ;-))
LG
That’s it!!
Ehrlich gesagt habe ich in Diskussionen mit streng Evangelikalen selten Argumente gehört, die sich inhaltlich auf das jeweilige Thema bezogen… Es war meist ein Ausweichen auf eventuelle Fehler meinerseits und eine auf irgendwelche (meist moralischen) Äußerlichkeiten, die mit dem Thema nichts zu tun hatten. Und letztlich endeten sie mit einem: „Aber ich habe Recht und du nicht. Denn ich bin ein wahrer Christ und der einzige von uns, für den die Schrift WIRKLICH die einzige Autorität ist. Basta. Und wer etwas anders sieht als ich, der ist halt blind und verführt. Kann man nichts machen, hat ja die Schrift schon vorhergesagt (oder gar versprochen!)“. Und je kritischer meine Anfragen wurden und je mehr ich biblisch argumentiert habe, desto lauter wurde zunächst dieses“ ABER ICH habe Recht“. Bis dann irgendwann gar keine Reaktion mehr kam – möglicherweise, weil man sich ja schützen muss vor den Verführenden und Verführten…
Ich habe herausgefunden,
dass Menschen, die die Bibel eher „fundamentalistisch“ verstehen,
oft die Formel verwenden: Die Bibel sagt … – manchmal kommt auch noch das Wort
„ganz klar und eindeutig“…
Die Bibel selber spricht aber nicht. Sie ist ein Buch.
Und das meine ich jetzt nicht nur als „Wortwitz“.
Diese Aussage vergisst eben den „Lesenden“, den Interpretierenden.
Diese Ausssage täuscht eine Objektivität vor, die für diese Menschen
(wie Siggi Zimmer gerne sagt – unsere geliebten Brüder und Schwestern)
ein wichtiger Halt ist.
„Da steht es doch – klar und eindeutig – was gibt es denn da zu deuteln…“
Manchmal frage ich, ob es sie stören würde, wenn sie – bevor sie sprechen,
diesen Einleitungssatz davor setzen würden, nämlich:
„Ich verstehe die Bibel an diesem Punk auf diese Weise…“
Manchen fällt dies schwer, denn damit wird deutlich, dass man die
„Objektivität der Bibel“ immer nur mit der eigenen Subjektivät, den
eigenen Lebenserfahrungen bekommen kann.
Ich habe den Eindruck, wenn man durch gewissen Zweifel hindurchgegangen ist,
und sich der Glaube auf eine neue Art gezeigt hat,
dann kann man sich zu dieser Subjektivität besser stellen.‘
Und dieser Einleitungssatz gehört zum „normalen Unterhaltungs-Werkzeugkasten“.
Ich bin jedenfalls sehr froh darum, denn das entspannt auf der einen Seite ungemein,
macht es aber auch sehr spannend, die Interpretationen und Lebenserfahrungen von anderen
Mitmenschen zu erfahren und dann zu sehen, ob sich dadaurch auch bei mir bestimmte
Fragen dadurch lösen lassen oder es einen Perspektivwechsel geben kann.
Das finde ich ungemein befreiend – so als würde man in einem dumpfen, dunklen Raum,
die Vorhänge wegziehen und das Fenster weit aufmachen.
Ich glaube aber, dass man diese Erfahrung erst dann machen kann,
wenn man in seinem „alten Weltbild und seinem Glauben“ scheitert,
an Grenzen stösst und einfach viele Dinge auf dieser Welt nicht mehr ausblenden kann oder möchte.
Ich glaube, diese „Dekonstruktionsphase“ kann in verschiedenen „Weltbildern“ geschehen,
vor allem eben in „Ideologien“, die einen Allgemeingültigkeitsanspruch erheben.
Ob es auch eine Bewegung vom „Liberalismus“ zum „Konservatismus“ hin geben kann, das kann ich mir
schon vorstellen- weil es soviele unterschiedliche Lebenswege gibt.
Hier vermute ich aber eher als Motiv, die Suche nach Halt und vielleiht auch nach konkreter, eindeutiger
Aussage und einer konkreten Wahrheit. Der Zweifel – als Methode – ist auf dem Weg dorthin wahrscheinlich weniger hilfreich.
viele liebe grüsse, steve
Der Zweifel wird rasch als Unglaube angeprangert. Da habe ich wenig Lust, mit diesen Leuten zu diskutieren. Allerdings habe ich auch Mitleid und Verständnis für Menschen wie John Cooper, sie brauchen Halt, ansonsten stürzen sie in ein tiefes seelisches Loch. Und in so einer Gemeinde wird man dann auch nicht aufgefangen, da ist der Zweifel keine Option.
Trotzdem kann ich manchmal nicht anders, als Menschen, die an eine Objektive Wahrheit der Bibel glauben, ein paar schwierige Fragen zu stellen und Zweifel zu provozieren. Irgendwie muss das jeder irgendwann mal lernen. Ich versuche es nicht „ohne Rücksicht auf Verluste“ zu machen.
Naja das klappt im post faktischen Zeitalter überall ganz gut.
Klimawandel? Ne du fühl mich jetzt im September ja noch voll amschwitzen.
Migration? Mein Bauchgefühl sagt mir die bringen uns nur das Verderben
Impfen? Ich fühle, das ist was ganz böses
Gefühle sind ein zweischneidiges Schwert. Die einen wollen anderen Schaden, oder es wird zum Selbstschutz.
Echt schwierig manchmal.
Da suchen dann viele Sicherheit bei vermeintlich sicheren Wahrheiten.
Hammer Folge. Ich kenne mich mit evangelikalen Berühmtheiten überhaupt nicht aus. Aber bei Franklin Graham kam mir direkt der Gedanke des Geldes. Der Typ verdient mit Sicherheit nicht schlecht daran, seine Doktrin so weiterzuführen, den Angst ist ein gutes Instrument, Menschen zu binden.
Wenn man Glauben in Frage stellt und Zweifel äußert, zwingt man Nachfolger, sich selbst gesamten zu machen und im schlimmsten Fall andere Prediger zu hören. Dann verliert man, in Grahams Fall, Geld, Reichweite und damit auch politischen Einfluss.
Um das Gesamtbild der Stimmen zum Thema noch etwas zu erweitern hier noch ein Link, der zeigt, dass es auch von konservativ-evangelikaler Seite nachdenkliche und selbstkritische Töne gibt:
https://albertmohler.com/2019/08/01/briefing-8-1-19
Leider sind wir grundsätzlich neurologisch so gestrickt, dass wir Neuem gegenüber sehr skeptisch sind. Neue Gedanken erfodern Anstrengungen im Gehirn, und das Gehirn liebt es sich NICHT anstrengen zu müssen, neurologisch gesehen ist es halt auf möglichst wenig Energieverbrauch getrimmt. Deshalb lieben die Menschen auch Netflix.
Einige haben gelernt, dass sich Anstrengung lohnt und sind darauf hin erzogen worden, einige nicht (was nicht abwertend gemeint ist).
Deshalb sind das ganz normale Reaktionen einer Gruppe (SPD Ortsverband, Karniggelzüchter, Gemeinden) erstmal ablehnend zu reagieren.
Allerdings schaffen die Frommen das in einer besonders menschverachtenden, selbstgerechten Weise weil es den Andersdenkenden-/empfindenden die Würde nimmt und ihn zu einem Objekt der Verachtung macht. Ihr wird das Recht abgesprochen überhaupt sich zu äußern. Und noch eben eimal nachtreten… Und dieses System ist gewollt, weil da viele Leute gut und gerne drin Leben. Die Eigenverantwortung gibt man an der Tür an den Pastor oder an einen 25-jährigen Lobpreisleiter ab.
Jedem, der in einem System drin ist, kann ich wirklich die Empfehlung geben, sich mal bewusst ein Jahr Auszeit von Kirche/Gemeinde zu nehmen und zu schauen wie sich sein Leben verändert. Sich mal daneben zu stellen, Sonntags mal das Frühstück für Partner und Kinder zu machen, ’nen schönen Ausflug in den Zoo… so ganz normale Dinge (aka „Sünde“). Es wird Dein Leben mehr verändern als die letzten 253 sonntäglichen Predigten. Nachteil: Es ist unbequemer.
Der Mensch verändert sich nachhaltig nur durch Schmerzen.
Leider.
Oder doch nicht „leider“?
Zurzeit (Momentaufnahme) genieße ich meine sonntäglichen Spaziergänge im Wald geistlich wesentlich mehr als die bisher gewohnten Gottesdienstbesuche. Einfach mal ungefiltert Gott in der Stille erleben, ohne dass ständig irgendjemand dazwischenplärrt, -singt oder -betet. Herrlich!
Bei diesen Spaziergängen stelle ich mir dann auch mal Fragen wie etwa: Wann „glaube“ ich denn überhaupt? Was ist überhaupt „Glaube“? Welche konkreten Vorstellungen von „Gott“ muss ich haben, um mich als „gläubig“ zu bezeichnen? Genügt es, wenn ich zu mehr als 50 % überzeugt bin, dass Jesus für meien Sünden gestorben ist? Oder müssen es gar 80 oder 90 % sein? Oder reichen bereits 20? Und was bedeutet „Gott“ überhaupt konkret für mich und mein Leben, oder dieser „Jesus“? Ist es tatsächlich ein „Abfall“ vom Glauben, wenn ich gewisse Lehren oder Lehrsätze aus der Bibel für mich nicht mehr als wahr ansehe oder anzweifle? Ist es ein Abfall, wenn ich die Existenz einer höheren Intelligenz im Universum nach reiflicher Überlegung als überwiegend unwahrscheinlich betrachte? Alles eine Frage der Stochastik?
Letztlich muss wahrer „Glaube“ doch immer etwas Tiefergehendes sein als das bloße Fürwahrhalten oder Anzweifeln irgendwelcher Glaubenssätze oder biblischen Berichte. Eher eine Art Haltung. Eine Prägung. Oder um mal in dem Bild zu bleiben, das Paulus verwendet: Etwas, das in mich hineingegossen wird; und dann kommt ein Stopfen drauf. Das kann man auch nicht an- und ablegen wie irgendein Kleidungsstück. Wenn man das Wort von Jesus ernst nimmt, dann ist letztlich die Liebe das entscheidende Kriterium. Und die schwert sich nun mal nciht um irgendwelche Konfessionen oder Denominationen.
Von daher sind diese ganzen Abgrenzungsversuche wie „Christ“ oder „kein Christ“, „gläubig“ oder „ungläubig“ doch eigentlich völliger Blödsinn. Man kann Menschen nicht einfach danach qualifizieren, ob sie irgendetwas (Gott), das sie nicht genau wissen (können) und von dem sie letztlich keine Ahnung haben, für wahrscheinlich oder unwahrscheinlich halten. Wenn Jesus zwischen Gläubigen und Nichtgläubigen differenziert, kann es somit im Kern nicht um bloßes Fürwahrhalten oder Anzweifeln gehen. So oberflächlich (wie wir) ist Gott nicht.
Alles ist in ständiger Bewegung. Menschen, die sagen „Hier die Wahrheit für Dich!“ meide ich. Niemand hat DIE Wahrheit. Das Konzept der Hölle hat mich bisher noch nicht überzeugt, insbesondere nicht in Verbindung mit dem angeblichen Prinzip Gottes, dass wir einen freien Willen haben. Es gibt Fragen, da gibt es keine Antwort. Und wenn man eine gefunden hat, dann gibt es drei neue Fragen. That’s life.
Im Endeffekt bleiben 2 Dinge:
1.) Sei kein Brschloch
2.) Sammel genug Karmapunkte, damit Du nicht als Kakerlake wiedergeboren wirst.
wer verstehen will, was diesen Graham junior antreibt:
https://cstroop.com/2018/05/30/authoritarian-christianity-or-what-franklin-graham-really-means-when-he-equates-progressivism-with-godlessness/
interessante These dass der Religion vs. Säkularität aus der Zeit des Kalten Krieges stammen soll, zumindest was den amerikanischen Evangelikalismus betrifft (und ich es richtig verstanden habe 😉
Sehr geiler Talk!
Erschreckend ist natürlich die Reaktion von Franklin Graham – ich denke, dass hier ein wesentlicher Grund seiner Reaktion ist, dass es hier um ein Business geht. Grahams Organisation, Samaritan’s Purse, hat einen Jahresumsatz von $388 Millionen, er selber bekommt als CEO jährlich $622k Gehalt. Steuerfrei, versteht sich – ist ja ne religiöse Organisation.
Diese Revenues sind natürlich über die Zeit in Gefahr geraten – der Prozentsatz der White Anglo-Saxon Protestants (Wasp) ist über die Jahre rückläufig – dazu tragen natürlich auch u.a. Latinos bei, die eher katholisch sind und natürlich eine zunehmende Säkularisierung – alles nicht neu und nicht USA spezifisch. Aber natürlich ist Trump ein wunderbares Vehikel für diese „Wasps“, um die Gewinne zu stabilisieren – daher ist Trump natürlich auch die Unterstützung von Graham & Co. sicher.
Wenn jetzt jemand daherkommt, der die „einzig wahre Lehre“ in Frage stellt, der aber vorher komplett „auf Linie“ war, dann stört das natürlich die Gewinnmaximierung und Graham kann zusätzlich die verbleibende „Gemeinde“ durch seine Aussagen konsolidieren und eventuell sogar neue „Mitglieder“ gewinnen, denn der Fox Podcast hätte ohne den Instagram Post ihm sicher nicht diese Plattform gegeben. Also aus strategischer Sicht, muss ein solches Statement von Graham folgen – es ist als „Business Decision“ quasi unvermeidlich 🙂
Ich will gar nicht unterstellen, dass Graham in Wirklichkeit anders darüber denkt, aber die Situation auszunutzen gelingt ihm natürlich perfekt. Der Aufschrei ist groß und ich kann mich weiter definieren und abgrenzen: Wir haben die Wahrheit – die einzige Wahrheit und sind deshalb unter dem Schutz Gottes. Wir sind die wahre Volksfront Gottes, nicht so halbgare göttliche Volksfronten weiter links von uns. Das „Geschäft“ mit Zweifeln und Hinterfragen war und ist schon immer schwierig gewesen – die einfachen Antworten sind halt so deutlich und klar und weiß – nicht schwarz. Gäbe es ein Grau, dann wären am Ende ja die $388 Millionen noch mehr in Gefahr – vor allem aber das Jahressalär.
Das ist sicherlich alles verstörend aber am Ende wird es nicht erfolgreich sein – eine Frage der Zeit … ich find’s super, dass Zweifel plötzlich unter Glaubenden „legal“ werden – die Entwicklung geht weiter – irgendwann ist das alles völlig normal und wir gehen den nächsten Schritt …
Nur eins von vielen Beispielen aus der Vergangenheit: „Der schottische Arzt und Geburtshelfer James Young Simpson hatte Chloroform als Narkosemittel zur Geburtshilfe eingesetzt. Die Schmerzlinderung mit Chloroform geschah allerdings gegen den Widerstand der anglikanischen Kirche. Viele Kleriker hielten Qualen der Geburt für die gerechte Strafe für Evas Sündenfall, also für gottgewollt. Nachdem John Snow 1853 das Chloroform auch erfolgreich bei der Königin Victoria (Oberhaupt der englischen Staatskirche) zur Narkose angewendet hatte, wurde es in Europa zunächst das am meisten verbreitete Narkosemittel.“ (aus Wikipedia)
Das würde heute niemand mehr ernsthaft in Frage stellen – der Punkt mit den Zweifeln ist natürlich ein anderer, aber hier geht es mir um die Ablehnung von etwas Neuem – darin waren christliche Kirchen schon immer gut. Jetzt „erlaubt“ es Social Media, dass christliche Führer ihre Zweifel „zur Schau stellen“ – also offen über ihre Entwicklung reden und Dinge auch mal grundsätzlich in Frage stellen. Weil das bislang im christlichen Sektor so unüblich ist, muss man eigentlich sagen: Endlich! Ich bin genauso gespannt, wie’s mit den Jungs weitergeht – weniger interessiert mich Graham und Co – denn eine Weiterentwicklung ist nicht zu erwarten – die Positionen haben schon jetzt ausgedient – ja, man kann noch ein paar Dollars damit verdienen aber hier ist doch eine Entwicklung im Gang, die sich gar nicht mehr aufhalten lässt.
Eure Analyse zum Gottesbild der kommentierenden Leuchtgestalten der Evangelikalen Bewegung finde ich gut. Allerdings geht es aus meiner Sicht noch weiter: mit diesem Gottesbild wird ein Machtanspruch und Machtsystem begründet und stabilisiert.
Meiner Meinung nach ist der „Evangelikalismus“ in ein vergleichbares Machtsystem in Amerika (und von dort ausstrahlend in die ganze Welt) wie die Katholische Kirche im Mittelalter in Europa. Bei der Verfolgung der Ketzer im Mittelalter ging es ebenfalls nur vermeintlich um das Seelenheil der Betroffenen – vor allem ging und geht es darum, das etablierte System vor Erosion zu schützen.
Ein narzistischer, pussy-grabbing […fill in the blanks…] Präsident ist dem symbiotischen System aus Politik, Geld, Einfluss und evangelikaler Religion nützlich und wird daher angedient, „Influenzer“, die sich trauen die Säulen des System (wie beispielsweise Angst und Autoritätsergebenheit) in Frage zu stellen, werden hingegen kaltgestellt.
Also grundsätzlich: Zweifel ist die Schwester des Glaubens. Wer zweifelt sündigt nicht. Ohne Zweifel kein Neuanfang keine Entwicklung. Selbstverständlich verurteilen wir Zweifler nicht.
Aaaaaaaber den Zweifel, den ihr beschreibt kommt mir gewissermaßen wie eine Einbahnstraße vor. Er führt nur in eine Richtung. Theoretisch müsste es doch auch möglich sein in die andere Richtung zu zweifeln (also von einem liberalen Glauben zu einem sagen wir mal konservativen). Es gibt eben auch ein Festhalten am alten, trotz des Zweifels.
Außerdem wenn ihr die Zweifler feiert (wie am Ende des Talks) erweckt ihr in mir den Eindruck, als sei es das höchste Ziel des Gläubigen zu zweifeln. Das würde ich aber bezweifeln (what a joke). Manche Mitmenschen erscheinen mir so, als hätten sie es sich in ihrem Zweifel sehr gemütlich eingerichtet. Ich meine nicht den Zweifel aufgrund irgendeines Verlustes (Gesundheit, Versorgung, Menschen), sondern den Zweifel aufgrund von Gedankenkonstruktionen (Hamsterrad). Man kann den Zweifel auch wie eine Trophäensammlung betreiben, im Sinne von schau mal was ich alles schon durchdacht habe.
Da ist sicher was dran, gilt umgekehrt aber genauso für viele Gläubige und ihren Glauben.
LG,
Der Jay
Ich denke, es wird immer dann bedenklich, wenn man sich über andere erhebt.
Streiten sollte man allerdings schon noch dürfen und Jesus himself war ja auch nicht unbedingt „streitscheu“…
(Ich denke, es kommt dabei eben immer auf das „Wie“ an und in diesem Zusammenhang fand ich es sooo toll,
als Jay anmerkte, das er NATÜRLICH auch mit Franklin Graham das Abendmahl feiern würde.
Jetzt kommt ein gewisser „shift“ – wo ich hoffe, ihr verzeiht mir das.
Ich hab den Link zwar schon gerade in den Talk 67 reingestellt, der schon lange her ist,
aber ich denke, er passt hier auch ganz gut.
Es ist ein – wie ich finde – ziemlich guter Vortrag von Prof. Zimmer über das Buch Hiob.
(es ist KEIN Vortrag von Worthaus – sondern er wurde hier bei uns in Winnenden in der Schlosskirche gehalten – Siggi Zimmer ist sehr gut zu verstehen – die Frau die die bibelstellen vorliest leider kaum – da müsste man dann halte selber nachlesen)
Für mich sehr erhellend war u.a., dass die 3 Freunde aus den damaligen „Lehrmetropolen“ gekommen sind. (was für mich ein eindeutiger Hinweis darauf ist, dass es sich hier um eine sehr tiefe und wahre Dichtung handelt und nicht um einen Tatsachenbericht)
In einem Gedankenexperiment könnte man vielleicht die Namen berühmter Gelehrter anstelle der Namen der 3 Freunde einfügen:
Das wäre dann C.S. Lewis aus Oxford, Billy Graham (oder auch Franklin, aber er wirkt auf mich irgendwie zu klein dazu) aus den Südstaaten und tja – vielleicht auch seinen eigenen Namen – je nachdem was man so denkt.
Nicht um sich in den Kreis dieser klugen und berühmten Personen einzureihen, sondern um das Ganze persönlicher zu machen…- und dann auch die Antwort Gottes am Ende anders wahrzunehmen) –
– das war der Bezug zu diesem Talk hier…;-) –
Womit ich selber aber wirklich immer wieder Probleme habe,
ist die „Gottesrede“ ab Kapitel 38. Die finde ich – ehrlich gesagt – auch in dem Vortrag irgendwie „schwach“.
Da denke ich immer: Das ist doch irgendwie der Höhepunkt von allem – und dann kommt da auch fast nur wenig anderes, als von den 3 Freunden – jetzt halt aus dem Wettersturm – von Gott. Aber auch er sagt ja zu Hiob: Hm, was willst du denn, du Wicht…
Guck mal – was ich für ein gewaltiger Gott bin, das hab ich alles gemacht usw…
Mich hat das enttäuscht und ich versteh immer noch nicht , da hab ich das Gefühl „Thema verfehlt“, das ist doch wirlich kein Trost und auch keine Antwort auf all die berechtigten Fragen die Hiob hatte – – warum Hiob daraus dann wieder Mut und Zuversicht schöpfen kann – keinen Schimmer?
Vielleicht soll dies aussagen – dass es eben immer ein Unterschied ist – wer es sagt….
Oder es soll sagen – so wie bei Paulus: Was willst du, kann denn der Topf mit dem Töpfer rechten?
Ich empfinde das aber als „Schlag ins Gesicht“ – wenn wir von der Vorstellung ausgehen, dass Gott uns liebt und uns
als Ebenbild, als Gegenüber geschaffen hat – dann kann man doch nicht – wenn es schwierig wird – einfach sagen: Und ausserdem, du hast hier überhaupt nichts zu melden, du Wurm!
Aber – wie gesagt – auch im Vortrag von Prof. Zimmer – empfinde das als für mich nicht so schlüssig oder erhellend.
Vielleicht würde das die Position bestärken, die der „beschränkten Allmacht“ Gottes, die – so meine ich mich zu erinner – Jay mal als für ihn derzeit besten aller möglichen Denkwege aus dem Schlamassel – beschrieben hat.
Hat jemand von Euch dazu eine gute Idee? Wie denkt ihr darüber?
Dass Gott dann am Ende auch die Reden der Freunde „als nicht recht von ihm geredet“ abkanzelt,
das hat mich – als ich das Buch zum ersten Mal gelesen habe, richtig umgehauen. Damit hatte ich wirklich nicht gerechnet.
Und ich fand das unglaublich, dass das in der Bibel stand. DAs war so tief..
ABer das hat mich dann wieder etwas mit der „Gottesrede“ versöhnt, aber nur kurz und nur ein bissle…
Gerne würde ich dazu auch mal jüdische Gelehrte dazu befragen – könnt ihr mal welche einladen?
Zu einem Talk darüber?
Vielleicht Torsten Dietz ja jemand. Oder er selber weiss was dazu?
vielleihct ist es ja auch zu weit weg von dem Thema oben – aber vielelicht auch nicht 😉
viele liebe grüsse, Steve
und hier ist der Link nochmal: https://drive.google.com/file/d/0B28lvSe82XZ4OXZLUHAxT01CSVE/view
Ich verstehe die Gottesrede aus dem Wettersturm bei Hiob immer als die Weigerung eine Antwort zu geben. Nicht die Weigerung Gottes, nach dem Motto ätschibätschi, ich sags euch nicht, sondern als die Weigerung des Buches Hiob. Also als die im Leiden gereifte Erkenntnis, dass der Mensch zu klein ist, um das Problem des Leidens lösen zu können. Die Freunde des Hiob hatten ja sehr konkrete Lösungen zur Hand („Du musst gesündigt haben“), die das Buch Hiob verwirft, weil es sieht, dass man damit Menschen mehr schadet als hilft und nicht gerecht werden kann. In der Rede aus dem Wettersturm, in dem „wo warst du, als ich…“ wird deutlich wie wenig irgendwer über das Leben und über Gott tatsächlich weiß. Aber in diesem Sturm der Weigerung eine Erklärung abzugeben, begegnet der Protagonist Gott – und diese Begegnung, nicht die geforderte Antwort, verändert für ihn alles.
LG,
der Jay
Lieber Jay,
das ist die beste Antwort, die ich je gehört oder gelesen habe.
Damit kann ich gut – sie macht für mich wirklich Sinn und entwertet das Buch nicht.
Vielen Dank dafür!
LG Steve
Klasse Gedanke, Jay!
Was ich an der Antwort Gottes aus dem Sturm so spannend finde, ist die Beschreibung, wie er die verschiedenen Tiere versorgt, die praktisch alle zu den unreinen gehören!
Das scheint mir seine Reaktion auf Hiobs Bericht über seine „gerechte“ Art, mit „guten und gottlosen“ Bedürftigen umzugehen: Hiob kümmert sich liebevoll um die Unschuldigen, aber NICHT um die Kinder der Gottlosen und weiß sich damit auf der Seite der Gerechten.
Und dann scheint mir hier Gott mit dem Zaunpfahl zu winken und ihm zu zeigen: Schau mal, Ich kümmere mich nicht nur um die reinen hungrigen Tiere, sondern auch um die wilden, unreinen!
Und Gott gerät bei der Beschreibung dieser Geschöpfe, inclusive der todbringenden wie Behemot und Leviathan richtig ins Schwärmen ?!
Für mich klingt das stark nach einer Einladung Gottes an Hiob, sich nicht mehr länger zum Richter über die Menschen zu machen, sondern sich um alle zu kümmern, die in Not geraten sind.
Gerade Hiob leidet ja selber gerade darunter, dass er von seinen Freunden quasi als Unreiner abgeurteilt wird, obwohl er doch immer nur versucht hat, gerecht und rein zu leben und sich im Moment einfach nur ihr Mitgefühl wünscht.
Ich habe mich auf den „3. Blick“ im Buch Hiob in Gott verliebt ?
Zu Hiob empfehle ist das Buch von Heinz Schumacher „Das Buch Hiob – Ist Gott mein Freund oder mein Feind?“, Paulus-Buchhandlung KG Heilbronn. Nur ein wichtiger Gedanke daraus:
Er hebt hervor, dass die Selbstrechtfertigung Hiobs gipfele in dem Ausspruch: „Ich wollte Ihm nahen wie ein Fürst“ (Hiob 31,37). Hiob glaube also, er könne Gott auf Augenhöhe begegnen. Er verlasse den Pfad der Weisheit, deren Kennzeichen zuallerst die Gottesfurcht sei, sondern wandle auf den Spuren Satans, der sich selbst dem Allerhöchsten gleich machen wollte (Jes. 14,14). Und dann kommt das Reden Gottes aus dem Wettersturm usw.
PS Die biblische Folie für das alles wäre für mich übrigens die Geschichte von den zwei verlorenen Söhnen. So wie Jesus sie erzählt, kann der erste Sohn nur deshalb am Ende beim Vater ankommen, weil er am Anfang von ihm weggegangen ist. Ob der zuhause gebliebene Sohn je beim Vater ankommen wird, lässt Jesus dagegen bewusst offen.
Hier kommt übrigens meine positive Einschätzung von Zweifelphasen und Lebensbrüchen und das gespannt darauf sein, wie es weiter geht, wenn jemand dem Glauben den Rücken kehrt, her. Ich sehe solche Phasen als nötig und wichtig an. Und finde, wir sollten uns diesbezüglich an der Entspanntheit des Vaters in der Geschichte orientieren. Meines Erachtens sind wir alle immer wieder entweder der eine oder andere Sohn. Man kann auch „in der Dekonstruktion“ zuhause bleiben ohne beim Vater anzukommen, genauso wie man als scheinbar „Zuhausegebliebener“ sich meilenweit entfernt vom Vater aufhalten kann. Und natürlich kann man auch bewusst weggehen und nicht zurückkommen, oder weggehen und unterwegs den Vater treffen. Garantien gibt es keine – sonst würde die Geschichte nicht offen enden. Aber der Vater scheint in all dem ziemlich entspannt zu sein. Daran orientiere ich mich.
Wir sitzen alle im selben Boot, denke ich. Darum sehe ich keinen Grund, so zu tun, als säße irgendwer in einem „sichereren“ Boot als ein anderer. Anders ist die Gegenüberstellung der beiden Söhne in der Geschichte doch kaum deutbar. Und deutlich mehr Sorgen macht sich die Geschichte doch um den zweiten Sohn.
Von daher ist von verlassenen „Schutzräumen Gottes“ zu schwadronieren nichts anderes, als das unreife Geschwätz des Zuhause gebliebenen.
Die Konstante bei beiden verlorenen Söhnen ist die Liebe des Vaters, die immer da ist und zur gegebenen Zeit versucht mit unterschiedlichen Mitteln beide verlorenen Söhne (also uns alle!) zu erreichen. Ich finde das Hoffnungsvoll. 🙂
LG,
der Jay
Ich finde es mehr und mehr bemerkenswert, dass Jesus diese (und die zwei anderen „Verlorenen-Geschichten“ vom Groschen und dem Schaf) den Pharisäern erzählt, als sie sich darüber aufregen, dass Jesus „Sünder annimmt und mit ihnen isst“. Während die Sünder und Zöllner von sich aus zu Jesus kommen, weil sie ihn hören wollen (Lk 15,1)!! Die Pointe der Geschichte ist mE nicht (wie das so oft ausgelegt wird), dass man sich davor hüten soll, zu zweifeln und von Gott „wegzulaufen“, weil einem dann so viel Schlimmes passiert (weil man den Schutz Gottes verlässt!), sondern dass man dieser zweite versauerte Sohn werden könnte, wenn man immer nach außen hin nah bei Gott ist, aber sich dennoch nie seiner Güte und Liebe bewusst ist.
Genau! Einfach wunderbar, was Du geschrieben hast, Jay.
Für mich ein Volltreffer.
LG Steve
Meine Anmerkung bezog sich in diesem Bild/Gleichnis auch eher darauf wann wird etwas gefeiert. In dem Gleichnis wird ja nicht gefeiert als der erste Sohn das zu Hause verlässt, sondern als er wiederkommt.
Ich Sag’s mal so, würde die evangelikale Welt nicht so einen Droh- und/ oder Entrüstungstanz aufführen, wäre „das feiern“ auch nicht nötig. Mein Eindruck ist eben, wenn nicht irgendwer DEUTLICH sagt, dass Menschen ja wohl bitteschön das Recht haben, ihre eigene Entwicklung zu machen, überlässt man den Franklin Grahams und Skiled-Sängern dieser Welt die Deutungshoheit darüber. Und dann, gute Nacht!
LG,
Der Jay
Lieber Norbert,
vielen Dank für deine Stimme und Beiträge hier in diesem Talk.
Interessant ist aber doch auch, dass Jesus in diesem Gleichnis noch den älteren Sohn in die Geschichte „einbindet“.
Wenn es „nur“ um das Heimkommen und die Freude der Focus des Gleichnisses gewesen wäre, dann wäre es auch ein sehr schönes Gleichnis – ähnlich dem Wiederfinden des verlorenen Groschen oder des Schafes.
Der zuhause-gebliebene ältere Sohn hat aber – anscheinend – auch eine wichtige Funktion in diesem Gleichnis. Und ich denke schon, dass es eine Art von Kritik von Jesus ist, an mancher Selbstgerechtigkeit und Scheinsicherheit einiger seiner Zuhörer und Kritiker. Und – wer mag es letztendlich wissen – die spüre ich schon auch, wenn ich die Kommentare von F. Graham lese.
(Gleichzeitig muss man natürlich auch wieder aufpassen, dass man nicht einen neue Art von Selbstgerechtigkeit diesen gegenüber hat…)
Ich mache auch manchmal Kinder-GoDi und da hab ich auch dieses Gleichnis mal erzählt oder auch nachspielen lassen.
Ich finde es immer interessant, wie die Reaktionen und Positionen der Kinder sind.
Viele stehen auch auf der Seite des älteren Sohnes.
Wie auch immer – ich finde es eine gute Grundlage für interessante Gespräche – mit den Kindern.
viele liebe gruesse
steve
Der Gedanke mit der Trophäensammlung kam mir auch schon öfters beim Lesen von manchen ex-Evangelikalen/ postchristlichen/ liberalen Posts und Statements: Jetzt feiert man halt nicht mehr den eigenen starken Glauben und die altbewährte Dogmatik, sondern, dass man möglichs vieles scheiße findet und überholt und zweifelhaft. Und man ist in der „Post-Bubble“ immer nur dann cool und mit dabei, wenn man genauso zweifelnd und anti denkt wie alle anderen. Aber wehe man denkt mal anders als die Mehrheit um einen herum – da hat dann die Toleranz auch schnell mal ein Loch und dann gibts doch plötzlich Tabus, über die man sich besser nicht äußert.
Das ist irgendwie auch nicht das Gelbe vom Ei.
Dass jemand sich zu einem konservativen Glauben hinzweifelt, kann ich mir allerdings nur sehr schwer vorstellen.
Stimmt, das hast du echt gut ausformuliert, Katja.
Bin bei dir. Irgendwie muss man immer aufpassen, dass man sich nicht „über die anderen stellt“…oder zumindest „nicht zu sehr“ – die „Arroganz-Falle“ – die lauert irgendwie überall.
so im Hinterkopf zu behalten, dass auch das „größte Ekel“ immer noch Gottes unendlich geliebtes Kind ist – puh- echt nicht leicht…
LG steve
Hallo Norbert,
da sich bisher noch niemand konkret zu Deiner Vermutung geäußert hat, man könne doch sicher auch von liberal zu konservativ zweifeln, melde ich mich mal. Ich scheine hier die Quoten-Liberale unter den Hossa-Hörer*innen zu sein. Zweifelerprobt bin ich auch… 😉
Anders als im evangelikalen Milieu gibt es keine belastbare qualitative Studie dazu, wie Liberale zweifeln. Meiner Ansicht nach müsste so etwas wie Tobias Faix‘ Interviewreihe zu „Warum ich nicht mehr glaube“ dringend auch mit (Ex-)Liberalen gemacht werden. Ich kann jetzt also nur von mir persönlich ausgehen, wenn ich sage, dass Liberale anders zweifeln. Sowohl inhaltlich als auch von der Art und Weise.
Es gibt Themen, an denen wahrscheinlich Christen aller Denominationen (ver-)zweifeln können, auch schon vor Hunderten von Jahren. Stichworte Theodizee oder der Eindruck, dass Gott fern und abgewandt ist. Schon das Erdbeben von Lissabon 1755 hat Christen an Gott verzweifeln lassen.
Dann gibt es dogmatische Zweifel zu allen Zeiten und in allen Konfessionen, weil die christliche Botschaft schon vor 2000 Jahren einigermaßen irre war: der Schöpfer des Universums wird Mensch, um zu dienen, lässt sich foltern und hinrichten und wird auferweckt. Von wem? Von einem „anderen Teil“ seiner selbst? Und zu Pfingsten meldet sich nochmal jemand anders? Wie ist das zu verstehen? – Stichworte: Trinität und Doppelnatur Christi.
Schließlich gibt es Zweifel, die viel mit der konkreten Herkunft einer Person zu tun haben. Mit der Theologie, von der sie geprägt wurde, und/oder mit den Gemeindestrukturen oder der „Kultur“ ihrer Kirche. Und da sind die Unterschiede enorm zwischen dem, was Ex-Evangelikale umtreibt, und dem, was bei mir zum Glaubensverlust und Kirchenaustritt geführt hat.
Das meiste, was Ex- oder Post-Evangelikale als problematisch beschreiben, ist mir fern, weil ich aus einer anderen Theologie komme (eine Kombination aus liberal und lutherisch). Ein paar Gemeinsamkeiten haben wir natürlich bei den allgemeinen christlichen Zweifelsthemen: Gott scheint mir fern zu sein, ich kann nicht an die Auferstehung glauben, wie soll ich mir die Trinität vorstellen.
Die Kultur und die Sprache in meiner Kirche (in die ich nach einem Jahrzehnt offenen Agnostizismus wieder eingetreten bin) waren der Katalysator für meinen langsamen Glaubensverlust. Inwieweit das auch an der Theologie lag, ist ein kompliziertes Thema…
Bei vielen Ex-Evangelikalen nehme ich viel Wut und Verletzung wahr, das war bei mir völlig anders.
Mir ist der Glaube schleichend zwischen den Fingern zerbröselt, und ich habe fassungslos dabei zuschauen müssen, bis ich schließlich verstummt bin. Wortloses hilfloses Schweigen.
Eine Bekannte von mir scheint gerade in einer ähnlichen Krise zu stecken. Auch sie kann nicht richtig darüber sprechen. Meiner Ansicht nach ist die fehlende Sprache für Glaube und Nicht-Glaube ein massives Problem unter liberalen Christen. Ich denke außerdem, dass ehemals gläubige und nun zweifelnde liberale Christen sehr oft trotzdem Kirchenmitglied bleiben. Und mitten in der Mitgliedschaft verkümmern. Zum Teil weil es bei vielen (nicht allen!) Seelsorger*innen ebenfalls eine Sprachlosigkeit gibt. Zumindest habe ich das so erlebt, als ich bei insgesamt 4 Pfarrer*innen Hilfe gesucht habe… Dann wird die innere Distanz immer größer, obwohl man Mitglied bleibt (wie meine Bekannte). Oder die Distanz schlägt irgendwann um in deutlichen Nicht-Glauben, weil z.B. ein persönlicher Schicksalsschlag dazu kommt (wie schließlich bei mir).
(Den Satz „Zweifel gehört zum Glauben“ ertrage ich übrigens nicht mehr, weil er im Kontext meiner seelsorgerlichen Gespräche so wirkte, als ob ich abgespeist werden sollte. Das kann leicht zur liberalen Variante von „den Zweifler nicht ernst nehmen“ werden… Der Satz ist nur sinnvoll, wenn sich ein individuelles seelsorgerliches Gespräch anschließt. Am besten mit gemeinsamem Gebet, sofern der Zweifler das will. Aber das mit dem Beten ist eine weitere heikle Sache in der liberalen Welt… Ich sag nur Sprachlosigkeit…)
Dass ein Liberaler konservativ wird, halte ich für eher unwahrscheinlich. Ich bezeichne mich inzwischen als post-liberale lutherisch geprägte Christin, die am besten in die Ecke Wort-Gottes-Theologie passt (eine Minderheit an den liberalen Universitäten, aber doch klar innerhalb des liberalen Spektrums – es gibt ja nicht nur „entweder liberal oder konservativ“!).
Die Silbe „post“ zeigt ja an, dass man zwar über etwas hinausgeht, aber eben immer noch auf dieser Grundlage.
Ich lerne nun mühsam beten und mein Hauptthema ist eine angemessene Sprache für „Frömmigkeit“. Von bestimmten evangelikalen Sprachbildern grenze ich mich klar ab, weil ich sie für ideologisch halte: die „persönliche Beziehung zu Jesus“ z.B.
Aber ja, mein Glaube ist persönlicher geworden. Ich habe dank Gottes Hilfe endlich einen emotionalen Bezug zu Jesus und den Beziehungsaspekt im Glauben begriffen. Ich bin die ganzen theologischen Fragen, die mich früher beschäftigten, nochmal angegangen und bin heute in manchen Punkten sicherlich „orthodoxer“ als früher (der Begriff „dogmatisch“ passt nicht recht auf mich bzw. den Begriff „Dogma“ verstehe ich anders als er hier meistens benutzt wird). Allerdings bin ich das aufgrund eines Prozesses geworden, nicht weil ich Glaubenssätze nach dem Motto „Friss oder stirb“ behandeln würde.
„Konservativ“ ist das alles ganz bestimmt nicht. Die Sexualität von anderen Menschen z.B. juckt mich nach wie vor überhaupt nicht, solange sich nicht ein Mensch in meinem Umfeld durch Rumhuren beschädigt. Und „sola scriptura“ verstehe ich gut lutherisch nur im Tandem mit „solo verbo“. Man lasse mich mit „da steht’s doch“ in Ruhe. Die „Vollmacht“ solcher Wortgewalt halte ich für anmaßend. (Das ganze Konzept von „Vollmacht“ haben mir erst meine post-evangelikalen Freunde erklärt, das kannte ich vorher nicht.) Mit Sühne (ein anderes beliebtes frommes Schibboleth) habe ich noch nie Probleme gehabt, denn es wurde mir nie drohend um die Ohren gehauen. Aber ich verstehe sie (mal wieder lutherisch) im Kontext des Dienens (Jesus als der ultimative Hohepriester, Gott selbst war in ihm usw.)!
Ich würde den Zweifel auch nicht feiern wollen. Wie gesagt, es ist eine seelsorgerliche Angelegenheit, mit der offenbar die verschiedenen Denominationen unterschiedlich, aber gleich schlecht umgehen… Wir müssen da jeweils dringend eine andere „Kultur“ entwickeln, denn es gibt noch eine ganz andere Sorte Zweifel, die sich im Internet-Zeitalter nunmal öffentlich abspielt und oft polemisch zugespitzt wird: „Das kann man doch HEUTE nicht mehr glauben, wenn man ein aufgeklärter Mensch ist.“ Damit muss man umgehen lernen, ohne in den bibeltreuen wortgewaltigen Verkündigungsmodus oder in den liberalen sprachlosen Defensivmodus zu verfallen.
Liebe Grüße
Ina
Nachtrag:
Bei den hier vorgestellten „Outings“ und öffentlich formulierten Zweifel, von J. Harris usw, hatte ich dieses Gefühl aber nicht….
Die meinte ich auch nicht. Ich fand sehr berührend und ‚demütig‘.
Ich möchte gerne nochmal kurz auf die Frage von Katja eingehen, die sie weiter oben bzgl. der Theodizee bei Hiob, im Unterschied zur Theodizee Epikurs gestellt hatte. Katja hat da völlig Recht und bei Hiob steht eher die Frage nach dem „leidenden Gerechten“ und nicht die epikureische Theodizee im Mittelpunkt. Während Hiob mit Recht also eher beklagt, dass ein Gott, der ihn (den Gerechten) derart leiden lässt nicht gerecht sein kann, ist Epikur im Ergebnis radikler und bestreitet die Existenz Gottes unter seinen Voraussetzungen gänzlich.
Ich hatte nun versucht darauf aufmerksam zu machen, dass sich Gott bei Hiob „im Status“ eines Schöpfergottes offenbart und deshalb notwendig ambivalent bleiben muss. Gottes Rede an Hiob entzieht ihm quasi die Grundlage sich über irgendetwas zu beschweren. Wunderschöne Bilder werden da genutzt. Es ist vom Gürtel des Orion die Rede, vom großen Bär (Sterenbilder), vom Meer, von all den Tieren usw. Die Welt ist so viel größer als Hiob sich das jemals vorstellen könnte und Gott ist ein Gott für alles was existiert.
Der einzelne Mensch hat hier also keine herausgehobene Stellung. Der Lebensvollzug, der Vollzug der Welt ist „ohne warum“ (um es mal mit Meister Eckhart zu sagen). Elemente von Lohn und Strafe treten hier in den Hintergrund, angesichts eines unfassbar großen Universums, das alle Vorstellungen sprengt und für uns deshalb notwendig ambivalent wahrgenommen wird.
Im Neuen Testament konkretisiert sich dann diese Ambivalenz eines Schöpfergottes in Christus (vor allem beschrieben im Johannesevangelium, wie ich oben, im anderen Post, ja bereits darlegte) und gipfelt in der Bitte des Phillipus an Jesus (Johannes 14, 8-9): „zeige uns den Vater.“ Und Jesus antwortet: „Wer mich sieht, der sieht den Vater!“
Wenn man also außgehend von der Natur/Schöpfung auf Gott rückschließen will, wird man angesichts des schrecklichen Leids in dem Naturvollzug immer nur einen ambivalenten oder gar keinen Gott erkennen können. Epikur und Hiob haben also völlig Recht! Wir Menschen brauchen unbedingt eine Konkretisierung dieser Ambivalenz um überhaupt glauben zu können. Wir alle wollen/müssen wissen wer und wie dieser sich in seiner Schöpfung so ambivalent offenbarende Gott ist? Und Jesus gibt in seiner Person und durch sein Leben die Antwort auf diese Frage.
Lohn und Strafe spielen hier keine Rolle mehr. Das Thema ist Vergebung, Verständnis, offene Arme, Liebe, die alle Tränen trocknet und notfalls das Suchen der Verlorenen, bis sie endlich gefunden sind und in eine Welt ohne Leid und ohne Schmerz getragen werden dürfen….
LG
Ist es nicht sogar so, dass im AT bis zu einer bestimmten Zeit Gott noch als ambivalent gedacht wird, also gleichermaßen als Quelle von Gut und Böse? Dass sich also die epikureische Theodizee im jüdischen Denken gar nicht stellt? Ich bin da nicht so firm, aber irgendwo hab ich mal was in der Richtung aufgeschnappt.
Das hellenistische Denken ist in der Tat anders als das hebräische. Epikur geht deshalb von anderen Voraussetzungen aus, als das Buch Hiob. Für den Hebräer stellt sich eher die Frage wie es möglich sein kann, dass ein gerechter Mensch, also jemand, der sich in der Tat nichts hat zu Schulden kommen lassen und immer die Gesetze hielt, trortdem leiden muss. Der Grieche fragt hingegen allgemeiner, wieso es überhaupt Leid auf der Welt gibt, wo Gott doch angeblich allmächtig, allgütig und allwissend sein soll.
Im Judentum könnte man die Frage nach dem Leid nämlich eigentlich immer mit dem Fehlverhalten des Leidenden erklären. Der muss dann wohl irgendein Gesetz übertreten haben, oder vielleicht nicht er, aber seine Eltern oder Großeltern, da die Schuld der Väter ja bis ins dritte oder vierte Glied verfolgt wird ( 2.Mose 20). Dementsprechend und in diesem Sinne reden die Freunde Hiobs ja dann auch mit ihm.
Hiob bleibt aber trotzdem dabei und erklärt, dass er dieses Leid nicht verdient habe und erst als Gott ihn auf die unermessliche Größe seiner Schöpfung hinweist wird ihm bewusst, dass er die Zusammenhänge des gesamten Weltenverlaufs überhaupt nicht überblicken und deshalb auch schlussendlich nicht beurteilen kann. Dadurch verliert er quasi die Grundlage für sein Klagen über die Ungerechtigkeit in der Welt und beginnt in der Beziehung und Zuwendung zu Gott nach den Hintergründen und Zusammenhängen zu fragen (Hiob 42,3+4).
Die Griechen hingegen gehen sehr viel weniger existentialistisch vor und versuchen die Frage metaphysisch zu klären, was dann allerdings auch nicht gelingt, weil die Natur/Schöpfung eben immer nur ambivalent auf unsere Fragen antworten kann. Sie ist einerseits sicher wunderschön und auch ganz wunderbar, andererseits aber eben auch unvorstellbar grausam und die gleichen Prozesse, die das Schöne und Wunderbare hervorbringen, lassen auch alles Leid notwendig entstehen. Es ist quasi eine Welle, aus der die Natur und auch wir Menschen hervorgangen sind und die uns deshalb immer wieder überollt, weil wir für die Natur nichts besonderes sind.
Erst in der Beziehung und Zuwendung Gottes kann der Mensch deshalb gewahr werden, dass er wirklich gewollt und geliebt ist. Nicht weil er aus dem Naturvollzug heraus auf einen Gott rückzuschließen versucht, sondern weil ihm Gott personal begegnet.
LG
Hallo Jay, hallo Gofi,
Danke für euren Talk. Ich bin selber in der evangelikalen Szene groß geworden und irgendwie habe ich es so satt, dass sich manche Christen so sehr über Zweifelnde erheben. Es ist einfach menschlich zu zweifeln, alles andere wäre nur ein Gott, der sich nicht wirklich für das wahre Leben interessiert…was soll man damit anfangen?
Ich erwarte demnächst ein T-Shirt im Hossa Shop mit der Aufschrift:
@InfluenzaFranklinGraham:
Einfach Mal die Fresse halten .
?
LG
Tobias
Sehr guter Talk!
Auf den Gedanken, Joshua Harris oder Marty Sampson für ihre Statements oder auch „Bekenntnissse“ zu verurteilen, bin ich erst einmal gar nicht gekommen. Obwohl – der Gedanke „Wer hoch steigt, kann tief fallen“ dürfte mich auch schon das eine ums andere mal nicht ganz frei von stiller Schadenfreude beschlichen haben…
Die Stadien des Glaubens „Konstruktion – Dekonstruktion – Rekonstruktion“ habe ich durchlaufen. Nicht nur einmal. Massive Krisen stellten sich etwa nach Phasen der Selbstüberschätzung ein oder nach zu langer Überforderung, mangelnder Abgrenzungsfähigkeit oder auch Selbstausbeutung. Nach Zeiten etwa der inneren Überheblichkeit – als suchtkranker Mensch bin ich hier vielleicht mehr als andere gefährdet und brauche die Reflexion von Menschen, die es gut mit mir meinen. Eine sehr kritische Zeit war auch, als unser Sohn vor Jahren schwer erkrankte…
Irgendwie konnte ich trotzdem immer an Jesus festhalten. Ich habe nichts anderes, auf das ich bauen könnte – eine Schwäche, die sich für mich eher als Stärke erwiesen hat. Meinen Konfirmationsspruch bekam ich, als ich mit dem Glauben noch gar nichts am Hut hatte: „Einen anderen Grund kann niemand legen außer dem, der gelegt ist: Christus“ (1 Kor 3,11). Vielleicht hat Er mich gehalten, ohne mein Zutun. Ich weiß es nicht…
Als junger Christ bin ich oft „herumgereicht“ worden, weil ich eine besondere Geschichte hatte. Das war alles andere als ungefährlich. Vielleicht war es mein Glück, dass ich eher „mittelmäßig“ bin. Das hat mich vor all zu viel Anerkennung bewahrt. Ich habe gelernt, es zu schätzen und dankbar für meine Mittelmäßigkeit zu sein.
Ich gehöre zu einer Gemeinde, die mich in der Praxis lehrt, mich selbst bloß nicht zu wichtig zu nehmen (im Sinn von ‚Einbildung‘!). Das fühlt sich oft gar nicht gut an. Aber ich erfahre meine Gemeinde auch als ein für mich sehr notwendiges Sicherungsnetz und Korrektiv. „Nimm dich selbst ernst, aber nimm dich nicht zu wichtig. Nimm andere nicht zu wichtig“ – heute ein wichtiges Motto für mein Leben.
Wie auch immer – ich wünsche und hoffe, dass Joshua und Marty und viele andere gehalten sind in Gottes Liebe. Ich will darauf vertrauen und dafür beten.
Das Statement von Jürgen Mette in der „Pro“ zum Thema finde ich wie so oft hilfreich und auf den Punkt gebracht. Fast bin ich geneigt, es in meinen sozialen Netzwerken zu teilen. Auf die Gefahr hin, wieder die eine oder andere Prügel einzustecken… 😉
*Ein feste Burg — und andere Schutzwälle*…
Liebe Freunde,
ich denke, viele der Reaktionen haben mit Angst zu tun.
Auch bei der Theodizee-Frage – ist es weniger ein philosophisches Problem (das ist es auch)
aber es lauert doch oft eine Grundangst im Hintergrund.
„Existiert Gott“ – und wenn er ist, ist er dann wirklich gut?
Ist Gott vertrauenswürdig? Hat er irgendein Interesse an uns oder mir?
Ich meine, eine Art mit dieser Angst umzugehen,
ist die, dass man die, die ein solches Leid getroffen hat – wahrscheinlich sogar ganz unbewusst –
zu einer Gruppe von Menschen hinzugesellen möchte, zu der man selber NICHT gehört.
Irgendeine „besondere“ Sünde, vielleicht er – vielleicht seine Eltern
(so wie die Jünger Jesu fragen – im Johannes-Evangelium: Joh. 9,2)
Ist er vielleicht deswegen aus der „Gnade Gottes“ gerutscht…
Dann gäbe es für einen selber vielleicht doch noch eine Chance…
Ich glaube, daher kommt eben diese Tendenz, diejenigen, die Leid tragen müssen,
auch zu „Outlaws“ zu machen.
Jesus macht das (meistens) nicht so. Er war den „Outlaws“ eher zugetan und hat sich
„nackig gemacht“.
***************jetzt kommt ein gewisser Gedankensprung ********************
Kennt eigentlich jemand von Euch den Liedermacher „Gerhard Schöne“ – aus der ehemaligen DDR…
Ich finde seine Lieder super gut und sehr tief.
Besonders die Lieder auf dem Album „Ich bin ein Gast auf Erden“…
https://tinyurl.com/y4bdnxxz
(Auf Youtube findet man auch einiges, weiss nur nicht wie legal das ist..)
Da dichtet Gerhard viele bekannte Choräle um – und für mich wurden sie dadurch ganz neu lebendig.
Hier – bei HossaTalk – sind ja schon oft die Begriffe „Dekonstruktion und Rekonstruktion“ gefallen.
Wahrscheinlich hängt es ja auch immer vom ganz persönlichen Lebensweg ab,
was wann dekonstruiert wird.
In seinen Lieder findet er Worte, die meine Art der „Rekonstruktion“ ziemlich gut wiedergeben.
Ich hätte so gerne ein Lied noch von ihm „rekonstruiert umgedichtet“ gehabt.
Und zwar den berühmten Choral „Ein feste Burg ist unser Gott“ von Martin Luther.
Ich finde, mit diesem Choral (in einer Gerhard-Schöne-Variante) könnte man sehr gut „Dekonstruktion und Rekonstruktion“ beschreiben.
(Hab mich auch schon mal selber dran versucht – aber es ist noch nichts richtiges dabei herausgekommen,
nur Gedanken-Sammeln… – kennt ihn jemand von Euch näher, dann könnte man ihn vielleicht mal wirklich fragen..-
vielleicht wäre er auch einmal ein guter Interview-Gast…)
Denn der Ausdruck, des Wunsches nach „Sicherheit, Geborgenheit“ – das ist gerade in Zeiten des Umbruchs eine wirklich zutiefst menschliche und verständliches Grundbedürfnis.
Das Bild der „festen Burg“ steht dafür.
Die Burg hat etwas „Uneinnehmbares“ – aber eben auch etwas Unveränderliches- etwas „Starres“ und „Abweisendes“.
Und – jetzt verändere ich etwas dieses Bild und wende es auf einen möglichen Lebensweg innerhalb der „evangelikalen Welt“ an.
Die „Burg“ hat auch etwas „Abgeschirmtes“ – draussen, die böse Welt – innen alles gut -heile Welt.
Aber innen kann es auch „muffig“ werden, und „Glaubenssätze“, Apologetiken usw. können wie Schutzwälle sein, wunderbar perfekt, in sich logisch, perfekte Argumentationslinien – und dennoch „nur eine Burg“, die uns von „den Unsicherheiten des Lebens und des Glaubens“ schützt.
Für mich war es äußerst schmerzhaft, als diese „meine Burg“ einmal evt. sogar mehrmals zerbrochen und aufgebrochen ist.
Oh ja, das war schlimm. Alle Glaubensgrundlagen irgendwie weggebrochen, leer, die Argumentationslinien – vorher fest und logisch – plötzlich soo dünn wie Papier – ja irgendwie sogar lächerlich. Ohne jede Haltekraft.
Leider auch: Gotteserlebsnisse und tiefe Begegnungen – oft bezeugt und darüber gesprochen – fast nur noch eine leise Erinnerung…
Aber: Es war auch „eine Geburt“ hinein – in ein anderes Leben.
Ein viel tieferes Verständnis für diejenigen, die der Zweifel und die Verzweiflung packt und denen das Leben übel mitgespielt hat.
Und auch eine tiefere Nähe – die ich ganz sicher ohne diesen Zerbruch, diese Zerbrüche, nie und nimmer gehabt hätte.
Warum schreibe ich das alles hier in diesem Talk?
Ich fühlte mich daran erinnert, bei eurem „Mach dich nackig – mach dich verletzbar“…
In meinem „Burg-bild“ würde das heissen: Verlass deine „sichere, logische, apologetisch-perfekt-abgesicherte“ Burg.
Warum: Um anderen näher zu sein… -um der Liebe wegen.
((aber ich glaube, man kann das eigentlich gar nicht so von sich aus selber „verlassen“… manchmal muss der Zerbruch auch einfach von aussen kommen…)
Das Gespräch von „Franklin Graham und Todd“ kommt mir vor, wie in einem warmen „Burgzimmer“ gesprochen, das Kaminfeuer knistert im Hintergrund…
Eine Freundin hat mir dazu mal folgendes geschickt und das fand ich genau zutreffend und einfach wunderbar formuliert…
*********************************************
Der Mensch in der Mitte
Alles hinter sich lassen,
weil es erfüllt ist.
Einmal die ganze christliche Tafel abwischen,
die heiligen Schriften,
die verehrte Tradition,
die heilsvermittelnden Kirchen,
das ganze Religionssystem.
Wahnsinn!
Wofür?
Einzig und allein,
um den Menschen von heute zu finden,
ihn und sein Leben zu teilen,
die Schubladen zulassen,
nicht nur Christ oder Muslim,
nicht nur Buddhist, Jude oder Schamane zu sein,
sondern göttlich einfach:
selbst!
Johannes Lieder
Aus: »herzoffen
******************************************
viele liebe gruesse, steve
Ich sehe nicht das hier jemand seine Glauben verlässt, sondern hier hadern oder verlassen Menschen ein (Religiöses) System. Als ich mein (religiöses) System verlassen habe, wurde mir natürlich auch sofort der Glaube abgesprochen, und auch der Teufel mir seinen Dämonen wurde aus der Schublade geholt. Auch mein Bemühen bei der entsprechenden Bibelschule oder der Missionsleitung Gehör zu finden wurde nur mit bösen Mails und Predigten vernichtet.
Meine Erkenntnis daraus, es geht nur um das Bestehen des System nicht um Jesus.
Erst das System dann der persönlich Glaube, völlig verdrehte Prioritäten. Und falls mein persönlicher Glaube ins wanken gerät, kein Thema, hauptsache ich halte dem System/Gemeinde die Treue.
Der Satz von Joshua Harris „Nach allen Kriterien, die ich kenne, um sagen zu können, ob jemand ein Christ bist, bin ich keiner mehr“. Kriterien: Gottesdienst besuchen, persönliche Stille, Spenden, in der Gemeinde mitarbeiten,…. Na dann bin ich auch keine Christ mehr.
Nach meinem Weggang aus „meinem“ System, schaute ich mir auch in den anderen Richtungen (Baptisten,Charismatiker) an. Aber auch dort ist das System höher als der persönlich Glaube angesiedelt.
Bei Gesprächen mit den entsprechenden Leitern wurde zum Beispiel über das Buch „Schrei der Wildgänse“
gesagt das dies die Leute aus der Gemeinde wegtreibt. Das in dem Buch den Menschen Gott groß gemacht wird, wurde ignoriert. Wichtig ist nur das System.
Leider habe ich noch keine einfache Definition für das System gefunden. Was auch an der Vielfalt der unterschiedlichen Systeme/Gemeinden liegt. Was man aber immer findet sind Droh und Angst Strategien. War hier ja auch schon Thema, Stichwort Abendmahl. Genauso findet man überall Macht und Ehrsucht, was im Zusammenhang mit Hauptamtlichkeit äusserst ungesund ist. Logisch alles zu tiefst menschliche Triebe, Bedürfnisse. Aber im christliche Kontext sollten sie keine Rolle spielen. Da sie wenn sie dort vorkommen sehr gerne unter einem religösen Deckmantel versteckt werden. Was ja nicht schwer ist, da gibt es eine Prophezeihung, ein Traum, ein Bibelspruch,…
Gruß
Conny
Man kann sich als Gedankenexperiment auch mal fragen, was man glauben/oder nicht glauben möchte, wenn man eine Geschichte erfinden könnte und alles möglich wäre. Was würde man dann glauben?
Dann kommt man aus meiner Sicht zum persönlichsten Ergebnis und da wird man sich ws. auch am wohlsten fühlen damit.
Aus meiner christlichen Erziehung kenne ich genau den umgekehrten Weg. Ein Glaubensschema wird in das Kind hineingepresst, obs nun ins Kind hineinpasst oder nicht. Kein Wunder, kommen da bald Würd-und Kotzreflexe.
Ein interessantes Experiment. Sich zu fragen: Woran möchte ich glauben? Worauf möchte ich hoffen? Was gibt mir Halt?
Das mit der Erziehung sehe ich ein bisschen anders. Denn Kinder stellen ja auch Fragen über religiöse Themen oder schnappen hier und da etwas auf, kommen im Kindergarten oder in der Schule oder durch Freunde mit Religion, mit dem Gottesbegriff in Berührung, selbst wenn du sie nicht religiös erziehst. Und sie denken von sich aus über Gott und die Welt nach. Und wenn dich dein Kind zB danach fragt, was passiert, wenn wir sterben, und du glaubst an eine Auferstehung und ein Leben bei Gott, dann wirst du ihm wahrscheinlich sagen, dass du dir das so vorstellst. Oder wenn es dich fragt, wo Gott wohnt. Dann wirst du ihm sagen, wie du dir das vorstellst. Das hat erstmal nichts mit Hineinpressen zu tun (obwohl es bestimmt auch Leute gibt, denen sehr daran gelegen ist, dass ihr Kind genauso glaubt wie sie und die „auf Linie“ sind…). Und wenn du nicht an eine Auferstehung oder nicht Gott glaubst, wirst du ihm wahrscheinlich sagen, dass du glaubst, dass nach dem Tod nichts kommt und wir halt verrotten und Gott nirgends wohnt, weil es ihn in deiner Vorstellung nicht gibt (dann würde dich dein Kind aber sehr wahrscheinlich fragen, weshalb dann die anderen von Gott reden 😉 ). Ich denke, dass es nicht möglich ist, dass ein Kind religions- oder weltanschauungsfrei aufwächst. Ich finde es wichtig, dass man dabei Raum lässt für eigene Vorstellungen des Kindes. Also das Kind dann zB zurückfragt, ob es denn selbst eine Idee hat, wo es nach dem Sterben ist oder wo Gott wohnt.
Super Bild mit dem Reinpressen und den Würg- und Kotzreflexen, danke Dominic! Wenn man Kinder hat, ist einem das sehr anschaulich vor Augen! 😀
In dem Bild Weitergedacht gibt es dann natürlich auch – wie Katja schreibt – den Fall, dass die Kinder freiwillig essen 🙂
Das ist mir tatsächlich sehr suspekt, wenn man Kindern biblische Geschichten und Themen „aufs Auge drückt“, bevor sie für den Lebensalltag der Kinder relevant werden, geschweige denn verstanden werden können. Daher ist es sicher gut, einfach auf die Fragen zu antworten, wenn sie gestellt werden – ich bin auf die Fragen unserer Kinder gespannt…
naja, bei mir war es halt anders. es geht durchaus, dem Kind was hineinzupressen. je nach Kind auch:-)
Versteh ich gut. Ich bin auch so ein hineingepresstes Kind.
Nachdem ich endlich mal wieder zum Hören gekommen bin, dank einer längeren Autofahrt, musste ich das ganze erstmal sacken lassen. Ich versuche jetzt mal ein bisschen rüber zu bringen, was mir in den letzten Tagen so durch den Kopf ging.
Ich mich gefragt, wo ich mich darin wiederfinde. Ich kenne beide Seiten. Mehrmahls war ich der Mensch, der erstmal nur sagt: So geht es nicht weiter. Ich will das gar nicht in die Kategorien Gläubig vs. Ungläubig oder Hoch und Tief, Finsteres Tal und Licht einteilen, oder als Dekonstruktionsphase beschreiben, die mich am Ende dann irgendwie „weiter gebracht hat“. Es war erstmal so, dass ich bei mir festgestellt habe, dass ich nicht mehr so geglaubt habe, wie evtl. vor einem Jahr. Und im Rückblick würde ich sagen, dass mindestens drei solcher Phasen hatte, wo sich was getan hat. Ich sehe diese Abschnitte sehr neutral, auch wenn andere vielleicht einen Abfall vom Glauben darin gesehen haben oder sonst was. Die letzte Phase hat dann irgendwie dazu geführt, dass ich Pastor geworden bin, und somit dann auch verstärkt die andere Seite kennengelernt habe: Menschen, die sich von der Gemeinde und dem Glauben distanziert haben und bei denen mittels apologetischer Literatur versucht wurde sie doch noch zu retten. Mir ist im Rückblick aufgefallen, dass ich diese Menschen erstmal nur in ihrer Situation, mit ihren Gedanken und Fragen wahrgenommen habe. Also nicht volltexten, sondern zuhören. Wenn ich was gefragt wurde habe ich natürlich immer auch das gesagt, was meine Antwort war, aber nicht in dem Sinne, dass da Glaubenssätze hingerotzt wurden, die es doch anzunehmen gilt. So habe ich viele Stunden bei McD, BK oder KFC verbracht und einfach nur Zeit mit Menschen geteilt, mit den ich auch sonst gerne Zeit verbracht hätte, auch wenn wir uns nicht über die Gemeinde kennengelernt hätten. Mich nervt es mitunter, dass Menschen nur noch auf den Glauben reduziert werden. Klar ist der aus meiner Sicht wichtig, aber der Mensch ist doch nicht nur seine Religiösität. So habe ich natürlich niemanden Im „System Gemeinde“ gehalten. Aber dieser Gott, der Liebe ist, kann loslassen. Und wenn sich jemand auf eine Reise begeben will, um das Verhältnis zum Glauben, zur Spiritualität zu klären, hält dieser Gott doch nicht einen Menschen an einem Ort fest, sondern ist so oder so dabei, ganz gleich wir der Mensch gerade steht oder sich gerade zu Gott verhält.
Daniel
Huhu Daniel (bin übrigens auch ein Daniel),
für mich persönlich hört sich die Beschreibung deiner „Glaubensveränderung in 3-Phasen“ überhaupt nicht wie ein Abfall an, sondern wie eine ganz normale Entwicklung. Abfallen kann man meiner Meinung nach doch eigentlich nur, wenn man am End‘ tatsächlich überhaupt nicht mehr glauben kann und mit dem Glauben auch rein gar nix mehr zu tun haben will. Veränderungen und Entwicklungen jedoch, halte ich in einem auf Vertrauen basierenden Beziehungsverhältnis für völlig normal.
Vielleicht liegt das Problem darin, dass man die dogmatischen Lehr- und Glaubenssätze der religiösen Gemeinschaft, in der man einst zum Glauben fand/finden durfte, mit dem Beziehungs- und Vertrauensverhältnis zu Gott verwechselt? Denn von Dogmen und Glaubenssätzen kann man selbstverständlich abfallen (und in vielen Fällen ist das auch durchaus zu empfehlen, denke ich), aber von Gott immer nur insofern, wie man selbst gerade nicht vertrauens- und beziehungsfähig ist. Und das darf man durchaus auch mal sein…
Anders ausgedrückt: ich halte es für völlig normal, dass man in den Augen Außenstehender und im Hinblick auf Dogmen und Glaubenssätze immer wieder mal abfällt, aber das ist eben nicht gleichbedeutend mit dem Abfall von Gott (der einen, davon bin ich überzeugt, ohnehin nicht abfallen lässt).
Wenn das Dogma sagt: du darfst dich nicht unrein machen am Blut eines Verprügelten, sagt Jesus: geh hin und versorge ihn.
Wenn das Dogma sagt: du darfst einen Aussätzigen nicht berühren, weil dich das unrein macht. Heilt Jesus den Aussätzigen gerade dadurch das er ihn berührt.
Wenn das Dogma sagt: Die Ehebrecherin muss auf zwei Zeugenaussagen hin gesteinigt werden. Sagt Jesus: wer ohne Sünde ist, werfe den ersten Stein.
Wenn das Dogma sagt: Am Sabbath darf man keine Ähren pflücken. Sagt Jesus: Der Sabbath ist für den Menschen da, nicht der Mensch für den Sabbath….
Ich bin überzeugt: Glaube ist keine Schablone, in die der Mensch hineingepresst werden könnte, wer er/sie auch sei. Glaube ist „vertrauen auf…“, ist „Rückbindung an…“, ist Begegnung und Beziehung, ist Veränderung und Reifung – eben Existenzmitteilung! Etwas, was im Herzen trägt und sich deshalb nicht wirklich in Dogmen übersetzen lässt, sondern nur in Beziehung leben….
LG
Ich weiß nicht, ob das so rüber gekommen ist, aber mir ist erstmal nur wichtig so manche Phase im Leben neutral zu sehen, halt eben nicht als Abfall, nicht als den großen Durchbruch usw. Man wird doch sehen wo die Reise hingeht. Das Leben, die Weltsicht, die Religiosität eines Menschen ist zu komplex, als das man es mal eben so mit einem Statement, in welche Richtung auch immer, einordnen kann.
Und zum Thema Dogma: Ich weiß, dass der Begriff Dogma umgangssprachlich sehr negativ geprägt ist. Aber eigentlich ist die Dogmatik oder die systematische Theologie etwas sehr fließendes. Ein Grund ist zum Beispiel die sich verändernde Welt. Vor dieser sich verändernden Welt wird der Glaube reflektiert. Jesus hat ja auch die dogmatische Aussagen getroffen, weil er den Willen Gottes an die Realitäten der Menschen angepasst sehen wollte.
Lieben Gruß
Daniel
„Meine Güte! Bei soviel ABFALL, möchte man ja mal den Müll raus bringen.“, war ein spontaner Gedanke der mir kam als das Wort „Abfall“ zum zigsten Mal fiel. Mich würde ja interessieren, wie oft das in der Bibel vorkommt und was man da theologisch noch so entdecken kann. Vielleicht erforsche ich das mal…
Und ohne lange darüber nachgedacht zu haben, würde ich ja sagen: Gott ist ein Influencer und kein Gangleader 😉
Schöner emotionaler Talk! Danke dafür! :-)))
Von Joshua Harris gibt es übrigens auch einen TED-Talk – weiß nicht, ob das hier schon erwähnt wurde
https://youtu.be/D2kV4ngi7J4
Ich denke ich kann dich ganz gut verstehen und gebe dir grundsätzlich auch völlig Recht, jedoch fürchte ich, dass nicht alle Gläubigen so gelassen und, ich sag mal, vernünftig mit sich verändernden Lebensphasen umgehen können. Joshua Harris meinte hinsichtlich seiner momentanen Situation ja z.B.:
„Nach allen Kriterien, die ich kenne, um sagen zu können, ob jemand ein Christ ist, bin ich keiner mehr. Es gibt viele, die mir beteuern, dass man seinen Glauben auch auf eine andere Art leben kann, und ich bin dafür wirklich offen, aber im Moment weiß ich noch nicht, wie das aussehen soll.“
Angesichts Bruder Joshuas Aussage hege ich deshalb die Vermutung, dass er seine momentane Lebensphase nicht neutral erleben kann und vielleicht sogar als Abfall verstehen muss, weil sämtliche von ihm verinnerlichten Kriterien, hinsichtlich der Frage was ein Christ sei und was nicht, zu dem erschütternden Ergebnis führen, dass er dieselben nicht mehr erfült und er sich deshalb auch nicht mehr als Christ verstehen kann.
Die Frage die sich mir persönlich deshalb stellt, ist die Frage nach den Kriterien, die einen Christen zu einem Christen machen und ich denke das exakt an diesem Punkt Dogmen und Glaubenssätze die entscheidende Rolle spielen. Kann man sich mit diesen nämlich nicht mehr identifizieren, während gleichzeitig jedoch nur sie die Frage nach dem Christsein beantworten sollen, fällt man notwendig in eine tiefe Glaubenskrise.
Die Situation neutral bewertend und gespannt darauf, wohin die Reise wohl gehen mag, kann man deshalb meiner persönlichen Meinung nach nur dann sein, wenn sich das Kriterium für’s Christsein, über die verinnerlichten Dogmen und Glaubensätze hinaus, derart vertrauensvoll an Gott rückbindet, das der Horizont für neue Glaubenserfahrungen im Lebensvollzug geöffnet bleibt.
Absolut gesetzte Dogmen werden das wohl nicht leisten können. Fluide Dogmen jedoch, so wie du sie beschrieben hast, könnten dabei sicher eine Hilfe sein.
LG
Ich habe für mich eine sogenannte „Grundformel des Glaubens“ formuliert. Das ist ein einziger Satz, Nebensätze sind erlaubt, der den Glauben für mich definiert. An diesem Satz formuliere ich immer wieder mal was um. Leider habe ich die alten Formulierungen nicht aufbewahrt, das wäre sicherlich auch noch mal ganz interessant. Aber worum es mir dabei geht ist, dass ich den Glauben für mich definiere und es nicht anderen überlasse. Ich kann das nur jedem empfehlen das auch zu machen, weil es hilft Dinge für sich klar zu bekommen. Es macht einem deutlich, was einem wirklich wichtig ist. Wenn man das für sich selber nicht klar hat, was der Glaube für einen ist und woran man glaubt, ist man schnell wie ein Blatt im Wind. Über manche Themen kann ich mich seitdem auch viel entspannter Unterhalten, weil es eben nicht „meinen“ Kern des Glaubens berührt.
Grüße
Daniel
Liebe Freunde,
obwohl ich gerade den neuen Talk entdeckt habe und der auch sehr spannend zu sein scheint,
möchte ich hier noch kurz ein paar Gedanken äußern, und zwar zum Themenbereich „Dogma“.
In einem Talk mit Thorsten Dietz – weiss jetzt nicht genau welcher das war – wurde auch einmal darüber diskutiert.
Für mich war es hilfreich, folgende Unterscheidungen zu treffen.
Ein „Dogma“ ist für mich einfach einmal ein „Glaubenssatz“, eine Ausformulierung von dem,
was mir selber wichtig im Leben wichtig geworden ist. Es hat für mich schon eine Bedeutung,
zuerst einmal persönlich und auch tief – aber nicht unbedingt allgemeingültig.
Wenn Gruppen beginnen Dogmen zu formulieren, sehe ich das auch erstmal als „Glaubensbekundung“.
Diese Formulierung von Standpunkten kann durchaus auch nützlich sein – zur Orientierung und Verortung der eigenen
Position. Und es kann auch hilfreich sein, um Klarheit in einen gewissen „Gedankendunst“ zu bringen.
(Am Ende möchte ich dafür ein persönliches Beispiel anführen)
Wenn jemand Worte für etwas finden kann, für Gedanken die vielleicht noch etwas verworren in mir selber herumschwirren,
dann bin ich u.U. sogar sehr dankbar dafür.
Diese Art von Umgang mit „Dogmen“ finde ich durchaus hilfreich.
Eine Art von kritikwürdiger „Entfremdung oder Entartung“ von Dogmen findet immer dann statt, wenn sie einem mit Zwang übergestülpt werden und das „papageien-artige Nachplappern“ vielleicht sogar mehr zählt, als die Anfragen oder ernst gemeinte Zweifel daran -weil sie einfach nicht mehr im tatsächlichen Leben eine Entsprechung zu finden scheinen.
Diese Art von Entfremdung nenne ich „Dogmatismus“ – die Form, der Buchstabe zählt mehr als der Inhalt bzw. auch die Verortung im wirklichen Leben.
Gerne wird hier auch vergessen, wie hilflos oft alle Versuche sein können, das Leben in all seiner Vielschichtigkeit „in Wortformeln“ zu packen.
Diese Gedanken im Hinterkopf habe ich mir einmal die von Siggi Zimmer so warm empfohlene „Dogmatik“, ein ziemlich dickes Lehrbuch von Wilfried Härle gekauft.
Ich habe es genossen, darin herumblättern zu können – ohne jeglichen „Prüfungsdruck“, den Stress den Inhalt für irgendein Examen auswendig können zu müssen.
Und weil mich das Thema „Theodizee“ doch immer wieder beschäftigt, interessierte es mich einfach, was er nun zu diesem schwierigen Thema schreibt.
Und – ich muss sagen – ich war fast sprachlos. Von der Tiefe der Gedanken, von der Kunst, diese in Worte zu fassen – und von der Klarheit. Bei fast jedem Satz dachte ich: Ja – Volltreffer.
Und dieses Erlebnis hat mich u.a. auch mit dem Begriff „Dogma“ und „Dogmatik“ irgendwie versöhnt und plötzlich fand ich es interessant.
Ich bin immer noch der Meinung, dass der Glaube in der Tiefe kein „intellektueller Akt“ ist,
sondern dass die Hauptsache im Leben allgemein und damit auch im Glauben vor allem der ist,
wie er uns innerlich verändert, um „liebesfähiger“ zu werden, um offener andere Menschen zu begegnen usw.
ABer wir sind – zumindest viele von uns – auch Menschen, die sich über die Fragen des Lebens auch GEdanken machen und
für eine gewisse innerliche „Stimmigkeit“ an manchen tiefen Widersprüchen leiden.
Und auch an „intellektuellen Widersprüchen“.
Und wenn jemand diese Widersprüche aufnehmen und mit neuen Bilder oder Beispielen solche Widersprüch manchmal sogar auflösen kann, dann kann sich das so anfühlen, wie wenn man in einem „Gefängnis der Fragen“ ganz unerwartet eine Tür geöffnet bekommen hat – und man hingehen und wieder die Luft und das Leben spüren und den Himmel neu sehen…
Für diejenigen, die sich für die „Thesen zur Theodizee“ aus der Dogmatik von Wilfried Härle interessieren –
ich habe sie in eine pdf-Datei gepackt (nur 1 Seite – ganz einfach zu lesen) und hier hochgeladen…
https://drive.google.com/file/d/1UezCJJ_zdwjgfvCq7pXOgIMVO5IxJQsG/view?usp=sharing
Mich würde Eure Meinung dazu sehr interessieren!
Viele liebe Grüße, Steve
PS: Die Datei mit den „Thesen zur Theodizee“ – ganz leicht verändert…
https://drive.google.com/file/d/1mtuCAqUiUXTuADvkGtU-G5gMFAE-nKk7/view?usp=sharing
Noch ein Nachtrag….
Vielleicht könnte man es auch so ausdrücken:
Kommt die Glaubensaussage – das Dogma – als
ANTWORT auf die einfache Frage: Und was glaubst du? – dann kann ich gut damit leben – das ist Teil eines normalen und wichtigen Austauschs.
Kommt die Glaubensaussage – das Dogma – aber mit dem Anspruch von: Das MUSST du glauben, um Mitglied unserer Glaubensgemeinschaft zu werden oder zu bleiben – dann wird es schon schwieriger.
In der Wirklichkeit vermischt sich aber vieles, weil man ja oft in viele Glaubensaussagen einfach hineinwächst und die Fragen zu ganz unterschiedlichen Lebensphasen auftauchen. Oft wird es auch dann erst als Zwang erlebt – im Rückblick.
Die Lebenswege sind sehr verschieden….
Endlich mal jemand mit einem positiven Zugang zur Dogmatik. 🙂 Joest und von Lübke schreiben in ihrer Dogmatik, sie ist„eine Bemühung, in der christlicher Glaube selbst sich über seinen Gehalt Rechenschaft gibt.“ Also sozusagen eine Antwort auf die Frage: Wer ist Gott und was ist der christliche Glaube. Die Dogmatik versucht also Antworten zu finden und ist dabei ja aber nicht losgelöst von der Zeit, weil jede Epoche auch ihre eigenen Anfragen an den christlichen Glauben hat. Deshalb ist es auch nur logisch, das jede Zeit ihre eigenen Dogmatiker und Dogmatiken hat.
Vielleicht mal ein Tipp für alle, die Dogmatik doof finden: Lest mal Karl Barths Dogmatik im Grundriss. Das ist kurz und Kompakt und gibt einen Eindruck was Dogmatik ist. Und wer dann noch mehr lust auf Dogmatik hat: Allister McGrath, Der Weg der christlichen Theologie. Da wird einem erst bewusst wie wenig festgelegt, und wie sehr suchend die Theologie ist.
Lieben Gruß
Daniel
Wenn die Dogmatik Ausdruck einer Bemühung sein soll, in der sich der christliche Glauben über seinen eigenen Gehalt Rechenschaft gibt, funktioniert das für mich nur auf der persönlichen Ebene und nicht grundsätzlich als Epochenphänomen. Karl Barths Dogmatik ist eben Karl Barths Dogmatik und sicher lassen sich von ihm ausgehend wertvolle Impulse finden, die dann auch das eigene Glaubensleben bereichern können. Trotzdem bleibe ich dabei: Glaube ist Existenzmitteilung und lässt sich deshalb nicht in feststehenden Glaubenssätzen ausformulieren, sondern nur (er)leben, was aber selbstverständlich nicht bedeutet, dass man sich hinsichtlich des Gehalts seines christlichen Glaubens keine Rechenschaft abgeben könnte.
Ich hab‘ also kein Problem mit Dogmatikfans, aber mit Dogmatikern, die anderen ihre angeblich unumstößlichen Wahrheiten aufzwingen wollen, hab‘ ich durchaus ein Problem, weil sie eben aus ihren absoluten Standpunkten heraus andere Menschen verurteilen und immer wieder verletzen.
Jede Dogmatik stellt ja erstmal die Sicht des Theologen dar, der diese Dogmatik verfasst hat. Du sprichst von „feststehenden Glaubenssätzen“ und das ist Dogmatik ja eben nicht (mehr)! Dogmatik ist ja neben der Ethik ein Teil der systematischen Theologie. Deshalb schreibe ich jetzt mal im weiteren Verlauf von der systematischen Theologie, die die Dogmatik beinhaltet. Christoph Schwöbel, Professor für systematische Theologie hat mal ein Aufsatz mit dem Titel „Doing systematic Theologie“ geschrieben, worin es darum ging, dass sys. Th. eben nicht die Formulierung von feststehenden Lehren geht, sondern um eine fortlaufende Tätigkeit. Er formuliert dann sechs Kriterien für sys. theologischen Arbeiten und ein Kriterium ist eben die Situationsgemäßheit. Dabei geht es um die individuelle Lebensgestaltung und die Relevanz für heute.
Natürlich gibt es dann auch noch etwas, was „systematische Theologie“ genannt wird und an sehr konservativen Ausbildungsstätten gelehrt wird. Aber das ist im wissenschaftlichen Sinne keine sys. Theologie, sonder eher etwas was „biblische Theologie“ heißen müsste: es werden alle Bibelstellen zu einem Thema in der Bibel genommen und versucht in ein System zu stecken. Ein typisches Werk ist „Die Bibel verstehen“ von Charles Ryrie. Aber diese Herangehensweise geht halt von feststehenden Lehren aus, die es aus der Bibel herauszuarbeiten gilt. Und dabei werden eben Kriterien wie das der Situationsgemäßheit ganz außer acht gelassen, was sich aber auch m.E. schon in der Bibel findet. Da gibt es ja auch Geschichten, wo Lehren an die jeweilige Situation angepasst werden.
Lieben Gruß
Daniel
Hi Daniel,
ich denke ich hab deine Sicht der Dogmatik schon recht gut verstanden und danke dir für die weiterführenden Erklärungen. Tatsächlich gibt es nun aber auch ein dogmatisches Verständnis, das diese Offenheit, die in der wissenschaftlichen Dogmatik vorhanden ist, nicht beinhaltet und genau gegen diese wendet sich meine Kritik.
Ich erlebe nämlich selbst immer wieder, dass es ein biblizistisches Verständnis gibt und absolut gesetzt wird, das sich in Dogmen äußert, wie eine Schablone über den Gläubigen gestülpt wird und was dann nicht passt und wer nicht passend gemacht werden kann, oder gemacht werden will, ist raus. Und damit bin ich persönlich nicht einverstanden.
Kannst du mir bitte sagen, welche fünf weiteren Kriterien, neben der Situationsgemäßheit in der systematischen Theologie von Hr. Schwöbel genannt wurden? Das würde mich sehr interessieren. Danke.
Kannst du mir deine Email-Adresse zukommen lassen? Dann würde ich dir den Artikel einscannen. Das ist einfacher, als wenn ich ihn versuche zusammenzufassen.
Grüße
Daniel
Liebe Freunde,
ich würde noch gerne einen Gedanken mit Euch teilen,
zum Thema „Dogma, Dogmatik, Dogmatismus“.
Ich bin schon eher ein Mensch, dem es wichtig ist,
auf eigenen Wegen zu Gott oder sich selbst oder beides zu finden.
Daher ist das „sture Akzeptieren einer Glaubenswahrheit“ eher nicht mein Ding.
Es muss schon irgendwie in meine Denk- und Gedankenwelt und auch in meine
sonstige Welterfahrung hineinpassen.
Und die ist ja auch dauernd in Bewegung, diese Welterfahrung.
Dogmen – oder besser: Glaubenssätze sind für mich daher eher so etwas wie ein Gedankenanstoss.
Jetzt kam mir aber vor kurzem dennoch ein Gedanke,
der mir das Ausformulieren von Glaubenssätzen – trotz aller Unfertigkeit und Begrenztheit –
auf eine gewisse Art gar nicht mehr so schlecht sehen lässt.
Denn: Wenn wir versuchen unsere Glaubensgrundsätze auszuformulieren,
dann werden sie auch bis zu einem gewissen Grad: „Diskutierbar“, damit auch angreifbar,
vor allem aber auch besser „fassbar“.
Dies halte ich doch für ziemlich wichtig. Sowohl für die persönliche Reife,
denn unterziehe ich meinen persönlichen Glauben auch einer gewissen „sozialen Überprüfung“
und das finde ich jetzt nicht nur schlecht.
Aber ich denke, es kann auch für eine Gemeinschaft nicht schlecht sein,
wenn man versucht, manche Grundsätze auch zu verschriftlichen
(wenn das Leben nicht darunter leidet und wenn man sich der Schwächen bewusst bleibt – das betrifft dann vor allem dem UMGANG mit den verschriftlichten Glaubenssätzen)
Den Vorteil, den ich hier – in einer Verschriftlichung sehe, ist der, dass wir dann etwas weniger in eine Abhängigkeit von
bestimmten „Führergestalten“ geraten können.
Ohne „Verschriftlichung“ gibt es für diese Führergestalten nichts, das sie genau festlegt.
Mit ihrem persönlichen „direkten Draht zu Gott“ – sind sie manchmal über jede Kritik erhaben.
Das kann sich gut entwickeln – und Jesus selbst war wahrscheinlich genauso eine Führergestalt.
Aber es kann auch total entarten, wie z.B. bei Paul Schäfer in Chile mit der Colonia Dignidad
(https://de.wikipedia.org/wiki/Colonia_Dignidad)
oder auch Jim Jones im Jahre 1978, in Guayana (https://de.wikipedia.org/wiki/Jonestown-Massaker)
Niemand kann natürlich sagen, dass eine „Dogmatik“ dies verhindert hätte,
aber dieser Gedanke, der kam mir eben und den würde ich gerne mit Euch teilen.
Mich würden Eure Gedanken dazu interessieren.
Die Abgrenzung von „Dogmatismus“ – die habe ich ja schon weiter oben versucht zu definieren.
Dogmatismus ist – nach meinem Verständnis – der FALSCHE UMGANG mit Glaubensgrundsätzen, sollte aber nicht prinzpiell gegen eine Ausformulierung stehen..
Falsch halte ich es, wenn es eine Unterdrückungssystem dient und der Ausgrenzung andersdenkender – tja, wnan und wo das beginnt, das sind natürlch auch alles wieder ganz eigene Themen…- und leider auch nicht immer allgemein zu entscheiden.
viele liebe grüsse
Steve
PS: Ein Buch, dass – wie ich finde – recht gute Gedankenanstösse bietet, aber nicht „dogmatisch (<— hhh) " daherkommt,
ist von Gerd Theißen: Glaubenssätze
https://www.amazon.de/Glaubenss%C3%A4tze-kritischer-Katechismus-Gerd-Thei%C3%9Fen/dp/3579081489
https://www.amazon.de/Glaubenss%C3%A4tze-kritischer-Katechismus-Gerd-Thei%C3%9Fen/dp/3579081489
Für mich ein eher poetischer Ansatz, aber dennoch schön strukturiert
Danke, Steve. So in etwa sehe ich das auch.
Und das gilt nicht nur für Verschriftlichung von Glaubenssätzen sondern allgemein für „Schriftreligion“ vs. „reinem Mystizismus“. Die Ausrichtung an Verschriftlichtem steht immer in der Gefahr, die eigene Auffassung der Verschriftlichung für das Nonplusultra zu halten und Andersgläubige auf den Scheiterhaufen zu stecken – aber immerhin ist sie anhand etwas Außenstehendem (der heiligen Schrift, oder der Verschriftlichung eines Glaubenssatzes) hinterfragbar. Ohne kann der Priester/ Prophet/ Schamane/ Whatever alles was ihm düngt zum Wort Gottes erklären, ohne dass es Kriterien gäbe, das Ganze zu kritisieren.
Will sagen, mit der Bibel in der Hand können Glaubenskriege geführt werden.
Ohne aber genauso.
Und mit der Bibel in der Hand gibt es immerhin etwas, anhand dessen man darüber streiten kann, ob das eine gute Idee ist.
LG,
der Jay
Gegen Ende jubiliert ihr beide darüber, dass das Veröffentlichen von kritischen Gedanken sich heute dank des Internets ja nicht mehr so einfach aufhalten lässt. Ich fürchte, dass wird nicht mehr lange so sein, denn
a) die Infrastruktur zur Überwachung würde in den letzten Jahren massiv ausgebaut
b) Gesetze, um Inhalte löschen zu lassen existieren und dadurch werden alle großen Anbieter verpflichtet entsprechende Infrastruktur zu schaffen (das geht ja nicht von Hand)
c) Die KI ist mittlerweile so weit, dass sie die nötigen Analysen fast in Echtzeit schafft, um Texte im Keim als unerwünscht zu kennzeichnen und dann blocken zu können
d) Das, was den Massenmarkt erreichen will, kommt um die großen Portale nicht herum. Und die können nicht gegen bestehende Gesetze existieren.
e) China hat es vorgemacht, wie sich Milliarden von Menschen hinter der großen chinesischen Firewall kontrollieren lassen. Es geht also, wenn man das als Staat wirklich will.
Falls einmal eine Regierung mit bösen Absichten an die Macht käme, wäre es ruckzuck vorbei mit dem Veröffentlichen unliebsamer Meinungen.
Das klingt ein wenig zu dystopisch, schließlich gibt es grade im christlichen Bereich eine Vielzahl von unterschiedlichen Meinungen. Dann kann du auch gleich alle Unis dichtmachen.
Während hier in England wo ich derzeit lebe die Kirchen immer voller werden, habe ich den Eindruck, dass wir uns als Deutsche fast schon ein bisschen aus der Kirche rausdenken.
Wir hatten hier vor Ort in Coventry an den letzten 4 Montagen öffentliche Vorträge von christlichen Intellektuellen (Ox-bridge Profs etc) die leidenschaftlich und hoch intellektuell für einen lebendigen Glauben an Jesus mit allem drum und dran geworben haben. Die Kirche war jedes Mal mit ca 1000 Leuten (Christen, Atheisten, Agnostiker… ) voll.
Da stellt sich niemand hin und sagt: lasst uns gemeinsam zweifeln. Nein es wird viel mehr voller Liebe und Hingabe und ohne Druck erklärt warum wir glauben dürfen und welche guten Gründe es gibt.
Ich stimme euch voll zu, dass sich niemand mit solchen Kommentaren erheben soll. Besonders der Graham Kommentar geht total daneben. Wo ist da die Annahme und Nächstenliebe.
Aber in eurem Talk fehlt mir die objektive Auseinandersetzung mit dem Thema und auch den anderen Statements. Ihr macht das sehr einseitig in dem ihr die drei von vornherein als negative Beispiele einfärbt.
Vielleicht wäre es dann nice zu dem Thema jemanden einzuladen der nicht eurer Meinung ist, sodass es zu einem Pro und Kontra kommt?
Ich finde es toll dass ihr das Thema anstoßt und dem Zweifel einen vorurteilsfreien Raum geben wollt. Man muss als Christ zweifeln dürfen. Allerdings ist manches aus meiner Sicht echt einseitig und eure Meinung und Richtung ist eigentlich schon nach 20 min ersichtlich. Trotzdem mag ich euch 😉
Kannst du mal etwas erläutern, wie bei so einem Thema Pro und Kontra aussehen könnte? Es geht in dem Talk doch nicht um Glaube vs. Unglaube oder Zweifeln vs. Apologetik. Ich weiß echt nicht, wie ein Pro aussehen kann, wenn Menschen auf einmal ihr ganzes Lebenskonzept über den Haufen werfen, anfangen sich neu zu orientieren, und mal ganz abgesehen davon, ob man das jetzt gut oder blöd findet, Statements kommen wie „Halt die Fresse“ oder „Vielleicht war es eh alles nur geheuchelt“.
Lieben Gruß
Daniel
Hei, Stefan,
was meinst du jetzt mit Pro und Kontra?
Ich finde deinen Kommentar bzw. dein Erleben auf der einen Seite sehr nachvollziehbar. Postevangelikale beschäftigen sich wirklich relativ stark mit allem was schwierig und kritisch und so ist. Was nicht immer hilft und Schlagseite bekommt, wenn sich keiner mehr traut, was durchweg positives zu erzählen, weil jeder, der nicht irgendwie zynisch und misstrauisch ist, schon mal verdächtig ist. Das muss aber nicht so bleiben.
Ich mag es, dass z.B. bei Hossatalk auch viele Talks mit positiven Beispielen, wie man Glauben leben kann, erschienen sind.
Vielleicht ist das viele „Zusammen zweifeln“ eben auch eine Reaktion auf eine Angewohnheit in „Evangelikalien“ zurückzuführen, bei der man Angst hat, mal einen Stein umzudrehen (bzw. sich zu einem Thema zu hinterfragen). Weil alles dort lehr- und lebensstilmäßig alles in einem Konstrukt zusammenhängt, und man befürchtet, wenn ein einzelner Stein (also, ein Thema, oder eine ganz sichere Aussage) gelockert wird, würde das ganze Ding zusammenbrechen.
Ist das in England anders? In Deutschland finde ich, ist es noch immer sehr stark ausgeprägt, obwohl es auch immer mehr Leiter und allgemein Christen gibt, die viel authentischer und offener sind. Man merkt es daran, dass sie nicht mehr wie in einer Wagenburg nur noch mit total Gleichgesinnten zusammenarbeiten. Der Seenotretter Chris war ein gutes Beispiel. Oder Alber Frey. In den USA scheints aber noch unglaublich krass zu sein.
Dazu denke ich: Wenn ich (also als Zweifler) was hinterfrage, und dann alles zusammenbricht, hing denn der Glaube davon ab, dass jeder „Stein“ an seinem Platz blieb?
In diesem Fall wäre ja der Rückschluss, dass das Konstrukt den Glauben getragen hat. Das würde dann womöglich sogar ohne Gottesbeziehung funktionieren.
Wenn der Glaube auf diese Art befestigt war, eben dass das Konstrukt ihn trägt, dann bricht er wirklich zusammen, wenn man einzelne Dinge neu durchdenkt.
Dass dann andere Leute in einer Art Abwehrreaktion versuchen, die „Zweifler“ mundtot zu machen, auch mit sehr kaltherzigen Worten, habe ich auch schon erlebt. Da merkt man, man wird nicht mehr als Mensch, sondern nur noch als Bedrohung angesehen.
Ich bin ganz bei dir, dass es toll und glaubensfördernd ist, Leuten zuzuhören, die einladend und in eurem Fall auf einer hohen intellektuellen Ebene vom Glauben positiv reden.
Trotzdem steht und fällt für mich das Vertrauen zu einer Gemeinschaft oder einem Leiter, wie er mit Leuten umgeht, die eben zweifeln. Besonders, wenn sie am Zweifel leiden. Oder einen harten Schicksalsschlag einstecken mussten.
Wenn man nämlich wirklich so gläubig ist, also an die Realität und die Liebe Gottes glaubt, dann muss man absolut keine Angst davor haben, andere ehrlich sein zu lassen. Man kann diese Menschen in Freundschaft und Respekt „leben“ und sich entwickeln lassen und für sie beten, dass sie Antworten finden. Oder, was ich oft tue, dass sie Gott in einem Leben neu finden, in dem vielleicht gar keine abschließenden Antworten gefunden werden können.
Das schließt doch überhaupt nicht aus, dass Glauben gelebt wird und darüber geredet wird, vielleicht auch kontrovers. Wo das Kontroverse dann halt total verboten ist (der Lobpreismensch darf nur positiv rüberkommen, der Mr. Moral (J.Harris) darf seine rigiden Vorstellungen, die er mit 19 hatte, im Laufe seines Lebens und seiner jahrelangen seelsorgerlichen Tätigkeit nicht überdenken), da ist es schwer, einen mündigen, lebendigen Glauben entwickeln, der der Realität standhält.
Ja, es wäre schön gewesen, auch evangelikale, liebevolle Statements z.B. von Hillsong, aufzutreiben. War aber wohl nicht so einfach zu finden. Das ist ja alles ziemlich vorsortiert. Ich habe auch nur das Mike Bickle You Tube Video gefunden.
🙂 So, Stefan, und nun, nach meinem Senf: was meinst du jetzt mit pro und kontra?
Wie gehst du oder geht ihr mit einem Helden um, der vom Glauben abfällt? Wie meinst du, sollten wir es tun?
LG, Caro
Hallo ihr beiden. Danke für euer Feedback und euren Kommentar zu meiner Kommentar 😉
Um zu verdeutlichen was ich meine:
– Natürlich muss jeder gläubige Mensch zweifeln dürfen ohne dafür angefeindet zu werden. Die Kommentare die diese beiden öffentlichen Personen ertragen mussten sind krass.
– Zweifeln und Glauben gehören für mich zusammen. Jesus hat ne Menge Geduld mit seinen zweifelnden Jüngern gehabt. Wer nicht auch mal gezweifelt und hinterfragt hat, hat aus meiner Sicht auch keinen reifen / mündigen Glauben. Logisch. Soweit gehe ich mit dem Talk auf Konform.
Das Pro und Kontra bezieht sich nicht auf die persönliche Erfahrung der im Podcast genannten Personen. Darüber steht uns kein Urteil zu.
Mein Problem ist und da kommt für mich das Pro und Kontra rein, dass der Zweifel in dieser „Post Evangelikalen“ oder einfach auch „Post Christlichen Zeit“ als neuer Glaube verkauft wird. Mir ist es viel zu wenig Zusammenzutun und zu sagen: wir wissen eigentlich alle nur, dass wir mehr genau wissen was wir glauben. Und darüber kann man natürlich streiten.
Ein einfaches Bild: wenn ich mit einer Gruppe eine Fahrradtour mache und nach 20km an eine Kreuzung komme und vorher ziemlich genau gewusst habe wo ich hin will und es auf einmal nicht mehr weis, dann sage ich doch nicht: kommt mal alle her ich will euch was sagen: ich weis nicht wo es lang geht und deshalb sollten wir jetzt hier an der Kreuzung bleiben und ganz lange drüber reden wo jeder der auch nicht weis wo es langgeht denkt wo es hingehen könnte.
Das ein Leiter anerkannt, dass er grade eine Krise hat und nicht weis wohin er glauben und gehen möchte finde ich ehrlich und sympathisch und das mag ich an Hossa Talk. Aber dann da stehen zu bleiben und das nicht-wissen und unsicher sein als neuen Weg zu verkaufen sehe ich kritisch. Ich finde es spannend zu hinterfragen und die Motive von Leuten kennenzulernen aber man kann sich hat auch im ewigen dekonstruieren verlieren.
Das ist meine Kontra-Meinung dazu.
Stefan, an der Stelle nur kurz, aber ehrlich gesagt weise ich den Vorwurf von mir, wir würden mit Hossa Talk nur dekonstruieren und auf der Stelle treten. Damit kann ich mich überhaupt nicht identifizieren. Allein wenn ich die Titelliste der Folgen dieses Jahres durchgehe, fallen mir X Gespräche ein, die versuchen Orientierungshilfen und hilfreiches in Glaubens- und Lebensfragen herauszuarbeiten und weiter zu geben (Ich denke zB an den Talk über die Seenotrettung, das Gespräch mit Albert Frey, Michael Blume, den Talk über Dämonenglauben, den Talk vom Freakstock oder unsere beiden Talks zum Vater Unser – und das sind nur die ersten, die mir in den Sinn kommen). Sorry, ich finde Deinen Vorwurf unpassend.
Unsere Art ist es eben nicht, zu sagen „und nach all dem, was wir nun besprochen haben, sagen wir Dir, verehrter, dummer Hörer, was Du gefälligst zu tun hast.“ Wer das sucht, ist bei uns nicht richtig. Was jemand aus unseren Gesprächen herauszieht oder lieber liegen lässt – ist jedem selbst überlassen. Wir sind keine Gemeindegründungsbewegung, die vielleicht an irgendeiner Stelle an den Punkt kommt, sich zu fragen, ob sie den Stiefel, den sie fährt und fahren will, deutlicher machen muss. Wir stehen für den weiten Raum des Glaubens an Jesus ein. Hierbei wird AUCH denkonstruiert und sich gefragt, ob es nicht an der Zeit ist, alte Zöpfe abzuschneiden. Aber genauso fragen wir uns doch immer wieder, WAS denn den Glauben an Jesus ausmacht und ihn hilfreicher leben lässt.
LG,
der Jay
Hallo Stefan,
als Mitleserin 😉 möchte ich an dieser Stelle die Talks mit Jürgen Mette, Thorsten Dietz, Eckard Krause, Daniel Rentschler von der IJM, Arne Kopfermann und Stefanie Linner erwähnen, die ganz viele gute Perspektiven für die Gestaltung von Glaubensleben geben und mir persönlich in Zweifeln Mut gemacht haben, frohe Botschaften in mein Herz gesprochen haben (@Jay&Gofi: ihr seid eben doch Evangelisten 😉 ) und weitergeholfen haben dranzubleiben, nach Gott zu suchen, wieder zu beten, mich mit der Bibel zu beschäftigen…
Auch wenn hier immer wieder auch über das Nicht-Wissen, Zweifeln und Dekonstruktion gesprochen wird, habe ich in vielen Talks und durch Hossa-Talk als Plattform (Kommentare und persönliche Kontakte) viele unglaublich hilfreiche Impulse bekommen, eben NICHT stehen zu bleiben in meiner Dekonstruktion und den Zweifeln, sondern in andere Richtungen weiterzudenken und zu glauben.
Hallo Stefan, dass die Menschen, die gerade mitten in der Krise stehen nicht wissen, wo es lange geht (um im Bild der Kreuzung zu bleiben) liegt in der Natur der Sache. Ich sehe nicht, dass Jay und Gofi dort stehen bleiben. Allerdings ist es auch so, dass nach echten Zweifeln die Überzeugung jetzt wieder die absolute Wahrheit gefunden zu haben wohl meist stirbt. Aber es gibt auch ein Glaube ohne absoluten Wahrheitsanspruch.
Hallo Stefan,
also dem „ewigen dekonstruieren“ würde ich auch widersprechen. Da gibt es zu viele Folgen, die nach vorne ausgerichtet sind, und durch die ich auf viele Positive Impulse für meinen Dienst als hauptamtlicher mitnehmen konnte.
Was natürlich schon auffällig ist, ist das Themen, die sich kritisch mit evangelikalem Glaubensleben auseinandersetzen viel mehr Kommentare bekommen, als wenn mal z.B. Kunst das Thema ist. Woran liegt das? Weil die evangelikale Bewegung natürlich ihre Schwächen hat und manche Menschen unter diesen Schwächen leiden. Also muss es auch zur Sprache kommen. Aber ich würde nicht sagen, dass dadurch ständig dekonstruiert wird, oder Zweifel der neue Glauben ist. Vielleicht muss man, bevor man über Glaube und Zweifel redet erstmal klar bekommen was denn genau Glaube ist. Mein Weg war so, dass ich an einer sehr konservativen Bibelschule meine Ausbildung gemacht habe. Ich habe es in etwa so wahrgenommen, dass die ersten Christen noch ganz gut unterwegs waren, aber ab dann ging es bergab, bis Ende des 19., Anfang des 20. Jahrhunderts wieder bibeltreue Gemeinden entstanden, in denen „richtig geglaubt“ wurde. „Richtig glauben“, dass bedeutet sich den Lehrsätzen und der Ethik, die dort gelehrt wurde zu unterwerfen. Mit etwas Abstand wurde mir immer mehr bewusst, dass diese Ausrichtung versucht sich den Glauben selbst zu bestätigen, zu vergewissern und greifbar zu machen. Apologetik war auch ganz wichtig, und das auf eine Art, wo es auf wirklich alle Fragen eine Antwort gab. Nebenbei: Das ist dann auch der Nährboden für Sätze wie „Es wird schon seinen Sinn haben“, „Gott hat einen Plan“, usw. selbst in den dramatischsten Lebenssituationen. Aber Glaube ist für mich eben nicht, das ich mir selbst etwas versuche zu bestätigen und zu vergewissern. Im Grunde ist manche evangelikale Theologie da sogar sehr liberal (also im theologischen Sinn), da der Mensch von oben herab auf Gott schaut und alles erklären kann. Und in einer solchen Theologie ist eben kein Platz für Zweifel oder für ein „das weiß man nicht“. Mir haben da die religions-philosophischen Gedanken von Bultmann sehr geholfen, der sagte, dass wir nur von Gott reden können, soweit wir von ihm in seine Wirklichkeit mit hinein genommen werden. Und da wo mich Gott in seine Wirklichkeit hinein nimmt, da entsteht Glaube von Gott her. Und da, wo ich das als Mensch wahrnehme erkenne ich aber auch meinen Unglauben, meinen Zweifel und meine Fragen. Da kann ich auch noch mal Bart zitieren:
„Wir sollen als Theologen von Gott reden, wir sind aber Menschen und können als solche nicht von Gott reden. Wir sollen Beides, unser Sollen und unser Nicht-Können, wissen und eben damit Gott die Ehre geben. Das ist unsere Bedrängnis. Alles andere ist daneben Kinderspiel“
Ich glaube, dass vielen evangelikalen Christen dieses „Nicht-Können“ nicht bewusst ist, und das ist ein Problem, weil da wo Menschen auf einmal wahrnehmen, dass Gott nicht so klar umrissen ist wie sie es bisher immer dachten, da geraten sie in eine Spannung zu ihrem bisherigen Welt- und Gottesbild. Und da wird dann vom „Abfall“ gesprochen, vom Glaubensverlust usw. Aber damit wäre ich vorsichtig, weil ich nicht weiß, womit sie gebrochen haben: mit Jesus höchstpersönlich oder mit einem Glauben, der irgendwie mehr eigene Leistung als Geschenk Gottes ist.
Ich habe es mir in den letzten Jahren angewöhnt in meinen Predigten und Bibelstunden auch ganz offen zu sagen, wo ich etwas nicht weiß, wo ich meine Zweifel habe, wo etwas schwierig ist. Und das führt zu sehr viel Offenheit und immer wieder guten Gesprächen und auch Entspannung im Glauben. Aber dadurch ist der Glaube an sich nicht in Gefahr, weil das klare, eindeutige, schöne und wunderbare am christlichen Glauben dadurch nicht weniger wird.
Lieben Gruß
Daniel
Daniel, Danke. Das ist exakt, was wir mit Hossa Talk zu verbalisieren versuchen. Super ausgedrückt.
Und das Barth-Zitat ist der Hammer!
LG,
der Jay
Hi, Stefan, jetzt wird mir klarer, was du mit Kontra meinst. Dass es vielleicht auch ein Zuviel „sich um den Zweifel drehen “ gibt. Und dass das Zweifeln der neue Glaube ist, bzw. als neuer Glaube gefeiert wird. Ganz bestimmt ist das eine Gefahr, und diese Leute hab ich auch schon erlebt. Sie sind oft sehr verbittert und haben sich darauf versteift, alles am Glauben madig zu machen.
Aber es ist genau das, was ich an Hossa Talk so mega finde, dass es, finde ich, mehr konstruktives zu finden gibt, als in den klassischen liberalen und in den klassischen evangelikalen Kreisen. Und das ganze ohne dieses hartherzige Abwerten.
Vielleicht hast du einfach die falschen Talks erwischt bis jetzt. So einfühlsam und ok wie du schreibst, denke ich, hör dir einfach noch ein paar Folgen an und du wirst wahrscheinlich deine Meinung ändern. 🙂
Bei Hossa Talk um im Bild mit der Kreuzung zu bleiben, gibt es schon eine durchgehende Aussage, die ich immer wieder raushöre.
Vertrau auf Gott, dass er dich findet, wenn du dich verlaufen hast,.
Sei geduldig und ehrlich mit dir selbst und mit anderen.
Für mich hat Hossa Talk mir den Glauben an ein Christentum der Freiheit gerettet. Und auf dieser Basis konnte mein Glaube wieder ganz gut wachsen. Hab so viele neue Impulse gekriegt und mich oft gefreut, dass in dieser Freiheit doch immer wieder die Hauptbotschaft des christlichen Glaubens in den Mittelpunkt kam. ch mag es auch, dass es eben diese Gesprächsform hat…. man stellt seine Meinung und seine Erfahrungen dar, und zwar ohne Absolutheitsanspruch. Gerade deshalb ist es eher ein reich gedeckter Tisch und weniger eine Zwangsernährung. Oder nur ein paar Krümel gemeinsamer Konsens.
Und noch ein Gedanke: Wahrscheinlich gibt es schon unterschiedliche Aufgaben im Reich Gottes… es gibt die Leute, die dazu berufen sind, Systeme zu hinterfragen ,und dafür aber auch andere, die berufen sind, Menschen aufzubauen, die unter ganz anderen Nöten leiden und wo dieser innerchristliche Gedankenprozess eigentlich keine Rolle spielt. Aber beide sind wichtig, weil Gott will, dass allen geholfen wird….. Wenn es bei euch super läuft und nicht dieses toxische Zeug dominiert, dann könnte es einfach sein, dass ihr gar nicht so viel dekonstruieren müsst. Und das ist ja auch super!
Auf jeden Fall: Jetzt gibts auch endlich mal den Dauerauftrag <3. (to show my love and my thankfulness und weil ihr immer so süß in die Kamera schaut).
Weil ihr sehr wertvoll seid, meinem Glauben total guttut und euch superviel Mühe gebt, interessante und vielseitige Themen zu beleuchten.
Und echt was fehlen würde, wenn ihr aufhört.
Hey, das ist voll lieb. Dankeschön, das tut gut und hilft uns sehr.
LG,
der Jay
Schon mal was von Worthaus gehört?
Da kamen dieses Jahr auch mehr als 600 Leute.
DasThema bringt nunmal viele Emotionen hoch, hat so ein Podcast ja oft auch an sich.
Zu der Kritik daran weshalb die beiden ihre Zweifel so öffentlich machen möchte ich hinzufügen, wenn man wie z.B. Joshua Harris über Jahre öffentlich gelehrt und publiziert hat, dann finde ich es angebracht, richtig und mutig von ihm, wenn er dann auch öffentlich dazu steht, dass er seine Überzeugungen widerruft. Und dann noch die Grösse hat sich zu entschuldigen und um Vergebung zu bitten. Sehr stark. Ich wünsche beiden und allen Menschen in ähnlichen Situationen viel Kraft, Geduld mit sich und wer immer diese*r Gott-Kerl*in genau ist auf dem Weg durchs Leben.
Ich finde es auch nur konsequent, dass sich eine öffentliche Person genauso öffentlich über Krisen, Scheitern und Zweifel äußert wie über Hoch-Zeiten, Erfolge und Glaubens-Flows.
Und wenn Herr Graham und Co. einfach nur mal ein My darüber nachgedacht hätten, was sie da von den Zweifelnden fordern, hätten sie vielleicht auch gemerkt, dass es höchst unbiblisch ist, nur über die tollen Seiten des Lebens und des Glaubens zu sprechen (Propheten, Hiob, Psalmen, Klagelieder…). Vielleicht war ihnen auch der Umgang Jesu mit Zweifelnden entgangen und Erzählungen wie die von der Berufung Nathanaels, der laut seinen Zweifel an Nazarenern kundtut und über den Jesus sagt: Das ist ein wahrer Israelit, der durch und durch aufrichtig ist.
Jesus waren echte Zweifler lieber als die frommen Heuchler und ich finde es erschreckend, dass so vielen Christen das fromme Heucheln lieber ist als echtes, ehrliches und mutiges Zweifeln. Dass sie diejenigen ausgrenzen, die Schwierigkeiten haben, anstatt, wie Jesus, auf die zuzugehen, die struggeln. Und dann singen sie ständig auch noch laut „Sei ein lebend’ger Fisch, schwimme doch gegen den Strom“…
Wenn man sich mal den #exvamgelical bei Twitter anschaut, kommwn einem nur noch die Tränen. Als ob Harris & Co. die ersten wären, die den evangelikalen Glauben kritisieren würden.
Aber in den USA ist das ja noch viel mehr ein Kulturkampf was regelmässig den Debatten deutlich wird.
Ich finde es gut, dass offensichtlich niemand (mehr) Angst haben muss, offen zu bekennen, wenn er*sie meint, vom Glauben abzufallen / bereits abgefallen zu sein. Das ist ein Ausdruck deutlichen Fortschritts (insbesondere im evangelikalen Umfeld) hinsichtlich der wirklichen Glaubens- und Gewissensfreiheit.
Sicherlich werden einige jetzt den inneren Halt dieser oder jener Gemeinschaften hinterfragen, die ihre Mitglieder „nicht im Griff haben“ oder deren geistliche Leiter „nicht fest im Sattel sitzen“.
Das ist ebenso menschlich (oder vielmehr neuronal bedingt ;-), wie der Akt des Zweifelns am Glauben selbst, weil sich die meisten einfach nach Orientierung sehnen.
Ich würde den Menschen, die diesen Abfall vom Glauben anderen (sei es persönlich oder via SocialMedia) mitteilen, keinen Vorwurf daraus machen oder konstatieren, sie würden jetzt ihren Unglauben „predigen“ …
In so einer Situation will sich jede*r mitteilen und das ist auch notwendig. Und von geistlichen Leitern Unfehlbarkeit einzufordern, ist so verwerflich und dumm, wie den ersten Stein zu werfen.
Wer einen unfehlbaren Leiter und Ratgeber sucht, sollte sich an Jesus wenden !!!
Nicht an geistliche Oberhäupter ~
Diese Fehlorientierung tritt leider immer wieder auf …
Ich gebe gerne zu, dass Gemeindeleiter*innen in ihrer Position eine Vorbildfunktion haben und einnehmen sollten (und dementsprechend einen gewisse Stabilität und Persistenz im Glauben, der per se immer b e w e g t und b e w e g e n d ist) … aber doch bitte nicht zum Preis der Selbstverleugnung und des Betrugs! Den eigenen Glauben öffentlich oder im tiefsten Inneren verborgen zu befragen und auch zu hinterfragen kostet Kraft (und je nach Konstitution und Umfeld auch eine ordentliche Portion Mut).
Glauben zu oder abzusprechen ist immer noch Gottes Angelegenheit, auch wenn wir laut Bibel unsere Mitglaubenden gerne auf falsche Verhaltensweisen und Haltungen hinweisen dürfen (und sogar sollen!)
Würden wir alle früher und ungezwungener über Zweifel sprechen (und das ist immer noch eine Frage des sozialen Klimas), könnten so manche Leiter vorm Burnout und viele Menschen vorm geistlichen/geistigen Aus bewahrt werden.
LG und vielen Dank insbesondere fürs unterhaltsame Vorlesen!
Rebekka
hm. also ich finde es schade, dass mein Kommentar offenbar gar nicht richtig gelesen / verstanden wurde. Im letzten Satz habe ich über das dekonstruieren gesprochen, ja richtig. Und ich beziehe mich in meinem Kommentar auf diese spezielle Folge. Und in dieser Folge geht es aus meiner Sicht zu 90% darum die Leute die Zweifeln gegen wirklich menschenunwürdige Kritik zu verteidigen. (was ich toll finde) und da bleibt diese Folge dann für mich hängen.
Das jetzt Karl Bart zitiert wird (den ich auch sehr mag) ist super aber ich habe wie gesagt in meinem Kommentar sogar geschrieben, dass ich es sehr sympathisch finde wenn Leiter zweifeln und das auch zugeben. Also davon muss mich keiner überzeugen.
Ich gehöre meines Wissens nicht zu den Evangelikalen und habe das Gefühl, dass mein Kommentar aus dieser Sichtweise gelesen wird. Ich habe versucht zu beschreiben wo ich absolut dem Talk zustimme und wo ich nicht mitgehen kann. In den Kommentaren, die jetzt kommen wird das gar nicht aufgegriffen.
Die Reaktion, die ich mir gewünscht hätte wäre sowas in der Art:
Danke für deinen Kommentar, er bereichert unsere Diskussion auch wenn wir nicht deiner Meinung etc…
Schön, dass du in so vielen Punkten unserer Folge übereinstimmst aber dies und jenes sehe ich anders..
Stattdessen wird so blind verteidigt als wäre ich jemand der Menschen nicht erlauben will zu zweifeln?
Fakt ist: ich stimme euch in vielem zu, in manchem nicht.
Mein Gedanke war, dass diese eine Folge sehr einseitig ist und kein Pro und Kontra beleuchtet worauf ich gefragt wurde wie das dann aussehen könnte. Daraufhin habe ich mein Pro und Kontra hier aufgeschrieben und es wird nur auf dem Kontra rumgeritten 😉 Sad times.
Hallo Stefan,
du hast recht, ich habe dein Kontra wirklich nicht verstanden. Deshalb habe ich ja auch aus meinem persönlichen Erleben und aus meiner Einschätzung heraus versucht deutlich zu machen, das diese Folge jenseits von Pro und Kontra zu sehen ist, weil ich wirklich, wirklich nicht verstehe wie das aussehen könnte. Deshalb auch der Versuch, dass Gespräch auf eine fundamentalere Ebene zu bringen.
Du sagst ja, dass deiner Meinung nach der Zweifel als neuer Glaube verkauft wird. Und das sehe ich halt anders und habe es aus meiner Sicht ausgeführt. Damit habe ich ja aber keine Aussage über dein Verhältnis zum Zweifel gemacht. Sollte der Eindruck entstanden sein tut es mir leid.
Lieben Gruß
Daniel
Hm, also bei mir kam der Kommentar allgemeiner gemeint an. Deshalb habe ich darauf so reagiert. Ist ja schön, wenn er nicht so gemeint gewesen ist.
Aber dann verstehe ich das Problem nicht. Warum kann man nicht mal eine einseitige Folge zu einem Thema bringen (wenn es ansonsten ausgewogener zugeht)? Als Jesus über die Pharisäer geschimpft hat, war das nicht sehr ausgewogen. Wenn man nur diese Passage liest, könnte man meinen, Jesus hatte nichts als Verachtung für diese religiöse Gruppe übrig. Im Gesamtzeugnis relativiert sich das (etwas). Aber er setzt an dieser Stelle einen Punkt. Oder vielmehr ein Ausrufezeichen. Das könnte er nicht, wenn er das Für und Wider an dieser Stelle fair behandelt hätte.
In dem Talk, in dem dich unsere Einseitigkeit stört, geht es um die Gruppe der Zweifelnden bzw Apostaten, die es in der Christenheit noch nie leicht hatte und über die auch in diesem Fall wieder reflexartig hergefallen wird (Elia wäre wohl noch ganz anderes mit ihnen umgegangen, einen Kopf Kürzer galt ihm wohl als die göttliche Option). Wir rufen an dieser Stelle: „So geht das nicht, Leute! Was ihr da macht ist nicht nur arschig sondern auch ganz schön selbstgerecht!“ Und damit dieser Punkt Deutlichkeit kriegt und ihn überhaupt mal wer macht, orientieren wir uns an dieser Stelle eben an eher an Jesu Weherufen als an einer systematischen Dissertation.
Das Ziel war, Menschen wie Joshua Harris zu signalisieren: Ihr seid nicht allein! Und die anderen zu bitten, in sich zu gehen, Barmherzigkeit zu ÜBEN und nicht so einen Blödsinn in die Welt zu posaunen.
LG,
der Jay
eine letzte Anregung.
Ich bin selbst Anfang dreißig und Arbeite in meinem Job mit 17-25 jährigen zusammen. Ich erlebe teilweise junge Menschen die nur noch Zweifeln. An allem.
In dieser Folge hätte man ja auch drauf eingehen können in welcher Zeit wir leben. Wie hat sich diese aktuell junge Generation dahin entwickelt wo sie steht. Was ist für Menschen heute wichtig.
Was ich versuche zu sagen ist, dass man wenn man das Zweifeln nur als positiv und was ganz tolles bewertet dem Ganzen auch nicht gerecht wird. Für manche Menschen ist Zweifeln Freiheit und für andere Zwang. Das kann man doch toll in einen gesamtgesellschaftlichen und anthropologischen Zusammenhang setzten.
Sowas hätte ich mir in einer ausgewogenen Folge gewünscht.
Aber Stefan, darum ging es in dieser Folge nicht. Es ging darum, Raum für Menschen die Zweifeln einzufordern. Und NUR darum. Weil das sonst kaum jemand tut. Das mag dir zu einseitig sein – wie gesagt, mehr leisten andere Hossa-Episoden -, aber hätten wir das gemacht, was du Dir wünschst, würde ich sagen, Schade, Auftrag verfehlt.
LG,
der Jay
Dieser Post passt wunderbar: https://www.diesseits.ch/glaube-ist-kein-kartenhaus/
Fantastischer Text!!!
„Bilder sind stark. Und sie können uns leicht beeinflussen. Wer Glauben als ein durch Säulen gestütztes Gebäude versteht, hat ein starkes Bild im Portfolio. Aber das Bild ist jedenfalls kein Christliches. Christlicher Glaube ist nicht auf Säulen aufgebaut, sondern hat Christus als Fundament. Auf diesem Fundament wächst Gemeinschaft nicht durch das Anhaften an Glaubenswahrheiten, sondern durch den Heiligen Geist, der Menschen verbindet, verändert und befreit und ihnen so das Fundament in der eigenen Gemeinschaft und Biografie erlebbar macht.“
Danke fürs Teilen.
LG,
der Jay
hey jay. ja sorry wenn das euer Ziel ist mit der Episode dann habt ihr das voll erreicht. Mir ist das nicht genug um diese Episode hilfreich zu finden. Bei der Meinung bleibe ich 😉 Ich verstehe aber auch, dass das für jemanden der das zum ersten mal hört erstmal total befreiend und ermutigend sein kann.
Ich würde mich freuen wenn du mal in diese oder eine andere Folge von „This Cultural Moment“ reinhörst. Das schreibe ich nicht belehrend sondern einfach nur als Ansatz den ich Interessant und hilfreich finde um hier nicht als der jenige zu stehen, der nur meckert, kritisiert etc.
https://open.spotify.com/episode/1XPGy0SJAtrJOv5VByjhjB?si=XecwfxrFQsa73LDndGHxcQ
Das ist genauso wie eure Sendung ein Podcast, der sich mit dem Glauben in der Post-Christlichen / Post Evangelikalen Zeit beschäftigt. Aber er geht in eine letztlich in eine andere Richtung. Und die Folgen sind nur 20-30 min.
Hallo Stefan,
ich hatte dein Kontra tatsächlich auch allgemein auf HossaTalk als Format verstanden, v.a. deine Formulierungen am Ende deines Posts, in dem du dein Kontra erklärst („…das mag ich an HossaTalk. Aber dann stehen zu bleiben…“ – das klang für mich an einer Kritik an HossaTalk AN SICH und nicht an dieser einen Folge).
Für mich war es hilfreich, dass du deine Erfahrungen mit den jungen Erwachsenen geschildert hast. Ich verstehe jetzt, dass es dich aufgrund dieser Erfahrungen triggert, wenn jemand Zweifelnden so viel Raum lässt oder gar Zweifel als etwas Positives, Hilfreiches, Wichtiges etc. darstellt. Aus meinem Hintergrund fand ich wiederum in dieser Hossa-Folge gut, dass sie dazu da war, sich mit Zweifelnden zu solidarisieren und zu zeigen, dass Zweifel auch sein darf und mitunter sogar sehr hilfreich sein kann.
Interssanter Artikel, der die ‚Kartenhaus‘ Perspektive und das Gottesbild noch mal näher betrachtet.
Stärkster Satz „es war falsch, dass die Kirche abgeschlossene Lehrsätze zu Sexualität, Ungleicheiten zwischen den Geschlechtern.. entwickelt hat,
Hello ihr zwei
Hier eine sehr schöne Reaktion von Jonathan Martin auf die öffentlichen Statements aller Art:
https://podcasts.apple.com/ch/podcast/on-losing-faith/id1474849938?i=1000447371674
Sowieso empfehlenswert, der Podcast!
Grüsse aus der Schweiz ??♀️
Vielen Dank für Euren Talk! Ich will gar nicht so viel zum Thema sagen (wobei ich Eure Gedanken gerade auch zum reichen Jüngling exzellent finde), aber inhaltlich an einer Stelle noch eine etwas andere Facette einbringen. Ich finde es etwas schade, dass Ihr bei Mike Donehey auf den Christian Post-Artikel zurückgegriffen habt und da nicht nochmal weiter gegraben habt. So erweckt es den Anschein (auch hier in den Kommentaren), dass er ein Kritiker von Sampson und Harris und deren Entscheidungen und Statements ist, der von sich aus wie Graham und Cooper einfach mal seine Meinung dazu sagen musste. Geht man auf Donehey’s Facebook-Seite stellt man fest, dass…
… er ursprünglich erstmal nicht von sich aus einfach seinen Senf zu der Thematik hinzugegeben hat, sondern in einem Interview mit einer Frage dazu konfrontiert wurde.
…er sich nach dem Interview nochmal intensiver mit der Thematik, den Fragen und seiner eigenen Antwort auseinander gesetzt hat.
… er sich in seinem Facebook-Post nicht an Sampson und Harris wendet, sondern gerade diejenigen anspricht, die wie Graham und Cooper öffentlich kritisch, geschockt, etc. reagieren.
…manche Punkte in diesem Post in einem anderen Licht erscheinen, als sie in dem Christian Post-Artikel oder dem Talk hier auftauchen.
Wenn man sich den gesamten Post durchliest, kann man feststellen – so ist zumindest mein Eindruck -, dass Donehey hier sehr nahe an dem ist, was ihr am Ende zum reichen Jüngling sagt: Lass die Leute doch mal mit ihrem Glauben kämpfen. Das ist ein guter, wichtiger Punkt auf der Lebensreise.
Natürlich muss man Donehey nicht in allem zustimmen und vielleicht gibt es Aspekte, die man immer noch als „typische evangelikale Reaktion“ ansehen kann. Dennoch habe ich in dem Talk den Eindruck gewonnen, dass man nach dem Anhören Donehey (und als Folge davon auch seine Band) als „typisch evangelikal“ abstempeln kann, während ich sowohl Donehey als auch Tenth Avenue North in der US-evangelikalen Szene als sehr wohltuende und wichtige Stimmen empfinde.
Möge sich aber jeder ein eigenes Bild machen 🙂 https://www.facebook.com/MikeDoneheyAuthor/posts/487476362034777?__tn__=K-R
Hey Dennis,
danke für die weiterführendemn Infos. Kann schon gut sein, dass uns da manches durchgerutscht ist.
LG,
Wie gut es tut, dass ihr diese krassen Aussagen so aufs Korn nehmt ohne das typische religiös-korrekte nachsichtige Schönreden oder Relativieren (aber eigentlich hat er doch Recht, denn…)
Fast therapeutisch für mich, diese Folge zu hören 🙂