#129 Als Lebensretter auf dem Mittelmeer

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10 Kommentare zu „#129 Als Lebensretter auf dem Mittelmeer“

  1. Echt guter Talk. Meiner Ansicht nach lässt sich das „Geistliche“ von dem „Weltlichen“ nicht trennen. Beide gehören in/bei Gott zusammen. In dieser Beziehung spricht mich schon lange eine Stelle aus dem Propheten Jeremia an. Jeremia 22, 15+16 (Lutherbibel 2017)
    15 (…) Hat dein Vater (Josia) nicht auch gegessen und getrunken und hielt dennoch auf Recht und Gerechtigkeit, und es ging ihm gut?
    16 Er half dem Elenden und Armen zum Recht, und es ging ihm gut. Heißt dies nicht, mich recht erkennen?, spricht der HERR.
    Wird hier nicht das Eintreten für die Unterdrückten und Bedrängten mit dem Erkennen Gottes gleichgesetzt? Könnte man daraus nicht den Schluss ziehen, dass alle diejenigen, die für die Notleidenden und Unterdrückten eintreten, die sich für Recht und Gerechtigkeit in dieser Welt einsetzen, Gott im Grunde genommen kennen und seinen Willen tun, auch wenn sie keine Christen sind bzw. sich nicht als solche bezeichnen würden?

  2. Wo wir schon beim Klima sind:
    Auch lange Flugreisen (wie auch kurze) sind sehr schädlich für unsere Nachwelt. Deswegen habe ich lange damit gerungen, mit nach Israel zu reisen (fliegen). Weil es eben doch ein starkes Privileg als reicher Europäer ist. Nun hatte ich die Reise ohnehin schon gebucht. Als Begründung (Ausrede) könnte ich auch noch Anführen, das ich mich ja dadurch kulturell weiter bilden will, und ich nicht um die Welt fliege um nur an noch einem Sandstrand zu liegen.
    Mein Persönlicher Kompromiss (der natürlich nur ein ganz kleines bisschen ist) sieht so aus, das ich wenigstens die Kosten, die durch den Flug für entstehen (und im Preis nicht enthalten sind) an eine Organisation zu spenden, die davon Projekte zur Emissionsreduktion betreiben. Das ist zumindest eine Idee.

    Gruß Lukas

    Bem: „reicher Europäer“ ist im gobalen Maßstab gemeint, bin selbst noch Student

  3. Sehr, sehr starke Sendung mit einem Wahnsinns-Gast. Berührend und beeindruckend!!

    Ich muss zum Thema Seenotrettung noch was Politisches loswerden. Genauer gesagt, zum Argument, dass mehr Leute kommen, wenn wir Seenotrettung unterhalten („das Geschäft der Schlepper betreiben“).

    Dieses Argument scheitert deskriptiv UND normativ. Zu Deutsch: Es ist sachlich falsch (bzw. fragwürdig) UND moralisch pervers.

    1) Die Annahme ist, dass mehr Leute auf die Boote steigen, wenn sie wissen, dass sie im Zweifelsfall gerettet werden. Darüber, wie viel oder wenig Menschen auf der Flucht tatsächlich „wissen“, hat Chris ja schon einiges gesagt. Es gibt auch empirische Untersuchungen dazu, die feststellen, dass es KEINEN messbaren Zusammenhang zwischen mehr Seenotrettung und steigenden Flüchtlingszahlen gibt. Wirkich belegt ist nur, dass mehr Menschen kommen, wenn es mehr Menschen zu Hause schlecht geht.

    Quelle z. B. https://www.spiegel.de/politik/ausland/seenotrettung-warum-die-rettung-migration-nicht-foerdert-a-1277025.html

    Natürlich klingt das Argument intuitiv plausibel. Aber nicht alles, was auf den ersten Blick offensichtlich scheint (z. B.: Die Sonne dreht sich um die Erde), ist deswegen auch wahr. In diesem Fall gibt es eben, wie gesagt, keine Belege.

    2) Selbst wenn es wahr WÄRE: Das Argument läuft darauf hinaus, dass wir den Tod von Menschen WOLLEN (d h billigend in Kauf nehmen), um ein bestimmtes politisches Ziel zu erreichen.
    Wir reden hier von massenhaftem, qualvollem Tod.

    Jetzt kann sich jeder fragen: Wollen wir SO Politik machen? Welches „Abendland“ schützen wir da eigentlich?

  4. Jetzt noch was zur politischen Agenda in Predigt, Lehre und Bekenntnis. Hier möchte ich Jays Äußerung, Politik habe im evangelikalen Raum zu wenig Platz, ein klein wenig ergänzen:

    Über welche „Politik“ reden wir? Wenn wir von links auf die Frage schauen, stimmt das. Soziale Gerechtigkeit, Klima, Inklusion etc., also die klassisch linke bis linksliberale Agenda, kommt da höchstens am Rande vor.

    Evangelikale Gemeinden werden aber SEHR, SEHR politisch bei Themen wie:
    – Ehe für Alle
    – Familienpolitik, Stichwort Betreuungsgeld
    – Bildungspolitik, Stichwort Kita-Ausbau
    – Bildungspolitik, Stichwort Lehrpläne an Schulen („Frühsexualisierung“ = wtf?)
    – Nahostkonflikt (!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!!) – dazu gibt’s meistens eine GANZ klare Meinung
    – Rolle der institutionalisierten Wissenschaft, Stichwort Evolutionstheorie und/oder Gender Studies

    … also bei eher klassisch konservativen bis „rechten“ Themen.
    Auch wenn sich die allermeisten Gemeinden, wie Andreas Malessa mal bei Euch gezeigt hat, durchaus von der AfD abgrenzen, sehe ich da überfällige Auseinandersetzungen zumindest unter dem Deckel schwelen.

    Zweitens ist auch die Verweigerung von politischem Diskurs selber schon wieder eine Art politischer Diskurs, weil sie letztlich immer die „herrschenden Verhältnisse“ (wenn ich diesen Kampfbegriff mal aus der Mottenkiste kramen darf) bestätigen.

    Das ist natürlich grundsätzlich eine Binsenweisheit, in Evangelikalien hat aber selbst die Verweigerung von politischem Diskurs sehr, sehr klare politische Konsequenzen. Und zwar wenn es um Strömungen geht, die eine sehr klare Endzeit-Naherwartung predigen. Dazu gibt’s ja auch entsprechend viele Stellen im Neuen Testament.

    Wenn die Welt jederzeit untergehen kann – und es geradezu unsere Mission ist, genau damit zu rechnen -, dann sind wir, wie es immer heißt, auf einem sinkenden Schiff. und es bringt nichts, noch schnell die Einrichtung geradezurücken. (Ich glaube, so eine Metapher hab ich tatsächlich schon mehrfach gehört) Klimaschutz, fairer Welthandel, internationale Steuerflucht etc. sind dann totale Nebenschauplätze eines metaphysischen Gesamtdramas. Es ist sinnlos, dagegen vorzugehen, wenn die Welt sowieso untergeht.

    Mehr noch: Naturkatastrophen, Kriege und Hungersnöte werden aus der Offenbarung geradezu als Anzeichen von Gottes Gericht gedeutet. Und wer sind wir schon, dass wir Gottes Gericht aufhalten? Das letzte apokalyptische Zeichen ist: „Und dieses Evangelium wird gepredigt auf der ganzen Welt“. Daraus zieht man dann den Schluss (kein Witz!!!!!!), dass es gerade nicht unsere Aufgabe ist, gegen die sich zuspitzenden Katastrophen vorzugehen. Vielmehr müssen wir, während die Erde noch brennt, noch auf die abgelegenste Insel fliegen und dort irgendeinen Stamm missionieren.

    Aus dieser Sicht erscheint das Engagement gegen Krieg, Klimawandel und Ungerechtigkeit nicht nur „vergeblich“ oder „überflüssig“, sondern sogar ein wenig „anmaßend“, nach dem Motto: Turmbau zu Babel. Mir klingen noch Lehren im Ohr, die den menschlichen Versuch, das „Paradies auf Erden“ herzustellen, geradezu als Ausdruck der sündigen, selbstsüchtigen Natur des Menschen verdammen.

    Und das IST Politik.

    Und es ist SEHR klar, wem sie nützt.

    1. Super Gedanken/ Übersicht zu dem Thema, Florian!!
      Ich find es immer erschreckend, wenn sich Konservative über die ‚Politisierung‘ von Jesu Botschaft durch die ‚Liberalen‘ empören und behaupten, Jesus hätte rein gar nichts mit sozialen, ethischen oder ökologischen Themen am Hut gehabt, aber dann ständig über Portale und Organisationen wie citizengo oder Demofueralle Infos einholen und sich heftig engagieren…

    2. Vielen Dank,
      deine Gedanken sind ein gute Argumentationshilfe um in meiner Gemeinde mal etwas offener zu werden bei diesen Themen.

      Lieben Gruß
      Daniel

  5. Ihr gehört einfach zu den die besten christlichen Influencern ☺. Wieder ein beeindruckender Gast und starker Stoff zum Nachdenken und mitbeten. Eine Mischung aus schonungsloser Realität und dem ringen nach Antworten und Wegen.
    Ich habe beschlossen, all die Franklins links (oder rechts) liegen zu lassen. Diese Menschen ziehen mir Kraft ab… Kraft und Trost und Hoffnung braucht man aber unbedingt, um wenigstens das eigene Scherflein zu Lösungen beizutragen.
    Chris zeigt einen guten Weg auf, wie Gemeinden sich einbringen können und wie Christen ihren Glauben als Quelle sehen können. Statt als Käfig, um ihre Schäfchen zu reglementieren.

    Und „ein Mensch“: danke für den Link. Das Lied ist mega und sehr sehr traurig.

  6. Vielen Dank für diesen Talk. Da ich ja einer von denen bin, die einen Predigtplan schreiben hat es mich ganz besonders angesprochen.
    Ich hatte in den letzten Monaten mit meiner Bibelstunde die kleinen Propheten durch genommen, und ich war mal wieder überrascht, wie oft neben der Abkehr von Jahwe auch soziale Gerechtigkeit ein Thema ist. Oft werden bei diesen Propheten ja die Gerichtsworte und der Götzendienst betont, aber es ist halt auch genauso stark das Unrecht gegenüber den schwachen, unterdrückten und ausgebeuteten im Blick. Schon da hatte ich den Eindruck, das dieses Thema nicht genügend gewürdigt wird.

    Lieben Gruß
    Daniel

  7. Vielen Dank an Chris Orlamünder für die Informationen aus erster Hand. Ich war in diesem Sommer von der Berichterstattung über den „Krieg“ zwischen Frau Rakete und Herrn Salvini total abgestoßen. Ein Wettstreit von Ideologen an den Rändern des politischen Spektrums auf dem Rücken von Ertrinkenden.

    Wie wohltuend war es im Kontrast dazu, dieses lange, differenzierende, klärende Interview mit Chris Orlamünder zu hören. Die von ihm angedeuteten politischen Lösungsansätze finden sich übrigens detaillierter in mehreren Interviews, die Gerald Knaus von der Denkfabrik „Europäische Stabilitätsinitiative (ESI)“ in den letzten Monaten gegeben hat. Besonders in den Interviews mit sehr kritisch nachfragenden liberal-konservativ eingestellten Journalisten verteidigt Herr Knaus die Selbstverständlichkeit der Seenotrettung, entwirft Lösungsansätze, korrigiert die von ultrarechten und ultralinken Populisten verbreiteten Falschinformationen.

    Der Hossa Talk mit Chris Orlamünder und die folgenden drei Interviews mit Gerald Knaus haben meinen Horizont geweitet und mir bei der Meinungsbildung sehr geholfen.
    – Juli 2019, Interview mit Jan Feddersen in der taz https://taz.de/Politikberater-ueber-Seenotrettung/!5608934/
    – August 2019, Interview mit Robin Alexander im Podcast Steingarts Morning Briefing ab 03:31 https://www.gaborsteingart.com/podcast/https-dasmorningbriefing-podigee-io-268-neue-episode/?wp-nocache=true
    – September 2019, Interview mit Alexander Wallasch in Tichys Einblick https://www.tichyseinblick.de/kolumnen/alexander-wallasch-heute/gerald-knaus-schluesselfigur-der-migrationspolitik-ueber-neue-fluechtlingsstroeme/

    Vielen Dank auch für den Impuls wieder aktiver zu werden bei der Suche nach Menschen in Nöten an den Orten, die in meiner Reichweite und in meinem Kompetenzkreis liegen. Es gibt so viel zu tun. Überall.

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