#5 Ex-Evangelisten unter sich (mit T. Hebel)

59 Kommentare zu „#5 Ex-Evangelisten unter sich (mit T. Hebel)“

  1. @Jay: Ihr hattet bei Superzwei Konzerten nen Bekehrungsaufruf?
    Wie ging der dann?

    „Wir laden dich herzlich ein in unsern kuschligen Verein“???

  2. Hi Ihr Brüder, ich hab gerade Euren Beitrag gehört (zur Info: ich hab heute meinen „Tag mit Jesus“ und viel in der Apostelgeschichte gelesen, zuletzt bis Apg. 13). Ich muss ehrlich gestehen, daß mir die meisten Eurer Kommentare sehr Mühe bereitet haben, zum Teil habt Ihr Dinge, die mir ehrlich wichtig sind, sehr schlecht, verletzend dargestellt und auch verbal so ausgedrückt, daß sie einfach mich sehr traurig gemacht haben. Zudem verwendet Ihr Begrifflichkeiten, die wir unseren Kindern nicht erlauben wollen. Ich nehme nicht für mich in Anspruch, zu den Besten zu gehören und wenn ich jemals das Ziel verfolgt habe, hat Gott hart daran gearbeitet, daß ich dieses Ziel verliere. Es ist sehr bedauerlich, für mich sehr schmerzend, was Ihr da produziert habt. Torsten Hebel hat zeitweise einen Ton erwähnt, der mich sehr erinnert, daß in früherer deutscher Geschichte Männer so gesprochen haben …schade für all das, was Ihr da produziert habt. Ich arbeite mit wirklicher Mühe und soweit ich für mich sehen kann wirklicher Ehrlichkeit für den Auftrag, den ich sehe. Schade: mich habt Ihr mit Eurer Sendung sehr getroffen, und das nicht im positiven. „Gemeindefuzzies“? Ich würde doch meinen, daß es dran ist, sich für solche Ausdrucksweise zu entschuldigen.

    Ich wollte die Sendung zu Ende hören, sorry: es ging nicht. Wärt Ihr in einer Veranstaltung, wäre ich aufgestanden und gegangen. Ich bin wirklich wirklich wirklich traurig. Das sage ich Euch einfach als Mensch, der jeden Tag aus Gnade heraus lebt. Ich gehe nun seit 34 Jahren mit Jesus, hab tolle Erlebnisse gehabt und in manchen Bereichen völlig versagt. Hab Menschen Freude gemacht und andere verletzt, war in manchen Dingen für Menschen ein Segen und bei anderen musste ich mich entschuldigen. So, bin ich nun nicht besser und kann auch keinen Stein werfen…aber nehme doch meine Beziehung zu Jesus Christus von ganzem Herzen ernst. Ihr habt das in einer Art und Weise in Frage gestellt, die ich selten von Menschen erlebt haben, die wissentlich keine Christen sind. Wirklich schade.

    Jürgen

    1. Hallo Jürgen, danke für deine ehrliche Rückmeldung. Ich kenn dich gut und weiß, dass du deine Arbeit als Evangelist mit absoluter Überzeugung und stellenweise unter großen persönlichen Opfern machst. Ich habe dich dafür immer sehr respektiert. Das schreibe ich nur, weil dich mancher, der das hier liest, nicht kennt. Mir und dir ist das ja klar.
      Du hast jedes Recht, uns zu kritisieren. Dieses Gespräch wurde sehr offen geführt, und es wurden Gedanken geäußert, die von vielen, manchmal heimlich, gedacht werden (jedenfalls legen das die Hörereaktionen nah). Solltest du Ähnliches bisher noch nicht einmal von nichtgläubigen Menschen gehört haben, dann hast du es wahrscheinlich meistens mit sehr höflichen Leuten zu tun.
      Natürlich ist es nicht okay, verletzend über andere zu reden. Wenn du das so empfunden hast: Sorry! Kann gut sein, dass zwischendurch der Gaul mit uns durchgegangen ist. Das kann daran gelegen haben, dass hier stellenweise selber Verletzte sprechen. Du bist lange genug dabei, um auch um die Schattenseiten zu wissen. Wir haben bei unseren Begnungen manchmal (andeutungsweise) darüber gesprochen. Jetzt kann man sagen: Dann veröffentlicht doch so was nicht! Aber wir sehen das völlig anders. Wir meinen: Es gärt unter den Frommen. Die Meinungsverschiedenheiten sind offensichtlich. Zu lange wurde da ein dogmatisches Mäntelchen drübergelegt und wir haben so getan, als wären wir alle einer Meinung. Die Wirklichkeit sieht aber ganz anders aus. Und darüber muss geredet werden.
      Wenn jetzt also Leute, die sich als Evangelisten verdient gemacht haben, Tacheles reden, dann bin ich der Meinung, dass man ihnen zuhören sollte, selbst wenn es wehtut, selbst wenn sie sich irren sollte. Da sind natürlich viele Aussagen dabei, die sehr kategorisch klingen, oft auch reichlich salopp sind. Aber ich höre eher die Fragen heraus: War das so in Ordnung, wie wir es bisher gemacht haben? Kann es sein, dass wir nicht nur Gutes angerichtet haben, sondern auch Schaden? Stimmt unsere Theologie wirklich? Verstehen wir die Bibel richtig? usw. Falls du diese Anfragen unzulässig findest – sorry, aber da sind wir anderer Meinung. Wir finden, wir kommen gar nicht drumherum, uns diesen Fragen immer wieder auszusetzen. Hossa-Talk heißt: laut denken. (und hinterher unter Umständen auf die Fresse kriegen.) (Ich finde so eine Sprache übrigens völlig in Ordnung.)
      Wenn du die Sendung bis zum Ende gehört hättest, hättest du gemerkt, dass wir uns längst nicht in allem einig sind. Wir gehen auch nicht davon aus, Recht zu haben (wir gehen davon aus, wissen aber, dass die Möglichkeit besteht, dass wir uns irren). Wir haben nur den Anspruch, ehrlich zu sein. Das bedeutet, dass wir uns manchmal sehr weit aus dem Fenster lehnen. Damit machen wir uns natürlich anfällig für Kritik. Das ist gut so, auch wenn es es unangenehm ist.
      Deshalb finden wir auch gut, dass du deine Kritik offen und deutlich zum Ausdruck gebracht hast. Wir hören sie (lesen sie) und nehmen sie uns zu Herzen. Da kannst du sicher sein. Dies ist nur eine erste, spontane Reaktion von mir.
      Alles Gute für dich, deine Familie und deine Arbeit!
      Gofi

  3. Hi Goofy,

    ich wollte noch anmerken, daß ich die ganze Sendung zu späterem Zeitpunkt zu Ende gehört habe (noch vor Deiner Rückmeldung bzw. dem Freischalten meiner Reaktion). Ich musste zuerst etwas Zeit verstreichen lassen, um das Gehörte setzen zu lassen. Es hat an meinem Empfinden allerdings nichts geändert. Ich halte nicht dafür, daß die Dinge, die Ihr besprochen habt, auf eine öffentliche Plattform gehören. Ich habe auch nie mit anderen gesprochen über das, was wir beide mal ab und an besprochen haben. Ich meine doch, dafür gibt es bessere Gelegenheiten.

    Mit herzlichem (und ich meine das wirklich so!) brüderlichem und Segensgruß, Jürgen

    (Diesen Kommentarkannst Du – musst Du nicht zwangsläufig veröffentlichen, ich hab nur keine andere mailadresse von Dir, glaube ich)

  4. Jonathan Straßheim

    Sehr biographisch. Hut ab vor euren Geschichten. Ich finde, leider theologisch auch manches mal sehr flach (Zitat Torsten: „Ich vertraue auf mein Gefühl.“). Was hat Jesus wirklich gewollt und gesagt?
    Da ist doch schon beides vorhanden „Bekehrungsaufrufe“ a la: „Wer mich hat, hat das Leben, wer mich nicht hat, hat das Leben nicht“ oder „Lass alles hinter dir und folge mir nach. Jetzt.“ und natürlich auch Herausforderungen, dass es um das ganze Leben und die Taten geht: „Verkauf was du hast und gib das Geld den Armen.“ „Liebe deinen Nächsten wie dich selbst.“
    Aber wo ist da der Gegensatz? Beides gehört doch zusammen, der Aufruf zum Glauben und dann die entsprechenden Taten. Ich wäre ohne eine bewusste Entscheidung für Jesus z.B. niemals Sozialpädagoge geworden. Der Glaube gibt mir die Leitlinien und die Kraft für mein Handeln.
    Ich finds super schade, zu sehen, wie Druck und Zwänge auf der einen Seite (und da gibt es einiges von in „Evangelikalien“) oft eine Bewegung ins Gegenteil auslösen. Ein Aufruf zur Entscheidung ist doch genauso berechtigt wie die Forderung das dann auch zu leben. Ich wünsche mir da eine versöhnlicheren Umgang zwischen „Gemeindefuzzies“ und „frustrierten Ex-Evangelisten“ ;-). Ob die einen tatsächlich einen Schritt weiter sind als die Anderen, scheint mir wirklich fraglich. Es geht wohl eher um Ergänzung, als um Wettbewerb in Gottes großem Reich.

    1. Hallo Jonathan,
      ich stimme dir zu, das muss kein Gegensatz sein. Auch glaube ich nicht, dass Bekehrungsaufrufe grundsätzlich falsch sind. Das sind ja (nur) unsere Geschichten, die wir da miteinander besprechen. Und damit natürlich auch ziemlich subjektive Momentaufnahmen. Trotzdem (oder gerade deswegen) denke ich, dass wir einen Beitrag zum Gespräch geben können, darüber was Christsein bedeutet und ob wir (!) Christen uns nicht zum Teil in wenig hilfreichen Verengungen verrennen. Wir sind ja nicht maßgeblich, sondern einfach nur ein paar Typen, die Jesus lieben und laut darüber nachdenken, was Jesus nachfolgen bedeutet. Dem darf man gerne widersprechen. Trotzdem glaube ich, dass wir mit unseren Erfahrungen und unserer Perspektive Sachen artikulieren, die viele denken (jedenfalls kriegen wir das in Rückmeldungen immer wieder zu hören). Wir sind ein Diskussionsbeitrag. Nicht mehr und nicht weniger. 🙂
      Viele Grüße,
      der Jay

  5. Hallo zusammen,
    vielen Dank für diese Sendung und das ganze „laut denken“. Ich habe selbst viele viele Aufrufe (viel zu viele) miterlebt. Die meisten habe ich im Nachhinein unter „das ist das Standardprogramm“ einsortiert, es waren aber auch solche dabei, die einfach nur von dem was sie Gutes erlebt haben ermutigt haben auch Entscheidungen zu treffen und einen Weg mit Jesus zu wagen, weil es einfach nichts besseres gibt.
    In unserer eigenen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen brüten wir als Mitarbeiter aus unseren eigenen Erfahrungen heraus schon seit Jahren darüber, wie das authentisch und angemessen aussehen kann. Für mich gehört es im Rahmen einer Jüngerschaftsbeziehung dazu, dass man klare Entscheidungen trifft und als Vorangehender, auch mal zu solchen ermutigt, anstatt lieblos zuzusehen, wie der andere durchs Leben „eiert“. Aber ich möchte ehrlich dazu einladen, die Herausforderungen und offenen Fragen nicht verschweigen (kein „komm zu Jesus und dann wird alles gut“) und vor allem will ich auf dem Weg begleiten und nicht nur für die „Himmelsstatistik“ zu Entscheidungen aufgerufen haben.

  6. Hallo zusammen!
    Ich habe diese Sendung mit großem Interesse gehört und sie als erfrischend empfunden.
    Ich bin der Meinung, dass es gut ist, das eigene Tun und Reden ab und an mal gründlichst zu hinterfragen. Insbesondere dann, wenn man in öffentlicher Funktion unterwegs ist, auf Bühnen spricht und auf diesem Weg sehr viele Menschen in die eine oder andere Richtung beeinflussen kann, sollte man sich meiner Meinung nach immer mal wieder verunsichern lassen und die eigene Performance prüfen. Wenn der dann übrig bleibende Rest an Wahrheit und Glaubhaftem noch etwas mit Gott zu tun hat, ist das eine wunderbare Sache wie ich finde.
    Dass mit euch manchmal das Vokabular ein bisschen durchbrennt finde ich persönlich ganz wunderbar – so würde ich es von einem ehrlichen Gespräch, bei dem nicht alle Reaktionen den Diplomatiefilter durchlaufen können, erwarten. Natürlich ist das für manchen ungewohnt und befremdlich – aber ich glaube nicht, das befremdlich immer schlecht sein muss.
    Ich empfinde es als Ehre, bei einem so ungeschönten und ehrlichen Gespräch mithören zu dürfen und danke euch drei Männern für den Mut, den ihr beweist, sobald ihr euch mit persönlichen steilen Thesen an die Öffentlichkeit wagt. Durchgestylte Parteibuchmeinungen zu kommunizieren ist nicht besonders schwer. Die Kunst ist es, offen, ehrlich und somit ggf auch unbequem zu sein und dabei keine Angst vor eventueller Haue zu haben.
    Viele Grüße,
    Johanna
    P.S.: Der Podcast als solcher scheint mir eine segensreiche Erfindung zu sein. Er schafft die Möglichkeit, auch steile Thesen öffentlich zu kommunizieren, die auf anderem Weg sicher der einen oder anderen Zensur zum Opfer gefallen wären. Die öffentliche Diskussion wird bunter und das kann uns allen nur entgegen kommen, wie ich finde.

  7. Hey!!!
    Bin leider erst heute auf Hossa Talk gestoßen, muss aber sagen, dass ich mich schon auf das Hören der nächsten „Talks“ freue. Dummerweise habe ich bei diesem „Talk“ zuerst die Kommentare gelesen und dann die ganze Zeit über auf die Stelle gewartet, an der die „Begrifflichkeiten“ kommen, vor denen man seine Kinder schützen sollte. War dann etwas abgelenkt und anschließend etwas enttäuscht… 😉
    Vielen Dank für die gedankliche Brocken, auf denen ich weiter herumkauen kann. Vieles zum voll Zustimmen, manches in die richtige Richtung Gehende und manches zum Ärgern und Verdauen – so solls sein!
    Was ich nicht ganz verstanden habe ist – vielleicht könnt ihr da zur Klärung kurz ein-zwei Sätze schreiben -, was das Problem beim „Herrschaftswechsel“ darstellt. Sicherlich kann der Begriff missbräuchlich verwendet werden. Dennoch sollte er, wenn man von einem Gott der Liebe ausgeht (und nur davon gehe ich aus, was aber – zugegebenermaßen – in evangelikalem Umfeld nicht immer zwangsläufig gegeben ist), dem man sich unterstellt, kein negativer Begriff sein.
    Steckt das Problem in der Antiquiertheit des Begriffs selbst oder in dem Konzept dahinter? Oder ist es postmodernes Unbehagen, weil er eine komponente der Macht enthält, die Potential für Missbrauch bietet? Bin auf eure Antworten gespannt!
    Ich wünsch euch eine große (besonders auch evangelikale) Hörerschaft, die bereit ist, über eure „steilen Thesen“ nachzudenken und sich herausfordern zu lassen, ohne gleich bei Widerspruch die Schotten hochzufahren!
    Liebe Grüße,
    Derek

    1. Hallo, Derek, hier ist Gofi. Danke für deinen Kommentar! Freut mich sehr, dass du was mitnehmen kannst von Hossa Talk. Es ist tatsächlich so, wie du sagst: Es geht darum, sich zu freuen und ermutigt zu werden, aber auch darum, sich zu ärgern und mit dem Gefühl offline zu gehen, dass man über diesen oder jenen Punkt vielleicht noch mal nachdenken könnte. Dabei behaupten wir ganz ausdrücklich nicht, dass wir in allem Recht haben oder dass wir unsere Meinung nie wieder ändern.

      Als der Punkt des Machtwechsels in der Diskussion angesprochen wurde, bin ich nachdenklich geworden. Ich weiß ehrlich gesagt nicht mehr, wie ich reagiert habe, später habe ich aber noch öfter über diesen Punkt nachgedacht, und gerade erst in den vergangenen Tagen ist das Thema wieder bei mir hochgekommen. Ich habe sogar schon beschlossen, das Thema Macht oder Kraft dem Jay für eine Episode vorzuschlagen. Wir reden in unseren Talks nämlich erstaunlich wenig darüber und auch in diesem Talk mit Torsten wurde es recht schnell (mir zu schnell) abgetan – allerdings muss man auch sagen, dass so eine Talk-Stunde rasend schnell vorbei ist, es blieben ziemlich vele Dinge auf dem Tisch, über die wir gut gern weitere Stunden hätten reden können.

      Ich persönlich glaube schon, dass wir uns verschiedenen Mächten und Kräften gegenüber sehen, deren Spielregeln wir folgen oder gegen die wir uns bewusst auflehnen. Das wäre eine weitere Frage, wie man die definiert – Walter Wink geht glaube ich von einer Mischung aus spirituellen und politisch-institutionellen Kräften aus. Andere reden von fast schon personalen Kräften, dämonischen Mächten – na ja, du weißt sicher wovon ich rede. Meiner Ansicht nach ist es möglich, den Machtbereich der einen Kraft zu verlassen und zB in den Machtbereich des Reiches der Himmel überzutreten. Und das wäre dann ja wohl ein Herrschaftswechsel.

      Kann schon sein, dass dieses Wort mehr verzerrt, als verdeutlicht, weil es mit jeder Menge patriarchalischen, chauvinistischen Bedeutungen aufgeladen ist und weil man, wenn man evangelikal geprägt ist, unwillkürlich eine recht dominante, männliche Stimme im Ohr hat, wenn man das Wort liest oder hört. Ich könnte mir vorstellen, dass sich die Abneigung gegenüber dieser theologischen Position vor allem aus den Erfahrungen des meist männlichen Machtmissbrauchs innerhalb religiöser Kreise speist, und diese Missbräuche von Macht und Autorität finden meiner Ansicht nach viel häufiger statt, als wir das gerne wahrhaben möchten. Ich vermute, aus diesem Grund lehnen manche es ab, überhaupt noch von Macht, Autorität und Herrschaft zu sprechen. Ich kann das nachvollziehen, ich mag diese Worte auch nicht. Aber dann sollten wir neue Worte finden, denn das, was damit herkömmlich beschrieben wird, ist meiner Ansicht nach eine Tatsache, die benannt werden muss, weil sie zu wichtig ist, um sie unbeachtet zu lassen. Ich denke an Süchtige, die ihre Sucht hinter sich lassen, an Choleriker, die in der Lage sind, ruhig zu bleiben, an Workaholics, die ihre Leistung nicht mehr als Möglichkeit fder Identitätsstiftung verstehen, an Pornokonsumenten, die sich über etwas anderes als Sex freuen können usw. Ich denke aber auch an Gemeinschaften, die sich von gängigen gesellschaftlichen Hierarchien verabschieden, die nicht mehr nur noch in wirtschaftlichen Kategorien denken, die den Schwachen besonderen Respekt zukommen lassen usw. Das sind ja, wie ich meine, Herrschaftswechsel, man könnte auch von Paradigmenwechseln sprechen. Die Frage ist nur, wie diese zustande kommen. Und das ist ja nicht nur eine politische Frage oder eine Frage des Lebensstils oder der Denke (auch wenn wir bei Hossa Talk manchmal so tun). Sondern im Falle solcher tiefgreifender Paradigmenwechsel sieht man sich häufig enorm großen Widerständen gegenüber, die man schon als Kräfte bezeichnen muss, wenn man sie adäquat beschreiben möchte. Diese Kräfte zu überwinden ist in sich ein Kraftakt, zu dem oft nur Gott imstande ist. Das ist jedenfalls meine Überzeugung. Und da würde ich selbstkritisch sagen: An dieser Stelle waren wir in unserem Talk zu lapidar, zu lakonisch, so als würde es sich nur um aufgesetzten Hokuspokus handeln. Oder sehe ich das zu kritisch, Jay?

      1. Die Ergänzung hat mir sehr gut getan. Als Jemand der mit diesen Mächten konfrontiert war, weiß ich aus eigener Erfahrung um die Existenz und ich bin froh, dass Gott selbst mit mir diesen langen Weg gegangen ist und ich deshalb meinen Glauben nicht verloren habe. Christen von einem Extrem ins andere, (ich gehörte dazu) haben da auch viel Schaden angerichtet. Aber wenn jetzt ein laut ausgesprochenes Nachdenken, gesundes Reflektieren, „in Frage stellen“ zugelassen wird und man dabei auch vor sich selbst nicht Halt macht, dann ist das doch begrüßenswert. Danke für die offene Diskussion auch und den Nachtrag.

        Was ich leider, auch bei Theologen, die ich schätze, noch (ich bin zuversichtlich, dass hier eine Weiterentwicklung stattfindet, zwangsläufig) beobachte, ist die Angst sich bei bestimmten Themen die Finger zu verbrennen. Das mag mit geistlichem Missbrauch gerade in diesem Bereich zusammenhängen, die 90 er Jahre liefern da sicher eine Erklärung, aber es hilft denen nicht, die diesen Herrschaftswechsel vollziehen. Wir brauchen an diesen Stellen Christen, die diese Menschen begleiten, so lange es eben dauert. Ganz praktisch, da hat Torsten recht, aber auch geistlich.

        Ich bete, dass ich bald so weit sein werde.

  8. Was steht eigentlich wirklich in der Bibel? Sehr coole Frage, für mich persönlich die alles entscheidende. Sola Scriptura und so.
    Bekehrungsaufrufe sind jedenfalls nicht drin! Hab ich jedenfalls auch nicht gefunden.

    Jetzt aber hier der Knaller: Himmel und Hölle schon. Ihr sagt selbst, dass Bekehrung in Sinn macht, falls es wirklich nur diese beiden möglichen Endstationen geben sollte. Dann ist es sogar ultimativ wichtig, dass sich die Leute bekehren.

    Die Bibel spricht übrigens von Glaube als dem entscheidenden Kriterium für die Errettung (Römer 3, kennt ihr alles…). In der Hauptsache ist es der Glaube an eine Person: Jesus Christus. Aber auch an Glaubenssätze. Zum Beispiel daran, dass er aus den Toten auferstanden ist. Römer 10,9.

    Also, hier ne kleine Fangfrage: Bei eurer Entscheidung gegen euren Glauben in seiner ursprünglichen Form, was spielte da die entscheidende Rolle? Die Erkenntnis, dass die Bibel etwas anderes lehrt? Oder dass die Evangelisationsfeldzüge nicht das erwünschte Maß an Selbstverwirklichung gebracht haben?

    1. Danke, Timo, für deinen Beitrag. Wir sind gerade im Urlaub und konnten bisher nicht darauf reagieren. Sorry, dass es solange gedauert hat. Jetzt geht der HOssa-Betrieb aber allmählich wieder los und wir melden uns demnächst. Liebe Grüße! Gofi

    2. Puh, Timo. Hier ist nochmal Gofi. 🙂 Du machst mal eben im Vorbeigehen dreizehn Fässer auf, die ich jetzt nicht alle ausschöpfen kann. Vielleicht hat Jay ja auch nochmal Zeit, seinen Senf zum Besten zu geben.

      Lass mich unten anfangen: Ich persönlich würde nicht sagen, dass ich mich gegen meinen ursprünglichen Gauben entschieden habe. Ich würde sagen, dass mein Glaube sich wandelt. Da gehört zB die Frage dazu, wie ich die Bibel verstehe (von wegen sola scriptura und so). Natürlich spielen da auch persönliche Erlebnisse eine große Rolle.

      Aber lass mich noch einen Schritt zurück machen. Wenn du diese Episode aufmerksam hörst, wirst du feststellen, dass wir drei Gesprächspartner drei unterschiedliche Meinungen vertreten. In vielen Dingen sind wir uns einig, in vielen aber auch nicht. Wir sind auf unterschiedlichen Reisen und sind stellenweise an unterschiedlichen Punkten angelangt.

      Jetzt zu mir persönlich: Ich habe das Prediger-Popstardasein genossen, aber es hat mich auch abgestoßen. Ich habe versucht, das System zu sabotieren, und konnte mich ihm gleichzeitig nicht entziehen. Das hat mich angeekelt. Mein sich wandelndes Schriftverständnis hatte ua auch damit zu tun, dass ich zwei behinderte Kinder habe, die niemals in ihrem Leben eine glorreiche Rolle in einem Gemeindeumfeld spielen werden, weil sie es schlicht nicht können. Heute sage ich: Zum Glück. Aber meine damalige Sicht auf mein eigenes Christsein war stark von der Tatsache geprägt, dass ich eigentlich immer eine recht gute Position im Gemeindesystem hatte und häufig eine recht gute Figur gemacht habe. Die Qualität meines Glaubens habe ich stark von Erfolgserlebnissen dieser Art abhängig gemacht. Die Theologie, die mir beigebracht wurde und die ich selber auch weitervermittelt habe, hat gut dazu gepasst. Sie hat dem jedenfalls nicht unbedingt widersprochen.

      Heute wünsche ich immer noch jedem, dass sie oder er Jesus kennenlernt. Die Nähe zu Jesus ist das Beste, was ich mir für einen Menschen vorstellen kann. Ich glaube deshalb immer noch, dass es sinnvoll ist, öffentlich über Jesus zu reden und zu einem Leben mit ihm einzuladen. Ich glaube, ich habe das in dem Gespräch auch deutlich gemacht. Das hat mit der Frage nach der Hölle oder dem Hmmel aber überhaupt nichts zu tun. Jesus hat gesagt, dass das Reich der Himmel nahe, also hier ist. Und an diesem Reich der Himmel hier und jetzt teilzuhaben, ist meiner Ansicht nach der Inbegriff eines sinnvollen Lebens. Du findest in der APG keine einzige Predigt über die Hölle, das nur mal ganz nebenbei. Für die Predigt der Apostel hat sie offensichtlich keine große Rolle gespielt. Und es ist längst nicht klar, was Jesus konkret mit dem Begriff Gehenna gemeint hat. Möglicherweise tatsächlich das Tal Hinnom, in dem der Müll der Stadt verbrannt wurde.

      Das alles lässt sich aber meiner Ansicht nach nicht mit einem flotten Sola Scriptura und ein paar rausgehauenen Bibelstellen begründen. Der Glaube ist eine Reise, und was ich glaube, muss ich mir (und musst du dir) manchmal auch unter ziemlich großem Druck erstreiten. Das Gespräch mit Torsten war der Austausch dreier Reisender. Ich gebe zu, dass wir manchmal etwas rücksichtsvoller hätten sein können. Vieles wurde aus dem Mment heraus gesagt. Aber so ist es jetzt.

      Hoffe, dir hilft das weiter! Liebe Grüße, Gofi

      1. Hallo Gofi, hier nochmal Timo. Danke für deine ausführliche Antwort.
        Okay ja hört sich alles ganz gut an. Aber glaubst du echt, Jesus ging es in erster Linie darum, dass die Leute n erfülltes Leben im Hier und Jetzt haben? Hat er nicht gesagt „Mein Reich ist nicht von dieser Welt“? Oder als die Jünger geflasht sind davon, dass sie Dämonen austreiben können sagt er „Freut euch lieber, dass eure Namen im Buch des Lebens sind“. Paulus macht immer wieder klar, dass unser „Bürgerrecht in den Himmeln“ ist und dass wir „hier keine bleibende Stadt“ haben. Hört sich für mich eher so an, als wäre das was kommt noch viel wichtiger? Was sind denn ein paar kümmerliche Jährchen auf der Erde im Vergleich zu einer Ewigkeit?
        Auf der anderen Seite die Hölle. In der APG gibt’s keine Predigt darüber, okay. Jesus selbst hat aber ständig darüber gepredigt. Nicht zu den Zöllnern und Nutten, das stimmt. Sondern zu den Pharisäern. Aber er hats getan. Ob und das nun angebracht scheint oder nicht. Denk mal an das Gleichnis, wo die Schafe von den Ziegen getrennt werden. Oder der Klassiker: Lazarus.
        Du meinst da geht um nen Müllberg? Schon bei Jesus wird klar, dass es um ewige Gottverlassenheit geht. Hinreichend konkretisiert wird das ja in Offenbarung. Der Feuersee.

        Das ist aber alles nur vordergründig. Es geht um noch viel mehr. Jesus ist nach eigenen angaben in die Welt gekommen, um Sünder zu erretten. Das ist der Sinn des Ganzen, in der ganzen Bibel geht’s vorne los mit der Sünde die von Gott trennt und desweiteren, wie Gott in Jesus einen Weg zur Rettung findet. Alter, das ist der zentrale Punkt der biblischen Message. Wie kannst du es ernsthaft als christliche Botschaft verkaufen, den Leuten hier n bisschen erfüllteres Leben zu geben wenn es um so viel mehr geht?

        1. Hallo Timo, hier ist Gofi. Stimmt, Jesus ist gekommen, Sünder zu retten. Das ist mehr, als ihre Lebensqualität ein wenig zu verbessern (das habe ich nie gesagt, du scheinst mich da irgendwo falsch verstanden zu haben). Aber die Rettung von der Sünde beginnt jetzt, nicht erst nach dem Tod. Und natürlich hat das Auswirkungen auf die Lebensqualität. Das Bürgerrecht im Himmel hat natürlich JETZT SCHON Relevanz für unser Leben. Und dass unsere Namen im Himmel bekannt sind, auch. Dass du unser Leben hier als ‚ein paar kümmerliche Jährchen‘ bezeichnest und es damit zu einer Nebensache machst (zusammen mit allem, was Gott jetzt schon an uns und unter uns tut, aber auch zusammen mit allem, was Menschen an Not und Leid erfahren), finde ich abstoßend. Mit dem, was Jesus und die Apostel gelehrt haben, hat das jedenfalls nichts zu tun.

          1. thomas der Hooligelikale

            Sorry, falls ich mit dem Hervorkramen dieses Threads sowas wie „Leichenschändung“ begehen sollte !
            😉
            Also ich kann Timos Standpunkt recht gut verstehen, glaube ich… andererseits kann ich auch
            nachvollziehen, dass es unter Umständen zynisch rüberkommt, die Probleme der Menschen im Hier & Jetzt zu relativieren und sie ausschließlich auf ein besseres Jenseits zu vertrösten.

            Sophie Scholl, die wohl dem christlichen Glauben mindestens sehr nahestand, hat unmittelbar vor ihrer Hinrichtung zu ihrer Mutter gesagt:
            „Ach die paar Jahre…“
            (gemeint war: die paar Jahre, die ihr menschliches Leben sonst gehabt hätte)

            Es sollte allerdings Keinem zustehen, dies pauschal über das Leben der Anderen zu sagen, da bin ich bei euch.

            Komischerweise habe ich das NT auch sofort mit einer bestimmten „Brille“ gelesen, wonach es das wichtigste Ziel eines Menschen im Leben sein müsse, für (s)einen Verbleib in Gottes ewiger Herrlichkeit (aka „Himmel“) zu sorgen und diesen Ort oder Zustand, der „Hölle“ genannt wird, zu vermeiden…
            Sagt Jesu nicht zu seinen Jüngern, nachdem diese von ihrer ersten eigenen „erfolgreichen Mission“ zurückkehrten, sie sollen sich nicht so sehr darüber freuen, dass unreine Geister vor ihnen fliehen, sondern vielmehr darüber, dass ihre Namen im Buch des Lebens notiert seien ?
            Und nicht zu reden von den ganzen Warnungen, z.B. das Gleichnis mit den 10 Brautjungfern, das nahelegt, dass es ein „zu spät“ geben könnte.

            Ja, ich weiß:
            Vertröstung auf das Jenseits hat man mindestens das ganze Mittelalter lang geradezu
            missbräuchlich (!) betrieben, dies als ausreichende Perspektive für den Großteil der (verarmten) Bevölkerung verkauft und sie dabei klein gehalten.

            Trotzdem halte ich von einer Art „Wohlstandsevangelium“ nicht so viel, aber ich glaube auch nicht, dass ihr das propagiert…

            Paulus schreibt, wir hätten den heiligen Geist als „Pfand“ im Vorgriff auf die spätere Herrlichkeit erhalten, ich wäre ja fast versucht, den hl. Geist auch gerne als „Vorschuss“ zu bezeichnen,
            aber das wäre ja vermutlich fast schon despektierlich….
            Jedenfalls ist uns eine Freude schon im Diesseits verheißen, und es heißt ja auch:
            „Wer mit Gott lebt, lebt gut“.

            Dass Jesus vor einem Ort/ einem Zustand warnt, den Luther mit „Hölle“ übersetzte, lässt sich aber (leider !!) nicht abstreiten… gefällt mir persönlich auch nicht, komm ich schwer mit klar, und ich wundere mich auch, darüber warum ihn die Jünger da nicht stärker zu diesem Thema gelöchert haben, aber leider ist bekanntlich nicht mehr überliefert als das, was in unseren Bibeln steht.

            Ich persönlich wäre ja auch für „Allversöhnung“, und ich finde die katholische Vorstellung vom „Fegefeuer“ eigentlich ganz „charmant“, jedenfalls gnädiger als ewige Verlorenheit bei vollem Bewusstsein…
            in der Hinsicht sind da sogar die Zeugen Jehovas etwas gnädiger, wenn die von einer vollständigen Auslöschung (Annihilation) ausgehen… übrigens gibts auch in Evangelikalien einige Vertreter, die das für biblisch haltbar erachten.

            Eine Charismatikerin hat mal zu mir gesagt, es gehe ihr persönlich darum, schon hier „das Beste nicht zu verpassen: Gemeinschaft mit Gott !“
            Ich finde das einerseits klasse, andererseits auch wiederum problematisch, weil es auf ein gewisses Leistungsdenken hinaus zu laufen scheint: bin ich fromm genug ? glaube ich doll genug ? warum kann ich keine Berge versetzen, obwohl das Jesus doch denen verheißen hat, die „genug“ glauben ?

            Und so wird es am Ende wieder zu so einem persönlichen Lifestyle- Ding, das die eigenen Befindlichkeiten ins Zentrum stellt, aber hey, das ist wohl bei jedem von uns so, außer vielleicht beim Papst oder beim Dalai Lama.
            aber die beiden sind ja bekanntlich eh nicht maßgeblich in Evangelikalien…
            😉
            Es bleibt spannend !
            Gottes Segen Euch
            🙂

        2. „Jesus ist nach eigenen angaben in die Welt gekommen, um Sünder zu erretten.“
          Aber wohin zu retten?
          Zu seinem Vater hin und zu sich selbst hin doch wohl auch! Und er wurde Mensch um uns zu Menschen zu machen, die seinen Vater als eigenen Vater kennen, doch wohl auch!
          Ist das ewige Leben nicht, ihn und seinen Vater zu kennen?
          Ewiges Leben hat doch auch einen Inhalt im Jetzt. Oder bei Timo nicht?
          by bibeltagebuch

        3. Timo,
          Ein paar kümmerliche Jährchen versus Ewigkeit…
          Da stellen sich mir die Nackenhaare! Wie kann man nur als Christ dieses Leben so abfällig beschreiben. Selbst bei Familien mit behinderten Kindern oder den Ärmsten der Armen auf dieser Welt, habe ich den Eindruck, dass alles daran gesetzt wird dem Leben hier auf Erden die schönsten Seiten abzugewinnen. Auch im Judentum hat unser irdisches Dasein einen hohen Stellenwert. Warum sollte Gott dieses Leben uns schenken, wenn es für Dich nur ein paar „kümmerliche Jahre“ sind. Für mich ist diese Welt, mein Dasein, mein Erleben eine Aneinanderreihung von vielen Wundern… trotz Problemen, Einschränkungen und Zeiten, die schwierig und unangenehm sind. Über die Ewigkeit mache ich mir keine Sorgen. Ich freue mich, dass unsere Namen im Himmel geschrieben sind und wir dort eine „Wohnung“ haben. Übrigens argumentieren so wie Du auch Islamisten: das Leben ist nichts, das Paradies alles.
          Hoffe Du findest für Dich auch noch Dinge, die Dir den Wert dieses irdischen Lebens groß machen. Deswegen wird die Ewigkeit und Gottes Reich nicht kleiner…

  9. Seit dem Hören dieser Folge vor ein paar Wochen geht mir ein Satz von Torsten Hebel nach, sinngemäß: „Wenn alle christlichen Leider das sagen würden, was sie WIRKLICH denken, dann würde unsere christliche Landschaft ganz anders aussehen.“

    Das finde ich bedenkenswert – und bedenklich …!

    Bei mir ist in den letzten Jahren nämlich eine scheinbar genau umgekehrte Überzeugung gewachsen: Während Torsten Hebel sagt, dass sich die Leiter nach dem richten, was „die Frommen“ hören wollen, beobachte ich, dass eben diese „Frommen“ sich von dem abhängig machen (lassen), was die Leiter sagen. Also dass wir frommen Christen uns in strittigen Fragen weit weniger von „DEM biblischen Befund“ (oder gar von in der Stille geschenkten oder errungenen persönlichen Einsichten) prägen lassen, als wir behaupten und wohl auch selbst glauben. Wenn nämlich Leiter X oder Superpastor Y Dinge plötzlich anders sehen (würden), dann wird (bzw. würde) es einfacher oder manchmal sogar erst möglich, auch selbst den lange besetzten Standpunkt zu verlassen. Daran zeigt sich ja, dass wir uns vorher offensichtlich schon weniger „dem Wort Gottes“ verpflichtet gefühlt haben als dem Wort von Evangelist XY.

    Anders gesagt: Ich glaube, (zu) viele verlassen sich auf das, was sie als Mainstream-Konsens-Meinung in der Szene wahrnehmen und trauen sich gar nicht bzw. trauen sich gar nicht zu, selbst zu einem anderen Schluss zu kommen als die theologisch doch so versierten Super-Leiter vorgeben.
    Da ist sicher ein Lernfeld für Leitende in „Evangelikalien“: Leute zu befähigen und zu ermutigen und ihnen tatsächlich zuzutrauen, ihre Überzeugungen selbst (bzw. mit Gottes (!) Hilfe) zu erringen. Und auszuhalten, wenn der eine oder die andere dann vielleicht sogar ohne „die eine klare einzig wahre Überzeugung“ bleibt. Oder wenn wir zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen.

    Ich glaube übrigens (und möchte glauben), dass hier auch nicht immer nur Macht- oder Status-Interessen den Ausschlag geben, sondern dass viele Leitende meinen, sie MÜSSTEN „ihren Schäfchen“ das Denken und die Verantwortung abnehmen. Dass das nur vordergründig ein „reines Motiv“ ist und im Hintergrund ziemlich viel Misstrauen – den Menschen und vor allem Gott gegenüber – steckt, wäre dann eine schmerzhafte Erkenntnis.

    Aaah, aber ich schweife ab. Ich versuch mal, mein Problem auf den Punkt zu bringen:

    Ist es nicht total gruselig, wenn (was ich glaube!) sowohl Torsten Hebels Satz als auch meine Beobachtung richtig sind?! Wenn beides stimmt?!! Dann trauen sich die Leiter nicht, Standpunkte, die sie mittlerweile für falsch halten, öffentlich zu revidieren, damit ihnen die Spenderinnen und Spender nicht abspringen. ((Oder damit sie ihren Platz in der frommen Elite nicht verlieren. Oder damit sie sich nicht mit ihren eigenen Fragen und ihrem eigenen Versagen auseinandersetzten müssen. Oder oder oder …)) Die Spender/innen aber werden sich weiterhin nicht trauen, andere Sichtweisen auch nur zu prüfen, weil sie ja ständig im Spenden-Dank-Brief ((und in den einschlägigen Medien und auf frommen Veranstaltungen und und und …)) bestätigt werden, welches die einzig richtige Sicht ist. –

    Ich glaube, sowas nennt man Teufelskreis.

    Allerdings empfinde ich es so, dass einige Teufelskreise dieser Art in den letzten Jahren aufzubrechen beginnen. Hossa Talk ist ein sichtbares (bzw. hörbares *g*) Zeichen dafür.

    Danke für Euren Mut, Euch angreifbar zu machen.
    Wir brauchen davon noch viel mehr.

    1. Hallo Astrid, hier ist Gofi. Danke für deinen klugen Kommentar. Ich glaube auch, dass der Teufelskreis, den du beschreibst, existiert. Und ich bin dankbar für deinen Hinweis, dass es sich häufig nicht um böswillige Machtgelüste der Beteiligten handelt, sondern dass sie meistens gute, lautere Absichten haben. Ich würde aber auch kritisieren, dass es in den Gemeinschaften zu häufig am Mut fehlt, mündige Entscheidungen zu treffen oder sie anderen zuzumuten bzw. zuzutrauen. Da stehen sowohl Leiter als auch Angeleitete in der Pflicht, weil beide vielleicht zu schnell dem Bedürfnis nach Sicherheit und sicher auch Bequemlichkeit nachgeben. Wer es sicher und bequem haben will, wird diesen Teifelskreis nicht durchbrechen können. Jay und ich hatten das Glück, dass persönliche Katastrophen uns aus der Bahn geworfen haben und wir plötzlich nicht mehr systemkonform sein konnten. Was mich betrifft, glaube ich nicht, dass ich heute so kritisch wäre, wenn mir das nicht passiert wäre. Das muss ich ganz selbstkritisch zugegeben. Es ist äußerst schwer, ein System zu verlassen, von dem man selber profitiert.

      Danke für deine Ermutigung!

  10. Bin leider erst jetzt hier her gekommen. Sehr interessant zuzuhören. Schön dass Ihr ehrlich seid. Warum auch immer habe ich das Gefühl, das ihr auch jetzt irgend wie einer bestimmten Linie folgt und damit leider eher vom Glauben weg führt?

    Ihr habt m.E. in vielen Punkten Recht, ins Besondere was „den Ruf nach vorn“ betrifft. Habe ich selbst so nie gemacht, habe bis heute auch nie Geld genommen (ehrenamtlich) und daher keinen Anforderungen von Veranstaltern entsprechen müssen. Aber zum Glauben einladen, will immer noch. Dennoch sind wir ja Menschen und haben auch unsere „blinden Flecken“ und entwickeln uns auch weiter. Genau so „menschelt“ es eben auch in jeder Gemeinde (natürlich destruktive Strukturen gehören aufgedeckt und verändert und wo das nicht geht, muss ich überlegen ob es besser ist die Gemeinde zu wechseln) aber die perfekte Gemeinde gibt es eben nicht!

    Gofi was Du zu Vorentscheidungen gesagt hast, dem kann ich so voll zustimmen. Und bitte vergesst nicht Jesus und Nikodemus. Ich denke Bekehrung ist der Versuch die „neue Geburt“ greifbar zu machen und im besten Fall deckt sich das, aber sehr oft eben auch nicht – da habt Ihr vollkommen recht.

    Für Gerechtigkeit eintreten, helfen, barmherzig sein, dazu kann ich nur „ja“ sagen. Aber auch einladen (komm und folge mir nach), auffordern zum Glauben und zur Nachfolge (komm her auf dem Wasser, nimm dein Bett und geh) und selbst nicht kneifen (ich aber und mein Haus wollen dem Herrn folgen) will ich so gut ich es kann, das fehlt mir bei diesem Gespräch leider.

    Gott segne Euch
    Christian

  11. Muss mal eine längere Analyse eures Talk im Bibeltagebuch schreiben.
    Jetzt nur soviel (wahrscheinlich eher an euren Vorkommentierer):
    Das Geheimnis des Glaubens (iihhh, davon reden immer die, die es auch nicht besser wissen), was wenn es ganz anders ist, als jemanden zu rufen, an den Zaun zugehen oder in alle Welt.
    Was, wenn die Rede der Bibel gar nicht linear gedacht wird? Nein, auch nicht im übertragenen Sinne.
    Sondern, wenn man die Bibel mit dem Bibelhebräisch und Bibelgriechisch beachtet.
    Also wenn Glaube keine Tätigkeit sondern ein Zustand ist! Die Aufforderung zum Glauben, zum Nachfolgen eher der Ruf Gottes in ein neues Leben ist. ?

    Diese Sendung war wichtig! Einer der ersten die wir hörten. Für uns nicht überraschend, aber überraschend nötig, das es so mal in Sprache gefasst wurde. Ehrlichkeit ist zwar kein Maßstab für theologische Richtigkeit, aber es macht fröhlich ehrliche Menschen zu begegnen, die selbst wissen, das sie noch nicht das α und Ω kennen, aber ihm nachspüren wollen.

    Was mir bei Jay gefällt: Herz auf der Zunge!
    Was mir bei Gofi gefällt (und mir sehr auffällt, wenn Jay etwas sagt und Gofi anderer Meinung ist): Gofi liebt Jay.
    Ist nicht stellvertretend für eine Gesamtheit stehend. Aber warum hört bibeltagbuch Hossa Talk?
    Es gibt noch Gespräche ohne Zensur ! Und manchmal mit harter Sprache, die uns nicht liegt, aber über die wir doch lachen müssen, weil den Punkt, auf den es ankommt bei dem Gespärch nochmal punktiert wurde.
    Hohe Kunst! Alle Achtung! (aber bitte nicht zu oft 🙂

    gofisatz excellent selbstreflektiert: „Es ist äußerst schwer, ein System zu verlassen, von dem man selber profitiert.“ Und dazu, wie Astrid´s kommentar an andere Stelle sagt: „Das finde ich bedenkenswert – und bedenklich …!“ Ja, das ist´s!

    Und sonst noch: Hossa Talk , bleibt bitte auf der Reise, wenn ihr auf der Reise seid! Und werdet keine Briefkastentante. Und wenn ihr am Ziel seid, dann seid am Ziel! Bis jetzt ist dies eure >Stärke!
    bibeltagebuch

  12. Habe heute diesen Talk gehört und ich muss sagen, dass ich über das, was ich gehört habe erschüttert bin. Was ich sehr dramatisch finde ist, dass Sie offensichtlich der Meinung sind, dass ihre Sichtweise über das Evangelium von vielen Leitern geteilt wird, die sich aber aus irgendwelchen Gründen nicht offenbaren. Selbstverständlich sollten wir daüber sprechen wie Evangelisation gestaltet werden sollte. Ich konnte mich mit dem Ruf der Leute nach vorne nie wirklich anfreunden und habe das selber höchst selten praktiziert. Doch bei dieser Diskussion ging es ja nur vordergründig um solche Punkte. Was mich zutieft erschüttert und traurig macht, ist, dass Jesus nicht mehr als Erlöser gesehen wird, sondern lediglich als gutes Vorbild und als Sozialreformer. Es geht nicht mehr um Erlösung. Torsten Hebel hat sich ja deutlich genug geäussert, dass Himmel und Hölle für ihn kein Thema mehr ist – Schnee von gestern. Enttäuscht bin ich über die theologische Oberflächlichkeit, die sichtbar wurde. Die Bibel ist einfach viel komplexer. Nun, ich hoffe einfach, dass Ihre Prognose, dass viele Leiter Ihre Meinung bezüglich der Bedeutung von Jesus teilen würden, sich nicht als richtig erweist.

  13. Hallo ihr zwei!
    Ich weiß, die Folge ist lange her und ihr seid jetzt bestimmt mit anderen Themen beschäftigt. Aber ich habe eine Frage und ich hoffe, ihr könnt euch einfach darüber freuen, dass sich noch Monate später Menschen mit eurer Sendung beschäftigen.
    Meine Frage: Ist es überhaupt möglich, Menschen so zu „manipulieren“, dass sie an Gott glauben? Ich hatte den Eindruck, dass diese Annahme der Grund dafür war, dass ihr drei euch von einem bestimmten Evangelisationsstil abgewandt habt. Ihr wolltet Menschen nicht mehr für den Glauben manipulieren. Wenn das der Grund war, dann glaube ich, dass ihr euren Einfluss als Evangelisten überschätzt habt. Ihr habt überhaupt nicht die Möglichkeit, Menschen zu bekehren, ihr könnt sie also auch nicht manipulieren. Natürlich könntet ihr sie durch alle möglichen Überredungskünste davon überzeugen, dass eine Bekehrung für sie sinnvoll wäre. Aber das ist keine Bekehrung, jedenfalls nicht aus meiner Sicht. Bekehrung bedeutet für mich Begegnung mit Gott, Gottes Hineinbrechen in mein Leben, Staunen über Gottes Gegenwart, Ergriffensein von seiner Liebe. Wenn Menschen Gott während einer eurer Evangelisationen so erlebt haben sollten, dann ist das nicht euer Verdienst. Ich selbst habe mich 2004 während eines Evangelisationsgottesdienstes bekehrt und bin auch dem Aufruf gefolgt. Mein Punkt ist: Selbst wenn der Evangelist nicht mit seinem Herzen dabei gewesen sein sollte, wenn er an sein Feierabendbier gedacht haben sollte und sich während der Predigt unwohl mit dem Gedanken gefühlt hätte, dass er die Jugendlichen manipulieren würde – dann wäre mir Gott doch begegnet. Meine Entscheidung für Jesus Christus habe ich selbst getroffen, weil Gott mir begegnet ist. Die Aufgabe des Predigers war es, mich zu einer Entscheidung für oder gegen Jesus Christus herauszufordern, ich habe die Entscheidung aber selbst getroffen. Nicht mehr und nicht weniger. Ob es ihm selbst damit gut ging oder nicht, spielt für meine Entscheidung keine Rolle. Ich kann es nachvollziehen, dass ihr mit einer Sache aufgehört habt, von der ihr selbst nicht mehr überzeugt gewesen seid. Aber die Gründe dafür scheinen mir mehr bei euch zu liegen als in der Sache selbst. Vielleicht hat es euch belastet, dem Event-Druck genügen zu müssen, vielleicht war auch die Routine und der Alltag des Evangelisieren auf Dauer ermüdend für euch. Wie gesagt: Das kann ich alles verstehen und ich sehe auch die Gefahren, die mit dem „geschäftsmäßigen“ Evangelisieren verbunden sind. Und natürlich kann man darüber diskutieren, wie solche Gottesdienste mit oder ohne Aufruf usw. gestaltet werden können. Aber verzweifelt doch deshalb nicht an Gottes Möglichkeiten, die größer sind als eure Möglichkeiten! Und glaubt nicht an „Manipulation“, so viel Macht habt ihr nicht. Ich möchte dir, Gofi, ganz persönlich sagen, dass ich dich 2009 bei einem Jugendgottesdienst erlebt habe. Ich kann mich heute noch an einzelne Sätze deiner Predigt erinnern, weil ich damals den Eindruck hatte, dass Gott durch dich zu mir spricht. Und nochmal: Selbst wenn es dir damals schlecht ging und du dich innerlich schon von deiner Arbeit verabschiedet hast, bleibt Gott Gott, und du bleibst Gofi. Ihr kennt bestimmt Bonhoeffers Gedicht „Wer bin ich ich?“ (http://www.dietrich-bonhoeffer.net/predigttext/wer-bin-ich/). In diesem Gedicht begreift Bonhoeffer, dass Gott uns zum Segen werden lassen kann, auch wenn wir uns nicht so fühlen.
    Gottes Segen und Herzliche Grüße
    Lennart

    1. Hallo Lennart,
      danke für Dein Interesse an älteren Folgen. Das freut uns natürlich. 🙂 Und danke auch für Deinen Hinweis/ Deine Frage.

      Ich sehe das so: Ja, es stimmt, ich kann niemanden zu Gott hin-manipulieren. Ich kann nicht machen, dass sich jemand wirklich bekehrt. Manipulieren kann ich Menschen aber grundsätzlich schon. Und Manipulatives passiert bei Bekehrungsaufrufen durchaus. Deshalb ist diese Praxis für mich fraglich geworden.

      Damit sage ich nicht, dass Gott dadurch nicht wirkt. Und auch nicht, dass jemand, der in einer Veranstaltung mit Bekehrungsaufruf eine Bekehrung erlebt hat, gar nicht wirklich bekehrt sei oder so. Das wäre ja totaler Quatsch. Gott wirkt ja nur durch Spacken. Was anderes hat er ja nicht. Von daher glaube ich von ganzem Herzen, dass Gott natürlich auch auf den gräuseligsten Veranstaltungen zu finden sein wird und auch durch Menschen aller Couleur, Sünde, Frömmigkeit, Stimmungslage, Glaubensbekenntnis usw. spricht und wirkt. Wie gesagt, andere Menschen hat er ja nicht. Deshalb falle ich auch nicht mehr aus allen Wolken, wenn plötzlich herauskommt, dass irgendein „erfolgreicher“ Prediger, sich scheiden lässt, weil er seit zehn Jahren eine Affäre hat. Wo Menschen sind, menschelt es. Und manchmal gewaltig. Das bedeutet natürlich nicht, dass Gott durch diese Person nicht gewirkt hätte. Sonst würde Gott nie wirken. Und es bedeutet übrigens auch nicht, dass Gott ab jetzt nicht mehr durch diese Person wirkt. (Und – Disclaimer – das soll natürlich in keiner Weise herunterspielen, dass da eine Riesenscheiße passiert ist!) Es gibt Gott nur noch in und durch irdene Gefäße. Das ist doch ganz wundervoll. Gott will nicht „unmenschlich“ wahrgenommen werden. Deshalb ist die Bibel auch so ein so menschliches Buch, glaube ich. Lange Rede kurzer Sinn, natürlich wirkt Gott auch in und durch allerlei Blödsinn, den wir Menschen so veranstalten.

      Deshalb halte ich es trotzdem für angebracht und sinnvoll, sich ab und zu mal zu fragen, welche unserer Methoden, Formen, Frömmigkeiten etc eher in den Bereich Blödsinn fallen und welche hilfreich sind. Wir müssen es Gott ja auch nicht unnötig schwer machen… 🙂 Bzw, nur weil Gott auch durch sündige und manipulative Menschen wirkt, sollte es nicht egal sein, ob wir Menschen zu manipulieren versuchen. Bzw. Wenn Gott durch unser Menschsein wirkt, und beispielsweise auch durch eine manipulative Predigt/ Aufruf oÄ zu jemandem spricht, heißt das nicht, dass dieselbe Predigt ZUR GLEICHEN ZEIT nicht in anderen Menschen Schaden durch ihre manipulative Seite hervorrufen kann.

      Darum ging es in unserem Talk, zu versuchen Hilfreiches und Schädliches besser auseinanderhalten zu können.

      Viele Grüße
      der Jay

    2. Hallo Lennart, hier ist Gofi. Vielen Dank für deinen nachdenklichen und ausgwogenen Kommentar. Ich freue mich sehr, dass du mich damals so wahrgenommen hast. Ich hinterfrage das auch gar nicht. Zu meinem Gottesbild passt, dass er sogar durch mich sprechen kann. Ich glaube auch, dass er das öfters getan hat und dass er es sogar ab und zu durch Hossa Talk tut. 🙂 Ich persönlich liege mit meiner Sicht der Dinge also gar nicht so weit von deiner entfernt. Aber wie Jay schon sagte, haben wir uns bei diesem Gespräch als Ex-Evangelisten selber kritisch unter die Lupe genommen (auch wenn es manchmal so klingt, als würden wir vor allem mit anderen schimpfen). Und bei aller Freude über das, was Gott so tut, darf die Kritik an dem, was wir so tun, nicht verstummen. Das sind wir Gott und uns schuldig, glaube ich (wenn man Gott überhaupt was schuldig sein kann). Mir persönlich geht es bei diesem Talk vor allem um eine ähnlich abgeklärte, im guten Sinne respektlose Herangehensweise an heilige Kühe, wie du sie in deinem Kommentar auch beweist. Liebe Grüße! Gofi

      1. Vielen Dank für eure Antwort! So wie ihr das jetzt formuliert habt, stimme ich euch absolut zu. Mir war es nur wichtig zu betonen, dass die Bekehrungserfahrungen der Menschen größer sind als die „Manipulationen“ der Prediger. Das schließt ein hinterfragendes Nachdenken über das Verhalten von Predigern natürlich nicht aus. Im Hossa Talk kam der Gedanke, dass in Evangelisationsgottesdiensten auch Gutes entstehen kann, etwas zu kurz, aber es ging ja auch um eure persönlichen Erfahrungen.
        Ich bin mir immer noch nicht sicher, welches Format für solche Themen geeigneter ist (diese Frage stelle ich mir bei Hossa Talk immer wieder): Ihr redet über die Themen ganz persönlich und offen, bringt eure eigenen Erfahrungen mit ein und habt dabei keine Angst vor Zuspitzungen, Provokationen, Missverständnissen und Verallgemeinerungen. In unserem Fall führt das zu einer Diskussion und zu einem Einverständnis, in anderen Fällen vielleicht aber auch zu Verletzungen (s.o. Jürgen Vögeles Kommentar). Ich persönlich würde mehr dazu neigen, in einem Gespräch unterschiedlichere Sichtweisen zur Geltung zu bringen, aber wenn ich euer Anliegen richtig verstehe, wollt ihr in Hossa Talk keine Streitgespräche im eigentlichen Sinn führen. Und mit „Streitgespräch“ meine ich nicht verbales Aufeinandereindreschen, sondern aus unterschiedlichen Richtungen kommend einen gemeinsamen Weg zu suchen. So wie wir das gerade in dieser Diskussion gemacht haben.
        Liebe Grüße, Lennart

  14. Hallo Torsten,
    ich habe gestern begonnen, Dein Buch zu lesen. Danach stieß ich auf Euren Hossa Talk. Ich bin bewegt. Vor 5 J. habe ich es geschafft , meinem Vater und seiner evangelikaler Theologie einen Brief zu schreiben in dem ich ihm sagen mußte, daß ich jetzt einer bin, von dem es in der Bibel heißt „sie haben nie zu uns gehört“. Es tut so gut , all die Gedanken , die ich im Stillen selber damals gehabt habe, so treffend ausformuliert zu lesen. Dabei geht es doch uns gar nicht darum Recht zu haben. Es geht nur um die Freiheit , alles überdenken zu dürfen. Alles hinterfragen zu dürfen. Heute habe ich Frieden, den ich als evangekikaler Christ nie hatte. Heute fühle ich mich Gott näher . Und das, obwohl ich die Bibel zur Seite gelegt und „nicht mehr unterm Wort bin“. Er ist für mich nicht faßbar, obwohl für mich klar ist, daß es einen Schöpfer gibt..Ich bete viel – das ist aber komplett anders: Ein Danken – ein Anklagen – ein Herausfordern – alles mehr auf Augenhöhe.
    Für mich war es schwer, diese Entscheidung der „Entkehrung“ öffentlich zu machen. Danach fiel eine große Last von mir. Das Leben wurde plötzlich spannend – fast wie Wiedergeburt.
    Für Dich Thorsten, als hauptamtlicher Evangelikaler, Dich selbst so `raus zukatapultieren – meine große Anerkennung. Ich mache meine Job ganz normal weiter. Aber Du bist Theologe und mußt damit Deine Brötchen verdienen. Meine Anerkennung! Du wirst Deinen Weg gehen – und mich würde sehr interressieren, wie sich Dein Leben in den nächsten Jahren spirituell entwickelt. Schreib darüber doch auch ein Buch.
    Alles Gute, Stephan

  15. Ich bin sehr erschrocken wie herablassend ihr über diverse Themen und Menschen redet. Großes Gelächter an diversen Stellen. Immer wieder wird erwähnt, dass die so genannten „Ex Evangelisten“ früher eine Wahrheit gepredigt haben und in diesem Podcast wird ihre neue Wahrheit als die Eine dargestellt und über andere hergezogen. Bin echt erschüttert!

  16. Hallo 🙂
    Ich muss gestehen, dass ich zum ersten Mal ein Hossa-Talk gehört habe und die Diskussion sehr interessant fande. Die Offenheit schätze ich sehr. Vielem konnte ich zustimmen und anderes, selbst wenn ich manches nicht ganz so sehe, verstehen. Was mich jedoch zutiefst traurig gemacht hat, war gegen Ende, als Thorsten seine Meinung zum Thema Erlösung und Hölle sagte und das einfach so stehen gelassen wurde – wobei ich mir nicht sicher bin, ob das von allen so gesehen wird. Der Einfluss den eine solch öffentliche Plattform hat ist enorm und deshalb muss man sich fragen, WAS es doch wahr ist? Was wenn es eine Hölle gibt und Menschen verloren gehen?

    1. Hallo Bianca,
      danke für Deine Nachricht. Wir freuen uns immer über Ersthörer 🙂
      Hossa Talk ist keine Predigt- oder Lehrreihe, sondern ein Talk. Gespräche unter Freunden. „Lautes Denken auf dem Weg“. Da muss nicht immer „das Richtige“ bei herauskommen. Deshalb wollen wir uns oder unseren Gästen auch keine Maulkörbe anziehen oder Denkverbote erteilen. Wir haben nicht den Anspruch alles richtig zu verstehen oder zu sehen. Sondern freuen uns, wenn unsere Gespräche zum Nachdenken anregen. Von daher darfst Du uns auch gerne widersprechen. 🙂

      Zu Deiner Frage, in der Kirchengeschichte gibt es zum Thema Ewigkeit schon ganz früh nicht nur „Himmel und Hölle“ sondern noch mindestens 2 weitere Varianten, wie das gedeutet wird. Eine davon hat Thorsten in dem Gespräch vertreten. Er steht damit also beileibe nicht alleine auf weiter Flur… 🙂

      Viele Grüße,
      der Jay

  17. Arthur Schopenhauer

    Irgendwo daneben. Ihr habt etwas gemacht, wo ihr nicht hinter steht. Wegen der Kohle oder wegen der Anerkennung? Und wo soll das hinführen? Da kann Bushido die Welt besser erklären als ihr – und ist ethisch noch ein Vorbild im Vergleich zu euch.

    1. Lieber Herr Schopenhauer, danke, dass Sie von den Toten zurückgekehrt sind, um sich mit unserem unbedeutenden Podcast zu beschäftigen! Ich bin mir nicht hundertprozentig sicher, worauf Sie hinauswollen, aber mir scheint, dass sich hinter Ihrem kurzen, gehässigen Kommentar eine ernsthafte Frage verbirgt. Ihr Vorwurf, wenn ich ihn richtig verstehe, ist natürlich total berechtigt: Es ist ethisch fragwürdig, sich öffentlich vehement für etwas einzusetzen und andere Menschen für etwas gewinnen zu wollen, was man eigentlich ablehnt. Es ist gut möglich, dass in dieser Folge die Selbstkritik hätte deutlicher ausfallen müssen. Ja, da bin ich mir sogar ziemlich sicher, dass das der Fall ist.

      Sie sollten allerdings nicht außer Acht lassen, dass Erkenntnisse sich meistens langsam durchsetzen – sogar bei Evangelisten. Und dass es Zeit braucht, alte Überzeugungen hinter sich zu lassen und sich einzugestehen, dass man sich möglicherweise geirrt hat. Natürlich spielt Eitelkeit da eine Rolle, wie Sie ganz richtig vermuten. Und Geld natürlich auch. Nun ist es nicht so, dass man durch den Beruf des Evangelisten reich würde. Im Gegenteil. Aber es könnte zB sein, dass man eine Familie gegründet hat, für deren Versorgung man zuständig ist. Vielleicht können Sie nachvollziehen, dass man nicht einfach hinschmeißt, wenn man nicht weiß, womit man im nächsten Monat sein Einkommen bestreiten soll. Und dann ist da natürlich noch die Frage des sozialen Umfelds. Durch die berufliche Tätigkeit schafft man sich Freunde, Kollegen, Bekannte, eine Gemeinschaft, die man verlieren würde, würde man einfach aussteigen. (Was wir ja übrigens irgendwann getan haben; Sie scheinen das etwas aus dem Blick verloren zu haben.)

      Natürlich wäre es schön, wenn jeder Mensch, gerade unter Frommen, gerade unter christlichen Vollzeitlern, immer nur das machen würde, wovon sie oder er überzeugt ist. Leider, und das kann ich Ihnen versichern, ist das beiweitem nicht immer der Fall.

      Was mich zu ihrer zweiten Frage führt: Wo soll das hinführen? Vielleicht zu einem offenen Gespräch mit und unter Betroffenen? Zu mehr Ehrlichkeit? Zu einer realistischeren Beurteilung, wenn es darum geht, sich die Arbeit sogenannter Vollzeitler vorzustellen? Ein kleines bisschen weniger Heldenverehrung und Popstar-Getue unter Frommen? Etwas weniger Getöse über ‚Männer und Frauen Gottes‘, ‚Salbung‘, ‚Vollmacht‘ und dergleichen mehr? Das wäre doch mal ein Anfang.

      Ich bin übrigens sicher, dass Bushido das ganz genauso sieht.

  18. Klasse Sendung, klasse Beitrag! 🙂 Danke dafür.

    Ich fühle mich so sehr abgeholt in vielen Punkten und befinde mich auf dem gleichen Weg, auf dem ich mich frage: Wer ist Gott? Wie ist er wirklich? Kommen alle „Nichtchristen“ wirklich in die Hölle? Hat Jesus durch seinen Tod nicht schon längst ALLES getan und dadurch ALLE Menschen gerettet? Auch Moslems, homosexuelle,… alle Gruppen, die in der christlichen Gesellschaft eher gemieden werden oder als „Bekehrungsobjekte“ gesehen werden.

    Ich habe in Gemeinden so oft das Gefühl, dass man ein bestimmtes Verhaltensmuster gibt mit Do’s und Dont’s. Wenn man jedoch nur ein bisschen aus dem Raster fällt, ist man gefühlt direkt raus. Ich habe diesbezüglich direkt und auch indirekt vieles erlebt, was mich auch heute noch oft beschäftigt und einholt, da es Dinge gibt, die mich sehr verletzt und ja auch geprägt (leider oft nicht positiv) haben. Das führt Stand heute sogar dazu, dass ich fast „Angst“ habe, mir eine neue Gemeinde zu suchen. Es ist eine Angst vor Ablehnung und Verurteilung einfach nur, weil ich manche Dinge anders lebe und anders für mich vor Gott geklärt habe. Und ich denke das ist der Knackpunkt: Niemand muss sich meiner Meinung nach vor Menschen rechtfertigen, sondern allein vor Gott. Klar gibt es Dinge, die davon ausgeschlossen sind wie Mord, Diebstahl, Lüge etc. (quasi die 10 Gebote).

    Zudem bin ich der Meinung, dass Glaube eine lebenslange Reise ist – ich muss damit leben, dass ich niemals auf alle Fragen eine Antwort bekomme, sondern in manchen Punkten mein ganzes Leben lang nach der „Wahrheit“ suche. Bisher lautet meine gefundene Antwort einfach nur LIEBE in allen Punkten. LIEBE deinen Nächsten, wie dich selbst und nimm ihn so an, wie er ist.

    Meine Vermutung ist auch, dass viele Menschen einfach Angst vor der Freiheit im Glauben haben. Ich fühle mich sicher, wenn ich das tue, was alle tun und als richtig erachten. Aber ist das wirkliche Freiheit, einer „Checkliste“ zu entsprechen? Das zu tun, was alle anderen machen und was vermutlich richtig ist?

    Das sind soweit meine Gedanken und Fragen, die mich derzeit umtreiben und auf die ich zum Teil noch keine Antworten habe. Umso ermutigender ist es zu wissen, dass es Menschen gibt, die sich mit ähnlichen Fragestellungen herumtreiben. Danke auch an dieser Stelle für dein Buch, Torsten – auch das hat mir in vielen Punkten aus der Seele gesprochen!

    1. Liebe DF,
      Willkommen bei Hossa Talk. 🙂
      Was Du schreibst kann ich so gut nachvollziehen. Und viele dieser Themen waren mit dafür verantwortlich, dass wir mit Hossa angefangen haben. Das wirst du feststellen , wenn du ein paar unserer Talks hörst. 🙂
      Schön, miteinander auf dem Weg zu sein.
      LG,
      der Jay

  19. Hmmm, bin irgendwie echt nachdenklich gerade. Ich verstehe eure subjektive Momentaufnahmen und ich verstehe auch, dass ihr prinzipiell Evangelisation nicht schlecht findet, dass es nur für euch in der Form nicht funktioniert hat.
    Und da stimme ich dem Torsten echt voll zu: Jesus ist tatsächlich nicht rumspatziert mit dem Anliegen: Bekehre dich! Sondern ihm war der Mensch selbst wichtig…..
    Das hab ich bis jetzt echt noch nicht auf Evangelisation übertragen…hmmm, es rattert in meinem Oberstüble.
    Aber wie kann man es denn anders, jesusmäßiger machen, menschennaher? So dass auch die Evangelisten selber ein besseres Gefühl haben?
    Ich kann nur von mir selbst sprechen. Ich weiß, ohne Torsten Hebel hätte ich heute gar nichts. Mir gings wahrscheinlich nur dreckig. Ich bin völlig sekular aufgewachsen, Arbeiterkind (wie der Siggi Zimmer, komme sogar aus der gleichen Gegend, lach), noch zudem schlechtes Elternhaus….wie hätte ich denn von der Tiefe, von der Liebe, von dem sich Fallen lassen hören sollen? In den Schulen kriegen wir das nicht zu hören (ich weiß wovon ich spreche, ich werde Lehrerin), und in den Kirche eigentlich auch nicht….ich hab damals das Thema Gott wirklich an den Haken gehängt (ich hätte NIE einfach mal so die Bibel gelesen und wenn, dann hätte ich kritischer Kopf eh mein Problem mit der Bibel gehabt; und auch Gespräche mit Christen konnten mich nicht Richtung Gott bewegen….wie also soll Gott an einen Menschen, wie mich herankommen?) und dann war da auf einmal JesusHouse und Torsten hat mich soooo tief berührt, seine Worte waren genau das was ich gebraucht hab, er hat mir echte Heilung durch Gott erst möglich gemacht….jesusmäßiger gehts doch gar nicht, oder?
    Ach ich weiß auch nicht, schwieriges Thema. Aber irgendwie, Menschen wie ich, brauchen solche Veranstaltungen, oder zumindest irgendwas ähnliches…
    Ne Evangelisation Version 2.0 vielleicht, lach.

    LG

    1. Steffi, du bist ja wirklich herrlich. Wozu ne Krankheit nicht alles gut ist. Deine Idee von einer Evangelisation 2.0 finde ich gut. Ich glaube, so was gibt es auch schon. Wir bleiben an dem Thema dran. Danke fürs Mitdenken, und dass du uns deine Geschichte kurz geschildert hast. Das ist super spannend! Ach so, und gute Besserung. 🙂

  20. Hey,
    ich höre mich hier auch gerade mit einer Husten-Fieber-Seuche durch die Folgen 🙂
    Da das Thema, nennen wir es mal platt „Allversöhnung“ in letzter Zeit immer wieder durch meinen Kopf spukt (auch angeregt durch Worthaus und Hossa) und ich mir für mich Erklärungsmodelle erarbeite, da es das ist, was Leute, die mir nah sind davon abhält Zimmer zu hören oder Richard Rohr zu lesen (weil sie davon ausgehen, dass diese Allversöhnung predigen und dann kann von denen ja nix Gutes kommen … ), fänd ich es ja mal äusserst spannend, wenn ihr zu dem Thema ne Folge machen würdet. Ja?
    Witzig dass sich hier jemand über eure flapsige Sprache beschwert. Ich habe beim Hören gedacht: Boa, der Torsten bringt hier durch seine Art eine ordentliche Portion Ernsthaftigkeit und gesittete Sprache rein. Das wär ne Folge, die sich auch meine Mama anhören könnte 😉 Verrückt, wie unterschiedlich bei sowas die Wahrnehmung sein kann …
    Macht weiter so, ich freu mich, dass ich noch n paar Folgen vor mir hab!

    1. Hi Anna, ich habe auch eine Predigt von Tino Dross gehört, die er beim ICF Basel über Gerechtigkeit gehalten hat, die fand ich super. Das mit dem Rob Bell Gedankengut ist mir auch sofort aufgefallen. Nur leider wurden alle anderen Predigten von Tino auf Youtube gelöscht, ebenfalls alle Facebook Posts von oder über ihn. Seit er im Tagesspiegel ein Interview gab, ist er wie vom Erdboden verschwunden:

      https://www.tagesspiegel.de/berlin/jesu-junge-juenger-wie-die-evangelikalen-berlin-erobern/22796874.html

      Wegen dieses Interviews musste er wohl das ICF verlassen:

      „Nur weil etwas in der Bibel steht, glaube ich es nicht einfach.“ Fragt man ihn, was er zu Homosexualität zu sagen hat, lacht er laut: „Ich bin da ein bunter Vogel. Homosexualität ist natürlich keine Sünde.“ Das vertrete er privat und auch als Leiter der Gemeinde. In der Bibel stehe so viel absurdes Zeug, das könne man nicht unhinterfragt glauben. Die Frage sei für ihn immer, ob etwas dem menschlichen Leben schade. „Homosexualität schadet dem Leben nicht. Es fügt auch kein neues Leben hinzu, aber das ist für mich kein relevantes Argument.“ Thema abgehakt. Abtreibung befürwortet er persönlich zwar nicht, aber es gebe immer Gründe, sich gegen ein Kind zu entscheiden, die er verstehen könne. Außerdem: „Wenn man gerade keine Kinder will, soll man eben verhüten, mache ich ja auch.“

      Ich habe nur gesehen, dass er einen Tag danach auf der Facebook-Seite vom ICF Berlin-Friedrichshain seine Aussagen erklären musste, und vier Tage danach wurde er verabschiedet. Die Posts selbst wurden aber mittlerweile gelöscht.

      Ich finde das sehr schade, er hat super gepredigt. Ich wünschte ich wäre so talentiert im predigen wie er. Ich hoffe es geht ihm heute persönlich gut.

      LG, David

  21. Hammer Beiträge! Vor allem die von Torsten!!!! Danke! Ich freu mich rund über diese offenheit und Ehrlichkeit und habe großen Respekt vor dem mut diese Erkenntnisse zu teilen und sich aus dem Schema f zu lösen!

  22. Ich höre das hier, weil ich Torstens Buch gelesen habe.
    Die Welten, von denen Ihr sprecht, sind für mich längst vergangene. Aber etwas in mir atmet auf, weil da welche sagen, dass Dinge in diesen Welten falsch sind.
    Ich schreibe deshalb jetzt kurz hier hin, wie es mir früher ging:
    Meine Kindheit und Jugend in einer pietistisch-evangelikalen Gemeinde war vollgestopft mit Bekehrungsaufrufen. Und ich habe es nie geschafft, „mein ganzes Leben Jesus zu übergeben“. „Nun lebe nicht mehr ich, sondern Christus lebt in mir“ – das war der schlimmste Satz. Als dürfte ich selber gar nicht mehr sein – und ich wollte doch leben und immer mehr Ich werden. Alles war voller Angst und Einsamkeit. Denn ich sprach ehrlich über diese Dinge – und das war eigentlich nicht erlaubt. Die Hölle lauerte überall u mein heidnischer Vater würde dorthin auf alle Fälle kommen. Niemand fand das bemerkenswert, alle freuten sich auf den Himmel und machten immer stille Zeit.
    Aus Versehen begann ich Theologie an der Uni zu studieren (ohne Ruf und noch dazu als Frau) – und dort lernte ich, dass Gott Freude sein könne, dass um Paulus herum Frauen wie ich waren, dass Jesus ein mutiger Poet war, dem Spinnerinnen und Sehnsüchtige folgten – ich lernte, dass ich dazugehören konnte. Während daheim die Nachbarin anbetete gegen die böse Wissenschaft.
    Heute bin ich Pfarrerin u die Leute finden, dass ich glaube, was ich sage. Und ich denke, das stimmt. Ich bin voller Vertrauen, bin fest verbunden mit Jesus, liebe die Bibel.
    Und manchmal bin ich noch traurig und wütend über all diese Diakonissen und Evangelisten und Jungscharleiter, die dem Kind und der Jugendlichen, die ich war, so unendlich viel Angst gemacht haben. Bloß weil sie selber so viel Angst hatten. Ich meine: das war Sünde.
    Und Euer Gespräch und Dein Buch, Torsten, sind etwas wie eine Bitte um Vergebung – und das tut mir mehr wohl, als ich es für möglich gehalten hätte.

  23. Längere Autofahrten sind jetzt bei mir immer der Anlass, mir mal wieder einen Schwung Hossa Talk anzuhören – mittlerweile bin ich auch bei den älteren Folgen wie hier angelangt.
    Ganz allgemein fand ich auch diese Folge sehr anregend, sehr offen und ehrlich (was ich sehr begrüße), auch nicht „nicht jugendfrei“ (hier kann ich die älteren Kommentatoren teilweise nicht ganz nachvollziehen) und viele Gedankenanstöße liefernd.

    Aber dies ist auch eine Folge, bei der ich sehr zwiespältig zurückbleibe.

    Ich kann eure Kritik an evangelistischen Vorgehensweisen wie diesen Aufrufen zu öffentlichen Übergabegebeten etc. sehr gut nachvollziehen – das hat mich schon als Jugendliche, als ich so etwas zum ersten Mal bei „Pro Christ“ erlebte, sehr irritiert und eher abgestoßen.
    Auch aus meiner heutigen Erwachsenensicht halte ich persönlich so eine Art von Evangelisation eher für weniger hilfreich, möchte aber auch wie Gofi nicht ausschließen, dass andere davon wirklich angesprochen werden.

    Teilweise hatte ich aber den Eindruck, dass gerade Torsten Hebel ein bisschen das Kind mit dem Bade ausschüttet, dass seine (berechtigte) Kritik an „Gottes Bodenpersonal“ und deren Methoden gleichzeitig auch zu einer Kritik des gesamten Christentums wurde. Und hier weiß ich nicht, ob das Gott und seiner Botschaft gerecht wird.

    Ich teile Torstens Meinung, dass viele von uns Christen, und da schließe ich mich selbst nicht aus, eigentlich ganz anders leben müssten, viel mehr Nächstenliebe aktiv leben müssten, uns nicht immer nur im eigenen egozentrischen „bin *ich* erlöst“, „wie geht es *mir*“ Saft wälzen müssten, sondern wir schon oft vergessen (wollen?), was Jesus z.B. im Matthäusevangelium alles von uns fordert, wozu er aufruft, wie er selbst gelebt hat etc.
    Aber ich habe ein gewisses „Problem“ damit, wenn Torsten ab ca. Minute 43 sagt:
    „Ganz ganz selten geht es beim Evangelium tatsächlich um eine theoretische Zustimmung eines Glaubenskonstruktes, das ich mit einem Übergabegebet festmache, um deutlich zu machen, dass ich auf dem richtigen Weg bin.
    Denn der richtige Weg wurde immer deutlich durch meinen Lebensstil und in welcher Art und Weise ich Jesus wie weit nachgefolgt bin, in dem ich mich soweit investiere, soweit aus Liebe mich selbst und meinen Komfort und meine Komfortzone verlasse und vielleicht sogar, so wie Jesus es gelebt hat, darin den Tod zu finden. Das ist eine Liebe, die in den Tod geht, weil er sich investiert mit Haut und Haaren für andere Menschen.“

    Dem ersten Teil stimme ich absolut zu – es geht nicht (nur) um ein theoretisches „Für-wahr-Halten“ oder theoretische Zustimmung zu irgendwelchen Glaubenskonstrukten.
    Aber der zweite Teil klingt für mich nach absoluter Werkgerechtigkeit und da komme ich nicht ganz mit – denn obwohl mein eigener Glaube mit sehr engen, konservativen Wurzeln seit ein paar Jahren immer zweifelnder, aber auch liberaler wird, hänge ich doch nach wie vor ganz stark am „Sola gratia“ – ich bin Gottes Kind, weil er es so möchte, nicht weil ich dafür was besonderes getan habe oder tun muss.
    Wenn Torsten dann etwas später sogar darin gipfelt, zu sagen (so ungefähr): ich sag dir ob du glaubst, wenn ich sehe, was du tust, dann finde ich das gefährlich, gerade für Menschen wie mich, die in einem sehr leistungsorientierten Umfeld aufgewachsen sind, sich selber die größten Kritiker sind und perfektionistische Ansprüche pflegen. Denn dann verkommt ja letztlich auch dieser neue Glaubensanspruch von Torsten, den er da offenbar entwickelt hat (so lese ich es zumindest auch in seinem „Freischwimmer“), ganz schnell zu einer Leistungstheologie, bei der ich erst die Kriterien A-Z erfüllen muss, um „richtig“ zu glauben.
    Und gerade da will ich eigentlich ganz kindlich-naiv weiterglauben, dass ich errettet bin, wenn ich an Jesus glaube – und weiter nichts (dass daraus dann natürlich in der Folge im Idealfall Früchte wachsen sollten, ist ja dann ein anderes Thema…).

    Und noch ganz kurz möchte ich darauf hinweisen, dass ich die Aussage Torstens „„mein Korrektiv ist mein Gefühl“ doch sehr kritisch finde – gerade auch von Berufswegen als böse „Psycho-Doktorin“. Denn Gefühle sind ja kein unabhängiges, allgemeingültiges und neutrales Korrektiv, sondern sehr durch eigenes Erleben, frühkindliche Prägung und Erfahrung beeinflusst und beziehen sich längst nicht immer auf die aktuelle, akute Situation, sondern speisen sich ganz oft aus alten Erinnerungen, die ähnlich waren. Ich denke da an viele meiner Patienten mit schlimmen, traumatischen Erlebnissen, die heute noch Gefühle haben, die ihnen schaden, weil sie eben z.B. bei etwas aus neutraler Sicht Positivem dennoch fühlen „das habe ich nicht verdient“, „ich bin das nicht wert“ oder ähnliches. Sicherlich ein Extrembeispiel, aber frei von solchen inneren Erleberfilmen sind wir alle nicht. Deshalb halte ich Gefühle alleine als Maßstab für mein Tun und Denken eher für einen schlechten Berater.

    Viele Grüße
    Provinzdoc

  24. Weil mir das mit den Früchten zu sehr in Zusammenhang mit guten Werken gesetzt wird. Für alle die, keine guten „Taten“ vollbringen können, weil sie möglicherweise krank, körperlich eingeschränkt oder psychisch nicht in der Lage sind, empfehle ich die Seligpreisungen von Jesus. Denn mit Werken kann man immer schön glänzen, aber ich kenne Menschen die selten aus dem Haus gekommen sind, weil sie z. B. blind waren, aber so viel Liebe ausstrahlten und einen so starken Glauben hatten oder das richtige Wort zur richtigen Zeit, ein Lächeln oder Lachen. Unterschätzt das nicht. Meine sichtbaren Werke waren nichts im Vergleich zu dem, was ich evtl. mit Ermutigung erreicht habe. Aber vor allem möchte ich nicht so verstanden wissen, dass ich das eine gegen das andere ausspiele. Beides ist gut und sollte frei von Bewertung sein. Wir brauchen das nicht zu beurteilen.

  25. Liebe Hossas!
    Irgendwie wollte ich diesen Talk hier nochmal hören,so als Rekapitulation eurer dreier, aber auch meiner eigenen Biographie. Wege wandeln sich…und manches bleibt stet und trägt einen. Und es ist immer verletzend, wenn jemand grob in das haut, boxt oder sticht, was einem Menschen wirklich etwas wert ist. Als ich ca. 2014 auf Hossa Talk stieß (krass, wir kennen uns 5 Jahre!), war ich selber in einer brodelnden Phase und auch deutlich (noch) säkularer , ketzerischer und teilweise auch scherzhaften Blasphemien nicht abgeneigt. Dennoch interessiert an der Rettung meines Glaubens und guten, theologischen Gesprächen, in denen ich etwas lernen kann. All das fand ich bei Hossa Talk. Niemand weiß, was einen Menschen im Innern zutiefst ausmacht. Das weiß nur Gott. Aber es heißt nicht umsonst: Wo dein Schatz ist, wird auch dein Herz sein. Man könnte sagen: Was dich im tiefsten Innern ausmacht, IST dein Gott. Und darüber ist nicht zu richten, denn Gott richtet nicht, er liebt,und rettet. Aber wenn ich heute, so wie ich jetzt – 2019 – bin, erstmalig auf Hossa Talk gestoßen wäre, und dann womöglich gleich auf diese Folge, hätte ich wie ein verletztes Kind geweint, danach meinen Computer zertrümmert und die Reste aus dem Fenster geschmissen. That’s me. I’m burning for Jesus. Das hab ich schon als Kind. Und ich konnte ungemütlich werden, wenn man meinen Glauben beleidigt hat. Ich bleibe aber auch immer euer Freund. Denn ich brenne auch für Menschen, liebe und wertschätze sie, und man muss mir schon sehr übel vor den Karren kacken, damit ich einen Kontakt für immer beende. Ich bin immer bei euch…in meinen Gebeten, Gedanken…manchmal bin ich auch bei der Frau die ich liebe, obwohl sie vergeben ist, bei meinen Quatschkaspereien oder bei meinen sonstigen Sünden, wie Zigaretten mit Döneraroma zu rauchen. Is Quatsch. Bin Nichtraucher. Nein, jeder ist teilweise ein untreuer Heinrich und verleugnet Jesus und andere gute Freunde…und das eben macht mich ja so traurig. Jay: Du hast immer meine Solidarität, und ich bewundere dein mutiges Steuern durch den Struggle. Ich hab halt nur das Gefühl, dass du seit einem Jahr in meine Richtung ein bisschen mauerst, ahne den Grund, aber würd’s halt gerne mal erklärt haben. Wir sind doch Freunde, Mensch!Und Gofi: Never do things you don’t wanna. Und wenn du dich nicht exponieren willst, dann tu es nicht. (Du erwähntest das in dieser Sendung) Du bist einer von den Sanftmütigen. Im tiefsten Innern. So wie ich. Dafür werden wir oft von der Welt beschämt. Aber Jesus mag uns so. Glaub mir!!!

    Ich freu mich, dass es euch gibt!

    Euer Freund und Hörer Patrick

  26. Für mich sind die beiden Gleichnisse vom Schatz im Acker und von der Perle die schönsten Bilder für das Evangelium. Manche stoßen auf Gott und den Glauben, ohne zu suchen. Zufällig. Und andere sind in ihrem Leben auf der Suche und stoßen dabei auf Gott. Auch irgendwie zufällig in dem Gleichnis. In beiden Fällen müssen sie nicht überzeugt werden von dem Schatz oder der Perle, es muss ihnen auch nicht erklärt werden, was daran wertvoll ist, warum sie es brauchen. Die Dinge sprechen für sich selbst. Und sie wollen diese unbedingt. Das bedeutet für mich Evangelisation: Gott den Menschen vorzustellen, wie er ist. Von dem zu sprechen, was mich an Ihm begeistert. Alles andere muss sich in den Menschen entwickeln.

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