#106 Macht – und wie man mit ihr umgeht

Unter Christinnen und Christen ist sie kein Thema, über das man gerne und offen redet: Macht. Dass sie aber eines ist, davon zeugen Machtspielchen, Machtworte und Machtmissbrauch, die es unter Gläubigen genauso gibt, wie überall woanders auch. Aber heißt das, dass sie etwas Negatives ist? Gibt es nicht auch positive Aspekte? Überhaupt: Wer hat sie? Wer hat sie nicht? Wer darf sie haben? Muss sie jemand haben? Gibt es auch Gemeinschaften, in denen sie keiner hat? Und ist das erstrebenswert oder nicht?

42 Kommentare zu „#106 Macht – und wie man mit ihr umgeht“

  1. Interessanter Talk!!!
    Als das mit dem willow Crack Begründer von Gofi erzählt wurde und eine Deutung kam: dass der Teufel/Satan in befallen hat um alles kaputt zu machen, dachte ich an eine Predigt von Dir Jay in deiner Gemeinde, wo du dich Auseinandersetzt, ob es überhaupt einen Teufel gibt…..(oder war es ein hossa Talk weiß nimmer)
    Wenn nicht würde die These ja nicht greifen dass er vom teufel befallen würde…..

    1. An die Predigt/ den Talk (es gab tatsächlich beides zu dem Thema) musste ich auch denken… 😉
      Aber ob finstere Mächte nun existieren oder nicht, so oder so werden sie als Erklärungsmodell herhalten.
      LG,
      Der Jay

  2. Wer sich umfassender mit dem Thema auseinander setzten will, dem kann ich ergänzend das Buch von Dr. Markus Lieblt „Versuchungen der Macht“ empfehlen. Hier geht es um Machtmissbrauch in Gemeinden. Ich denke nicht, dass damit alles gesagt wäre aber es ist ein seltener Blick auf das was in Gemeinden bezüglich Macht passiert. Mir selbst fehlt zwar die Darstellung von Machtmissbrauch durch Frauen, denn der geschieht durchaus auf andere Weise als durch Männer. Aber Lieblt hat eher einen konservativen Backround und darin sind Mönner eher die Mächtigen.

  3. Ein sehr spannendes Thema zum drüber talken!
    Schön, dass ihr schon ziemlich zu Beginn die Unterscheidung zwischen Macht und Machtmissbrauch trefft, um klarzustellen, dass die Wirkungen von Macht nicht pauschal problematisch sind. Macht wird meiner Ansicht nach vor allem da zum Problem, wo sie unoffenbar ist, sich also jenseits von ’sichtbaren‘ Strukturen auswirkt, nicht angesprochen werden kann oder darf.
    Einen wichtigen Punkt, den ihr auch gemacht habt, finde ich, dass wir uns – zumindest im zwischenmenschlichen Bereich – Machtpositionen meistens nicht aussuchen, sondern uns in ihnen wiederfinden, manchmal entgegen unserer Wünsche. Diese Machtpositionen gehören zum Leben dazu und können es sogar bereichern (die schöne Korrektiv-Idee von Johanna z.B. funktioniert ja auf Basis der Macht, Autorität, die wir einander geben). Machtmissbrauch kann man dann am besten vorbeugen, wenn man die eigene Macht (und die anderer) dort, wo sie wirkt, anzuerkennen und zu benennen lernt. Vor diesem Hintergrund würde ich aber der Stelle im Talk widersprechen, wo es heißt, dass die Menschen, die ‚von Natur aus‘ nicht gerne Macht ausüben wollten, für Machtmissbrauch weniger disponiert seien als Leute mit Freude an Macht. Ich halte eher diejenigen, die mit Macht, eigener und fremder, haben umgehen lernen, für besser aufgestellt, und schätze die Haltung, Macht völlig von sich wegschieben zu wollen, als selbst eine Variante von Machtmissbrauch ein.

  4. 1.Verantwortungsethik und Gesinnungsethik ihr Schnuckis!
    Wenn ich mich nicht verbiegen und kompromisslos meinen Kurs durchdrücken will, mach ich mich unangreifbar für Kritik.
    Bei Gesinnungsethik muss ich in jeder Situation schauen, was ist denn jetzt das richtige und gute Handeln?
    Hab ich beim Boenhoeffer Vortrag bei Worthaus gelernt. Der Boenhoeffer hat da ne komplette Ethik drüber geschrieben.
    Ist natürlich im Christlichen Bereich schwierig, wo ich nur Gott als oberste Instanz über mir habe.

    2. Unterschied Macht – Autorität (Zitat von Tony Campolo)
    Bei Macht folgen mir die Leute aus Angst oder Gefügigkeit
    Bei Autorität weil sie es wollen, obwohl sie vielleicht nicht wissen, wo es hingeht.

    1. Verantwortungsethik und Gesinnungsethik vertauscht.
      Bei Verantwortungsethik muss ich in jeder Situation schauen. Bei Gesinnungsethik hab ich meine festen Maßstäbe.

  5. Cool, dass ihr Stephen King „Es“ ansprecht. Hab bisher leider nur den Film gesehen und fand die Auflösung leider etwas lahm.
    Dafür kam mir grade noch der Vergleich mit Stranger Things, wo es ja um etwas ähnliches geht. Also Kinder in den 80ern, die böse Monster bekämpfen, dabei aber immer noch Kinder sind. Und Erwachsene, die erst almählich merken, was in in ihrer Stadt abgeht.
    Dritte Staffel leider erst 2019. Wer es noch kennt, Staffel 1+2 bei Netflix.
    Dicke Empfehlung von mir!!!

  6. Hallo,

    danke für diesen Talk!
    Über Macht unter Christen bzw. in christlichen Gemeinschaften mache ich mir auch schon seit längerem Gedanken und ihr habt vieles im Talk thematisiert, über das ich auch nachdachte.

    Ein Aspekt im christlichen Spektrum habt ihr aber nicht genannt bzw. ansatzweise nur ganz am Schluss, den ich zu dem Thema aber auch relevant halte und zwar die fragliche geistliche Legitimation der Macht bzw. die Instrumentalisierung davon und eine falsche fromme Demut.

    Am meisten ärgert mich im christlichen Kontext, dass viele, die Macht haben innerhalb von Gemeinden, das entweder verleugnen oder schön fromm übertünchen und ihren Gefallen daran kleinreden.
    Das begnetete mir schon in meiner Ursprungsgemeinde (evangelikal-pietistische Gemeinschaft innerhalb der Landeskirche), dass da die Menschen in Leitungs- und Machtpositionen das Ganze in einer recht „demütigen“ Haltung tun. Sie tun das nämlich nur für das Reich Gottes, weil sie dem Herrn so dienen wollen, deshalb opfern sie gaaaaanz viel Zeit für die Gemeinde und machen sich gaaaanz viele Gedanken um die Gemeinde und deren Führung und opfern sich quasi auf.
    Dass sie real Macht haben, diese ausüben und das auch durchaus gerne tun, wird total verleugnet und das empfinde ich als so falsch und teilweise auch so verlogen. Denn es sind so einige dabei, die ich als durchaus narzisstisch (im positiven Sinne als Persönlichkeitskomponente und nicht direkt als Persönlichkeitsstörung) und leitungsbefähigt bezeichnen würde. Das ist auch gut so, denn noch schlechtere Leiter sind Leiter, die eben keine Alpha-Tiere sind und nicht die nötigen Fähigkeiten/Begabungen haben.
    Aber diese komplette Verleugnung dessen, dass man das eben nicht nur für Gott macht, sondern auch durchaus, weil es einem gefällt, weil man gerne Macht hat, halte ich für fromm-verlogen, begnetet mir bisher aber tatsächlich ausschließlich in christlichen Gemeinden. „Weltliche“ Machthaber haben längst nicht so ein Getue darum, dass ihnen das nicht Spaß machen dürfe.

    Und dagegen sagen darf man aber auch nichts, denn sie sind ja alle von Gott eingesetzt und dafür berufen und Gott segnet doch ihre Arbeit usw. usw. – das habt ihr ja dann wiederum wieder thematisiert.

    Wenn das dann gepaart wird mit dem von euch erwähnten fehlenden Korrektiv, sondern eher mit Strukturen, die von oben nach unten bestimmt werden und auch Mitarbeiter nur danach ernannt werden, ob sie entsprechend „linientreu“ und „leitungsergeben“ sind und nicht nach ihren Begabungen/Fähigkeiten, dann bekommt das gesamte Gemeindeschiff eine ziemliche Schräglage.
    Daran habe ich mich jahrelang abgearbeitet, denn Menschen wie ich, die eben nicht 100% linientreu waren bzw. auch mal offen ganz böse eine eigene Meinung geäußert haben, wurden natürlich nie Mitarbeiter.
    Die Mitarbeiter wiederum waren auch ganz schnell kleinere Leiter, die natürlich auch alles nur aus Aufopferung zum Dienen für den Herrn machten und natürlich üüüberhaupt nicht, weil es toll ist, mitzuarbeiten und Einfluss zu haben. Und wenn man das hinterfragte, war man natürlich selbst nur missgünstig und neidisch und hat das eigentliche Werk für den Herrn aus fehlendem eigenen Glauben natürlich nur nicht verstanden.

    Ich halte wie ihr Macht und Menschen mit Macht bzw. Menschen mit Freude an Macht bzw. Führungspositionen nicht für per se schlecht. Im Gegenteil, jede größere Gruppe von Menschen braucht Führungspersönlichkeiten, die Entscheidungen treffen können und Verantwortung übernehmen können. Und im Idealfall sind das auch Menschen, die das gut können und daraus auch einen persönlichen Benefit ziehen und nicht Menschen, die in diese Rolle gedrängt werden, aber sie nicht ausfüllen können.

    Aber ich finde es so abstoßend, wenn man das so geistlich-überhöht verbrämt oder gar verleugnet, wie es viele Christen tun. Und frage mich, warum das sein muss.

  7. Zum Thema „Macht“ kann ich nur Karl Barths Gedanken in seiner „Dogmatik im Grundriss“ empfehlen. Macht ist für ihn böse, das Ende aller Dinge. weil Macht die freie Willkür und die unmöglichen Möglichkeiten bedeutet. Er beschreibt sogar, dass wer Gott den „Allmächtigen“ nennt an Gott vorbei redet. Gottes Macht ist nie losgelöst vom Begriff des Rechts. Macht bedeutet für ihn Einsamkeit wogegen Gottes Macht durch die Dreieinigkeit Gottes auf Gemeinschaft und Liebe ausgerichtet ist. Er führt es natürlich etwas umfassender aus 🙂 Aber das hat mir geholfen zu verstehen, das die Macht die ich habe immer an gewisse Grundsätze gebunden sein sollten, z.B. Schwache vor Unterdrückung zu schützen, unrecht ansprechen und Aufdecken.

    Was mir auch noch in den Sinn gekommen ist: Ihr habt bei dem Thema viel über Pastoren gesprochen, die ihre Macht missbrauchen. Ich gebe zu, das ich in meinen ersten Dienstjahren auch mal in einer Situation reagiert habe, wo ich mittlerweile sagen würde, dass es Machtmissbrauch war. Es gibt aber nicht wenige Pastoren, die selber unter Machtmenschen und Machtstrukturen innerhalb einer Gemeinde leiden. Erstmal ist es ja so, dass nicht alle Pastoren die gleiche Engstirnigkeit haben, wie ein Teil der Menschen in evangelikalen Gemeinden. Und nur weil jetzt jemand in der Gemeinde den Titel „Pastor“ trägt, bedeutet das nicht, dass er gleich besonders Einflussreich ist. Da gibt es in der Gemeinde etliche Personen, die durch ihre langjährige Mitgliedschaft oder ihre hohen Spenden über wesentliche mehr Einfluss verfügen, als der Pastor. Diese einflussreichen Personen möchten nun in der Regel, dass der Pastor mit ihren Ansichten übereinstimmt. Passiert das nicht kann es schon mal vorkommen, dass die Situation eskaliert und der Pastor gefeuert wird. Da kenne ich schon die eine oder andere Geschichte von Kollegen, die an Machtmenschen in der Gemeinde gescheitert sind. Da werden dann auf einmal die Spenden eingestellt und so wird der Pastor abgesägt. Und was das für einen Menschen bedeutet, der evtl. ja „nur“ einen Abschluss an einer Ausbildungsstätte hat, der nicht staatlich anerkannt ist und evtl. Kinder hat, die keinen Bock haben, nach zwei Jahren mal wieder umzuziehen, könnt ihr euch bestimmt vorstellen. Da werden mitunter Pastoren fertig gemacht, so dass sie selber am Ende Therapie brauchen oder die Pastoren lassen sich aufgrund existenzieller Ängste auf bestimmte Standpunkte der Gemeinde ein, hinter denen sie eigentlich nicht selber stehen.
    Das Thema ist also sehr komplex und oftmals tragisch, da man 1. Machtmenschen nicht verändern kann (traurig, aber in Büchern zu dem Thema auch so beschrieben) und 2. nur durch einen Machtkampf die Situation ändern kann, wenn man es nicht einfach so stehen lassen will.

    1. Danke für den Tipp mit dem guten alten Barth! 🙂

      Zu Deinen weiteren Gedanken passt vielleicht noch (ganz untheologisch), dassman in den letzten Jahren in der Philosophie dazu übergegangen ist, Macht mehrdimensional zu verstehen. Nicht wie einPfeil von oben nach unten, sondern wie ein Netz oder Geflecht, in dem es mehrere Player gibt und dessen Einfluss sich keiner entziehen kann. Was aber auch Handlungsmöglichkeiten eröffnet. Wenn man sich auf einen Kampf um die Deutungshoheit (dominante Form moderner Macht) einlässt.

      LG, Ina

        1. Das ganze geht auf die Machttheorie von Foucault zurück (Macht als Kraftfeld und als Diskursmacht), aber der Gute ist im Original kaum lesbar…

          Ich muss mal über eine gute Einführung nachdenken. 🙂
          Leider bin ich erst wieder in 3 Wochen zuhause, aber dann poste ich hier gerne was (falls mir was einfällt).

          1. Würde Ina auf jeden Fall zustimmen, Philosophie und Soziologie haben da einige Ansätze zu bieten, die bei einer Diskussion eigentlich nicht fehlen dürfen (auch wenn die christlichen Bücher sicher auch gut sind ;-)). Hier eine Podcastfolge, die macht thematisiert: http://soziopod.de/2017/09/soziopod-radio-edition-004-die-dunkle-und-die-helle-seite-der-macht/

            Ist natürlich nur eine grobe Einführung und kann kein tiefgehendes Verständnis vermitteln.. Aber ganz gut um reinzukommen.
            Besonders das was die beiden zu Foucault sagen mit den internalisierten regeln und macht, die gar nicht mehr direkt ausgeübt werden muss, weil ständig eine Kontrollinstanz da ist, ist glaube ich sehr gut anwendbar auf die christliche Szene. Eine missbräuchliche Spiritualität muss ihre Anhänger*innen nämlich gar nicht mehr disziplinieren, sie machen es irgendwann selbst…
            Auch der Gedanke von Foucault, dass macht nicht verschwindet, sondern transformiert wird, ist sehr interessant.. Es reicht also nicht eine narzisstische Person an der spitze einer Gruppe auszutauschen, weil die macht dann woanders „hingeht“.

          2. Da würde ich Ina absolut zustimmen! Bei so einem Thema darf ein Blick in Philosophie und Soziologie eigentlich nicht fehlen (auch wenn die christlichen Bücher sicher auch gut sind.. ;-)).
            Hier eine gute Podcast-Folge, die ist ne ganz gute Einführung (aber natürlich nicht so tiefgehend): http://soziopod.de/2017/09/soziopod-radio-edition-004-die-dunkle-und-die-helle-seite-der-macht/

            Gerade den Gedanken von Foucault, dass Macht zwingend körperlich und direkt ausgeübt wird, sondern auch internalisiert wird und deswegen die Köpfe der Leute beherrscht, finde ich extrem wichtig und hilfreich (im Podcast ist das Beispiel von dem Gefängnis und der Überwachung). Auf die christliche Szene übertragen hieße das ja, dass die Leute gar nicht unbedingt von dem Pastor/der Pastorin oder anderen einflussreichen Leuten ständig bei der Stange gehalten und beherrscht werden, sondern dass die Kontrolle irgendwann nicht mehr nötig ist, weil die Leute alle „geeicht“ sind. Ich glaube das findet man sehr oft in Gemeinden, die eine missbräuchliche Spiritualität fördern. Gott kann man nämlich sehr gut als Instrument nutzen, um diese Kontrolle auszuüben.

            Auch das Gespräch über Deutungshoheit und Macht in Diskursen, das gesellschaftlich sehr relevant ist, ist wie ich finde gut auf die christliche Szene zu übertragen. Wer Theologie betreibt, hat Macht. Wer mit der Bibel argumentiert, hat Macht. Und wie oft werden die theologischen/ethischen Diskurse genutzt, um Macht auszuüben oder zu behalten… Gerade dieses Thema mit Schriftverständnis etc. kann man meiner Meinung nach exzellent als Machtkampf lesen…

            Naja, ein weites Feld… Sehr spannend!

          3. Hey Dominique,

            vielen Dank 🙂 , auch für den Link zum Soziopod, den kannte ich noch nicht, aber der scheint wirklich gut zu sein!

            @Reverend Mole
            Die haben auch eine Folge über Foucault, das ist vielleicht ganz gut zur Einführung (und ob Dich das überhaupt interessieren könnte)

            LG, Ina

          4. Ich habe mir jetzt mal die Folgen über Macht und Foucault angehört. Das ist wirklich sehr, sehr interessant und hilfreich für meine Gemeindearbeit. Beruhigend fand ich, dass ich beim Thema „Macht“ wohl vieles richtig mache, z.B. Macht abgeben und
            verteilen, Kontrollmechanismen installieren ….

  8. Liebe Hossavertalkung,

    ich bin letztlich über Worthaus und Freunde zu euch gelangt.
    Euer Format finde ich sehr hilfreich und hörenswert. Ihr bereichert meinen Glauben und es ist schon etwas besonderes hier mit „dem einen“ von NimmZwei in Kontakt treten zu können. Uijuijui!

    Kritikpunkt: Johanna!! Selbst bei einem so freien Format wie eurem, ist es nicht legitim während des Talks zu sagen, dass du in 9 min nach Hause fahren würdest. Da habe ich mich nämlich gleich verletzt gefühlt, dass ich Depp immer noch Lust hatte euch eine weitere Stunde zuzuhören.
    Mach soetwas bitte nicht mehr!

    Ansonsten möge die Macht mit euch sein!
    Liebste Grüße,
    Friedrich

  9. Vielen Dank für den Talk. Sehr inspirierend und ihr seid „schuld“, dass ich minutenlang aus dem Fenster starre und weiterdenke 😉

    Doch: Wie geht man nun mit Macht um? Ich bin selbst freikirchlicher Pastor (seid drei Jahren) und habe mir im Studium und auch im Dienst immer wieder diese Frage gestellt. Ich glaube auch, dass sie nicht erschöpfend beantwortet werden kann und eine Art „Kontrollfrage“ ist und bleiben muss. Ich glaube, ich wünsche mir einen positiveren Ansatz, der konstruktiv mit Macht umgeht. Denn gerade wenn man in die gesellschaftlich-politische Situation schaut, sehe ich vieles wo Macht delegiert wird, wenn es um Schuld geht und Macht ausgeübt wird, wenn der eigene Boden wackelt. Das nervt mich (gleiche Strukturen wiederholen sich auch in Gemeinden).
    Aber gibt es einen positiven Ansatz mit Macht umzugehen? Was braucht man dafür?

    Vielleicht hätte ich das noch deutlicher von euch gewünscht.
    Da werde ich also noch ein paar Minuten weiterdenken 😉

    Gruß
    David

  10. Jeder Mensch wo leitet hat meiner Ansicht nach Macht egal ob im kirchlichen oder weltlichen Kontext. Der Unterschied im kirchlichen Kontext ist das man dort im ersten Ansatz nicht davon ausgeht das dort die Macht missbraucht wird. Was schon der erste Fehler ist. Mal ein blödes Beispiel, jeder 5 Pfarrer in der kath. Kirche betreibt sexuellen Missbrauch. Wo sicherlich erst eine gewisse Hemmschwelle überschritten werden muss. Ich gehe davon aus das die Hemmschwelle zum geistlichen Machtmissbrauch deutlich geringer ist bei den Menschen wo geistliche Macht besitzen, Pastoren, Leiter …., was bedeuten würde das es nicht nur jeder 5. ist sondern jeder ??.
    @Reverend Mole schreibt: „…existenzieller Ängste auf bestimmte Standpunkte der Gemeinde ein, hinter denen sie eigentlich nicht selber stehen“. Wenn mir das beim Arbeiten passiert ist das nun mal so, wenn das dem Pastor passiert wäre das auch ok wenn er „nur“ ein angestellter wäre, aber er ist ein geistlicher Leiter und somit fängt für mich hier der Machtmissbrauch an und kann nicht entschuldigt werden. Auch einen Nickname „Reverend Mole“ zu verwenden ist der Beginn von Machtmissbrauch genauso wie wenn Artikel unterschrieben werden mit der Formulierung „Euer Gemeindepastor“. Wird auch in den Büchern über Machtmissbrauch so geschrieben.
    Interessant ist die Aussage von dir das man Machtmenschen nicht ändern kann, dem würde ich erstmals auch so zustimmen. Jetzt gibt es aber im kirchlichen Kontext einen Besonderheit im Unterschied zu außerkirchlichen Situationen. Es steht hier die Aussage im Raum das man Vergeben „muss“. Und wenn man sich dann auf die Konfrontation einlässt (dein Pkt.2) passiert das seltsame das nur noch die unterstellte nicht Vergebungsbereitschaft gesehen wird und gar nicht mehr der Machtmissbrauch. Was zur Folge hat das nur noch die nicht Vergebungsbereitschaft gesehen wird und der Missbraucher gestärkt aus der Situation geht.

    1. „Auch einen Nickname “Reverend Mole” zu verwenden ist der Beginn von Machtmissbrauch.“

      Das erkläre mir mal bitte, und dann erkläre ich dir, warum ich diesen Nickname verwende.

      Und sich auf Standpunkte der Gemeinde einzulassen, obwohl man selber nicht dahinter steht bedeutet nicht gleich Machtmissbrauch, da manche Positionen zwar Formuliert sind, im Alltag aber keinerlei Relevanz besitzen. Wenn zum Beispiel eine Gemeinde den Predigtdienst von Frauen ablehnt, der Pastor damit aber kein Problem hat und es nun aber auch keine Frau gibt, die auf die Kanzel möchte, sehe ich da keinen beginnenden Machtmissbrauch. Natürlich gibt es auch Situationen, wo man sich auf einmal entscheiden müsste, aber wie gesagt, das Thema ist sehr komplex.

      Zum Thema Vergebung: Ja, die Karte wird gerne gespielt um einen Konflikt zu deckeln. Aber das ist nicht immer so, bzw. kann die Forderung nach Vergebung auch einen Fortschritt in einem Machtkampf mit sich bringen, wenn ein Machtmenschen jeglichen Dialog verweigert und so dann doch Gesprächsbereit ist.

      1. …warum ich diesen Nickname verwende.

        Wie geschrieben steht das auch so in den Büchern über Machtmissbrauch. Es erzeugt einfach eine Wirkung bei dem Hörer/Leser, da dem Pastor/Reverend in den Gemeinden/Kirchen eine besondere Berufung zu kommt. Wenn du das also benutzt hat das Wirkung, auch wenn es dir vielleicht nicht benutzt ist. Es wird aber von dem einen oder anderen bewusst eingesetzt. Das gleiche passiert auch wenn ein jemand seinen Doktortitel bewusst einsetzt.

        Und sich auf Standpunkte der Gemeinde einzulassen, ….. Thema ist sehr komplex.

        Das ist ja logisch. Die Leitung will das Licht um 18Uhr eingeschaltet der Pastor um 18:10Uhr, dennoch schaltet er um 18Uhr ein. Kein Machtmissbrauch. Ein anderes Bsp. Die Leitung will das mehr gespendet wird, der Pastor sieht das aber anders, dennoch sind die 2 nächsten Predigten über den Zehnten. Machtmissbrauch.
        Und ja das Thema ist komplex, und ich bin dankbar das ich da raus bin.

        Zum Thema Vergebung…..

        Das ist doch eher unwahrscheinlich, warum soll ein Machtmensch sich ändern? Natürlich nimmt er die ihm zugesprochene Vergebung an. Dann ist an der Stelle wieder Frieden und er kann sich ohne Stress seiner Machtausübung widmen, bis das nächste Opfer im Vergebung zu sprechen muss.
        Genau dies erlebte ich während meiner 30 jährigen Gemeindezugehörigkeit

        (Mir geht es bei der Diskussion nur um geistlichen Machtmissbrauch)

        1. Du musst aber unterscheiden zwischen Macht und Machtmissbrauch. Und dann gibt es auch noch tatsächliche Macht und zugeschriebene Macht. Wenn ein Arzt an seinem Türschild Dr. Müller stehen hat ist das noch lange kein Machtmissbrauch, auch wenn es eine Wirkung hat. Diese Wirkung ist bei den Menschen ja aber unterschiedlich. Die einen sehen in dem Doktortitel einen Hinweis auf Kompetenz, die anderen schüchtert es ein, weil für sie ein Titel ja Respektspersonen vorbehalten ist. Diese Menschen schreiben dann ihrem Hausarzt eine Macht zu, die er eigentlich gar nicht hat, da ich ja den Arzt auch einfach wechseln kann. Genauso ist es mit der Berufsbezeichnung Pastor: Für manche ist es ein Hinweis auf theologische Kompetenz, für andere ist es evtl. durch negative Erfahrungen eine ganz negative Bezeichnung. Der bloße Begriff stellt keinen Machtmissbrauch dar. Falls du das irgendwo so gelesen hast, dann bitte nenne mir doch mal Titel und Seite, weil es mich wirklich interessiert, da ich mit dem Thema wirklich viel zu tun habe.

          P.S. Der Nickname kommt von ein paar Jugendlichen, als ich mal ein schwarzes Samtjacket anhatte und mit meiner Brille wie ein Maulwurf aussah. Ich nehme diese Berufsbezeichnung also nicht allzu ernst.

          1. Nickname OK, verstanden.
            Ob ich das Buch und die Seite noch finde kann ich nicht versprechen, mal schaun.
            Noch einmal es geht mir nur um den „geistlichen“ Machtmissbrauch. Die stellt in meinen Augen eine Besonderheit bei dem Thema Macht dar.
            Das wir alle in irgendeiner weise unter einer Macht leben oder selbst Macht ausüben steht außer Frage. Und das es gute und schlechte Machtausüber gibt ist doch auch logisch. Aber im „geistlichen“ Kontext hat diese Tatsache eine andere Dimension. Warum? Mal ein paar einfache Aussagen, die du sicherlich kennst:
            Du willst doch Gott gehorsam sein, Gott hat mir gesagt du sollst, Jetzt weint Jesus wegen dir.
            Es wird bei allen diesen Aussagen immer Bezug auf Gott genommen, und wer will Gott widersprechen. Das wird sich im Normalfall keiner trauen. Des weiteren ist die Frage, wie kann ich beurteilen ob Gott nicht tatsächlich hinter den Aussagen steht. Oder hat es sich der Mensch nur ausgedacht. Da entsteht doch bei jedem eine große Unsicherheit. Schließlich steht Gott im Hintergrund.
            Und dabei muss dies nicht zwingend hierarchisch von oben nach unten passieren es kann auch unter Gemeindeglieder passieren.
            Das schlimme ist das auch das Wissen welches ein Pastor hat oft nicht hilft sich gegen den Missbrauch zu wehren. Ob es dann allerdings geistlicher Machtmissbrauch ist, muss im Einzelfall geklärt werden. Für mich sind bei Hauptamtlichen die Probleme hauptsächlich in den Abhängigkeiten zu finden, sei es finanziell oder emotional.
            Nur eine Geschichte. Ein Gemeindemitglied beobachtet geistlichen Machtmissbrauch des Pastors an einem anderen Mitglied. Worauf er die Gemeinde wechselt. In der neuen Gemeinde sucht er dann beim Pastor Hilfe, leider wurde ihm aber die Seelsorge bezüglich des erlebten (geistlicher Machtmissbrauch eines Kollegen) verweigert. Die Verbindung der Pastoren bestand über die evangelische Allianz. Für mich kam das so rüber: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Allerdings hatte ich da schon längst das Thema Gemeinde glücklicherweise hinter mich gebracht.
            Mir ist schon klar wie unendlich kompliziert die ganze Sache ist. Ich hätte am Anfang meiner geistlichen „Karriere“ auch nicht gedacht, was innerhalb von Gemeinden alles möglich ist. Daher denke ich heute das das System Gemeinde in der heutigen Form nicht das richtige ist.

  11. Es gibt zu dem Thema einige interessante Bücher:

    Die Machtfalle von Martine & Volker Kessler
    Wölfe im Schafspelz von Edin Lövas
    Macht und Manipulation in der Gemeinde von Ton Wintels & Jaap Bönker

    Und dann ist natürlich jedes Buch über Leitschaft, dass den Ansatz von Servantleadership hat interessant.

    1. Kann ich auch alle nur empfehlen. Stehen bei mir im Bücherregal.
      Allerdings habe ich auch feststellen müssen das nicht jeder die Bücher versteht oder verstehen will. Viele wollen ihre Komfortzone nicht verlassen, egal was um sie herum passiert. In meiner letzten Gemeinde nahm ich sogar persönlich Kontakt mit der Frau Kessler auf welche mir dann den Ratschlag gab nur noch per Rechtsanwalt mit der Gemeindeleitung zu kommunizieren.

  12. Wenn in einer Diskussion über Macht der Satz „die Putze, die grade mal die Mülleimer leert“ fällt, finde ich das schon sehr daneben.

  13. Schade, dass ihr nicht länger bei dem Herrn der Ringe geblieben seid, da Tolkien sich mit Macht ja sehr ausführlich auseinander setzt. Der Ring als Macht; und sollte man diese Macht selbst nutzen um sie gegen das Böse einzusetzen, wie die Menschen in Gondor (Boromir oder Denetor) es tun wollen, oder würde man doch nur korrumpiert von dieser Macht? Und wer kann solcher Macht widerstehen, wenn selbst der stärkste ehemalige Widersacher des Bösen, Saruman, der Macht nicht widerstehen kann und böse wird?

  14. Ein spannendes Thema!
    Drei weiterführende Gedanken:
    1. Ich kenne es aus den sogenannten Brüdergemeinden, die ja sehr stark das Laientum betonen, dass man sich sehr schwer tut mit Macht und Leiterschaft. Offiziell soll es gar keine Pastoren oder Leiter geben, „Brüderkreise“ treffen die Entscheidungen. Viele sind irgendwann dazu übergegangen, sog. Älteste einzusetzen, was quasi einem Leitungskreis entspricht. Solche Prozesse dorthin sind unheimlich schwierig für diese Gemeinden, aber auch interessant: Sollen Älteste gewählt werden? Und wie? Und von wem? Vorher gab es ja auch schon Machtverhältnisse, aber eben intransparent – wie das jetzt in geordnete Verhältnisse überführen?
    2. Ich kann es mir nicht anders erklären, als dass diese Gemeinden in irgendwelcher Form durch Machtmissbrauch geprägt sind. Mir fehlt da der unverkrampfte und gesunde Umgang mit Leitung und Einfluss. Wobei ich denke, dass das auch ein gesamtgesellschaftliches Problem ist: Wir Deutschen fremdeln mit Macht und mit Mächtigen, wir sind da misstrauisch. Das liegt natürlich in unserer Geschichte begründet. Vielleicht sollte man diesen Aspekt auch mitdenken.
    3. Mir scheint es so, dass die momentan 20-30 Jährigen wenig Interesse an Machtstreben, Leitungspositionen und Verantwortung haben, sowohl in Gemeinden, als auch in der Gesellschaft. Vielleicht ist das eine Form der Rebellion gegen bestehende Verhältnisse? Und falls meine Annahme stimmt: Wie sehen Machtstrukturen dann in 30 Jahren aus?
    Man könnte sicher noch mehr als einen Talk zu dem Thema machen 😀

    1. Zu 1.) Geordnete Verhältnisse schützen vor Machtmissbrauch überhaupt nicht.
      Zu 2.) Gemeinden geprägt? Nee es sind die Menschen wo den Machtmissbrauch begehen. Darum gibt es Machtmissbrauch auch in jeder Kultur und Glaubensrichtung.
      Zu 3.) Meiner Beobachtung nach entwickelt sich an vielen Stellen der geistliche Machtmissbrauch mit der Zeit. Um zu Missbrauchen muß auch geistliche Macht da sein und das braucht halt seine Zeit.

      1. Liebe Conny,
        ich habe nicht den Eindruck, dass du mich verstanden hast.
        1.) Das ist mir auch klar, ich meinte auch eher „geordnete Verhältnisse“ in deren Sinne. Ich sehe die Brudergemeinden auch mit Leitungskreis kritisch. Ich wollte nur die Besonderheit dieser Gemeinden hervorheben, die darin liegt, dass sie denken (bzw. dachten, es gibt dort langsam ein Umdenken), die Versuchung der Macht umgehen zu können, indem sie sie leugnen. Was natürlich nicht funktioniert.
        2.) Ich verstehe deinen Einwand nicht. Ja, natürlich geschieht Machtmissbrauch durch Menschen, wie sonst? Ich vermute eben, dass speziell die Brüdergemeinden, von denen ich ja sprach, durch den Machtmissbrauch, der durch die Intransparenz gefördert wurde, in spezieller Weise geprägt sind, wodurch sie einen sehr verkrampften Umgang mit Leiterschaft haben. Jetzt wollen viele die Leiterschaft transparent machen und das sind schwierige Prozesse.
        3.) Ich meinte hier: Was passiert wohl in Gemeinden und in Gesellschaften, wenn diejenigen schwinden, die Verantwortung übernehmen wollen? (Wobei ich mir nicht so ganz sicher bin, ob das eher ein Klischee über die genannte Generation ist. Vielleicht wollen sie Verantwortung auch einfach anders leben, das muss ja nicht schlecht sein.)

  15. Ich musste beim Hören schmerzlich an unsere Gemeindesituation denken: Eine Clique von bibelhörigen 50+ Männern, die ihre Aufgabe als Älteste in erster Linie darin sehen, als eine Art von Gemeindepolizei im Wege der Gemeindezucht missliebige Personen wie etwa Homosexuelle, in wilder Ehe Zusammenlebende, Wiederheiratende, Zweifler, geistliche Abweichler etc. systematisch aus der Gemeinde heraus zu halten. Letztlich sind das nach meinem Eindruck Opportunisten, die nur an Gott glauben, um sich ihren persönlichen Platz im Himmel zu sichern oder durch Gebet irdische Vorteile zu erschleichen. Das eigentliche Grundprinzip des Evangeliums, aus Gottesliebe zur Nächstenliebe zu gelangen, haben sie aber anscheinend irgendwie nicht verstanden und erst recht nicht verinnerlicht. Von solchen Leuten gibt es in den Leitungsebenen leider viel zu viele.

    Weil Machtkonzentration in einer Gesellschaft auf Dauer immer schädlich ist, wurde das Prinzip der Gewaltenteilung eingeführt, bei der Macht in funktionale Zuständigkeitsbereiche aufgeteilt wird, die sich quasi wechselseitig kontrollieren. Solche Mechanismen sollte es eigentlich auch irgendwie in den Kirchen und Gemeinden geben. Wobei ich andererseits wiederum die Befürchtung habe, dass Kirchen und Gemeinden Orte zu sein scheinen, an dem sich überproportional viele solcher Menschen treffen, die sich gerade danach sehnen, vorn bis hinten angeleitet und kontrolliert zu werden, um ja keine eigene Verantwortung in ihrem Leben übernehmen zu müssen. Da richtet sich Macht und ihr Missbrauch dann auch ein Stück weit nach Angebot und Nachfrage.

    Sorry für diesen Beitrag, musste einfach mal raus, der Frust…

    Macht doch mal einen Beitrag über den Sinn oder Unsinn von Gemeindezucht. Dort geht es ja ebenfalls ganz essentiell um die Frage von Macht und Machtmissbrauch. Im Talk kam das aber irgendwie zu kurz, finde ich.

    1. „Wobei ich andererseits wiederum die Befürchtung habe, dass Kirchen und Gemeinden Orte zu sein scheinen, an dem sich überproportional viele solcher Menschen treffen, die sich gerade danach sehnen, vorn bis hinten angeleitet und kontrolliert zu werden, um ja keine eigene Verantwortung in ihrem Leben übernehmen zu müssen. Da richtet sich Macht und ihr Missbrauch dann auch ein Stück weit nach Angebot und Nachfrage.“….. ja, seh ich auch so.

      Es ist eben eine Art „Großfamilie“ und es gibt ja auch die Vergleiche „Baby“, „Jüngling“ „Vater“ und „Mutter“ natürlich auch. Und auch das Thema „Macht zu Jüngern“ ist nicht wegzuleugnen.

      Ich finde, es gibt Zeiten im Leben, in denen Orientierung (ohne Zwang und Manipulation) schon ok sein kann, aber es ist äußerst schade, dass man entweder die Leute total prägt/ kontrolliert/ anleitet oder aber völlig distanziert ist.

      Wahrscheinlich fällt man immer auf einer Seite vom Pferd runter….. ganz schwierig umzusetzen ist das alles.

  16. Hi, auch ich möchte mich Ingeborg anschliessen, die schon erwähnte, wie „merkwürdig“ der Kommentar von Gofi rüberkam mit der „Putze und den Mülleimern“…..Eine mächtig abwertende Wertung. Auch, wenns wahrscheinlich nur ein Beispiel sein sollte…
    Mächtiger Gofi, lass das bitte – es ist unpassend und schmerzhaft. Erinnere ich mich doch an eine Hossafolge, in der ihr darüber getalkt habt, dass es vor Gott „kein Ansehen der Person“ gibt und wir auch genau so miteinander umgehen…..könnten!
    Dabei habe ich wirklich nix gegen euren manchmal etwas rauhen Ton, aber bitte nicht auf Kosten unserer Reinigungskräfte!

    Und zu Jay und der Putzfrau, die keine Machtgelüste hat: Wer weiss das denn schon wirklich…vielleicht traut sie sich nur NOCH nicht. Oder bekommt keine Chance dazu in ihrer Gemeinde. Meine Erfahrung ist, dass in Gemeinden häufig sehr unsichere, schwache, nicht dafür begabte und auch konfliktscheue Menschen in diese Leitungs-Positionen gehievt werden. Die sitzen treu in den Gottesdienst-Reihen, und manch einer von ihnen wartet nur auf seine grosse Stunde. Andere lassen sich irgendwann überreden, denn oft will es ja auch kein anderer mehr machen. Diese Menschen bekommen Macht, fühlen sich dadurch mächtig und immer mächtiger und richten mächtigen Schaden an.

    Selber erlebe ich z.B. in meinem beruflichem Umfeld gute Machtstrukturen. Ich darf Verantwortung tragen, wachse daran täglich (!) und habe Oberärzte und meinen Chef mit dem alles diskutier und beraten werden darf, kann und ggf. muss. Hier gehts schliesslich ja auch um etwas: Nämlich um MENSCHEN!
    Der Chef trägt nach aussen „die“ Verantwortung und stellt sich hinter sein Kollegium. Fehler sind erlaubt, wenn auch nicht gewünscht (insbesondere in der Medizin :)). Wir alle wachsen als Team immer mehr zusammen und lernen voneinander….mit allen Reibereien, die dazu gehören.
    Erinnere mich an einen Vortrag von Willow Creek indem es um die letzten 10% ging, die wir uns meist nicht trauen auszusprechen.
    Wer Angst vor den Leitungspersönlichkeiten haben muss, wegen ihrer grossen Macht, die sie schamlos missbrauchen, sollte schleunigst die Gemeinde oder den Arbeitgeber wechseln.

    Und davon weiss auch ich ein leidvolles Lied zu singen!

  17. Möchtig schuldiger Gofi…dann musst du dir doch nochmals zuhören, wenns um dem Part der „altgedienten Pastoren“ geht….die immer noch so rumkommandieren…
    Es grüsst dich die empfindliche Penny

    1. Ah, jetzt weiß ich, was du meinst. Ich habs gerade noch mal nachgehört. Stimmt, das ist despektierlich. Entschuldigung! Ich persönlich verachte Putzmänner und-frauen nicht. Dann zu sagen „sie behandeln dich wie die Putze, die …“ ist natürlich ein Griff ins Klo.

  18. Ich würde Macht eher negativ betrachten. Ich denke Macht entsteht deshalb, weil viele Menschen ihren Einfluss einer einzelnen Person (oder einem kleinen Kreis von Personen) abgeben. Das führt noch nicht automatisch zu einem Problem, aber wenn die Menschen, die ihren Einfluss abgeben nicht darüber reflektieren was die Person mit der Macht anstellt, die ihr gegeben wurde, dann wird es problematisch. Meistens ist es auch so, dass die Menschen unbewusst ihren Einfluss abgeben und gar nicht wissen, dass sie diesen Einfluss hatten. Auf der anderen Seite kommt es auch darauf an, wer diese Macht von den Menschen bekommt. Es gibt eine gute Art mit Macht umzugehen aber auch viele falsche Arten mit Macht umzugehen. Die meisten Menschen sind meiner Meinung nach nicht in der Lage Macht zu bekommen, ohne davon charakterlich zerstört zu werden. z.B. schenken wir einem 14-jährigen der kein Auto fahren kann keinen Ferrari, weil er mit der Macht einfach nur Caos anrichten würde, und das ohne böse Absichten. Genauso denke ich, dass nur Menschen, die schon die zerstörerische Kraft von Machtmissbrauch erlebt haben, überhaupt ein Gespür dafür haben, was sie mit Macht anrichten können. Ein Mensch, der von der Macht immer profitiert hat, und nie unter ihr gelitten hat, hat überhaupt keine Möglichkeit zu verstehen was er damit anrichten kann. Damit will ich sagen, dass Machtmissbrauch oft vollkommen unbeabsichtigt passiert, wesentlich schlimmer ist es aber natürlich, wenn die Menschen es auch noch absichtlich machen.

    Ich denke die christliche Gemeindestrukturen sind ziemlich unnatürlich. Wenn Beziehungen natürlich entstehen gibt es selten Probleme mit Macht und Machtmissbrauch. Vertrauen entsteht natürlich wenn man Menschen für vertrauenswürdig hält und wenn man bemerkt, dass gewisse Menschen eine gewisse Lebensweisheit haben, aber wenigstens in meiner Gemeindeerfahrung waren nicht diejenigen Leiter, denen alle Menschen vertrauten bzw. diejenigen die weise wahren, sondern diejenigen die am machthungrigsten waren und am besten manipulieren konnten. Dies kommt davon, dass die Gemeindestruktur so aufgebaut ist, dass genau diese Menschen am leichtesten in Machpositionen kommen können. Jesus stellte sich aber eine andere Art Gemeinschaft vor, wo diejenigen die Leiter sein sollten, die sich für die Gemeinde hingeben, genauso wie Jesus (Mat.20,26-28). Außerdem denke ich, dass man einen guten Leiter daran erkennt, dass er kein Problem hat die Macht abzugeben, denn er benutzt die Macht nicht für sich, sondern für die Menschen, die ihm natürlich vertrauen. Jemand der an seiner Macht festhalten will ist meiner Meinung nach jemand, dem man keine Macht anvertrauen darf. Mat. 16,25 kann man meiner Meinung nach auch sehr gut auf Macht anwenden. Wer Macht haben will, dem sollte keine Macht gegeben werden, wer Macht abgeben will dem kann man Macht anvertrauen. Dabei ist auch darauf zu achten, dass sich auch Menschen verändern und das deshalb ein dynamischer Prozess sein muss.

    Damit will ich auf „Herr der Ringe“ zu sprechen kommen. Ich denke dort wird ganz deutlich wie man mit Macht letztendlich umgehen sollte. Das einzig „Gute“ was man wirklich mit Macht (dem Ring der Macht) tun kann ist Macht in dem Schicksalsberg zu vernichten. Ich denke dieses Prinzip zeigt uns Jesus auch an seinem Schicksalsberg. Statt Legionen von Engeln zu rufen und Macht gegen die religiösen Führer und gegen die Römer zu benutzen verwendet er keine Macht, sondern gibt sie auf, aber gerade dadurch erhält er von Gott den Namen, der über alle Namen ist (Phil. 2). Gerade weil Jesus der Versuchung widersteht Macht zu benutzen ist er würdig über uns zu „Herrschen“, denn er wird das nie durch Macht tun, sondern immer nur durch Liebe. Ich persönlich denke über Gott nicht mehr in Begriffen wie Macht, oder gar Allmacht, ich denke das sind eher unsere menschlichen Projektionen auf Gott.

    Ich unterschiede gerne zwischen zwei schlechten und zwei guten Arten von „Macht“. Das klassische Verständnis von Macht ist für mich negativ behaftet und hat mit der Idee zu tun seinen Willen durchzusetzen. Dazu kommt noch eine andere Art von negativer Macht, nämlich die Macht zu manipulieren, die ist auch eine Form des Durchsetzens, aber oft viel versteckter, sowohl für die Täter selbst, als auch für die Opfer. Aber ich glaube es gibt auch zwei gute Arten von „Macht“, nämlich die Macht der Liebe und die Macht von Einfluss. Liebe würde ich als den Gegensatz zu der klassischen Macht sehen, denn bei der Liebe geht es nicht darum sich durchzusetzen, sondern es geht darum sich hinzugeben. Aber diese Art der Macht ist meiner Meinung nach nicht weniger mächtig, sie ist uns nur weniger geläufig und wir vertrauen ihr nicht so sehr wie der Macht sich durchzusetzen. In diesem Sinn könnte ich dann auch wieder von Gott als allmächtig sprechen, aber nicht in der Macht sich durchzusetzen, sondern in der Macht der Liebe, also in der Macht sich hinzugeben. Wenn es stimmt, dass Gott vollkommene Liebe ist, dann ist er allmächtig in der Macht der Liebe. Ich denke Gott benutzt außerdem auch die Macht von Einfluss. Aber da kommt es darauf an, wie man Einfluss definiert. Ich würde Einfluss als Gegensatz zu Manipulation sehen. Einfluss hat jemand, wenn andere ihm Vertrauen entgegenbringen und er Weisheit vermitteln kann. Menschen mit Einfluss geben Ratschläge aber lassen andere selbstständig Entscheidungen treffen im Gegensatz zu denen, die manipulieren. Ich hoffe ihr versteht was ich meine. Vielleicht fällt euch auch ein besseres Wort dazu ein, wenn ihr meint, dass Einfluss nicht passt.

    Jemand der mit Macht gesund umgeht hortet keine Macht, sondern gibt sie an andere ab und er sorgt dafür, dass sozusagen ein Kreislauf der Mach entsteht und nicht ein Mensch immer mächtiger wird. Außerdem reflektiert er immer wieder darüber wie er Macht einsetzt und fragt andere wie sie seinen Umgang mit der Macht bewerten würden, denn er ist sich bewusst was für zerstörerische Folgen Machtmissbrauch für seinen eigenen Charakter aber auch besonders für andere Menschen haben kann. Ich persönlich kenne ein paar Leute, die das versuchen authentisch auszuleben, aber die meisten Menschen in Machtpositionen, die ich kenne, sind sich der Machtdynamiken nicht mal ansatzweise bewusst und früher oder später richten sie enormen Schaden an, ohne überhaupt zu wissen wo sie etwas falsch gemacht haben.

    Beim Thema Macht im zwischenmenschlichen Bereich ist es meiner Meinung nach wenig hilfreich sofort Gott oder Satan in die Gleichung mit Aufzunehmen. Denn was der eine Gott zuschreibt, kann der andere ohne Probleme Satan zuschreiben. Gott und Satan werden als Argument benutzt, um entweder selbst keine Verantwortung zu übernehmen, andere Menschen passiv zu machen, oder aber andere gegen etwas oder jemanden aufzuhetzen. Ich glaube da ist es besser sich wirklich die Auswirkungen anzuschauen, statt mit Gott oder Satan zu argumentieren. Ich glaube außerdem wie Jay, dass es keinen persönlichen Satan gibt, sondern Satan mehr ein Prinzip ist. Aber gerade deshalb glaube ich, dass besonders in Machtfragen das satanische Prinzip oft sehr lebendig wird (im Sinne von René Girard – Mimetische Begierde und der Sündenbockmechanismus).

    Das wäre es erst mal von mir. Zu dem Thema gibt es aber noch so viel zu sagen, da weiß man gar nicht wo man anfangen und wo man aufhören soll. Wer gut englisch kann könnte sich auch mal beim Podcast „Almost Heretical“ die Episoden 11-14 anhören, die drehen sich auch um Macht und sind meiner Meinung nach sehr gut.

    Liebe Grüße
    Otniel

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