#113 Queere ChristInnen und die Gemeinden (mit Timo Platte)

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Außerdem empfiehlt Jay in dieser Folge den Film ‚The Miseducation of Cameron Post‘.

Wer sich weiter mit dem Thema beschĂ€ftigen möchte, dem empfehlen wir das Buch von Valeria Hinck ‚Streitfall Liebe‘.

48 Kommentare zu „#113 Queere ChristInnen und die Gemeinden (mit Timo Platte)“

  1. „es ist treu einer bestimmten Perspektive auf die Bibel“(Jay)
    Boehnhoffer: nicht nur das Wort geben, sondern das Ohr leihen, zuhören statt reden. Halleluhjah!

    Leider wird das halt verdreht, dass die Welt den Christen nicht mehr zuhören wĂŒrde..

    1. Weil’s so geil war, hier noch mal das Bonhoeffer Zitat im Wortlaut:

      Wie die Liebe zu Gott damit beginnt, daß wir sein Wort
      hören, so ist es der Anfang der Liebe zum Bruder, daß
      wir lernen, auf ihn zu hören. Es ist Gottes Liebe zu uns, daß er
      uns nicht nur sein Wort gibt, sondern uns auch sein Ohr leiht.
      So ist es sein Werk, daß wir an unserem Bruder tun, wenn wir
      lernen, ihm zuzuhören. Christen, besonders Prediger, meinen
      so oft, sie mĂŒĂŸten immer, wenn sie mit andern Menschen zusammen
      sind, etwas »bieten«, das sei ihr einziger Dienst. Sie
      vergessen, daß Zuhören ein grĂ¶ĂŸerer Dienst sein kann als Reden.
      Viele Menschen suchen ein Ohr, das ihnen zuhört, und sie
      finden es unter den Christen nicht, weil diese auch dort reden,
      wo sie hören sollten. Wer aber seinem Bruder nicht mehr
      zuhören kann, der wird auch bald Gott nicht mehr zuhören,
      sondern er wird auch vor Gott immer nur reden. Hier fÀngt der
      Tod des geistlichen Lebens an, und zuletzt bleibt nur noch das
      geistliche GeschwÀtz, die pfÀffische Herablassung, die in frommen
      Worten erstickt. Wer nicht lange und geduldig zuhören
      kann, der wird am Andern immer vorbeireden und es selbst
      schließlich gar nicht mehr merken. Wer meint, seine Zeit sei zu
      kostbar, als daß er sie mit Zuhören verbringen dĂŒrfte, der wird
      nie wirklich Zeit haben fĂŒr Gott und den Bruder, sondern nur
      immer fĂŒr sich selbst, fĂŒr seine eigenen Worte und PlĂ€ne.

      Dietrich Bonhoeffer
      Quelle:
      Gemeinsames Leben/Das Gebetbuch der Bibel, DBW Band 5, Seite 82 f

  2. Jetzt stellen Gofi und Jay die offensichtlichen Fragen: (wie das bei uns hetero so ist mit angucken ect, schlechtes Gewissen) und Timo stellt dazu auch etwas fest,
    Aber das bringt mich auf die Frage: (bin erst bei 15:39).
    Ist es von der Gotteslehre denn ein Unterschied, ob ich Situativ (Frau hinterherschaue) oder ob ich GrundsÀtzlich Gleichgeschlechtig empfinde?

  3. Ich bin Jugendreferent einer ev. Kirchengemeinde und habe selbst vor drei Jahren erst nach einem Coming-Out eines meiner Jugendlichen eine theologische Reflexion begonnen und zu einer neuen Meinung und Haltung gefunden. Ergebnis war die Aussöhnung mit diesem Jugendlichen, der mich doch tatsÀchlich vorher als Schwulenhasser gesehen hatte, weil er einst im Konfirmandenunterricht eine flapsig und ironische gemeinte Bemerkung von mir völlig ernst genommen hat. Ich hab mich geschÀmt, dass ich so falsch verstanden worden war und hab mich grundlegend mit der Thematik beschÀftigt. Zu lange hatte ich gar keine klare Haltung, sondern die Frage offen gelassen.
    Dann habe ich meinen theologischen Prozess in zusammengefasst und fĂŒr Jugendliche auf meiner Sommerfreizeit als Seminar aufgearbeitet und fĂŒr viele zu einer Befreiung ihres Vorbehalts gegenĂŒber dem Christentum helfen können.
    Und ich habe auf dem Freakstock das erste Seminar dazu halten dĂŒrfen – mit enormen kontroversen Reaktionen, die natĂŒrlich zu erwarten waren aber auch mir gezeigt haben, dass das Thema brisant und absolut dran ist.

    Hier mein Thesenpapier, dass ich damals austeilte:

    Kann denn Liebe SĂŒnde sein?
    Meine Thesen zum Thema HomosexualitÀt:
    – Bekenne die Schuld jahrhundertelanger Verfolgung und Diskriminierung
    – NĂ€here dich dem Thema unter dem Vorzeichen, dass dein eigenes Kind schwul sei
    – Suche das GesprĂ€ch zu Betroffenen, um Empathie fĂŒr die noch immer Benachteiligten zu gewinnen
    – Lese die Bibel und Literatur genau, forsche nach und lege die Brille der WortglĂ€ubigkeit ab
    – Lege die Bibel von der Mitte der Schrift her aus: Jesus Christus und dem Liebesgebot
    – Gewinne eine neue Meinung und Haltung und zeige sie.
    – Trete fĂŒr die Gleichberechtigung und volle Akzeptanz von Schwulen und Lesben ein

    Literaturempfehlungen:
    Carsten „Storch“ Schmelzer – HomosexualitĂ€t, erhĂ€ltlich im Kultshop, http://www.kultshop.de

    Valeria Hink – Streitfall Liebe, erhĂ€ltlich im Buchhandel oder unter http://www.streitfall-liebe.de

    Wolfgang Stegemann – Keine ewige Wahrheit in „Was auf dem Spiel steht“ – DiskussionsbeitrĂ€ge zu HomosexualitĂ€t und Kirche, erhĂ€ltlich antiquarisch http://www.zvab.de

    In den Medien:
    Ein sehr genialer zusammengestellter Medienpool und Fundus ist auf David JĂ€ggis Blog zu finden:
    http://sola-scriptura.ch/schwule-medienpool/

    Eine gute Adresse fĂŒr die Debatte im kirchlichen Raum ist die Initiative Homosexuelle und Kirche HuK: http://www.huk.org

    MDR Dokumentation: „Mein Gott, ich bin homosexuell“ https://www.youtube.com/watch?v=2yKMEPsjfsY

    NDR Dokumentation: „Die Schwulenheiler“
    http://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama_die_reporter/Die-Schwulenheiler,panorama5608.html

    1. Hallo Matthias, starke Geschichte und schöne Thesen. Und durch deine Links werde ich mich mal klicken.
      Nur, kann ich einfach mal sagen, wie diese Thesen auf mich wirken wĂŒrden, wenn ich „bibeltreu“ wĂ€re? Ist nicht böse gemeint, es ist mir nur beim Lesen aufgefallen, so vom Tonfall und der Wortwahl her.

      „Kann denn Liebe SĂŒnde sein?“ – Da könnte man antworten: Ja, denn wenn man alles gut heißen wĂŒrde, nur weil man es mit Liebe begrĂŒndet, dĂŒrfte man keine sexuelle Handlung – egal, welche – SĂŒnde nennen. (Ich möchte die konkreten Beispiele, die kommen wĂŒrden, hier nicht nennen.)
      „Bekenne die Schuld jahrhundertelanger Verfolgung und Diskriminierung“ – Da könnte man antworten: Hey, was meinst du? Es wurde sich immerhin klar auf die Seite der Bibel gestellt und die sagt halt, das es SĂŒnde sei. Mach nicht mich zu dem Schuldigen, ich stehe auf Gottes Seite.
      „NĂ€here dich unter dem Vorzeichen, dass dein eigenes Kind schwul ist.“ Da könnte man sagen: Ja, stimmt, das kann passieren. Das wĂ€re auch sehr schlimm. Da mĂŒssten wir sehen, wie wir das wieder hin bekommen. Trotzdem wĂŒrde das eigene Kind nicht ĂŒber der Bibel stehen.
      „Suche das GesprĂ€ch mit Betroffenen.“ – Da könnte man sagen: Ja, wir sollten versuchen, ihnen zu helfen. (Und ich glaube, du weißt, was mich mit „helfen“ meine.)
      „Lege die Brille der WortglĂ€ubigkeit ab“ – Da könnte man sagen: Die Bibel ist Gottes Wort und als Solches mĂŒssen wir sie auch lesen.
      Die letzten Beiden: Da könnte man sagen: Du willst mir sagen, dass alles, was ich bisher gedacht habe, falsch ist und ich deine Meinung ĂŒbernehmen soll, die nichts mit der Bibel zu tun hat?

      Hoffe, es ist ok, dass ich das geschrieben habe? Nur lieb gemeint, weil so, wie ich dich verstanden habe, willst du die Leute gewinnen, oder?
      Liebe GrĂŒĂŸe!

      1. @Bithya (und auch Matthias): Das sehe ich Ă€hnlich wie Bithya. Auch die „Gegenargumente“ kann ich sehr gut nachvollziehen.

        Klar kann liebe SĂŒnde sein, nĂ€mlich wenn der (geliebte) Mensch zum Gott gemacht wird (das ist ja die Problematik bei Paulus im Römerbrief, dass der Mensch mit Gott vertauscht wird, woraus dann auch diese sexuellen Laster in seinem Lasterkatalog hervorgehen). Das passiert aber in heterosexuellen Beziehungen genauso und hat nichts mit der sexuellen Orientierung zu tun. Aber das begreifen viele nicht. FĂŒr die lĂ€uft die Argumentation umgekehrt wie bei Paulus: die anderen sind nicht hetero und die Ursache dafĂŒr muss sein, dass sie sich an Gottes Stelle gesetzt haben.

        Bei dem Schuldbekennen wĂŒrde ich zurĂŒckfragen, weshalb gerade ich die Schuld meiner Vorfahren bekennen soll…

        Ich habe vielfach gehört (und erlebe es selbst im eigenen Umfeld), dass das Argument mit dem eigenen Kind nicht zieht. Denn fĂŒr Eltern, die es „wirklich ernst meinen mit Gott“, ist es zwar ein riesen Konflikt und sie leiden darunter, aber sie wĂŒrden niemals ihr Kind „ĂŒber Gott und sein Wort stellen“. Und sie begreifen nicht, dass ihr „Vorbild“ Abraham, der im Gehorsam gegenĂŒber Gott sein Kind zu opfern bereit war, von Gott gezeigt bekam: Barmherzigkeit will ich, NICHT Opfer (@Jay: Danke vielmals fĂŒr die Isaak-Predigt, die hat mir in dieser Frage nochmal ein ganz wichtiges StĂŒck weitergeholfen!!)

        Die Formulierung „Brille der WortglĂ€ubigkeit“ stĂ¶ĂŸt wahrscheinlich auch eher ab, als dass sie zum Nachdenken anregt… (oder sie fĂŒhrt dann zu so GegenschlĂ€gen wie bei Markus Till, der jetzt Artikel ĂŒber die „Brille(n) der Theologen“ schreibt)

        Ich bin auch recht ratlos, wie man denn in geeignetem Ton und mit richtigen, guten und hilfreichen Worten denen begegnen kann, die Gott und sein Wort so ernst nehmen (wollen), aber ihre Mitmenschen nicht – nicht mal ihre Kinder.

      2. Ich sehe das Ă€hnlich. Leider muss man mit Bibeltreuen (wie ich selbst auch sozialisiert wurde und lange in diesem „Geist“ gelebt habe) hĂ€ufig anders kommunizieren. Ich hatte jedenfalls so gut wie keine konstruktive, ergebnisoffene Streitkultur er- und gelebt. Das bestĂ€tigen mir auch andere.
        Durch diesen Umstand muss anders formuliert werden, sonst wird es als Vorwurf aufgenommen oder eine Art Beliebigkeit zurĂŒck gespiegelt.
        Aber selbst dann, hab ich wenig Hoffnung. Wer sich nicht interessieren will, kann nicht gezwungen werden. Dass Bibeltreue sich dadurch selbst ihrer geistigen und geistlichen Entwicklung berauben, ahnen sie freilich nicht.

  4. @Matthias und alle.
    GrundsĂ€tzlich die Bibel fĂŒr andere zu lesen ist fĂŒr mich heute schon der Tot im TopF!
    Wessen Stimme wollen wir sein? Gottes? Sicher nicht!
    Aber auch im Talk kam am Rande vor, was mich etwas zurĂŒck schreckt.
    Denn ob hetero oder homo,….
    Jede Zeit hat einen Anstand. Und im öffentl. Schwimmbad hab ich ĂŒber einen Kuss hinaus
    auch etwas Probleme bei der Paarzeigung!
    WofĂŒr man (ich meine in Deutschland bis 1970) bestraft wird mit GefĂ€ngnis, ist mir bei Homosexuellen nicht klar!

  5. Die persönliche Einstellung steht und fĂ€llt mit der Bibelinterpretation. Daher glauben „Homo-Gegner“ schlichtweg der Bibel zu gehorchen, was per se stimmen mag. Das setzt voraus, dass sie von „ihrer“ Bibelinterpretation ĂŒberzeugt sind. Sie argumentieren, dass die Sicht ihres BibelverstĂ€ndnisses Wort und Willen Gottes sei. Vor diesem Hintergrund, ist es nachzuvollziehen, HomosexualitĂ€t als „SĂŒnde“ einzustufen, von der man nicht einfach guten Gewissens abrĂŒcken könne.
    Die Herausforderung fĂ€ngt dort an, wo Christen auf einer ganz bestimmten Bibelinterpretation beharren und etwaige neuere theologische Erkenntnisse einer endzeitlichen Entwicklung bzw. eines göttlichen Abfalls zuordnen. Derart destruktive Einstellungen wĂ€ren prinzipiell zu akzeptieren, wĂŒrden deren Verfechter ebenso andere wissenschaftliche Erkenntnisse als Ergebnis des Zeitgeistes ignorieren, bspw. konkret das Nutzen eines Automobils, Flugzeugs oder Medikamente, etc.
    Aber was red‘ ich …

    1. Ich weiß nicht… denn auch mit fundamentalistischem BibelverstĂ€ndnis könnte man verstehen, oder sehen, wie lieblos dieses Verhalten ist und es ist nicht besonders schwer, die Stellen, die herangezogen werden, zu entkrĂ€ften. Ich glaube, diejenigen, die so verbittert dagegen sind, wĂ€ren es auch, wenn sie keine Christen wĂ€ren. Ich glaube, viele benutzen einfach die Bibel, um ihre Meinung zu begrĂŒnden. Wahrscheinlich nicht mal bewusst. Aber es hĂ€ngt ja noch ein ganzer Rattenschwanz daran: Das Gottesbild, das Menschenbild, ein bestimmtes VerstĂ€ndnis von Ursache und Wirkung, und und und…

  6. Gern möchte ich euch hier einen Text zum Thema „Christsein und HomosexualitĂ€t“ weitergeben, der mich sehr bewegt hat der es meiner Meinung nach wert ist, hier gepostet zu werden:

    Ein Appell
    Veröffentlicht am 17. Mai 2016 von Markus

    Heute ist der Internationale Tag gegen Homophobie, Transphobie und Biphobie. Ich glaube, Homophobie im engeren Wortsinne ist mir bisher noch nicht begegnet, zumindest nicht unter Christen. Aber Frieden ist mehr als die Abwesenheit von Angst und Hass. Deshalb möchte ich mich heute direkt an alle Christen wenden, die gleichgeschlechtliche Beziehungen ablehnen, weil sie ĂŒberzeugt sind, dass sie nicht mit der Bibel vereinbar sind.

    Ihr wollt nicht homophob genannt werden. Zurecht, denn es geht euch nicht um Angst und Hass, ihr seid entschieden gegen Gewalt und wollt auch nicht den § 175 wieder einfĂŒhren. Ihr seid tolerant und gesteht anderen Menschen zu, selbst zu entscheiden, wie sie ihr leben fĂŒhren wollen, auch in der Öffentlichkeit.

    Es ist euer selbstverstĂ€ndliches Recht, eure Meinung, eure Überzeugung zu Ă€ußern, zu eurer Ablehnung gleichgeschlechtlicher Beziehungen zu stehen, privat, in der Gemeinde und in der Öffentlichkeit. Aber gleichzeitig hat eure Überzeugung Konsequenzen, eure Worte und Taten haben Folgen, vor denen ihr die Augen nicht verschließen dĂŒrft.

    Eure Überzeugung liefert das Brennmaterial fĂŒr die Brandstifter in unserer Gesellschaft. Sie dient Homophoben als Rechtfertigung, sie ist der moralische NĂ€hrboden, den auch die Saat des Hasses und der Gewalt zum Wachsen braucht.

    Eure Überzeugung wĂŒrdigt Menschen herab. Die sexuelle IdentitĂ€t ist kein AnhĂ€ngsel, das sich abschneiden lĂ€sst, keine Mode, die geĂ€ndert werden kann. Sie ist integraler Teil der Persönlichkeit. Ihr lehnt keine Beziehungsmodelle oder Lebensstile ab, ihr lehnt Menschen ab.

    Eure Überzeugung verlĂ€stert den Dienst der Christen. Ihr lasst Gott als engherzig und lieblos erscheinen, als einen Gott, der an Einhaltung von Regeln mehr interessiert ist als am Wohl und am Heil der Menschen. Ihr schreckt Menschen von Jesus ab und verschließt ihnen den Himmel.

    Eure Überzeugung stĂŒrzt Menschen in Leid und Verzweiflung. Sie fĂŒhrt zu einem unauflöslichen Dilemma, das nicht selten ernsthafte psychische oder körperliche Probleme zur Folge hat, und im Extremfall treibt sie Menschen dazu, ihrem Leben ein Ende zu setzen.

    Als Christen steht ihr in der Verantwortung, die Folgen eurer Worte und eurer Taten zu bedenken. Auch die Nachfolge Jesu und die Treue zur Bibel entbindet euch nicht von dieser Verantwortung. Ich bitte euch deshalb: Informiert euch aus verschiedenen, unabhĂ€ngigen Quellen. Hinterfragt eure Überzeugungen und lasst euch von anderen hinterfragen. Rechnet bei der Auslegung der Bibel mit eurer Fehlbarkeit und mit der Fehlbarkeit eurer geistlichen Vorbilder. Und ganz besonders: Nehmt das Leid der Menschen wahr und ernst. Sucht nicht nach Rechtfertigungen fĂŒr dieses Leid, sondern sucht nach Wegen und Möglichkeiten, dieses Leid zu lindern oder zu beenden.

    Ich weiß, eure Absichten sind nicht böse. Aber eure Überzeugungen haben böse Konsequenzen, eure Worte und Taten haben Böses zur Folge. Wendet euch ab von diesem Weg des Bösen und sucht von ganzem Herzen und mit all eurer Kraft nach neuen Wegen, nach Wegen der NĂ€chstenliebe und des Heils, auch fĂŒr Schwule und Lesben, fĂŒr Bi- und Transsexuelle. Gott wird euch diese Wege finden lassen.

    Danke.

    1. Danke Gaby, fĂŒr dieses Zitat von Markus – den ich persönlich kenne und schĂ€tze – und dem ich nichts hinzufĂŒgen möchte. Danke, Markus, fĂŒr deine Zeilen. Worte, die mir aus der Seele sprechen.

  7. Es ist vielleicht interessant in dem Rahmen sich mal die methodistische Kirche (UMC / EMK) anzuschauen.
    In der methodistischen Kirch ist zur Zeit ein Prozess im Gange, der möglciherweise zu einer Spaltung oder Neuordnung der Kirche fĂŒhrt, wo es genau um die Frage geht, wie mit der Ehe von Homosexuellen als Kirche umgegangen wird.
    Ich kann mir vorstellen, dass es den ein oder anderen interessiert, wie eine Weltkirche mit den ganz vielen verschiedenen Meinungen versucht umzugehen. Im Februar findet dazu eine weltweite Konferenz statt, in der darĂŒber diskutiert wird, was das fĂŒr die Umstrukturierung dieser Kirche bedeutet. Es gibt verschiedenen Möglichkeiten von Einheit in Vielfalt, bis zur Spaltung in verschiedene Kirchen / Konferenzen.

  8. ..was bei dem Talk nicht so deutlich geworden ist, mir aber erwĂ€hnenswert erscheint ist, dass die nicht genannte Verlage das Buch gerade deshalb als ein solch heißes Eisen angesehen haben, weil es eben kein theologisches Buch ist, sondern persönliche Geschichten von Betroffenen enthĂ€lt….. haben die dortigen Verantwortlichen den Bonhoeffer Text eigentlich auch gelesen?

    1. Bonhoeffer hĂ€tte denen schon gezeigt, wo der Hammer hĂ€ngt, meinst du? 🙂

      Ich konnte ihn nicht fragen, ob er damit einverstanden ist, dass seine Gedanken unserem Buch vorangestellt sind. Aber ich bin mir ziemlich sicher, er hĂ€tte nichts dagegen gehabt und sich sehr intensiv mit den Menschen auseinandergesetzt. Ich werde die Abdruckgenehmigung auf jeden Fall eines Tages nachholen 🙂

  9. Vielen herzlichen Dank fĂŒr eure Arbeit, den Mut zur Ehrlichkeit und Wahrhaftigkeit.
    FĂŒr die Annahme der eigenen IdentitĂ€t bleibt in unserer Gesellschaft wenig Raum und meines Eindrucks nach schreitet eine gefĂ€hrliche, perspektivische Zentrierung voran: Wir sprechen heute in Bezug auf IdentitĂ€t ĂŒberwiegend von beruflicher Ausrichtung und Lebensvorstellung – Weltanschauung und SexualitĂ€t werden oftmals unter den Teppich gekehrt, als zweitrangig dargestellt, obwohl wir aus beiden Kraft schöpfen können, diese in weltliche Hingabe (Beruf, AktivitĂ€t etc.) umsetzen und im Einsatz unserer Selbst so wieder ruhen – in einer vollstĂ€ndig akzeptierten IdentitĂ€t (von „vollstĂ€ndiger“ IdentitĂ€t zu sprechen wĂŒrde der stetigen Entwicklung nicht gerecht).
    Persönlich kann ich in Bezug auf das Thema natĂŒrliche IdentitĂ€t, natĂŒrliche Körperwahrnehmung und Annahme die Autobiographie „Blaue Augen bleiben blau“ von Balian Buschbaum empfehlen – einem Menschen, der auf die energischste Art und Weise ( hochleistungssportlicher Stabhochsprung) versucht hat, die Fremdheit im eigenen Körper zu kompensieren. Auf eine unvergleichlich offenherzige, wie tiefgrĂŒndige Weise berichtet er von seinen persönlichen, sowie beziehungsgebundenen Erfahrungen bis hin zur Lebenswende nach Beendigung der sportlichen Karriere und der darauf folgenden operativen geschlechtlichen Angleichung.
    Auf direktem Weg findet ihr auch ein Interview bei Quarks & Co. …
    Ich wĂŒnsche euch, dass ihr den unendlich großen Erfahrungraum bei Gott entdeckt und euch persönlich fĂŒr eure IdentitĂ€t einsetzt.
    LG,
    Rebekka

  10. Hallo,

    bevor ich meine Gedanken schreibe oute ich mich mal 😉 Ich bin einer von den Konservativen.
    GrundsĂ€tzlich glaube ich, dass es bei dem Thema gar nicht so ausschlaggebend ist, ob man eine konservative oder progressive Sichtweise hat. Es kommt eher darauf an, ob man eine gewisse Weite und Offenheit hat, oder die Dinge Eng sieht, ob man felsenfest von seiner Meinung ĂŒberzeugt ist, oder ob auch etwas anderes richtig sein könnte.
    Ich sehe die Bibelstellen zu dem Thema allerdings etwas anders. Unstrittig ist ja erstmal, dass HomosexualitĂ€t kein Breites Thema in der Bibel ist. Aber das es gar nicht vorkommt lĂ€sst sich auch nicht so einfach sagen. Also die „Hoffnung fĂŒr Alle“ ĂŒbersetzt nicht Aufgrund einer bestimmten Haltung der Übersetzer, sondern weil das Wort schwierig ist. Weil „malakoi“ klar in die Richtung von „Lustknaben“ geht wird „arsenokoitai“ oft mit KnabenschĂ€nder ĂŒbersetzt. Kann man machen, muss man aber nicht. DafĂŒr gab es zum Beispiel das eher zutreffende Wort „paidophtoros“ Paulus hat mit „arsenokoitai“ wohl ein eigenes Wort gebildet. Warum? Vielleicht, weil er eben allgemein von HomosexualitĂ€t sprechen wollte, oder weil er von dem Thema keine Ahnung hatte? Das bleibt umstritten. Also zu behaupten, dass es definitiv kein Wort fĂŒr „HomosexualitĂ€t“ in der Antike gab ist so nicht unbedingt richtig. Wen das interessiert kann sich ja mal den Artikel auf der Seite der Bibelgesellschaft durchlesen, das ist also kein konservativ-evangelikale Fragestellung, sondern eine, die auch in der Modernen universitĂ€ren Theologie nicht bis ins letzte geklĂ€rt ist.
    An der Stelle möchte ich auch noch mal den Talk mit Mickey Wiese kritisieren. Er ging ja stark in die Richtung, dass es weitestgehend bei den Stellen um Tempelprostitution ging (wenn ich mich richtig erinnere). Das ist so aber nicht haltbar. Wen das interessiert kann sich ja mal mit den Arbeiten der Althistorikerin Prof. Dr. Tanja Scheer beschĂ€ftigen, die auf diesem Gebiet geforscht hat: „Tempelprostitution im Altertum. Fakten und Fiktionen“
    Ich möchte mit diesen AusfĂŒhrungen nicht gegen HomosexualitĂ€t sprechen. Aber was ich damit sagen möchte ist, dass der Umgang mit den bekannten Bibelstellen nicht so einfach ist, wie das mitunter gesagt wird, und damit meine ich BefĂŒrworter und Gegner.
    Aber gerade weil der Umgang mit den Stellen nicht einfach ist und sie sich in verschiedene Richtungen deuten lassen hĂ€tte ich keine Probleme mit Schwulen und Lesben in der Gemeinde, auch nicht in der Mitarbeit, weil man fĂŒr sich selbst die Antwort finden muss. Und ich möchte nicht aufgrund von Bibelstellen, die relevant sein könnten oder auch nicht so tiefgreifend in das Leben von Menschen eingreifen.
    Vielleicht kann ich deswegen nur sagen, was ich nicht bin, weder BefĂŒrworter noch Gegner, aber ganz klar jemand, der sich fĂŒr die Menschen einsetzt und das beinhaltet auch Schwule und Lesben. Und das sage ich nicht nur so, das Thema hĂ€tte mir schon fast den Job gekostet.

    LG Daniel

    P.S. Mir hat der Talk gut gefallen, auch wenn ich nicht mit allem Übereinstimme. Aber gerade weil sich viele Menschen durch ihre Lieblosigkeit versĂŒndigen und Leben zerstören ist es so wichtig darĂŒber zu reden.

    1. Zu der Übersetzung der HfA (und ich glaube auch, die „Neues Leben“ Bibel ĂŒbersetzt so) von „arsenokoitai“: Ich glaube schon, dass es aufgrund einer bestimmten Haltung so ĂŒbersetzt ist, denn man hĂ€tte es sich (trotz der Schwierigkeit dieses Wortes) leicht machen können und den griechischen Text wörtlich ĂŒbersetzen können mit „MĂ€nner die bei MĂ€nnern liegen“ oder „MĂ€nner, die mit MĂ€nnern Verkehr haben“ – damit bleibt man dem Text treu (und möglicherweise auch der Unklarheit des Begriffs) und lĂ€uft auch nicht Gefahr, etwas in das Wort hineinzuinterpretieren, was da nicht steht. Das griechische Wort sagt nichts ĂŒber die sexuelle Orientierung dieser MĂ€nner aus, sondern fokussiert die sexuelle Handlung (und ich bin der Meinung, dass hier heterosexuelle MĂ€nner gemeint sind, die „den natĂŒrlichen Verkehr mit dem unnatĂŒrlichen vertauscht“ haben). Übersetzt man das aber mit „Homosexuelle“, ist automatisch damit die sexuelle Orientierung gemeint, und das gibt das griechische Wort erstmal nicht her.

      1. …und noch ein Punkt, der dafĂŒr spricht, dass die HfA-Übersetzer entweder unsauber gearbeitet oder ihre eigenen Ansichten in den Text projiziert haben ist, dass der Begriff „Homosexuelle“ auch lesbische Frauen einbezieht, das „arsenokoitai“ aber nur MĂ€nner bezeichnet.

        1. Das hat nicht mit „unsauberen Arbeiten“ oder Projektion zu tun, sondern ist dem Ansatz einer kommunikativen Übersetzung geschuldet, der konsequent beiderlei Geschlechter anredet. Eigentlich doch eine gute Sache oder?

          1. Ja, eigentlich eine gute Sache. Aber in diesem Fall hat es aus meiner Sicht etwas mit unsauberem Arbeiten zu tun, weil es da ziemlich wichtig ist, ob es nur um MĂ€nner geht (und um welche Arten von MĂ€nnern!) oder auch um Frauen. Auch wenn es konsequent erscheint, einfach alle Stellen inklusiv zu machen, zeigt doch gerade diese Stelle, wie wichtig es ist, differenziert zu untersuchen und ggf. auch bewusst nicht inklusiv zu ĂŒbersetzen, auch wenn das inkonsequent erscheinen mag (und wahrscheinlich auch ziemlich mĂŒhselig ist).

      2. NatĂŒrlich hat jeder BibelĂŒbersetzer seine ideologische Brille, aber hier ist es einfach so, dass das Wort schwierig ist. “MĂ€nner die bei MĂ€nnern liegen” ist ja auch nicht die wörtliche Übersetzung des Wortes, weil es auch MĂ€nner und Knaben bedeuten kann, also die Bedeutung, die andere Übersetzungen nehmen, z.B. Luther. Das Problem ist ja nicht nur, das ein unscharfes Wort ĂŒbersetzt wird, das es so nur bei Paulus gibt, sondern dass das Wort HomosexualitĂ€t auch unscharf ist. Es kann ja sexuelle Praxis und/oder IdentitĂ€t bedeuten. LĂ€sst man die IdentitĂ€t außen vor, wird die Übersetzung dem Wort eigentlich ganz gut gerecht, weil es eben jegliche gleichgeschlechtliche SexualitĂ€t bedeutet kann. Die ZĂŒrcher Bibel ĂŒbersetzt zum Beispiel mit „mit MĂ€nnern schlafen“, und die reformierte Kirche im Kanton ZĂŒrich, die hinter der ZĂŒrcher Bibel steht hat kein Problem mit Schwulen und Lesben.
        Deshalb ist ja mein Standpunkt, das diese Stellen weder in die eine, noch in die andere Richtung klar sind, und sich deshalb schwer eignen um daraus ein System zu formulieren.

        1. ja, das stimmt. Und bei den Knaben kĂ€me noch die Frage nach der Freiwilligkeit/Unfreiwilligkeit der sexuellen Handlung dazu, die in dem Wort „homosexuell“ auch nicht unbedingt mitverstanden wird (zumindest nicht aus heutiger Sicht).
          Manchmal denke ich gerade an solchen schwierigen Stellen mit Hapax legomena und vielfach interpretierbaren Begriffen, ob die Bibel nicht vielleicht doch wörtlich von Gott so eingegeben ist, eben damit wir uns KEIN System daraus machen können…

  11. Danke fĂŒr den intensiven Talk!

    Ich komme auch aus einer eher konservativen Ecke, habe aber das große GlĂŒck in einer Gemeinde zu sein, in der gerne und bedacht diskutiert wird. Einen Teil des Talks fand ich sehr interessant, als es um Einordnung der „SĂŒnde“ HomosexualitĂ€t ging.
    Auf einer Tagung hatte ich letztens eine intensive Diskussion mit einem „wieder geborenen Christen“ (ich selbst nenne mich so nicht mehr) ĂŒber die Mitarbeit von Schwulen und Lesben in der Gemeinde. Wir kamen ins GesprĂ€ch und ein Pfarrer aus einer weiteren Gemeinde kam dazu. Es fielen die ĂŒblichen Argumente, dass Gott nichts segnet was SĂŒnde ist und dass so auch keine Mitarbeit möglich sei. Der Wiedergeborene betonte aber, es ginge nicht darum Schwule auszugrenzen, sie seien willkommen (wahrscheinlich das Willkommen welches ihr im Talk meintet) , allerdings dĂŒrften die Schwulen ihre HomosexualitĂ€t nicht ausleben weil es SĂŒnde sei. Hier klinkte sich der Pfarrer ein und fragte den wC ob er nicht auch sĂŒndige. Er sagte doch. Und er bekenne diese, es sei niemand ohne SĂŒnde.
    Und genau an dem Punkt wollte ich mal fragen was ihr dazu meint. Jay und Gofi ihr sagt ja auch, dass man biblisch nicht sagen kann: „Meine SĂŒnden sind so SĂŒnden die jeder macht. Ich bekenne die dann schnell und mir wird vergeben. Aber die Schwulen..“. Vor Jahren habe ich das genau so gelebt. Aber das heißt ja, selbst wenn schwul sein SĂŒnde WÄRE.. die SĂŒnde wird klassifiziert. In AlltagssĂŒnden und eben schlimmeres wie Schwulsein. Woher kommt das? Mir ist nur bekannt dass es eine Reihenfolge in den Geboten gibt (Gott und der nĂ€chste zuerst, dann der Rest). Der Pfarrer fragte das ziemlich genau so und bemerkte auch, dass es durchaus viele Christen gibt, die ihre SexualitĂ€t als SĂŒnde bekennen, falls das nötig wĂ€re um akzeptiert zu sein. (Was meiner Meinung nach nicht nötig ist). Aber diese gibt es. Und sie dĂŒrfen trotzdem zt nicht mitarbeiten, oder fliegen raus wenn sie sich outen. Der Wiedergeborene konnte nicht beantworten warum diese schwulen Christen nicht unter den Segen oder in die Mitarbeit dĂŒrfen, obwohl sie selbst nach der eigenen Auslegung dieser Gemeinde gleichgestellt sind. FĂŒr ihn galten sie einfach weiter als die Opfer und irgendwie halt „sĂŒndiger“. Einem Mitglied aus einem bekannten Netzwerk (ihr wisst schon) , die bei uns in der NĂ€he Unterschriften sammelten, erzĂ€hlte ich die gleiche Geschichte. Er konnte es auch nicht beantworten, nur dass es in den Leitlinien verankert war und das eben glasklar so sei…
    Ich weiß nicht ob hier jemand ist der aus solchen Kreisen kommt und erklĂ€ren kann ob das nun ein Widerspruch ist oder nicht. Mein Modell von Vergebung sagt mir eben entweder alle oder keiner. Und nirgendwo in der Bibel steht etwas durch eine „GrundsĂŒnde“ die nicht alle betrifft.
    Ich treffe eigentlich nur Menschen die sagen dass es SĂŒnde ist oder eben nicht. BrĂ€uchte jemanden der mir erklĂ€rt warum der Stuhl bei Schwulen so wackelt obwohl sich laut Bibel gar kein Unterschied ergibt selbst wenn es SĂŒnde wĂ€re.

    Macht weiter so 🙂
    Jens

    1. Hallo Jens,
      dieses „SĂŒnden-Thema“ hat m. E. einen schwerwiegenden Haken: Dass wir Christen alles begnadete SĂŒnder sind, wird dir jeder in der noch so konservativsten Gemeinde bestĂ€tigen. Und dass ein sĂŒndfreies Leben dich nicht errettet, sondern allein die Vergebung durch Christus, ebenso. Denn da sitzen wir alle im gleichen Boot. Der Unterschied wird da gemacht, wo SĂŒnde nicht bekannt und dagegen angekĂ€mpft wird. Also dieses „in SĂŒnde leben“ ist der ausschlaggebende Punkt. Allerdings wird dabei nicht bedacht, dass es beim Thema sexuelle Orientierung nicht um einen sexuellen Akt geht, sondern deine ganze IdentitĂ€t als sexuelles Wesen davon betroffen ist. Dieses „Wir lieben SĂŒnder, hassen aber die SĂŒnde“ funktioniert in der Praxis nicht. Das wird ja im HossaTalk ziemlich deutlich. Du kommst aus der Nummer nur raus, wenn du dich von deinem Schöpfer genau so, wie du bist, angenommen und geliebt weißt – ohne Wenn und Aber; und die Liebe zwischen zwei gleichgeschlechtlichen Personen genauso heilig ist und als solche respektiert und geschĂ€tzt wird, wie die von verschieden geschlechtlichen Menschen.

      Das ist so, als wenn du ein Dieselauto hast, aber nur Benzin zum Tanken erlaubt wĂ€re. Ein Dieselauto zu besitzen, wĂŒrde ĂŒberhaupt keinen Sinn machen, da es eh nur in der Garage steht. Es aber mit Benzin zu betanken, wĂŒrde fatale Folgen haben …

    2. Hallo Jens,
      dieser Debattenkampf ist bei Menschen nicht zu gewinnen, die es “stets gut meinen“, aber sich mit der Thematik – sicherlich aufgrund ihrer ideologischen PrĂ€gung – nicht ergebnisoffen beschĂ€ftigen können. Prinzipiell wĂ€re es kein Problem, wĂ€re die Folgen solcher GlaubensĂŒberzeugungen fĂŒr Betroffene nicht psychisch und leider auch physisch zerstörerisch.
      Es gibt sowohl unterschiedliche Bibelauslegungen, als auch die Erkenntnisse der Humanwissenschaft und schließlich „noch“ den betroffenen Menschen. Alle Bereiche könnten gleichermaßen ernst genommen und realistisch – auch im Sinne der „SĂŒnde“, also eines möglichen zerstörenden Lebensstils – betrachtet werden.
      Aber dazu mĂŒsste geradezu ein Ur-/ Gottvertrauen im konservativ glĂ€ubigen Menschen gewachsen sein, welches durch nichts zu scheitern droht.
      Gingen wir nun aber einmal davon aus, dass es egal sei, welches BibelverstĂ€ndnis der Konservative habe, dann scheitert die SĂŒndendebatte allein schon daran, dass hier Äpfel mit Birnen verglichen werden.
      Wenn man die SĂŒnde nicht mehr SĂŒnde benennen dĂŒrfe – so hĂ€ufig die„fundierte“ Argumentation konservativer Christen – könne man ja gleich auch Mord gutheissen, oder Ă€hnliches. Hier wird grundsĂ€tzlich davon ausgegangen, dass ein Betroffener – wie jeder „andere“ Christ auch – sich gegen seine SĂŒnde entscheiden sollte. Und hier befindet sich der Haken. Wie will sich ein Mensch beispielsweise gegen sein sexuelles Geschlecht und/oder Ausrichtung entscheiden können? Bzw. wann hat ein Heterosexueller oder Homosexueller sich bewusst dafĂŒr entschieden? Es geht hier nicht um einen sexuellen Lebensstil, sondern um grundsĂ€tzlich GefĂŒhle und Gedanken der Zuneigung. Ich selbst kann auch nur von einem zerstörerischen heterosexuellen Lebensstil abraten. Aber das ist gar nicht die Frage.
      Konservative vergleichen ein Verhalten (die beschriebene sexuelle Gewalt in der Bibel), welches definitiv einer Entscheidung zugrunde liegt, mit einer sexuellen IdentitĂ€t (Geschlecht) oder einer sexuellen Ausrichtung (bspw. Hetero-/Bi-/HomosexualitĂ€t), dem keinerlei Entscheidung gegeben ist. Sind sie dennoch vom Gegenteil des Letzteren ĂŒberzeugt, sollten sie anfangen ernsthaft darzulegen, wann sie sich persönlich fĂŒr ihr Geschlecht und Ausrichtung entschieden haben.
      Alles weitere langweilt mich mittlerweile zutiefst, weil es die OberflÀchlichkeit des christlichen Glaubens der Argumentierenden widerspiegelt.

  12. Habe nun das Buch von Timo gelesen und möchte mich als erstes sehr herzlich bedanken, dass du, Timo es auf den Weg gebracht hast.
    Die Lebensberichte dort gingen mit teilweise enorm unter die Haut.
    Und nun wĂ€chst sie wieder, diese Wut und mein UnverstĂ€ndnis „den GlĂ€ubigen“ gegenĂŒber. Es geht doch auch dabei wieder um das gleiche leidige Thema: Was mir fremd ist lehne ich ab, im schlimmsten Fall bekĂ€mpfe ich es WEIL es mir Angst macht und mich deshalb unsicher sein lĂ€sst (s. Thema: Die AfD und ihr Problem mit den Fremden).
    Schon seit einiger Zeit frage ich mich sehr intensiv, ob es beim Thema der HomosexualitĂ€t eventuell doch an AufklĂ€rung mangelt. Damit meine ich nicht die wissenschaftlichen Erkentnisse ĂŒber ihre Entstehung, sondern die fĂŒr die meisten von uns im Dunkel liegenden sexuellen Praktiken.
    Als Oswalt Kolle mit seiner AufklĂ€rungs-Revolution in den 1960er Jahren gegen die spiessige Sexualmoral der Generation meiner Eltern anging, ging ein Aufschrei durchs Land. Die Vokabeln „Orgasmus“ und „G-Punkt“ wie das Thema des „guten Sex per se“ in seiner Filme verstießen gegen Sitte und Moral. (Nicht unerwĂ€hnt soll bleiben, dass Herr Kolle ein Gegner der Pornographie war.)
    Auch, wenn ich bis heute keine Filme mit sehr freizĂŒgigen und prominent dargestellten Sexszenen magst, habe ich sehr wohl von dieser AufklĂ€rung des Herrn Kolle profitiert.
    Ich kann mit meinen Kindern altersgerechte ĂŒber (Hetero-) Sex und seine diverse Praktiken (die ich so kenne) sprechen. Wir reden natĂŒrlich auch ĂŒber HomosexualitĂ€t – aber eben nicht ĂŒber ihre praktische AusĂŒbung, da ich darĂŒber schlichtweg zu wenig Wissen habe…und es mir ehrlich gesagt doch auch schwer fallen wĂŒrde, diese HĂŒrde zu nehmen um mit Homosexuellen (kenne sowieso viel zu wenig wirklich gut) zu sprechen oder wenigstens im Netz darĂŒber zu lesen.
    Ja, denn da geht es mir wahrscheinlich, wie meinen Eltern vor 50 Jahren, dass nun DIESES „Sex-Thema“ jemanden braucht, der es uns genauer erklĂ€rt.
    Meiner Theorie nach wĂŒrde es dann irgendwann völlig normal sein fĂŒr uns alle, da Unwissen und Unsicherheit einem Wissen gewichen sind > Wissen ist bekanntlich Macht, und dieses Thema wĂŒrde endlich an machtvoller GrĂ¶ĂŸe verloren haben – auch bei den Frommen, – dauert halt nur ein paar JĂ€hrchen lĂ€nger.
    Es ist nicht leicht, schon beim Schreiben hier bekomme ich weiche Knie… will ich wirklich wissen, wie Lesben und Schwule miteinander verkehren!? Nein, dass will ich nicht – aber es ist vielleicht an der einen oder anderen Stelle hilfreich und sehr wichtig. Das provokante zur Schau stellen der homosexuelle Praktiken, wie am Christopher-Street-Day“ beobachtet hat mich und meine Kinder verschreckt. Es ist uns so ergangen, dass wir das dort gesehene abstoßend fanden.
    Muss es ans Licht gezerrt werden!?
    Ja, das muss es! Die Erde ist keine Scheibe und Homosexuelle kommen auch nicht in die Hölle!
    Mein Vater, der nunmehr alte Herr Pfarrer hat immer wortgewaltig und sehr leidenschaftlich von Gottes wunderbarem Geschenk der SexualitĂ€t von seiner Kanzel herunter gepredigt. Seine eigene Ehe war diesbezĂŒglich ein Desaster.
    Wir Kinder wurden nachts aus den Betten gezerrt, wenn wir uns selbst befriedigten ( bis heute ist es mir ein RĂ€tsel, wie er immer wieder dahinter gekommen ist???). Es hĂ€tte uns damals SEHR geholfen, wenn wir wenigstens eine ErklĂ€rung fĂŒr unser „sĂŒndiges Verhalten“ bekommen hĂ€tten. So haben wir „ nur“ SchlĂ€ge dafĂŒr kassiert.
    Sprechen hilft!
    Ich will keine Schwulen-Pornos ( oder andere) anschauen um „es“ zu verstehen.
    Ich suche einen GeschĂŒtzen Raum um darĂŒber ins GesprĂ€ch zu kommen und zu verstehen.

    a.

  13. 
.so viele unbeantwortete Fragen…
    Kann der Timo mir eventuell einige davon beantworten!?
    Zudem bewegt mich gerade auch die Frage sehr stark, wieso die LGTB-Bewegung sich so dermaßen beim Thema „pro Abtreibung“ engagiert?
    Bekomme das alle nicht unter einen Hut….
    Beziehen homosexuelle Christen da Stellung? Ich tue es als Christin …und bin da echt intolerant aufgrund sehr persönlicher eigener Erfahrung….
    Wenn wir ĂŒber alles reden können und wollen, dann sollten wir das doch auch nicht ausklammern.
    a.

    a.

    1. Liebe a.,
      sicherlich auch ein sehr wichtiges Thema, wofĂŒr es meiner Meinung nach keine Schwarzweiss-Antworten geben kann.
      Allerdings hat es tatsÀchlich nichts mit obigem Thema zu tun und sollte separat behandelt werden.
      LG, b.

  14. Hallo a.,
    Meiner Meinung nach, ist das Was lang nicht so bedeutend, wie das Wie. Wie gehe ich um mit meinem Partner/Partnerin? Liebe findet Wege. Durchaus schöne und erfĂŒllende.
    LG, b.

  15. Naja nicht umsonst wird ja immer wieder die Moses Stelle zitiert, wo es explizit um sexuelle Praktiken geht.
    Darau wird dann eine absurde Verdrehung der Schöpfungsordnung gebastelt.
    Dass auch bei heterosexuellen Partnerschaften Frauen durchaus den starken Part, das bessere Gehalt haben
    oder als sonderbar eingestufte Sexualpraktiken ausĂŒben, wird dann gerne unter den Tisch fallen gelassen.
    Es gibt schon einiges auf dem Markt, aber eben keinen Oswald Kolle.
    Das Thema ist sehr sensibel. LGTQ haben genauso ein Anrecht auf ein erfĂŒlltes Sexualleben wie alle anderen.
    Muss man darĂŒber reden? Möglicherweise

  16. Hallo Timo, Jay und Gofi,
    das GesprĂ€ch mit Timo ist sehr gelungen. Meine eigene Situation finde ich darin erstaunlich konkret wieder. Selbst hĂ€tte ich es nie so ausdrĂŒcken können.
    Es tut gut, dass ihr passende Worte dafĂŒr findet, worĂŒber so viel Schweigen unter Christen und Christinnen herrscht. Ihr helft, dass alle sprachfĂ€higer werden. Das ist echt eine Leistung! Das Buch „Nicht mehr schweigen“ ist wirklich wert, gelesen zu werden. Dort berichten glaubende Menschen nach heftigen Krisen mutmachend von ihrem Leben. Danke!
    C.

  17. Hallo Matthias, das Hörbuch ist in Produktion und erscheint hoffentlich in KĂŒrze. Genaueres kann ich dir leider nicht sagen – werde es aber auf allen KanĂ€len bewerben 🙂

    LG Timo

  18. Danke fĂŒr einen großartigen Talk!!! Als ich das Thema sah dachte ich zuerst „schon wieder….“ 😉 Ja, schon wieder, weil es eben immer noch nicht bei allen (inklusive mir 🙁 ) angekommen ist, wie wichtig es ist, darĂŒber zu reden. Daher DANKE!! Ich war vor dem Talk und dem Buch der Meinung „Homosexuelle sind Menschen, wie jeder andere auch und sĂŒndigen, wie jeder andere auch tagtĂ€glich an großen und kleinen Dingen. Also warum dieses Thema immer so austreten!“ Aber welche erschĂŒtternden Geschichten dahinter stehen, war mir nie bewusste. Jahrelange „Therapien“, Selbstmordgedanken, Verzweiflung und Ausgrenzung. Ich werde das Buch meinen (konservativen) Freunden weitergeben, mit denen ich in den letzten Jahren bereits viele Diskussionen hatte. Mir hat es die Relevanz dieses Themas ganz neu deutlich gemacht!!!

  19. Hallo Timo,
    super vielen Dank.
    Wollte es gerade in einer Buchhandlung bestellen. Die finden aber kein Hörbuch . Kann ich das nur ĂŒber Amazon bestellen??? ( bin kein Freund von Amazon🙈)
    Kannst Du mir da weiterhelfen ?
    Lg
    Matthias

  20. Ich hab lange gedacht, dass die Geschichten, wo Homosexuelle aus Gemeinden verbannt werden so aus der Mitte der 90er wÀren und heute eher nur noch Dramatisierungen seien. Das zeugt vielleicht positiv von meinem christlichen Umfeld, und das zeugt aber auch von meiner NaivitÀt.
    Daher sind solche Geschichten, wie Timo sie samnelte und veröffentlichte, sehr wichtig. Weil, darin können wir alle ĂŒbereinstimmen, dass homosexuelle Christen sich in Gemeinde immer wieder rechtfertigen mĂŒssen, mildere oder strengere Ultimaten gestellt bekommen, von ihrer privaten SexualitĂ€t zum beichten ĂŒberredet werden (wĂ€hrend viele andere im Stillen in heterosexuellen Beziehungen sĂŒndigen), …das alles ist untragbar.
    Ich mag ansich strenge Gemeinden, sehr konservative Gemeinden, also fĂŒr mich persönlich, aber die „politics“ einer Gemeinde, haben mich immer fĂŒrchterlich gestört. Egal in welcher und in welcher Richtung. Also sowas von Ältestenrat bis Mitgliederlisten. Da mag ich dann sowas wie bei der ICF: Wo man gar nicht Gemeindemitglied sein kann, kann man auch niemanden rauswerfen. 😉 Und der Druck, der auch auf solchen Hierachien SELBST lastet (die Ältesten sind i.d.R. auch keine bösen Menschen, die böses wollen wĂŒrden), das fĂ€llt dann auch alles schön weg. Also der Heiligkeits-Score einer Gemeinde muss irrelevant sein und darf nicht ihr Götze sein!
    ZurĂŒck zum Thema: Ich finde den Abschnitt ĂŒber die Konversions-/Reparativ-Therapien, und wir unaufgeregt ihr darĂŒber spricht, den allerbesten Abschnitt unf enorm gelungen und aufschlussreich. Weil es ist die absolute Wahrheit, dass es bei den meisten nichts bringt. Sie werden einfach nicht-praktizierende Homosexuelle, die sich (bewusst und unbewusst) zu heterosexuellen Performances zwingen und diese abliefern, sozusagen.
    (Jetzt mögt ihr mich alle noch…) Ironischerweise, hat es bei mir aber funktioniert. Nur ganz anders und enorm zeitaufwendig. Wo ich jede Frage „Ist es das ĂŒberhaupt Wert?“ berechtigt finde. Aber rein neo-freudianisch ist HomosexualitĂ€t fĂŒr mich absolut evident. Sie ist aber auch erstmal eine eigentlich sehr kluge Notlösung unserer Seele. Bzw. warum und wonach sich unsere Seele ausrichtet und „orientiert“. Attraction ist ja eben nicht nur rein sexuell. (Wir stimmen da ĂŒberein, dass es um eine ganze IdentitĂ€t geht.)
    Aber ich möchte jetzt mit meiner ganzen Geschichte nicht gegen-„missionieren“. Einzig, ich persönlich halte es fĂŒr einen Trugschluss, dass alles, was wir fĂŒhlen, denken, tun, sogar alles was uns ausmacht, ob das alles immer von Gott so gemacht ist oder gewollt ist. [nach Moberly seie HomosexualitĂ€t eine insich traumatische „condition“ und ein Entwicklungsdefizit, also eine zum erliegen gekommene Entwicklung, die demjenigen durch Ă€ußere Faktoren traurigerweise und tragischerweise vorenthalten worden ist. Sie vergleicht Homosexuelle mit Waisen. Auch biblisch bringt sie dann Bibelstellen ĂŒber Waisen an.]
    Einfach ist es absolut nicht. Und es hilft bei den meisten nicht. Vorallem nicht in Formaten, die mit Ideen von wöchentlichen „Terminen“ oder Monaten als ZeitrĂ€ume spielen. Wöchentliche Therapie oder Seelsorge kann das gar nicht leisten! Sie gibt dann das gefĂ€hrliche Halbwissen mit, der Klient, der gerade vielleicht nach dem Outing sein neues „belongingness“ dort in der LGBQT-Community gefunden hat, – und das wird ihm dann wieder genommen/entzaubert, mit einem „wir sehen uns nĂ€chste Woche wieder. have fun!“. Und „thwarted belongingness“ (empfundene und/oder tatsĂ€chlich verhinderte Zugehörigkeit) ist nach Joiner (APA, 2005/2006) einer DER Hauptpfeiler fĂŒr SuizidalitĂ€t (neben empfundener Last fĂŒr sich selbst und andere, und der erworbenen oder nicht erworbenen FĂ€higkeit zur SuizidausfĂŒhrung). „Thwartef belongingness“ ist auch, wenn der Top-Manager seine Stelle oder sein Unternehmen verliert, oder der homosexuelle Pastor nicht mehr glauben kann, – und beide suizidale Tendenzen zeigen.
    Auf ein Psychologiestudium im Neuen Jerusalem! 😀 (das kriege ich hier zeitlich nicht mehr hin, nicht mit den Ambitionen, nur deswegen, keine Sorge)
    Trotzdem ist (neo-)freudianisch HomosexualitĂ€t – fĂŒr mich – enorm evident. Aber sollen wir BrĂŒder und Schwestern im Glauben uns wirklich gegenseitig ferndiagnostizieren und als Hobby-Psychologen auftreten? Und sind nicht eher die Normopathen das Problem? (vgl. so wie Hannah Arendt Eichmann beschreibt. Er war nicht besonders hell, das was er sagte war „banal“ …oder amĂŒsanter mit Manfred LĂŒtz: „Die Normalen sind unser Problem“, oder Erich Fromm sprach von den „kranken“ Normalen, dass aber ja gerade die Kranken, die ein Symptom zeigen eben sich nicht völlig unterdrĂŒckt haben/repressiv seien… – spannend das alles…!) Und wenn wir – hypothetisch jetzt! um das zu ĂŒberspitzen! – hingehen wĂŒrden und sagen: Ferndiagnostizieren ist super! Und in Gemeinden erst recht! Und HimomosexualitĂ€t seie eine psychische Störung,… – dann mĂŒssten Gemeinden ja auch anfangen die ganzen Mitglieder mit Wald-und-Wiesen-Depressionen rauszuwerfen. Oder weil dann auch die Depressiven „nicht richtig“ geglaubt haben oder ihr Leben, ihre Depression, von SĂŒnde gezeichnet seie.
    Das Dilemma, was aber leider ĂŒbrig bleibt, ist das ernstnehmen in Liebe. Liebe will auch Schaden abwenden. Ich nehme den anderen ernst, wenn ich ihm auch (einmal!) sage, was ich fĂŒr problematisch halte. Ich halte es fĂŒr mich(!) persönlich(!) fĂŒr fragwĂŒrdig, ob ein erfĂŒlltes homosexuelles Leben möglich sein könnte. Denn der Homosexuelle sucht ja immer das, was ein auch anderer Homosexueller ihm nie geben kann: die Verbindung/Verschmelzung mit einem heterosexuellen Mann nĂ€mlich. Homosexuelle haben also ein „Als Ob/Als ob nicht“-Problem, eine Schleife, die sie gefangen hĂ€lt. Die wenigsten Homosexuellen sind ja effiminiert oder „stereotypisch“, aber trotzdem, man trifft sich als Homosexueller und nicht als Mann, „als ob nicht“ man ein Mann wĂ€re. Und so findet der Homosexuelle bei einem anderen Homosexuellen nie das war er sucht: einen heterosexuellen Mann. Sorry fĂŒr den freudianischen Brainf**k.
    Das Streben, die Attraction zum gleichen Geschlecht ist aber richtig und seelisch klug. Und kann heilsam sein. Dieser seelische Vorgang ist insich und ansich NICHT gestört. Weder krank, noch „pervers“. Es ist ein normaler aber verzögerter Entwicklungsprozess, der aber anders kaum aufgeholt werden kann. (Was ja frĂŒher in den 90ern auch nicht funktioniert hat, als Aardweg der große Name unter christlichen Homoheilern war, und man Homosexuellen „zwanghaftes Selbstmitleid“ attestiert hat. Dass sie „einfach“ bekĂ€mpfen mĂŒssten. Das hat dann wieder eine neue Ladung einfach „nicht-praktizierender Homosexueller“ hervorgebracht, die sich unter (aich eigenem) Druck als „geheilt“ darstellten. Was nicht besonders gut sein kann.
    Ich persönlich hab aber tatsĂ€chlich den Zwiespalt, dass es bei mir funktioniert hat. (aber ich war auch leicht bisexuell dazu, also ein gewisses heterosexuelles Interesse war bei mir immer da. Jetzt ist recht Ă€hm „feurig“, wo man eigentlich zu alt fĂŒr sowas sein mĂŒsste. ^^) Ich hab von 2010 bis 2021 gebraucht. Komplett in Selbsttherapie mit ca. 30 BĂŒchern. Letztlich arbeitete ich mit einer Art „attraction decoding“ und „attraction storytelling/narration“ und „desire narration“. …Die Frage ob das 10 Jahre wert sind? (ich mein ich habe ja schon frĂŒh low hanging Fruits-Erfolge gehabt und ja nicht nur nebenbei sondern ja auch hauptsĂ€chlich gelebt in dieser Zeit und konnte durch die BisexualitĂ€t unfair locker damit umgehen…) FĂŒr mich war es das wert. Aber ich hatte auch null Druck. Von niemanden. Ich wollte nur selbst verstehen.
    Wenn jetzt aber ein unter Druck stehender und innerlich zerrisener homosexueller Christ sich Jahre lang sowas antun mĂŒsste – mit einem „see you next week! no refunds!“, – ich weiß ehrlich NICHT ob ich es empfehlen wĂŒrde.
    TL;DR Bei mir hat es funktioniert. Nur: Die HomosexualitĂ€t KANN heilsamer sein, als ihre UnterdrĂŒckung/Nicht-Praktizierung oder als ihre Therapie. Weil das, was ich non-sexuell in den darunter liegenden Geschichten suchte, ist nicht mehr möglich aufzuholen. Und man kann Entwicklumgsschritte nicht ĂŒberspringen. Ich werde meine Geschichte also weder non-sexuell finden, im Leben, noch werde ich das was ich suchte bei einem homosexuell Mann finden. An manchen Tagen ist es eher so nur ein „Bummer!“ fĂŒr mich. An anderen Tagen ist es sehr sehr schmerzhaft. Suizidal war ich nie, weil mir nie jemand – Gott sei dank! – in meine;“belongingness“ gepfuscht hat. Aber weh tut es manchmal trotzdem, so ein hoch-ĂŒberreflektiertes Leben. Den Preis wollte ich aber zahlen. Die wirklich entfachte und animalische HeterosexualitĂ€t ist tatsĂ€chlich ganz schön. (Aber das ist noch extrem seltener als andere extrem seltene Geschichten von Reparativ-Therapien). Das ist mein Lohn. (Aber ich glaube, ich habe jetzt in der HeterosexualitĂ€t gesĂŒndigt. xD) Aber es geht ja eben um ganze IdentitĂ€t und nicht nur bloße SexualitĂ€t. Und die IdentitĂ€t ist bei mir IMMER NOCH Baustelle. Vielleicht hĂ€tte ich einfach beim homosexuell bleiben sollen. WĂŒrde ich nicht. Aber ich kann meinen eigenen Weg wirklich NIEMANDEM als ein „it just works“ empfehlen. Vielleicht entwickel ich ja einen neuen. (WĂ€re das dann eigener ‚confirmation bias‘?)
    Jedenfalls, sicher ist: Wir alle sollen angenommen werden und sein! Und wir alle sollen und dĂŒrfen nach der Wahrheit suchen und weitersuchen.

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