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#122 Warum sehen Christen nicht erlöster aus?

18 Kommentare

  1. Katja Katja

    Super spannendes Thema!
    Mir geht/ging es biographisch ähnlich wie Gofi.
    Und ich kenne das, was Jay beschrieben hat, dass man immer denkt, man müsste neu sein und nach jedem Event fährt man heim und ist immernoch derselbe. Das hat mir mega Druck gemacht. Bis ich verstanden habe, dass Gott mich liebt so wie ich bin. Und dass er verändernd mitgeht in meinem Lebensprozess.

    Ich glaube, dass die „Erlöstheit“ von Christen davon abhängt, wie sie Sünde/Vergebung/Erlösung definieren. Ich habe den Eindruck, dass diejenigen Christen nicht besonders erlöst wirken, die Erlösung darauf reduzieren, dass sie nach dem Tod einmal in den Himmel kommen. Und die Sünde(n) als moralische Verfehlungen definieren. Wenn man aber Sünde als Störung von Beziehungen auffasst (zu Gott, zu anderen, zu sich selbst), dann ist Erlösung etwas viel Umfassenderes, was sich auch auf das Leben hier und meinen Charakter auswirkt. Dann sind auch Sündenvergebung als Erlösung und das Frieden-mit-sich-selbst-Finden keine zwei „Stufen“ von Erlösung sondern dasselbe.

    Die erlöst lebenden Menschen, die ich kenne, sind durch viele Krisen gegangen und haben dort gelernt, loszulassen, das Ego abzugeben und sich ganz in Gottes liebende Hand zu geben. Sie haben gelernt, gnädig zu sein – nicht zuletzt mit sich selbst. Sich das, was ist, genug sein zu lassen. Und das zu LEBEN, was sie glauben.
    Vielleicht findet man auch deshalb unter offiziellen Nicht-Christen Erlöste, weil es auch andere Leute begriffen haben, dass es im Leben darauf ankommt, sich genügen zu lassen, gnädig zu sein und sein Ego aus der Hand zu geben, sich einer liebevollen „höheren Macht“ anzuvertrauen.

    • Malin Malin

      Liebe Katja,
      das hast Du wieder schön gesagt! Ich finde auch, dass der Movecast Nr. 53 zum Thema Verlorenheit gut dazu passt. Vielleicht muss auch jeder von etwas anderem erlöst werden; für mich war die Erlösung vom Höllenglauben und dem strafenden Gottesbild der Auftakt zu einer heilsamen Entwicklung. Und ich hoffe, dass ich mit jedem Jahr in diesem Sinn weiterhin in wenig erlöster werde…

  2. Reverend Mole Reverend Mole

    Hallo,

    bevor ich mal meine Gedanken zum Thema „Erlösung“ schreibe ich erstmal ein paar Gedanken zu euren Vorworten und den Anruf:

    – Zum Thema Gottesvergiftung: Ich finde es ganz egal, wie ein Kind von seiner Psyche her gestrickt ist, ob es schon in jungen Jahren „ein grober Klotz“ ist oder sensibel. Wenn eine Gemeinde in der Kinderarbeit eine Theologie verbreitet, die be- anstatt entlastet ist das kacke, ganz grundsätzlich. Vielleicht hat Jesus Mt 18,6 ja auch im Hinblick auf Gemeinden und KiGo-Mitarbeiter gesagt, die mit ihrer Theologie das Leben von Menschen versauen.

    – Und zum Thema Abendmahl: Vielleicht hätte Paulus 1Kor 11,27 nicht aufgeschrieben, wenn er gewusst hätte wie doof der Vers manchmal ausgelegt wird. Das unwürdige nehmen des Abendmahls war, dass auf andere keine Rücksicht genommen wird. Deshalb nehmen m.E. eher die Christen das Abendmahl unwürdig, die da eine Trennung anhand von moralischen Aspekten vornehmen.

    – Jetzt zum „erlöst sein“. Das Problem ist doch erstmal, dass Erlösung in unseren Sprachgebrauch Erlösung von Leiden, Not, Last und Begrenzung meint. Zum Beispiel sagen wir ja, das „der Tod eine Erlösung war“. Aber das ist nicht die Bedeutung von „Erlösung“, wie es die neutestamentlichen Autoren verwenden. Paulus und Co. verwenden es in dem Sinne, dass der Mensch von Gott zu einem Leben mit und für Gott erlöst wird. Und wo von? Von der Sünde, aber nicht als moralische Kategorie, sondern als grundsätzliches getrennt sein von Gott. Mehr ist dass dann eigentlich nicht. Diese ganzen Vorher-Nachher-Geschichten sind meiner Meinung nach auch nur der Versuch den Glauben, Gott usw. beweisbar zu machen: „Guck mal, vorher hat gekokst, seine Frau geschlagen und ist fremd gegangen und nun ist er clean, glücklich in der Ehe, hat einen Bausparvertrag und trägt beigefarbende Hemden mit Pullunder. Das kann doch nur Gott gemacht haben.“ Aber diese Vorher-Nachher-Geschichten finde ich auch so nicht in der Bibel. Abram, Mose, Jakob usw. haben auch immer ihre Schattenseiten, auch nachdem Gott in ihr Leben gekommen ist.
    Aber sie waren „Erlöst“, sie waren nicht getrennt von Gott.

    Spannend fand ich eure Diskussion zum Thema, warum Jesus das tat, was er getan hat. Ich glaube manchmal hatte er bestimmt auch vor damit etwas deutlich zu machen, aber meistens hat er es getan, z.B. geheilt, weil er eben so war wie er war. Es gibt ja die Sichtweise, dass Jesus nur geheilt hat, um damit deutlich zu machen, das er der Messias ist (In Ostwestfalen ist diese Auslegung verbreitet ;.) ). Aber Jesus manchmal steht direkt da, das Jesus aus Mitleid gehandelt hat. Er hat die Menschen gesehen und konnte einfach nicht anders als aktiv zu werden.

    Lieben Gruß
    Daniel

  3. Chrisdo Chrisdo

    1 Stunde 18 – Jays Erlösungsmoment.

    Glückwunsch mein Lieber, da ist was in Herz und Kopf gesprungen und ich hoffe es bleibt da!

  4. Pastor Uli Pastor Uli

    Gelungener Talk, den ich heute mit Interesse zwischen Berne und Habenhausen (Gofi kennt die Orte…) auf dem Rad gehört habe – untermalt vom Gluckern der Weser 😉 . Der Begriff „Erlösung“ (gr. „soteria“, als Verb „sozein“) kommt schon recht häufig in der griechischen Übersetzung des AT (Septuaginta) vor und wird dort oft auch allgemein als Wort für Rettung, Befreiung, Wohlergehen, Sicherheit u.a. verwendet. So haben ihn die Schreiber des NT übernommen. Im NT erhält er aber darüber hinaus die spezielle Bedeutung im Hinblick auf die Beziehung des Menschen zu Gott – wie Reverend Mole richtig erläutert hat. Erlösung / Soteria ist vielschichtig, – das haben Jay und Gofi im Talk erörtert: Der Begriff beschreibt ein theologisches Faktum: Erlöst durch den Tod und die Auferweckung Jesu (treffend wurde im Talk auf N.T.Wright hingewiesen!). Erlösung kann von uns Menschen erfahren werden, kann angenommen oder abgelehnt werden (schwieriges Thema!), ist bei manchen Menschen eine punktuelle Erfahrung oder stellt sich schrittweise ein. Auf jeden Fall ist Erlösung prozesshaft und zieht sich bei uns Christen wohl durch das ganze Leben (Neues ist geworden…Nicht, dass ich es schon ergriffen hätte, ich jage ihm aber nach…usw.). „Konstruktion, Dekonstruktion, Rekonstruktion“ – wer kennt das nicht, und zwar wiederholt? Ohne meine „Mitwirkung“ geht es nicht (schaffet, dass ihr selig werdet…) – loslassen, kapitulieren, akzeptieren, arrangieren: Das üben wir doch lebenslang. Erlösung ist zunkünftig. Ohne die eschatologische Hoffnung, dass Gott einmal die (Er)lösung hat und sein wird – für alle meine Fragen, meine Zweifel, meine Versäumnisse, meine Fehlentscheidungen – würde es sich schlecht leben lassen. Für die geschichtliche, die gegenwärtig – prozesshafte und die zukünfftige Dimension der Erlösung gibt es jeweils viele Schriftbelege, und die Summe der Worte drückt Wahrheit aus. Je länger ich auf dem Weg bin, umso mehr kann ich von mir selbst wegsehen und auf Jesus vertrauen – das Leben wird nach vorne gelebt und nach hinten verstanden… Mir sagen heute manchmal die Leute, dass ich „erlöst“ wirke und etwas Positives ausstrahle. Meine Frau würde dem nicht unbedingt zu jeder Zeit zustimmen: Sie ist der Mensch, der mich am besten kennt. „Erlösung“ als Hoffnung für die Menschheit, als Sehnsucht der Völker und der ganzen Schöpfung, die kosmische Dimension der Erlösung – das wäre wohl ein Extrathema – sicherlich zu theoretisch für einen Podcast, in dem es eher um das Leben im Hier und Jetzt geht. PS. Mit dem im Talk kurz erwähnten Ulrich P. kann ich mich kaum messen. Viele von uns nehmen seinen Blick auf die Welt und die Kirche heute als sehr verengt und befremdlich wahr (ich auch). Was er aber in Jahrzehnten an Gutem bewirkt hat, wird sicher nicht vergeblich gewesen sein und nicht vergessen werden. Da nimmt sich der Ulrich S. mit seinem unrühmlichen Background bei aller Soteria – Erfahrung doch eher bescheiden aus… 😉

    • Danke für die tollen Gedanken und Ergänzungen, Uli. Die machen das Bild noch mal runder.
      LG,
      der Jay

  5. ein Mensch ein Mensch

    ein paar Gedanken:
    für mich resultiert ein Spannungsfeld aus der apokalyptischen Ausrichtung der UrChristenheit und dem 21 Jhr.
    In der Bibel sehen wir Zeichen und Wunder, veränderte Menschen und Massenbekehrungen.
    Wenn Christen diese Erwartungen an unsere heutige säkularisierte Gesellschaft herantragen kommt es unweigerlich zu Frust und Verbitterung.
    Das Problem ist nicht, dass die „altrauhe Botschaft vom Kreuz“ von derliberalen Kirche verwässsert würde, sondern viele Christen die Entbehrungen und „das Kreuz auf sich nehmen“ auf irgendein krudes „deine Sünden bekennen“ für den VIP Raum im Himmel verkürzen.
    Die Menschen leben allerdings 90 Jahre hier in unserer westlichen Demokratie. Da gibt es ganz weltliche Probleme und da fehlen die Antworten.
    Wenn dann nach Brasilien und Afrika geschielt wird, kann man wieder schön auf den vodringenden Atheismus/Humanismus schimpfen.

    2015 war für mich ein Moment der nationalen Erlösung, da hab ich soviele erlöste Menschen wie noch nie am Bahnhof gesehen.

  6. volkmar volkmar

    Das Thema ist in der Tat sehr wichtig, diskutiert zu werden. Mir gefällt die Art wie ihr miteinander umgeht. Aufgefallen ist mir aber auch dass ihr vermutlich unbewusst an einigen Stellen Ausssagen nicht vertieft weil ihr euch da widersprecht. Dann geht man schnell zum nächsten weiter. Vielleicht ist das eine normale Gefahr bei einem solchen Format.
    mir fehlt das ihr auf die Person Nietzsche eingeht und den Hintergrund seiner Aussage, seine Ablehnung des Christentums. Tatsache ist doch dass das Christentum wächst und gedeiht obwohl die Christen nicht erlöst aussehen. Christ werden und Erlösung hängen offenbar doch nicht davon ab wie erlöst Christen aussehen. In der Bibel finde ich diesen Anspruch erlöst auszusehen an keiner Stelle. Auch das macht mich nachdenklich. Ich muss nicht erlöst für andere aussehen. Die Prämisse von Nietzsche ist m.E. falsch. Hilfreich wäre gewesen etwas genauer den biblischen Befund ins Auge zu fassen, die drei Bereiche der Erlösung: Erlösung von Schuld und einem Leben ohne Gott als Bekehrung und einmaliges Ereignis mit bleibender Konsequenz. Zweitens, Erlösung als lebenslanger Prozess des Wachsens und Reifens, auch Heiligung genannt. Und drittens die Erlösung von diesem sterblichen Körper, das Sterben in Christus.
    Insgesamt ist mir die Betonung der subjektiven persönlichen Wahrnehmungen zu stark. Glaube, der auf Gefühlen und persönlichen Wahrnehmungen basiert, ist für mich kein biblischer Glaube. Wie ich einen Menschen erlebe kann und darf nicht Maßstab für Erlösung sein. Das Wort Gottes und die von Jesus gemachten Zusagen sind für mich Maßstab.
    Mein Eindruck ist, dass eine intensive Beschäftigung mit den biblischen Aussagen nicht stattgefunden hat. Aber das ist vielleicht auch nicht gewollt.

    • Willi Platzer Willi Platzer

      „Wie ich einen Menschen erlebe, kann und darf nicht Maßstab für Erlösung sein….“ stimmt sicher in dem Sinn, dass nicht das Recht habe, jemanden anderen, aufgrund dessen, was ich sehe, festzulegen. (Der Mensch sieht, was vor Augen ist…) Auf der anderen Seite „werdet ihr sie “ an den Früchten“ erkennen. Das heißt, ich darf im besten Fall in aller Vorsicht, auch wahrnehmen, was ist. Was sich mir im gesellschaftlichen Kontext so darstellt. Da haben wir wieder ein klassisches Spannungsfeld, wie so oft in der Bibel, das aber auch wieder kein so großes Problem ist, wenn ich mit dem biblischen Blick (nicht aburteilen, mir meiner eigenen Grenzen und Scheuklappen bewusst sein) an die Sache herangehe. Was sicher nicht immer gelingt, aber da dürfen wir ja auch wieder umkehren…
      Also ich denke, man darf und soll Missstände ansprechen und aufzeigen, gerade weil nicht jeder der „Herr, Herr sagt…“ Und schon schließt sich der Kreis.

      • willi willi

        … wenn ich aber ehrlich bin, werde ich bei allem Wahrnehmen, was mein Aussen betrifft, immer noch genügend Baustellen beim mir selber finden, die mir klarmachen, dass großangelegtes „Mit -dem – Finger – zeigen“ überhaupt nicht dran ist…

    • Katja Katja

      Mich beschäftigt das mit den Früchten und dem „Herr, Herr“.
      Ich bin immer mal wieder im Austausch mit Christen, für die die Zentrierung auf „das Wort“ (in der Form wie sie sie praktizieren) der Maßstab und das Erkennungszeichen „echter Christen“ ist. Und sie sind eifrig damit beschäftigt, andere Christen zu finden, die sie als „unecht“ kennzeichnen und ihre Art zu Glauben und die Bibel zu verstehen als „Irrlehre“. Dafür ziehen sie Bibelverse heran, in denen etwas über Irrlehrer steht, die aber sehr vage formuliert sind und auf jeden oder keinen zutreffen können.
      Und dann gibt es in der Bibel auch viele konkrete Aussagen darüber, welche Früchte Gottes Geist hervorbringt (und welche nicht). Gerade bei Jesus und in den Paulusbriefen finde ich viele Aussagen dazu, wie man am LEBEN von Menschen, an ihrem Wesen und ihrem Verhalten gegenüber anderen erkennen kann, dass sie ChristusnachfolgerInnen sind.
      Was mich an meinen „Wort-zentrierten“ Mitchristen oft verstört ist, dass sie so freudlos sind, humorlos, arrogant, missmutig, geizig und kleinkariert, auf ihren eigenen Vorteil bedacht, oft an irgendwas herummäkeln, andere aufgrund von Äußerlichkeiten verurteilen (zB weil die alleinerziehend sind oder homosexuell empfinden oder eine bestimmte Art von Musik hören). Das wirkt auf mich nicht erlöst und von den Früchten des Geistes finde ich da auch keine wieder.
      Ich glaube angesichts dieser Beobachtungen, dass es nicht entscheident ist, ob jemand „Herr, Herr“ oder „Wort Wort“ sagt, sondern wie sich dieses auf sein Leben und seinen Charakter auswirkt. Ob er mit seinem Leben und Handeln Christus bezeugt und einladend ist (oder biblisch gesprochen 😉 ob er ein Licht für die Welt ist) oder eher abschreckend.
      Meiner Erfahrung nach wachsen viele Gemeinden auch deshalb, weil dort so viele Menschen sind, die aus Angst vor der Hölle glauben. Das hat für mich nichts mit Erlösung zu tun.

  7. Pia Pia

    Voooll gut, künftig bitte immer mit Wein 🙂
    Meine eigene Stimmung ist jetzt auch gelöster!

  8. Gerd Gerd

    Auch, wenn ich ein bisschen spät dran bin: Ich glaube, der Denkfehler ist, dass mit „Wiedergeburt“ sowas wie „vollstäniger Umbau der Persönlichkeit“ verbunden wird. Ist vielleicht so ein Pietkong-Problem… Die Bibe zeigt doch von vorn bis hinten, dass es nicht so ist.

    Nur ein Beispiel: Saulus ist ein fanatischer Pharisäer, der unbedingt diese vom wahren jüdischen Glauben abgefallene Sekte dieses Jesus aus Nazareth auslöschen will – wahrscheinlich, um damit Gott zu gefallen. Als „Paulus“ ist er nach seinem Damaskuserlebnis ein fanatischer Anhänger des neuen Glaubens, dagegen sind Taliban Warmduscher! Kein „zu Sanftmut / Geduld / etc. Bekehrter“ wäre so wahnsinnig gewesen und hätte diesen Glauben nach Griechenland und weiter bis nach Rom ausgebreitet.

    Ich denke, Gott erlöst uns nicht von unseren inneren, persönlichen Konflikten. Er gibt uns nur Werkzeug in die Hand, dass man das selbst erledigen kann (Du bist geliebt / gewollt usw.).
    Gerd

  9. Ina Ina

    Hey Ihr,

    das war eine ganz wichtige und echt gute Folge! Ich plage mich mit dem Thema schon länger rum…

    Ich war zwar nie evangelikal, aber ein paar Jahre in einer pietistischen Kindergruppe neben meiner Volkskirche (die es mit der konkret-persönlichen Erlösung nie hatte) haben mir das eventuell doch auch eingepflanzt… Oder es ist einfach allgemein menschlich, dass wir gerne magische Geschehnisse hätten (zack, mit Deinem neuen Glauben ist plötzlich alles gut und so…)

    Ich bin mir noch nicht sicher, inwieweit es mir dann andererseits wieder zu weit geht, christliche Glaubenspraxis mit Therapiekultur zu koppeln. Das habt Ihr zum Glück sooo nicht gemacht, aber es wird oft gemacht. Und oft noch „Selbsterfahrungstechniken“ oder -seminare hineingerührt. (Ich wollte zu diesem Thema seit 2 Wochen zur Folge über“ Visionssuche“ was schreiben, aber hab mich auf die Finger gesetzt… Ich will nicht immer die Spielverderberin sein. 😀 Schau mer mal, ob ich noch was schreibe, heute soll es nur mal um mich persönlich gehen… 😉 Nur so viel: Visionssuche oder Schutzgeistsuche ist ein ethnologischer Fachbegriff seit um die 100 Jahre, der sich ausschließlich auf die Lakota und angrenzende indigene Gruppen bezieht, und meint etwas ziemlich anderes, als Euer Gast bzw. die betreffenden Selbsterfahrungsanbieter draus machen…)

    Ich selber habe schon durch eine Psychotherapie viel „Erlösung“ erfahren. Und bei einer körperlichen Krankheit durch die richtigen Ärzte, die die richtigen Operationen durchgeführt haben. Ich bin davon überzeugt, dass Gott dabei seine Hand im Spiel hatte, aber ich will auf etwas anderes hinaus: auch wenn es ganz konkrete Menschen „gemacht“ haben, auch wenn man es ganz nüchtern unreligiös sieht: es war nicht ich. Ein Stück Erlösung wurde mir geschenkt. Deshalb misstraue ich dem Machbarkeitsgedanken bei manchen christlichen Selbsterfahrungskulturen.

    Lieber Reverend Mole,
    lieber Uli S.,

    ganz großen Dank für Eure Kommentare, Ihr habt mir echt gerade weitergeholfen! Ich zweifele die ganze Zeit daran, dass das eine oder andere, unter dem ich leide (man könnte es „Sünden“ nennen), partout kein bisschen besser wird… Seit ich wieder glaube, merke ich es lediglich NOCH krasser, wie scheiße das sein kann…

    Eure theologischen und lebenspraktischen Einordnungen von „Erlösung“ waren jetzt richtig entspannend für mich! Und auch der Hinweis auf die soteriologische Dimension (also auf die kosmisch-weltgeschichtliche Auflösung durch Gott – manche Frommen nennen es „Endzeit“ oder gar Apokalypse).

    Ich musste mehrfach an Paulus denken, der ja irgendeine Krankheit gehabt hat, die ihn regelmäßig niedergestreckt hat, wie er in seinen Briefen schreibt. Davon wurde er nie geheilt (und er versucht noch, eine theologische Erklärung dafür zu finden). Egal, was es war (die Theologen streiten sich wohl darüber): wenn er vom neuen unverweslichen Leib schreibt, weiß er genau, was ein kranker verweslicher Leib ist. 😉

    Liebe Grüße
    Ina

  10. dagobertr dagobertr

    „Maßstab für Erlösung“ war ein gutes Stichwort.
    Im Christentum wurde Jahrhundertelang an der Theorie, dass Menschen nicht ganz Erlöst werden können, oder, das es ein Lebenslanger Prozess ist, festgehalten, damit Menschen nicht darüber nachdenken mussten,

    warum sie doch alle noch in der Welt dieses Verlorensein an sich erleben!
    Alle die das Gegenteil behaupten, wurden dann, unlauter, weg von Christus, auf ihr eigenes Lebens verwiesen, das genauso ist,

    um sich nicht mehr mit dem Anspruch Gottes, des Christus
    abzuquälen.

    Der Anspruch des Kreuzes Christi wurde somit zur Theorie, die kein Mensch empfangen haben sollte, oder erst im sog. Himmel!

    An dieser Stelleerzählte man mir und redete sich selbst raus, indem man Gottes Liebe tituliert und in einem als Bekenntnis bezeichneten Schriftglauben sich verliert,
    ohne die Gekreuzigte und Auferstandene Person, Jesus Christus mit zu involvieren.
    Hälfte des Talks gehört. Bin weiter gespannt!

  11. dagobertr dagobertr

    2te Hälfte gehört. Uuuundd… mein Kommentar vorher— genau der Inhalt bei euch!
    Gruuuselig 🙂
    Ihr solltet öfters einen saufen 😀

    • Reverend Mole Reverend Mole

      So ganz kann ich dir nicht folgen. Kannst du noch mal etwas konkreter Beschreiben, was du meinst, und was du so „Gruuuselig“ findest?

      LG Daniel

      • dagobertr dagobertr

        Die Fragen und Überlegungen bei Hossa waren schon lange nicht mehr so Vielseitig und unbequem wahr

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