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#145 Frauen, Männer und die Sexbesessenheit des Christentums

Antje Schrupp findet ihr hier im Internet. (Klick!)

Ihr Artikel ‚Mutter Unser‘ ist hier zu finden. (Klick!)

25 Kommentare

  1. Kriti-Sir Kriti-Sir

    Erster Teil: Schwurbeltalk.
    Zweiter Teil: Ganz nett, gabs aber schon besser.

    M.E. wurde leider zu wenig auf die geschlechtskonnotierten Eigenschaften Gottes eingegangen.
    Das mit den naturgegebenen Eigenschaften von Mann und Frau wurde auch nur angesprochen und nicht vertieft. Sehr ärgerlich.
    Stattdessen alte Grabenkämpfe aufzureißen und die Bibel dermaßen zu relativieren, nur um 2 Sätze später den Missionsbefehl hervorzuzaubern (Ja, warum soll denn der jetzt noch zählen, wenn anderes nicht zählt und was genau soll man denn missionieren, wenn man nicht weiß, was jetzt gültig sein soll? – das ist schon etwas sehr dünn).
    Und dann noch zu sagen, warum Gott sich um Kleinigkeiten wie die Familienordnung kümmern sollte – da ist mir dann der Hals kurz angeschwollen.
    Auch die Sozialisten wissen, dass die Familie die Keimzelle der Gesellschaft ist.

    Alles in allem werde ich persönlich Frau Schrupp nicht weiterverfolgen.

    P.S.: Links funktionieren leider nicht.

    P.P.S.: Welches Buch liest Fr. Schrupp über das Christentum des 1. – 3. Jhd.

    • Wenn „Mann“ und „Frau“ vor allem „naturgegebene Eigenschaften“ sind, dann kannst Du mit den „geschlechtskonnotierten Eigenschaften Gottes“ logischerweise nur den himmlischen P***s meinen.

  2. Wat’n geiler Talk! Der war so gehaltvoll, den werde ich mir nochmal anhören müssen, um über all die Themen nachdenken zu können, die da angesprochen wurden. Mannomann, oder besser Frauofrau!?!
    Soviel erstmal direkt nach dem Hören!
    Gott weiblich zu betiteln hab ich schon bei C. Brudereck bei Sisterhood üben können. Das ist wohl erstmal gewöhnungsbedürftig. Vor allem , wenn einem der Feminismus zuvor madig gemacht wurde. Aber wunderschön und hat tatsächlich den Gumminibbeleffekt, dass sich das Gottesbild ein wenig mehr in Richtung einer Weder-Mann-noch Frau oder sowohl-als-auch-Mitte einpegelt. Männlichkeitsdominierende Rede von Gott hat man ja immernoch genug, wenn man eine offizielle Kirche besucht.
    Ganz groß fand ich auch die Ansicht, dass wir den „Wir sind erlöst“ – Glauben besser tatsächlich leben sollten, statt Labels und Glaubenstheorien an den Mann oder die Frau bringen zu wollen. Und da merken wir dann, dass dat alle nich so einfach ist und alleine geht es schon mal fast gar nicht.
    Das Problem auf konservativ-ideologischer Seite ist meines Erachtens, dass da ja gar nicht an eine bestehende Erlösung geglaubt wird. Sondern an eine zukünftige, die abhängig ist von dem Bekenntnis zu bestimmen Theorien und in der Tendenz auch vor allem nach dem Tod stattfindet und mit dem praktischen Leben und Sozialverhalten annähernd so viel zu tun hat, wie der alte Mann mit weißem Bart mit der Frau mit Lockenwicklern…

    • Ela Ela

      Ich habe auch das Gefühl, dass der Dialog viel an der Diskussionsbereitschaft/ Gesprächsfähigkeit scheitert. Diskussion ist ja wie ein Streit und der bringt ja Unfrieden und das ist ja Sünde (überspitzt ausgedrückt eine harmonieliebende, konservative Denke). Habe viele kennen gelernt, bei denen diese Denke Grund dafür ist, sich nicht gerne mit anderen Meinungen auseinander zu setzen.

      Sehr gute Gästin, danke!

  3. Sebastian Sebastian

    Ihr Lieben, vielen Dank für diese Gästin. Ich habe viel gelernt, neu formuliert gehört und bin durch Antje erneut begeistert welche Varianten es von Christ-sein gibt. Das ermutigt mich immer mehr, mich aktiver mit meinem links-sein und Christ-Sein – was davon übrig ist – nach außen (d.h. auch in die Gemeinde/Kirchenlandschaft) zu trauen und mich gleichzeitig mehr anzunehmen.

    Leider funktionieren die Links in den Shownotes nicht (eine Google-Suche half mir trotzdem ;)).

  4. Gofi Gofi

    Danke für euren Hinweis! Ich habe die Links repariert. Jetzt funktionieren sie.

  5. Frau Auge Frau Auge

    Große Liebe für diese Folge
    Danke euch!

  6. Ein super Gespräch war das.

    Zwei Stellen waren mir allerdings unheimlich:

    1) wir sollten alle weniger Arbeiten und auch mal das Nichtstun genießen

    2) wir können das Unverfügbare nicht kontrollieren, auch nicht „Lungenkrebs“.

    An sich völlig richtig, aber in Corona-Zeiten (dafür konntet ihr ja nichts) ECHT scary.

    Ist Antje aus Versehen Prophetin oder sowas?

  7. Katja Katja

    Interessanter Talk, sympathische Frau – hab einiges dazugelernt und ein paar Gedanken neu sortieren und mit anderen verknüpfen können!
    Toll auch, dass mal eine Feministin anspricht, welcher Druck entsteht, wenn Frauen (fast) alles dürfen, was Männer auch dürfen, ohne dass Männer im selben Maße Dinge tun dürfen/sollen, die sonst Frauen machen mussten.
    Woran ich mich gestoßen habe, war das harsche Urteil von Antje über die Konservativen, die den Willen Gottes vereinnahmen – obwohl sie selbst offenbar total sicher ist, dass Gottes Idee/ Wille (?) für uns ist, Liebe, Frieden, Gleichberechtigung, Gerechtigkeit zu leben… Für mein Empfinden ist das dieselbe Art von Vereinnahmung, die sie bei den Konservativen kritisiert (wenngleich ich diese Art von Häresie teile 🙂 )

    Was ich nicht so recht verstanden habe, war der Missions-Inhalt: „Die Welt ist erlöst – wenn wir Jesus Christus nachfolgen“ Was bedeutet das konkret? Und weshalb ist die Erlösung der Welt davon abhängig, dass wir Christus nachfolgen? Hat Gott nicht die Welt erlöst, ohne dass wir dafür etwas geleistet haben?

    • Rebekka Tünker Rebekka Tünker

      Hi Katja!
      Genau die Frage hat mich auch umgetrieben … und ich habe das mal hypothetisch durchgespielt: Wenn man davon ausgeht, dass alle Menschen (Tiere können sich ja nicht wirklich bewusst dazu entscheiden) Jesus nachfolgen – hier mal nur im Sinne der Agape – wie sähe die Welt dann aus? Kein Krieg, kein Terror, Streit und Auseinandersetzung ja, aber immer im konstruktiven Sinne, das Beste füreinander zu bewirken und dieses jesuanische Füreinander hieße dann ja nicht nur für meine Clique, sondern eben die gesamte Schöpfung miteinbezogen. Das wäre definitiv eine Welt, die wir uns so kaum vorstellen könnten, aber – mir läuft ein Schauer über den Rücken – sie wäre real möglich. Einschränkung: Nicht jeder hat die Chance, zu glauben; andere geraten an Gläubige, die eben nicht oder weniger die Agape als eigene persönliche Maßstäbe predigen (und solche, die ja in der Bibel durchaus vorkommen, aber zu hinterfragen sind).

      Trotzdem wird ja – wie du angeführt hast – vermittelt, dass die Welt bereits durch Jesus Christus erlöst ist. Daran glaube ich auch, „die Welt“ verstehe ich dabei aber nicht als Diesseits, sondern als die lebendige Welt, die Schöpfung, das Existierende auf dieser Erde (und im Kosmos). Das Diesseits ist allzu offensichtlich eine absolut erlösungsbedürftige Welt. Wenn die lebendige Welt aber erlöst ist und diese Erlösung diesseitig verhältnismäßig selten erfährt, muss es die (voraussetzungsweise) schon stattgefundene Erlösung ja woanders erfahren …. an der Stelle komme ich um einen Jenseitsglauben nicht herum, es sei denn ich verstehe den Moment der Erlösung als Auflösung, als „Nicht-mehr-sein-Dürfen“.
      Da Leid aber nicht durch die Abwesenheit aller Empfindung, die Auslöschung der empfindenden Existenz, erlöst werden kann, sondern durch die Erfahrung der bedingungslosen Empathie, des Miteinander-Leidens (wie auch Miteinander-Freuens), kann ich nicht an eine Art Nirvana als Erlösung glauben. Für mich erfährt die leidende Kreatur dort Erlösung, wo sie selbst existent erfahren kann, dass sie bedingungslos angenommen neu erleben darf – ohne die biographische Verstrickung in Leid, ohne Verbitterung, ohne Frustration, ohne fortwährende Traumata . . .
      Einen Teil dieser Erlösung – nämlich die Empathie – kann man im Diesseits erfahren und erfahrbar machen (das wäre für mich die Nachfolge Jesu). Den anderen Teil können wir nicht vollziehen, weil wir geschehenes Leid nicht aus der Biographie der Kreatur lösen können und ihr Erleben in dieser Welt folglich davon gefärbt sein wird. Die Traumata, die bestehen – die Wunden, die aufgerissen sind, können wir versuchen zu heilen, aber es bleiben Narben, die uns im fortlaufenden Leben hemmen und hindern können … im schlimmsten Fall daran hindern können, überhaupt zu glauben.
      Ich empfinde tiefes Mitgefühl mit Nihilisten, die aufgrund persönlicher Erfahrungen einfach nicht mehr glauben können. Und genau diese Menschen geben mir die Bestätigung, dass es eigentlich eine jenseitige Erlösung (für die gesamte Schöpfung) geben muss.
      Zusammenfassend also: Einen Teil der Erlösung können wir als Menschen in der Nachfolge Jesu vollziehen – ohne dabei den Glauben zu verlieren, dass Gott Andersgläubige („Steine“) genauso empathisch sein lassen kann. (Davon abgesehen kommt die Empathie nahe dem Sinn der Agape auch in anderen Religionen und außerhalb der Religion vor.)
      Andererseits müsste die Schöpfung (sofern sie schon erlöst ist) eine Jenseitserfahrung machen, denn anders kann ich mir Erlösung nicht vorstellen.

  8. Rainer Kroeger Rainer Kroeger

    Mich wuerde interessieren, was Frau Schrupp unter „die Welt ist ja erlöst“ versteht. Kann man das undogmatisch und inhaltslose erklären? Oder bedarf es dazu eindeutiger Aussagen? Was heißt „erlöst“? Wovon? Wozu? Durch wen? An diesem Punkt hängt doch alles. Oder handelt es sich nur um eine positivistische Worthülse? —-Ich habe den Eindruck hier wird „alles andere“ relativiert, um sich selbst zu verabsolutieren. „Gott“ wird nebuloes und inhaltsleer dargestellt, als etwas über das man keine Aussagen machen kann, da er sonst nicht Gott sei. Aber dann weiss frau genau, dass dieser gott weiterführen wird, was frau mit ihrem eigenen Vermögen angefangen hat. Nach dem Relativieren wird eine neue Absolutheit eingeführt und mit grosser Gewissheit steile Aussagen gemacht. Das sogenannte konservative Christsein wird manipulative karikiert. Die Bibel gebraucht frau selektive zur Begründung eigener Vorstellungen. Frau weiss genau, was in der Bibel gut und was schlecht ist, weil sie einem anderen Skript folgt, eben einer neuen Patchwork- „Bibel“. Aber eben auch einem Skript, festgelegten Überzeugungen, die sie zu eindeutigen Schlussfolgerungen führt. Eine Begründung, dass das Neue besser ist und funktioniert, bleibt Frau Schupp schuldig.

  9. Eli Eli

    Aus soziologscher oder historischer Sicht betrachtet, ist der Talk mega- interessant . Was ich nicht wusste, z.B. dass es durch die Geburt Jesu durch Maria, und auch die vielen Christinnen auf einmal wichtig wurde, die Geschlechterfrage neu anzuschauen und welche Denkansätze es dann gab. Ich kann mir vorstellen, wie herausfordernd das war, wenn man einerseits nur Patriarchat kennt und „starke Frauen“ oft als Kult-Priesterinnen (also als negative Macht). Auf einmal sind da alle Arten von Frauen, schwache, starke, bürgerlich anerkannte und ausgestoßene, die Jesus nachfolgen und dadurch Gott neu oder tiefer oder auch ganz anders kennenlernen. Ein Rabbi der Frauen als Jüngerinnen akzeptiert, war wahrscheinlich schon eine absolute Seltenheit. Ihr Leben verändert sich ziemlich und sie fangen an zu evangelisieren und sich für Gott einzubringen. Also die Entwicklung zu einer totalen Aufwertung von Frauen ist auch schon bei Paulus, trotz seiner komischen Stellen zu sehen.

    Insgesamt sind Entwicklungen für mich vielsagender und interessanter als Standpunkte, die meistens ein Zementieren eines Erkenntniszustands sind und wahrscheinlich aus eher eigennütziger Perspektive zementiert werden. Eine Entwicklung wurde aufgehalten, weil es irgendwann in der Geschichte einer Bewegung den Punkt gab, dass eben doch die „Alpha-Menschen“ die größten Vorteile hatten. Ob es sich dann um Reiche, Weiße, Männer, Arbeitgeber, Sklavenhalter, ect. handelte, sie wollten die Macht dann halt doch behalten und schafften es, es „biblisch“ zu untermauern, oder sich hinter der Natur zu verschanzen.

    Was ich nicht so mochte bei Antje, war das harsche Runterputzen von Evangelikalen. Damit kann ich echt nichts anfangen. (genausowenig wie mit den markigen Vertretern der evangelikalen Bewegung). Jeder weiß ganz sicher, dass der andere falsch liegt. Es gibt sehr viele ziemlich gute Entwicklungen bei den Evangelikalen finde ich. Eine größere Weite – ich würde es jetzt nicht Leerstelle nennen, aber die verborgene Seiten Gottes werden doch wieder mehr gewürdigt. Auch gibt es viel mehr Raum für Fragen, die noch vor 30 Jahren superklar geregelt waren – eine größere Bereitschaft, die Bibel auf verschiedene Art zu lesen. Frauen-, Gerechtigkeits-, Menschlichkeitsthemen werden eher ethisch angeschaut und nicht mehr so oberlehrerhaft konservativ. Eine schöne Entwicklung im großen Ganzen, natürlich tritt auch oft wieder jemand auf die Bremse, weil ihm seine Felle davonschwimmen oder weil man keine offenen Fragen mag. Aber obwohl ich mich nicht mehr unbedingt als Evangelikale fühle, freut es mich, diesen „Nebenstrom“ der jetzt einfach auch mal sein darf, mit dem man sich beschäftigen kann ohne gleich rausgemobbt zu werden, zu sehen.

    Was mir im Talk nun doch irgendwie gefehlt hat, war der spirituelle Teil.

    Ihr hattet ja zwei Namen genannt, Richard Rohr und John Elderidge.

    Was Richard Rohr zu Geschlechterthemen schreibt, finde ich unglaublich gut und hilfreich. Und auch als Frau total inspirierend, obwohl es gut ist, dass er es für Männer schreibt, weil die oft völlig weit weg von ihrer eigenen Seele sind. Das ist bei Frauen oft anders, und deshalb sind „Frauenpfade“ leichter für uns zu finden. Das Ziel ist das selbe, nur der Ausgangsort ist oft ein anderer. Wir haben auch nicht so die Scheu uns auszutauschen, darüber zu reflektieren ect. weil es für uns kulturell nicht so das No-Go ist, unsere Seele zu spüren und ihr zu folgen. Auf jeden Fall, das Ziel ist, sich dem Geheimnis zu nähern – wie Gott ist und wie man selbst ist, ganz ohne diesen Ballast an Erwartungen der Gesellschaft.

    Für Männer ist es oft nicht so leicht dafür einen Raum oder Worte zu finden.

    Was er in seinem Buch „Der wilde Mann“ über Gott schreibt ist einfach unglaublich schön und tief. Etwas worin man sich verlieren und auch sich finden kann.

    John Elderidge finde ich auch gar nicht mal so schlecht (Gofi bitte antworte mir). Weil er was ausgegraben hat, das in unseren coolen pragmatischen Gesellschaft eigentlich sehr wenig Platz hat. Er beschreibt ja auch einen Pfad, in dem ein Mann als geliebtes Kind, und in seiner Jugend dann als Liebender und als Kämpfer eine Aufgabe nach der anderen durchlebt. Ich hab das Buch gelesen, als mein Sohn 14 war und dachte, das ist echt wahr, das wird voll unterdrückt. Jungs sollen in der Schule gute Noten bringen und im Sport nicht als letzte gewählt werden. Sie sollen cool sein oder hot (aber nicht zu laut). Vor lauter „sollen“ haben sie doch absolut keinen Raum rauszufinden, wer sie sind. Sie werden da reingeschmissen in ihrer Pubertät, in der sie sich keine Verletzlichkeit leisten dürfen, weil sie das bitter bereuen würden. Sind sie verliebt, dürfen sie keine Gedichte schreiben, sonst werden sie ausgelacht. Emotionen sind sehr problematisch, denn das kommt „schwul rüber“. (und das ist meistens die größte Angst von Jungs, leider immer noch). Sie sollten aber auch nicht zu kämpferisch sein und auf irgendwelche Barrikaden gehen. Also, für das Verständnis, was für Entwicklungsaufgaben junge Männer so durchleben können dürften (???) hat er eigentlich ein sehr gutes Buch geschrieben aus psychologischer Sicht.
    Vielleicht nicht für alle…. es geht da halt um Archetypen die dann irgendwann in Weisheit münden. Ich denke eigentlich, es sind auch Stationen der Weiblichkeit.

    Seine Bücher über Gott finde ich auch klasse (z.B. Ganz leise wirbst du um mein Herz). in denen erwähnt er sehr viele Mystikerinnen, die ich dadurch erst kennengelernt habe.

    Das wirklich komische ist seine Vorstellung, dass alle Frauen Prinzessinen sind und von diesen voll entwickelten tollen Männern erobert werden wollen. Da steige ich aus… das ist schon sehr kindlich und ich würde es auch schlimm finden, wenn Mädchen dahingehend ermutigt werden. Trotzdem …. irgendwelche Prinzessinnenphasen sind nicht das Ende der Welt und vergehen auch wieder, je entspannter man damit umgeht. Junge fromme Frauen finde ich manchmal auch unglaublich traditionell heutzutage, finde ich. Vielleicht wäre jetzt mal die Zeit, sich mit Archetypen (oder Archetypinnen) von Weiblichkeit zu befassen, um ihnen Mut zu machen, ihre Weiblichkeit und auch ihre männliche Seite mit allen Widersprüchen anzunehmen und das als geistlichen Pfad. Aber vielleicht muss man dazu einfach auch über 30 sein und ein paar harte Zeiten durchgemacht haben.

    Ich würde mich sehr, sehr freuen, wenn ich Feedback kriegen würde, ich weiß schon, dass z.B. der Elderidge von den ganzen progressiveren Leuten total zerpflückt wurde. Aber ein Frauenbuch, das diese mystisch-spirituellen und auch entwicklungspsychologische Aspekte vereint, habe ich leider noch nicht gefunden, so hab ich mir für meine Heldinnenreise eben die Männerbücher ausgeliehen, und das „komische“ weggelassen.

    Oder geht Heldinnenreise nicht für Feministinnen?

    Ich bin eigentlich keine Heldin geworden, aber ich finde die Welt braucht Frauen, die stark für Gerechtigkeit und missachtete Menschen und außerdem für sich selbst eintreten und die sich nicht so sehr darum scheren, ob sie von allen gemocht sind, wie es leider die kulturelle Prägung von vielen von uns ist. Und trotzdem Barmherzigkeit und Einfühlungsvermögen haben. Sanft und fürsorglich sein können, ohne einen Helferkomplex zu haben.

    So ist Gott…. außer dass er natürlich auch noch viel mehr ist.

    Hey, das Thema hat mich wieder total angefixt… ich hab lang nicht mehr drüber nachgedacht.
    Euren Talk mit Pamela Natterer hab ich gerade auch nochmal angehört. Ich freue mich auf eure Frauen- Hossa-Talks und hoffe dass die Männer davon auch was mitnehmen.

    Hab meinen Nickname kurz mal geändert, weil ich befürchte, dass keine Feministin einen so langen Post von einer „Elbenfrau“ lesen würde, glaube ich 😀 😀 :D.

    • Hi!

      Ich steig mal – Überraschung! – auf John Eldridge ein.

      Du schreibst über Jungs u. a.: „Vor lauter “sollen” haben sie doch absolut keinen Raum rauszufinden, wer sie sind. Sie werden da reingeschmissen in ihrer Pubertät, in der sie sich keine Verletzlichkeit leisten dürfen, weil sie das bitter bereuen würden. Sind sie verliebt, dürfen sie keine Gedichte schreiben, sonst werden sie ausgelacht. Emotionen sind sehr problematisch, denn das kommt “schwul rüber”. “

      Das kann ich gut nachvollziehen.

      Aber hattest Du beim Lesen von „Der ungezähmte Mann“ wirklich den Eindruck, dass Eldridge gegen genau dieses Problem anschreibt? Mir schien er eher ein Teil des Problems zu sein: Jungs sollen bei ihm Wild sein, sich durchs Dickicht schlagen oder am besten im zweiten Weltkrieg die Normandie stürmen.

      _Ich war als junger Mensch total begeistert von dem Buch, zugegebenermaßen.
      Wenn ich heute rein schaue, bin ich eher befremdet bis abgestoßen…

      Aber das ist nur meine Sicht. Vielleicht kannst Du mir ja sagen, was der „befreiende“ Teil seiner Botschaft war?

      Thema „Archetypinnen“ und „Heldinnenreise für Feministinnen“: Im Hollywood-Kino gibts ja vereinfacht erst mal zwei Heldenreisen: Männlicher Held muss gefährliche Mission erledigen (und dabei ggf. Frau retten) ODER weibliche Heldin muss in turbulenten, (mehr oder weniger) lustigen Komödien-Umständen den Prince Charming dran kriegen bzw. heiraten. Das ist natürlich ziemlich schwarzweiß, bzw. rosa-blau.

      Missionen in der Heldenreise orientieren sich also meistens an einem „männlich“ oder „weiblich“ konnotierten Lebensentwurf – weil wir halt vor allem DIESE Entwürfe haben.

      Der Gegenentwurf wären m. E. allenfalls HeldINNEN, die einen männlichen Typus substituieren, z. B. Ripley in Alien 1-4, Sarah Connor in Terminator 1-2 usw. Das sind Filme, die sich aber (behaupte ich mal) auch an ein „männliches“ Publikum wenden (vlt. kann man dasselbe für Liebeskomödien umgekehrt durchspielen)

      Meine Fragen zu diesem Thema:
      1) Kann man sagen, dass die Frau hier nur deshalb Heldin ist, weil sie das macht, was sonst Männer machen?
      2) Ist der Rollen-Tausch an sich in irgend einer Form fortschrittlich / emanzipatorisch? Oder bräuchte es ganz andere (que(e)rstehende) Narrative?

      • Eli Eli

        Hi , Florian, danke für deinen total freundlichen Kommentar mit den vielen Fragen.
        Also, in unserer speziellen Situation damals, als es meinem jungpubertistischen Sohn sehr schlecht ging und er den Lehrern zu rebellisch, der Jugendgruppe nicht linientreu genug und dem Grossteil der Verwandtschaft zu komplett unvernünftig war, und die Klassenkameraden ihn eh komisch fanden, da hat mich das Buch echt darin bestärkt, in ihm nicht das ProblemKind zu sehen, sondern vieles nachzuvollziehen. Die Liebe zur Natur, der Wunsch für Gerechtigkeit zu kämpfen und auch zu beschützen, eine sehr romantische Ader. ….Das wird eben von Elderidge sehr positiv bewertet. … Für mich als Mutter war es einfach mal was anderes. Kennst du das eneagramm? Ich denke, es ist auch so eine „Vierer“- Entwicklung und man kann es nicht auf alle Jungs oder Männer übertragen. Aber da eben Emotionen bei im allgemeinen und auch bei den Frommen schnell mal verdächtig sind, war das eben toll und befreiend. Übrigens könnte man auch bei Richard Rohr sagen, dass z.b. Dieser mystische Weg einfach auch nichts füe jeden ist. Aber für manche einfach sehr gut und einladend beschrieben. Im Nachhinein würde ich jetzt sagen, es hat vielleicht viel weniger mit Mann und Frau zu tun und mehr mit echt werden, und Mensch werden und keine Anteile von sich wegdrücken müssen .
        Thema Heldin:
        Es war immer schwierig für mich, meine innere Aktivistin mit meiner komplemplativen Art an Gott zu glauben unter einen Hut zu kriegen.. Auf der Suche nach Vorbildern fiel mir Maria ein mit ihrem Hingabe an Gott und dann aber dem revolutionären Magnifikat.
        Das ist doch mal Stoff für eine Heldinnenreise. Oder kennst du Dorothy Day? Eine katholische SozialistinJ Aber auch all die unbekannten Frauen, die gegen Unterdrückung und Diskriminierung aufgestanden sind. Aber wenn sie auch einfach und mitmenschlich bleiben und nicht dogmatisch und diskussionswütig, dann kann ich einfach mehr mit ihnen anfangen. Es ist nämlich schön, neben den eigenen Idealen auch seine eigene Unvollkommenheit auf dem Schirm zu behalten…und auch der einzige Weg, das mit Gott zusammen zu leben.

        . In der netflixserie Sufragette wird die Entwicklung von ganz verschiedene Frauen zu Frauenrechtlerinnen gut und sehr bewegend und nachvollziehbar dargestellt. Auch was die für einen Preis bezahlt haben.

        Zu den Filmen:
        Die Komödien sind nett und haben oft auch sympathische DarstellerInnen . Actionfilme mag ich eher selten, je „heldiger“ um so langweiliger. Da sind jetzt für mich nicht so die Vorbilder drin. Im Fantasybereich ist vielleicht Katness von den tobten von panem ein Beispiel für eine gute Heldin incl. All ihrer inneren Kämofe.
        Und natürlich Arwen, die heldenhafte Elbenfrau.?

        Jetzt sind wir etwas off topic geraten aber egal.
        Eli

      • Eli Eli

        Zu deiner letzten Frage noch. Der queere aspekt ist glaub ich wirklich ganz schwer mit dem feministischen unter einen Hut zu bringen…. biblisch gesehen ist Gott ja mindestens Bigender.

    • Hilde Hilde

      Hallo !
      „Heldinnenreisen“ werden ganz toll in dem Buch „Die Wolfsfrau“ von Clarissa Pinkola Estes dargestellt , vielleicht kennst du das ja . Weibliche Archetypen aus der Märchenwelt . Mich hat es sehr angesprochen , Inspiration zum reifen , selbstbewussten Frausein , wo es nicht um Beziehung und Mütterlichkeit geht, ist irgendwie Mangelware , sowohl unter Christen als auch in den Medien, das empfinde ich auch so
      Grüße , Hilde

      • Eli Eli

        Hi Hilde,
        hab mir heute einen Podcast darüber angehört, sehr interessant. Das wird vielleicht mein nächstes Buch.
        Ich weiß, dass ich eine Zeit hatte, nach einer schweren Krankheit, bei der sich alle daran gewöhnt hatten, dass ich nicht mehr die tolle Leisungsträgerin in der Gemeinde bin und auf einmal waren (fast) alle weg….. aber mit der Beziehung auch die Erwarungen, der Rechtfertigungsdruck und dieser Peerpressure. Auf einmal hörte ich die Vögel (ja, Jay und Gofi, die Federtiere) wieder singen und die Tautropfen auf den Gräsern glitzern.
        In einer sehr schwachen Phase fand ich eigentlich mich selber und auch Gott übrigens als mehr weibliche Kraft (Schöpfung) auf jeden Fall nicht so vermenschlicht und in eine Hirarchie gepresst. Das wurde eigentlich zum ersten Mal eine Kraftquelle und kein Leistungsanspruch…. eine Weile waren mir Bilder wie Vater und auch die Person Jesus eher in den Hintergrund gerutscht und das war ziemlich gut so, um einfach die anderen Seiten Gottes kennenlernen zu können, und zwar ganz allein. Vielleicht mit ein paar Bücherfreunden als Begleitung.
        Da hatte ich auch viel mit Märchen, Archetypen, ect…. zu tun. Yoga wurde eine sehr gute Art, ruhig zu werden und empfänglich, aber eben das „innerliche“ Empfänglich.
        Die Männerreisen waren ganz ok…. hatte null Probleme, das was mich ansprach rauszusuchen und dachte, ihr Jungs steckt nur in einer anderen Art Rollenerwartung fest. Aber das Wolfsfrau buch gönne ich mir jetzt, es ist eh alles schon 12 Jahre her und mein Leben ist wieder ziemlich turbulent. Nur für die christliche Art ein schlechtes Gewissen zu machen, bin ich Gott/ Göttin/ der Heiligen Ruach oder wie immer man sie nennen mag einfach immun geworden.
        Was noch immer ne Fallle ist, ist die nichtchristliche Variante, und die werde ich jetzt noch mal anschauen. Da hilft mir aber immer wieder sehr gut die Nachfolge Jesu. Ein großer Bruder… ein Freund…. kein Macho und keiner der Menschen ins Abseits stellt.

        Bin schon sooooo gespannt auf die Wolfsfrau.. 🙂
        Viele Dank Dir, Eli

        • Eli Eli

          Hey, das Buch ist da! Und es ist wirklich klasse. Ganz das, was ich gesucht hab.
          Obwohl es auch nicht komplett politisch korrekt ist.
          Aber innere Reisen sind ohnehin weder theologisch noch politisch noch sonst wie korrekt.
          Wie ich eigentlich schon vermutet hatte, finde ich so einiges wieder, was die Heldenreisen auch schon beschrieben haben, aber die Reise läuft für Frauen doch noch irgendwie anders, weil es andere Dinge sind, die im Lauf der Sozialisation weggedrückt werden, als bei Männern.

  10. soloverbo soloverbo

    Hallo Jay und Gofi,
    herzlichen Glückwunsch, die Folge war inhaltlich interessant, dabei sehr kurzweilig, weil Antje Schrupp die Gabe hat, klar, verständlich und auf den Punkt zu formulieren.
    Die Diskussion zum Schluss war besonders interessant und ein bisschen symptomatisch für den „weltoffeneren“ Teil „der evangelikalen Szene, an deren Rand ich mich immer noch bewege:
    Dass man zu den liberalen, feministischen, friedensbewegten oder sonstwie „anderen“ Christen rhetorisch die Brücken abbricht und sie als irgendwie unspirituell, vorwiegend ideologisch oder politisch motiviert etc. verdächtigt, wird (aus bitterer Erfahrung) immer noch für selbstverständlich gehalten.
    Dass eine theologische Positionierung aus der andern Ecke mal selbstbewusst polemisch dagegenhält, finde ich total in Ordnung. Sie hatte niemand persönlich, auch keine Gruppe persönlich angegriffen. Nur eine Haltung, die sich den Alleinvertretungsanspruch im Namen des Christentums anmaßt. Warum ist das denn plötzlich „pfui“? Im Gegenteil: Recht hat sie! – auch wenn viele Fundamentalisten unbestritten tolle Nachbarn sein können, sozial engagierte Menschen, mit denen man zum Teil auch gerne mal einen Grillabend (oder einen Hossa-Talk) veranstaltet. Aber warum sollen denn nicht trotzdem inhaltlich ganz falsch liegen und dafür auch offen und deutlich kritisiert werden? Das ist für mich kein Widerspruch.
    LG und: weiter so!
    Markus

  11. T. Kroll T. Kroll

    Ein sehr interessantes Gespräch mit vielen klaren und klugen Gedanken. Über einige habe ich noch nie nachgedacht, muss die aber noch weiter verfolgen. Besonders hilfreich für mich waren die Aussagen zu Mission und dazu, wer eigentlich die Frommen oder Fundamentalen sind. Und tatsächlich – es sind nicht die Konservativen.

  12. Exevangelikaler Exevangelikaler

    Grandiose Folge!
    Sehr nett finde ich auch, dass Frau Schupp in ihrem Artikel den Film Dogma erwähnt – weil er mMn – obwahl satirisch – mit verqueren Gottesvorstellungen „aufräumt“ – Alanis Morissette als Gott und die Tatsache, dass sie ab und zu auf die Erde kommt, um Minigolf zu spielen – ich finde das hat was!

    Auch zum Thema, ob Gott „er“ oder „sie“ ist – hier mal ein kurzer Vortrag (aka TED talk) zum Thema „How language shapes the way we think“ – finde ich persönlich sehr interessant – die Beispiele sind dabei gar nicht zum Thema „Gott“ oder „Gender“, sondern zeigen das Phänomen einfach mal auf:
    https://www.youtube.com/watch?v=RKK7wGAYP6k
    Interessant, wenn man das auf die Theologie oder die Geschlechterdiskussion / Gleichberechtigung anwendet. Nicht nur unsere gesellschaftliche Grundeinstellung auch unser Gottesbild ist tatsächlich durch die Sprache stark mitgeprägt! Da „müsste man(n)“ ja eigentlich dagegen wirken. Einfach mal – nur für ein Jahr – nach 2020 Jahren – die Worte Vater, Er, der Erlöser usw. durch die weibliche Variante ersetzten. Alle. Konsequent. Als Gegenpol. Mal sehen, was passiert!
    (Ich hätte auch nichts dagegen, wenn der alte weiße Mann mit Bart mal ersetzt würde – statt dessen: Beyonce? Zwinkersmiley:-) )

    Zu der Diskussion ob ich mit irgendwem (noch) diskutieren möchte oder nicht – dazu meine ich, dass Antje Schrupp völlig recht hat, NICHT mit irgendwelchen Häretikern zu diskutieren. MMn gibt es Grenzen, und die werden leider immer wieder verschoben, obwohl man sich eigentlich geschworen hatte, die nicht zu überschreiten. Aber weil der andere „ja sonst nicht mehr mit mir redet“ drückt er mir seine Meinung auf und „weil ich sonst schlecht dastehe“ muss ich es akzeptieren, mich auf seine Meinung einzulassen.
    Nein eben nicht! Die Offenheit besteht eben nicht auf der Seite der evangelikalen Häretiker. DIE stehen auf dem Standpunkt „Gott will es so und er hat das genau so in der Bibel geschrieben“. Mit so einem Argument ist tatsächlich die Diskussion beendet – diese Person hält sich für Gott und ist nicht bereit, seinen (oder ihren) Standpunkt zu verändern.

    Ich finde auch durchaus, dass einige Punkte zur Nachverfolgung einladen: Der Erfolg oder Misserfolg des monogamen Prinzips in der westlich christlichen Gesellschaft, wie wir sprachlich die männliche Dominanz auf der Gemeinde entfernen (oder warum das lohnend wäre …), evangelikale Häresie oder die christlichen Taliban – wann kann man nicht mehr reden?, wie kommt es dass man im 4 Jh. 8 Jahre lang christliche Nächstenliebe praktizieren musste, bevor man dazugehörte und was bedeutet das eigentlich in bezug auf „Bekehrungserlebnisse“ heute?
    Stelle mir das gerade vor:
    Damals: Yo, fand das halt gut was die Truppe da gemacht hat, wollte da mitmachen, bin dann durch ein Einführungsprogramm gelaufen und hab dann nach 8 Jahren meine Kutte bekommen
    Heute: Ich hab so ein YouTube Video gesehen – da ist mir Gott erschienen – also so als Vision bei mir ganz tief innendrin – und in 5 min war ich Christ. Einfach ein Gebet nachgesprochen und ich war erlöst.

  13. Hilde Hilde

    Super Folge . Es ist ein Vergnügen, Frau Schrupps klarer und unaufgeregter Argumentation zuzuhören .
    Einen Gedanken nehme ich für mich mit : die Frage, ob es mir um eine christliche Marke oder um Gott geht, bei dem was ich sage und wie ich lebe . Das wird mich eine Weile beschäftigen . Danke dafür !
    Gruß Hilde

  14. Ellij Ellij

    Sehr schöner Talk, vielen Dank für die Anregungen – auch an die Kommentierenden! Ich habe auch noch etwas Senf abzugeben:

    Zum Thema „Rollenverteilung und Ehe neu denken“ lohnt es sich durchaus, hin und wieder einen Blick in die Geschichte zu werfen und aus den erfolgreich erprobten wie auch aus den misslungenen Erfahrungen früherer Gesellschaften zu lernen. Die School of Life hat das freundlicherweise schon einmal vorbereitet und in ein 15-minütiges Video komprimiert: https://m.youtube.com/watch?v=fK2IJ43ppd0

    Wärmste Empfehlung! 🙂

  15. Rebekka Tünker Rebekka Tünker

    Super Talk! Kann man nicht anders sagen – da macht das Gehirn vor sinnvollem Input Kopfstände!
    Ich persönlich bin froh, dass sich mein früher Gottesbegriff zwar auch – wie üblich – mit der Vaterrolle verknüpft hat, Jesus davon in meiner Vorstellung jedoch unberührt geblieben ist. Ihr hattet ja auch mal darüber gesprochen, dass viele „Aussteiger“ in und nach der De- bzw. Rekonstruktion händeringend, wortesuchend nach Gottesbegriffen und Namen suchen, die sie im Gebet nennen können, ohne an eingebrannte Prägungen und Erfahrungen erinnert zu werden.
    Zu „Gott“, „Vater“ oder „Herr“ habe ich teilweise versucht zu beten – keine Verbindung, nichts, nada. Umso froher bin ich, dass ich den Namen „Jesus“ nicht mit negativem assoziieren muss und dazu eine positive Verbindung habe.
    Dank eurem Talk ist mir mal aufgefallen, dass die sexuelle Identität Jesu für mich überhaupt keine Rolle spielt. Er könnte vorstellungssweise Frau, Mann, Cisgender, Transgender, intersexuell . . . Dragqueen oder Dragking sein. No matter what. Bezüglich der Agape (der liebevollen Hingabe) steht fest, dass sie allen Lebewesen, der gesamten Schöpfung, gleichermaßen gilt. Dafür spielt es keine Rolle, ob Gott (in meinem Fall immer Jesus genannt) eine (bestimmte) Geschlechteridentität oder sexuelle Orientierung hat.
    Genau diese klare Zuschreibung ist – wie jedes Bild von Gott in unseren Köpfen (Bilderverbot?!) – fatal, wenn davon dieser „Panagapismus“, die liebevolle Hingabe für alle Lebewesen, beeinflusst wird, sich gar einengend darauf auswirkt . . .
    Die Frage ist nur: Wie stelle ich mir Gott vor, damit er in mir nicht immer bestimmte Stereotype weckt (bspw. die Privilegiertheit weißer Menschen)? Als dunkelhäutige Frau? Wäre eine Möglichkeit, um gegenzusteuern ….
    Wenn man den Gedanken weiterspinnt, müssten wir uns Gott abwechselnd mit verschiedenen ethnischen Hintergründen, Geschlechtern etc. vorstellen … darin würden sich die meisten Menschen vmtl. ungeborgen fühlen, weil das innere Bild Gottes für viele gerade etwas beheimatendes, vertrautes ist, das sich nie verändert.
    Vielleicht sollten wir an der Stelle unsere Definition von Heimat und Geborgenheit, von Vertrautheit überdenken. Damit kann nicht die Rückkehr zum bereits Bekannten gemeint sein oder eine unveränderliche Konstante, weil die Unveränderlichkeit an sich bereits lebensfern, um nicht zu sagen lebensfeindlich, ist. Lebensferne ist aber das letzte, was wir mit Gott/Jesus in Verbindung bringen können.
    Liegt die Vertrautheit nicht eher in der Agape, in der bedingungslosen Hingabe und Zuwendung? Wenn es das ist, worin wir uns immer wieder bergen können, kann Gott uns in seiner Erscheinung völlig fremd sein, äußerlich wie innerlich. Er trägt keine sozialen Rollen wie die des Vaters, die kulturell abhängig mit verschiedensten Normen und Konformitätsansprüchen aufgeladen sind.
    Das ist im eigentlichen Sinne befreiend, denn sobald wir unser Gottesbild durch dergleiche Vorstellungen einengen und in Stereotype zwängen, zwängen wir uns selbst in eben jene Stereotype. Dann beschränken wir uns höchstwahrscheinlich auch in der Agape, die wir anderen schenken wollen.

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