#152 Gott hat keinen Plan. Sie hat ein Ziel.

Unser heutiger Gesprächspartner aus der Schweiz ist hochinteressant: Als versierter Theologe beteiligte sich Manuel Schmid jahrelang am kreativen Chaos der Gemeindegründungsbewegung ICF; inzwischen jedoch arbeitet er für die Reformierte Kirche in der Schweiz und am Zentrum für islamische Theologie in Münster.

Wir reden mit ihm über die Frage, ob Gott einen Plan hat, konfrontieren ihn mit Kritik am ICF und rätseln gemeinsam, ab wann man Kirche eigentlich überhaupt ‚Kirche‘ nennen darf.

Übrigens: Jay war zu Gast in Manuels Show ‚Popcorn Culture‘. Hier findest du das Gespräch der beiden:
https://popcornculture.podigee.io/9-neue-episode
https://youtu.be/ndZomr5TnLQ

64 Kommentare zu „#152 Gott hat keinen Plan. Sie hat ein Ziel.“

  1. Wow Leute, der Talk hat mich wirklich geflasht! Nachdem ich anfangs etwas skeptisch war, ob ihr euch vom Thema ICF und der Deutschen Bahn noch lösen könnt, war ich umso positiver überrascht, dass Manuel so klasse klare Kante beigesteuert hat! – Und das auch mal in aller Zwiegespaltenheit bezüglich des Verschleißes von Mitarbeiter*innen durch Projekte wie ICF – Respekt!
    Über offenen Theismus könnt ihr gerne häufiger diskutieren, das war super erfrischend … vllt. ja auch mal mit einem Islamwissenschaftler 😉

    1. Danke Rebekka für die positive Rückmeldung – das freut mich sehr. Ich war etwas überrascht, dass wir uns so lange beim ICF aufgehalten haben – aber die Fragen waren richtig und wichtig. Und ja: Über den Offenen Theismus gäbs noch einiges zu diskutieren…;-)

  2. Klasse Folge! Danke – vor allem die Beschreibung der inneren Haltung mancher ICF-Leute zu Beginn dieser Bewegung hat mich im Grundansatz an bestimmte Phasen meiner eigenen „frommen“ Geschichte erinnert – diesen radikale Ansatz haben wir damals zum Glück nur ca. 3 Jahre durchgehalten, und dann unsere Jugendleiter (der in seinem ideologischen Habitus interessanterweise von der 68er Bewegung geprägt worden ist – er hat sehr an seine eigene Rechtgläubigkeit geglaubt) „rausgeschmissen“ – und uns dann gemeinsam neu sortieren müssen – leider gab’s in dem ganzen Durcheinander auch ein paar Leute, die ihr in dem Podcast als zurückgelassene „Leichen“ beschrieben habt … Bitter… Letztlich steckte in der Fehlentwicklung viel von dem, was Jens Stangenberg aktuell in seinem „Bibelfundamentalismus“-Podcast kritisch anmerkt… Leider sehr aktuell …

    Viele Grüße, Matthias

    1. Hi ihr,
      Ich fand es gutl, dass ihr Hossas die „Leichen“ im Keller erwähnt…. weil es schon traurig ist, dass die so oft zurückbleiben. … und manchmal dann noch den „selber schuld“ Stempel kriegen, was zwar ein teill der Wahrheit ist, aber niemand gross stört, während die sich verausgaben. Sorry und Leute Kollateralschaden zu nennen find ich auch nicht so ok. Das ist BWL…?
      Ansonsten ist der Talk echt interessant, Manuels Lache episch und ich bin auch happy, dass die Saison wieder eröffnet ist.

  3. Wieder mal ein großartiger Talk.

    Witzig auch, wie sich der Kreis meiner beiden deutschen Lieblingspodcasts mit Hossa-Talk und RefLab hier schließt.

    Ich liebäugele auch schon lange mit dem offenen Theismus, vor allem weil er für mich sehr gut kompatibel ist mit der wissenschaftlichen Entstehungsgeschichte des Menschen, der Evolution. Denn die Evolutionstheorie (vorallem die Genetik) lehrt, dass neben den vier zentralen Naturgesetzen (Gravitation, Elektromagnetismus, Starke und schwache Kernkraft) eben eine zusätzliche (vlt. nicht so beliebte) „Kraft“ als Naturgesetz in der Schöpfung irgendwie verankert sein könnte: und zwar die des Zufalls (Mutation). Metaphysisch gesehen scheint selbst auf primitivster Zellebene eine schöpferische Freiheit gegeben sein, die der Schöpfung erlaubt in verschiedenste Richtungen zu gehen und sich zu bewähren oder eben nicht (Selektion)… im Grunde das selbe Prinzip wie beim soziokulturellen Menschen, der durch seine Entscheidungen und Interaktionen mit anderen entweder Fehler begeht oder Erfolge feiert.

    Für mich hat die konventionelle Theorie des „allwissenden“ Gottes einige Schwachstellen, die durch den offenen Theismus gelöst werden können:

    1. Wie Manuel bereits erwähnt hat, lassen sich durch den offenen Theismus Bibelstellen erklären, in denen Gott fast schon „überrascht“ oder „enttäuscht“ wirkt. Im Lichte der konventionellen „Allwissenheit“ erscheint mir das deutlich schwieriger.
    2. Man fragt sich auch nach der Bedeutung (oder dem Sinn) des Lebens selbst, wenn Gott den Ausgang eines jeden Invidiuums und der Menschheit im Ganzen bereits vorab kennt. Hier sind (konsequenterweise) Bewegungen wie der Calvinismus mit seiner Prädestinationslehre entstanden, die besagen, dass der Mensch ohne eigenes Zutun entweder für die Hölle oder den Himmel (sofern es sie denn gibt) erschaffen wurde. Setzt man die absolute Allwissenheit Gottes voraus, kann ich diese Folgerung sehr gut verstehen, da Gott ja bereits bei unserer Geburt wissen müsste, wo wir letztendlich landen. Und selbst wenn man behauptet, Gott wüsste es zwar aber es bleibt dennoch unsere eigene Entscheidung, dann erscheint das Leben als nicht viel mehr als ein Test, eine Probe, ein Filter… was auch immer. Auf jeden Fall kein Leben, das wirklich lebenswert ist.
    3. Machen menschliche Fähigkeiten wie Fantasie und Kunst im Rahmen eines offenen Theismus für mich persönlich viel mehr Sinn. Wieso sollte uns Gott mit all diesen Fähigkeiten ausgestattet haben, wenn all diese „alternativen Ideen, Gedanken, Leidenschaften“ sowieso in der Sackgasse landen, da die Menschheitsgeschichte doch vorherbestimmt ist. Es wäre doch in diesem Szenario viel sinnvoller wir wären auf diese eine Lebensweise gepolt, die Gott sich für uns vorgestellt hat. Wieso also sind wir so fasziniert von anderen Welten, anderen Systemen, Utopien o.ä., die uns tagtäglich in Computerspielen, Filmen und Serien entgegenkommen? Der Mensch hat offensichtlich eine schöpferische Kraft und Entscheidungsfreiheit verliehen bekommen (Teil des Ebenbild Gottes?), die es ihm ermöglicht zu träumen, zu experimentieren und auszuprobieren. Ich weigere mich diese Kreativität des Menschen (sofern sie in Liebe praktiziert wird) als „Abnorm“ oder vielleicht sogar „Sünde“ zu werten. Vielmehr ist sie Zeichen der unendlichen Vielfalt und Offenheit Gottes, wie wir sie auch in der Natur vorfinden.

    Liebe Grüße an alle.

  4. 35:30 Bin ich genau der gleichen Meinung. Bei mir ist auch der Fremdscham echt hoch wegen schlechter Gottestdienstperformance, die nicht selten durch eine „für Gottestdienst reichts“-Mentalität geprägt wird.
    Es gab ja in den letzten Monaten kriesenbedingt viele Onlinegottestdienste und da habe ich ebanfalls deutlich wahrnehmen können, dass die Ansprüche an die Gottestdienstqualität seeehr unterschiedlich sein können. Bei vielen Kirchen ändert eine mediale Präsenz anscheinend nichts an der Durchführungsqualität. Und das finde ich auch ziemlich peinlich, wenn niemand Geringeres als der/die Allmächtige repräsentiert werden soll.

  5. Nach mittlerweile nun schon recht langer Zeit des passiven Mithörens von Hossa-Talk (wie es dazu kam, ist ne andere Geschichte) nun also mein erster Kommentar bei euch…

    Das war einfach ein super-interessanter, saugeiler Talk mit Manuel Schmid. Insbesondere, was seinen Open Theism – Ansatz betrifft. Aber dazu vielleicht anderer Stelle mehr. Manuel kenne ich schon länger, was ebenfalls – zumindest mittelbar – mit euch zu tun hat.

    Besonders sympathisch fand ich übrigens den Klang der Weinflaschen und das Einschenken des Vinos. – Gott, was hab ich gelacht! 🙂

    Bereits vor diesem Talk hatte ich das Reflab-Gespräch zwischen Manuel und Jay zum Thema Netflix & Co gehört, insbesondere natürlich zur Serie DARK. Was prompt zu einer Anmeldung bei Netflix geführt hat. Ich muss DARK einfach sehen! Da haben wir echt was gemeinsam, Jay. Bin ebenfalls ein total cineastischer Mensch (wenn auch kein Serien-Junkie) – ich weiß gar nicht, wie viele DVDs ich inzwischen besitze. Überhaupt denke ich, analog zu euch, dass die wirklich smarten Filmemacher die Propheten unserer Zeit sind!

    Selbstverständlich kenne ich „Dekurtistot“ (Hier!…Haste schon gehört?…. Und de Wulfgang? Den hat’s jetzt auch erwischt!) Puh, das ist schon eine ganze Weile her… War das nicht auf der „Intim 2000“? Das haben wir damals rauf- und runtergebetet. Da habt ihr echt was angerichtet!

    Also, bitte unbedingt weitermachen mit Hossa-Talk! Die (post-evangelikale) Welt braucht euch!

    Grüßle aus Hessen!
    Euer Pooky

  6. Klasse Folge, schön das ihr auch mal das Thema offener Theismus angesprochen habt, wurde auch mal Zeit :-). Kann mich Rebekka da nur anschließen, das Thema könnt ihr gerne häufiger ansprechen, da gibt es viele Aspekte die der Zeit wegen bei diesem Talt leider nicht zum Zug gekommen sind. Manuel Schmid ist im deutschsprachigen Raum da auf jeden Fall die richtige Adresse zu dem Thema.

    Freu mich das die Sommerpause vorbei ist, obwohl ich euch eure Pause schon gegönnt habe.

    Liebe Grüße
    Otniel

  7. Hallo zusammen,

    super Podcast, danke Euch.
    Ich habe fragen??
    Plan Gottes, mir wurde in meinem Kontext( sehr evangelikal) immer wieder begegnet, dass Gott einen super Plan für uns hat , dass wir ihn einfach nur finden müssen: finde gottes Plan, er hat einen Plan für dein Leben. Wenn dem so ist oder wäre, dann müsdteyich es ja auch Gottes Plan sehen wenn meine Ehe zugrunde geht, wenn ich Alkoholiker werde ectr….
    bitte gerne dieses Thema mal als separater Podcast.
    Zu ICF: ist Segen automatisch Aufbruch? Ist Segen automatisch da , wo vieleMenschen zusammen kommen? Wachstum gleich Segen wie in der Wirtschaft? Oder ist Segen da wo 2 oder 3 zusamnenkommen.??
    Ging es Jesus um Maße, Wachstum??

    Freu mich auf
    Rückmeldungen
    Lg
    Der andere Matthias

    1. Hallo Matthias,

      ich erlaube mir mal darauf meine Antwort zu geben.
      Auch ich komme aus einer evangelikalen Prägung, aus der ich die Botschaft des individuellen Plan Gottes sehr gut kenne. Der offene Theismus setzt diesen Plan aber gerade nicht voraus! (Manuel, bitte korrigiere mich falls ich hier falsch liege)

      Im offenen Theimus begibt sich Gott mit seiner Schöpfung auf ein gemeinsames „Abenteuer“, so wie es Manuel im Podcast ausgedrückt hat, dessen Ausgang erstmal völlig offen und eben nicht vorherbestimmt ist. Wenn Gott für das Kollektiv des Menschen keinen expliziten Plan hat, so kann/darf man schon gar nicht auf einen Plan für jedes Individuum schließen.

      Wie du selbst schon erkannt hast, zieht die pauschale „Gott hat für jeden einen Plan“-Botschaft erhebliche Probleme nach sich. Ich persönlich kann keinen größeren Sinn aus dem Holocaust und den über 7 Millionen leidenden Juden sowie Nicht-Juden ziehen. War das der Plan Gottes für sie?

      Oder die zahlreichen persönlichen Schicksäle, Krankheitsfälle, Traumatas mit denen jeder Einzelne im Leben zu kämpfen hat. Versteh mich nicht falsch, ich glaube, dass Gott in diesen Situationen ganz nah bei uns ist (die Symbolik des Kreuzes Christi, der mit uns leidet). Ich glaube auch, dass wir aus diesen Erfahrungen und besonders im Leid lernen und wachsen können. Und häufig sind es auch diese Situationen, die den Menschen besonders nah an Gott heran rücken lassen. Aber es wäre absolut falsch dies als Plan Gottes hinzustellen. Dies entspreche einem Vater, der nicht nur zulassen würde, dass das Kind seine Hand auf die Herdplatte legt, sondern der selbst und willentlich dafür sorgt, dass das Kind genau dies tut, damit es dann einen Grund gibt sich im Schoße des Vaters auszuheulen und ihm „näher zu kommen“. Das kann meiner Meinung nach nicht Gottes Absicht sein und vermittelt ein völlig falsches Gottesbild…

      Ein letztes: Häufig wird die „Plan Gottes“-Botschaft auch mit biblischen Figuren wie Josef bekräfigt, bei denen aus großem Leid großer Segen entstand. Doch auch hier wird leider wieder gnadenlos pauschalisiert und dies zu einem allgemeingültigen Prinzip erklärt, wo uns doch die Erfahrung eindeutig lehrt, dass da keins ist. Ich könnte zu Josef oder anderen biblischen Figuren Hunderte andere Zeugnisse entgegen halten, bei denen trotz Gottesglauben kein Happy End zu sehen war. Im Endeffekt ist, wie Richard Dawkins uns Christen leider zurecht ankreidet, die „Plan Gottes“-Botschaft (er bezieht das Argument eher auf das Gebet, lässt sich aber auch hierfür gut übertragen) eineTheorie, die nicht entkräftet werden kann. Denn jeder mögliche Ausgang, egal ob „positiv“ oder „negativ“, kann irgendeiner Weise als Plan Gottes verargumentiert werden. Da diese Theorie also nie falsch sein kann, kann sie im Umkehrschluss auch nicht als wahr angenommen werden.

      Auch der Bezug auf Satan oder Dämonen kann hier nicht wirklich helfen, denn was ist ein Plan Gottes schon wert, wenn er in jedem individuellen Leben durch das Wirken des Bösen durchkreuzt werden kann? Im Endeffekt kann man sich in diesem Denken doch auch nicht sicher sein.

      Ich verbleibe aus diesen genannten Gründen also mit dem offenen Theismus, der zwar das Leid dieser Welt und die zahlreichen Fehlschläge in Moral, Politik und Gesellschaft sicher nicht erklärt, aber es zumindest nicht Gott anlastet.

    2. Hallo Matthias, danke für die Rückfragen – zum Plan Gottes: schau mal hier rein – da ist ein Vortrag von mir über den Offenen Theismus (an der STH Basel, sonst nicht grad meine theologische Wiege…;-), der dir vielleicht ein besseres Bild gibt: https://sthbasel.ch/offener-theismus-bericht/.
      Und wegen Segen und Wachstum: nein, natürlich ist das nicht identisch – genau dafür hab ich mich im Gespräch ja eingesetzt: Ob das, was man erlebt, wirklich Segen war, wirklich den Namen »Kirche« verdient hat, das wird sich erweisen. (Aber natürlich würde ich auch nicht in den Chor derer einstimmen wollen, die ihre eigenen Misserfolge, Irrelevanz und Schrumpfprozesse noch geistlich verklären wollen…;-)
      Ganz liebe Grüsse! Manuel

      1. Hi Manuel,

        ich habe jetzt deinen Vortrag angehört und finde ihn wirklich sehr ansprechend. Gut durchdacht und mit viel Herz, genauso wie eine Diskussion über Gottes Wesen sein sollte.

        Du hast vielleicht aus meinen vorherigen Beiträgen erkannt, dass ich ein großer Befürworter des offenen Theismus bin und mir auch schon vorher meine Gedanken dazu gemacht habe. Probleme bereitet mir die uns gegebene Freiheit, die für mich auch Inbegriff der Liebe Gottes darstellt!, nur im Zusammenhang mit der Theodizeefrage.

        Ich habe erst letztens das Argument eines bekannten Atheisten gelesen, dass ein Vater, der der „Freiheitwillen“ zulassen würde, dass sein Sohn seine Tochter vergewaltigt, im menschlichen Sinne nicht wirklich liebevoll handelt. Kein normaler Vater würde dies zulassen… Wenn es um solch Gräueltaten geht, dann wäre es liebevoller in die Freiheit des Sohnes einzugreifen, um ihn (und vor allem das Opfer!) vor den negativen Konsequenzen zu bewahren.

        Ich liege diesbezüglich sehr im Zwiespalt, denn natürlich bedeutet jedes Eingreifen Gottes gleichzeitig, dass der Mensch um gewisse Erfahrungen, Lerninhalte und eben auch seiner Freiheit beraubt wird (woher soll der Sohn wissen dass Vergewaltigung schlecht ist und dem Opfer erheblich schadet, wenn es sowas in der Vergangenheit nicht schon mal gegeben hätte, bzw. der Mensch diese Erfahrung nicht hätte machen können?). Dennoch finde ich dieses Argument häufig „flach“, besonders wenn es um extremes Leid geht. Natürlich haben wir durch den Holocaust oder andere Vergehen als Menschheit viel dazugelernt, doch rechtfertigt das die zahlreichen Opfer und deren individuelles Leid? Wäre hier ein Eingriffen Gottes nicht wirklich die liebevollere Alternative?

        Vielleicht hast du / oder andere sich dazu schon Gedanken gemacht und können mir ein paar neue Impulse geben.

        Danke!

      2. Hallo Manuel,

        deine Präsentation zum verlinkten Vortrag an der STH habe ich mir ansehen und gehe weitgehend mit (https://sthbasel.ch/wp-content/uploads/Schmid-Pra%CC%88sentation.pdf). Dass zur Ebenbildlichkeit Gottes eine echte Entscheidungsfreiheit gehört mit einer Wirkung auf die Geschichte, ja. Auch dass Gott auf die Haltung und Entscheidungen des Menschen dynamisch reagiert und seine Wege anpasst, auch ja.

        Du stellst an einer Stelle fest, dass auch der OT das Problem nicht löst, wie Gott seine Makroverheissungen einhalten kann, obwohl er im Mikromanagement Entscheidungsfreiheit zulässt. Richtig?

        Hier schlage ich vor, dass bei der Umsetzung, beim Handeln nicht nur die Kategorie der Freiheit vs. Determiniertheit betrachtet wird, sondern die Kategorie der Macht. Man kann ja viel wollen, wenn der Tag lang ist… Woher kommt denn die Power, die Geschichte auch in der gewünschten Richtung zu bewegen?

        Mit unserer Kraft ist nichts getan, wir sind gar bald verloren…

        Nimmt der Offene Theismus diese Thematik auch mit auf? Hierzu habe in deiner Präsentation nichts gefunden.

  8. Hi vielen Dank Euch beiden für Eire Rückmeldung.
    Genau das wollte ich eigentlich hören/ausgeführt haben ??tat mir jetzt gut.
    Vielen Dank nochmals.

    Lg
    Matthias

  9. Hi Daniel,
    noch ne Frage an Dich: wie würdest Du jemand antworten, wenn die Aussage kommt, Gott lässt nicht nur schlimme Dinge zu , sondern er tut Sie auch?
    Aus Jeremia glaub ich: ist ein Unglück in der Stadt das der Herr nicht tut?! Oder so ähnlich

    Lg
    Matthias

  10. Schön, dass ihr wieder da seid und es euch offensichtlich recht gut zu gehen scheint. Ich hab euren Talk mit Interesse verfolgt und bin ernsthaft ganz begeistert, was ihr doch immer für tolle Gäste bei euch habt!

    Das mit der offenen Theologie scheint mir allerdings nur ein weiterer hilfloser Versuch zu sein, irgendwie retten zu wollen, was schon längst nicht mehr zu retten ist. Nämlich die so alte, wie falsche Vorstellung, da sei ein allmächtiger, allgütiger und allwissender Gott, der seinen Geschöpfen die Erde zum Geschenk gemacht hat, um eben darin seine Macht, Güte und Weisheit zum Ausdruck zu bringen und am Ende alles ganz supi werden zu lassen. Und dann schaut sich der Mensch dieses Geschenk mal bisschen genauer an und stellt verwundert fest, dass das mit dem Leben und der Schöpfung doch alles eher suboptimal gelöst ist und fängt dann wahlweise an, an der Allmacht, der Allgüte oder der Allwissenheit Gottes zu zweifeln.

    Die einen Theologen versuchen dann Gott zur Seite zu springen indem sie seine Allmacht einschränken und sich mit dem Gedanken trösten, dass er ja schließlich, wenn schon nicht allmächtig, immer noch mächtig genug sein könne, um alles zu einem guten Ende zu bringen. Ein nicht wirklich überzeugender Ansatz wie mir dünkt, weil sich weit und breit keinerlei machtvolles Eingreifen Gottes in der Welt beobachten lässt, obwohl dies ja nun wirklich immer wieder dringendst nötig wäre.

    Der offene Theologe scheint mir deshalb einen etwas anderen Ansatz zu wählen und schränkt dann lieber die Allwissenheit Gottes ein und verkündet frohgemut, dass sich Gott von uns überraschen lassen möchte und unsere angebliche Freiheit so dolle wertschätzt, dass er am Ende dann doch vom Menschen enttäuscht wäre, würden alle Atomnationen gleichzeitig den großen roten Knopf drücken. Bumm! Konnt er ja nicht wissen….

    Mir hingegen scheint da nur die dritte Möglichkeit wirklich plausibel, nämlich das Gott unmöglich gut sein kann. Im Gegenteil, er scheint ein verdammter Sadist zu sein, der große Lust daran verspürt seinen Geschöpfen Leiden zu machen und sie nach allen Regeln der Kunst missbrauchen, quälen und irgendwie, egal wie, kaputt machen zu wollen, was ihm auch grundsätzlich, so spätestens nach rund 80 Lebensjahren, bei ausnahmslos jedem gelingt! Hallelujah, ich preise Gottes Allmacht und Weisheit!

    Gut, ich geb’s ja zu, ich halte den gesamten theologischen Ansatz von einem allmächtigen, allgütigen und allwissenden Schöpfergott für ausgemachten Blödsinn und bin fast schon amüsiert, dass manche Theologen offensichtlich noch immer daran festzuhalten versuchen und trotz zahlloser Argumente gegen einen solchen guten Gott wähnen, ihn doch noch irgendwie halten und plausibel machen zu können. Nun gut, den Atheismus wird’s freuen!

    Und in diesem Sinne und um das dreifache Hossa mal zu paraphrasieren, verabschiede ich mich mit einem fröhlichen Marcion, Marcion, Marcion!

    LG
    der Daniel

  11. Hallo Matthias,
    Hallo Daniel,

    was für ein Zufall, dass deine Frage Matthias wie man der Behauptung „Gott würde nicht nur die bösen Dinge zulassen, sondern sogar selbst auslösen“ begegnet, direkt von „dem Daniel“ genauso bestätigt wird (Gott ist in Wirklichkeit ein Sadist und quält seine Geschöpfe willentlich).

    Ich würde zunächst einmal zwischen den einzelnen Motiven unterscheiden, die einer solchen Behauptung zugrunde liegen können.

    Menschen, insbesondere Christen, wollen manchmal an einer bösen, zornigen Natur Gottes festhalten, weil es der eigenen bösen, zornigen Natur entspricht. Der Mensch ist in diesem Fall nicht das Ebenbild Gottes, sondern Gott wird zum Ebenbild des Menschen. In einem Gespräch mit einem guten Freund, der selbst auch Christ ist, ist folgende Aussage gefallen: „ich kann die Ungerechtigkeiten, die an mir oder anderen verübt werden, nur akzeptieren, weil ich weiß, dass Gott sich persönlich um die Täter kümmern wird“. Ich kann absolut verstehen, dass dieser Gedanke in Zeiten des eigenen Ärgers und Zorns versöhnlich wirkt, aber er hat keine transformative Kraft. Zorn bleibt Zorn, nur dass wir den eigenen Zorn zu Gottes Zorn machen. Rache bleibt Rache, nur dass wir sie nicht persönlich ausüben. In diesem Szenario ist gar keine Veränderung zu sehen, keine Vergebung, nichts von dem was Jesus gelehrt hat… der Kreislauf des Bösen wird nur „ins Jenseits verschoben“. Solche eine Motivation würde ich bei einem Gesprächspartner offenlegen und nicht kommentarlos dulden, weil sie absolut schädlich für den Glauben, das Christentum und unsere Gesellschaft ist.

    Im Falle von dir, Daniel, sehe ich das anders. Bei dir lese ich keine bösartige Natur heraus, sondern eher Verzweiflung über den aktuellen Zustand des Lebens und der Wirklichkeit. Diese Verzweiflung kann ich absolut nachvollziehen, überkommt sie mich doch auch immer wieder. Dennoch würde ich dich dahingehend herausfordern wollen, was dein Glaube eines sadistischen Gottes mit dir und deinem Herzen macht.

    Die Neurowissenschaft bestätigt, dass unser Gottesbild (speziell auch im Gebet) erhebliche Auswirkungen auf die Vernetzung unseres Gehirns hat. Personen, die von einem zornigen, strafenden, vielleicht sogar sadistischen Gottesbild ausgehen, verknüpfen den Gedanken an Gott mit genau diesen Hirnarealen, die Ärger, Angst, Aggression auslösen. Personen, die wiederum an einen liebenden Gott glauben und diesen anbeten, vernetzen Gott mit den Hirnarealen, die für Liebe, Mitgefühl und Hoffnung zuständig sind. Nicht umsonst hört man desöfteren den wahren Ausspruch „du bist was du glaubst“.

    Ich würde behaupten, dass dein Glaube dich nicht erfolgreich durchs Leben trägt und dich perspektivisch sicher auch nicht zu einem besseren Menschen macht (damit will ich nicht sagen, dass du kein guter Mensch bist… du hast sicherlich andere gute Gründe „gut“ zu sein, aber es ist sicher nicht der von dir geäußerte Glaube). Wenn Gott ein Sadist wäre, so wären all unsere Bemühungen hier auf Erden völlig umsonst. So wäre das Leben selbst nicht viel mehr als der reine Überlebenskampf, ausschließlich zur Belustigung „des weißen Mannes im Himmel“. Dass solch ein Glaube uns nicht zum Guten anspornt und uns alle unweigerlich in tiefe Depressionen stürzen müsste ist offensichtlich.

    Doch genau hier ist die Botschaft des Christentums so hoffnungsvoll und verändernd. Du hast Recht, dass alle Erklärungsversuche des Leides in dieser Welt letztendlich Versuche bleiben (die einen vernünftiger, die anderen weniger vernünftig). Dennoch haben wir in Jesus Gottes Menschwerdung, die sich mit uns im Leid solidarisiert. Jesus hatte nicht den Anspruch uns bis ins kleinste Detail zu erklären, warum die Dinge so sind wie sie sind. Aber er hatte den Anspruch dem Leid in gleicher Weise zu begegnen wie wir es müssen. Gott ist sich für das Leid nicht „zu schade“, sondern er begegnet uns häufig genau darin. Jesus, die Beschaffenheit von Liebe (die für mich persönlich immernoch mit Abstand das höchste Gut, das glücklichste Gefühl und die transformativste Kraft darstellt, dem die Menschheit in ihrer Gesamtheit immer weiter entgegenstrebt) und die Notwendigkeit von Beziehungen für uns als soziale Wesen sind für mich mehr als genug Gründe, wieso Gottes Wesen Liebe verkörpert.

    Und sowohl die Frucht, die sich aus diesem Glauben ergibt und wissenschaftlich bewiesen ist, bestätigt mich darin, als auch die zahlreichen Mystiker und anderen Gläubigen, die Gott begegnen durften und durch die transformative Liebe und Gnade, die sie erfahren haben, verändert wurden.

    Ich hoffe Daniel, dass du deine Verzweiflung (die sich bereits spürbar in deinem Sarkasmus äußert) loslassen kannst und Gott eine neue Chance gibst.

    Und Matthias, für dich waren hoffentlich auch ein paar Impulse dabei.
    (Es gibt noch ein drittes Motiv und dies ist eine fundamentale Bibelauslegung, bei der dem Gläubigen gar keine andere Wahl bleibt als mit den Stimmungsschwankungen Gottes klar zu kommen. In diesem Fall bringen aber selbst die besten Argumente nichts, weil ein Angriff auf die Unfehlbarkeit der Bibel einem Angriff auf den existentiellen Glauben des Gegenüber gleichkommt. Und niemand möchte sich das „Fundament“ wegnehmen lassen, auf dem man steht. In diesem Fall heißt es den anderen so stehen lassen (hier können wirklich tiefgreifende Verletzungen entstehen und deshalb ist Sensibilität gefragt) und für ihn da zu sein, sollten ihm irgendwann eigene Zweifel an seiner Bibelinterpretation kommen).

    Ganz liebe Grüße von dem anderen Daniel.

    1. Moin,

      huch, bin ich jetzt etwa evangelisiert worden? Das ist mir ja schon ewig nicht mehr passiert. Und vorallem nicht so nett und nachvollziehbar, mit Beweisen aus den Neurowissenschaften….Hört, hört!

      Allein, mit so Ausagen wie „Gott ist sich für das Leid nicht zu schade, sondern begegnet uns häufig genau darin“ verstärkst du bei mir nur den Argwohn gegen einen solchen Gott. Ich verdächtige ihn dann nämlich uns gerade deshalb soviel Leid zu machen, weil er uns im Leid begegnen will, weil er den Menschen am Boden sehen möchte – verzweifelt, am Ende, kaputt. Mein Sarkasmus reicht gar nicht aus, um den Zynismus zu toppen, der in einem Gottesbild zum Ausdruck kommt, in dem sich Gott für das Leid seiner Geschöpfe dann doch nicht zu schade ist! Wow, wie großzügig. Da fühl‘ ich mich doch gleich an Mutter Theresa erinnert, die ihren Patienten (Hindus!) aus genau diesem Grund wirksame Schmerzmittel verweigerte, damit sie (wie gesagt, Hindus!) dem Herrn Jesus im Leiden näher sind! Ekelhaft!

      Weißt du, für mich persönlich ist das eine Frage der Anbetungswürdigkeit. Ein Gott, der all das Leid in seiner Schöpfung (die ja schließlich nicht hätte sein müssen, sollte er der Grund für die ganze Scheiße hier sein.) verursacht oder zulässt, weil er offensichtlich entweder zu blöd, zu schwach, oder eben nicht gut genug dazu war, um es besser zu machen – ist solch ein Gott anbetungswürdig? Und da lautet meine Antwort: Nein, ist er nicht! Und schlimmer noch, er verwandelt sich stande pede in den leibhaftigen Teufel, sollte er die, an dieser, seiner Schöpfung Gescheiterten, dann schlussendlich auch noch in einer ewigen Verdammnis verrotten lassen, wie ja manche Frommen zu wissen glauben. Die dürfen dann nämlich ohne Enden leiden und in deren Leid begegnet ihnen dann auch ganz sicher nicht mehr Gott.

      Deshalb, es sei mir bitte verziehen, kann ich mit dem gesamten Schöpfungsglauben rein gar nix anfangen. Der Ort, in dem Gott wirkt, ist nicht die Welt, sondern die Herzen der Menschen. Und von dort ausgehend, wirkt er in das Dasein und die Existenz der Menschen hinein und, wenn alles gut geht, aber nur dann, wirken diese Menschen dann schließlich und hoffentlich auch in die Welt hinein.

      Eine Theologie, die jedoch weiterhin und trotz bereits zahlloser gescheiterter Versuche, gleichzeitig behaupten will, Gott sei Liebe und lenkender Schöpfer (Makromanager nennt man das wohl heute?) dieser Welt, verstrickt sich notwendig und immer in unauflösbare Selbstwidersprüche. Da mag man mit mangelnder Allmacht oder eingeschränkter Allwissenheit Gottes, mit Gott in der Zeit, oder der Freiheit der Menschen argumentieren, am Ende wird man immer feststellen, dass es hier in der Welt völlig natürlich zugeht und das jedweder Glaube, ein Gott wirke übernatürlich in diese Welt hinein, um sie zu einem guten Ende zu führen, reiner Aberglaube ist.

      Es ist das große Verdienst der historisch kritischen Methode, mit zahlreichen abergläubigen Vorstellungen aufgeräumt zu haben und jetzt wäre es meiner persönlichen Meinung nach so langsam mal an der Zeit, den wohl größten und hartnäckigsten Aberglauben fallen zu lassen – nämlich das es ein liebender Gott war, der diese Welt geschaffen hat, um sie uns Menschen zum Geschenk zu machen.

      Würden wir von diesem Gedanken erlöst, könnten wir uns viel besser in dieser Welt einordnen. Wir wüssten dann, das wir rein gar nichts besonderes sind. Naturwesen, in der Natur, neben zahllosen anderen Naturwesen. Nicht die Krönung der Schöpfung. Vielleicht würden wir aus dieser Einsicht heraus dann auch unseren natürlichen Nachbarn, seien es Menschen, Tiere oder Pflanzen, den Platz einräumen, den sie verdient hätten – gleichberechtigt neben uns! Und dann könnte von uns Menschen ein heilsames Mit- und Füreinander ausgehen, weil wir endlich wüssten, dass wir, als die einzigen Naturwesen, die einen liebenden Gott im Herzen spüren können, diesen in die Welt hinauszutragen haben, weil er sich dort sonst niemals finden ließe….

      „Als er aber von den Pharisäern gefragt wurde: Wann kommt das Reich Gottes?, antwortete er ihnen und sprach: Das Reich Gottes kommt nicht mit äußeren Zeichen; man wird auch nicht sagen: Siehe, hier!, oder: Da! Denn sehet, das Reich Gottes ist mitten unter euch.“ (Lukas 17,20+21)

      LG
      der Daniel

      1. Hallo Daniel,

        zunächst einmal: Nein, ich habe dich nicht versucht zu evangelisieren, danke für deinen Zynismus.

        Das einzige was ich versucht habe zu verdeutlichen ist, dass der Gedanke an einen skrupellosen, sadistischen Gott niemanden lebensfähig und vor allem liebensfähig macht (da ist für mich persönlich der Glaube an gar keinen Gott die deutlich bessere Variante…)

        Um ehrlich zu sein, glaube ich sogar, dass wir gar nicht so weit voneinander entfernt sind (und dementsprechend der offene Theismus auch nicht).

        Auch ich glaube an keinen eingreifenden Gott, der die Menschheitsgeschichte oder seine Schöpfung zu lenken versucht (aber auch das tut der offene Theismus nicht). Deine ganzen Einwände, die dagegen sprechen und die du aufgelistet hast, würde ich genauso unterschreiben. Ich habe in einem vorherigen Beitrag auch die Evolution erwähnt, die für mich einer der stärksten Argumente gegen das Eingreifen Gottes in die Schöpfung darstellt. Wie anders ist zu erklären, dass knapp 99% der Mutationen (ausgenommen die neutralen, die gar keinen Effekt aufwiesen) höchst negativ für das Lebewesen waren und zu erheblichem Leid geführt haben? Wir müssen also gar nicht zur „Krone der Schöpfung“ sehen um die Zurückhaltung Gottes zu beobachten, sondern wir können das bereits in viel primitiveren Lebensformen.

        In diesem Sinne, und das hast du wirklich gut ausgedrückt, bin ich völlig bei dir, wenn du sagst dass wir unseren natürlichen Nachbarn, seien es Menschen, Tiere oder Pflanzen, den Platz einräumen sollten, den sie verdient hätten – gleichberechtigt neben uns!

        Denn wir alle sitzen irgendwo im gleichen Boot. Wir alle teilen irgendwo das gleiche Leid, ob bewusst oder nicht. Ich denke das hat so mancher Buddhist deutlich besser verstanden als wir Christen.

        Ich kann auch deinen Frust gegenüber dem konventionellen „Gott hat einen Plan“ oder „Gott lenkt alle Dinge“ Glauben verstehen, die immer noch sehr viele Christen vertreten (man beachte mit wieviel Widerstand und fast schon Hass es Manuel zu tun bekommen hat, nachdem er seine Dissertation vorgestellt hat). Ich teile auch diesen Frust in vielerlei Hinsicht, besonders wenn ich sehe mit wie wenig Liebe und Empathie miteinander umgegangen wird und welche fatalen Folgen (u.a. Prädestinationslehre Calvins) dieser Glaube mit sich ziehen kann. Doch das sind alles Punkte, die ich in vorherigen Kommentaren schon gemacht habe, da will ich mich nicht wiederholen.

        Wo ich dir widersprechen würde, ist, das Leid dieser Welt und alle Schattenseiten des Lebens Gott anzulasten. Und genau hier tätigt der offene Theismus ja einen Erklärungsversuch, in dem er Gott eben nicht als Makromanager oder gar Micromanager darstellt. Löst der offene Theismus damit alle offenen Fragen? Nein natürlich nicht… dann wäre Theologie aber auch nicht Theologie, wenn es um empirische Sicherheit gehen würde. Auch ich habe, wie in meiner Frage an Manuel vom 09. September, die noch unbeantwortet ist :-D, so meine Probleme damit. Aber es ist definitiv ein Schritt in die richtige Richtung um „den Aberglauben“, wie du es ausgedrückt hast (für mich sind das häufig eher Erklärungsversuche aus einer eingeschränkteren Informationslage heraus) hinter uns zu lassen.

        „Der Ort, in dem Gott wirkt, ist nicht die Welt, sondern die Herzen der Menschen.“
        Auch da stimmen wir miteinander überein und das ist auch vielleicht das Wichtigste, was aus dieser Diskussion abgeleitet werden sollte. Nur verstehe ich nicht, „wer oder was“ dieser Gott für dich ist, wenn die treibende Kraft hinter der Schöpfung eigentlich ein sadistischer Barbar ist. Wieso sollte uns ein solcher Sadist überhaupt die Fähigkeit zur Liebe, zu Beziehungen, Medizin, Fürsorge etc. verleihen, wenn genau diese Fähigkeiten ja dem von ihm indentierten Leid entgegenwirken? Was sind all deine Bemühungen und dein „Glaube an das Gute im Herzen eines jeden Menschen“ wert, wenn der eigentliche Strippenzieher ganz andere Motive hat und niemals zulassen würde, dass du Fortschritte innerhalb seiner Schöpfung erzielst?

        Ich kann dir die Gebrochenheit dieser Welt nicht erklären, genauso wenig wie es dieser Podcast kann. Alle Erklärungsversuche bleiben „stückweise“, wobei ich den Vorreitern wie Jay, Gofi, Manuel und Co. trotzdem unendlich dankbar dafür bin, weil wir auf der Suche nach Wahrheit genauso gemeinsam unterwegs sind, wie bei allem anderen auch.

        Aber wie du schon selbst sagst, kann ich Gott in meinem Herzen erfahren. Ich sehe die transformative und vollkommene Kraft der Liebe. Ich sehe einen Sinn in unseren Bemühungen, in unserem Fortschritt, hin zu einer besseren Welt wie sie „sein sollte“ (wobei wir das „sein sollte“ auch erstmal herausfinden und lernen müssen…). Und ich sehe Gott als unseren engsten Vertrauten, Unterstützer und vor allem !Befähiger! auf dieser Reise. Dieser Gott ist mehr als anbetungswürdig.

        1. Kurze Ergänzung:

          Ich glaube weder an den Teufel „in Person“, noch an Dämonen, die Besitz von Menschen ergreifen oder auf sonstige Art in diese Welt eingreifen (genauso wenig wie es Gott tut 😉 ).

          Dennoch lässt sich das „Böse“ in dieser Welt ja nicht wegreden. Genauso wenig wie ich mir Gott, als das immaterielle, transzendente Gute vorstellen kann, genauso wenig kann ich mir die Gegenseite vorstellen. Kein Wunder dass die biblischen Schreiber versucht haben mit bildhaften Beschreibungen von Engeln, Dämonen, Himmel und Hölle symbolisch anzudeuten, was sie meinen. Dennoch war die Idee von Anfang an, dass mit Gott und dem Teufel zwei verschiedene Entitäten gemeint waren, beide mit grundsätzlich verschiedenen Wesenzügen.

          Wie auch immer diese Entitäten miteinander interagieren, wie auch immer man sich nun Gott oder Teufel vorzustellen hat (Kräfte, Energien, Personen, es gibt ja unzähliche Versuche…) und wo auch immer man sie wahrnehmen kann (wenn Gott im Herzen der Menschen wirkt, dann sicher auch der Teufel…), wir sollten meiner Meinung nach trotzdem sehr vorsichtig sein, alles Wahrnehmbare über einen Kamm zu scheren (und evtl. sogar Gott anzulasten).

          1. Du Daniel,

            das hast du alles so aufrichtig gesagt, so ernsthaft reflektiert und für mich spürbar aus deinem Herzen kommend, dass ich ein absolut ignoranter Vollidiot wäre, würde ich dir da auch nur in einem einzigen Punkt widersprechen! Im Gegenteil, ich fühle mich dir da sehr nah und bin aufrichtig dankbar für deine Worte!

            Das soll nun nicht heißen, dass ich nicht gelegentlich und vielleicht viel zu häufig sogar, ein absolut ignoranter Vollidiot wäre, aber ich muss den theologischen Ansatz eines Menschen nicht unbedingt teilen, um ihm mit dem gebührenden Respekt zu begegnen.

            Ich wünsche mir lediglich, dass es aktive Hände, Füße und Münder gibt, die all der Scheiße in der Welt etwas entgegenzusetzen wagen und ich meine zu wissen und erfahren zu haben, dass das nur dann der Fall sein kann, wenn diese Menschen einer Liebe und Güte begegnen durften, die es in dem, was wir für gewöhnlich Schöpfung nennen, ganz einfach nicht gibt und nicht geben kann.

            Gott, als „Welterklärungshypothese“, oder „Makromanager“ hat deshalb für mich persönlich ein für alle Mal ausgedient. Gott, als das Gegenüber, in dem ich diese Welt dann doch aushalten und in Beziehung zu ihr/ihm vielleicht sogar lieben kann und gleichzeitig meine Menschlichkeit vertiefen, ist das, was ich suche und wonach sich meine Sehnsucht und all meine Hoffnung ausstreckt. Und eine Theologie, die mir dabei hilft, ist mir jederzeit herzlichst willkommen! Die „offene Theologie“ jedoch, scheint mir das leider nicht leisten zu können, weil sie aus Gott mal wieder ein zuvorderst metaphysisches Phänomen macht, statt sie/ihn, in der Existenzerfahrung des Menschen wahrzunehmen und von dort aus zu interpretieren.

            Ist da aber ein Mensch, den die „offene Theologie“ dazu antreibt und motiviert reflektierter, achtsamer und liebevoller mit seinen Nächsten umzugehen, bin ich der Letzte, der irgendwas daran auszusetzen hätte! Und das scheint mir bei dir der Fall zu sein!

            Ich persönlich bin jedoch der Überzeugung, dass Gott sich nicht in theologischen Modellen fassen lässt und niemals Objekt unserer Vorstellungen und Anschauungen sein kann, sondern notwendig immer Subjekt unserer existentiellen Erfahrung ist. Und ich wünschte, dass das die zeitgenössische Theologie mal endlich lernen würde.

            Und zum Schluß, und um meinem guten Ruf als ätzender Lästerer gerecht zu werden – aus Amerika erwarte ich persönlich auch gar keine innovative und progressive Theologie. Deren Ahnen sind ja schließlich schon vor der Aufklärung geflohen und deren Epigonen leisten heute, soweit ich sehe, maximal eine letztlich verabscheuungswürdige „Upper-Mid-Class-Spirituality“, als Accessoire und Appendix für die, die schon alles haben und die Welt unterdrücken, damit das auch so bleibt! Alles nicht mein Ding.

            LG
            der Daniel

          2. Edit: Huch, Tschuldigung, wann ich immer „offene Theologie“ schrieb, meinte ich natürlich „offenen Theismus“.

          3. Hi Daniel,

            deine letzte Nachricht hat mich sehr überrascht und noch mehr gefreut.

            Es ist schön zu sehen, dass hinter dem Zynismus eine ganz tolle, mindestens genauso reflektierte Person steckt 🙂

            Ich könnte wieder soviel aufgreifen von dem, bei dem ich dir vollkommen zustimme. Wir brauchen genau diese mutigen und aktiven Hände, Füße und Münder, von denen du gesprochen hast, die es wagen sich von negativerTheologie zu lösen und für Liebe, Solidarität und Einheit einzusetzen.

            Und genau deshalb habe ich eine so große Wertschätzung für die Hossa Community, weil ich mir vorstellen kann, dass es Einigen Einiges abverlangt hat, gewisse Dogmen fallenzulassen und sich auf den Weg der Dekonstruktion zu begeben.

            Für mich ist der offene Theismus auch kein vollständiges Erklärungsmodell, sondern eher der Anfang einer sehr langen und komplexen Kette an „Erkenntnissen“. Der offene Theismus (OT) hat für mich den Charme, Gott nicht in eine Schublade zu packen (Mikro-, Makromanager…), ihn aber auch nicht völlig zu ignorieren. Der OT bildet für den Menschen, als bewusstes und schöpferisches Wesen, einen Rahmen, in dem er in all seiner Freiheit und Unfreiheit für seine Entscheidungen und Handlungen Verantwortung übernehmen kann. Gott dient dabei für mich nicht als übernatürliches Wesen, das hinter mir „aufräumt“, mich vor anderen oder gar mir selbst „bewahrt“ und schon irgendwie „alles gut“ werden lässt.

            Vielmehr ist Gott ein zunächst stiller und doch anwesender Begleiter, den, wenn ich ihn in mir suche, „in meinem Herzen“ (genau hier spielt die Freiheit des Individuums des OT eine zentrale Rolle, bei der sich Gott eben nicht aufdrängt), er sich mir in Liebe und Gnade offenbart und mich genau darin unterstützt, diese transformative Kraft in der Welt weiterzugeben.

            Gott ist für mich dabei der Anfang allen Seins (hier gibt es auch wieder gute, wissenschaftliche Gründe, dies anzunehmen – Stichwort Singularität) und meine Hoffnung ist, dass die Bibel darin recht behält, dass er auch das Ziel allen Seins ist.

            Über den Ursprung des Leids in dieser Welt lässt sich viel spekulieren… teilweise wird es dem „Teufel“ zugeschrieben, teilweise wird das Gute und Positive, das sich aus Leid ergeben kann, hervorgehoben. An dieser Stelle muss ich einfach demütig zugeben, dass ich es ganz einfach nicht weiß. Alle Erklärungsversuche mögen vielleicht etwas wahres an sich haben, sind aber bestimmt nicht ausreichend, allumfassend oder gar tröstlich (wie du ja selbst schon sehr deutlich gemacht hast 😉 ).

            In Gott sehe ich aber die Überwindung dieses Leids. Nicht umsonst war ein zentrales Thema von Jesus Heilung! Einerseits direkt durch ihn bewirkt, andererseits noch zentraler durch das Reich Gottes, in dem wir alle unseren Teil beitragen. Eben deshalb sehe ich die Verantwortung um dieses Ziel zu erreichen bei uns, ja bei mir selbst! Dennoch bezweifle ich aufgrund der Menschheitsgeschichte und auch den vielen, aktuellen, tiefen Gräben in unserer Gesellschaft, ob wir das jemals ohne „zusätzliche Hilfe“ schaffen werden. Hier kommen für mich zentrale Personen wie Ghandi, Mandela…, allen voran natürlich Jesus ins Spiel, die den Geist Gottes (oder vielleicht eher das Herz Gottes) in besonderer Weise repräsentieren und verkörpern. Letztendlich lässt auch der OT die Frage offen, wie dieses Ziel zu erreichen ist, aber er lässt (und das finde ich persönlich wichtig) die Hoffnung nicht los.

            Insgesamt gebe ich dir aber wieder mal recht, dass sich Gott in keinem theologischen Modell fassen lässt und niemals Objekt unserer Vorstellungen und Anschauungen sein kann, sondern notwendig immer Subjekt unserer existentiellen Erfahrung ist (wieder genial ausgedrückt).

            Trtotzdem würde ich aber gerne wissen woher du theologisch kommst und wo du heute stehst :-D. Da ich aber bezweifle, dass andere Teilnehmer hier noch mehr von uns hören möchten, meine Frage ob man dich bei der Hossa App findet oder dich anderweitig erreichen kann?

            Ganz liebe Grüße

          4. Hallo Daniel,

            ich fürchte du unterschätzt völlig das Bedürfnis und geradezu das innige Verlangen Jays, unsere möglichst ellenlangen Konversationen lesen zu müssen, um sie dann jauchzend, ob der darin enthaltenen tiefen Weisheiten, freischalten zu dürfen! Aber wenn du ihm diese Freude tatsächlich unbedingt nehmen möchtest, dann bin ich als gescheiterter Ex-Evangelikaler selbstverständlich, wie sich das gehört, auch per Hossa App erreichbar (da dann unter vollem Namen „Daniel Ernst“).

            Gleichwohl will ich als mitfühlender Mensch dem armen Jay dann doch nicht sofort das dopaminfreisetzende Glücksgefühl einer „neuen Nachricht“ nehmen und will dir deshalb gerne in gebotener Länge und Ausführlichkeit ( extra für Jay) auf deine Fragen antworten:

            „Im Anfang schuf Gott den Himmel und die Erde. Die Erde aber war Irrsal und Wirrsal. Finsternis über Urwirbels Antlitz. Braus Gottes schwingend über dem Antlitz der Wasser. Gott sprach: Licht werde! Licht ward.“

            Das ist der Anfang der besten, mir bekannten, Übersetzung der Hebräischen Bibel ins Deutsche. Sie stammt von Martin Buber und Franz Rosenzweig und mein Faible für diese Übersetzung verrät schon ganz viel über meine persönliche „theologische Sichtweise“. Ich mag es diesbezüglich nämlich maximal poetisch und wenn dann noch „Irr“ und „Wirr“drin vorkommt, bin ich aufgrund der faszinierend genauen Beschreibung des gesamten Weltentheaters, selbstverständlich voll dabei!

            Denn urspünglich von wohlmeinenden, evangelikalen Biblizisten als Teenie sorgfältig indoktriniert, wurde ich mit der Zeit selbst ganz irr und wirr, ob der für mich persönlich nicht länger ignorierbaren Diskrepanz von Wirklichkeit und Anspruch in diesen Kreisen. Mein, wie du dir sicher sehr gut vorstellen kannst, ganz besonders taktvolles Hinweisen auf derlei Missverhältnis und Unbill, hatte dann nach einigen Jahren meinen unmittelbaren Rauswurf und Bann auf Lebenszeit zur Folge.

            Exkommuniziert war ich dann zunächst schon sehr froh darüber, dass es meinen lieben Brüdern und Schwestern im Herrn so formidabel und konsequent gelungen war (so spricht die Schrift) das Böse aus ihrer Mitte zu entfernen! Gleichzeitig wurde es mir dann aber doch ein wenig einsam, weshalb ich mich ausgibigst auf den Pfad des verlorenen Sohnes begab.

            Den Begriff der Dekonstruktion mag ich übrigens nicht wirklich gerne, denn er suggeriert für mich so ein bisschen den Eindruck eines kontrollierten und fast schon planvollen Umgangs mit solch einer Vollkatastrophe. Ich bevorzuge den existentiell korrekteren Ausdruck des Absturzes!

            Gefangen hat mich dann zunächst Meister Eckhart, dem ich wirklich leidenschaftlichst verbunden bin und deshalb auch keinerlei Quatsch und Blödsinn über ihn tolerieren kann, wie er zuhauf, in sich progressiv wähnenden Kreisen, en vogue zu sein scheint. Solltest du also. wie die Unwissenden und Verblendeten, dem fast schon reflexhaften Halbwissen erlegen sein und Meister Eckhart für einen Mystiker, oder schlimmer noch, für einen Panentheisten halten, ist mit mir nicht gut Kirschen essen! Ich bin für einen Laien nämlich bzgl. der universitären Eckhartforschung ganz weit vorn und häng‘ mit Dominikanern ab – da verstehe ich also überhaupt keinen Spaß!

            Was natürlich nicht wahr ist, aber ich leide tatsächlich ernsthaft unter sich modern wähnenden Eckhartvergewaltigern, die ohne jeden Anstand, den ollen Meister für ihren Gedankenquark zu instrumentaliseren versuchen. Wenn du z.B. von Gott als dem Ursprung allen Seins sprichst, bekomm ich da schon wieder ganz leichte Schnappatmung. Und am End‘ muss ich dann den Unterschied zwischen „ens“ und „ens hoc“ bei Eckhart erklären….Nachtigall, ick hör dir trapsen.

            Nun gut. Meinen dir sicher schon auffällig gewordenen liebreizenden Charakter, nicht nur in theologischen Fragen, hat dann aber entscheidend die dritte Person der danielschen Heilgen Trinität geformt und das ist mein über alles geliebter Bruder Eugen Drewermann. Dessen Theologie des „Glaubens in Freiheit“ bildet den existentiellen Unterbau, auf dem dann in meiner Seele die Metaphysik Eckharts aufruht und beides vollständig umfangen wird von dem Zentrum, dem A und dem O meines Glaubens und Daseins – und, das hab ich von den Biblizisten und indoktrierenden Evangelikalen gelernt und bei ihnen erfahren dürfen – ist Jesus Christus!

            Du siehst also, ich bin ein völlig normaler Christ!

            LG
            der Daniel

  12. Hallo liebe Leute,

    hier noch ein paar interessante Links bzgl. Manuel Schmids Ausarbeitungen/Thesen zum Thema Offener Theismus:

    Manuel hat im Rahmen seiner Doktorarbeit einen sehr interessanten, zweiteiligen Vortrag am IGW (Schweiz) gehalten. Man kann sich beide Teile direkt anhören oder als Podcast herunterladen:

    Teil 1:
    https://www.igw.edu/ch/ressourcen/downloads/podcasts/Inspirationstag-18-Manuel-Schmid-1.php

    Teil 2:
    https://www.igw.edu/ch/ressourcen/downloads/podcasts/Inspirationstag-18-Manuel-Schmid-2.php

    Zudem hat Manuel, ebenfalls auf den Seiten des IGW, ein längeres Statement abgegeben – als Reaktion auf den Zirkus, den es von evangelikaler Seite auf sein Idea-Interview hin gab:
    https://www.igw.edu/ch/ressourcen/blog/diverses/inspirationstag-18-statement-manuel-schmid.php

    Hier das besagte Interview:
    https://www.livenet.ch/news/religioeses/322666-dr_manuel_schmid_gott_hat_keinen_plan_fuer_dein_leben.html

    Hoffe, dass diese Links dazu beitragen, dieses – sehr interessante – Thema etwas zu erhellen.

    Viele Grüße
    Pooky

  13. Korrektur zu meinem letzten Post:

    Man kann Manuels Vorträge doch nur herunterladen – direktes Anhören auf der Seite geht nicht (soweit ich das sehe).

  14. Hallo ihr zwei lieben,

    wollte mich einfach wieder einmal melden.

    Ja auch ich, und zum glück auch meine Frau sind Hossach(r)is(t)en ;-).

    Wir haben angefangen alle Folgen von Beginn an anzuhören. (nachdem ich alle Folgen bei Worthaus durch hatte)

    Das ist ja ein Überreicher Fundus.

    Ein riesen Segen, ja das seid ihr.

    und genial breit in den Themen!

    Begleiter der Dekonstruktion und Begleiter einer neuen fröhlichen, freien Konstruktion.

    Wichtige Wegbegleiter guter Änderungsprozesse….

    Auch die letzte Folge war wieder der Hammer.

    Ja wo geht die Christenheit hin ?

    In die Bedeutungslosigkeit,

    oder in eine ernst zunehmende, weltverändernde, relevante Liebeskraft?

    Und ihr seid eine der wichtigsten Wegbegleiter im deutschsprachigen Raum in die richtige Richtung.

    Vielen vielen Dank für euren Dienst,

    schön das ihr eure Begabungen (und viel eurer wertvollen Zeit) so freigiebig einsetzt,

    Grüsse Daniel und Jacqueline

  15. Hallo Manuel,

    vielen dank für den link, haben den Vortrag vom offenen Theismus angehört. Super klasse!!!

    Hallo Daniel, auch Dir vielen Dank für Deine ausführlichen Gedanken.
    Sehe es auch grundsätzlich so wie Du. ich hätte trotzdem Schwierigkeiten zu argumentieren, wenn mir entgegengehalten wird, dass es ja so in der Bibel steht, dass Gott nicht nur schrecklich Dinge zulässt sondern auch tut.
    Vielleicht hast Du mir noch ein paar Tipps , (leichte Kost wo ich verständlich rüberbringen kann .. -:)) )

    Lg Matthias

    1. Hallo Matthias,

      ich muss dich wohl enttäuschen, so auf die Schnelle lässt sich da kein Argument finden, dafür sind es zu viele und jeder spricht unterschiedlich auf unterschiedliche Argumente an. Im Endeffekt muss jeder aber auch irgendwie selbst an den Punkt des Hinterfragens kommen, der es ihm oder ihr dann ermöglicht den Schritt zu wagen.

      Mir ist an der Stelle immer nur wichtig meine eigene Position zu äußern und zu vertreten, sodass wenn sich jemand aus „der biblischen Deckung“ herauswagt, er oder sie nicht alleine dasteht sondern weiß, dass es da dich (bzw. mich) gibt. Und dann ist der Moment da, bei dem ernsthafte und reflektierte Diskussionen wirklich fruchten können.

      Falls du dich bis dahin belesen möchtest, empfehle ich dir für den Einstieg das Buch „Schadet die Bibelwissenschaft dem Glauben?“ von Siegfried Zimmer.

      Ganz liebe Grüße
      Daniel

  16. Habe das Buch die Hütte gelesen, sehe da auch Ähnlichkeiten und zum Teil guten Erklärungen, warum Gott schlimme Dinge zulässt. Ergänzt sich zum teil zu diesem Talk.

    Lg
    Matthias

  17. Spannendes Thema, der offene Theismus, ich denke, ich höre mir gleich beim Abwasch auch noch den Vortrag von Manuel an.

    Zu der Frage, warum wir einen freien Willen haben und Gott trotzdem mit der Menschheit zum Ziel kommt, würde ich erst einmal sagen, dass ein Wille viel mehr Möglichkeiten hat, auf einen anderen Willen einzuwirken, je freier der andere Wille ist. Wenn Jürgen Klopp also eine bestimmte Spielidee im Kopf hat, dann wird er mit Klaus aus der Kreisliga schnell an seine Grenzen stoßen, während Ronaldo sie genauso umsetzt wie Klopp sie im Kopp hat.

    Insofern die Spielidee aber so gut zu der Spielanlage von Ronaldo passt, dass er sich komplett auf dem Platz entfalten kann, ist er nicht Klopps Marionette, sondern frei und selbstbestimmt, auch wenn er genau das umsetzt, was sich Klopp ausgedacht hat.

    Insofern nun im Menschen eine göttliche Anlage schlummert, würde, wenn sie erwacht – man könnte es Neugeburt nennen – der Wille Gottes gleichzeitig der größte Wunsch des Menschen sein, und er deswegen frei sein, weil er sich verwirklicht, indem sich Gott durch ihn verwirklicht.

    Wenn aber das, was Gott will, als tiefer Wunsch im Menschen verankert ist, dann ist nicht die Frage, ob Gott mit den Menschen zum Ziel kommt, sondern eher, wann und wie dieser Wunsch geweckt wird.

    Zum ICF habe ich keine Meinung, als ich da war, habe ich mich sehr wohlgefühlt, nicht nur wegen Jesus, sondern auch, so viel Ehrlichkeit muss sein, weil da unfassbar viele heiße Weiber rumgelaufen sind. (Ich hoffe „Weiber“ ist ok, man sagt ja auch „weiblich“, wenn nicht, kann es auch gerne durch „Geräte“ ersetzt werden).

  18. Viele Schwierigkeiten, die wir heute mit Gott haben, rühren aus den anthropomorphen Gottesvorstellungen in denen die meisten Texte der Bibel abgefasst sind. Da kommen dann eben Sätze, wie „Gott hat einen Plan“. Aber natürlich verläuft das Leben nicht zufällig. Aber auch wenn Gott nicht persönlich eingreift und das Wetter macht, so wissen wir doch, dass Gesetzmäßigkeiten existieren. Und so ergibt sich des Menschen „Plan“ aus seiner wahren, d.h. ewigen Natur und dessen Verhältnis zu dieser (Selbsterkenntnis) und zur Welt. Ich habe darüber einige Texte geschrieben, und auch wenn sie auf academia.edu zu finden sind, sollte man sich nicht abschrecken lassen. Sie sind durchaus verständlich und sicher nicht nur Anregung für Theologen.
    https://www.academia.edu/43836568/Das_Gericht_Gottes
    https://www.academia.edu/37936734/Genetik_Reinkarnation_Kirche
    https://www.academia.edu/21116859/Sind_Reinkarnation_und_christlicher_Glaube_miteinander_vereinbar

    1. Danke für den Kommentar und den Hinweis auf deine Texte. Ich bin da aber natürlich anderer Überzeugung – ich halte den Zufall für eine sehr bestimmende Kraft in unserem Leben und unserer Wirklichkeit. Daran ändert auch die Rede von »Gesetzmässigkeiten« nichts, zumal es sich heute nahelegt, die sogenannten »Naturgesetze« nicht deterministisch zu verstehen. Genau genommen handelt es sich nicht um »Gesetze«, sondern um Tendenzen oder Prädispositionen. Ansonsten wären wir bei einem deterministischen Universum, in dem alles nach völliger Vorhersehbarkeit und Alternativlosigkeit geschieht. Daran glaube ich nicht – nicht nur im Namen des Zufalls, sondern natürlich v.a. im Namen der geschöpflichen (und göttlichen) Freiheit…

      1. „Zufall“ würde bedeuten, es sind Kräfte vorhanden, aber sie bewirken nichts bzw. es sind keine Kräfte vorhanden, aber sie bewirken etwas. Kein Stein liegt irgendwo zufällig herum. Nur hat das für uns im Allgemeinen keine Bedeutung. Wir aber setzen unsere Kräfte ein, um bestimmte Ziele zu erreichen, weil wir meinen, dass sie erreichbar sind. Ob sie tatsächlich erreicht werden hängt natürlich von unserem Vermögen ab. Aber wir werden auch durch unsere Erfolge und Fehlschläge „determiniert“, sowohl in unserer Gemütsverfassung (viele Misserfolge führen zu Verstimmungen bis hin zu Depressionen) wie auch in unseren Vorstellungen (von uns selbst und der Welt). Und genau wie das hier im täglichen Lebensvollzug geschieht, so ist es geschehen in unseren früheren Erdenleben. Denn das ist ja erwiesen: wir betreten diese Erde nicht als das reine von Gott erschaffene Wesen, wie es am Anfang der Menschheitsgeschichte war. Freiheit und Gebundenheit widersprechen sich also nicht, sondern bedingen einander.

  19. Ich bin im Thema ICF nicht ganz so drin (hab nur mal einen GoDi besucht).

    Aber insgesamt wird in der Episode ja eine Kirche beschrieben, die einfach Kind ihrer neoliberalen Zeit ist – was man ihr dann letztlich auch nicht wirklich vorwerfen kann:

    – Franchise-Kette mit Markenbindung
    – Ziel: Outperformance der Konkurrenz (Bühne und Show), Unique Selling Propositions etc.
    – Mittel: früh investieren, um später Revenue einzufahren
    – Mittel: Headhunting, fähige Mitarbeiter abwerben durch innovativen , hippen Arbeitsplatz

    Trifft es das?

    1. Danke Florin für den Kommentar! Das ungeschminkte leoliberale Framing des ICF Movements geht sicher nicht völlig an der Realität vorbei – es ist aber wohl (hoffentlich) doch etwas zu kurz gegriffen. Klar: Die marktwirtschaftliche Logik durchdringt all unsere Lebensbereiche, davor sind Religionen, Gemeinschaften ebensowenig gefeit wie Beziehungen, Familien usw. Dass es Gott aber gelingt, auch unter diesen zeitgeistigen Voraussetzungen Raum für bedingungslose Liebe, unkalkulierbare Hingabe usw. zu schaffen, will ich ihm (oder ihr) doch gerne zutrauen…

  20. Was für eine starke Folge gleich nach der Sommerpause. Ich habe viele kluge Gedanken mitgenommen.
    Vielen Dank an Manuel, der sich enorm offen den Fragen gestellt hat und dem ich gerne beim Denken und (Neu-)Formulieren von Erkenntnissen zuhöre.
    Grüße
    Silas

    Trivia: Bei jedem Zug E-Zigarette taucht Dart Vapor vor meinem inneren Auge und zaubert mir ein schelmisches Lächeln auf die Lippen =P

  21. Interessant, mal jemanden zu hören, der den ICF so gut von innen kennt!

    Manuel, du hast bei Reflab schon das ein oder andere Mal über dein Burnout gesprochen (so habe ich das jedenfalls verstanden). Das hätte mich interessiert, wie es dazu kam und welche Rolle der ICF dabei gespielt hat. Vielleicht gibts ja eine Manu-Hossa-reloaded-Folge, in der ihr drüber sprechen könnt…

    Besonders spannend fand ich Manuels Aussagen zur „Entrückungsscheiße“ und darüber, dass man beim ICF auch scheitern darf. In diesen beiden Punkten hab ich den ICF ganz anders kennen gelernt und deshalb auch kein gutes ICF-Bild:
    einmal in einer Predigt von Leo Bigger, in der er begeistert von einer Bekehrung (ich weiß nicht mehr, ob es seine eigene war oder die eines Freundes) erzählt hat, die aufgrund der Angst vor dem Nicht-Entrücktsein stattgefunden hat, und ein zweites Mal in einer Predigt von Tobias Teichen, die auf youtube veröffentlicht und von jedermann angeschaut werden kann, in der er mit Namensnennung zwei Menschen aus dem ICF an den Pranger gestellt und scharf verurteilt hat, die sich, beide verheiratet, ineinander verliebt hatten und sich daraufhin von ihren Partnern getrennt haben.

    Ich bin voll für eine Folge mit Stephan Jütte!!

    1. Ah, und noch ein abschreckendes Video hab ich vom ICF gesehen: Das war ein Interview von Tobias Teichen mit einem guten Freund, den er angeblich von seiner Homosexualität geheilt hat und ihn dann getraut hat (natürlich mit der wundervollsten Frau ever und jetzt führen sie die glücklichste Beziehung usw.)
      Also… theologisch halte ich von diesem Verein wirklich null. Mag sein, dass sie gut mit Bühnenperformance und Nebelmaschinen können, aber ich habe den Eindruck, außer viel Nebel und Hochglanz (und aufgedonnerten, heißen Weibern 😀 ) ist da nichts zu holen.

      1. Danke Katja für die ehrliche Antwort auf das Gespräch!
        Ja, über das Thema der Entrückung müssten wir nochmal ausführlicher reden können – ich halte von Bekehrungen, die aus Angst vor dem Zurückbleiben (oder auch aus Angst vor der Hölle) erfolgen, herzlich wenig – auch wenn es natürlich die unterschiedlichsten Motive gibt, die Menschen auf den christlichen Glauben stossen lassen. Ich kenne mehrere Christen, durch eine Fassung des »Evangeliums« zum Glauben gekommen sind, die sie heute überhaupt nicht mehr teilen – und doch haben sie auf diesem Wege einen Gott kennen gelernt, der über unsere Konzepte hinausgeht…
        Interessant finde ich, wie du die Predigt von Tobi Teichen erlebt hast – ich kenne sie (sie hat den Titel »in stürmischen Zeiten« oder so ähnlich), und ich habe auch die Geschichte miterlebt. Die Predigt hat weite Kreise gezogen gerade als ein Beispiel für einen würdigen, liebevollen Umgang mit dem, was in evangelikalen Kreisen als »moralische Verfehlung« verstanden wird. Aber eben: Man kann das sehr unterschiedlich empfinden – ich persönlich fand damals, das Tobi unter den Voraussetzungen einer evangelikalen Familien- und Sexualethik den Ton recht gut getroffen hat. Zumindest hat er eindringlich davor gewarnt, den Betroffenen jetzt zu verurteilen oder schlecht zu machen… Aber nochmal: Die Empfindungen gehen hier sicher weit auseinander…

        Danke auf jeden Fall für das engagierte Feedback – ich hoffe, dass du andernorts auch so richtig erfreuliche Erfahrungen mit Christen machen darfst!

    2. Ach ja, ich hab zu deiner Burnout-Frage gar nichts gesagt: Ich hab nie ein ausgewachsenes Burnout erlebt, bin allerdings in meiner Zeit als Hauptleiter bei ICF in einen Zustand der Erschöpfung geraten, von dem ich im Rückblick sagen würde, dass er sich am Rande eines Burnouts befand. Das hat mit der enormen Pace zu tun gehabt, mit der wir bei ICF unterwegs sind, mit all den Teams und Volunteers, die ich zu leiten hatte, mit dem finanziellen Druck, den jeder spürt, der Ende Monat 10-15 Mitarbeitenden den Lohn auszahlen soll… und dann ganz viel auch mit mir, der ich nicht nein sagen konnte, mich für unersetzlich hielt und irgendwo dann doch viel Bestätigung aus meiner Unentbehrlichkeit zog. Das sind Lektionen, die das Leben lehrt…

    3. Katja, ich hab auf Facebook noch was zur Entrückungsfrage geschrieben – ich häng das hier auch noch an, das könnte hilfreich sein für alle, die sich eingehender damit befassen wollen:

      Und dann ist da noch die »Endzeitrede« von Jesus bei Matthäus:

      Matthäus 24,39-42: … so wird auch die Ankunft des Menschensohnes sein. Dann wird von zwei Männern, die auf dem Feld arbeiten, einer mitgenommen und einer zurückgelassen. Und von zwei Frauen, die an derselben Mühle mahlen, wird eine mitgenommen und eine zurückgelassen. Seid also wachsam! Denn ihr wisst nicht, an welchem Tag euer Herr kommt.

      Aus dieser Stelle wurde die Vorstellung abgeleitet, dass Menschen bei der Wiederkunft Jesu gewissermaßen per Fingerschnippen von der Erde geholt werden – und ihre unglücklichen Mitmenschen zum Gericht zurücklassen.

      Auch das geht an der zeitgeschichtlichen Bedeutung des Textes kolossal vorbei. Jesus zieht vorher den Vergleich zur Noah-Geschichte, in der Menschen von der Flut weggerissen wurden, und es wird unmissverständlich klar, dass diese Art der »Entrückung« gerade nicht das glückliche Schicksal der Gerechten meint, sondern vielmehr das Gericht über dem Menschen: Menschen werden ZUM GERICHT hinweggenommen (eigentlich wäre Marvels Thanos hier eine wunderbare Parallele: die »Entrückten« sind diejenigen, die gerichtet werden…). Wer diese Stelle ernst nimmt, sollte sich wünschen, zu den Zurückgelassenen zu gehören – das wären dann die Gerechten, welche analog zu Noah auf der Arche dem Gericht Gottes entgehen…

      Überhaupt macht diese Stelle aber allem Anschein nach keine Aussage über unsere Zeit, sondern über die Zeit, in welcher die Jünger Jesu lebten. Der Text atmet die apokalyptische Naherwartung seiner Zeit – man rechnete damit, dass sich die Ereignisse innerhalb einer einzigen Generation zuspitzen und zur Wiederkunft Jesu führen würden. Und die Zeitgenossen haben ja die Zerstörung des Tempels, den Krieg und die Wegführung von Juden durch das römische Militär erlebt. Was Jesus seinen Jüngern hier weitergibt, will nicht die Zukunft voraussagen und Menschen im 21. Jahrhundert Grundlagen für Spekulationen bieten, sondern vielmehr einen ethischen, jesusgemäßen Lebensstil inmitten der Irrungen und Wirrungen der damaligen Zeit motivieren. Die Parabeln, die Jesus in Mt 24-25 hierzu erzählt, zielen deutlich auf die heutige Lebensführung und nicht auf irgendwelche Endzeitfahrpläne ab. Die Kapitel enthalten sogar die ausdrückliche Warnung, irgendwelche Berechnungen anzustellen, da nur der Vater die Zeit der Wiederkunft kennt.

      Soviel also mal zur ganzen Entrückungslehre. Meine forschen Worte kommen aus der Erfahrung der fatalen Konsequenzen dieser Lehre. Nicht nur, dass zahllose Christen zur Blütezeit dieser Theorien enorm unter Druck standen und von der Angst gequält wurden, allein zurückgelassen zu werden – es hat eben auch jene eskapistische Haltung gefördert, welche im Evangelikalismus fast nicht auszurotten ist und zu einer problematischen Fassung des Evangeliums führt: Jesus rettet mich VON DIESER WELT, um mich in den Himmel hoch zu holen… Außerdem steht der Entrückungsglaube in einem engen Zusammenhang zum christlichen Zionismus und all den unseligen Versuchen, aktuelle zeitgeschichtliche Ereignisse in Israel mit Stellen aus der Offenbarung zu verbinden – und dann im Handumdrehen komplexe politische und militärische Verhältnisse in eine schwarzweiße Gott-Antichrist-Matrix zu pressen. Eben darum meinte ich, dass man die Lehre besser einrollen und rauchen…

      1. Lieber Manuel,
        danke für deine langen Antworten! Die Matthäus-Stelle ist mal wieder ein gutes Beispiel dafür, wieviel Murks mit der Bibel gemacht werden kann, wenn man einzelne Verse aus dem Kontext reißt…
        Katja

  22. Tolle Sendung!
    Vielen DANK euch dreien.

    War super spannend mal mit einem leidenschaftlichen ICFler über die Schattenseiten der Bewegung zu sprechen, aber noch viel cooler fand ich die Diskussion darüber hinaus, vor allem auch über den offenen Theismus.
    Dass sich Kirche im Nachhinein also solche erwiesen haben muss, um es tatsächlich gewesen zu sein, dass Gottes Allwissenheit sich auf das Kennen aller Möglichkeiten der Zukunft beschränkt, dass Gott sich von uns überraschen und enttäuschen lässt, dass Gott sich das Reich Gottes, auch nach der Wiederkunft Jesus, nicht in einem Schlag ausbreitet, sondern es ein Prozess bleibt – waren alles Gedanken, bei denen es mir Freude gemacht hat, ihnen weiter nachzuhängen! Die Idee, dass Gott die Verheißung „Am Ende wird alles gut“ ausspricht, weil er seiner Liebe so vieles zutraut, es aber keine Garantie ist: sehr spannend. Muss ich weiter drüber nachdenken.

    Ich hab noch drei Fragen, die sich für mich aus der Talkrunde ergeben:
    1. Welche Rolle spielt Prophetie in diesem Konzept? Ein Aufzeigen einer möglichen Zukunft, die Gott a) sieht, dass sie auf z.B. das Volk Israel zukommt, wenn sie weiter diesen Weg beschreiten und b) eine Option die wir wählen können, die Gott für die beste für mich als Person ansieht?
    2. Was bedeutet die Bitte Jesu „Dein Wille geschehe“ in diesem Konzept? Wovon hängt die Erfüllung des Willen Gottes ab?
    3. Spielen zerstörerische Geistesmächte in diesem Konzept eine Rolle?

    Freu mich von euch zu hören!
    Aus Berlin, Tobi

    1. Lieber Tobi, vielen herzlichen Dank für deine mutmachende Rückmeldung – und die treffenden Anschlussfragen…
      Ich versuch mal kurz darauf zu reagieren:

      1) Prophetische Verheissungen der Bibel werden von den Gegnern des Offenen Theismus tatsächlich ganz prominent angeführt, um diesem Ansatz zu widersprechen: Wie soll das sein, dass Gott mit uns einer offenen Zukunft entgegengeht – aber dann doch sagen kann, was passieren wird? Die Offenen Theisten arbeiten sich an dieser Frage ausführlich ab – und halten in der Regel folgendes fest:
      Das biblische Genre der Prophetie spricht insgesamt wesentlich stärker FÜR als GEGEN den Offenen Theismus. Denn ganz viele der prophetischen Verheissungen, etwa bei Jeremia oder Jesaja, sind nach dem wenn-dann-Muster gestrickt: Der Prophet kündigt dem Volk Israel Unheil an, FÜR DEN FALL dass es mit seinem Ungehorsam fortsetzt, und er kündigt ihnen Heil an, FÜR DEN FALL dass die Israeliten umkehren. Selbst dort, wo eine Prophetie nicht im konditionalen Sinne verkündigt wird, wo also eine UNBEDINGTE Ankündigung gemacht wird, stellt sich zuweilen heraus, dass die Ankündigung mitnichten in Stein gemeisselt ist. Bekanntestes Beispiel dafür ist Jona: Der Prophet kündigt im Auftrag Gottes den Untergang der Stadt Ninive an – ohne Aufruf zur Busse, ohne Möglichkeit, das Schicksal abzuwenden. Aber die Bevölkerung kehrt überraschend um, und Gott bereut das, was er durch seinen Propheten längst angekündigt hat – und er straft seine eigenen Voraussagen Lügen, um die Stadt zu retten und ihnen Gnade zu zeigen. Eben darum ist ja Jona am Schluss des Buches stinksauer: Die Bereitschaft Gottes, auf sich verändernde Umstände einzugehen, hat ihn gewissermassen zum »Lügenpropheten« gemacht…
      Es gibt natürlich einzelne prophetische Ankündigungen, wie etwa das Kommen des Perserkönigs Kyrus, die sehr spezifische Angaben machen und ein Ereignis in der Zukunft präzise anzukündigen scheinen. Hier kann man zwei Wege zur Erklärung einschlagen: Entweder man macht deutlich, dass Gott natürlich auch zukünftige Ereignisse »voraussagen« kann, und zwar einfach indem er sich vornimmt, an einem bestimmten Zeitpunkt in der Zukunft etwas bestimmtes zu tun. Gott kann ja auch nach Überzeugung des Offenen Theismus sagen: Ich werde in einem Jahr den Blitz in diese Eiche einschlagen lassen. Das kann er voraussagen, nicht weil er die Zukunft im Detail kennt, sondern weil er frei ist, sich auch für die Zukunft bestimmte Dinge vorzunehmen und sie dann auch auszuführen.
      Der andere Weg wäre, sich von einem evangelikalen Bibelverständnis ein Stück zu lösen und zuzugestehen, was die moderne Bibelwissenschaft längst festhält – dass nämlich auch diese prophetischen Texte natürlich einen Prozess der Überlieferung und der redaktionellen Bearbeitung erfahren haben, und dass man davon ausgehen darf, dass gewisse »Lücken« erst im Nachhinein geschlossen und gewisse Verbindungen erst im Rückblick auf die Ereignisse gezogen wurden. Man muss also nicht unbedingt annehmen, dass Gott 100 Jahre vor dem Perserkönig Kyrus schon wusste, wie dessen Eltern ihn nennen würden, sondern dass der Name (oder überhaupt diese Geschichte) im Nachhinein konstruiert wurden. Ich würde diesen Weg beschreiten, weiss aber, dass manche Evangelikale damit grosse Mühe haben.

      2) »Dein Wille geschehe«: Ich lese diesen Ausruf als ein Ausdruck des unbedingten Vertrauens Jesu in seinen Vater. Man braucht diesen »Willen« nicht mit einem festen Plan in Verbindung zu bringen, sondern kann ihn als die Guten, schlussendlich lebensfördernden, heilsbringenden Absichten Gottes verstehen. Jesus liefert sich diesen Absichten aus freien Stücken aus – was nicht bedeutet, dass Gott derjenige ist, der seine Verurteilung und Folterung orchestriert hat, wohl aber, dass Jesus die zerstörerische Eigendynamik einer gefallenen Schöpfung mit voller Wucht erfuhr – und sie gerade in seinem Tod von innen heraus aufsprengte.

      3) Zerstörerisch, lebensfeindliche Mächte spielen im Offenen Theismus eine wichtige Rolle, auch wenn man diese verschieden verstehen kann. Greg Boyd, einer der Hauptvertreter dieser Sicht, vertritt eine sehr wörtliche Lesung (vgl. sein Buch »God at War«: eine faszinierende Studie zum Kampf Gottes mit den dämonischen Chaosmächten im Alten Testament…) und rechnet wirklich mit »spritual agents«, welche den Zielen Gottes entgegenstehen und in dieser Schöpfung ihre Macht ausspielen. Ich neige eher dazu, diese Mächte nicht als personale Entitäten (»gefallene Engel« o.ä.) zu verstehen, wohl aber als »echte« Mächte im Sinne der Eigendynamik von Systemen, in die wir immer schon verwickelt sind und die wir oft auch aufrecht erhalten.

      So, ich muss weiter… ich hoffe, das hilft ein bisschen oder gibt einige Anstösse… liebe Grüsse Manuel

  23. Hallo Hossa-Talk!

    Wow! Ein überraschender Talk. Nachdem ich ICF gelesen habe, hatte ich nichs erwartet und keine Lust reinzuhören.
    Ehrlich, humorvoll und unglaublich tief, so wars!
    Segen! Hier war Segen.
    „In der Fülle des Rates ist Weisheit!“

    Wir kommen voran!
    Danke!
    Liebe Grüße aus Hameln!

    1. Mich beschäftigt momentan immer die Frage nach meinem Anteil und Gottes Anteil an einem Umstand. Ich sehe mich als Ebenbild Gottes mit freiem Willen und der Möglichkeit Gott mit meinem Herzen, glauben und tum zu erfreuen (und zu überraschen). Verstehe aber auch den Charme einer alles-durch-gott-lehre. Ich denke wir dürfen hier switchen. Der Glaube ist für den Menschen gemacht und nicht der Mensch für den glauben. Aus dem Knast bin ich raus 😉

  24. Dass dies ein guter Talk war, sieht man daran, dass ich soeben beim Laufen nochmals darüber nachgedacht habe. Anders, als es mir beigebracht wurde, würde ich nicht mehr sagen, dass Gott einen Plan hat, den ich erfüllen soll, sondern – andersherum – dass Gott mich erfüllt, sodass ich Gottes Plan sein kann, frei nach C.S. Lewis: Du selbst bist der Plan!

    Das erinnert wiederum an Augustinus` „Liebe, und dann tu was du willst!“ – nur umformuliert in: Lass dich von von Gott erfüllen – und dann wird es schon planmäßig aus dir raus fließen! (Warum muss ich jetzt pinkeln?)

    Was aber die Diskrepanz zwischen der eigenen Freiheit und einer (wenn man so will) eschatologisch determinierten Geschichte angeht, würde ich das am besten mit einem Würfel vergleichen wollen. Wenn man also nur einmal würfelt, dann lässt sich nicht vorhersagen, für welche Zahl sich der Würfel „entscheidet“. Würfel ich dagegen eine Milliarde Mal, dann wird jede Zahl exakt 166.666.666,67 Mal gewürfelt werden.

    Das stimmt natürlich nicht ganz, da menschliche Freiheit nicht indefinit ist, sondern z.B. von Gewohnheiten abhängt, sodass, wenn sechs unterschiedliche Zahlen im Topf sind und ich eine sechs ziehe, die sechs dann bei der nächsten Ziehung zweimal im Topf ist. Das ist ja auch das Problem mit den schlechten Angewohnheiten – wer immer wieder lügt, wird irgendwann zum Lügner.

  25. Möge der Heilige Geist geben, daß mein Beitrag nicht mißverstanden wird!

    Hallo!
    Netter Mann.
    Habe aber Zweifel an seiner Ansicht, daß Gott genauso in der Zeit herumhampelt wie wir.
    Da fehlt mir die physikalische, mathematische und philosophie Reflexion.
    Zeit ist möglicherweise nur eine Dimension in der Raumzeit und somit Bestandteil des Universums.
    In anderen Universen könnte es dann eigene Zeitdimensionen geben, die von unserer unabhängig sind.
    Schafft Gott alle Universen, so steht er über den Raumzeiten.
    In dieser Offenen Theologie scheint sich Gott gar nicht frei im Minkowski-Raum bewegen zu können.
    Ist Gott aber das, worüber man sich nix Größeres denken kann, dann kann ich mir leicht ein Wesen vorstellen, daß mehr kann als die Timelords von Gallifrey. Der Doktor kann zwar frei in der Zeit mit der TARDIS herumhüpfen, aber immer nur an einem Zeitpunkt zugleich (innerhalb der Zeitlinie seiner eigenen Biographie) sein.
    Textstellen, laut denen Gott überrascht wirkt, würde ich historisch-kritisch als Ausdruck eines frühen Gottesbildes, noch zu stark nach menschlichem Ebenbild, einordnen.
    Die Frage nach Determinismus aller Ereignisse können wir nicht beantworten, da wir nicht wissen, ob Kausalität oder Zeit Bestandteil vom Ding an sich sind. Kant meinte, nicht.
    Die Frage, ob der Glaube determiniert ist, ist unabhängig davon, ob das ganze Leben determiniert ist.
    Die Frage, ob der Glaube determiniert ist, kann man testen, indem man passiv bleibt und nix betet, während man wiedergeboren wird. Vielleicht kommt es darauf, ob man in diesem Zeitraum eher auf Ulrich Parzany oder R.C.Sproul hört.
    Das Auflodern der Liebe zu Gott ist unwillkürlich, da Gefühle nicht vom Willen gesteuert werden. Sagt der Siggi in Übereinstimmung mit R.C.Sproul und schimpft immer über Formulierungen wie „Ich habe mich bekehrt“.
    Lustigerweise sagt auch der Atheist Stefan Molyneux: „Love is an unvoluntary reaction …“
    Gott als Sadist ist eine sadistische Lehre, also eine Lehre des antichristlichen Philosophen Comte de Sade, die er in „Juliette“ dem Libertin Saint-Found in den Mund legt. Die anderen Libertins im Roman sind aber strenge Atheisten und widersprechen ihm. Sadismus als Grundmermal des Bösen ist m.E. ein Fehlverständnis des Bösen, denn in der Dunklen Triade kommt Sadismus nicht vor: https://de.wikipedia.org/wiki/Dunkle_Triade
    Wenn die Zukunft teilweise offen ist, könnte Gott trotzdem einen Plan haben, nämlich Plan B, Plan C, Plan D etc. Jeder kluge Schachspieler, Gospieler, Militärstrategie, Fußball-Trainer usw. hat flexible Pläne, die auf verschiedene Entwicklungsmöglichkeiten flexible Reaktionen vorsehen. Gott ist aber schlauer als wir.
    Laut Jakobus 1, 13-18 hat Gott eine Strategie. Er verursacht das Böse nicht, sondern das Böse hat eine Eigendynamik, die uns ins Verderben reißen würde. (Da würde mich interessieren, ob die Passage zu Handlungsfolgentheorie paßt und was hier mit Tod gemeint ist, denn laut Siggi ist die Verursachung der Sterblichkeit durch die Sünde eine spätere Erfindung, die in den meisten Tanach-Schriften nicht vorkommt.) Gottes Handeln steht dazu im Kontrast. Sein Handeln besteht aber nicht darin, das Böse sofort zu eliminieren, sondern aus Segen und Gnade. (Siggi hat diese beiden Aktivitäten von Gott in seinem Worthaus-Video über Persönlichkeitsentwicklung unterschieden.)
    Vorherwissen ist nicht Verursachung. Bei dem Fernsehduell von Trump und Biden hatte ich fast vorhergewußt, daß Trump eine Diktator-Persönlichkeit hat und bei einer Abwahl die US-Demokratie in Gefahr bringen würde. So kam es dann tatsächlich. Aber da hier in Europa rumsitze, habe ich nix beeinflußt.
    Daß die drei Gott-Personen sich dynamisch und daher innerzeitlich lieben, ist dubios. Thorsten Dietz hat gesagt, im ursprünglichen Dreieinigkeitsmodell gab es nicht den modernen Begriff der Person, sondern den antik-griechischen Begriff der Persona = Maske im Theater. Die drei Personen wären also nicht Individuen, sondern sowas wie Erscheinungsformen vor Menschen oder soziale Rollen, also nur Bezogenheit von Gott zu uns, nicht in sich.
    Alles Gute!

    1. Sag mal Andre,
      du weißt auch ganz genau, wie die Welt und Gott obendrein funktionieren, oder? Sorry, mir ist, was du schreibst, etwas arg unemphatisch und welterklärerisch. Ohne dabei den Finger so auf etwas zu legen, das mir richtig klar wird, was genau du eigentlich sagen möchtest.

      Vielleicht musst du noch doller beten, dass der Heilige Geist das für dich besser übernimmt?

      LG,
      der Jay

    2. Hallo Andre,

      ich mag deinen Text und kann deine kritischen Anmerkungen auch recht gut verstehen. Ich denke die uns a priori gegebenen Anschauungsformen von Raum und Zeit dürften für das Problem verantwortlich sein, dass Gott sich von unsereins nicht wirklich erkennen lässt. Und die Bibel drückt dies ja auch aus, indem sie sagt, dass Gott in einem unzugänglichen Lichte wohnt. Unser Erkenntnislicht scheint da nicht hinein.

      Aber tröstlich ist dann schon, dass Jesus uns wissen lässt, dass wer ihn sieht, den Vater sieht. Und so leben wir dann unser Leben im Spannungsfeld von Nichtwissen und dem Glauben daran, dass dieser Gott wirklich an uns interessiert ist, uns meint und will und uns auf all unseren Wegen begleiten möchte, ganz egal wohin sie uns auch führen mögen. Und in diesem Kontext macht dann für mich persönlich die Aussage, „Gott hat keinen Plan, aber sie hat ein Ziel“, durchaus Sinn.

      Metaphysisch und philosophisch landet man über kurz oder lang in irgendwelchen Sackgassen, eben wegen der gegebenen Anschauungsformen von Raum und Zeit, über die wir nun einmal nicht hinaus können.

      Gerade im christlichen Glauben gab es ja sehr viele Versuche Gott in philosophischen Konzepten irgendwie Dingfest zu machen und zeitweise sogar die feste Überzeugung, Gott beweisen zu können. Aber ich denke wir tun heute sehr gut daran, bescheidenere Ansprüche zu stellen und uns bewusst zu machen, dass Gott immer Subjekt unserer Erfahrung ist und niemals Objekt unserer Erkenntnis sein kann, weil sich ein Subjekt eben niemals objektivieren lässt und es in dem Zusammenhang dann auch durchaus Sinn macht, Gott als Person, also als Subjekt zu verstehen und mit ihm in Beziehung zu treten.

      Dann wäre Gott der uns Ansprechende und wir, als die Angesprochenen, dürften ihm antworten und unser Personsein wäre geborgen und gemeint von der absoluten Person Gottes, die eine lebendige „Ich-Du-Beziehung“ ermöglicht, in der er selbst zwar immer das uns unbekannte Wesen bleibt, uns aber doch hineinzieht in sein Geheimnis, welches größer ist als unser Verstand und gerade deshalb immer neue Möglichkeiten eröffnet, die zu sehen uns unmöglich waren.
      Und dann könnte man Freiheit verstehen und erleben, als beständige Vergrößerung der Möglichkeiten und vielleicht würde dann ein Plan tatsächlich obsolet?

      LG
      der Daniel

  26. Danke Jay,

    @Andre: vor allem kann man sich auch so künstlerisch hochgestochen ausdrücken, dass im Endeffekt niemand mehr versteht was gemeint ist.

    Tut mir leid, selbst wenn in deinem Kommentar berechtigte Kritik enthalten ist, habe ich keine Lust mich in die verworrenen Gedankengänge deiner Sprache einzuarbeiten. Diskurs muss da ein bisschen nachvollziehbarer sein.

    Liebe Grüße

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