#185 Die Bergpredigt: Mit weichem Herzen die Welt verändern (Teil 1)

Es heißt, die Bergpredigt von Jesus kann man eigentlich gar nicht befolgen. Wir wollen wissen, ob das wirklich stimmt und machen uns auf die Suche. Im ersten Teil unserer zweiteiligen Reihe fangen wir ganz vorne an: An wen richtet sie sich eigentlich? Wie ist sie aufgebaut? Und in welche Situation wurde sie hineingesprochen? Wir versuchen nachvollzuziehen, wie sie auf die damaligen Hörer*innen gewirkt haben muss und stellen fest, dass Jesus‘ Worte eine unglaubliche Sprengkraft haben, die auch für uns heute kein bisschen nachgelassen hat. Einige seiner Aussagen, denken wir, wurden in der späteren christlichen Tradition missverstanden. Aber hört selbst!

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22 Kommentare zu „#185 Die Bergpredigt: Mit weichem Herzen die Welt verändern (Teil 1)“

  1. Hallo!

    Ihr seid also nicht nur alte Bekannte von Martin Hünerhoff, sondern auch von Marco Frenschkowski. Ist ja geil!
    Marco Frenschkowski ist jetzt Theologie-Professor in Leipzig (und Worthaus-Referent). Zum Glück gab es Corona, so daß er seine Vorlesung in seinem Keller halten und online stellen mußte: https://www.youtube.com/watch?v=9ew2Wrk-MWw
    Nachdem ich jahrelang alles mögliche von Moslems, Buddhisten und Juden rezipiert hatte, aber vom Ketzerpodcast nur wußte, daß nicht-fundamentalistische Christen „Wischiwaschi-Christen“ sind, hatte ich doch mal die Idee, mich in Theologie etwas nachzubilden und stieß dann auf Frenschkowski. Habe an ihm gemerkt, daß auch Leute wie er echte Gläubige sein können. Das war dann so eine Art notwendige, aber nicht hinreichende Bedingung zur Wiedergeburt.

    Das „Übergabegebet“ ist Teil der Bergpredigt. Das Vaterunser sagt alles, was in so einem „Übergabegebet“ wichtig ist, in den Zeilen: „Dein Wille geschehe“ = Gott als Chef, „Vergib uns unsere Schuld, wie auch wir vergeben unseren Schuldigern“ und „Dein Reich komme“, wenn man das Reich Gottes u.a. als Wirken des Heiligen Geistes in Menschen der Gegenwart versteht.

    Ich finde Luthers Rahmenverständnis okay. Mit Luther kannst du dich in beliebiger Breite, Intensität und Ausführlichkeit mit dem realen Umsetzen der Ansprüche von Yahwe und Yeschua befassen, mußt dir aber null Streß machen, wenn es teilweise oder komplett nicht klappt. Richtig verstanden steigert das die Motivation.

    Unser Jugendleiter hat damals ganz unlutherisch zu Mt 5, 39 (Hinhalten der anderen Wange) gesagt: „Echte Christen machen das auch!“ Von Sola Gratia hat er nie erzählt. Das war für mich mit eine Ursache für den Abfall. Ich dachte damals, als Christ muß man sich verarschen lassen. Da klangen die Nine Satanic Statements besser: https://www.churchofsatan.com/nine-satanic-statements/
    No. 5 ist eine direkte Kritik an Mt 5, 39: „Satan represents vengeance instead of turning the other cheek!“

    Gofis Gedanke, daß es bei Matthäus nicht um Selbstlosigkeit, sondern auch um Eigennutz geht, ist aber auch gut. Das paßt auch zur Tugendlehre von Aquinas.

    Die Seligpreisungen verkünden die Zuwendung Gottes unabhängig vom Glauben. Das sagt auch der Siggi in https://www.youtube.com/watch?v=qOLMa94w9w0
    Wenn Matthäus für jüdische Ohren schreibt, dann geht es immer auch um die Gnade Gottes. Yeschua hat am häufigsten aus den Psalmen zitiert. Mt 5, 6: „Selig sind, die da hungert und dürstet nach der Gerechtigkeit; denn sie sollen satt werden.“ ist parallel zu Psalm 103, 6: „Der HERR schafft Gerechtigkeit und Recht allen, die Unrecht leiden.“ Das Wort „alle“ findet sich in diesem Vers in allen deutschen Übersetzung, die ich online gecheckt habe, aber auch in der Reformation Study Bible von R.C.Sproul und auch der Orthodox Study Bible. Irgendwas da reinzumanschen, was da nicht steht, ist nicht bibeltreu. Parallel zu sein scheint auch Psalm 146, 7: „Recht schafft er den Unterdrückten, / Brot gibt er den Hungernden, der HERR befreit die Gefangenen.“ Es gibt auch große Ähnlichkeiten zu Psalm 116, 5-9 https://youtu.be/Ah0uydqMYhE?t=158 (NIV bible)

    Laut Siggi kommen die Seligpreisungen bei Lukas dem historischen Jesus näher als Matthäus.
    https://youtu.be/qOLMa94w9w0?t=2912

    Wen die Seligpreisungen beschreiben, hat der Siggi erläutert: https://youtu.be/qOLMa94w9w0?t=3650
    Es ging wohl um eine Unter-Unterschicht zur Zeit von Yeschua.

    Trance mit „umpf-umpf“ finde ich fehlbenannt. Ich hätte den Begriff eher für Ambient/Chillout vergeben: https://www.youtube.com/watch?v=dw9oU6B_pjg Leider konnte ich noch nicht rausfinden, ob man diese Musikrichtung als Christ hören darf. Im Gegensatz zu Rock, Pop und Hip-Hop scheint es da leider keine christlichen Produzenten zu geben. Das ist komisch, denn wenn man diese Musikrichtung viel hört, dann geht die Aggressionsneigung stark zurück.

    Das Gebot des Schabat ist nicht rein gottorientiert, denn Yeschua hat gesagt, daß der Schabat für den Menschen da sei, nicht umgekehrt.

    Ist Jays Rede vom Ein- und Ausatmen ein bewußter Bezug auf die Leitung durch den Heiligen Geist?

    Mt 5, 45: „Denn er lässt seine Sonne aufgehen über Böse und Gute und lässt regnen über Gerechte und Ungerechte.“ ist kein Widerspruch zu Exodus 34. In Exodus 34 wird zunächst die Gnade Yahwes sehr stark betont: Ex 34: „6 Der HERR ist der HERR, ein barmherziger und gnädiger Gott, langmütig und reich an Huld und Treue: 7 Er bewahrt tausend Generationen Huld, nimmt Schuld, Frevel und Sünde weg“ 1000/4 = 250. Gottes Gnade ist also mindestens 250mal so groß wie seine Heimsuchung. Siggi hat auf dem letzten Worthaus-Camp angeordnet, daß wir die Stuttgarter Studienbibel erwerben und zu Rate ziehen sollen, damit auch wir als Nicht-Theologen oder Hobby-Theologen von der bibelwissenschaftlichen Intensiv-Arbeit der Experten profitieren. Diese erklärt Ex 34, 7 „er sucht die Schuld der Väter bei den Söhnen und Enkeln heim, bis zur dritten und vierten Generation.“ als ein Überprüfen Gottes, ob kommende Generationen aus den Fehlern ihrer Vorfahren gelernt haben. Wir in Deutschland heute in der dritten bis vierten Generation und unter Gottes Sonne wissen genau, daß das wahr ist. Yeschua hat also Ex 34 nicht aufgehoben.

    Welche Auswirkung hat das Verbot des öffentlichen Betens? Heute wird doch eher das Gegenteil praktiziert (Gebetswoche, Gebetshäuser).

    Paulus ist nicht weniger jüdisch als Matthäus. Gerd Baltes hat dazu eine Videoserie und ein Buch produziert.

    Trent Horn hat auch mal irgendwo gebracht, daß die historisch-kritische Evangeliendatierung auf nach 70 wegen der angekündigten Zerstörung Jerusalems Unsinn sei, weil die Vorhersage auch ohne übernatürliche Eingabe allein aufgrund der Beobachtung der politischen Lage möglich gewesen sei.

    Schade, daß ihr Udomirski nicht rezipiert oder eingeladen habt. Der sieht die Bergpredigt auch als Tora-Exegese und meinte z.B. daß die Feindesliebe sich vor allem auf innere theologische Konflikte unter Christen bezieht.

    Voll geile Adaption von Mt 5, 14: „14 Ihr seid das Licht der Welt. Es kann die Stadt, die auf einem Berge liegt, nicht verborgen sein.“ https://www.youtube.com/watch?v=roD8D7K9moE

    Alles Gute!

    1. Laut Siggi kommen die Seligpreisungen bei Lukas dem historischen Jesus näher als Matthäus.

      Deshalb habe ich ja darauf hingewiesen, dass es verschiedene Theorien dazu gibt, ob Matthäus oder Lukas näher am Ursprungswortlaut sind, bzw ob einer dem anderen bei der Abfassung seines Evangeliums vorgelegen habe. Also nicht, weil Siggi diese Meinung vertritt, sondern weil ich es wissenswert finde. 🙂 Ich kann das natürlich nicht andeutungsweise so gut beurteilen wie Siggi Zimmer, fand aber für die umgedrehte Sicht gibt es auch recht überzeugende Argumente. Für unsere Beschäftigung mit der Bergpredigt hat sie deutlich besser gepasst. 🙂 Darum habe ich sie einfach mal stark gemacht 🙂 Scheiß doch darauf, was der Siggi sagt. 😉

      LG,
      der Jay

      1. @ Jay 🙂 „Scheiß doch drauf, was der Siggi sagt …“
        Vielleicht eine etwas drastisch – herzhafte Ausdrucksweise, aber einfach so super treffend!

        Wenn Ihr hier bei Hossa Talk – unabhängig von den jeweiligen Themen und Gästen – dazu beitragt, dass Menschen ermutigt werden, selbstständig zu denken, auch kompetente Autoritäten zu hinterfragen und Vorbilder nicht undifferenziert zu idealisieren, dann macht Ihr wirklich tolle und so wertvolle Arbeit.
        Ansichten und Überzeugungen sind komplex und selten nur gut oder schlecht, richtig oder falsch, egal ob es sich um Theologen, Psychologen, Propheten, Philosophen, Rabbis, Pastoren oder Nobelpreisträger handelt. Und auch die Bibel sollte nach den Maßstäben von Vernunft und Liebe ausgelegt werden und nicht umgekehrt durch die Bibel definiert werden, was Liebe oder Vernunft oder Gerechtigkeit ist.

        Es ist immer einfach, sich hinter der Meinung einer vermeintlichen Kapazität zu verstecken oder sich in Diskussionen berühmte „Anwälte“ zu Hilfe zu nehmen (am besten solche, die schon gestorben sind und sich nicht mehr wehren oder noch verändern können).

        Dabei fällt mir die Jesus zugeschriebene Aussage ein: „Mose hat euch erlaubt …. ICH aber sage euch…..“
        Wenn ich mir diese mutige und mündige Formulierung als Vorbild nehme, kann ich auch sagen: „In der Bergpredigt nach Lukas steht das und das, in der nach Matthäus das und das, ICH (aber / auch) denke dazu das und das ….“
        So wie die Psalmen oder das Vaterunser Beispiele, Vorschläge oder Empfehlungen dafür sind, wie man beten kann, so sehe ich die Bergpredigt als Vorschlag / Empfehlung, wie man leben oder sich fühlen kann. Beides kann ich für mich prüfen und komplett oder teilweise übernehmen oder ablehnen. Was dann sinnvoll ist, wird sich dann wieder im Dialog und Zusammenleben mit anderen zeigen und verändern.

        Insofern verstehe ich Eure Talks nicht (nur) als Wissensvermittlung oder Weitergabe bestimmter theologischer Aussagen, sondern auch als eine Anleitung und Aufforderung zum selbstständigen und freien Denken. Was natürlich nicht heißt, dass man sich nicht von vielfältigen Aussagen und Meinungen inspirieren lassen kann und von anderen lernen.
        Vielleicht ist es mit Wissen und Meinungen so wie mit dem Genpool: je vielfältiger, desto mehr Evolution und gesunde Differenzierung möglich, je weniger Auswahl, desto größer die Gefahr der Inzucht.
        Hossa Talk ist quasi ein Projekt gegen „geistliche Inzucht“. 😉

        1. Insofern verstehe ich Eure Talks nicht (nur) als Wissensvermittlung oder Weitergabe bestimmter theologischer Aussagen, sondern auch als eine Anleitung und Aufforderung zum selbstständigen und freien Denken. Was natürlich nicht heißt, dass man sich nicht von vielfältigen Aussagen und Meinungen inspirieren lassen kann und von anderen lernen.
          Vielleicht ist es mit Wissen und Meinungen so wie mit dem Genpool: je vielfältiger, desto mehr Evolution und gesunde Differenzierung möglich, je weniger Auswahl, desto größer die Gefahr der Inzucht.
          Hossa Talk ist quasi ein Projekt gegen „geistliche Inzucht“. 😉

          Dankeschön. 🙂 Selten so gut auf den Punkt gebracht gelesen, was eines der Hauptanliegen von Hossa ist. You nailed it!

          LG,
          der Jay

  2. Hallo!

    Jay, die Flüche in 5. Mose 28 hast du ganz falsch verstanden.
    Von Vordenkern der postevangelikalen Dekonstruktion, die auch Predigterlaubnis haben, wird hohes Niveau erwartet; du mußt also die Stuttgarter Studienbibel intensiv studieren.
    Die ganzen Flüche sind gemopst von den Loyalitätseiden des assyrischen Königs Assarhaddon aus 672 v.
    https://www.bibelwissenschaft.de/wibilex/das-bibellexikon/lexikon/sachwort/anzeigen/details/asarhaddon/ch/c77760030b650f904fe88cfcc99e3ec4/
    Die wichtigste Aussage von 5. Mose 28 ist also: NIcht irgendsoein vorübergehend mächtiger König ist der wirkliche Herrscher, dem Loyalität gebührt, sondern Yahwe!
    Die Verse mit den weggeführten Kindern und so sollen auch Reflexionen des Exils sein.

    Die Flüche sind auch nicht aufgehoben, weil Yeschua schöne Reden gehalten hat, sondern durch seinen Tod am Kreuz. Das steht explizit so in der Bibel drin: Galater 3: „10 Denn die aus des Gesetzes Werken leben, die sind unter dem Fluch. Denn es steht geschrieben (5. Mose 27,26): »Verflucht sei jeder, der nicht bleibt bei alledem, was geschrieben steht in dem Buch des Gesetzes, dass er’s tue!« … 13 Christus aber hat uns losgekauft von dem Fluch des Gesetzes, da er zum Fluch wurde für uns – denn es steht geschrieben (5. Mose 21,23): »Verflucht ist jeder, der am Holz hängt« –,“
    Paulus praktiziert hier eine anerkannte zeitgenössische pharisäische Auslegungstechnik, indem man verschiedene Tanach-Stellen mit dem gleichen Begriff aufeinander bezieht. In Gal 3 macht er das gleich mit mehreren Begriffen.

    Alles Gute!

  3. Hallo!

    Diesen Herrn Willard finde ich etwas problematisch. Der behauptet ja, daß man auch in Liebe jemanden töten kann. Da kommt es dann angeblich auf das Begleitgefühl an, nicht auf den Akt. Das schreit nach Dekonstruktion.
    1.Johannes 5: „16 Wenn jemand seinen Bruder sündigen sieht, eine Sünde nicht zum Tode, so mag er bitten, und Gott wird ihm das Leben geben – denen, die nicht sündigen zum Tode. Es gibt aber eine Sünde zum Tode; bei der sage ich nicht, dass jemand bitten soll.“ Laut Uschomirski gibt es eine rabbinische Tradition, nach der man unter Todesgefahr alle Gebote brechen darf außer drei: Mord, Ehebruch und afaim Götzendienst.

    Willards These, daß es Yeschua um Charakterentwicklung ging, ist eine moderne Interpretation. Matthäus 5: „21 Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist (2. Mose 20,13; 21,12): »Du sollst nicht töten«; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. 22 Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig. … 27 Ihr habt gehört, dass gesagt ist (2. Mose 20,14): »Du sollst nicht ehebrechen.« 28 Ich aber sage euch: Wer eine Frau ansieht, sie zu begehren, der hat schon mit ihr die Ehe gebrochen in seinem Herzen. … 33 Ihr habt weiter gehört, dass zu den Alten gesagt ist (3. Mose 19,12; 4. Mose 30,3): »Du sollst keinen falschen Eid schwören und sollst dem Herrn deine Eide halten.« 34 Ich aber sage euch, dass ihr überhaupt nicht schwören sollt, weder bei dem Himmel, denn er ist Gottes Thron;“ Laut Uschomirski vertritt Yeschua hier eine zeitgenössische rabbinische Lehre, in der es darum geht, einen Zaun um die Tora zu bauen. Die eigentlichen Tora-Gesetze bleiben unverändert, aber man stoppt sein Verhalten nicht erst unmittelbar vor dem Gebotsbruch, sondern weit vorher auf dem Weg dahin.

    Alles Gute!

    1. Laut Uschomirski vertritt Yeschua hier eine zeitgenössische rabbinische Lehre, in der es darum geht, einen Zaun um die Tora zu bauen. Die eigentlichen Tora-Gesetze bleiben unverändert, aber man stoppt sein Verhalten nicht erst unmittelbar vor dem Gebotsbruch, sondern weit vorher auf dem Weg dahin.

      Darüber sprechen wir auch im 2. Teil des Talkes.

      LG,
      der Jay

  4. Als Kind haben uns unsere Eltern DM 50,- versprochen, wenn wir die Matthäus-Version der Bergpredigt Kap. 5-7 auswendig gelernt haben. Das war in den Siebzigern irre viel Geld. Ich meine mich zu erinnern, dass ich das damals auch geschafft habe. Die Bergpredigt war schon immer ein sehr zentraler Text.

  5. Es fragt sich, ob der Begriff der Gesetzesinterpretation noch angemessen ist für das, was Jesus hier macht. Denn er schraubt die Forderungen an den Menschen ja ins Unendliche: Ich sollt vollkommen sein, wie euer himmlischer Vater vollkommen ist (Matth 5,48)! Der Satz fällt in Zusammenhang mit der Feindesliebe. Das ist sogar noch höher als das vornehmste Gebot: Du sollt Gott lieben von ganzen Herzen usw.. Letzteres fasst ja nur das Gesetz und die Propheten zusammen. Also das AT. Allein hieraus wird schon deutlich, dass es einer neuen erlösenden Kraft bedarf, diesen Ansprüchen nahe zu kommen.

  6. Die Bergpredigt wird oft auch als das Manifest der Reich-Gottes-Erklärung betrachtet. Und mit dieser großen Klammer lese ich die Seligpreisungen. Jede Berufung in die Nachfolge Jesu ist eine Berufung zur aktiven Teilnahme am Erneuerungshandeln Gottes mit seiner Schöpfung/Erde. Dieser Auftrag beginnt sofort und setzt sich in einer himmlischen Berufung fort. Siehe ich mache alles neu. Das Erneuerungshandeln Gottes setzt bei erneuerten Menschen an und nicht zuerst an erneuerten Systemen. Jesu hat seine Jünger nicht gelehrt, wie man weltliche Obrigkeit wird, eine Machtposition erringt und diese hält. Und weil das so ist, ergibt sich für die Jünger ein Leiden in der Welt. Dadurch wird aber ihr Herz verändert. Sie werden in Form gebracht. Denn nichts ist schlimmer, als wenn der Chef ein … ist.

  7. Ideen aus der Bergpredigt bei Paulus:

    Matthäus 5: „44 Ich aber sage euch: Liebt eure Feinde und bittet für die, die euch verfolgen“
    Römer 12: „14 Segnet, die euch verfolgen; segnet, und verflucht sie nicht. … 20 Vielmehr, »wenn deinen Feind hungert, so gib ihm zu essen; dürstet ihn, so gib ihm zu trinken. Wenn du das tust, so wirst du feurige Kohlen auf sein Haupt sammeln« (Sprüche 25,21-22).“

    Matthäus 5: „38 Ihr habt gehört, dass gesagt ist (2. Mose 21,24): »Auge um Auge, Zahn um Zahn.« 39 Ich aber sage euch, dass ihr nicht widerstreben sollt dem Bösen, sondern: … 41 Und wenn dich jemand eine Meile nötigt, so geh mit ihm zwei. “
    Römer 12: „17 Vergeltet niemandem Böses mit Bösem. Seid auf Gutes bedacht gegenüber jedermann. 18 Ist’s möglich, soviel an euch liegt, so habt mit allen Menschen Frieden. … 21 Lass dich nicht vom Bösen überwinden, sondern überwinde das Böse mit Gutem.“

    Matthäus 7: „1 Richtet nicht, damit ihr nicht gerichtet werdet. 2 Denn wie ihr richtet, werdet ihr gerichtet werden; und mit welchem Maß ihr messt, wird euch zugemessen werden.“
    Römer 12: „19 Rächt euch nicht selbst, meine Lieben, sondern gebt Raum dem Zorn Gottes; denn es steht geschrieben (5. Mose 32,35): »Die Rache ist mein; ich will vergelten, spricht der Herr.«“

    Die Parallelen zeigen drei Dinge:
    1. Feindesliebe kommt aus dem Tanach und ist keine komplette Neu-Erfindung von Yeschua.
    2. In der Bergpredigt geht es nicht um Werkgerechtigkeit.
    3. Paulus hat nicht die Botschaft von Yeschua mit seinen eigenen Ideen ersetzt.

    Alles Gute!

  8. Im Podcast fällt von Gofi irgendwo der Satz, dass die eigenen Werke einfach das nach außen zeigen, was man wirklich glaubt. Volle Zustimmung! So deute ich auch die Passagen in der Schrift, aus der scheinbar eine Werksgerechtigkeit abgeleitet werden müsste. Sie weisen wieder zurück auf mein Herz. Um aber zu einer Glaubensgerechtigkeit zu gelangen, ist auch der Glaube meines Herzen notwendig. Von daher ist mE immer die Einstellung des Herzens ausschlaggebend, wie es um mein Herz bestellt ist, um von Gott angenommen zu werden. Als Diskussionsbeitrag.

  9. Hey, also für much war Gofis Auslegung die grosse Überraschung. Hat mich wirklich sehr berührt und ich finde sie sehr passend zu meinen eigenen Fragen z. B. Zur Klimakrise, der zunehmenden Armut usw.
    Ich werde darüber bestimmt noch oft nachdenken und es liegt wirklich was unglaublich hoffnungsvolles und verheissungsvolles drin.
    Die anderen Ausslegungen und Gedanken haben ja auch alle ihre Wahrheit… Aber das von Gofi… Das hab ich noch nirgends gehört. Es könnte prophetisch sein, sowohl für damals auch für heute und irgendwie hatte ich diese Düsteren oder auch triumohalen Prophetien die ich kenne, so satt.
    Vielen Dank also 💜

  10. Aaah,,, letzter Satz ist sehr missverständlich. Ich neunte‘, diese Auslegung oder die Gedanken eben hören sich für mich prophetische an. Und damit hätte ich schon irgendwie abgeschlossen…weil mich das düstere oder triumphal genervt hat. Die berg predigt ist aber weder noch… Sondern sehr sehr tief und wenn man sie als Verheißung liest gibt sie viel Kraft. Das wäre also nun aktuell unglaublich starke Zusage.
    LG Eli

  11. Ihr habt auf Facebook nach unseren Erfahrungen mit der Bergpredigt gefragt, aber zu dem Thema kommentiere ich lieber hier…

    Ich glaube, ich mache mir mit 40 noch den gleichen Druck beim Umgang mit dem Text, den Jay sich mit 17 gemacht hat 😉 Einerseits liebe ich die Bergpredigt und wehre mich auch innerlich immer gegen die Versuche, sie zu entschärfen (à la „Sie soll uns ja nur zeigen, dass wir sie eh nicht einhalten können“).

    Andererseits finde ich manche Stellen wirklich extrem herausfordernd. Ich lebe seit über 10 Jahren als „reiche“ Europäerin in einem der ärmsten Länder Afrikas. Dass Menschen hier finanzielle Erwartungen an mich stellen, gehört zu meinem Alltag – von engen Freundinnen (das gehört zu Beziehungen hier einfach dazu – das deutsche Sprichwort „beim Geld hört die Freundschaft auf“ wäre hier absolut unverständlich) bis zu völlig Fremden auf der Straße, die mich um Geld bitten, weil ich nun mal da bin und Fragen ja nie schaden kann. Das ist in vieler Hinsicht sehr anstrengend: Ich weiß, dass ich privilegiert bin und dass mein relativer Reichtum mich zum Teilen „verpflichtet“. Gleichzeitig ist es belastend, wenn ausnahmslos JEDE Beziehung dieses finanzielle Element hat und sich manche Menschen auf eine Art von mir finanziell abhängig machen, die weder mir noch ihnen gut tut. (Außerdem ist in dieser patriarchalen Gesellschaft eigentlich der Ehemann dafür zuständig, seine Familie zu versorgen – dass fast alle meine Freundinnen in extrem schlechten und teilweise gewalttätigen Ehen gefangen sind und ich quasi das auffange, was eigentlich die Verantwortung der Familienväter wäre, von medizinischen Kosten über Schulgebühren der Kinder, macht mich umso wütender. Wenn ich vorher keine Feministin gewesen wäre, wäre ich es spätestens hier geworden… Aber das gehört wahrscheinlich nicht direkt zum Thema Bergpredigt.) Und dabei habe ich immer Matthäus 6,42 im Ohr: „Wenn jemand dich um etwas bittet, gib es ihm; wenn jemand etwas von dir borgen möchte, sag nicht nein“ (GNB).
    Natürlich muss ich in meinem Kontext manchmal trotzdem nein sagen. Zum Einen bin ich zwar vergleichsweise wohlhabend, andererseits wird auch mein Gehalt aus Spenden finanziert und ich bin längst nicht so unvorstellbar reich, wie die Leute hier oft zu denken scheinen. Zum Anderen tut es ihnen, wie gesagt, auf lange Sicht auch gar nicht gut, sich so abhängig zu machen. Ich werde in wenigen Wochen dauerhaft nach Deutschland zurückgehen, und meine Freundinnen und Bekannten müssen dann ohne meine Hilfe klarkommen. Und dann ist da immer noch die Frage, wie ich selbst richtig damit umgehe und gesunde Grenzen setze, ohne meine Großzügigkeit zu verlieren… Es ist kompliziert.

    Unabhängig von meinen Erfahrungen in Afrika ist da dann noch die Stelle im gleichen Absatz, in dem es um körperliche Gegenwehr geht und die ich als Frau einfach schwierig finde. Natürlich gibt es auch da einen historischen Kontext (römische Besatzung usw.), und vielleicht sagt ihr auch im zweiten Teil des Talks noch mehr dazu. Aber ich habe schon öfter Männer über den Text reden hören, und die „Was wäre, wenn…“-Frage ist dann immer: „Was wäre, wenn jemand deine Frau oder deine Kinder bedroht?“ Aber als Frau ist die Frage: „Was wäre, wenn mich jemand bedroht?“
    Natürlich können auch Männer sexualisierte Gewalt erleben, aber die Wahrscheinlichkeit ist für Frauen doch ungleich höher. Und da relativiere ich tatsächlich auch selbst die Bergpredigt und denke, es muss eine Grenze geben.

    Auch ganz allgemein (hier kommt dann doch wieder der Feminismus ins Spiel) frage ich mich, ob es hier nicht einen Unterschied zwischen männlich und weiblich sozialisierten Menschen gibt. Viele Frauen lernen von klein auf, freundlich, nachgiebig usw. zu sein, und erarbeiten sich erst im Erwachsenenalter die Fähigkeit, gesunde Grenzen zu setzen. Ich könnte mir vorstellen, dass das im Palästina des 1. Jahrhunderts nicht sehr anders war (zumindest der erste Teil – ob die Frauen dort im Lauf ihres Lebens mehr Grenzen gesetzt haben, weiß ich nicht). Könnte man also sagen, dass beim Lesen der Bergpredigt auch Male Privilege eine Rolle spielt? Auch wenn die ersten Adressaten in anderer Hinsicht ja gerade nicht privilegiert waren?

    1. Liebe Eowyn,
      vielen Dank für das Mitteilen deiner Gedanken und Erfahrungen mit der Bergpredigt. Und danke, dass du es so persönlich gemacht hast. Mir zeigt das mal wieder, dass man Bibeltexte nie unkontextualisiert auffassen kann. Das Wann, Wer, Wo? spielt nicht nur für die Verfasser:innen einer Rolle, sondern auch für die Leser:innen.

      Das machen deine guten Fragen megadeutlich.

      Ich habe auch ehrlich gesagt, noch gar keine Idee, was ich darauf antworten würde. Deshalb kaue ich lieber noch ein bisschen darauf herum.

      LG,
      der Jay

  12. Hallo zusammen,
    danke, danke, danke für den Talk! Einfach nur geil! Der Gedanke, dass Matthäus hier himmlische und irdische Ebene zusammenführt (bzw. zusammenhält) macht mir wieder mehr Lust auf den Text, den ich sehr mag, aber der so schwer erscheint.
    VG, Stephan

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