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‚Ketzer 2.0 – Der Podcast für gottlose Gedanken zum Leben‘ findet ihr hier.
Einen YouTube-Kanal haben die Ketzer auch, und zwar hier.
Jay, Marco und Gofi erklären die Welt
‚Ketzer 2.0 – Der Podcast für gottlose Gedanken zum Leben‘ findet ihr hier.
Einen YouTube-Kanal haben die Ketzer auch, und zwar hier.
Hallo liebe Hossarchisten!
Erstmal schön, dass ihr den Matthias eingeladen habt. Der Austusch mit Atheisten ist sehr wichtig für beide Seiten und unglaublich wertvoll. Ich finde es klasse, wenn ihr euch den Meinungen aller Seiten stellt und das dann auch gerne tut. Diese Offenheit ist, was ich an euch schätze, dass ihr eben kein Podcast seid, der sich schön zurücklehnt und dann von oben auf die anderen spuckt ohne sich selbst kritischen Fragen zu stellen. (An dieser Stelle möchte ich euch noch mal anregen, unbedingt mal einen Imam (oder andere Vertreter des Islam) einzuladen, das würde mich wirklich freuen!)
Ich finde den Austausch mit Atheisten extrem wichtig, sowohl für mich selbst als auch für die andere Seite. Wichtig ist, mit welcher Einstellung ich ran gehe. Generell finde ich es gefährlich mit einer missionierenden oder verteidigenden Haltung in ein Gespräch zu gehen. Und, welches Bild habe ich von Atheisten? „Atheisten sind gefährlich, dann verliere ich meinen Glauben“. Oder: „Atheisten müssen unglaublich unglückliche, zynische Menschen sein, denen ich helfen muss“. Natürlich überspitzt, aber generell ist die Einstellung oft, den anderen zu überzeugen bzw. ihm oder ihr schon fast einreden zu wollen, dass mit seinem oder ihrem Leben etwas falsch laufen muss.
Wichtig ist eine offene, lernwillige Haltung, damit ein echter, für beide Seiten gewinnbringender Austausch passieren kann: Warum möchte diese Person mit Religion nichts (mehr) am Hut haben? Was sagt das darüber, wie diese Person den Glauben/Religion erfahren oder eben nicht erfahren hat? Was sagt das dann über uns Christen und wie wir von außen wahrgenommen werden? Was können wir daraus lernen.
Und auf einer Glaubensebene: Warum kann diese Person nichts mit der Idee eines Gottes anfangen? Wenn diese Person nach einer ausführlichen Auseinandersetzung mit dem Christentum zu dem Schluss gekommen ist, dass da etwas nicht ganz passt, warum kommen wir dann zu einer anderen Einschätzung? Haben wir uns diese Frage schon einmal vorher gestellt? Zeigt uns die Frage, ob wir unangenehme Fragen aus dem Weg gehen und unser Glaubenskonstrukt eigentlich einen berechtigten Makel hat?
Für die atheistische Position: Warum glaubt diese Person eine übersinnliche Macht, die für mich völliger Unfug ist? Ist meine Vorstellung und Erfahrung mit Religion bisher durch negative Beispiele dominiert worden? Hat Religion vielleicht auch gute Seiten, die mir vorher noch nicht bewusst waren? Was ist so faszinierend an diesem Glauben, dass die andere Person daran festhält obwohl es vielleicht einige Unstimmigkeiten in ihrer Vorstellung gibt?
Was können wir also von Atheisten lernen? Erst einmal, hilft uns das Gespräch, unangenehme Fragen ausgesetzt zu sein, deren Auseinandersetzung unseren Glauben voranbringen kann. Es hilft uns als Kirche, zu verstehen, wie wir wahrgenommen werden und wie wir unser System vielleicht ändern könnten. Wir lernen, welche Probleme andere Menschen mit dem Glauben haben und können daraus schließen, welche Fragen Menschen, die kirchenfern sind, wirklich interessieren. Wenn wir für diese Menschen attraktiv sein möchten, müssen wir bereit sein, mit diesen Fragen in Gemeinden offen umzugehen und nicht zu verdrängen.
Ich habe mir mal aus Interesse einen Facebookpost durchgelesen, in dem Atheisten ihre „Bekehrung“ zum Atheismus und Gründe für diese erläutert haben. Interessant dabei war, dass es in den wenigsten Fällen der Grund war, dass sie von einer rationalen Perspektive her Gott für Quatsch hielten sondern in den meisten Fällen ihre eigene Erfahrung mit der Kirche oder Gott sie zu ihrer Entscheidung gebracht haben. Ich möchte mal einige häufig genannte Gründe auflisten:
– Gott kümmert sich nicht um das Leid in der Welt, warum sollte ich ihn preisen
– ein Gott der gleichzeitig Liebe ist aber Leute in die Hölle schickt ist wahnsinnig
– Meine Fragen wurden in der Kirche nicht beantwortet, kritisches Denken war nicht erlaubt
– ich habe gebetet aber nichts ist passiert, ich oder meine Familie wurden von schweren Schicksalsschlägen erfasst
– als Kind gegen den eigenen Willen zur Kirche gezwungen worden oder in der Schule zum Beten gezwungen worden
– Die Kirche als Institution präsentiert sich furchtbar
– Religion ist nur eine seelische Krücke
– Die Kirche hält unzeitgemäße Moralvorstellungen die ich nicht unterstützen kann (Homosexualität etc.)
– Menschen, die sich als Christen bezeichnet haben, aber nicht danach leben (zb mein christlicher Vater hat mich vergewaltigt)
– Wenn ich die Bibel lese, sehe ich einen furchtbaren Gott (AT), nicht besser als andere Religionen
– Die spirituellen/charismatischen Handlungen waren verstörend und abschreckend
In vielen dieser Fälle haben diese Menschen schlechte Erfahrung mit Religion gemacht. Es ist völlig richtig und ich unterstütze es, dass diese Menschen sich dann von dieser Vorstellung der Religion lösen und mit den in diesen Fällen destruktiven Ansichten abschließen und sich dann vielleicht sogar aktiv dafür einsetzen, dass nicht andere Menschen diese Erfahrung auch durchmachen müssen. Wir als Christen können im Gespräch und vor allem durch unser alltägliches Leben zeigen, dass Glaube und Gott so viel mehr sein können und damit anderen helfen die gesunde Seite, die Kraft und die eigentlich tolle Botschaft des christlichen Gottes zu erfahren.
Habt den Mut einen ehrlichen Austausch zu suchen!
Shalom, phoenix
Hallo Phoenix,
Atheistin hier, man könnte sogar sagen atheistische Mikroaktivistin. Meines Erachtens stellen Leute, die sich aktiv vom Christentum abgewandt haben, z.B. aus den von dir genannten Gründen, eine recht kleine Minderheit „bei Atheistens“ dar. Die meisten atheistischen Leute, die ich kenne, waren nie religiös und können sich daher auch nicht irgendwie enttäuscht abgewandt haben.
Ich will versuchen, meinen Ansatzpunkt reduziert darzustellen: Für mich z.B. ist das Christentum eine Religion unter vielen, also wie Islam, Hinduismus, die alte persische Religion, Buddhismus, der Glaube an Isis und Osiris, Zeus oder Thor. All diese Religionen konkurrieren miteinander um Anhänger — je nach Weltregion und Zeitpunkt in der Geschichte gelingt dies einigen mal mehr, mal weniger. Irgendwann gelingt es ihnen gar nicht mehr, sie sterben als aktive Religionen aus und werden zu Mythologien. Das Christentum ist aus meiner Sicht einfach nur zufällig die Religion, die gerade dann und dort die gestalterische Mehrheit inne hat, wo ich lebe.
Die Aussagen und Behauptungen dieser Religionen widersprechen sich — es können nicht alle wahr sein. Es kann aber durchaus sein, dass alle falsch sind. Darum kann ich mich als Atheistin entspannt zurück lehnen und mir anschauen, welche Hinweise (von Beweisen möchte ich gar nicht sprechen) die Anhänger der jeweiligen Religionen dafür haben, dass ihre jeweiligen Behauptungen stimmen. Also, welche Anzeichen gibt es für die Gottesgesandtheit des Propheten Mohammed? Gibt es Belege, dass Jahwe im salomonischen Tempel von Jerusalem wohnte? (Und, die Frage ist umstrittener als viele meinen: Gibt es archäologische Anzeichen dafür, dass ein salomonischer Tempel überhaupt existierte?) Welche Anzeichen gibt es, dass der christliche Gott tatsächlich existiert? Oder Jupiter?
Sobald die Gläubigen irgendeiner Religion diese — realen, verifizierbaren — Belege beigebracht haben, kann ich mir deren Behauptungen näher anschauen. Vorher scheint es mir völlig sinnlos. Ich glaube ja schließlich auch nicht an die Existenz von Feen oder von Yetis. Warum nicht? Na, weil es keine Belege für deren Existenz gibt.
Danke für diese Klarstellung!
Atheisten argumentieren ja manchmal, dass eigentlich die allermeisten Menschen Atheisten sind, da sie an ziemlich viele Götter NICHT glauben und dass die erklärten Atheisten halt nur an einen einzigen weiteren Gott NICHT glauben.
Diesem Argument kann ich einiges abgewinnen, weil es Christen herausfordert, darzulegen, was sie eigentlich genau glauben und v. a. von einer externen Perspektive aus plausibel zu machen, warum sie das glauben.
Will sagen: das Argument zwingt einen entweder, Atheist zu werden, oder man kann daraus einen Mehrwert für den eigenen Glauben ziehen. Darum ist es auch so klasse, sich als Christ ernsthaft (!) mit Atheismus auseinanderzusetzen.
Danke, Florian. Das sind genau meine Gedanken. Und übrigens auch der Grund, warum ich im Talk gesagt habe, dass ich die Frage nach der Existenz Gottes für gar nicht so wichtig erachte. Wenn sich Atheisten und Christen immer nur hierüber definieren, von einander abgrenzen und bekämpfen, langweilt mich das. Und aus dem Grund hoffe ich eigentlich auch auf einen Atheismus 3.0, der die Religion nicht nur als Gegner sondern auch als Diskurs-Chance begreift, der von der Religion lernen will, was es von ihr zu lernen gibt und der gleichfalls Lust darauf hat die Welt mit der Religion als Sparing-Partner (los wird er sie eh nicht) besser zu machen. Umgekehrt wünsche ich mir das Gleiche von der Religion.
LG,
der Jay
Danke auch von mir!
Allerdings scheint es mir doch oft so zu sein, dass in der öffentlichen Diskussion verschiedene Atheismen durcheinander gerührt werden – auf allen Seiten. Will heißen: Konkrete Instittutionenkritik (Kirche war und ist auch ein Machtapparat z.B.) überlagert sich mit einer generellen Haltung, die offen skeptisch oder auch aggressiv ablehnend gegenüber der prinzipiellen Denkmöglichkeit Gottes sein kann. Wenn man solche verschiedenen Aspekte nicht sauber auseinanderhält, kommt meistens keine produktive Diskussion raus.
Selbst wenn ein Atheist prinzipiell offen ist, wie Du es von Dir sagst, ergibt sich eine Schwierigkeit bei der Diskussion, weil ein ganz bestimmter Diskussionsrahmen gesetzt ist: Solange keine „Belege“ geliefert werden, sagt der betreffende Atheist, könne er nicht überzeugt werden. Was „Belege“ sein können, hat er zuvor definiert.
Das ganze Konzept von „verifizierbar“ ist dabei – sorry! – bereits verkehrt, weil unwissenschaftlich. Für bestimmte wissenschaftliche Fragestellungen (v.a. in den Naturwissenschaften) gibt es das Kriterium der Falsifizierbarkeit, das war es dann aber auch schon. Man kann maximal mathematische Beweise führen (weiß aber immer noch nicht, ob es das, was man berechnet hat, auch real gibt). Empirisch verifizieren kann man gar nichts. Man kann lediglich etwas denkerisch für wahrschenlich halten in Auseinandersetzung mit konkreten Erfahrungen (auch Messungen sind Erfahrungen und keine Fakten). Das vergessen oder wissen ganz viele Atheisten nicht, wenn sie Beweise einfordern.
Selbst in der Physik gelten Annahmen über die Wirklichkeit nur so lange, bis sie falsifiziert (widerlegt) sind. Allerdings kann man in manchen Fällen darüber streiten, wann etwas wirklich widerlegt ist, das wissen gerade die Physiker, die derzeit nach denkerischer Unterstützung aus der Philosophie schreien, weil ihr Weltbild an so manches Ende kommt (deshalb ist bei manchen gerade Pan(en)theismus „in“). Etwas „verifizieren“ zu wollen, entspricht einem ziemlich naiven Weltbild aus der Zeit der mechanischen Physik.
Dabei fällt dann regelmäßig komplett unter den Tisch, dass es sehr unterschiedliche Religionen und Gottesbilder gibt. Ich kann also in diesem Diskurs-Setting nicht nur nicht „belegen“ im Sinne vieler Atheisten, dass es Gott gibt, sondern werde durch die Fragestellung bereits auf einen Gott eingeschränkt, an den weder der Atheist noch ich glauben. (Die meisten Religionskritiker haben keine Ahnung von Religionswissenschaften, man könnte sagen, sie argumentieren in der Regel sehr eurozentrisch, weil sie ihre eigenen Vorstellungen von Religion auf sämtliche empirischen Religionen übertragen.)
Wenn für den Atheisten unter diesen Umständen dann nur „Unsinn“ rauskommt, sollte er sich halt ein Beispiel an manchen Quantenphysikern oder Ethnologen nehmen: falsche Frage (falsche experimentelle Anordnung) führt zu komischen Ergebnissen. 😉
So kann dann eben doch leider keine „Verständigung“ erzielt werden – meiner persönlichen Erfahrung nach. Das war der Sinn meines langen Kommentars weiter unten: Es gibt seriöserweise keinen Beweis oder Beleg für Gott. Allerdings gibt es auch keinen überzeugenden gegen ihn. Man kann jeden Atheismus, aber auch jeden religiösen Glauben dekonstruieren. Oder ganz existentialistisch gesprochen: Jede Lebenshaltung und jede Überzeugung im Leben wird nicht nur theoretisch entwickelt, sondern auch immer praktisch eingeübt. Man versteht letztlich andere Menschen, andere Überzeugungen, Religionen oder auch Kulturen erst, wenn man sich in sie hineinbegeben und probeweise „eingeübt“ hat. Und das ist ein Vorteil, der z.B. einem Physiker nicht zur Verfügung steht. 🙂
Deshalb glaube ich persönlich nicht, dass rein theoretische Austauschbeziehungen viel bringen. Auch wenn die Idee schön klingt.
Liebe Ina
Ganz so einfach ist es dann leider doch nicht. Zunächst ist die Falsifikation auch nur eine von verschiedenen Möglichkeiten (nämlich Popper), die Vorgehensweise der Naturwissenschaften zu beschreiben.
Vor allem ist es innerhalb dieser Methode auch nicht so, dass einfach erst mal Beliebiges behauptet werden kann, so lange es faktisch nicht falsifiziert wird. Sondern die Methode der Falsifikation setzt voraus, dass nur solche Hypothesen aufgestellt werden, die überhaupt empirisch falsifizierbar sind (d. H. Sie müssen konkrete Voraussagen über Versuchsanordnungen zulassen etc).
Gott ist ziemlich sicher keine solche Hypothese. Wenn Gott nicht falsifiziert werden kann, heißt das nicht, dass er einfach ins naturwissenschaftliche Universum hinein gepackt werden kann. Sondern eher imGegenteil, dass die Frage nach Gott außerhalb des Gegenstandsbereichs der Naturwissenschaften verläuft.
Das habe ich alles gar nicht behauptet. Wenn ich anfinge, nun auch noch Popper zu kritisieren, könnten die meisten Leser nicht mehr folgen.
Ich habe nur den naiven Naturalismus auf möglichst einfache und nachvollziehbare Weise zu dekonstruieren versucht. Erst auf DIESER Grundlage kann man meiner Auffassung nach überhaupt anfangen, ernsthaft Argumente auszutauschen über Gottglauben. (Und erst dann würde deutlich, warum ich auch den Pantheismus mancher Physiker wiederum für vorschnell naturalistisch halte.)
Mir geht es um Erkenntnisgrenzen, um die wir nicht herum kommen. Und darum, dass wir immer in Modellen denken, die vom Bezugsrahmen abhängig sind. Die Newtonsche Mechanik ist ja nicht falsch, lässt sich aber nur auf einen bestimmten Phänomenbereich anwenden.
„Empirisch verifizieren kann man gar nichts.“
Doch, klar. Die Behauptung „Es existieren Erbsen“ lässt sich völlig ohne erkenntnistheoretische Probleme empirisch verifizieren. Genau, wie ich auch die die Nichtexistenz-Behauptung „Es existiert keine belgische Stadt namens Fffffsdafnjkqfenwqkljingen“ — mit etwas mehr Aufwand — empirisch belegen kann.
Wo ist da das Problem?
Bei einer Erbse liegen die „Schwierigkeiten“ in einem überschaubaren und lebenspraktisch lösbaren Bereich, weil wir uns vermutlich relativ schnell einigen können, dass es sich um eine Erbse handelt, wenn wir beide ein Ding betrachten, das klein, grün und pflanzlich ist und süßlich schmeckt. Basiert trotzdem nur darauf, dass wir beide die gleiche Sprache sprechen und kulturell bedingt ähnliche Essgewohnheiten und entsprechend trainierte Geschmacksnerven haben. Beweisen kannst Du nicht, dass das sprachliche Zeichen „Erbse“ mit dem Ding da das gleiche IST. Es ist eine praktisch erworbene Konvention, die kommunikativ funktioniert, kein Beweis.
Du musst nicht nur Begriffe erlernen und bei ihrer Anwendung lebenspraktisch erfahren sein, sondern generell bei sämtlichen Schlussfolgerungen (das ist eine Erbse, weil sie grün und klein und pflanzlich ist und weil sie süß schmeckt) immer irgendwann einen „Sprung“ in die Interpretation machen. So funktioniert der menschliche Geist nunmal. Es gibt Schlussverfahren, die mehr Sicherheit versprechen als andere, ja. Den „Sprung“ zu „das ist…“ erspart Dir aber kein Schlussverfahren.
Die Nicht-Existenz der belgischen Stadt könntest Du mir nur zeigen. Das ginge nur, wenn wir gemeinsam ganz Belgien abklappern, aber selbst dann könnte ich darauf pochen, dass ich mir nicht sicher sein kann, dass wir jeden Quadratmeter in Belgien erwischt haben. Es ist immer ein unendlicher Regress möglich, jedoch nicht sinnvoll. Also vertraue ich dem tradierten Wissen, etwa in Form eines Lexikons, dass es diese Stadt nicht gibt. Das ist dann eine Entscheidung von mir, nicht Deine Leistung eines Beweises.
Und bevor Du sagst, „eine Erbse bleibt aber eine Erbse“:
Dieser Satz ist nur eine Verdoppelung, keine Qualifizierung, die zu irgendetwas taugen könnte. Wenn Du zehnmal hintereinander sagst „eine Erbse ist eine Erbse ist eine Erbse“, entgleitet Dir zum Schluss sogar vorübergehend jede Idee von einer Erbse. Kein Begriff ohne Kontext.
Zur allgemeinen Erheiterung:
Jens Stangenberg und die Apfeligkeit des Apfels:
http://Www.youtube.com/watch?v=nkY7IgSP1Po
Großartiges Video!
Der Rest deines Kommentars natürlich auch. 🙂
LG
Der Jay
„Bei einer Erbse liegen die “Schwierigkeiten” in einem überschaubaren und lebenspraktisch lösbaren Bereich, weil wir uns vermutlich relativ schnell einigen können, dass es sich um eine Erbse handelt, wenn wir beide ein Ding betrachten, das klein, grün und pflanzlich ist und süßlich schmeckt.“
Genau so ist es. Und deshalb bin ich auch schon bereit mir die Behauptungen von Religionisten näher anzuschauen, wenn es überhaupt Hinweise auf ihre Richtigkeit gibt — die Hürde eines formalen Beweises möchte ich ihnen vorher gar nicht erst aufbürden. Im Englischen gibt es die Unterscheidung zwischen Evidence und Proof, aber etwas 100% Entsprechendes habe ich im Deutschen nicht gefunden.
Also: Bevor Moslems, Christen, Hindus, Zeus- oder Odin-Anhänger nicht mit validen Argumenten um die Ecke kommen, möchte ich mich mit deren Thesen nicht intensiv beschäftigen (müssen). Ich glaube ja auch nicht an Einhörner oder die Die-Erde-ist-eine-Scheibe-These.
Ansonsten: Danke für eure Diskussionsbereitschaft. Trifft man in sich widersprechenden weltanschaulichen Lagern selten.
Ich glaube, was MGEN-Blog meint, ist das Problem der Beweislast. Nicht der, der die Nicht-Existenz von etwas behauptet, trägt zunächst die Beweislast, sondern derjenige, der die Existenz behauptet.
einfaches Beispiel: Wenn A sagt, Elvis ist auf Alpha Centauri wiedergeboren und B sagt, dass das nicht stimmt, dann kann man vielleicht weder die Aussagen A noch B ohne weiteres beweisen bzw. widerlegen. Aber sagen wir deshalb wirklich schon: „Naja, wer weiß? Jeder könnte Recht haben… A kann nicht beweisen, dass er Recht hat, aber B kann es auch nicht widerlegen…“?
Ein solches Urteil wäre jedenfalls nicht rational. Rational wäre: A muss liefern, B kann abwarten und ist vorläufig „im Vorteil“.
Das ist jedenfalls meistens die atheistische Perspektive. Die Frage wäre für mich nur, ob dann, wenn es um Gott geht, überhaupt „empirische Beweise“ infrage kommen, oder ob es auch um Verstandesgründe, Nützlichkeitserwägungen etc. geht. Ob mit diesen Einschränkungen für den Gläubigen viel gewonnen ist, steht nochmal auf einem anderen Blatt.
Lieber MGnBLOG,
schön, dass du hier mitdiskutierst. Was Worte wie „Religionisten“, oder die Erwähnung von nicht mehr „aktiven“ Göttern wie Zeus oder Odin sowie Einhörnern und Feen für einen Beigeschmack haben, muss ich wohl nicht eigens erläutern. Das hat für mich nicht allzuviel mit Respekt und Augenhöhe zu tun. Abgesehn davon erinnert mich das teilweise bis in die Wortwahl an den Jargon von Richard Dawkins, dessen Buch „Der Gotteswahn“ ich gelesen habe. Ich konnte es leider nicht ernst nehmen, weil Dawkins sich hier (ALS WISSENSCHAFTLER!!!!!) auf ein Fachgebiet begibt, von dem er nicht nur überhaupt keine Ahnung hat, sondern sich sogar geweigert hat, sich mit dem Gegenstand seiner Kritik vorher eingehend zu beschäftigen. Das ist viel. Aber nicht wissenschaftlich. Auch unter Atheisten sollte zumindest gelten „Kenne deinen Feind, bevor du in die Schlacht reitest.“ Aber damit nicht genug. Auch in seinem eigenen Gebiet (Evolutionsbiologie) ist Dawkins mehr als umstritten. Er ist längst nicht der Biologensuperstar, als der er sich immer verkauft. Viele in seiner Zunft belächeln ihn eher. Denn er hält (Unter anderem in seinem Buch „Die Schöpfungslüge“, das ich auch gelesen habe) an Darwin-Dogmen fest, die längst zweifelsfrei widerlegt sind. Und zwar aus reiner Loyalität zu Darwin. Wenn das nicht religiös im schlimmsten Sinne ist, weiß ich auch nicht. Also, liebe Fundiatheisten: Wenn ihr mich ernsthaft lüpfen wollt, dann bitte nicht mit Dawkins-Witzen über fliegende Spaghettimonster, sondern beispielsweise, in dem ihr denkerische Schwergewichte wie Michael Schmidt-Salomon in den Ring werft. Man kann über ihn sagen, was man will, man kann auch sogar die Giordano-Bruno-Stiftung tendenziell sektiererisch finden, aber eines kann man nicht: Abstreiten, dass dieser Mann was in der Birne hat, zu sagen hat und sauber recherchiert. Und außerdem ein äußerst angenehmer und respektvoll kommunizierender Gast in Talkshows ist. So. Und jetzt will ich den Namen „Richard Dawkins“ nicht mehr hören. Sonst sag ich ganz laut „MARGOT KÄßMANN“!
Liebe Grüße,
Patrick Rabe
Im Deutschen geht ja auch „Evidenz“ („Indiz“ ist etwas zu juristisch.). Oder wie wäre es mit „Anzeichen für…“ oder „Hinweis auf…“?
Mir wäre generell ein Punkt wichtig, und ich würde mich sehr freuen, wenn Du ihn mal zum Nachdenken mitnehmen würdest.
Formale Logik funktioniert nicht bei allen Phänomenen gleich gut, v.a. nicht bei denen, die – anders als die Erbse – nicht zur intersubjektiv anerkannten Wirklichkeit gehören. Man kann ja schon darüber streiten, ob es bestimmte Phänomene überhaupt gibt, je nachdem welches Welt- bzw. Menschenbild (Bezugsrahmen!) man vertritt (ein Hirnforscher sieht menschlichen Geist anders als ein Psychoanalytiker, auch wenn beide Atheisten sind).
Auch Logik kann nur dann gültige (valide) Ergebnisse liefern, wenn die Vorannahmen stimmen, die man aber experimentell nur bedingt überprüfen kann (denn die Versuchsanordnung des Experiments leitet sich bereits von den Vorannahmen ab). Es ist experimentell nicht möglich, das Regelwerk, in dessen Rahmen man zu Aussagen gelangt, seinerseits experimentell zu validieren. (Das hat der Mathematiker Gödel gezeigt, indem er mathematische Regeln auf sich selbst angewendet hat. Daraus folgten Gleichungsergebnisse, die mathematisch falsch sind.)
Es ist also möglich, dass Deine implizite Vorannahme nicht stimmt, dass alle Götter (plus Elfen, Einhörner und Jeti) das selbe „sind“ oder „bedeuten“. Dann wäre auch das Problem, dass nicht alle Religionen gleichzeitig wahr sein können, gar kein Problem. Der Widerspruch, den Du siehst, könnte aus einer anderen Perspektive auflösbar sein: Alle Religionen sind mit einem Phänomen beschäftigt, auf das sie (wegen ihrer historisch bedingten Enstehungsgeschichte) nur eine eingeschränkte Perspektive haben (in einem dunklen Raum bekommt man immer nur einen Teil von dem zu fassen, das man in Gänze nicht sehen kann). Und es wäre genauso möglich, dass eine dieser Religionen näher dran ist als die anderen, ohne dass die anderen komplett falsch sind.
Das kann man formal-logisch nicht nur nicht lösen, sondern noch nicht mal zu fassen bekommen, weil formale Logik zweiwertig funktioniert (wahr/falsch, an/aus), die Wirklichkeit aber meistens nicht. Es gibt Widersprüche oder Polaritäten, die man nicht beschreiben kann mit A ist ungleich B, A ist auch ungleich Nicht-A, also ist B gleich Nicht-A . Spätestens bei einer Ampel bedeutet gelb etwas, was über nicht grün oder nicht rot hinausgeht (und nicht grün muss nicht gleich rot sein, sondern kann auch gelb meinen).
Selbstverständlich kann man darüber streiten, was das Phänomen, an dem Gläubige „herumtasten“, wirklich „ist“. Es muss gar nicht auf etwas „Göttliches“ verweisen, sondern kann sich um einen Effekt des menschlichen Geistes handeln (im Video von Jens Stangenberg sieht man sehr schön, wie bereits die Funktionsweise der Sprache Transzendenz „produziert“).
DAS war übrigens mein Argument gegen Gott, als ich Atheistin war. Ich finde es bis heute überzeugender als Deine Überlegungen zum salomonischen Tempel. Das liegt vermutlich daran, dass ich mit dem Idealismus mehr anfangen kann als mit dem Materialismus, und zwar unabhängig davon, ob ich an Gott glaube oder nicht. Wir hätten uns also vermutlich auch in meinen atheistischen Zeiten nicht auf ein gemeinsames Weltbild einigen können. Deshalb ist es hilfreich, dass Du offen sagst, Du findest bestimmte Herangehensweisen gar nicht sinnvoll. Da ersparen wir uns Missverständnisse und Frust. 😉
Auf jeden Fall danke auch von mir für den Austausch & viele Grüße!
Nur ein paar Gedanken:
1. Bei der Frage nach Gott stellt sich als Erstes die Frage nach dem Gottesbild und Gottesbegriff. Wer oder was ist das überhaupt, dieser „Gott“, an den ich da glaube oder eben nicht glaube? Wenn mir jemand platt an den Kopf wirft, er glaubt nicht an Gott, antworte ich meist: An den Gott, an den du nicht glaubst, an den glaube ich auch nicht. Wir stimmen wahrscheinlich zu 99 % mit jedem Atheisten überein bei der Frage, was Gott alles nicht ist.
2. Ich finde die Frage nach der Logik gut und richtig. Logik dient der Wahrheitssuche, und wenn Gott Wahrheit ist, könnte man sagen, dass Logik auch ein zentrales Wesensmerkmal Gottes ist. In Joh. 1,1 ist schon vom „Logos“ die Rede, was man vielleicht auch mit Logik übersetzen könnte. Ich denke, viele Christen sollten sich in ihren Überzeugungen viel öfter die Frage nach der Logik stellen, anstatt sich in die pauschale Ausrede „Das ist so, weil es in der Bibel steht“ zu flüchten. Gott hat uns einen Kopf gegeben, damit wir ihn benutzen, auch zum Anzweifeln von althergebrachten Überzeugungen.
3. Ist es logisch, wenn ich nur an das glaube, was messbar ist? Das wäre es wohl, wenn man davon ausgehen würde, dass die „menschliche Wissenskarte“ über den Kosmos zu 99,9 % aufgedeckt ist und dass alles Wesentliche bereits bekannt und messtechnisch erfasst worden ist. Richtigerweise wird man aber wohl unterstellen müssen, dass bis jetzt bestenfalls 0,1 % der Karte aufgedeckt ist und wir wissensmäßig immer noch ganz am Anfang stehen. Wäre es da nicht reichlich „vermessen“, Gott voreilig aus dieser Gleichung heraus zu streichen?
4. Wie Jay schon richtig sagte: Die Frage nach der Existenz Gottes stellt sich auch für mich im Glauben nicht. Gott ist Schöpfer und nicht Bestandteil der Schöpfung, somit „gibt“ es ihn im materiellen Sinn auch nicht, sodass es müßig ist, sich über seine „Existenz“ zu streiten. Wie Pete Rollins es sinngemäß mal gesagt hat: Gott existiert nicht, sondern er ruft Dinge in ihre Existenz. Die Frage nach dem Glauben ist demgegenüber eine persönliche Anfrage: Möchte ich an Gott glauben, ihn als „Person“ in meinem Leben wahrnehmen, obwohl ich eigentlich nichts über ihn weiß, allenfalls vom Hörensagen, oder möchte ich das nicht? Das muss jeder Mensch für sich persönlich entscheiden. In dem Zusammenhang glaube ich, dass es aufgrund der spezifischen neuronalen Eigenarten ihrer Gehirne Menschen gibt, die hoffnungslos religiös sind, und wiederum andere, die hoffnungslose Atheisten sind. Und sogange es Menschen gibt, werden beide Seiten miteinander hadern und in ständigem Clinch liegen.
Ich habe für mich die Entscheidung getroffen, dass ich an Gott glaube, weil ich es möchte und weil ich persönlich mit dem atheistischen Denkansatz, dass alles aus und durch Zufall existiert und letztlich alles im Nichts endet, wo es auch hergekommen ist, nichts anfangen kann. Ich finde die Vorstellung tröstlich, dass ich irgendwie auf ein übergeordnetes „Ziel“ zulaufe und dass es irgendwann in irgendeiner Form ein „Happy End“ vor allem für all diejenigen geben wird, denen im Leben und Sterben Unrecht widerfahren ist. Für mich sind Begriffe wie Liebe, Freiheit und Gerechtigkeit in ihrer Rein- oder Idealform in höchstem Maß transzendent. Man kann es zwar nie ganzerreichen, man kann sich aber in die Richtung orientieren. So ist es letztlich auch mit Gott.
Erst mal super, dass Ihr auch so einen Gast einladet. Das durchbricht schonmal gehörig die fromme Blase. Jetzt bitte noch einen Buddhisten o.ä.
Am besten fand ich den ersten Teil des Gesprächs. Ich war zunächst auf die üblichen Schlachten mit den üblichen Argumenten gefasst – die dann ja auch alle kamen. Aber am Anfang ging es erst mal nicht um „wer hat womit Recht?“, sondern darum, gemeinsame Lebenserfahrung aus verschiedenen Winkeln zu deuten: Was ist der Tod und wie kann man sich ihm stellen? Dieser Gesprächsansatz verbindet und baut Brücken – ich fand ihn besonders deswegen gelungen, weil der Aufhänger ja wiederum eine ganz andere Kultur war, wo sowohl westlicher Atheist, als auch westlicher Christ als „Außenseiter“ erst mal daneben stehen, beobachten, fragen und lernen können. Das ist eine sehr fruchtbare und gesunde Einstellung, die allen Beteiligten am meisten bringt.
Die Debatten sind ja alle schon geschlagen und auf argumentativer Ebene haben die Atheisten aus meiner Sicht größtenteils gewonnen. Dazu vielleicht später mehr.
Die praktische Frage ist daneben aber: Was können wir trotz allem teilen, um ein Zusammenleben zu kultivieren. Matthias performt ja hier auch immer ein bisschen vor seiner eigenen Hörerschaft, daher kann ich verstehen, dass er eher konfrontiert etc. Trotzdem würde ich mir gerade von Leuten, die die aufklärerischen Errungenschaften von Toleranz, Menschenwürde etc. im Banner führen, erwarten, dass sie Andersdenkenden etwas mehr Respekt entgegenbringen und sie nicht als „Religioten“ oder – schlimmer noch – als Teil bzw. Träger einer ansteckenden Krankheit zu bezeichnen. Man kann natürlich alles erst mal raushauen und nachher für Satire halten. Aber wem hilft das?
Hallo Florian!
Respekt vor Menschen ist m.E. bis zum Beweis des Gegenteils angebracht. Aber den Respekt vor Argumentationen muss man sich verdienen. Ich bin der Überzeugung, dass Bullshit klar als solcher bezeichnet werden muss. Sei es bei Trump, sei es betrügerische Werbung, oder seien es Bullshit-Argumente in der Politik oder im weltanschaulichen Bereich. Ina schrieb, wir würden beim Ketzerpodcast gerne Christen vorführen. Das ist auch tatsächlich unsere Kernkompetenz. Wir führen die Leute aber nicht vor, weil sie Christen sind, sondern weil sie Unsinn erzählen. Und obwohl Christen unsere Hauptzielgruppe sind (sie stellen natürlich in Deutschland auch die maßgebliche Gruppe von Bullshit-Verkündern) haben wir z.B. auch Ulrich Kutschera gründlich auseinandergenommen (Folge 62.4), der eigentlich einer der „Unseren“ ist oder war, oder den lächerlichen Indizienbeweis für die Göttlichkeit des Korans vorgeführt (Folge 55.4).
Umgekehrt habe ich sogar mal Margot Käßmann verteidigt, als Fake News über sie verbreitet wurden (Folge 63.2). Als also andere Bullshit zu ihren Lasten verbreitet haben.
Vor allem erkläre ich immer, WARUM etwas Bullshit ist und schimpfe nicht einfach nur.
Wer sich beim Thema Religion wie ein Idiot aufführt, verdient sich halt den Titel „Religiot“. Und der Vergleich mit einem Virus trifft für die Religion nun mal zu, wie ich im Interview erklärt habe (falls das nicht rausgeschnitten wurde). (Ich meinem Dawkins hat sogar einen Computervirus gemeint.) Religion breitet sich eben nur durch „Ansteckung“ aus, nicht, wie z.B. wissenschaftliche Erkenntnisse, durch schlaues Nachdenken und Forschen. Wenn jemand hier einen besseren Vergleich dafür hat, hätte ich nichts dagegen, den zu verwenden.
Im Übrigen finden sich in der Bibel genügend respektlose Aussagen über Un- und Andersgläubige, sowohl im Alten als auch im Neuen Testament.
Lieber Matthias,
Erst mal danke für die Antwort.
Leider sehe ich in Deinen Äußerungen immer noch nicht die ganz normale und faire Differenzierung, die Zwischenmenschlichen Respekt für mich ausmacht. Der Satz „Christen erzählen Unsinn / Bullshit“ kann ja viel Verschiedenes bedeuten. Heißt er: „Manche Christen reden manchmal Unsinn, wenn sie über den Glauben sprechen“? Oder heißt er, auf der anderen Seite des Spektrums, „alle Christen reden immer Unsinn, egal über welches Thema“? Oder etwas dazwischen? Was genau?
Gerade wenn Du den Text der Bibel in dieser Hinsicht zu unfair findest, musst Du es ihm ja nicht nachmachen.
Zum „Virus“: von mir aus kann man alles mit allem vergleichen: Gehirne mit Computern, Autos mit Halmafiguren, Äpfel mit Birnen usw. Irgendeine Gemeinsamkeit findet man mit etwas Kreativität immer. Die Frage ist doch: Was bringt der Vergleich? Die (negative) Wertung ist in Deinem Fall ja nicht sein Resultat, sondern eher seine Voraussetzung.
Übrigens denke ich nicht, dass Religionen etwas „externes“ sind, das Menschen „befällt“. Sondern Religionen stellen Identität her. Sie machen einen Menschen zu dem, der er ist. Dann ist in Deinem Vergleich nicht nur die Religion die Krankheit, sondern auch der religiöse Mensch, jenseits dessen es nun mal keine Religion gibt. Menschen mit missliebigen Auffassungen aber als Krankheiten / krankhaft zu bezeichnen, ist ein ziemlich tiefer Griff in die braune Sprachbrühe.
Darum wäre meine Frage: Warum brauchst Du genau diesen Vergleich? kann man das nicht auch respektvoller ausdrücken?
Dazu passt übrigens auch Trump, auf den Du hinweist. Wie kommt so einer an die Macht? Das hängt sicher mit religiöser Radikalisierung zusammen, mit Leuten, die vielleicht aus religiösen Gründen immer dieselbe Partei wählen, egal, wer dabei rauskommt. Es hat aber gerade im Fall Trump auch mit einem Klima zu tun, in dem Akteure sich hinter Gräben verschanzen und die andere Seite nur noch im despektierlichen Modus beschreiben kann („crooked Hillary“ oder „Religioten“).
Sprache schafft eben Realitäten (was ja auch jmd wie Kutschera ziemlich zu entgehen scheint, Stichwort Gender) und gesellschaftlicher Zusammenhalt bräuchte heute m. E. eine gewisse verbale Abrüstung.
Gerade wenn man in vielen Punkten argumentativ ganz gut dasteht, was ich Dir ja gerne zugestehe, ist die Addition von Unflat doch auch gar nicht mehr nötig, oder?
Hallo Florian.
Was ich bei Deiner obigen Antwort etwas vermisse (und besonders auch bei Ina) ist, dass Du mir offenbar jeglichen „Vertrauensvorschuss“ verweigerst. Ich schrieb, dass wir im Podcast Christen – aber auch Andere – vorführen weil (oder vielleicht besser: WENN) sie Bullshit erzählen. Du weißt auch, dass ich mich ganz entspannt mit Jay und Gofi unterhalten habe, und sogar mit ausgewiesenen TheologInnen.
Wäre da nicht ein gewisses Vertrauen angebracht, dass ich nicht total verblödet bin und meine, alle Christen würde immer nur Unsinn erzählen? Ist es da wirklich nötig, extra nachzufragen?
Wenn ich Leute kritisiere, prüfe ich zunächst immer, ob ich irgendeine legitime Interpretation für ihre Aussagen oder ihr Verhalten finden kann. Ich kann hier nur wieder auf meine Käßmann-Verteidigung verweisen, wo Käßmann sich zwar ungeschickt ausgedrückt hatte. Aber dass Frau Käßmann allen Menschen mit vier deutschen Großeltern rechte Tendenzen unterstellt, so so abwegig, dass eigentlich offensichtlich sein sollte, dass sie es so nicht gemeint hat. ich habe schon fertig geschriebene Artikel nicht veröffentlicht, weil mir beim letzten Durchlesen auffiel, dass die Formulierung, die ich kritisierte, auch anders gemeint sein könnte und vermutlich auch war.
Was Deinen Ärger über den Virusvergleich angeht, nehme ich typisches Christenverhalten wahr. Wenn Du Dir überhaupt nicht durchliest, was Dawkins mit dem Vergleich MEINTE, weil Du Dich von vornherein an dem Begriff Virus störst, dann kannst Du auch nicht beurteilen, ob der Vergleich angebracht ist oder nicht. Dawkins‘ Artikel ist von 1991 und heißt „Viruses of the Mind“, ich kann ihn Dir gerne zuschicken. Er ist freilich auf Englisch.
Siehst Du, ich habe mir sämtliche Dawkins-Kritiker durchgelesen, derer ich habhaft werden konnte, um aus erster Hand zu erfahren, was sie schreiben. Dann habe ich den Gotteswahn dahingehend geprüft, oder eben andere Texte von Dawkins wie den Viren-Artikel. Das hat einmal sogar dazu geführt, dass ich einen Punkt, den ich (glaube ich bei Alister McGraith, den ich nicht ausstehen kann) gefunden habe, im Ketzerpodcast besprochen habe (Folge 44.2), damit die HörerInnen wissen, was gemeint ist und wie die Quellenlage ist. Dabei ging es um eine Untersuchung von Robert Pape, die zum Ergebnis hatte, dass Selbstmordattentate offenbar auf andere Ursachen zurückgehen als auf religiösen Wahn. Dafür musste ich herbe Kritik von meinen Mitketzern einstecken, die mich tatsächlich oft gar nicht haben zu Wort kommen lassen. (Anmerkung: Die Studie ist schon so alt, dass ich nicht weiß, ob die Ergebnisse auch nach den IS-Aktivitäten in den letzten Jahren noch Bestand haben.)
Ich kann deshalb nur davon abraten, seine „Kenntnisse“ über Richard Dawkins von christlichen Theologen oder Apologeten zu beziehen. (Dr. Peetz‘ Buch ausgenommen.) das Problem ist, dass die nicht nur voreingenommen sind, sondern eben oft auch die Argumente falsch oder verzerrt wiedergeben.
Wann nutze ICH den Virusvergleich? Ich glaube, genau so, wie ich es im Hossa-Talk getan habe. Was religiöse Vorstellungen von wissenschaftlichen Erkenntnisse unterscheidet, ist, dass keiner durch Naturbeobachtung und schlaues Nachdenken darauf kommt, dass vor 2000 Jahren ein jüdischer Weltuntergangsprediger gekreuzigt wurde, als Sündenbock-Opfer an sich selbst, um seinen eigenen Zorn oder was auch immer zu beschwichtigen, auf die Menschen, die er selbst so geschaffen hatte. Auf so etwas kommt man nur, wenn es einem jemand anders erzählt. Naturgesetzliche Zusammenhänge hingegen würden immer wieder neu erkannt werden, falls sie mal verloren gehen sollten.
Und WEIL sich viele Christen über Dawkins‘ Virenvergleich empören, weise ich dann eben gerne darauf hin, dass es DAS ist, worauf Dawkins‘ Vergleich abzielt. Nicht, dass das Christentum eine Krankheit sei, sondern dass es sich wie ein Virus ausbreitet, quasi durch Ansteckung. (Dawkins‘ Virenmetapher geht sogar noch weiter.) es hat schon seinen Grund, dass Dawkins den Begriff „Virus“ verwendet und nicht „Krankheit“.
Weiter: Du schreibst:
„Die Frage ist doch: Was bringt der Vergleich? Die (negative) Wertung ist in Deinem Fall ja nicht sein Resultat, sondern eher seine Voraussetzung.“
Tja, um zu wissen, was der Vergleich bringt, müsstest Du halt erstmal lesen, was Dawkins damals geschrieben hat. Und wie zum Teufel kommst Du darauf, die negative Wertung sei Voraussetzung, nicht Resultat? Auch hier wieder nicht der Funke eines Vertrauensvorschusses, dass Dawkins vielleicht irgendetwas sinnvolles damit gemeint haben könnte. Und leider auch keine Neugier, was er tatsächlich geschrieben hat. Und so sehr ich mich über Dein Interesse freue und Dich als nett betrachte: Einfach nur Voreingenommen sein, Vorwürfe machen, aber nichts nachprüfen – dafür habe ich keinen Respekt. Ich gehe durchaus davon aus, dass Du an der Wahrheit interessiert bist. dann sehe ich es aber auch als meine Aufgabe, Dir vor Augen zu führen, wie armselig Deine bisherige Auseinandersetzung mit dem Thema offenbar war.
Du phantasierst Dir da was zusammen, dass Religiöse als Krankheit bezeichnet würden, was einzig Deiner mangelnden Nachforschung geschuldet ist.
Zufällig habe ich allerdings in unserer aktuellen Folge (69.2) tatsächlich Martin Mosebachs Äußerungen als „krankhaft“ bezeichnet. Mosebach halluziniert zu dem IS-Video mit den 21 Kopten und findet es toll, dass koptische Kinder Märtyter werden wollen statt z.B. Astronaut. Ich fand, dass der Begriff „krankhaft“ hier tatsächlich angebracht war. Aber eben nicht, weil Mosebach zufällig Christ ist, sondern weil er Dinge von sich gibt, die m.E. die Bezeichnung „krankhaft“ verdienen.
Trump ist meiner Meinung nach an die Macht gekommen, weil viele Leute zu blöd sind, offensichtlichen Schwachsinn zu erkennen. Und – das beobachte ich seit den 14 Jahren, die ich in Singapur bin und amerikanische Medien verfolge – weil komplett verblödeten Schwachmaten in den US-Medien zu viel Respekt entgegengebracht wird. Ich glaube, dass religiöse Erziehung genau der Nährboden für diesen Schwachsinn ist. Und zwar, weil Religionen in ihrem Kern Denkfehler als gute Argumente propagieren.
Du kannst Dir da gleich an die eigene Nase fassen mit Deinen nicht überprüften, voreingenommenen Aussagen über Dawkins‘ Virenvergleich.
Ich nehme mit großer Genugtuung wahr, dass sich immer öfter Religiöse über ein feindliches Klima beklagen. (Dawkins wird ja z.B. gerne als ‚militant‘ bezeichnet, obwohl der Vorwurf des militanten Atheismus offenbar an Popularität verloren hat. Möglicherweise haben immer mehr Leute die Absurdität dieses Vorwurfes erkannt. Möglicherweise wurde durch den IS auch deutlich wie militante Ideologen TATSÄCHLICH vorgehen.) Natürlich propagiere ich keine echte Christenfeindschaft. Was beklagt wird, ist, dass die Christen sich plötzlich einem Rechtfertigungsdruck ausgesetzt sehen. Warum war das früher nicht so? Weil Religion ein ungerechtfertigter Respekt entgegengebracht wurde und sie nicht kritisiert wurde.
Ich Rede ja hier auch nicht mit Dawkins und werfe ihm diese Metapher nirgendwo vde, bezieht mich im Moment nicht auf ihn und treffe auch keine Aussagen über den Begriff bei Dawkins. sondern ich rede ausdrücklich mit Dir.
Du verwendest die Metapher ja selbst. Darum kannst Du Dich auch fragen lassen, inwiefern Du selbst sie sprachlich angemessen findest. Mehr habe ich nirgendwo verlangt.
Ein Virus ist ein Krankheitserreger, dadurch hat der Vergleich auf den ersten Blick eine sehr abwertende Note.
Genau wie viele andere abwertende Ausdrücke oder Unterstellungen, die Du hier regelmäßig benutzt („Du phantasiert Dir da was zusammen“, „armselig“). Redest Du im normalen Leben auch ständig so mit Deinem Gegenüber? Das macht einen Vertrauensvorschuss halt schwieriger. Es ist ja schön, dass Du irgendwann mal fair zu Margot Käßmann warst. Mein Anspruch wäre eher, grundsätzlich fair zu allen Menschen zu sein.
Du hast doch jetzt die Gelegenheit, kurz zu erklären, warum die Metapher “ Virus“ aus Deiner Sicht nicht abwertend ist und was genau diese Redeweise ausdrückt, das anders nicht adäquat ausgedruckt werden kann. Geht es wirklich nur um die Ausbreitung von Ideen? (Ideen z. B. von Schönheit etc breiten sich ja auch aus, ohne dass ihnen unbedingt rationale Erkenntnisse zugrundeliegen). Hat es was mit der Annahme von „Memen“ zu tun?
Dawkins selber lese ich gerne auch mal, aber da meine Liste noch zu lesender Bücher ziemlich lang ist, vsl nicht so bald. Wenn Dir das so wichtig ist, kannst Du es sicher selbst darstellen.
Hallo Florian!
Erst einmal vielen Dank für Deine Fragen! (Viel besser als pauschale Verdächtigungen und unbegründete Vorwürfe.)
@Überheblichkeit
Ich habe mir folgendes gedacht, hätte das aber vielleicht schon früher erklären sollen:
Speziell nach dem netten Austausch mit Jay und Gofi bin ich natürlich nicht hierher gekommen, um die armen Hossarchisten anzupöbeln und vor den Kopf gestoßen.
Nun wurde allerdings in mehreren Kommentaren hier erwähnt, dass ich etwas arrogant und überheblich rübergekommen bin. Ina hat sogar zutreffend festgestellt, dass das keine Show ist, sondern dass ich wirklich so denke. Obwohl ich im Hossa-Talk eigentlich gar nicht konfrontativ rüberkommen wollte, habe ich beim Lesen dieser Kommentare bei mir eine gewisse Genugtuung festgestellt. Ich finde nämlich tatsächlich, dass man Religiöse spüren lassen sollte, dass man sie nicht ernst nimmt. (Nicht immer, aber immer öfter, sozusagen. Und mit an die Situation angepasster Intensität.)
Warum? Weil ich, wie andere Atheisten auch, den Eindruck habe, Gläubige reagieren nicht auf Argumente, sondern auf Gefühle. Folglich freue ich mich, wenn Christen merken, dass sie unter Rechtfertigungsdruck geraten.
Ein zweiter Grund liegt darin, dass es eben Unsinn gibt, bei dem es einfach falsch wäre, so zu tun, als sei das ernst zu nehmen.
Wie Du vielleicht bemerkt hast, passe ich meine Wortwahl an meine Diskussionspartner an. Christiane schrieb z.B. im anderen Thread (#94), wie sie die Beziehung zu Jesus empfindet. Kurz und knapp, ohne sich aufzublasen, ohne auf die Kacke zu hauen, und ohne den Anspruch eines „Beweises“. Ich habe mich freundlich für ihre persönliche Auskunft bedankt.
Bei Ina antworte ich anders, aber die tritt ja auch anders auf.
Jedenfalls: Nachdem von den Kommentatoren hier erkannt worden war, DASS ich christliche Argumentationen meist armselig und lächerlich finde, und Inas Kommentare (immer bezogen auf das Atheismus-Thema, nicht auf ihre anderen Kommentare) perfekte Vorlagen waren, um das zu illustrieren, wollte ich, so gut es geht, nachvollziehbar machen, warum bestimmte Aussagen („Argumentationen“ kann man es ja leider oft gar nicht nennen, sondern nur „Behauptungen“) eben, nun ja, armselig und lächerlich sind.
Sie sind aber nicht armselig oder lächerlich, weil sie CHRISTLICH sind, sondern z.B. (a) weil man derartige Aussagen in keinem anderen Zusammenhang als der Religion akzeptieren würde, (b) weil die gleichen Aussagen im Hinblick auf andere Religionen nicht akzeptiert würden, oder (c) weil deutlich wird, dass der Betreffende nicht willens oder in der Lage ist, seine eigenen Aussagen auf Stimmigkeit untereinander zu prüfen.
Speziell die Position „Man kann weder die Existenz Gottes noch seine Nichtexistenz beweisen“ empfinde ich als Ausdruck von Denkfaulheit. Denn die bloße Feststellung erklärt ja immer noch nicht, warum sich der Betreffende gerade für die Existenz und nicht für die Nichtexistenz entschieden hat. Man sollte dann eigentlich selber merken, dass man also irgendein zusätzliches Entscheidungskriterium benötigt. Und dann sollte man eben dieses Kriterium nennen, weshalb man an Gott glaubt. Erzählt mir einer nur was von „kann man eh alles nicht beweisen“, so vermittelt mir das den Eindruck, dass es ihm nur darum geht, dass ICH keine Beweise für MEINE Position haben soll, und er einfach weiterglauben kann, was er sowieso schon immer geglaubt hat.
Naja, vielleicht kann ich meine Arroganz jetzt wieder etwas zurückfahren, mein Punkt sollte schließlich klargeworden sein. (Außerdem scheint Ihr Christen meine Arroganz ja sogar zu spüren, wenn ich sie nicht offensiv raushängen lasse.)
@Virenmetapher
Du schriebst:
»Du verwendest die Metapher ja selbst. Darum kannst Du Dich auch fragen lassen, inwiefern Du selbst sie sprachlich angemessen findest. Mehr habe ich nirgendwo verlangt.«
Ich meine, dass ich die Virenmetapher im Allgemeinen nicht gebrauche in dem Sinn, dass ich behaupte, Religion sei ein Virus. Zumindest habe ich das hier oder im Hossa-Talk nicht getan.
Ein Punkt, den ich häufiger bringe, ist allerdings der Umstand, dass wissenschaftliche Erkenntnisse reproduzierbar sind, während religiöse „Offenbarungen“ nur durch Weitergabe verbreitet werden. Da ich weiß, dass viele Christen sich an Dawkins‘ Virenmetapher stören, weise ich dann – quasi nebenbei und nicht als Teil meiner eigenen Argumentation – darauf hin, dass es DAS ist, worauf sich die Virenmetapher bezieht. Um deutlich zu machen, dass es überhaupt nicht auf den Krankheitskram ankommt. Und jetzt wirfst Du mir vor, dass ich die Virenmetapher gebrauche.
Übrigens: Wie Du ganz richtig erkannt hast, bezieht sich die Virenmetapher nicht speziell auf Religion, sondern allgemein auf Meme. Das können z.B. auch Melodien, schlaue Sprüche, Witze, Gedichte, Ketten-Emails oder Internetmeme sein. Die verbreiten sich alle nur dadurch, dass sie wie ein Virus von „Träger“ zu „Träger“ weitergegeben werden. Manche verbreiten sich stark und dauerhaft, andere „verebben“.
Wenn Dein Anstoß an der Virenmetapher berechtigt wäre, wäre eigentlich zu erwarten gewesen, dass sich seit 1991, als Dawkins seinen Artikel schrieb, irgendwann z.B. mal empörte Musiker beklagt hätten, dass Dawkins Melodien als Viren und somit Musik als Krankheit bezeichnet hätte. Oder Dichter, dass Gedichte als Viren und damit Poesie als Krankheit bezeichnet würde.
Dass sich nur Gläubige beschwert haben, sehe ich als Indiz dafür, dass es hier (a) eine Überempfindlichkeit gibt und (b) von Dawkins-Kritikern gezielt diese absurde Interpretation verbreitet wurde. Es erinnert mich an die Mohammed-Karikaturen, oder auch an die Fatwa mit dem Mordaufruf für Salman Rushdie wegen seiner „Satanischen Verse“. Wenn im Christenmilieu regelmäßig so verzerrte Strohmänner verbreitet werden und der Kontext weggelassen wird, und kein Christ erkennt (und bemängelt) das, fehlen Euch Christen als Gruppe einfach elementare Selbstreinigungskräfte gegen Bullshit.
@Fairness
Du schriebst:
» … abwertende Ausdrücke oder Unterstellungen, die Du hier regelmäßig benutzt („Du phantasiert Dir da was zusammen“, „armselig“).
Ich unterstelle das nicht, ich begründe das. Dass der Begriff „Virus“ negativ konnotiert ist, erkenne ich an. Aber wenn Du – selbst, nachdem ich Dir erklärt habe, wie es gemeint ist – schreibst:
»Religionen stellen Identität her. Sie machen einen Menschen zu dem, der er ist. Dann ist in Deinem Vergleich nicht nur die Religion die Krankheit, sondern auch der religiöse Mensch, jenseits dessen es nun mal keine Religion gibt. Menschen mit missliebigen Auffassungen aber als Krankheiten / krankhaft zu bezeichnen, ist ein ziemlich tiefer Griff in die braune Sprachbrühe.«
Dann phantasierst Du Dir eben gezielt die übelstmögliche Interpretation zusammen. Ob Dawkins oder ich z.B. überhaupt die Auffassung teilen, „Religionen machen einen Menschen zu dem, der er ist“, bezweifele ich. Du kombinierst hier eine extreme Interpretation von Dawkins (der sich sogar auf Computerviren bezog) und mir mit einer anderen extremen Position, die wir überhaupt nicht vertreten haben, und kommst nur so auf das extrem negative Ergebnis. Das ist ähnlich bösartig bzw. voreingenommen, wie das islamische Kopftuch AUSSCHLIESSLICH als politisches Symbol oder als Symbol für die Unterdrückung der Frau zu betrachten und harmlosere Interpretationen auszuschließen. Das Kopftuch ist eben AUCH ein simples religiöses Identifikationsmerkmal. Ob wir das nun gut finden, oder nicht. Folglich können wir nicht alles muslimischen Kopftuchträgerinnen unterstellen, sie verfolgten damit eine politische Absicht.
Und nochmal: Wir verwenden die Bezeichnung nicht, wie Du suggerierst, weil Christen anderer Auffassung sind als wir, sondern weil sich Religionen eben, wie alle Meme, virenartig ausbreiten. Und wenn sie das nicht täten, würden wir den Vergleich auch nicht benutzen. Da sollte doch wohl klar sein.
Die Bedeutung bzw. Verwendung von „Religiot“ kannst Du bei dem hier ja offenbar sehr geschätzten Michael Schmidt-Salomon nachlesen (Keine Macht den Doofen! Kapitel „Die wundersame Welt der Religioten. Heilige Einfalt und ihre Folgen.) Zitat:
»Definition des religiotischen Syndroms: Religiotie ist eine selten diagnostizierte (wenn auch häufig auftretende) Form der geistigen Behinderung, die durch intensive Glaubensindoktri- nation vornehmlich im Kindesalter ausgelöst wird. Sie führt zu deutlich unterdurchschnittlichen kognitiven Leistungen sowie zu unangemessenen emotionalen Reaktionen, sobald es um glaubensrelevante Sachverhalte geht. Bemerkenswert ist, dass sich Religiotie nicht notwendigerweise in einem generell reduzierten IQ niederschlägt: Religioten sind zwar weltanschaulich zu stark behindert, um die offensichtlichen Absurditäten ihres Glaubens zu erkennen, auf technischem oder strategischem Gebiet können sie jedoch (siehe Osama bin Laden) hochintelligent sein. Wie es »Inselbegabungen« gibt (geistig behinderte oder autistische Menschen mit überwältigenden mathematischen oder künstlerischen Fähigkeiten), so gibt es offensichtlich auch »Inselverarmungen« (normal oder gar hochintelligente Menschen, die in weltanschaulicher Hinsicht völlig debil sind). Religiotie sollte daher als »partielle Entwicklungsstörung« verstanden werden – ein Begriff, den der Entwicklungspsychologe Franz Buggle schon vor Jahren vorgeschlagen hat, um die spezifischen Denkhemmungen religiöser Fundamentalisten zu erfassen.«
Amen, kann ich dazu nur sagen. (Es mag sein, dass der obige Text mit einem „Augenzwinkern“ gelesen werden sollte.)
Jetzt, wo ich das nach Jahren wieder einmal lesen, frage ich mich allerdings, wieso Michael hier als sympathisch dargestellt wird und ich als überheblich … Willkommen in der wundersamen Welt …
So. Und wer bis hierher durchgehalten hat, erfährt jetzt noch, warum ich keinen besseren Vergleich als den Computervirenvergleich kenne:
Dawkins schreibt in seinem Artikel (Viruses of the Mind) nämlich, wie er sich früher vor Computerviren geschützt hat: Nach einem Virusbefall hat er die eigentliche Virensoftware von seinem PC gelöscht, aber die Signatur des Virus beibehalten. Wenn der Virus einen Computer befällt, prüft er zunächst, ob die Signatur vorhanden ist, damit der Virus nicht doppelt und dreifach installiert wird. Das heißt: Dadurch, dass Dawkins die Signatur auf seinem Rechner ließ, hat sich der Virus danach nicht mehr installiert.
Ich weiß nicht, ob Dawkins den Bezug selber herstellt, aber mich erinnerte mich das an Leute, die sich nach außen hin religiös geben, damit sie nicht von „echten“ Christen genervt werden: Wer schön Kirchenmitglied bleibt und vielleicht hin und wieder sogar mal in die Kirche geht, muss sich keine nervigen Fragen der Verwandten anhören.
Matthias, kannst du mir das mit der „ultimativen Boing 747“ noch mal erklären? Ich habe die Analogie noch nicht verstanden.
LG,
Der Jay
Hi Jay!
Gerne. Ich habe das mit der ultimativen 747 nämlich zuerst auch nicht verstanden und finde es immer noch irgendwie unglücklich. (Das bezieht sich freilich nur auf die Bezeichnung „ultimative 747“ und die Darstellung, nicht auf die Argumentation als solche.)
Zum Glück war ich durch die Auseinandersetzung mit den Dawkins-Kritikern gezwungen, herauszuarbeiten, was Dawkins gemeint hat.
Ich mache es mal aus dem Kopf und habe es so in Erinnerung:
Du kennst sicher das Argument, dass es absurd wäre, zu glauben, dass ein Sturm über einen Schrottplatz fegt und dabei „durch Zufall“ die herumliegenden Schrott-Teile gerade so zusammengewürfelt werden, dass sich eine Boeing 747 ergibt.
Gemeint ist: Die Welt ist so komplex, dass sie nicht durch Zufall entstanden sein können soll. Vielmehr ist zumindest bei der Boeing offensichtlich, dass ein Designer dahintersteckt.
Die 747 steht für etwas, da so komplex ist, dass es nicht durch Zufall entstanden sein kann bzw. eines Schöpfers bedurfte.
Die zugrundeliegende Vorstellung ist, dass ab einer gewissen Komplexität es immer unwahrscheinlicher wird, dass etwas durch Zufall zustande kommt, und immer wahrscheinlicher, dass ein Designer dahintersteckt.
Dabei wird allerdings ignoriert, dass die Evolution sowohl in der Theorie als auch in der Praxis ebenfalls immer komplexere, scheinbar „designte“ Dinge hervorbringt. Wir haben hier also schon mal den Fehlschluss einer falschen Dichotomie. Ein Strang von Dawkins‘ Ausführungen besteht darin, zu zeigen, dass sich evolutionär aus Einfachem immer Komplexeres entwickeln kann. Denn obwohl die Evolution auf zufälligen VERÄNDERUNGEN basiert, führt sie doch nicht zu zufälligen ERGEBNISSEN. Denn durch die Selektion wird ja die sozusagen „Richtung“ der Evolution gesteuert: Bei Darwins Finken erwarten wir z.B., das sich die Schnäbel immer BESSER den Blüten der Umgebung anpassen, nicht immer SCHLECHTER. Würde Evolution tatsächlich nur zu zufälligen Ergebnissen führen, könnte man z.B. auch keine Tiere auf bestimmte Merkmale hin züchten – hier wirkt freilich keine natürliche Selektion, sondern künstliche. Jedenfalls gibt die Selektion sozusagen die Richtung vor, der Zufall ist nur der „Antrieb“, dass es überhaupt irgendwo hin geht. Gäbe es nämlich keine Veränderungen, würde sozusagen trotz Selektionsdrucks die Evolution zum Erliegen kommen. Der Zufall sorgt sozusagen gerade dafür, dass erst einmal alle (Veränderungs-) Richtungen ausprobiert werden. Die Selektion sorgt dafür, das es in der „richtigen“ Richtung weitergeht.) Frag ggf. noch mal nach, wenn was unklar ist.
Dawkins zeigt also erst einmal, dass die Annahme eines Designers UNNÖTIG ist. Ich nehme an, das ist nachvollziehbar selbst, falls Du anderer Meinung bist. Ich glaube, Dawkins geht sogar darauf ein, dass das Universum als solches natürlich kein Leben ist und von daher natürlich auch keiner biologischen Evolution unterliegt. Ich glaube, er meint aber, dass es genügend Hinweise dafür gibt, dass die Komplexität der unbelebten Welt sich ebenfalls aus Einfacherem entwickelt hat. (Gab es nicht zunächst nur Wasserstoff, und die schwereren Elemente haben sich erst später gebildet, als sich der Wasserstoff zusammenballte und Fusionsreaktionen abliefen? So etwas in der Art. Wenn man das weiß, erscheint es nicht mehr notwendig, einen Designer anzunehmen. Vielmehr sieht es so aus, als ob sich die Komplexität des Universums aus Einfachem heraus gebildet haben könnte.
Bonus-Überlegung von mir: Nun könnte man natürlich sagen: Könnte sein, könnte auch nicht sein. Es spricht soweit allerdings auch nichts GEGEN einen Designer. Ich bin nicht sicher, ob Dawkins das schreibt. Aber für mich spricht gegen einen Designer, dass die dazu nötigen Eigenschaften wie Intelligenz, Kreativität, Persönlichkeit unserer Erfahrung nach NUR in Verbindung mit materiell existierenden, lebendigen Organismen auftreten, und zwar als Resultat. Wenn Intelligenz usw. aber, soweit bekannt, nur durch belebte Materie hervorgebracht wird – und mit dem Tod wieder endet, und nie Intelligenz losgelöst von belebter Materie (oder meinetwegen auch Computern) beobachtet wird, dann spricht das – zumindest aus HEUTIGER Sicht – ganz klar DAGEGEN, dass es nichtmaterielle Intelligenz gibt.
Das ist mir aber auch neulich erst aufgegangen: Kreationisten verweisen immer auf „real existierende Designer“ (Uhrmacher, Maler usw.) Von diesen real existierenden Designern wird dann aber „conveniently“ nur die INTELLIGENZ auf Gott übertragen – nicht die Eigenschaft der MATERIELLEN Existenz. Auch deshalb ist das Designer-Argument unbrauchbar: Ich kann mir von den real existierenden Designern nicht einfach die Intelligenz rauspicken, wie es mir passt, aber gleichzeitig ignorieren, dass die real existierenden Designer eben materiell existieren, und erst die Materie die Intelligenz hervorbringt.
Also: Die Annahme eines Designers ist nicht nur unnötig, sondern auch nicht überzeugend.
Wie ich irgendwo bereits schrieb, widerlegt Dawkins, streng genommen, im Folgenden nicht die Existenz eines Designers, aber er entkräftet das zuvor erwähnte Argument, dass Komplexität einen Schöpfer als Erklärung erfordert.
Prämisse: Komplexität kann nur durch einen Schöpfer erklärt werden.
Überlegung: Wie ich schon irgendwo geschrieben habe, ist ein Schöpfer mehr als nur eine (einfache) Ursache. Wir müssen annehmen, dass das planerische Durchdenken und Verstehen der MÖGLICHEN Schöpfungen und ihrer Auswirkungen, und die Entscheidung, welche dem gewünschten Ziel am besten gerecht wird, eine Komplexität erfordert, die noch größer ist als als die Schöpfung, die später realisiert wird. Diese Auffassung muss man vielleicht nicht teilen, aber ich denke, sie ist nachvollziehbar.
Kurzum: Wenn man Komplexität durch einen Designer erklären will, dann müsste dieser Designer (Schöpfer) NOCH KOMPLEXER sein als seine Schöpfung.
Christen (außer Klaus von Stosch, der offenbar von Berufs wegen an der Lehre von der ultimativen Einfachheit Gottes festhalten muss oder will) könnten jetzt natürlich einwenden: Na und? Wieso sollte Gott nicht komplexer sein als die Welt?
Nun, Ausgangspunkt war ja die Annahme, dass Komplexität nur durch einen Schöpfer erklärt werden kann. Und wir haben uns gerade überlegt, dass dieser Schöpfer noch komplexer sein müsste als seine Schöpfung.
Unsere Erklärungen für die Komplexität der Welt werden also immer komplexer: Wenn die Welt zur Erklärung einen noch komplexeren Schöpfer erfordert, dann er fordert dieser Schöpfer als Erklärung wiederum einen noch komplexeren Schöpfer usw. Wenn wir das immer weiter treiben würden, würden wir also sozusagen irgendwann bei der ultimativen Komplexität landen. Und weil in dem Eingangsbeispiel ja die Boeing 747 für Komplexität stand, steht nun die ultimative 747 für die ultimative Komplexität.
Ich finde das auch nicht besonders. Klingt komisch. Ist aber so. (Zumindest bei Dawkins.) Noch einmal der Hinweis: Was ich geschrieben habe ist das, was Dawkins m.E. MEINT. Wenn Ihr sein Original-Kapitel lest, wird das m.E. ohne starkes Überlegen und Einfühlungsvermögen in seine Denke nicht unbedingt klar.
Der Vollständigkeit halber noch der Hinweis: Christen vermeiden natürlich den unendlichen Regress, indem sie einfach sagen: Gott braucht eine Erklärung. Das widerspricht aber der Prämisse, auf der die ganze Argumentation aufbaut: Dass nämlich alles eine Erklärung oder Ursache haben muss. Wenn das nicht so ist, woher weiß man dann, dass gerade Gott keine Ursache braucht? Und warum soll es dann nicht denkbar sein, dass das Universum selbst keine Ursache braucht? Aus meiner Sicht ist die Antwort klar: Die Theisten picken sich das, wie üblich, gerade so aus, das das gewünschte Ergebnis rauskommt.
@Jay, ultimative 747:
Einfach, weil es geht, hier noch Dawkins EIGENE Zusammenfassung des Arguments:
1. Eine der größten Herausforderungen für den menschlichen Geist war über viele Jahrhunderte hinweg die Frage, wie im Universum der komplexe, unwahrscheinliche Anschein von gezielter Gestaltung entstehen konnte.
2. Es ist eine natürliche Versuchung, den Anschein von Gestaltung auf tatsächliche Gestaltung zurückzuführen. Bei Produkten der Menschen, beispielsweise einer Uhr, war der Gestalter tatsächlich ein intelligenter Ingenieur. Man ist leicht versucht, die gleiche Logik auch auf ein Auge oder einen Flügel, eine Spinne oder einen Menschen anzuwenden.
3. Diese Versuchung führt in die Irre, denn die Gestalterhypothese wirft sofort die umfassendere Frage auf, wer den Gestalter gestaltet hat. Das Problem, von dem wir ausgegangen waren, betraf die Erklärung der statistischen Unwahrscheinlichkeit. Zu diesem Zweck etwas noch Unwahrscheinlicheres zu postulieren ist offenkundig keine Lösung. Wir brauchen keinen »Himmelshaken«, sondern eine »Kran-Konstruktion«, denn nur der Kran kann die Aufgabe erfüllen, von etwas Einfachem auszugehen und dann allmählich und auf plausible Weise eine ansonsten unwahrscheinliche Komplexität aufzubauen.
4. Der genialste und leistungsfähigste »Kran«, den man bisher entdeckt hat, ist die darwinistische Evolution durch natürliche Selektion. Darwin und seine Nachfolger haben uns gezeigt, wie Lebewesen mit ihrer ungeheuren statistischen Unwahrscheinlichkeit und ihrer scheinbaren Gestaltung sich langsam und allmählich aus einfachen Anfängen heraus entwickelt haben. Heute können wir mit Sicherheit sagen, dass die Illusion der gezielten Gestaltung von Lebewesen genau das ist: eine Illusion.
5. Einen entsprechenden »Kran« für die Physik kennen wir nicht. Im Prinzip könnte eine Art Multiversumtheorie in der Physik die gleiche Erklärungsarbeit leisten wie der Darwinismus in der Biologie. Auf den ersten Blick ist eine solche Erklärung weniger befriedigend als die biologische Version des Darwinismus, weil sie größere Anforderungen an den Zufall stellt. Aber wegen des anthropischen Prinzips dürfen wir viel mehr Zufall postulieren, als es unserer begrenzten menschlichen Intuition angenehm erscheint.
6. Wir sollten die Hoffnung nicht aufgeben, dass auch in der Physik noch ein besserer »Kran« gefunden wird, der ebenso leistungsfähig ist wie der Darwinismus in der Biologie. Indes, selbst wenn ein völlig befriedigender, dem biologischen ebenbürtiger »Kran« noch fehlt, sind die relativ schwachen heutigen Kräne der Physik in Verbindung mit dem anthropischen Prinzip ganz offenkundig besser als die Himmelshaken-Hypothese von einem intelligenten Gestalter, die ich selbst widerlegt habe.
Danke für die Ausführungen. Jetzt habe ich das Argument verstanden.
LG,
Der Jay
@Jay:
Klasse, das freut mich. Dann hat sich die Nachtschicht für mich ja gelohnt …
Ich hoffe, es ist okay, wenn ich ein bisschen mitdiskutiere. Ich fand die Argumentation hier ganz interessant und würde gerne zu einigen Punkten meine Meinungen und Erfahrungen teilen.
Erstmal zum Virus-Vergleich, denn den fand ich ehrlich gesagt auch etwas hart, nicht zuletzt, weil er mich an Mr Smith aus dem Film „Matrix“ erinnert hat. Wenn es nur ums Prinzip geht und man einen neutralen Begriff gebrauchen will, wäre mein Vorschlag: Tradition. Das ist auch etwas, das immer von einem zum anderen übergeben wird. Aber es ist nicht so wild.
Worüber ich eigentlich erzählen wollte, ist meine Erfahrung mit amerikanischen evangelikalen Christen, die aus Prinzip mal wieder die Republikaner gewählt haben. Mein Mann ist der Sohn einer Amerikanerin und eines Holländers und ist in den USA aufgewachsen, wohnt aber seit gewisser Zeit nun in Europa. Er hat den Wahlkampf von Deutschland aus verfolgt und war sich eigentlich sicher, dass seine Mutter niemals Trump wählen würde. Natürlich hat er sich geirrt. In dieser Zeit hat er sich sehr von vielen religiösen Lehren, die ihn einst begeistert haben, distanziert, hat vieles reflektiert und sich mehr und mehr vom amerikanischen Evangelikalismus distanziert. Vieles ist ihm heute sogar peinlich.
Mein Mann und ich sind beide Christen, aber in vielen Punkten unterscheiden wir uns von meiner Schwiegermutter. Die Begegnung mit ihr war für mich damals so eine Art christlicher Kulturschock. Sie legt großen Wert auf Dinge, die mir sowas von egal sind, z.B. die Entrückung, Prämillenialismus und Prätribulationismus. Sie fährt total auf Endzeit ab und hört sich immer die obskuren Deutungen eines messianischen Juden aus Israel an, der um es zusammenzufassen an einer Verschwörung der Illuminaten glaubt, die versuchen eine Eine-Welt-Religion und Regierung zu errichten.
Amerika bietet guten Nährboden für so einen Schwachsinn…aber eigentlich würde ich eher sagen, dass Amerikaner das Saatgut erfunden haben und verstreuen. Zum Beispiel die Furcht vor der Eine-Welt-Regierung und der UN wurzelt letztlich doch darin, dass die USA keine Lust auf internationale Zusammenarbeit haben. Sie wollen sich nichts sagen lassen. Diese Haltung wird z.B. deutlich, wenn man sieht dass die USA das einzige Land auf der Welt sind, das die UN-Kinderrechtskonvention nicht ratifiziert hat. Das hängt sicherlich auch mit den religiösen, konservativen Fundamentalisten in den USA zusammen, aber letztlich mit der Furcht vieler Amerikaner ihre Freiheit zu verlieren, der Furcht vor zu viel Regierung. Denn viele Amerikaner hätten am liebsten gar keine Regierung. und so manifestiert sich dann die große Furcht vor zu viel Regierung in einer dystopischen Diktatur unter einem Weltherrscher. Aber ich denke, das ist kein allein religiöses Phänomen, das ist ein nationales Phänomen. Dystopische Science-Fiction Romane und Filme kommen auch überwiegend aus den USA, das Thema fasziniert die Amerikaner anscheinend sehr.
Viele Amerikaner haben auch eine riesige Angst vor Sozialismus, ein Überbleibsel der Roten Angst. Dafür gibt es aus christlicher Perspektive eigentlich keinen Grund. Vielleicht hat Marx gesagt, dass die Religion das Opium des Volkes ist, aber das ist jetzt nicht der wichtigste Aspekt des Sozialismus. Und die Demokraten sind dann vielen Amerikanern zu links.
Auch so Dinge wie das Verleugnen des Klimawandels, was für mich auch eher ein amerikanisches Phänomen darstellt, hat mit der Politik der Republikaner zu tun, biblisch kann man das nicht begründen.
Was allerdings wieder viele biblisch begründen in den USA, ist das Recht Waffen zu besitzen. Weil Jesus mal gesagt hat, die Jünger sollen ein Schwert kaufen gehen. Aber die amerikanischen Christen sind die einzigen, die diesen Bibelvers so deuten, weil sie unbedingt ihre Waffen rechtfertigen wollen. Eventuell ist es auch eine Marketingstrategie der Waffenlobby. „Jesus sagt ihr sollt Waffen kaufen, also, wenn ihr gute Christen seid, kauft euch eine Waffe.“ oder so. Ich weiß nicht, wer den Vers zuerst so gedeutet hat, bin mir aber sicher, dass ein profitgieriger Mensch dahintersteckt, der die Naivität der amerikanischen Christen ausgenutzt hat.
In den USA sind Politik und Religion so eng verzahnt. Das hat historische Gründe. Heute sind viele Evangelikale dort so geprägt, dass die Republikaner die Guten sind und die Demokraten die Bösen. Und sie würden niemals die Demokraten wählen. Sie würden noch eher eine Katze als Präsident wählen als die Demokraten (eine Katze namens Limberbutt McCabbins stand übrigens wirklich zur Wahl ).
Leider haben amerikanische Gemeinden enormen Einfluss auf andere Gemeinden in der Welt und manchmal schwappen obskure Lehren zu uns rüber. Wenn es wenigstens auf Gegenseitigkeit beruhen würde, aber die Amerikaner denken leider, dass der Rest der Welt aus Heiden besteht, die missioniert werden müssen und man von denen nichts lernen kann. Aber auf tausend amerikanische Gastprediger in europäischen Gemeinden kommt vielleicht ein europäischer Gastprediger, der mal in den USA predigen darf. Aber das ist auch nicht nur im Bereich Religion so. Auch im Bereich Film, Musik, Literatur. Amerikaner können auch meist keine anderen Sprachen sprechen. In gewisser Weise isolieren sie sich von anderen kulturellen Einflüssen, haben aber selbst einen enormen kulturellen Einfluss auf den Rest der Welt. Und für das Christentum ist das durchaus nicht gut, gerade im Moment. Da sehe ich persönlich ein Problem. Das kann man vielleicht tatsächlich auch mit einem Virus vergleichen. Aber ich bin kein Impfverweigerer, also kann ich durchaus noch erkennen, wann eine gewisse „religiöse“ Lehre totaler Stuss ist. Aber nicht alles an Religion ist schlecht, meiner Meinung nach.
Hey Hossas & Matthias,
find ich klasse, wen Ihr Euch immer so einladet (gilt auch für Matthias‘ Podcast)! 🙂
Bei diesem Talk war ich aber zunehmend irritiert. Matthias kam mir etwas zu gönnerhaft rüber und hat sich für meinen Geschmack zu sehr als „Non-Konformist“ stilisiert. Was, bitte schön, ist daran non-konformistisch (und womöglich auch noch“ subversiv“?), heutzutage in Europa atheistisch zu sein?! Es ist das Normale.
Und weil er ja so non-konformistisch ist, macht er den Standard-Gag, dreimal Hossa zum Abschluss zu rufen, nicht mit?! Humor hat er aber? Aha.
Ich habe also jetzt mal in den Ketzerpodcast reingehört (u.a. die Folgen mit der katholischen Theologin Katharina Peetz, die ihre Doktorarbeit über die Dawkins-Rezeption geschrieben hat). Und plötzlich wurde mir klar, dass eine gewisse Selbstgewissheit („Religioten“) nicht bloß eine Selbstinszenierung von Matthias ist, sondern offenbar seiner Überzeugung entspricht (und/oder der seiner Hörerschaft), dass Glaube eine „dumme Ideologie“ ist (wir sind also geistig minderbemittelt) und dass er sich selbst als „militanten“ und „missionarischen“ Atheisten versteht. Das ist mir ja eher suspekt. In meinen Zeiten als Atheistin hatte ich interessantere Dinge zu tun, als religiösen Menschen an den Fersen zu kleben und permanent mitzuteilen, wie doof sie sind. Ist mir zu kleinlich.
Nun, sei’s drum.
Mir geht aber gehörig auf den Wecker, dass er das als DEN Atheismus verkauft. Und das sage ich als jemand, die lange genug selber Atheistin war. So habe ich selbst nie argumentiert und so tun es auch alle Atheisten in meinem Freundeskreis (die ich selbstverständlich bis heute habe) nicht. Es gibt nicht nur verschiedene Christentümer (was Matthias, aber auch Dawkins, an Christen kritisiert, hat mit meinem Glaubensleben rein gar nichts zu tun), sondern auch unterschiedliche Atheismen. Matthias‘ Argumente (oder die von den Giordano-Bruno-Leuten) finde ich kein bisschen überzeugend. Meine eigenen, die ich als Atheistin mal hatte (und immer wieder mal habe), leuchten mir bis heute viel mehr ein. 😀
Um es möglichst kurz zu machen:
Ich stimme Gofi zu, dass es sehr stark darum geht, was man überhaupt unter Wirklichkeit versteht. Sprich: um welches Weltbild geht es, und welche Herangehensweise, die Welt zu erklären, halte ich für zulässig? Matthias (und Dawkins und viele der Giordano-Bruno-Aktivisten) argumentieren rein im naturalistischen Paradigma (Stichwort Messbarkeit und naturalistische Abbild- bzw. Korrespondenztheorie). Manchmal garniert mit Psychologie for Runnaways. Wie Gofi finde ich das reduktionistisch, und das hat nichts mit Religiösität zu tun. Es gibt nämlich auch geisteswissenschaftliche Argumente „gegen“ Gott (und das sind – meiner Ansicht nach – die besseren). Es gibt geisteswissenschaftliche Atheisten wie es naturalistische Gläubige gibt (die Christen unter den Naturalisten werden oft zu „Bibeltreuen“…). Es geht um Weltbilder generell.
Wenn Matthias also Naturwissenschaften für Garanten des Atheismus hält, muss man das als eine spezifische Argumentationsweise bestimmter Aktivisten verstehen. Das geht meist Hand in Hand mit einem Fortschrittsglauben (in 100 Jahren wird es so etwas wie Hossa-Talk nicht mehr geben (müssen)) und Religions- und Kulturtheorien, die aus dem späten 19. /frühen 20. Jahrhundert stammen. Deshalb kann ich auch Dawkins nicht ernst nehmen. Naturwissenschaftlich oder mathematisch ausgebildete Leute, die sich anmaßen, Aussagen auf dem Gebiet anderer Wissenschaften mit anderer Methodologie zu treffen (mit „Gotteswahn“ ist offenbar etwas anderes gemeint als empirische Erkenntnisse über Wahnbildungen), gleichzeitig aber keine Ahnung von moderner Philosophie haben (sprachtheoretische, geschichtswissenschaftliche, hermeneutische u.a. Wenden), erklären mir dann, dass ich geistig anscheinend nicht auf der Höhe der Zeit bin. Pfff.
Matthias, der ja Betriebswirtschaftler ist, wie er sagte, betonte, wie „rational“ er ist und wie „sinnvoll“ ein Argument für ihn sein muss. Das sei ihm unbenommen, ist sein gutes Recht. Seine Argumentationslinien fallen allerdings unter „zweckrational“ oder auch „formal-logisch“ und sind aus sich heraus (also losgelöst vom Forschungsgegenstand) nicht „rationaler“ oder „sinnvoller“ als andere. Sie sind v.a. nicht gleichbedeutend mit „wissenschaftlich“, sondern entstammen lediglich einer bestimmten Methodologie (= Verbindungsebene zwischen erkenntnistheoretischer und konkreter Methodenebene; dient der Reflektion der Gültigkeit von Forschungsergebnissen). Das wird von den meisten Naturwissenschaftlern, Mathematikern oder Technikern nicht zur Kenntnis genommen, weil sie ihre eigenen Interpretationsleistungen bei angeblich „zweifelsfreien“ Mess- oder Rechen-Ergebnissen selten hinterfragen.
Warum ich das alles sage?
Weil Matthias hier und im Ketzerpodcast genau solche naturalistischen Verkürzungen und Weltbilder anführt, auf denen er wahrscheinlich seine Auffassung gründet, er sei fortschrittlicher und rationaler als Christen: „Rationalität ist rational“, sagte er zu der katholischen Theologin. – Nein, Matthias, die Philosophiegeschichte ist wesentlich weiter mit dem Vernunftbegriff. Wie die katholische Theologin zu Recht sagte: Dawkins (und Du) könnt gerne Aussagen innerhalb des methodischen Atheismus machen, diese aber nicht auf Wirklichkeit „an sich“ übertragen, das wäre ontologischer Atheismus (und selber eine Glaubensauffassung, ergo unzulässig) oder schlichter und jenseits der Gottes-/Atheismusfrage formuliert: reduktionistischer Naturalismus. Und nein, es handelt sich nicht bloß um einen Zirkelschluss (das wäre formal-logisch argumentiert), sondern (erkenntnistheoretisch gesprochen) um ein methodologisches Problem (= erkenntnistheoretische Begründung der Anwendung und Reichweite wissenschaftlicher Methoden), wenn Naturwissenschaftler irrtümlich meinen, sie seien besonders geeignet, Aussagen über die Welt „an sich“ zu machen (das gilt auch für christliche Naturwissenschaftler wie Lesch). Und auch nein dazu, dass Gläubige diese anderen Vernunftbegriffe „erfunden“ haben, um ihren Gott zu retten, sondern das haben (meist atheistische) Philosophen, Geschichts- und Sozialwissenschaftler entwickelt.
So, das musste raus. Ich bin genervt. Als nicht-naturwissenschaftliche Wissenschaftlerin und als Ex-Atheistin…
Habe beim Ketzerpodcast keine Kommentarfunktion gefunden, sonst hätte ich das dort zu den Folgen mit Frau Peetz gepostet. Passt aber auch hier hin. 😉
Viele Grüße
Ina
Ich müsste lügen wenn ich behaupten wollte, deinen Kommentar in Gänze verstanden zu haben. Aber er ist genial.
Die ganze Streiterei zwischen diesen selbsternannten Weltenrettern vom „Atheismus 2.0“ und den „klassischen“ Christen ist ewig gestrig und erkenntnistheoretisch betrachtet Müll, der endlich entsorgt gehört.
Was ich mir wünsche ist ein Atheismus 3.0 und ein Glaube, der das Gespräch mit dem jeweils anderen sucht und als befruchtend empfindet.
Denn das ist die einzige Position, die dabei herauskommt, wenn man redlich rational miteinander argumentiert: dass niemand sich mit der eigenen Erkenntnis über den anderen stellen kann. Denn rational lässt sich über das Metaphysische keine gesicherte Aussage treffen. Wer streng rational vorgeht, kann nur beim Agnostizismus landen. Und diese Position macht demütig.
Ich persönlich versuche meinen Glauben immer auch aus dieser Perspektive zu hinterfragen: welche scheinbar zwingenden Gründe habe ich in meinem Denken, an Jesus zu glauben, die es aber nicht sind. Und dazu helfen eben auch offene Gespräche mit Atheisten, die auf beiden Seiten frei von missionarischem Eifer sind.
Am Ende halte ich nur einen einzigen Grund für sinnvoll, an einen Gott zu glauben: dass man glauben *will*.
Hi,
ist auf diesen Kommentar eigentlich jemals geantwortet worden? Es ist leider etwas schwierig, dem Gesprächsverlauf folgen zu können.
Wie auch immer:
Das ist in der Tat der einzige Grund, den ich (als Atheist) letztendlich akzeptiere. Aber auch nicht widerspruchslos. Denn warum sollte man etwas glauben wollen, von dem man weiß, daß es überhaupt keinen vernünftigen Grund dafür gibt? Einfach nur, weil es deiner Psyche sozusagen über den Tag hilft? Ich meine, ich könnte zB glauben, daß bei meinem nächsten Wurf eines Würfeld eine Sieben kommt – obwohl ich weiß´, daß der Würfel nur maximal eine Sechs zeigt?
Vielleicht – gerade für die Atheisten – ein kleines Beispiel, wie einfach alles sein kann:
Es hat mich immer aufgeregt, wenn Gläubige sagen:
„Ich glaube an Gott, denn man kann ja auch nicht seine Nichtexistenz beweisen!“
Jetzt erkenne ich:
„Ich glaube an Gott“: RICHTIG
„Man kann Gottes Existenz nicht beweisen.“: RICHTIG.
Wenn der Gläubige sagt, dass er glaubt, WEIL sich Gottes Existenz nicht beweisen lässt, dann kommuniziert er dem Atheisten – eigentlich völlig offensichtlich –, dass er das für ein Argument hält.
Wenn der Atheist nun die obige Aussage wahrnehmen würde als „Der Gläubige hält die Nichtbeweisbarkeit für ein Argument“, dann würde er irgendwann auch merken, wie Gläubige ticken.
Der Atheist ist aber dadurch irritiert, dass er sofort erkennt, dass die Aussage nicht logisch ist, und hält den Gläubigen für bescheuert. (…kleinlaut…)
Das hat also wirklich alles mit der Wahrnehmung von Begriffen zu tun.
Die Diskussionen würden sicher viel angenehmer und fruchtbarer verlaufen, wenn man, statt das Argument des Anderen zu prüfen, prüfen würde, warum der andere das für ein Argument hält.
Glückwunsch, Du bist der erste, der meinen Kommentar entdeckt hat 🙂
Ich könnte mir in der Tat auch nur einen vernünftigen Grund vorstellen, auf eine Sieben zu hoffen: wenn ich den Würfel selber gefertigt hätte 😀
Aber im Ernst, und dennoch im Bild bleibend: schon bei einer Dimension mehr in unserer Welt wäre es auf einmal ganz vernünftig, die Möglichkeit zumindest in Betracht zu ziehen, dass es in einem Paralleluniversum „Würfel“ mit sieben Seiten gäbe (naja, vielleicht etwas überstrapaziert das Bild…)
Will sagen: das Denken über unsere vier Dimensionen hinaus öffnet Tür und Tor für allerlei Spekulationen, die aber immer Spekulationen bleiben werden, außer vielleicht, es gibt einen neuen Evolutionssprung und ein vernunftbegabtes Lebewesen bekommt auf einmal einen Sinn für fünf Dimensionen.
Solange das aber nicht passiert, gibt es zwar keine logisch zwingenden Gründe, aber trotzdem vernünftige.
„Weil es der eigenen Psyche über den Tag hilft“ ist doch ein vernünftiger Grund.
Als apologetisch gebildeter Christ würde man jetzt die ganzen Argumente rausholen von wegen historischer Plausibilität der Bibel und der geschilderten Ereignisse und hasse nich geseh’n. Aber zu den gleichen Themen kann man ja mit vernünftigen Gründen zu gegenteiligen Ergebnissen kommen. Diskutiert wurde hier im Thread ja zur Genüge, deswegen deute ich es nur vorsichtig an, ohne wirklich einzusteigen.
Aber es gibt auch zeitgenössische Philosophen, die eine göttliche Entität für denkbar und sogar einen personalen Gott für am passendsten halten: Holm Tetens hat ein Buch mit dem Titel „Gott denken“ dazu geschrieben, und das, obwohl er selber gar kein gläubiger Christ ist. Er wollte nur den Gottesbegriff in die Philosophie zurückholen, weil er der Meinung ist, dass er eine philosophische Betrachtung verdient hat. Seine Kritiker meinen, das läge am Alter… 😀
Einen Menschen wie Holm Tetens aber als unvernünftig zu beurteilen, hielte ich für sehr ambitioniert.
Im Grunde gilt: wo die menschliche Vernunftbegabung ihre Grenze erfährt, kann man keinen Gedanken als unvernünftig verwerfen. Man kann höchsten aufhören sich Gedanken zu machen, also sich in Agnostik bescheiden. „Wovon man nicht sprechen kann, darüber muss man schweigen““, war die Konsequenz von Wittgenstein.
Ich selber ersetze für mich das Wort „muss“ durch „kann“. Ich liebe es, über das Transzendente zu philosophieren und zu spekulieren, und ich liebe die Serie „Raumschiff Enterprise“, die bekanntlich vom Atheisten/Humanisten Gene Roddenberry geschaffen wurde.
Aber ich habe auch gerne ein „zu Hause“ in einer mir angenehmen „Spekulation“, sprich Glauben. Aber aufzwängen tut sich das nicht, schon gar nicht streng logisch.
Aber es ist auch nicht unvernünftig.
Sehr lustig. Aber sagen wir mal, wir würden Mensch-ärger-dich-nicht spielen, und jeder spielt mit seinem eigenen Würfel, und dann kämst du mit deinem daher und würfeltest andauernd Siebenen. Würdest du das gerecht finden? Das erinnert dann ganz schnell an „Jüdisches Poker“ (vgl.: http://www.dieterwunderlich.de/Kishon_Lot.htm ), denn dann nähm ich meinen mit 8 Seiten.
Anschließend begibst du dich auf ein Nebengleis (das mit den Dimensionen), von dem ich meine, es lohnt sich nicht, das weiter abzugehen.
Das mag vordergründig so sein, aber doch nur deshalb, weil es sozusagen einen Nutzen für dich hat. Kann aber derselbe Grund Geltung haben, wenn du nur dem rationalen Denken Raum gibst? Was ist, wenn du also deinen psychischen Zustand bzw. deine eigene Befindlichkeit völlig außen vor läßt? Du wirst doch zugeben müssen, daß dem Universum dein persönliches Befinden echt egal ist. Wenn du zB mit dem Fahrrad auf die Straße knallst, ändert das Universum nicht mal eben die Matrix und verwandelt die Straße in ein großes weiches Kissen. Jedenfalls wär mir das neu.
Wenn du an dieser Stelle einen Einwand bringen möchtest, laß dich doch mal auf ein Experiment mit deiner Psyche ein. Tu so, als wärst du ein Computer mit einem Betriebssystem, und jetzt machst du dir eine Sandbox, in der du alle Daten aus deinem Betriebssystem rüberkopierst -außer dem Glauben an einen Gott-. Und nun beobachtest du deine Sandbox als vorläufiges Betriebssystem. Würdest du zu dem Ergebnis kommen, daß in deiner Sandbox irgend etwas anders funktioniert als vorher auch?
Alles, was du danach geschrieben hast, empfinde ich irgendwie als obsolet – von diesen Themen hatte ich im ersten Posting überhaupt nichts erwähnt. Und ich hab keine Ahnung, wen oder was dies an welcher Stelle weiterführen sollte. Natürlich hab ich auch Raumschiff Enterprise gesehen, was denkst denn du? 😉 Und Philip K Dick gelesen. Und Samuel R.Delany, Frederick Pohl, Asimov, Silverberg, Clarke, etc pp. Und bestimmt Dutzende von SF-Serien und Hunderte von SF-Filmen. Aber das ist jetzt ein ganz anderes Thema.
@phoen23
Deine Erwiderung mit Kishon ist auch gut. Lassen wir das so stehen.
Das mit den Dimensionen war keinesfalls als Nebengleis angelegt, sondern als Hinführung dazu, dass unser Geist beschränkt ist. Weil wir an unsere 4-dimensionale Welt gebunden sind, können wir mit unserem Verstand und unserer Logik auch nicht aus ihr ausbrechen. Daher sind alle metaphysischen Aussagen zwangsläufig nicht-logisch („unlogisch“ fändest Du bestimmt besser, trifft aber nicht meine Aussage, wegen der Konnotation zu anti-logisch).
Von daher ist auch das mit der „Psyche über den Tag“ im rationalen Denken in der Tat gehaltlos. Das sollte ja gerade meine Aussage sein. Um es härter zu sagen: es ist ein Grund für mich zu glauben, *obwohl* es rational nicht logisch ist. Wahrscheinlich denkst Du jetzt „was hat der geraucht?“. Es ist eben logisch-rational nicht begründet. Kannst Du natürlich für bescheuert halten, musst Du vielleicht sogar, weil Du ja streng logisch rational denkst – ich aber nicht. Ich weiß, dass meine paar armseligen Moleküle im Universum völlig belanglos sind.
Das mit Raumschiff Enterprise habe ich nur erwähnt, weil die Serie im Kern atheistisch angelegt ist und ich trotzdem meine helle Freude an ihr haben. Ich kann z.B. herzlich mitlachen, wenn da ein Gott einfach abgeschaltet wird, indem die Energiequelle stillgelegt wird. Ich wollte nur ausdrücken, dass ich immer offen für Destruktionen bin, weil es mich weiterbringt. Dass ich trotzdem nicht beim Atheismus lande, erscheint Dir aber wahrscheinlich höchst sonderbar und unlogisch.
Vielleicht kann Dir Matthias weiterhelfen: der Religiöse spekuliert wild rum und braucht den Logiker, um die Spekulationen mit der Wirklichkeit abzugleichen. Am Ende sind beide klüger (@Matthias: sorry, ich weiß, das war jetzt extrem vereinfacht – hoffentlich nicht völlig falsch verstanden von mir)
Doch. Gewiefte Mathematiker können sich n-dimensionale Räume vorstellen, manche Physiker 11-dimensionale String-Theorien.. zumindest sagen sie das. Ich tu mich schwer damit, weil: so talentiert bin ich nicht. Wieso eigentlich 4-dimensional. Zählst du die Zeit als 4.Dimension?
Falls du aber dann eine in dem Sinne metaphysische Aussage (mA) tätigst, ist es so, als würdest du aus deinem Verstand ausbrechen? Du kannst aber dann auch keine Logik als Beweis für deine mA anwenden. Du kannst zB nicht sagen „Gott existiert, weil Jesus wiederauferstanden ist“. Das ist ja per se eine logische Aussage: Aus dem einen folgt das andere. Es sei denn, du benutzst eine Art „doppelten Standard“.
Nö, tu ich nicht. Ich sagte ja bereits, daß ich das zwar nachvollziehbar, aber letztendlich unbegründet finde. Die Psyche des Menschen ist halt so, daß sie irgendwie Struktur zu brauchen scheint. Irgendwas, mit dem sie sich beschäftigen kann, einfach leer herumeiern liegt doch keinem wirklich. Selbst der vielzitierte Hartz4-Empfänger, der auf der Couch herumlümmelt und RTL2 glotzt, läßt sich auf eine Art Struktur ein.
Woraus schließt du denn das? Nur, weil ich logische Argumentation _anwende_, heißt das noch lange, daß ich streng logisch rational denke, immer und überall. Nein, logische Argumentation ist für mich ein Werkzeug. Ich kann es auch weglegen und mit leeren Händen improvisieren, dann würdest du vllt sagen, „das ist das unlogischste, was ich je gehört habe – der gehört in die Klappse“.
Ich meinte nicht „im“, sondern „dem“.
Was genau meinst du mit „Destruktion“? Und inwiefern bringt dich das weiter?
Nö.
Erst einmal: Wie kommst du darauf, daß ich „Hilfe“ benötige? Absolut nicht. Ich weiß schon, was ich zu denken habe. Die Matthias-äh-„Lösung“ kann ich nicht wirklich für voll nehmen, weil er versucht, aus diversen Erkenntnissen eine Art „One Size Fits All“ zu bauen – das hat noch nie funktioniert.
Dem „Sandbox“-Experiment bist du nun fürs erste erfolgreich komplett ausgewichen. Warum?
@phoen:
Ich blicke mittlerweile völlig durch, vielen Dank noch mal an alle, die mitdiskutiert haben. Schade, dass es für alle etwas frustrierend war, aber mir ist mittlerweile auch klar, warum das so war:
Ich habe jetzt nicht alles noch mal durchgelesen, aber grundsätzlich gilt:
Die Gläubigen haben – außer in einem einzigen Punkt – mit allem, was sie sagen, entweder Recht, oder zumindest nicht Unrecht.
Das Gleiche gilt für die Atheisten.
Denn tatsächlich sind beide Auffassungen nicht widersprüchlich, sondern komplementär.
Der eine Fehler auf beiden Seiten ist, zu glauben, dass die andere Seite Unrecht hat (und einem selbst Böses will). Wir können bloß nicht nachvollziehen, weshalb die andere Seite zu den Ergebnissen kommen MUSS, zu denen sie kommt. Weil WIR die ANDEREN nicht verstehen KÖNNEN, glauben wir, sie WOLLEN UNS nicht verstehen.
Zum Glück haben wir mit unserer Diskussion für den Durchbruch gesorgt.
Übrigens haben die Gläubigen völlig recht: Es gibt tatsächlich etwas, was „höher ist als alle Vernunft“. Sie können es aber nur in negativen Ausdrücken beschreiben, weil sie ja nicht wissen, was es ist. Aber immerhin merken sie, dass es noch was besseres gibt als Logik. Die Atheisten merken das tatsächlich nicht, weil sie – bisher – in ihrer Logik gefangen sind.
Wenn der Groschen einmal gefallen ist, versteht man allerdings auch logisch, warum die Gläubigen so denken, wie sie denken.
„Es gibt eine Theorie, die besagt, wenn jemals irgendwer genau herausfindet, wozu das Universum da ist und warum es da ist, dann verschwindet es auf der Stelle und wird durch noch etwas Bizarreres und Unbegreiflicheres ersetzt.“ Per Anhalter durch die Galaxis, Dougla R Adams
Ich kapier nicht, was du meinst. Zu einer logischen Aussage kann es nur einen logischen Wahrheitswert geben: wahr oder falsch. Welchen Punkt meinst du? Und was meinst du mit komplementär? Wie sollen sich denn Aussagen wie (1+1=2) und (1+1!=2) gegenseitig ergänzen können?
Sorry, aber für mich gibt „höher als Vernunft“ keinen Sinn. Vernunft ist nun sagen wir das, was man als Rationalität bezeichnet. Was kann denn da höher oder niedriger sein? Apfelstrudel? Rationalität ist Rationalität, es gibt keine Messlatte, die jene ausmessen kann. „Besseres als Logik“- das ist nicht dieselbe Aussage und genauso seltsam. Wenn eine Logik da ist, dann ist sie absolut, es kann keine „bessere“ Logik geben. Ich glaub du meinst was ganz anderes. Auch die letzte Aussage..welche Logik? Falls ich Atheist bin, brauch ich keine Logik. An der Stelle, wo Gläubige ihr Glaubensprinzip haben, ist beim Atheisten nur NULL. Zumindest sollte es so sein.
Erstmal die Frage: Wie erzeugt man hier in den Kommentaren ein Zitat? Mit dem blockquote-Tag?
In 20 Jahren wird es Diskussionen wie diese hier nicht mehr geben, und die Diskussion hier wird legendär sein. Bisher liegt die Tragik darin, dass die Logiker genau dieselben Denkfehler machen wie die Gläubigen – nur „eine Etage höher“. Deshalb blicken die Logiker auf die Gläubigen herab. Ich befinde mich seit neulich – dank der Diskussion hier – auf der nächsthöheren Ebene und erkenne dadurch nicht nur die Denkfehler der Logiker, sondern verstehe auch, wie die Gläubigen zu ihren Aussagen kommen. Nur: Während die Gläubigen wenigstens spüren, dass das, was sie glauben, nicht wirklich stimmen kann (was sich in Glaubenszweifeln äußert), glauben die Logiker, sie müssten Recht haben – und wenn sie die Gläubigen nicht verstehen, müsse das an den Gläubigen liegen. Der Denkfehler der Logiker ist natürlich auch viel schwerer SELBST aufzuspüren als die Denkfehler der Gläubigen, weil er ja gerade im LOGISCHEN Gewand daherkommt. Zumal die Logiker durch die „offensichtlichen“ Fehler bei den Gläubigen ständig davon abgelenkt werden, den Fehler bei sich selbst zu suchen.
Zum Glück ist der Fehler sofort einsichtig, wenn man drauf gestoßen wird.
Die Logiker sind in einer vergleichbaren Situation wie die Menschen vor der kopernikanischen Wende. Solange man nicht weiß, dass die Erde sich um die Sonne dreht, glaubt man intuitiv, die Sonne drehe sich um die Erde, weil die WAHRNEHMUNG diesen Eindruck fördert. Wenn man einmal darauf hingewiesen wird, dass man den gleichen Eindruck hat, wenn die Erde sich um die Sonne dreht, fällt der Groschen. Es gab nur bis dato überhaupt keinen Grund, sich zu überlegen, wie man es wahrnehmen würde, wenn sich die Erde um die Sonne dreht.
Nun will ich (noch) nicht die Pointe verderben, aber ich deute mal an, was ich mit höherer Vernunft gemeint habe. „Bessere Vernunft“ wäre besser gewesen.
1. Das Wahrheitskriterium der Gläubigen ist, dass eine (einzelne) Vorstellung nicht offensichtlicher Unsinn ist. Das ist das sparsamste Wahrheitskriterium: Es wird immer nur eine Aussage gleichzeitig geprüft, auf offensichtliche Falschheit.
2. Die Logiker sind schon einen Schritt weiter: Sie prüfen ihr gesamtes Weltbild (also alle Aussagen, die sie glauben), auf Stimmigkeit und auf Übereinstimmung mit der Realität.
3. Es gibt noch ein besseres Wahrheitskriterium, wie man sofort einsieht, wenn man darauf hingewiesen wird. (Ich musste natürlich selber drauf kommen …)
Die Gläubigen glauben also quasi erst einmal alles, und scheiden dann immer mehr Dinge aus, so dass sie sich quasi „von außen“ (aus dem „Übernatürlichen) immer mehr der Realität annähern. Die Gläubigen glauben ja z.B. auch nicht an ALLE Religionen. Aber der Grund dafür, das sie an alle anderen Religionen nicht glauben, ist nicht, dass sie dort die Denkfehler erkennen, sondern schlicht, dass ihre Religion ihnen sagt, dass sie an keine anderen Götter glauben sollen. So glauben auch die meisten Gläubigen HEUTE ja z.B. nicht mehr an Dämonen, Feen, Hexen usw. Das heutige Käßmann-Christentum ist ja schon fast alles Übernatürlichen entkleidet.
Demgegenüber „glauben“ Logiker nur das, was sie „beweisen“ können. Sie nähern sich quasi „von innen“ an die Realität an und gelangen zu mehr und mehr Erkenntnissen über die Realität. Diesen Annäherungsprozess an die Realität (von außen, aus dem Übernatürlichen, für die Gläubigen, und von innen für die Logiker) ist Teil dessen, was ich mit Komplementarität gemeint habe.
Man kann das auch als evolutionäre Annäherung an die Realität betrachten: Die willkürlichen Vorstellungen der Gläubigen sind quasi der „Antrieb“ (wie zufällige Mutationen bei der Evolution); und die rationale Selektion der Logiker produziert die Richtung. Wie beim Christentum ja z.B. auch immer mehr Vorstellungen ausgesiebt werden.
Ist der Knoten einmal gelöst, passiert folgendes: Die Logiker werden zu Vernunftmenschen vom Typ 3 und verstehen dann, wie die Gläubigen ticken. Dadurch können sie die Gläubigen „mit ins Boot“ holen. Die Gläubigen misstrauen nämlich, wie hier ja deutlich wurde, der Logik. Deshalb kann man sie auch nicht mit logischen Argumenten dazu bringen, logisch zu denken. Vielmehr müssen die Gläubigen merken, dass (1) die Vernunftmenschen vom Typ 3 und (2) die Logik vertrauenswürdig sind. Mit Hilfe der Logik schaffen wir dann alle den Klimmzug auf Ebene 3.
Wenn die Menschheit Stufe 3 der Vernunft erklommen hat, wird der willkürliche religiöse Spekulationsprozess durch einen effektiveren wissenschaftlichen Spekulationsprozess abgelöst.
Und nachdem ich das jetzt erkannt habe, finde ich es auch gar nicht mehr reiz- oder sinnvoll, den Ketzerpodcast zu machen.
Über den letzten Satz muss ich aber noch mal eine Nacht schlafen …
Ich sollte hinzufügen: Das wird sein wie damals, als die Logik entdeckt wurde.
Spannender Gedanke, Matthias. Danke.
LG,
Der Jay
Das gleitet jetzt alles in Mystik ab. Und deine Gläubigen wollen ja gar nicht in dein „Boot“, die wollen lieber die Luft rauslassen, damit du da mit ihnen rumschwimmen kannst.
@phoen23:
Vielen Dank für Deinen Kommentar. Er hat mich zu folgender kleinen Überlegung inspiriert:
DER DUNKLE SEE
Es ist Nacht. Auf einem See befinden sich Gläubige und Atheisten. Allerdings ist es so dunkel, dass man die Hand vor den Augen nicht sieht. Aber man kann natürlich noch etwas hören.
Und so hören die Atheisten ihrem Boot, wie die Gläubigen rufen: „Es ist so dunkel! Wir können das Ufer nicht sehen! Wenn wir nicht bald ans Ufer kommen, müssen wir alle sterben!“
Die Atheisten rufen zurück in die Dunkelheit: „Ihr Angsthasen! Wir müssen doch nur warten, bis es hell wird. Dann sehen wir, wo das Ufer ist!“
Aber die Gläubigen rufen immer panischer: „Wenn wir nicht bald ans Ufer kommen, müssen wir alle sterben!
So geht das eine ganze Zeit. Irgendwann sind die Gläubigen erschöpft und hören auf, zu rufen.
Die Atheisten sind auch erschöpft und legen sich in ihrem Boot zum Schlafen.
Als es hell wird, wachen die Atheisten auf. Zu Ihrem Entsetzen sehen sie, dass rund um ihr Boot Tote im Wasser treiben.
Da erkennen die Atheisten: Die Gläubigen hatten gar kein Boot.
@Matthias:
Eigentlich find ich das lustig, daß du das so in einer Art „Gleichnis“ darstellst.
Aber: Das kann man nun auf verschiedene Weisen auseinandernehmen, und Gläubige werden sagen: „Wieso? Wir haben doch ein Boot. Ihr habt keins. Kommt mit rein. Macht mit und hört euch die Weisheiten Jesus‘ an.“
@phoen23, Gleichnisrede:
Ich habe auch kurz gestutzt. Aber mir ist jetzt der Sinn der Gleichnisrede klargeworden.
Und natürlich hat jedes Gleichnis seine Grenzen. Man könnte sich z.B. fragen, wie die Gläubigen in ihre Situation geraten sind. Aber im Gleichnis symbolisiert der See das Leben, und und in dem finden wir uns halt einfach so plötzlich wieder – wie bei der Situation im Gleichnis.
Wo das Gleichnis aber wieder passt: Wenn mir ein Ertrinkender erzählt, er habe ein Boot, und ich sehe, dass er keins hat – dann ist ihm natürlich kaum zu helfen.
@phoen23:
Das Gleichnis dient dazu, vor Augen zu führen, dass es Situationen geben kann, wo alle Recht haben, man aber aneinander vorbei redet, seinen Fehler zu spät erkennt und dann mit der grausigen Erkenntnis leben muss.
Liebe Ina,
da bin ich als Geisteswissenschaftler auch in weiten Teilen bei Dir.
Eine kleine Einschränkung zu Matthias‘ Inszenierung: Er hat ja nicht beansprucht, für alle einzelnen Atheisten zu sprechen. Atheismus ist ja, anders als Christentum etc., eben nur ein Standpunkt, nicht zugleich eine Gruppe von Menschen, die sich dann auch übergreifend institutionalisiert. Auch die GB-Stiftung ist da eben nur ein Verband in einer Masse von Leuten, die wenig Verbände bilden, weil sie wenig gemeinsam haben. Es gibt ja auch keinen Verband der Nicht-Astrologen etc. Und für einen „Standpunkt“ kann man dann schon eher repräsentativ sprechen, wenn man ausarbeitet, wie sich die Welt / Argumentation von diesem Standpunkt aus darstellt.
Aber meine wesentliche Kritik wäre auch Deine: Bei vielen Atheisten im Style von Dawkins (auf den Matthias sich ja auch mehrfach bezogen hat) vermisse ich einfach, ich muss das so hart sagen, eine grundlegende geisteswissenschaftliche Bildung. Das sieht man daran, dass er den Begriff der „Reduktion“, den Gofi fachlich ganz richtig eingebracht hat, scheinbar nicht richtig versteht. Der Begriff ist ja weder eine Abwertung, noch impliziert er, dass es mehr geben muss als das Reduzierte. Er sagt nur, dass z. B. der Materialist versucht, alle Phänomene auf einen bestimmten Phänomen- / Diskursbereich zu „reduzieren“ (re-ducere = zurückführen), nämlich den naturwissenschaftlichen. Das ist ja auch gerade die argumentative Stärke, die Matthias im Dialog mit Jay ausgespielt hat: Der Materialismus ist ontologisch sparsamer und daher in einer besseren Erklärungsposition (wenn es im Glauben überhaupt um Erklärung geht, aber das ist nochmal eine andere Frage). Dazu sollte man dann auch ruhig stehen.
Markus Gabriel hat das Problem in „Warum es die Welt nicht gibt“ sehr schön und anschaulich zusammengefasst (vielleicht mal Stoff für einen Blogeintrag). Der Materialist hält das „Universum“ für die „Welt“, also für alles, was es gibt. Diese Position KANN man schon vertreten, es gibt aber eben auch einige schwerwiegende Argumente dagegen, die man aus philosophischer Sicht zumindest kennen sollte. Wobei sich die Christen hier oft zu früh freuen, weil aus nicht-materialistischen Positionen noch nicht folgt, dass Gott existiert (geschweige denn, wer das überhaupt ist).
Daraus folgt ironischerweise, dass materialistische Atheisten und fundamentalistische Christen unglaublich viel gemeinsam haben: Sie glauben beide, dass Gott sich irgendwie im „Universum“ nachweisen oder widerlegen lässt und sie glauben beide an eine sehr wörtliche Auslegung der Schriften (bei Dawkins: wenn die wörtliche Auslegung nicht zutrifft, ist die Schrift „falsch“ o.ä.) Da ist die Diskussion ja schon seit vielen Jahrhunderten auf theoretischer Ebene schon deutlich weiter.
Daher mal eine kleine Ehrenrettung des Atheismus: Jay behauptet an einer Stelle, dass die Frage „Gibt es Gott nun oder nicht?“ für den Atheismus (zu) ausschlaggebend ist. Das stimmt wieder nur für bestimmte Spielarten. Ich empfehle hier mal eine Auseinandersetzung mir Sartre, der Jays Argument genau andersrum geführt hat: Wäre es „gut“ für mich, wenn ich ein Geschöpf Gottes bin? Sartre sagt: Nein, weil ich dann den Sinn meines Lebens nicht mehr richtig selbst bestimmen kann und ich nur ein besserer Brieföffner bin. Ich bin noch nicht sicher, ob ich Sartre da 100% folgen kann, aber finde zumindest die Anfrage sehr anregend.
Hey Florian,
volle Zustimmung von mir zu Deinem Kommentar. Dass wir uns dieses Mal so einig sind, freut mich ja echt. 😀
Nur eine kleine Ergänzung/Erklärung: Ich wollte genau darauf hinaus, was Du über die Ähnlichkeit zwischen materialistischen Atheisten und fundamentalistischen Christen sagst, als ich schrieb, dass naturalistische Gläubige meist „Bibeltreue“ werden.
Naturalismus ist (laut dem Philosophen Charles Taylor) eine Kombination aus Utilitarismus („was ist nützlich?“) und Materialismus („was kann ich messen?“) und lässt nichts gelten, was kein klar benennbares Ziel und keine deutliche „Form“ hat. Gott kann es dann entweder nicht geben (der Kosmonaut Juri Gagarin sagte ja bei seinem Aufenthalt im All, er kann keinen Gott sehen) oder er muss ohne Zweifel wenigstens im Wortlaut der Bibel dingfest gemacht werden (=unumstößliche ewige Regeln und Gebote, Bibel als historischer Bericht oder als lebenspraktisches Handbuch). Beides klingt, wie Du sagst, erstmal einleuchtender, weil ontologisch sparsamer („hier ist die Wahrheit, klar und deutlich“). Und beides entspricht nicht meinem Gottesbild.
Wegen der Ehrenrettung des Atheismus habe ich meinen Kommentar ja geschrieben, denn ich kann meinem eigenen früheren Atheismus immer noch einiges abgewinnen, v.a. wenn es darum geht, gute Fragen zu stellen (die ich – wie gesagt – eher im geisteswissenschaftlichen Bereich sehe).
Zu Sartre kann ich nicht viel sagen, hab ihn nie gelesen, aber mir scheint, dass seine Kritik sich auf die Frage der Selbstbestimmung des Menschen bezieht. Und das ist berechtigt und verweist uns darauf, dass konservativ-christliche Kreise oft ein schräges Bild vom freien Willen und/oder der Allmacht Gottes haben. Sehr spannend.
Sowohl meine eigenen atheistischen Argumente gegen Gott von früher als auch die Positionen von atheistischen Freunden finde ich nach wie vor hilfreich, um das eine oder andere zu überdenken (und dann oft darum zu beten, wie ich dieses oder jenes denn nun verstehen soll) oder einfach zuzugeben, dass ich etwas nicht weiß.
Ich wollte nur darauf hinaus, dass es unterschiedliche atheistische Positionen gibt und Matthias nicht beanspruchen kann, für alle Atheisten zu sprechen (genauso wie ein „Bibeltreuer“ nicht für mich sprechen dürfte). Institutionalisierungsversuche gibt es da schon, siehe Giordano-Bruno-Stiftung, die – je nach öffentlichem Auftritt – manchmal eine „Kreuzzugstendenz“ an den Tag legt. Eigentlich schade, denn auch ich habe auf dem Campo de Fiori in Rom, wo Giordano Bruno 1600 als Ketzer verbrannt wurde, eine Gedenkminute eingelegt.
@ Mirko:
Ja, ein Gespräch gegenseitig als befruchtend zu empfinden, wäre schön, entspricht aber leider nicht so ganz meinen Erfahrungen. Meine atheistischen Freunde verstehen zwar, dass ich nicht ihrem Vorurteil gegenüber Christen entspreche und finden das dann interessant („Ina, Du bist die einzige, mit der ich 2 Stunden über Religion sprechen kann, ohne genervt zu sein“), aber irgendwas persönlich Fruchtbares haben sie meines Wissens nach nicht mitgenommen… (Ich schon, aber ich „verdamme“ meine eigene atheistische Vergangenheit ja auch nicht.)
@ Elbenfrau:
“Bitte lasst mich in Ruhe, ich muss das, was ich glaube, euch weder erklären und schon gar nicht rechtfertigen!“
Genau! Daher zieht bei mir die Nummer mit der „Beweislastumkehr“ überhaupt nicht.
Das ist eine Strategie vieler missionarische Atheisten. Sie meinen, Christen müssten ihren Glauben belegen, nicht sie müssten ihren Nicht-Glauben belegen. Das ist natürlich Unsinn, weil man bei dem Thema Gott/Atheismus gar nichts belegen oder argumentativ „lösen“ kann. Da ich keinen Atheisten nötige, sich zu rechtfertigen, gestehe ich auch keinem Atheisten zu, das von mir einzufordern.
„Deshalb fand ich die Frage von Jay auch gut: ‚Warum gönnt ihr uns eigentlich unseren Glauben nicht?‘. Ja, eben… warum bloß nicht?“
Genau das ging mir auch im Kopf herum. Wie ich oben schrieb: ist mir zu kleinkariert (und war es mir schon, als ich selber Atheistin war)
@ Patrick:
“ Ein Atheist, der immer mit dem Namen Richard Dawkins wedelt, ist für mich genauso, wie ein evangelischer Christ, der Margot Käßmann für eine bedeutende Theologin hält (Okay, der war fies!)“
LOL Ne, der war nicht fies, sondern auf den Punkt! Nach beiden Seiten. 😉
Der Ketzerpodcast hat zu Recht ein bis zwei gute Casts über die Seichtigkeit von bestimmten EKD-Vertretern gemacht, u.a. Käßmann. Da rennen sie bei uns hier ja anscheiend offene Türen ein (Gofi: „lauwarme Suppe“)
Allerdings habe ich mich ernsthaft gefragt, warum sie als „Ketzer“ (mit sehr ordentlichen Bibelkenntnissen, wie ich festgestellt habe) das der EKD vorwerfen. Als Atheisten ein so frommes Argument ins Feld führen? Sollen sich doch freuen, dass sich die EKD zunehmend säkularisiert und selbst abschafft.
P.S. @ Florian
Vielen Dank noch für den Hinweis auf ein Buch, von dem ich noch nicht gehört hatte („Warum es die Welt nicht gibt“), das werde ich mir bei Gelegenheit mal anschauen, die FAZ-Rezension ist sehr interessant!
Ein populäres Argument:
»“Bitte lasst mich in Ruhe, ich muss das, was ich glaube, euch weder erklären und schon gar nicht rechtfertigen!”
Genau! Daher zieht bei mir die Nummer mit der “Beweislastumkehr” überhaupt nicht.«
MÜSSEN muss natürlich keiner was.
Von einem intellektuell redlichen und nicht denkfaulen Menschen würde ich allerdings erwarten, dass er/sie ihr Weltbild bzw. ihre Glaubensaussagen VOR SICH SELBST rechtfertigen können.
Wer sich Gedanken gemacht hat, müsste sein Weltbild vor sich selbst rechtfertigen können. Und wenn er das kann, müsste er es auch gegenüber jemand anders rechtfertigen können. Auch, wenn er es nicht MUSS.
Und wer wirklich an Wahrheit interessiert ist, der müsste m.E. froh darüber sein, wenn er zu seinen Überlegungen noch mal „eine zweite Meinung“ hören kann.
Hi Florian!
Du schreibst:
»Der Materialist hält das “Universum” für die “Welt”, also für alles, was es gibt.«
Ich kann hier wieder nur für mich sprechen, aber ich vertrete NICHT die Position, dass das Universum oder das, was was wir wahrnehmen können, alles ist.
Es nervt mich auch, dass immer wieder so getan wird, als ob Atheisten so dächten. Vielleicht kann man uns „salopp“, als „Materialisten“ oder als „Naturalisten“ bezeichnen. Das mag für den täglichen Gebrauch passen, speziell, wenn es nur um die Abgrenzung zu „Supernaturalisten“ geht.
Mag sein, dass es über unsere bekannte Welt hinaus noch Dinge gibt. Vielleicht ist das sogar wahrscheinlich. Aber ich kann darüber eben keine Aussage machen. Das heißt, dass ich noch nicht mal sagen kann, ob es da etwas gibt oder nicht.
Aber die Gläubigen können das genausowenig.
Warum bist Du denn davon genervt? Ich referiere hier lediglich eine philosophische Standarddefinition der materialistischen Position. Wenn Du diese Position nicht teilst, bist Du halt kein Materialst. Da geht es erst mal um Definitionen.
@Ina:
Unten erweckst Du den Eindruck, dass Du eine Antwort auf Deinen obigen Kommentar erwartest.
Dazu müsstest Du natürlich erst mal etwas satisfaktionsfähiges schreiben.
Du kritisierst mich zwar, ich kann allerdings nicht erkennen, an welchen meiner Aussagen sich Deine Kritik festmacht. Darüber hinaus habe ich den Eindruck, Du hörst nur das, was Du hören willst, projizierst Deine voreingenommenen Klischees in das, was ich sage, und versuchst überhaupt nicht, herauszufinden, was ich eigentlich meine, sondern suchst nach Kleinigkeiten, an denen Du herumkritteln kannst. („Er hat das dreifache Hossa verweigert!“)
Ich weiß z.B. nicht, wie Du darauf kommst, ich sähe die Naturwissenschaften als Garanten für den Atheismus. Eine typisches Christen-Klischee über Atheisten. Wie, bitte, kommst Du darauf? Jemandem, der so etwa sagt, würde ich sofort widersprechen, oder es zumindest kritisch-ablehnend kommentieren.
Solange Du Dinge kritisierst, die ich gar nicht gemeint habe, greift Deine Kritik nicht. Und solange ich nicht weiß, worauf sich Deine Behauptungen beziehen, kann ich dazu nichts sagen.
Es wundert mich nicht, dass Du die Erfahrung machst, dass Du mit Atheisten keine fruchtbaren Diskussionen führen kannst. Deine Art ist unangenehm, Du bist kleinlich und unterstellst ständig negative Dinge. Darüber hinaus schreibst Du viel, lieferst aber praktisch keine Substanz. Du bleibst vage und vermeidest eigentlich alles Konkrete. Es macht also weder Spaß, mit Dir zu diskutieren, noch führt es zu irgendwas.
Ich schreibe hier nur, weil sich an Deinen Kommentaren (zum Thema Atheismus) so schön zeigen lässt, dass man mit Leuten wie Dir eben nicht auf Augenhöhe diskutieren kann.
@Ina: Keine Kommentarfunktion im Ketzerblog, Reduktionismus
Im Nachhinein zu meinem anderen Kommentar sind mir noch zwei Punkte eingefallen, zu denen ich was sagen kann. Ich weise vorsorglich darauf hin, dass keiner der beiden Punkte meine atheistische Position tangiert.
Zum Thema „Reduktionismus“ werde ich gleich unten einen eigenen Kommentar schreiben, weil das interessant ist und nicht hier in der Kommentar-Kaskade untergehen sollte.
Was die (nicht wirklich) fehlende Kommentarfunktion auf unserem Blog angeht:
Sowohl auf unserem Blog (ketzerpodcast.wordpress.com bzw. ketzerpodcast.de) als auch auf unserem YouTube-Kanal (ketzerpodcast) haben wir natürlich eine Kommentarfunktion.
Um den Podcast-Feed (für iTunes usw.) zu beschicken, mussten wir aber seinerzeit ein zweites Blog (bei blogger.com) kreieren, das nur dazu dient, die Kurzbeschreibung der Episode und den Link zu der Audiodatei zur Verfügung zu stellen. Dieses Blog soll eigentlich gar keiner sehen (weil das verwirrt, wie bei Ina). Aber es ist ofenbar so, dass man bei der Suche nach „ketzerpodcast“ darauf stoßen kann. Damit nun Kommentare zu einer Folge nicht auf zwei unterschiedlichen Blogs auflaufen, haben wir die Kommentarfunktion bei dem „Hilfsblog“ deaktiviert. Auf dem „richtigen“ Blog kann man selbstverständlich kommentieren.
Zu Anfang hatten wir noch keinen YouTube-Kanal, so dass die Kommentare tatsächlich alle auf dem Blog aufliefen. Mit dem YouTube-Kanal haben wir jetzt natürlich wieder das Problem, dass die Kommentare an zwei unterschiedlichen Orten auflaufen. Ich weiß aber nicht, wie sich das ändern ließe.
Jaaaaa… Mir fällt grad auf, wie lange ich hier nicht mehr geschrieben habe. In meinem Leben hat sich so unglaublich viel ereignet… Ich fand das Gespräch sympathisch, aber nicht unbedingt sehr ergiebig. Mir hat ehrlich gesagt auch der erste teil am Besten gefallen. Das Problem an der regelhaften Atheistischen Argumentationen ist m.E. die reine Außensicht auf Kirche, Glauben und den christlichen Weg. Das kann man niemandem vorwerfen. Ich habe ja auch eine Außenansicht auf Scientology und werde bestimmt nicht extra Scientologe werden, um zu checken, ob meine Ansichten nicht vielleicht nur Vorurteile sind. Trotzdem ist auch klar, dass ich über einen Weg, den ich nie gegangen bin, eigentlich auch nichts wirklich zutreffendes sagen kann, außer, wie sich dieser Weg rein phänomenologisch für mein Empfinden darstellt. Wenn ich ein solches Verständnis, wie Matthias und viele andere Atheisten es vom christlichen Glauben hat, mit meinem Blut unterzeichnen sollte, würde ich auch sagen: „Nee, da glaub ich lieber an das fliegende Spaghettimonster, das schmeckt wenigstens lecker.“ Aber es fängt doch schon beim Gottesbild an. Glauben WIRKLICH ALLE Christen an einen externen Gott, der irgendwo weit oben drüber rumschwebt, oder ist nicht streng genommen ein solches Gottesbild bereits total unchristlich???? Und da sich die meisten atheistischen Argumente an dieses Gottesbild dranknüpfen, sag ich an der Stelle bereits: „nee, hier verabschiede ich mich schon, denn mein Gottesbild ist dies nicht und deine argumentation kann meinen Glauben daher auch nicht widerlegen!“ Je länger und je tiefer ich mich auf den christlichen Weg einlasse, desto klarer wird mir, dass all diese gesellschaftlichen Diskurse über Atheismus vs. Kreationismus nicht nur überhaupt nichts bringen, sondern dass es da permanent immer nur um Deutungshoheit geht und sie sich auch immer nur an der Oberfläche bewegen. Eine ähnliche Argumentation wie Matthias hier sie bringt, kenne ich auch von meinen atheistischen Cousins. Das haut mich nicht vom Hocker. Auch Richard Dawkins halte ich für völlig überschätzt. In meinen Augen ist das ein reiner Populist. Der einzige atheistische Autor, der mich inhaltlich wirklich total gepackt hat, war Michael Schmidt-Salomon. Sein „Manifest des evolutionären Humanismus“ kann ich wirklich jedem nur ans Herz legen. Erstens argumentiert Schmidt-Salomon wirklich äußerst intelligent und fundiert, zweitens schlägt das Buch einen anspruchsvollen, sehr nachvollziehbaren, philosophischen Bogen und drittens hat er sich wirklich eingehend mit dem Gegenstand seiner Kritik auseinandergesetzt, was ich Dawkins mal einfach so rundweg abspreche. Ein Atheist, der immer mit dem Namen Richard Dawkins wedelt, ist für mich genauso, wie ein evangelischer Christ, der Margot Käßmann für eine bedeutende Theologin hält (Okay, der war fies!)
Und , echt jetzt, Gofi, deine Frau ist Atheistin? War sie aber doch nicht schon immer, oder?
Liebe grüße von Patrick
In einer früheren Folge wurde sie glaub ich noch als „Agnostikerin“ gelabelt 😉
Florian, du schreibst „….dass materialistische Atheisten und fundamentalistische Christen unglaublich viel gemeinsam haben: Sie glauben beide, dass Gott sich irgendwie im “Universum” nachweisen oder widerlegen lässt und sie glauben beide an eine sehr wörtliche Auslegung der Schriften (bei Dawkins: wenn die wörtliche Auslegung nicht zutrifft, ist die Schrift “falsch” o.ä.) Da ist die Diskussion ja schon seit vielen Jahrhunderten auf theoretischer Ebene schon deutlich weiter….“
Das sehe ich auch so, und genau dieses Denken „ich habe recht, und ihr anderen seid schon irgendwie minderbemittelt“ löst in mir einfach nur den Reflex: „Bitte lasst mich in Ruhe, ich muss das, was ich glaube, euch weder erklären und schon gar nicht rechtfertigen!“, aus.
Ich finde es doch seltsam und auch unfair, wenn jemand es nicht über die Lippen bringen kann, dass die andere Seite auch positives hervorgebracht hat. Vor allem, wenn die „Religioten“ durchaus zugeben, dass viel Mist gelaufen ist, und daran arbeiten, alte Fehler einzugestehen und einen anderen Weg einzuschlagen. Macht das mal nach, liebe missionarische Atheisten…. auch der Atheismus hat sich mit Macht eingelassen und wurde zu einem Monster. Da gäb´s auch was aufzuarbeiten oder zuzugeben… davon bekomme ich aber nicht so viel mit.
Nun ist Hossa-Talk ein Podcast, der nicht den Anspruch hat, verfeindete Positionen zu friedlicher Zusammenarbeit zu bewegen, (sie wollen nur die Weltherrschaft 🙂 ) also ist das ok, wie es gelaufen ist. Ihr habt euch gut gehalten….. zur Weltherrschaft hats bei diesem Talk leider nicht gereicht und ich hatte hinterher nur das Gefühl, ich muss für eure gebeutelten Seelen beten. Gelernt habe ich, dass Atheisten wohl wirklich ziemlich anders ticken, als der 08/15-Agnostiker von nebenan (ist das immer so, oder nur in diesem Fall?)
Nun ja…. ich bin froh, dass ich meinen Glauben behalten habe, und dass ihn weder komische und (für mich zumindest) ungute Christentraditionen noch schlimme Situationen, noch mich für doof haltende Atheisten zerstören konnten. Das macht mich einfach nur glücklich. Wenn ich glücklich bin, habe ich mehr Kraft, Gutes zu tun. Deshalb fand ich die Frage von Jay auch gut: „Warum gönnt ihr uns eigentlich unseren Glauben nicht?“. Ja, eben… warum bloß nicht?
„Gelernt habe ich, dass Atheisten wohl wirklich ziemlich anders ticken, als der 08/15-Agnostiker von nebenan (ist das immer so, oder nur in diesem Fall?)“
Nun ja, es geht hier ja um einen selbsterklärten „Ketzer“, das heißt jemanden, der sich primär durch seine Ablehnung von Religion definiert. Ich muss zugeben, dass ich den Podcast nicht kenne, aber es wirkt auf mich so, dass es hier immer noch primär um die Abgrenzung geht und zwar hauptsächlich vom Christentum. Ist an sich ja eine legitime Position, aber in der großen weiten Welt der Nichtreligiösen nur für eine kleine Gruppe interessant.
Was mir bei dem Talk kam, war zum einen der Gedanke:
„Die Atheisten“ belächeln Christen ebenso von OBEN herab, wie „die Christen“ Atheisten…
Beide Seiten meinen, sie hätten die letzte Erkenntnis und benehmen sich mit dieser Denke alles andere als demütig – und da kann ich mich leider, leider wohl auch nicht ausschließen…
Jesus lebt ganz schlicht seine Erkenntnis…
Zum anderen kamen mir Fragen an dich, Matthias, die ich dir gerne während des Talks gestellt hätte, aber vielleicht sind sie auch zu persönlich…:
Du hättest in einem Trauerfall gerne Ruhe, um zu dir zu kommen. Was begegnet dir da?
Hast du den Eindruck, dass du liebgewordene Menschen leichter loslassen kannst als ein gläubiger Mensch? Oder schwerer?
Was würdest du dir gerne von deinen Lieben bewahren, wenn sie von dir gehen?
Was für Rituale lebst du in deinem Alltag?
Wofür/Für wen würdest du dein Leben geben? Und warum?
Wenn das Leben hier auf Erden endlos wäre, wie würdest du es leben/sehen?
Wenn du König der Welt (bzw. über die Erde) wärst, (wie) würdest du sie regieren wollen?
Hätte dich lieber noch mehr als Menschen kennengelernt, bin mir aber bewusst, dass das natürlich noch ein Megafass geöffnet hätte, und es mussten hier ja schon einige geschlossen bleiben…
Und ich glaube ja mit Joh. 2, dass Jesus das Beste für später aufbewahrt ; )
Die Gedanken zum Helfen und Geben fand ich interessant!
Musste daran denken, dass Jesus bzw. sein Vater es laut Bergpredigt offensichtlich ziemlich nervig und fruchtlos findet, wenn aus dem Geben eine Show gemacht wird. Oder eine Doktrin…
Und dass der barmherzige Samariter ja in den Augen derer, die sich als Gläubige betrachteten, nicht richtig dazu gehörte. Und dass das dem Zusammengeschlagenen sicher völlig egal war…
Und der verlorene Sohn am Anfang UND am Ende einfach nur Hunger nach Leben hatte. Und zwar ziemlich konträre Arten von Hunger… oder nicht?
Um diesen (Lebens-)Hunger in den verschiedensten Ebenen (körperlich, sinnlich, geistlich…) und alles, was sich daraus entwickeln kann (durchaus auch der Tod…), geht es womöglich in der ganzen Bibel, oder?
„Und sie (die Schafe) werden aus und ein gehen und Weide finden“ (Joh. 10)
Worauf haben „Christen“ oder „Gläubige“ Hunger und worauf „Atheisten“?
Und ich?
Hallo Britta,
vielen Dank für Dein Interesse. Ich habe nichts gegen persönliche Antworten, glaube aber, dass ich Dir zu den meisten Deiner Fragen keine Antworten geben kann. Ich kommentiere hier trotzdem, weil auch das vielleicht schon einen gewissen Einblick in meine Denkweise gibt.
Ich denke, maßgeblich ist, dass ich die Welt so akzeptiere, wie sie ist. Ob mir das nun passt oder nicht. Deshalb denke ich über Fragen wie was ich machen würde, wenn ich König wäre, oder ob ich es toll fände, unendlich zu leben, im Allgemeinen nicht nach. Ich halte es allerdings nicht für erstrebenswert, unendlich zu leben. Der Tod macht mir nichts aus. Ich habe mal gesagt: Ich glaube, das Paradies ist voller Bungee-Springer. Damit meine ich, dass unendliches Leben irgendwann so langweilig werden müsste, dass sich die armen Insassen immer krassere Dinge ausdenken müssen, um sich zu unterhalten. (Damals gab es noch nicht so viele Extremsportarten, und Bungee-Springen war noch neu und ungewöhnlich.)
Als rationaler Mensch kann ich auch mit Formulierungen wie „Was begegnet Dir in der Ruhe nach einem Todesfall?“ nichts anfangen. Ich will dann halt meine Ruhe. Ich denke auch nicht in Begriffen wie „Loslassen“, obwohl ich denke zu ahnen, was Leute damit meinen. Was soll ich da loslassen? Der Mensch ist tot. Er muss mir nicht leid tun, weil er ja nichts mehr spürt. Mir tut es auch nicht leid, dass jemand tot ist. (Anders ist es, wenn jemand leidet.) Der Tod gehört zum Leben dazu, und wie gesagt gehe ich davon aus, dass der Tote nichts merkt. Wenn es sich um einen Menschen handelt, der mir wichtig war, akzeptiere ich, dass jeder irgendwann stirbt und freue mich über die Zeit, die ich mit ihm oder ihr verbringen konnte. Das heißt nicht, dass ich gefühllos oder ungerührt wäre (mir kommen ja schon die Tränen, wenn der Terminator sich in das geschmolzene Metall senken lässt). Aber ich denke da irgendwie nicht in denselben Kategorien wie andere. Und ich bin froh darüber.
Sicher fällt es mir also viel leichter, „loszulassen“, als den meisten anderen Menschen. (In meiner Denkweise lasse ich freilich nicht aktiv los, sondern akzeptiere den Umstand, dass jemand nicht mehr da ist.) Über das Behalten mache ich mir keine Gedanken. Vermutlich behalte ich gute Erinnerungen. Ich habe z.B. gute Erinnerungen an meine Großeltern. Aber ich stelle mir keine Bilder von ihnen auf. Ich lebe sozusagen nicht in der Vergangenheit. Aber vielleicht ändert sich das im Alter ja noch.
Die einzigen beiden Rituale, die ich überhaupt etabliert habe, sind:
Karfreitag ins Steakhouse
Bei einem Besuch in Deutschland als erstes einen McRib, möglichst noch am Flughafen. (Hier in Singapur hat McDonald’s wegen der Muslime und Hindus kein Schweinefleisch, es gibt hier also keinen McRib.)
Ich bin allerdings seit einiger Zeit recht nachlässig darin geworden. Vermutlich ahnst Du auch, dass diese Rituale nicht ganz ernst gemeint sind.
Wofür würde ich mein Leben geben?
Obwohl ich keine Angst vor Anschlägen habe, überlege ich mir an öffentlichen Orten öfter, wie ich mich bei einem Anschlag verhalten würde. Ich bereite mich mental darauf vor, mich schützend über meine Frau zu werfen.
Ich bin auch grundsätzlich bereit, als Soldat für die freiheitlich-demokratische Grundordnung mein Leben zu riskieren. Solange dies nicht notwendig ist, distanziere ich mich von der Bundeswehr, speziell deren Führung. Was nicht zuletzt damit zu tun hat, dass die Bundeswehr jahrzehntelang die Rechte von Nichtchristen mit Füßen getreten hat – Rechte, die die Bundeswehr eigentlich verteidigen soll.
Wie ich in unserer aktuellen Ketzerpodcast-Folge zu Martin Mosebachs Märtyrerbuch gesagt habe, halte ich nichts von Märtyrertum. Ideen müssen aus sich selbst heraus überzeugen. Es ist für mich befremdlich, wie Leute den Umstand, dass jemand bereit ist, für eine Sachen zu sterben, als „Argument“ für diese Sache betrachten können. – Gut, bei genauerer Betrachtung glauben sie das nur, wenn jemand bereit ist, für IHRE Überzeugung sein Leben zu geben. Martin Mosebach ist fasziniert von den angeblichen christlichen Märtyrern, und davon, dass bei den Kopten die Kinder statt Astronaut Märtyrer werden wollen. Das islamische Märtyrertum, das genauso Kinder indoktriniert, scheint es ihm weniger angetan zu haben.
Bei Richard Carrier habe ich mal gelesen (vermutlich in „Not the Impossible Faith“), dass die Bereitschaft zu sterben auch eine Art letzter Stinkefinger an die Herrschenden oder Henker sein kann. (Sofern es christliche Märtyrer gab, weist Carrier darauf hin, dass dies ein Grund dafür gewesen sein könnte.) Sollte ich also mal in IS-Gefangenschaft geraten, würde ich zwar Folter und Tod lieber vermeiden und möglicherweise sogar heucheln, Muslim geworden zu sein. Aber falls ich mit meinem Tod ein Zeichen setzen könnte, könnte ich mir auch vorstellen, den Idioten vom IS den letzten Stinkefinger zu zeigen.
So gesehen bin ich auch bereit, ewige Höllenqualen zu riskieren. Ich kann nicht ausschließen, dass es den Gott der Bibel gibt. Denn der ist ja weder allwissend, noch allmächtig, noch gütig. Aber selbst, wenn es ihn gäbe, wäre er solch ein widerwärtiger, verabscheuungswürdiger Tyrann, dass ich inbrünstig hoffe, ihm auch dann noch den Stinkefinger zu zeigen, falls sich herausstellen sollte, dass es ihn tatsächlich geben sollte. Ich schließe das natürlich mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit aus, weil der Gott der Bibel offensichtlich von primitiven Menschen ausgedacht wurde. Übrigens ebenso wie alle anderen Götter.
So, ich hoffe, das war interessant und hat Dir etwas Einblick in meine Denkweise gegeben.
Hallo Matthias,
Entschuldige bitte, dass ich dir erst jetzt zurück antworte!
Hatte wohl nicht wirklich mit einer Reaktion deinerseits gerechnet, war 2 Wochen weg und hab den Anschluss verloren.
Vielen Dank für deinen Antwort-„Versuch“ auf meine Fragensammlung!
Vor allem dein „Karfreitags-Ritual“ hat mich sehr zum Lachen gebracht : D
Dass du dir vornimmst, im Ernstfall das Leben deiner Frau mit deinem zu bewahren (wozu? weil sie es wert ist? Du nicht ohne sie sein willst?) und deine Terminator-Tränen machen dich mir sehr sympatisch!
Du bist ein leidenschaftlicher „Ketzer“ mit schlauem Kopf und dem Wunsch und dem Stolz, anders als andere zu sein.
Dein Bugee-Jumping-Paradies ist sehr nachdenkenswert!! Wir leben ja hier in unserem HimmelaufErden (auf Kosten anderer, die in der Hölle leben) ja schon so… Könnte etwas mit dem Gleichnis vom verlorenen Sohn und der Einladung Jesu an den reichen Jüngling in ein echtes Abenteuer zu tun haben : )
Und den Stinkefinger einem widerwärtigen, verabscheuungswürdigen Tyrannen gegenüber hochzuhalten wirkt – zumindest von dem her, was du dir vornimmst – ehrlich und mutig. Da stimme ich dir zu und hoffe, ich würde es ebenso tun (und hoffentlich nicht nur mit dem hochgehaltenen Mittelfinger, sondern mit einem liebevollen Einsatz für die anderen Schwachen bis zum Schluss…)!
Wenn ich dich richtig verstehe, wirfst du den Christen im Grunde vor, sich diesen so offensichtlich verabscheuungswürdigen Gott gut zu saufen bzw. zu predigen?
Und du scheinst dich ziemlich gut in der Bibel auszukennen – besser als viele Christen.
Wenn Jesus sagt, dass dem Menschen jede Sünde vergeben wird, sogar die Gottes-Lästerung, dann meint er m.E. möglicherweise das gleiche wie du.
Wenn du Gott so (miss?)verstehst und darum den Eindruck hast, er sei ein mieses Arschloch, dann darfst du ihm auch gerne den Stinkefinger zeigen. Oder wie man es besser macht.
Jesus selbst macht das ja auch, indem er sich freiwillig der göttlich gesprochenen römischen Weltmacht mit ihrem Glauben an Frieden durch Gewalt ausliefern lässt und in seiner konsequenten Gewaltlosigkeit ihre verabscheuungswürdige Brutalität zur Schau stellt.
Auf der anderen Seite lädt er ein, sich seine Heils-Taten anzusehen und dann zu urteilen, ob die von einem guten Gott kommen, an den man glauben möchte.
Er verlangt nicht, dass die Menschen ihm nur aufgrund seiner Worte glauben, denn die sind ja immer sehr missverständlich, wie uns ja hier auch immer wieder neu sehr bewusst wird ; )
Wenn mir Jesus also versucht bewusst zu machen, dass ich Gott missverstehen und ihm darum zurecht nicht folgen kann, dann kann ich vielleicht daraufhin versuchen, nach einem besseren oder sogar guten Gott unter meinen Missverständnissen zu suchen.
So, wie ich hoffe, dass mir mein Gegenüber nicht nur ständig meine offensichtlichen Schwächen und auch noch die verborgenen rausgräbt, egal, wie recht er haben mag und wie wichtig es auch sein mag, dass mir das alles mal bewusst wird.
Denn meine tiefe Sehnsucht ist doch, dass ich gesehen werde, wie ich wirklich bin und das ist so viel mehr als die Summe meiner Schwächen.
Natürlich kann ich das von einem normalen, unreifen Menschen nicht erwarten!
Vielleicht erstmal am ehesten von mir selbst.
Oder von jemandem, der mich besser kennt als ich mich selber und der weiß, dass ich wert-voll bin und darum sogar sein Leben für mich geben würde, damit das, was vielleicht bisher noch gar nicht sichtbar werden durfte, zum Vorschein kommen darf – in einem geschützten Raum.
Und dieser Jemand, dieser Jeschuah – der Gott, der retten will und den Schrei nach Leben hört – wünscht sich womöglich genauso, dass ich unter all dem so brutal und finster erscheinenden Gott sein wahres Wesen suche und entdecke.
Das ist die Entdeckungsreise, auf der ich mich befinde und die mich sehr fasziniert.
Und sie lässt mich nebenbei auch mehr im Menschen sehen und erhoffen.
Eine Frage habe ich noch:
Wenn die Quanten-Physik oder-Theorie – mit korrekten Fachbegriffen hab ich‘s leider nicht so, wie ich gerne würde – um die 11 Dimensionen annimmt, damit das Ganze funktioniert, wer sagt denn, dass es innerhalb dieser höheren Dimensionen nicht ein höheres Wesen gibt, von dem wir neben Strings evtl. auch ein paar – missverständliche ; ) – Singale bekommen könnten? Und das die Fähigkeit hätte, sich in unsere Dimension hinab zu begeben? Eine Dimension mehr sollte ja schon reichen, dass wir sie nicht mehr sehen können. Frage ist natürlich immer – wie auch in der Bibel letztlich überall zu finden – WAS für ein Wesen ist das? Können wir ihm trauen oder ist unser Stinkefinger gerade gut genug dafür?
Und noch eine zum Schluss: Gehört für dich die Gottesvorstellung zwangsläufig mit der Vorstellung, dass es ein „Leben“ nach dem Tod (z.B. nur im Geist) geben könnte, zusammen und umgekehrt? Oder ginge evtl. das eine ohne das andere.
Wäre doch eigentlich schade, wenn deine besten Gedanken, die du vielleicht aus irgendeinem Grund nie äußern durftest/konntest, verloren gingen? : )
Nochmal Danke für deine Antwort und deine Mühe, die du dir hier auch gegeben hast, mit uns „nervigen Frommen“ ins Gespräch zu kommen.
Diese überhebliche Art von Matthias mag ich nicht. Er ist hier der Checker, und die progressiven Christen laufen hinterher. Boah Matthias, du bist so heftig. Und du weißt auch so viel. Aber Geschwister brauchst du auch, hast ja auch deine eigene Gemeinde. Ständig diese „Meine Mitketzer und ich“. Für mich ist dein Club eine religiöse Sekte. Radikaler Atheismus ist lächerlich. Denn die machen den gleichen Fehler wie alle Extremen. Der Mensch ist nicht einfach nur rational zu verstehen, der ist tausendmal komplexer. Und die Welt ist auch tausendmal komplexer als so ein mickriges atheistisches Weltbild.
Da würde ich mal den Ball flach halten. Humanistische Gruppen sind alles mögliche, aber eher das Gegenteil von Sekten.
Und ein Weltbild einfach mal pauschal als“mickrig“ oder „lächerlich“ zu verurteilen ist auch nicht gerade ein starkes Argument…
Je nachdem wie man Sekten definiert. Bestimmte atheistische Gruppen haben für mich was Sektiererisches, weil sie meinen die Wahrheit, nämlich dass es keinen Gott gibt, für sich gepachtet haben. Aber beim letzten Post habe ich ein bisschen übertrieben, weil ich mich darüber aufgeregt habe, dass Matthias wohl meint, dass die Atheisten anscheinend die einzigen auf der Welt sind, die keine Idioten sind. Und das „Weltbild“ finde ich zu klein. Und dass die Atheisten insgesamt öfter bei Diskussionen die besseren Argumente haben, würde ich nicht so sehen. Schon die alten Scholastiker hatten coole Argumente, wie ich finde. Die beweisen auch nichts, ist klar.
Volle Zustimmung zum ersten Teil!
Ich bin tatsächlich der Auffassung, dass das atheistische bzw. naturalistische Weltbild den Religionen überlegen ist und ich die besseren Argumente habe. (Ich kann ja nicht für andere Atheisten sprechen.) Fände ich die christlichen Argumente überzeugend, würde ich halt Christ und wäre dann auch der Meinung, dass ich das überlegenere Weltbild und die besseren Argumente hätte.
Entscheidend ist für mich nicht das Ergebnis, sondern die Stimmigkeit der Argumentation. Folglich entscheide ich mich für das Weltbild, das ich für das beste halte, und dementsprechend stellen sich mir alle anderen Weltbilder unterlegen dar.
Und warum kann ich dieses Selbstbewusstsein haben? Weil ich keine spezielle „Atheistenlogik“ verwende, sondern lediglich dieselben Kriterien, die auch Religiöse in allen anderen Lebensbereichen – und gegen über allen anderen Religionen. Meine „Radikalität“ besteht lediglich darin, die bewährten Maßstäbe der Vernunft durchgängig zu verwenden und nicht da Ausnahmen und Extrawürste zuzulassen, wo es einem gerade in den Kram passt. Und selbst diesbezüglich würde ich mich noch von etwas anderem überzeugen lassen, wen die Religiösen mal mit besseren Argumenten daherkämen.
Paul hingegen versteht selbst nicht, was er schreibt. Sein Hinweis auf die Komplexität der Welt ist offenbar so gemeint, dass wir sie nicht komplett – bzw. nur teilweise – verstehen können. Gegen diese Position habe ich nichts einzuwenden. Nur: Während ich dann eben keine Aussagen über die Teile der Welt mache, über die wir nichts wissen bzw. die wir nicht verstehen können – also NICHT annehme, dass es einen Gott gibt – verweisen Gläubige gerne auf die Komplexität, um der Vernunft und den Naturwissenschaften sozusagen das Wort zu verbieten – nur, um dann selbst die fantastischsten Aussagen über den Teil der Welt zu machen, über den sie eben noch sagten, dass er zu komplex sei.
Wieso sollte ich das nicht meiner Auffassung unterlegen finden?
P.S. @ Florian (oben ist kein Platz mehr)
Ja, aus all dem folgt, dass die Frage nach Gott außerhalb des beobachtbaren Gegenstandsbereiches liegt. Dass er kein Phänomen ist, sondern – wenn es ihn gibt – er höchstens in der Phänomenalität eines Phänomens „erscheint“ (so der Ansatz mancher zeitgenössischer Theologen). Und dieses Erscheinen kann man regelmäßig auch nicht-religiös interpretieren.
Ich verstehe nicht, warum Du mir im Prinzip zu unterstellen scheinst, ich würde Nicht-Erklärbares sofort als Gott identifizieren. In der Kommentarsektion eines anderen Hossa-Talks habe ich Dir doch schonmal gesagt, dass die Idee von Gott als Lückenbüßer die unproduktivste Erfindung von Gläubigen war.
Es liegt mir fern, Dir irgendwas zu unterstellen.
Den dritten Absatz Deines Beitrags kann man so verstehen, als ob das naturwissenschaftliche Weltbild mangels Verifikationsmechanismen etc eher anspruchslos ist, so dass Gott da auch noch mit hineinpasst. Ich habe nur darauf hingewiesen, dass das nicht der Fall ist.
Wenn Du das damit gar nicht sagen wolltest, ist doch alles in Ordnung.
Hui, war das eine tolle Folge! Nach 1 3/4 Stunden so ein abruptes Ende, hätte am Liebsten noch mehr gehört. Ich fand Matthias sehr sympathisch und hatte viel Freude an seiner Argumentation, die an vielen Stellen genial simpel überzeugend war und an einigen Stellen echt einen klaren analytischen Blick zeigen konnte. Aber auch Jay und Gofi waren in Höchstform und konnten souverän tolle Gegenargumente bringen.
Früher hätte mich so ein Kräftemessen wahnsinnig gemacht, weil ich das Denken hatte „Derjenige der die Debatte gewinnt hat Recht“. Heute weiß ich, dass die „Wahrheit“ (was immer das ist) unabhängig vom Verlauf solcher Diskussionen ist.
Mir persönlich sind Atheisten für meinen (theistischen, christlichen) Glauben eine große Bereicherung. Mein Lieblings-Atheist ist Neil Carter / „Godless in Dixie“; ein Ex-Evangelikaler aus den Südstaaten der christliche Positionen unglaublich wertschätzend dekonstruiert.
Damit ist er allerdings leider in der Minderheit. Zu viele Atheisten verfallen in Vorurteile, wenn es ums Eingemachte geht und sonnen sich zu sehr in ihrer eigenen Überlegenheit. Was mir auch wieder in dieser Hossa-Talk-Folge aufgefallen ist, war das „Defizit-Modell der Religion“, welches Matthias ums Verrecken nicht ablegen konnte. Mit „Defizit-Modell“ meine ich die Betrachtungsweise, dass Religion grundsätzlich schädlich ist, aber dass man Abstufungen innerhalb der Religionen erlaubt, die aber alle auf der negativen Seite des Koordinatensystems sind („progressive Christen sind weniger schlimm als Fundamentalisten.“) Der Blick für die positiven Seiten von religiösem Erleben fehlt total. Dabei wird mittlerweile selbst in der universitären Psychologie das Thema Religiosität mittlerweile unter „positive Psychologie“ einsortiert (bei Freud war Religion noch eine Zwangsneurose).
Eine spannende Idee, die ich von einem atheistischen Blog habe, ist die These, dass es Religion gar nicht gibt. „Religion“ ist ein Konstrukt der westlichen Welt, in welchem separate Phänomene (z.B. Weltanschauung, Moralvorstellungen, Organisationen, Traditionen, Selbst-Identifikation, Transzendenz) unter einem Schirm zusammengedrängt werden, obwohl sie für die Mehrheit der menschlichen Epochen und Kulturen gar nicht unbedingt miteinander zu tun haben.
Hallo Kristian,
ich freue mich, dass Dir das Interview so viel Spaß gemacht hat wie uns, und vor allem, dass Du Dich dafür interessiert, was die andere Seite zu sagen hat.
Ich meine allerdings, dass Dein Vorwurf des „Defizit-Modells der Religion“ fehl geht. Zumindest, wenn Du behauptest, mein Blick für die positiven Seiten fehle total. Der Netto-Nutzen der Religion als Phänomen insgesamt ist entweder null, positiv oder negativ. Es wäre Zufall, wenn man als Ergebnis gerade Null erhielte, folglich wird jeder, der sich darüber Gedanken macht und die Vor- und Nachteile abwägt, entweder zu der Auffassung kommen, dass Religion insgesamt einen positiven oder einen negativen Beitrag darstellt. Ich ignoriere positive Effekte keineswegs. Ich komme nur zu dem Ergebnis, dass die negativen Effekte überwiegen. Du kannst zu einem anderen Ergebnis kommen. Aber Du kannst mir nicht vorwerfen, ich würde die positiven Aspekte ignorieren.
Ich nehme allerdings an, dass ich vieles, was Christen als Vorteil wahrnehmen, bei mir nicht als solcher berücksichtigt wird. Meiner Erfahrung nach haben (viele) Menschen z.B. eine natürliche Veranlagung, anderen zu helfen, Gutes zu tun usw. Christen schreiben das gerne ihrem Glauben zu und meinen dann, diese positiven Verhaltensweisen seien durch ihren Glauben bedingt. Ich glaube das nicht. Von daher sehe ich tatsächlich von gewisser „Aufmunterung in schweren Stunden“ abgesehen, kaum Vorteile der Religion, aber jede Menge Nachteile. Zumindest heute. Es mag sein, dass Religion früher vorteilhaft war.
Aber wenn Religion tatsächlich vorteilhaft wäre – müsste man dann nicht erwarten, dass die Menschen immer religiöser werden? So, wie sich auch andere sinnvolle Sachen durchsetzen wie Händewaschen, Zähneputzen, Impfungen, Sicherheitsgurte usw.? Ich nehme das nicht so wahr.
Nenn mir doch mal den größten Vorteil, den Du der Religion zuschreibst. Dann kann ich Dir sagen, was ich davon halte, und wie ich ihn in Relation zu den Nachteilen der Religion gewichte.
Hmmm, auf die geschachtelten Kommentare oben kann ich nicht mehr antworten, tut mir leid. Ich mach mal hier weiter. Super, dass hier so viele Leute mitmachen.
Patrick Rabe schrieb weiter oben: „Was Worte wie “Religionisten”, oder die Erwähnung von nicht mehr “aktiven” Göttern wie Zeus oder Odin sowie Einhörnern und Feen für einen Beigeschmack haben, muss ich wohl nicht eigens erläutern. Das hat für mich nicht allzuviel mit Respekt und Augenhöhe zu tun. “
Doch, bitte. Der Begriff Religionist meint einfach nur jemanden, der Religionen gut findet und vertritt. Das trifft doch auf viele Christen zu, oder? Und den fundamentalen Unterschied zwischen z.B. der antiken römischen Religion und dem Christentum oder dem Islam müsste mir auch erst jemand erklären.
Und dann noch: Ich habe Richard Dawkins weder erwähnt noch zitiert noch mich bei seinen Argumenten bedient. Mir ist nicht klar, wieso ich für seine vermeintlichen Aussagen kritisiert werden sollte.
Tja, also, als Religionistin sehe ich mich zwar nicht, weil ich nicht alle Religionen super finde, aber gut… Das Wichtigste ist ja, dass Du damit nichts Abwertendes sagen willst.
Religion in der mediteranen Antike war polytheistisch, d.h. es gab einen Götterhimmel mit mehreren Göttern und Göttinnen, von denen jede/r einen ziemlich festen Zuständigkeitsbereich hatte (in Rom die 3 obersten: Jupiter als Chef schleudert Blitze, Juno als seine Frau zuständig für das Herdfeuer und das Münzen prägen, Minerva ist die Kriegsgöttin). Das war so in Rom, in Griechenland, in Ägypten, in Babylon usw. (Persien ist nochmal ein Sonderfall). Die einzelnen Götter waren zum Teil gut ineinander übersetzbar, d.h. v.a. zwischen Rom und Griechenland gab es starke Parallelen: Jupiter=Zeus, Juno=Hera, Minerva=Athene.
Gleichzeitig waren diese Götter aber auch ziemlich lokal begrenzt. Ein Römer hat ohne Problem akzeptiert, dass außerhalb des römischen Territoriums andere Götter das Sagen hatten. Minerva hat Rom beschützt, Athene Athen. Wenn ein Volk unterworfen wurde, hat man die Götter des unterworfenen Volkes easy eingemeindet, wenn auch untergeordnet in der Götterhierarchie. Deshalb haben die Römer Athene akzeptiert, aber Minerva war wichtiger, denn Athene hatte „versagt“, als die Römer Griechenland unterworfen haben. In der Regel haben das die unterworfenen Völker genauso gesehen und die Götter(hierarchie) der Sieger übernommen.
Man konnte sich als Einzelner einen Gott oder eine Göttin, der/die einem am sympathischsten war, herauspicken für die persönliche „Frömmigkeit“, solange man den anderen Respekt gezollt hat. Ein griechischer Sklave in Rom durfte also Athene opfern, solange er im offiziellen Staatskult Roms mitgemacht hat.
Die Christen sind u.a. deshalb in Rom in die Bredouille gekommen, weil sie die Teilnahme am Staatskult verweigert haben. Für Christen wie Juden (und inzwischen auch Muslime) gab und gibt es nur einen einzigen Gott. Die Gottesvorstellung in einer monotheistischen Religion ist abstrakter und allumfassender. Gott ist der Schöpfer der Welt und für alle Menschen in allen Belangen zuständig. Es herrscht das Verbot, Bilder oder Statuen von Gott anzufertigen (etwas, was in polytheistischen Religionen üblich ist, deshalb wunderten sich die Römer sehr, als sie im Allerheiligsten des Jerusalemer Tempel nichts fanden).
Die 3 monotheistischen Religionen unterscheiden sich dann nochmal darin, wie Gott ihrer Ansicht nach zu den Nicht-Gläubigen steht und was ein Nicht-Gläubiger tun muss, um zu einem Gläubigen zu werden. Der konkrete Umgang eines Gläubigen mit Gott sieht auch recht unterschiedlich aus in den 3 Religionen.
Eine solche Vorstellung, dass man etwas Besonderes tun muss, um der Religion anzugehören, ist einer polytheistischen Gesellschaft komplett fremd. Man opfert einfach, egal ob eigenen oder fremden Göttern. Opfer gibt es in den monotheistischen Religionen nicht. Eine wichtige Rolle spielt das Gebet, das je nach Religion eine Art der inneren Einkehr ist, in der konkreten Ausgestaltung aber wiederum sehr unterschiedlich ist zwischen Judentum, Christentum und Islam.
Das war…. hm, etwas seltsam. Jay und Gofi treffen auf einen Atheisten. Ehrlich gesagt hatte ich mir davon mehr erwartet. Stattdessen hört man Matthias Krause unwidersprochen zu, wie er haarsträubend absurde Theorien äußert („Religiöse zeugen viele Kinder, um ihre Glaubensgemeinschaft am Bestehen zu halten“). Diese Mischung aus ständiger Selbstinszenierung und argumentativer Schwäche lässt mich daran zweifeln, ob Krause der geeignete Gast war, um dieses wertvolle Thema zu besprechen. Sicher, ich nehme an, Joachim Kahl wird man nicht so einfach in die Sendung bekommen, aber ein Gespräch auf Augenhöhe, das aus mehr besteht als das Abfeiern des eigenen Glauben an die Überlegenheit, wäre damit wohl eher rausgekommen.
Wie schon weiter oben angesprochen wurde, sich auf Dawkins zu beziehen, halte ich für ausgesprochen problematisch. Es zeigt aber auch ein wenig das Dilemma vieler atheistischen Aktivisten. Die Argumente die relevante Atheisten gegen Religionen ins Feld führen, sind nicht immer leicht zu verstehen. Dawkins hingegen ist die BILD-Zeitung unter den Atheisten, und wird aufgrund seiner leicht verständlichen Polemik natürlich gerade unter jenen besagten Aktivisten sehr gern als Doyen dargestellt, die sich etwa mit Hume schwer tun. Natürlich auch nachvollziehbar, viele Adjektive, das Erfüllen der menschlichen Sehnsucht nach einfachen Antworten auf komplexe Fragen, die Aufforderungen, sich der Debatte mit Andersdenkenden am besten zu entziehen indem man „mocked, ridiculed, in public, with contempt“. Warum sollte dieses bewährte Erfolgsrezept von populistischen Parteien in diesem Bereich nicht ziehen? Oder die durchaus dem Faschismus und der Phantasie der Schaffung eines Übermenschen nahestehenden Empfehlung, Kinder mit Trisomie 21 abzutreiben und „to try again“. Natürlich zieht das. Sich auf so einen Menschen zu berufen sollte halt lieber 5, 6 mal überdacht werden, möchte man als ernsthafter Diskussionspartner Ernst genommen werden.
Von argumentativer Schwäche würde ich nicht unbedingt sprechen. Da haben andere Talkgäste schon tiefere Messlatten gelegt. Auch wenn Dawkins natürlich nicht die Trumpfkarte ist, als die er selbst sich dauernd aufspielt.
Deine Kritik an der Herabwūrdigung Andersdenkender teile ich zu 100%.
Frage mich allerdings, was um alles in der Welt nun Trisomie 21 mit Atheismus (bzw mit Matthias) zu tun hat…
Ich habe gestern noch darüber nachgedacht, ob es schon mal einen Talkgast kam, der mit argumentativ ähnlich unvorbereitet in den Talk kam wie Krause, Ich meine das in dem Sinne, dass sich jemand so sehr auf seine vorgefertigten „Argumentationsweisen“ verlassen hat und dem Versuch eines Diskurses so konsequent ausgewichen ist, weil dahinter kein allzu stabiles Gerüst steht. Bei Hartl ist es mir ähnlich aufgefallen. Insbesondere Jay hat mMn das Talent, recht hinterlistige Fragen zu stellen und dadurch recht gut zu entlarven, wenn hinter Theorien nicht recht viel Gehaltvolles steht.
Ich kanns mir vorstellen, der Bezug auf das Down-Syndrom kam auch mir beim Schreiben schon etwas weit hergeholt vor, umso mehr wahrscheinlich dir als Leser. Erklärend: Dawkins hat einen mMn widerlichen Tweet abgesetzt, in dem er empfohlen hat, Kinder mit Trisomie 21 abzutreiben und „to try again“. Höchstwahrscheinlich neige ich bei diesem Thema zur Übersensibilität, da ich selbst einen Menschen mit Down-Syndrom in der Familie habe. Ich empfinde es als ekelhaftes Bekenntnis zum Faschismus, was Dawkins damals geschrieben hat, als unsagbar kaltherzig und anmassend, als älterer Mann einer jungen Frau sinngemäß zu sagen „Versuchs nochmal, vielleicht kriegst du diesmal ein richtiges Kind hin“. Ich würde es unter allen Umständen vermeiden, wiederholt einen solchen Menschen mit „wie Dawkins gesagt hat“ zu würdigen, wie Krause es tut. Ebenso wie ich in meine Argumentation zu egal welchem Thema keine Meinungsäußerungen von Beatrix von Storch einbauen würde, selbst wenn die erstaunliche Gedankengänge ans Licht der Welt bringen würde. Man sollte es sich intensiv überlegen, wen man in sein Gespräch, in seine Argumentationslinie einlädt oder hineinholt. Weil man damit auch dessen Hintergrund „mitkauft“
Da sind halt die üblichen Argumentationen abgelaufen. Die atheistische Position ist aber in vielen Punkten argumentativ wirklich sehr stark und ich sehe auch in dem Talk nur wenig Schwachstellen, außer der, die ich selber woanders benannt habe. Tatsächlich war Matthias außerordentlich schlagfertig und hatte auf jede Frage eine Antwort. Unvorbereitet ist das letzte Attribut, das mir zu ihm einfällt.
Vergleiche das mal mit Martin Dreyer, der hier ernsthaft einen westlichen Kotau vor Putin gefordert hat und das noch für besonders Jesus mäßig hielt.
Ich kenne jetzt die Einzelheiten zu Dawkins nicht. Aber dessen persönliche Missgriffe allgemein anderen Atheisten vorzuwerfen, ist m. E. kein guter Move
Entschuldige die späte Antwort.
Die Argumentation von Krause schätzen wir unterschiedlich ein. Lassen wir es so stehen.
Eines zu sagen ist mir wichtig: Ich habe nicht die Behauptung aufgestellt, der Atheismus sei in einer argumentativen Not, ich empfinde Argumente aus dieser Ecke als überaus gewichtig. Mir ging es darum zu erwähnen, dass Krause kein allzu guter Vertreter seiner Position war. Unter anderem deswegen weil er es nötig fand, sich wiederholt auf den „atheistischen Boulevard“, Dawkins, zu beziehen. Aber glaub bitte nicht, dass es mir darum ging, allen Atheisten einen Strick daraus zu drehen, dass Dawkins einer ihrer prominentesten Vertreter ist. Genauso wenig wie ich zulassen würde, dass mir als Gläubigen Pierre Vogel und Kardinal Müller zur Generalabrechnung meiner Weltanschauung vorgelegt werden.
Hallo Roland!
Meine Argumente würden vielleicht weniger vorgefertigt wirken, wenn die Christen nicht immer wieder die gleichen Argumente und Denkfehler bringen würden, die ich seit 30 Jahren höre und lese.
Meine Argumentation hinsichtlich des Kinderkriegens war, wenn ich mich echt erinnere, dass religiöse Gruppen, die derart abgefahrene Vorstellungen propagieren, dass die Wahrscheinlichkeit, dafür Konvertiten zu gewinnen, sehr gering ist, aussterben würden, wenn sie nicht entsprechend viele Kinder kriegen würden. (Weil auch von den Kindern noch welche die Gruppe verlassen können.) Diese evolutionäre Auslese sollte dazu führen, dass religiöse Gruppen mit extrem abgefahrenen Vorstellungen nur überleben, wenn dort regelmäßig viele Kinder geboren werden. Dies ist weniger eine These, als die Beschreibung eines Mechanismus. Ich sehe nicht, was daran absurd sein soll. Wo liegt Deiner Meinung nach der Fehler?
Zum Thema Dawkins und Trisomie 21:
Eine Frau hatte auf Twitter geschrieben, „Ehrlich, ich weiß nicht, was ich tun würde, wenn ich schwanger wäre und das Kind das Down Syndrom hätte. Ein echtes ethisches Dilemma.“
Dawkins Antwort: „Treib es ab und versuch es nochmal. Es wäre unmoralisch, es zur Welt zu bringen, wenn Du die Wahl hast.“
Ich kann natürlich verstehen, dass einen das schockiert. Es ist allerdings die Gesetzeslage in Deutschland, offenbar auch im Vereinigten Königreich und sicher in weiteren Ländern, das Föten mit Behinderung abgetrieben werden dürfen.
Wer also der Auffassung ist, dass man bei der Diagnose einer Behinderung nicht abtreiben soll, müsste schon argumentieren und sich nicht nur empören.
Dawkins Tweet bezog sich ja auf ein hypothetisches Problem. Ich würde einer Schwangeren, die unsicher ist, allerdings die gleiche Empfehlung geben. Ich finde es ebenfalls ethisch falsch, Kinder mit schweren Beeinträchtigungen zur Welt zu bringen.
Mein Leitprinzip heißt: Leid vermeiden. Eine übliche Entgegnung darauf ist: „Aber auch Behinderte können ein glückliches Leben führen!“ Ja, sie KÖNNEN das. Es ist aber damit zu rechnen, dass ihnen erhebliches Leid entsteht, und während jeder gerne für sch selbst entscheiden kann, ob er dieses Risiko eingeht, finde ich es anmaßend und furchtbar, jemand anders mit der Aussicht auf Leid in die Welt zu setzen, nur, weil eine mehr oder weniger große Aussicht darauf besteht, dass es nicht total traurig wird.
Ein Beispiel: Mein Schwiegervater, der am Singapur-Flughafen gearbeitet hat, hat sich mal freiwillig bereiterklärt, Verpflegung in ein entführtes Flugzeug zu bringen. Warum nimmt man da Freiwillige? Weil es grausam wäre, wenn jemand anders bestimmen würde, wer das Risiko eingehen soll. Wird bei einem Fötus eine erhebliche Behinderung festgestellt, wird das Kind einem massiven Leidensrisiko ausgesetzt. Demgegenüber betrachte ich es, je nach Phase der Schwangerschaft, nicht als Übel oder zumindest als kleineres Übel, eine Abtreibung vorzunehmen. Ich denke dabei einzig an das Kind. Auch hierzu hatten wir schon mal einen Ketzerpodcast mit unserer Gründungsketzerin Sigrid, die mittlerweile schwer krank ist und unter schlimmen Schmerzen leidet. Sie kann daher seit Jahren nicht mehr live mitketzern, aber sie hatte uns damals einen Beitrag aufgenommen „Ich würde lieber nicht leben!“ – Krankheit, Behinderung und vorgeburtliche Diagnostik“. Diese Perspektive findet man natürlich nicht in den Broschüren mit den fröhlichen, süßen Trisomie 21-Kindern. Ich freue mich über jeden Behinderten, der das Leben genießt. Trotzdem finde ich es grausam, wissentlich Kinder mit schweren Behinderungen in die Welt zu setzen.
Trotzdem meine ich allerdings, dass die Entscheidung den Eltern überlassen bleiben muss, weil es gegenüber den Eltern grausam wäre, wenn sie gezwungen wären, gegen ihren Willen abzutreiben.
Nochmal: Trotz extrem kirchenfreundlicher Gesetzgebung ist es in Deutschland zulässig, behinderte Föten abzutreiben. Dawkins und ich stehen also mit unserer Auffassung offenbar nicht allein da. Folglich wäre es jetzt an Roland (oder jemand anders), seinerseits darzulegen, weshalb er anderer Auffassung ist. Um Dawkins so abzulehnen, wie Roland es tut, müsste Roland zudem nicht nur darlegen, weshalb er anderer Meinung ist, sondern auch noch, weshalb Dawkins‘ und meine Position nicht redlicherweise vertreten werden kann. Ich erkenne an, dass man in so einer blöden Situation zu einer anderen Abwägung kommen kann. Ich meine aber, dass Dawkins/meine Position höchst redlich vertreten werden kann. Und der Gesetzgeber meint das offenbar auch.
Christen scheinen oft zu glauben, ihre eigene Auffassung müsse allen anderen klar sein. So dass sie sie gar nicht mehr begründen müssen. Die Gesetzgebung zeigt, das Rolands Position begründungsbedürftig ist, auch wenn für ihn offenbar überhaupt kein Zweifel bestehen kann.
Sehr interessant finde ich diese Interview hier, da würde mich Matthias‘ Krauses‘ Einschätzung mal interessieren https://www.youtube.com/watch?v=8CMj4X_e1wM
Liebe Hossarchisten,
noch einmal herzlichen Dank an Jay und Gofi für die Einladung und das prima Gespräch. Ich überlege schon seit Wochen, wie ich auf einige Kommentare hier antworten kann. Vieles scheinen mir gängige Standard-Positionen zu sein, auf die es sich lohnt, durchaus ausführlich einzugehen. (Z.B. die unfundierte Dawkins-Kritik hier.)
Die Kommentatoren Paul und Roland meinten, bei mir eine gewisse überhebliche Art festzustellen, bzw. vermissten Respekt und Augenhöhe. Ein Kommentar zu einer ANDEREN Hossa-Folge (#94) ermöglicht mir, zu veranschaulichen, wie es zu diesem Eindruck kommt. Da meine Entgegnung nichts mit dem Thema der dortigen Folge (Christin, Single) zu tun hat und auch nur veranschaulichen soll, weshalb man mit manchen Leuten schwer eine vernünftige Diskussion führen kann, poste ich sie hier, wo sie m.E. gut passt – auch, um das wichtige Thema der Single-Folge nicht ungewollt zu „hijacken“.
An Inas Kommentaren (unter Folge 94) lässt sich sehr schön zeigen, warum Christen oft das Gefühl haben, Atheisten seien arrogant und würden nicht auf Augenhöhe mit ihnen diskutieren. Der Grund ist, dass Christen in Diskussionen über den Glauben eben leider oft schlichtweg nicht den Standard erreichen, der für eine sinnvolle Diskussion nötig ist. So wie Ina.
1. Von meinem Kommentar mit Lob für die Folge und 4 Überlegungen zum Thema greift sich Ina einen völlig nebensächlichen Punkt heraus, der überhaupt nichts mit den Thema zu tun hat: nämlich ob meine rhetorische Frage ernst gemeint sei. Dieses Muster sehe ich immer wieder bei Christen in Internetdiskussionen. Mein Eindruck ist: Anstatt das Thema zu diskutieren, um das es geht, suchen solche ChristInnen nach Punkten – und seien sie noch so nebensächlich oder wortklauberisch – wo sie dem Atheisten nachweisen zu können meinen, dass er Unrecht hat. Es ist unergiebig, mit jemandem zu „diskutieren“, der jedes Wort auf die Goldwaage legt und ständig Nebenschauplätze aufmacht, statt seine eigene Position zur Sache zu klären. Wenn jemand ein solches Verhalten zeigt, vermittelt er oder sie den Eindruck, dass er nichts Substanzielles zum eigentlichen Thema beizutragen hat und lieber ablenkt.
2. Soweit Ina sich überhaupt zur Sache äußert, wiederholt sie zunächst die Behauptung, die ich hinterfragt habe. Sie behauptet nämlich recht unbescheiden „Die Bezogenheit auf Gott toppt alles, ja. Kann sogar besser als Sex sein.” Statt aber in irgendeiner Weise nachvollziehbar zu machen, was damit gemeint sein soll, oder wie sich das äußert, verfällt sie gleich darauf in das beliebte apologetische Schema, zu erklären, wie es NICHT sei: „Gott hat allerdings nirgendwo eine Art Glück wie in der us-amerikanischen Verfassung versprochen. Deine Maßstäbe (und die mancher Christen) sind zu hoch – würde ich mal ganz platt behaupten.“ Nun, Ina hat direkt zuvor erklärt „Die Bezogenheit auf Gott toppt alles, ja. Kann sogar besser als Sex sein.” Mag sein, dass GOTT kein Glück versprochen hat, aber INA hat eben etwas versprochen, was ALLES toppt. Deshalb kann der Verweis auf Gottes (fehlende) Versprechen Ina auch nicht davon entlasten, ihre Behauptung zu unterfüttern. Aber statt dies zu tun, meint sie „Deine Maßstäbe (und die mancher Christen) sind zu hoch“. MIR ist schon klar, dass man keine allzu hohen Ansprüche an Gott haben darf. Aber es sind doch CHRISTINNEN wie Ina, die die hohen Erwartungen wecken.
3. Erst einfach etwas behaupten und dann zu relativieren oder einen Rückzieher machen, das ist typisch für das Diskussionsverhalten vieler ChristInnen. Wer sich so verhält, sollte sich dann nicht wundern, wenn er oder sie nicht ernst genommen wird. Wer auf Augenhöhe mit anderen diskutieren will, muss schon eine EINE Position vertreten (und nicht mehrere, wie hier „Gott toppt alles“ und zugleich “man darf nicht zu viel von ihm erwarten“) und diese Position dann auch begründen und nicht bloß behaupten. Ihr braucht mir echt nicht zu erklären, dass Gott keinen Partner ersetzen kann und dass er manchmal Fülle, manchmal aber auch Dürre ist. Ich will wissen, wie das mit den extrem hohen Ansprüchen vereinbar ist, die ChristInnen wie Ina propagieren. Offensichtlich ist es nicht vereinbar. Man sollte dann halt redlicherweise auf solche Behauptungen verzichten. Man könnte es auch so ausdrücken: Wenn Ina selbst nicht ernst nimmt, was sie sagt (indem sie es gleich wieder relativiert), kann sie nicht erwarten, dass es von anderen ernstgenommen wird.
4. Auf meine Frage „Aber was macht dann diese tolle Beziehung mit Gott aus, von der ChristInnen oft sprechen? […]“ antwortet Ina „Wenn man das unmissverständlich und für alle ausformulieren könnte, wäre die Bibel kein Buch voller Geschichten (mit denen verschiedene Generationen um Worte gerungen haben), sondern eine geisteswissenschaftliche Abhandlung.“ Ein weiteres typisches Christenmanöver: Die Bitte um Belege wird zu einem nicht perfekt erfüllbaren Extrem übersteigert, und dies wird als Ausrede benutzt, um ÜBERHAUPT KEINE BELEGE zu bringen. Sorry, Ina, aber wenn Du nicht mal ansatzweise Begeisterung für Deinen Gott erkennen lässt, sondern den Eindruck vermittelst, dass Du geradezu verzweifelt nach Ausreden suchst, um NICHT sagen zu müssen, wie es ist, weckt das nicht den Wunsch, sich auf Deinen Gott einzulassen. Ina ist wie jemand, der behauptet, er habe gerade den besten Urlaub überhaupt hinter sich, aber auf Nachfragen nur entgegnet, was für ein Urlaub das NICHT gewesen sei (kein Badeurlab, kein Sightseeing …), und weitere Details mit der Begründung verschweigt, man könne den Urlaub nicht PERFEKT beschreiben, sondern müsse ihn selbst erleben.
5. Wenn Ina mit der persönlichen Erfahrung argumentiert, ist das kein rationales Argument. Insbesondere im Hinblick darauf, dass Gläubige anderer, widersprechender Religionen mit ebensolchen Erfahrungen argumentieren. Es ist dann völlig richtig, darauf hinzuweisen, dass dies irrational ist. Oder wie Ina schreibt „unintellektuell“. Das kommt MIR dann aber nicht so vor, sondern das IST so. Die Bezeichnung „irre“ würde ich dafür noch nicht verwenden. Ich halte es allerdings für intellektuell unredlich. Wenn ich weiß, dass andere mit derselben „Erkentnnismethode“ zu widersprüchlichen Ergebnissen kommen, kann und sollte ich mich auf diese Methode nicht verlassen. Auch, wenn mir das Ergebnis gefällt.
6. Ich will damit nicht sagen, dass sich alle Christen so verhalten. Viel informativer war demgegenüber z.B. Christinas Antwort auf meine Frage. Christina geht tatsächlich auf meine Frage ein und gibt mir einen Einblick in das Empfinden von Christen, den ich mir durch bloßes Nachdenken nicht erschließen könnte. Es überzeugt mich zwar nicht, Christ zu werden, aber so war es ja auch nicht gedacht. Christinas Antwort hat mich aber, glaube ich, tatsächlich weiter gebracht dabei, zu verstehen, wie ChristInnen ticken.
7. Auch das Gespräch mit Jay und Gofi super interessant und nett, sowohl das, was wir aufgezeichnet haben als auch vorher und nachher. Ich denke, das kam daher, dass wir alle nicht überzeugen wollten, sondern verstehen, wie die andere Seite tickt. (Wobei es natürlich vor allem darum ging, wie Atheisten ticken.)
Ich kann Deine Kritik nachvollziehen, denn aus Deiner Perspektive ist das so, keine Frage. Wir reden aber gepflegt aneinander vorbei.
Inhaltlich zu meiner Kritk hier hast Du auch jetzt nichts gesagt, sondern den Diskurs-Fokus woandershin verschoben. Statt auf meine Kritik zu antworten, klagst zu mich nun an.
Also nochmal, hier mein Statement, das in keiner Weise irrational argumentiert ist:
https://hossa-talk.de/92-interview-mit-einem-ketzer/#comment-6788
Um es nochmal deutlicher zu sagen: Weil hier im Talk klar wurde, dass viele (nicht alle!) Atheisten einen ziemlich naiven Naturalismus vertreten, verweigere ich einen Austausch von „Argumenten“. Ein Argument in Deinem Sinne gibt es nicht für den Glauben.
Da ich Deinen Podcast kenne, weiß ich, dass Du der Ansicht bist, Gott sei bereits widerlegt. Was soll ich denn dazu noch sagen? Außerdem habe ich mitbekommen, dass Ihr gerne gläubige Menschen am Nasenring durch die Arena schleift. Könnt Ihr machen, aber dann müsst Ihr Euch auch nicht wundern, wenn es Menschen wie mich gibt, die sich entziehen.
Wie ich Dir meine Innenperspektive veranschaulichen soll, weiß ich nicht, denn Du kannst mir ja auch nicht vermitteln, was Du fühlst, wenn Du an die Farbe gelb denkst. Das sind intersubjektive Kommunkationsgrenzen, und ich halte es für unseriös, das zum Argument „gegen Christen“ zu machen.
Seriös wäre es (und manche Atheisten sind dazu in der Lage), zu sagen, „okay, Christen fühlen offenbar etwas, was ich nicht nachvollziehen kann, ist mir aber egal, da ich ja sowieso nicht an Gott glaube.“
Es gibt genügend Literatur darüber, was Christen empfinden. Da das von Mensch zu Mensch sehr unterschiedlich sein kann, ist die Palette sehr breit. Wenn es Dich wirklich interessieren sollte, kannst Du Dich also informieren. Von den Klassikern Ignatius von Loyola und Theresa von Avila bis hin zu Zeitgenossen wie Kurt Marti oder Christian Lehnert. Ich vermute, dass Dir Lyrik oder poetisches Schreiben eher nicht so liegt, aber das kann ich dann nicht ändern. Dein hartnäckiges Nachfragen, was an Gott so toll sein soll, muss ich dann jedoch als allein Dein Problem zurückweisen.
Eine meiner Meinung nach gute Diskussion zwischen einem Theologen und einem atheistischen Wissenschaftsjournalist findest Du hier:
you*tube .com/watch?v=rXXhWX0eXSw
Meiner Ansicht nach ist das die einzige Möglichkeit, überhaupt zu „diskutieren“.
Du kannst mich hier gerne als Paradebeispiel für eine „unlogische“ Christin hinstellen, das macht mir nichts. Und es ändert nichts an der Tatsache, dass Du ein Diskurs-Setting aufmachst, das dem Gegenstand nicht angemessen ist. Jeder, der sich mit Wissenschaftstheorie beschäftigt hat, weiß das.
Ich bin übrigens keine Apologetin. Deine Kritik könntest Du bei Theologen anwenden, die diesen Anspruch haben. Ich habe Dir hier bei diesem Talk „lediglich“ abgesprochen, dass man Gott widerlegen kann.
Liebe Ina,
vielen Dank für Deine sachliche Replik. Ich war nicht sicher, wie Du reagieren würdest und freue mich, dass wir jetzt sachlich zum Thema diskutieren können.
Aus der Fülle Deiner Punkte greife ich mal einige heraus und schaue, wie weit ich komme.
Ein verbreiteter Vorwurf gegenüber Atheisten ist, sie würden nur naturalistische Argumente akzeptieren. So schreibst Du z.B:
»Weil hier im Talk klar wurde, dass viele (nicht alle!) Atheisten einen ziemlich naiven Naturalismus vertreten, verweigere ich einen Austausch von „Argumenten“.«
Ok, die Position kannst Du natürlich einnehmen. Man sollte sich aber eben nicht wundern, wen jemand, der sich weigert, irgendwelche Argumente zu präsentieren, nicht ernst genommen wird und nicht als „auf Augenhöhe“ wahrgenommen wird.
Du sagst letztlich nichts anderes als „Ich habe keine Argumente, die einen Atheisten (oder jedenfalls Matthias) überzeugen könnten.“ Ich spreche Dir auch nicht ab, dass das Deine ehrliche Position ist. Aber es ist eben keine Position, über die man vernünftig mit einem Andersdenkenden diskutieren kann. Ich DENKE mir auch manchmal, dass jemand nicht in der Lage ist, ein Argument zu kapieren, weil er religiös indoktriniert wurde. Ich würde das ihm gegenüber aber nicht als Argument bringen. Als Argument kann man nur Dinge bringen, die für den anderen nachvollziehbar sein sollten.
Wenn Du schreibst, Jesus müsse man selbst erfahren oder man müsse sich auf ihn einlassen, dann bedeutet das nichts anderes als dass alles, was Du an Argumenten hast, nur Leute „überzeugt“, die sowieso schon an Gott glauben.
Ich erinnere mich, das sogar schon mal ausdrücklich in einem Buch von David Kinnaman (von Barna) gelesen zu haben, der sich wunderte, dass selbst „überzeugende Argumente“ keine Andersdenkenden überzeugen würden. Ich habe mich gefragt, wie Kinnaman „überzeugende Argumente“ definiert. Er meint offenbar Argumente, die IHM überzeugend vorkommen, die aber nicht wirklich überzeugend sind. Ein Argument ist überzeugend, wenn es einen ANDERSDENKENDEN überzeugen kann – nicht, wenn es jemandem einleuchtet, der die Überzeugung sowieso schon vertritt.
Zurück zu Dir: Wenn Du ständig die Erfahrung machst, dass Andersdenkende das, was Du für überzeugend hältst, nicht akzeptieren, KANN das natürlich daran liegen, dass alle, mit denen Du zu tun hast, voreingenommen sind. Es könnte allerdings auch sein, dass sie Recht haben und Du Unrecht. Um das herauszufinden, müsste man dann aber schon die konkreten Argumente diskutieren. Du verweigerst ausdrücklich, überhaupt Argumente vorzubringen, weil DEIN Eindruck ist, Atheisten seien voreingenommen. Damit schließt Du im Effekt die Möglichkeit aus, dass Du Unrecht haben könntest. Das bleibt Dir natürlich unbenommen, aber das sollten eigentlich nicht mal Christen ernst nehmen.
Für jemanden, der den Austausch von Argumenten verweigert, schreibst Du übrigens ganz schön viel. Du schreibst, Du müsstest Dich nicht meinen Fragen „anpassen“. Meinetwegen. Aber wenn Du nicht auf die Fragen eines Diskussionspartners eingehst, darfst Du Dich auch hier wieder nicht wundern, wenn Du nicht ernst genommen wirst.
Um zu prüfen, ob ich Deine Argumente TATSÄCHLICH aus naturalistischer Voreingenommenheit ablehne, oder ob sie vielleicht einfach nicht überzeugend sind, schlage ich vor, Du präsentierst einfach mal Dein bestes Argument. Dann können wir ja sehen, wie ich damit umgehe.
Was ich bisher von Dir gelesen habe, läuft darauf hinaus, dass man Jesus selbst erfahren muss. Mit anderen Worten: Der Glaube ist die VORAUSSETZUNG dafür, dass einem Deine Argumente einleuchten. Damit wird das Pferd von hinten aufgezäumt, das ist wieder nicht ernst zu nehmen.
Aber lassen wir das mal beiseite: Selbst, wenn ich irgendwelche Gotteserfahrungen machen würde, wäre mir doch klar, dass die menschliche Wahrnehmung trügerisch sein kann und dass Angehörige anderer Religionen offenbar ähnliche Erfahrungen machen. Deshalb schrieb ich an anderer Stelle: Wenn meine „Erkenntnismethode“ (nämlich individuelle Erfahrung) zu widersprüchlichen Ergebnissen führt, ist sie als Erkenntnismethode nicht brauchbar. Ich kann mich dann nicht auf meine individuelle Erfahrung verlassen. Das hat überhaupt nichts mit naturwissenschaftlicher Voreingenommenheit zu tun, sondern schlicht mit der Frage, wie kann ich zu zuverlässigen Aussagen über die Welt kommen. Mein Eindruck ist, dass Christen diese Überlegungen gerne leichtfertig als übertriebenen Naturalismus oder Szientismus abtun. Das ist aber schlichtweg falsch.
Das gefällt mir, und ich bin 33 Jahre Christ, zwar mit ‚Erfahrungen, würde aber mein Christsein nicht durch diese Defininieren. „“wenn ich irgendwelche Gotteserfahrungen machen würde, wäre mir doch klar, dass die menschliche Wahrnehmung trügerisch sein kann und dass Angehörige anderer Religionen offenbar ähnliche Erfahrungen machen. Deshalb schrieb ich an anderer Stelle: Wenn meine „Erkenntnismethode“ (nämlich individuelle Erfahrung) zu widersprüchlichen Ergebnissen führt, ist sie als Erkenntnismethode nicht brauchbar. Ich kann mich dann nicht auf meine individuelle Erfahrung verlassen. Das hat überhaupt nichts mit naturwissenschaftlicher Voreingenommenheit zu tun, sondern schlicht mit der Frage, wie kann ich zu zuverlässigen Aussagen über die Welt kommen““
Damit habe auch ich kein Problem, Dago. 😉
Ich habe nämlich auch nirgendwo behauptet, dass meine Empfindungen Grundlage meines Gottesglaubens sind.
Matthias hatte mich und andere drüben bei einem anderen Thema danach gefragt, was Christen fühlen bzw. was so toll an Gott ist. Nur darauf hatte ich geantwortet.
Zwei Anmerkungen:
1. Ich habe auch nirgendwo behauptet, Ina hätte gesagt, dass ihre Empfindungen Grundlage meines Gottesglaubens sind. Ich habe nur einen naheliegenden Einwand vorweggenommen.
2. Die Aussage „Die Bezogenheit auf Gott toppt alles“ ist nicht vom Kontext abhängig. Entweder ist das so, oder es ist nicht so. Entweder, jemand glaubt das, oder er glaubt es nicht.
So, noch schnell zu RICHARD DAWKINS, dem ja auch gerne vorgeworfen wird, er würde nur naturalistische Argumente akzeptieren. Wer das behauptet, zeigt nur, dass er Dawkins (speziell: Den Gotteswahn) entweder überhaupt nicht gelesen hat, oder riesige ideologische Scheuklappen aufhat.
Bevor Dawkins in „Der Gotteswahn“ im Kapitel „Warum es mit ziemlicher Sicherheit keinen Gott gibt“ (gemeint ist ein Schöpfergott als kleinster gemeinsamer Nenner diverser Religionen, wie Dawkins zuvor ausgeführt hat) zu seinem möglicherweise als „naturalistisch“ empfundenen Kernargument ansetzt, geht er im Kapitel „Argumente für die Existenz Gottes“ auf die gängigen „Gottesbeweise“ bzw. Argumente ein: die „Beweise“ des Thomas von Aquin, das ontologische Argument und andere A-priori-Argumente, das Argument der Schönheit, das Argument des persönlichen „Erlebnisses“, das Argument der Heiligen Schrift, das Argument der bewunderten religiösen Wissenschaftler, Pascals Wette und schließlich Bayes’sche Argumente.
Dawkins weiß aus langjähriger Erfahrung, welche Argumente üblicherweise von Gläubigen vorgebracht werden. Er geht auf alle diese Argumente ein. Wohlgemerkt: Dawkins setzt die Messlatte nicht bei „Beweisen“ an, sondern spricht vernünftigerweise von „Argumenten für die Existenz Gottes“. Das Auswahlkriterium für Dawkins ist nicht die Qualität der Argumente, sondern der Umstand, dass diese Argumente regelmäßig von Christen vorgebracht werden.
Der Großteil dieser Argumente ist nicht-naturalistisch.
Natürlich kommt Dawkins zu dem Ergebnis, dass alle diese Argumente nicht überzeugend sind. Er ZEIGT aber, warum er zu diesem Ergebnis kommt, und wischt diese Argumente nicht einfach mit der Begründung vom Tisch, sie seien nicht naturalistisch.
Man kann meinetwegen der Auffassung sein, dass Dawkins mit seiner Beurteilung der Argumente falsch liegt. Man kann ihm aber nicht vorwerfen, dass er nicht-naturalistische Argumente VON VORNHEREIN ausschließt.
Dawkins verwirft diese Argumente nicht, weil sie nicht naturalistisch sind, sondern weil es schlechte Argumente sind. Dass die üblichen Gottesbeweise nicht funktionieren, bestreiten nur Apologeten, ansonsten wird das selbst von Theologen und auch von vielen Gläubigen akzeptiert.
Es ist absurd, Dawkins dafür verantwortlich machen zu wollen, dass die christlichen Argumente schlecht sind. Christen machen es sich zu einfach, wenn sie pauschal behaupten, ihre Argumente würden aus Voreingenommenheit abgelehnt. Und es ist schlichtweg falsch, Dawkins würde solche Argumente aus naturalistischer Voreingenommenheit ablehnen. Noch einmal: Selbst Theologen behaupten heute nicht mehr, es gäbe funktionierende Gottesbeweise. Sind die auch alle naturalistisch voreingenommen?
Danke für die Information.
Dass die großen Gottesbeweise im Wesentlichen gescheitert sind, hat sich ja m. W. auch in der Theologie herumgesprochen (außer vielleicht zu Johannes Hartl). Nun ist die Zurückweisung eines Pro-Arguments aber selbst noch kein Contra-Argument.
Ich selber kenne Dawkins halt hauptsächlich aus seinen Fernsehauftritten (auch wenn einige seiner Bücher sicher irgendwo auf meiner Leseliste stehen, z B „the greatest Show on earth“) und da höre ich von ihm meist naturalistische Contra-Argumente.
Schreib für alle Dawkins-Neulinge doch einmal auf, welche nicht-naturalistischen Contra-Argumente er bringt.
Ich bin wie gesagt nicht der Überzeugung, dass es Gläubigen vor allem darum geht, die Natur zu erklären. Darum finde ich die Auseinandersetzung etwa mit existenzialistischen Positionen so gewinnbringend, weil das ein Atheismus ist, der sich mit ähnlichen Fragen befasst wie der Glaube.
Hallo Florian!
Noch mal Danke für die klasse Fragen! Ich denke, wir nähern uns hier dem Punkt, wo Christen und Atheisten aneinander vorbeireden. Meine folgende Antwort ist recht lang geworden – ich gehe aber auf Deine Fragen ein, und Du kriegst hier sozusagen exklusiven Content (inkl. leichter Dawkins-Kritik!), den ich noch nirgendwo anders gefunden habe.
Zunächst:
Ich hatte irgendwo schon geschrieben, dass meine Position als Atheist strenggenommen nicht ist, dass es keinen Gott gibt, sondern dass es keine vernünftigen Argumente für seine Existenz gibt.
Natürlich bin ich davon überzeugt, dass es keinen Gott gibt. Aber halt nur solange, bis mir jemand ein überzeugendes Argument für seine Existenz präsentiert. (Und wenn es eins gäbe, würde ich das eben akzeptieren und wäre dann sozusagen Theist. Das hieße allerdings noch nicht, dass ich diesen Gott anbeten würde.) Deshalb würde ich auch nicht sagen „Ich weiß, dass es keinen Gott gibt.“
Ich halte es z.B. im Prinzip für möglich (wenn auch extrem unwahrscheinlich), dass es den Gott der Bibel tatsächlich geben könnte. Der weist ja, in Gesamtwürdigung, nicht die widersprüchlichen Eigenschaften Allwissenheit, Allmacht und Allgüte auf. Nur handelt es sich bei den Geschichten in der Bibel halt offensichtlich um Erfindungen bzw. primitive/naive Vorstellungen. (Genauso offensichtlich, wie Ihr das bei anderen Religionen erkennt). Und der Gott der Bibel ist halt ein psychopathischer Tyrann, den ich auch dann ablehnen würde, wenn ich wüsste, dass er existiert. Nett zu meinem „Nächsten“ kann ich auch ohne ihn sein.
UNMÖGLICH sind nur Götter, die (a) in sich widersprüchlich beschrieben werden (z.B. wie phoenix im obersten Kommentar feststellte: „ein Gott der gleichzeitig Liebe ist aber Leute in die Hölle schickt“) oder (b) deren Beschreibung im Widerspruch zur Realität steht (z.B. die Vorstellung eines allgütigen und allmächtigen Gottes, der aber Leid nicht beseitigt).
Damit ist zwar nicht der Gott der Bibel, aber doch die übliche christliche Vorstellung vom „lieben Gott“ ausgeschlossen (allmächtig und allgütig).
Und wer einfach behauptet, man könne die Nichtexistenz Gottes nicht beweisen, zeigt damit nur, dass er das nicht verstanden hat.
Um Dir also Gegenargumente liefern zu können, müsste mir erst mal einer seinen Gott definieren.
Freilich besteht kein Mangel an populären christlichen Argumentationen, so dass man die Schwachstellen der gängigen Argumente aufzeigen kann. (Siehe den Gotteswahn. Ich kann das hier nicht vorab für alle populären Argumente tun. Aber wenn mir jemand sein bestes Argument liefert, werde ich es gerne prüfen.)
Nun zu Dawkins‘ Argumenten:
Im Gotteswahn erklärt Dawkins, dass Gläubige an der Gottesvorstellung festhalten, obwohl es keine vernünftigen Argumente dafür, aber Argumente dagegen gibt. Dawkins schreibt:
»Das mit Microsoft Word gelieferte Lexikon definiert DELUSION als »dauerhafte falsche Vorstellung, die trotz starker entgegengesetzter Belege aufrechterhalten wird, insbesondere als Symptom einer psychiatrischen Erkrankung«. Der erste Teil dieser Definition ist eine perfekte Beschreibung des religiösen Glaubens. Und was die Frage angeht, ob es sich um das Symptom einer psychiatrischen Erkrankung handelt, so halte ich es mit Robert M. Pirsig, dem Autor des Buches Zen and the Art of Motorcycle Maintenance (Zen und die Kunst, ein Motorrad zu warten): »Leidet EIN Mensch an einer Wahnvorstellung, so nennt man es Geisteskrankheit. Leiden VIELE Menschen an einer Wahnvorstellung, dann nennt man es Religion.« (Der Gotteswahn, S. 19).
Der „militante“ Dawkins und der „nette“ Michael Schmidt-Salomon scheinen hier also sehr ähnliche Auffassungen zu vertreten, und verglichen mit Schmidt-Salomons hier in einem anderen Kommentar zitierter Definition von „Religiotie“ wirkt Dawkins regelrecht charmant, oder nicht?
Dawkins zeigt zunächst (im Kapitel „Argumente für die Existenz Gottes“), dass die gängigen Argumente, die Christen vorbringen, nicht funktionieren. Das erkennen auch die meisten Theologen an. Dann erklärt Dawkins, was seiner Meinung nach gegen Gott spricht. Um möglichst viele gängige Götter abzudecken, attackiert er sozusagen den kleinsten gemeinsamen Nenner: den Schöpfergott.
Mitchmax schrieb oben:
»Wenn mir jemand platt an den Kopf wirft, er glaubt nicht an Gott, antworte ich meist: An den Gott, an den du nicht glaubst, an den glaube ich auch nicht.«
Hierzu schrieb Dawkins schon vor über 10 Jahren mit geradezu prophetischer Weitsicht:
»Dies ist auch ein guter Augenblick, um einer unvermeidlichen Erwiderung auf das Buch zuvorzukommen – einer Erwiderung, die sonst so sicher wie das Amen in der Kirche in einer Rezension auftauchen würde: »DER GOTT, AN DEN DAWKINS NICHT GLAUBT, IST EINER, AN DEN AUCH ICH NICHT GLAUBE. Ich glaube nicht an einen alten Mann mit weißem Rauschebart, der oben im Himmel wohnt.« Dieser alte Mann ist nur eine belanglose Ablenkung, und sein Bart ist so langweilig, wie er lang ist. In Wirklichkeit ist diese Ablenkung aber viel schlimmer als belanglos: Mit ihrer genau berechneten Dummheit soll sie davon ablenken, dass das, was der Sprecher wirklich glaubt, nicht weniger dumm ist. Ich weiß, dass Sie nicht an einen alten Mann mit Bart auf einer Wolke glauben, also vergeuden wir damit keine Zeit. Ich greife nicht eine bestimmte Version von Gott oder Göttern an. Ich wende mich gegen Gott, alle Götter, alles Übernatürliche, ganz gleich, wo und wann es erfunden wurde oder noch erfunden werden wird.« (Der Gotteswahn, S. 62-63.)
Kann es sein, dass der Spruch „An den Gott, an den Dawkins nicht glaubt, glaube ich auch nicht!“ … auf DAWKINS zurückgeht???
Wer also behauptet, an den Gott, an den Dawkins nicht glaubt, glaube er auch nicht, beweist damit nur, dass er keine Ahnung von Dawkins hat. Und zwar unabhängig davon, ob Dawkins Argumentation schlüssig ist oder nicht! Oder anders ausgedrückt: Dawkins glaubt auch an den Gott nicht, an den DU glaubst!
Dawkins glaubt also an überhaupt keinen Gott. Argumentativ deckt er mit seinem zentralen Argument der ultimativen Boeing 747 zumindest alle Schöpfergötter ab. Genau genommen zeigt er m.E. allerdings nicht, dass es keinen Schöpfergott geben kann, sondern nur, dass das übliche Argument, dass die Komplexität der Schöpfung einen Schöpfer erfordert, nicht funktioniert, weil der Schöpfer immer komplexer sein muss als die Schöpfung. Und er Schöpfer bräuchte dann einen NOCH komplexeren Schöpfer, usw.
M.E. hätte Dawkins hier (zumindest im Nachhinein betrachtet) deutlicher den Unterschied zwischen „Schöpfer“ und „Ursache“ herausarbeiten sollen. Dawkins-Kritiker weisen nämlich (zutreffend) darauf hin, dass Ursachen durchaus einfach sein können. Nur: Ein Schöpfer ist etwas ganz anderes als eine Ursache. Der Schöpfer (bzw. Designer) muss ja in der Lage sein, VORAB unterschiedliche Schöpfungen sozusagen gedanklich durchzuspielen, ihre Auswirkungen und Zusammenhänge zu durchschauen und vorherzusagen, eine Zielvorstellung zu entwickeln, anhand dieser Zielvorstellung eine Schöpfung auszuwählen, und schließlich muss er noch in der Lage sein, diese Schöpfung zu realisieren. Nach allem, was wir wissen, muss der Schöpfer, um die Komplexität verschiedener Schöpfungen vorab zu verstehen und beurteilen zu können, komplexer sein als die Schöpfung.
Es hilft dann nichts, wenn man, wie der Theologe Klaus von Stosch, einfach entgegenhält:
»Was bringt [Dawkins] dazu, Gott bzw. die Annahme Gottes für so komplex zu halten, obwohl die theologische Tradition einhellig die Überzeugung vertreten hat, dass Gott das allereinfachste Wesen ist […]?«
Tja, Dawkins hat gerade erklärt, was ihn dazu bringt. Dies ist ein typisches Beispiel für Dawkins-Kritiker: Man hat regelmäßig den Eindruck, dass sie den Gotteswahn entweder gar nicht gelesen, oder zumindest nicht verstanden haben.
Und es ist lächerlich, Gott einfach als „das allereinfachste Wesen“ zu definieren. Wenn Dawkins erklärt, warum er meint, ein Schöpfergott müsse komplex sein, dann kann man das nicht einfach mit der bloßen Behauptung „Gott ist aber einfach!“ vom Tisch wischen. Das ist Sandkasten-Niveau. Womit wir wieder beim Thema „Augenhöhe“ sind. (Abgesehen davon, dass es offensichtlich sein sollte, dass ein dreieiniger Gott nicht das allereinfachste Wesen sein kann – das müsste, wenn schon, ein eineiniger Gott sein. Vielleicht Allah?)
Zurück zu Deinen Fragen. Du schriebst:
»Schreib für alle Dawkins-Neulinge doch einmal auf, welche nicht-naturalistischen Contra-Argumente er bringt.«
Hier sind wir an einem Punkt, wo Du noch falsch denkst. (Ist nicht böse gemeint, und das einzusehen zwingt Dich auch nicht, Atheist zu werden. 😉 )
Dawkins ist (zumindest nehmen wir das hier mal an) NATURALIST. Dawkins KANN keine nicht-naturalistischen Argumente bringen. Denn von diesen Argumenten könnte er ja selbst nicht überzeugt sein. – Verstanden?
OK, Korrektur! (Siehst Du, ich habe gerade wieder etwas gelernt.) Was Atheisten machen können (und auch tun) ist, dass wir uns zum Zwecke der Argumentation auf die Glaubensaussagen der Theisten einlassen und entweder innere Widersprüche aufzeigen oder Widersprüche zur Realität. (Siehe oben: Wenn Gott Menschen (für ihren „falschen“ Glauben) in die Hölle schickt, kann er nicht gut sein. Angesichts des Leids in der Welt kann Gott nicht zugleich gut und allmächtig sein.)
Uns Atheisten/Naturalisten wird ja gerne vorgeworfen, wir würden Gläubige nicht ernst nehmen und könnten uns nicht in deren Perspektive hineinversetzen. Ich habe immer den Eindruck, wir Atheisten nehmen die Glaubensaussagen viel ernster als die Gläubigen selbst: Wenn wir dort einen Widerspruch ausmachen, stört uns das. Den Gläubigen hingegen scheint das egal zu sein. Die scheinen ihre eigenen Aussagen nicht ernst zu nehmen. (Vielleicht gerade, DAMIT sie sich nicht mit den Widersprüchen auseinandersetzen müssen?)
Ansonsten wüsste ich nicht, was mit „nicht-naturalistischen Contra-Argumenten“ gemeint sein soll.
Von dem obigen Beispiel abgesehen können nicht-naturalistische Argumente also immer nur von der Theisten-Seite kommen, nicht von den Naturalisten. Naturalisten können nicht-naturalistische Argumente zwar auf ihre Stimmigkeit prüfen, sie können sie aber nicht selber machen. Ein Muslim könnte vielleicht noch „nicht-naturalistsch“ argumentieren: „Ich glaube, was im Koran steht. Deshalb muss das Christentum falsch sein.“ Ein Naturalist würde nicht so argumentrieren.
Ich halte allerdings diese Unterscheidung sowieso für ein Ablenkungsmanöver, mit dem der Eindruck erweckt werden soll, die Naturalisten würden bestimmte Aspekte ausblenden. Ein Argument funktioniert entweder, oder es funktioniert nicht. Deshalb kann Dawkins auch nicht-naturalistische Argumente prüfen. Er kommt dabei auch exakt zu demselben Ergebnis wie die (meisten) Theologen: Diese Argumente funktionieren alle nicht. (Oder jedenfalls sind sie nicht sehr überzeugend.) Das liegt aber nicht daran, dass diese Argumente nicht-naturalistisch sind, sondern daran, dass sie schlecht sind.
Umgekehrt können Gläubige „naturalistische“ Argumente nicht einfach dami vom Tisch wischen, dass sie nicht-naturalistisch seien. Genau wie Dawkins es bei den nicht-naturalistischen Argumenten tut, müssten die Gläubigen vielmehr bei den naturalistischen Argumenten zeigen, wo der Denkfehler liegt.
Mir ist auch nicht klar, weshalb du nicht-naturalistische Contra-Argumente hören willst. Meinst Du, weil Du den Naturalismus ablehnst, sind für Dich nur nicht-naturalistische Argumente akzeptabel? Das hieße ja: Wenn ich Dir sagen würde: „Spring lieber nicht vom Hochhaus, die Naturwissenschaft hat gezeigt, dass Du dann von der Schwerkraft nach unten beschleunigt wirst, und der Aufprall mit seiner extremen Verzögerung wird die Struktur Deines Körpers beschädigen!“, dass Du solche Argumente nicht akzeptieren würdest? Müsste ich Dir erst weismachen: „Wenn Du vom Hochhaus springst, wird Gott ärgerlich, und er wird Dich am Boden zerschmettern“?
Ein Punkt, auf den wir Atheisten immer wieder hinweisen, ist ja gerade, dass die Argumentationen, die wir bringen, in jedem anderen Lebensbereich außer der Religion, und meist auch im Hinblick auf alle anderen Religionen, akzeptiert werden. Nur bei der eigenen Religion sollen plötzlich andere Kriterien gelten. (Das ist das, was Schmidt-Salomon mit „Inselverarmung“ meint. Salopp gesagt: Extrawürste für die (eigene) Religion.)
Ich würde übrigens Dawkins‘ Argument mit der ultimativen 747 überhaupt nicht als „naturalistisch“ bezeichnen, sondern als „logisch“. Die Überlegungen zur Komplexität haben doch eigentlich nichts (oder höchstens am Rande) mit Naturwissenschaft zu tun.
Letzter Punkt! Du schreibst:
»Ich bin wie gesagt nicht der Überzeugung, dass es Gläubigen vor allem darum geht, die Natur zu erklären.«
Zustimmung. Wir sind uns vermutlich einig, dass es den Gläubigen speziell um das Übernatürliche geht?
Ich habe übrigens immer den Eindruck, Gläubige sprechen gerne von „erklären“, wenn sie tatsächlich „interpretieren“ meinen. Z.B. ist die Aussage „Gott hat alles so gemacht“ m.E. keine Erklärung (jede andere Welt ließe sich ja genauso „erklären“ bzw. interpretieren, damit ist diese Aussage als „Erklärung“ völlig wertlos), sondern vielmehr eine INTERPRETATION der Welt. Würdest Du mir zustimmen, wenn ich sage, dass die Vorstellung, dass Gott die Welt geschaffen hat, dass alles einen Sinn hat, oder dass z.B. Krankheit oder Gesundheit „Zeichen“ Gottes sein können, eher Interpretationen der Welt sind als Erklärungen? Dabei kommt es nicht darauf an, ob Du selbst z.B. Krankheiten als Zeichen Gottes interpretierst, sondern nur darum, ein paar Beispiele für religiöse Vorstellungen zu aufzulisten.
Könnte hier vielleicht sogar ein gemeinsamer „middle ground“ liegen? Naturwissenschaftler erklären die Welt, Theologen (bzw. Gläubige) interpretieren sie? Das würde doch auch gut dazu passen, das sich regelmäßig EINE naturwissenschaftliche Erklärung für Phänomene herauskristallisiert, aber eine große Zahl an (religiösen) Interpretationen.
Ließe sich nicht viel Spannung aus Diskussionen nehmen, wenn die Gläubigen sagen würden: Wir INTERPRETIEREN die Welt so, dass … . Und ist das nicht, bei Licht gesehen, auch genau das, was Religion im Kern ist?
Lieber Matthias,
vielen Dank für diese hilfreichen Ausführungen. Ich denke, da haben wir etwas aneinander vorbei geredet. Meine Frage nach nicht-naturalistischen Argumenten gegen die Existenz Gottes bei Dawkins bezog sich darauf, dass Du Dich anscheinend hier darüber geärgert hast, dass Dawkins in diesem Forum (auch von mir) vorgehalten wurde, einen naturalistischen Standpunkt vorauszusetzen, ohne zu berücksichtigen, dass es auch gute Gründe für eine nicht-naturalistische Betrachtung der Welt gibt. Das hast Du dann als ein grobes Missverständnis von Dawkins‘ Buch kritisiert.
Also wollte ich dieses Missverständnis aufklären und habe nach entsprechenden nicht-naturalistischen Argumenten von Dawkins gefragt.
Jetzt höre ich: Dawkins legt sich doch auf einen naturalistischen Standpunkt fest. vielleicht war es also doch kein vollkommenes Missverständnis. Macht aber nix.
Nicht-naturalistische Contra-Argumente wären z. B. semantische / logische (Wenn Gott allmächtig ist, kann er dann einen Stein schaffen, den er selbst nicht mehr heben kann? usw), existenzialistische (wenn Gott der Schöpfer ist, wird der Mensch ein besserer Brieföffner, da er sich seinen Sinn nicht selbst geben kann), sozialkritische (Gott ist ein reiner Machtdiskurs, das wäre dann vereinfachter Foucault), latent kulturrelativistische (Gott ist insofern tot, als wir Moral etc de facto nicht mehr metaphysisch begründen, das wäre etwa ein halber Nietzsche), tiefenpsychologische (Gott ist ein institutionalisiertes Über-Ich und insofern eine repressive Konstruktion, Freud) usw
Die Unterscheidung zwischen Erklärung und Interpretation würde ich erst mal kaufen. Sie geht übrigens aus Wilhelm Dilthey zurück, er spricht von „erklären“ und „verstehen“.
Wenn wir akzeptieren können, dass der Mensch beides braucht und beides nicht sinnvoll gegeneinander ausspielen kann, wäre tatsächlich einiges gewonnen
Hallo Florian,
hmm, vielleicht habe ich sozusagen um der Pointe willen Dawkins‘ Naturalismus unnötig gepuscht.
Danke für die nicht-naturalistischen Contra-Argumente. Die überzeugen mich alle nicht. Vielleicht ist das auch der Grund, warum Dawkins sie nicht bringt. Er müsste also nicht unbedingt Naturalist sein – er könnte auch einfach keine guten nicht-naturalistischen Contra-Argumente kennen.
Ich wundere mich echt z.T. über diese Argumente, pass mal auf:
»Wenn Gott allmächtig ist, kann er dann einen Stein schaffen, den er selbst nicht mehr heben kann?« –Ich sehe da kein logisches Problem. Wieso sollte Gott nicht einen Stein schaffen können, den er selbst nicht heben kann? (Man könnte vielleicht sagen: dann wäre er nicht allmächtig. ABER: Wieso sollte Gott allmächtig sein? M.E. könnte er auch SEHR mächtig sein. Und: Solange Gott so einen Stein schaffen KANN, er es aber nicht TUT, wäre m.E. auch seine Allmacht nicht infrage gestellt. M.E. läuft die Frage darauf hinaus, ob Gott sich selbst seiner Allmacht entheben kann, wenn er will. M.E. lässt sich das problemlos als Teil der Allmacht betrachten. Solange er diese Fähigkeit nicht einsetzt. Verstanden? (Und solange man Gottes Allmacht gar nicht erst postuliert, ist er durch diese Überlegung sowieso nicht gefährdet.)
»wenn Gott der Schöpfer ist, wird der Mensch ein besserer Brieföffner, da er sich seinen Sinn nicht selbst geben kann« – Meinetwegen. Das wäre dann eben so. Dass vielen Leuten das nicht gefallen würde, kann doch wohl kein Argument sein, und es handelt sich doch hier offensichtlich um einen Fehlschluss mit dem unerwünschten Ergebnis. Dieses „Contra-Argument“ kommt mir sehr christlich vor …
Foucault kenne ich nur vom Namen her, aber „sozialkritisch“ klingt mir auch nach dem Fehlschluss vom unerwünschten Ergebnis.
»Gott ist insofern tot, als wir Moral etc de facto nicht mehr metaphysisch begründen« – Das Argument scheinen sich Christen ausgedacht zu haben, die Gott als Quelle der Moral betrachten oder betrachteten. Eine Art „moralischer Lückenbüßergott“. Ist mir völlig schleierhaft, wie man das als Contra-Argument ernst nehmen soll. (Vielleicht ein gutes Beispiel, dass ich Bullshit als Bullshit bezeichne, weil ich ihn für Bullshit halte – und nicht, weil mir das Ergebnis gefällt.)
»Gott ist ein institutionalisiertes Über-Ich und insofern eine repressive Konstruktion, Freud« – Dass man sich Mechanismen vorstellen kann, die auch ohne echten Gott zu Gottesvorstellungen führen, heißt doch nicht, dass Gott nicht doch existieren könnte. Solche Überlegungen dienen nicht zum Beweis der Nichtexistenz, sondern dazu, Pro-Argumente zu entkräften wie „Wie sollte sich sich denn überall Religion herausgebildet haben, wenn es keinen Gott gibt?“ „Deutet Religiosität nicht auf einen Sinn für das Göttliche hin?“ usw. Also als Entgegnung auf Argumente, die vom Vorhandensein der Religion auf Gott schließen wollen.
Wer ernsthaft solche Argumente gegen die Existenz Gottes vorbringt, den kann ich fast genausowenig ernst nehmen, wie Leute, die die üblichen Pro-Argumente bringen. (Etwas ernster, weil die Christen ja zusätzlich noch die ganzen Bibelgeschichten mehr oder weniger ernst nehmen und nicht weitgehend für Erfindungen halten müssen.)
Noch mal zur Sicherheit:
Du schriebst:
»… dass Du Dich anscheinend hier darüber geärgert hast, dass Dawkins in diesem Forum (auch von mir) vorgehalten wurde, einen naturalistischen Standpunkt vorauszusetzen, ohne zu berücksichtigen, dass es auch gute Gründe für eine nicht-naturalistische Betrachtung der Welt gibt. «
Ohne die Bezeichnung „Naturalismus“ als wertlos zu betrachten, habe ich den Eindruck, dass diese in der Diskussion nicht hilfreich ist und dazu benutzt wird, Dawkins eine eingeschränkte Perspektive zuzuschreiben. Gib Dawkins oder mir irgendein Argument, wir werden es prüfen. Ist doch völlig egal ob es „naturalistisch“ ist oder nicht. Ich kann z.B. nachvollziehen, dass Deine eben beispielhaft genannten Contra-Argumente als „nicht-naturalistisch“ bezeichnet werden. Aber sie sind zumindest nicht „supernaturalistisch“, also wie vielleicht Argumente, die kit Offenbarungen arbeiten. Einige basieren auf Logik – da kann doch niemand ernsthaft glauben, Dawkins oder ich würden das von vornherein inakzeptabel finden!
Das ist übrigens auch der Grund, warum ich mir Begriffe wie Reduktionsmus usw. ziemlich egal sind. Nicht, dass sie nicht ihren Platz haben. Aber mich interessiert das Argument, nicht sein „Label“. Und ich stelle gerade hier fest, dass diese (vorschnelle) „Etikettierung“ offenbar gerade der Grund für viele Missverständnisse ist.
Nochmal DAWKINS, dieses Mal zum Vorwurf, er hätte keine Ahnung von Theologie.
Der Vorwurf ist falsch. In „Der Gotteswahn“ legt Dawkins eine beträchtliche Kenntnis von Theologen und theologischen Argumenten an den Tag. Der Umstand, dass er diese Argumente nicht akzeptiert, sollte nicht mit Unkenntnis verwechselt werden.
Da sich jeder durch die Lektüre des „Gotteswahns“ selbst davon überzeugen kann, spare ich mir weitere Belege dazu. Wichtiger ist nämlich m.E. folgendes:
Natürlich wird es immer Dinge geben, die Dawkins nicht weiß. Es dürfte allerdings kaum zu bestreiten sein, dass Dawkins weit mehr Ahnung von Theologie hat als durchschnittliche Christen. Wer nun meint, Dawkins hätte nicht genug Ahnung, um sich zu theologischen Fragen zu äußern, der spricht damit gleichzeitig den meisten Christen ab, zu verlässlichen Aussagen über Gott kommen zu können. Wenn Dawkins keine Ahnung hat, haben die meisten Christen erst recht keine Ahnung. Natürlich schreiben die meisten Christen auch keine Bücher. Aber ich müsste dann z.B. bis zum Beweis des Gegenteils davon ausgehen, dass die meisten, die hier mitdiskutieren, noch weniger Ahnung haben als Dawkins. Wenn ich dann schon Dawkins nicht trauen kann, wieso sollte ich dann Feld-, Wald- und Wiesenchristen ernst nehmen? Und wieso sollten Christen, die nicht Theologie studiert haben, ihrer eigenen Einschätzung trauen, wenn sie noch weniger Ahnung haben als Dawkins?
Abgesehen davon greift das Argument von der theologischen Ahnung sowieso nicht.
Ich muss nicht Astrologie studiert haben, um zu erkennen, dass es sich um Unsinn handelt. Grund: Astrologen haben weder einen nachvollziehbaren Wirkungsmechanismus vorzuweisen, weshalb sich Gestirne auf das Leben von Personen auswirken sollten, noch lässt sich ein solcher Einfluss empirisch feststellen.
Ich muss auch nicht Homöopathie studiert haben, um zu erkennen, dass Homöopathie Unsinn ist: Homöopathen haben weder einen nachvollziehbaren Wirkungsmechanismus vorzuweisen, noch lässt sich die Wirkung von Homöopathie empirisch feststellen.
Und genauso muss ich auch nicht Theologie studiert haben, um zu erkennen, dass der Glaube an Gott Unsinn ist. Weder haben Gläubige überzeugende Argumente für die Existenz Gottes vorzuweisen (und da schließe ich ausdrücklich nicht-naturalistische Argumente mit ein), noch lässt sich die Existenz Gottes oder sein Wirken (z.B. Gebetserhörung, Güte) empirisch feststellen.
DAWKINS, zum Dritten:
Wenn ich auf Richard Dawkins oder sein Buch „Der Gotteswahn“ verweise, dann nicht als Autorität – also um meinem Argument mehr Gewicht zu verleihen –, sondern sozusagen als Literaturangabe, wo man eine entsprechende Argumentation nachlesen kann.
Das Gute am „Gotteswahn“ ist halt, dass Dawkins alle gängigen christlichen Argumente abarbeitet. Und zwar so gut, dass er sogar noch die Argumente antizipiert und ausräumt, die die Legion von Dawkins-Kritikern gebracht hat, um den Gotteswahn zu „widerlegen“. Es ist typisch für die Ausführungen der Dawkins-Kritiker, dass sich die Antwort auf ihre Kritik im Gotteswahn findet.
Wenn heute Atheisten mit der Zahnfee kommen (als Beispiel für einen vergleichbar absurden Glauben), mit Russells Teekanne (als Beispiel dafür, dass der Umstand, dass man etwas nicht widerlegen kann, kein Grund ist, daran zu glauben), mit dem großen Gebetsexperiment (das gezeigt hat, dass die Gebete entweder gar nicht gewirkt haben, oder aber in die falsche Richtung) oder auf das „Sonnenwunder von Fatima“ 1917 (mit mindestens 30.000 „Zeugen“) verweisen (als Entgegnung auf Paulus angebliche 500 Zeugen, die ja wohl keine Massenhalluzination gewesen sein können), dann dürfte das ganz erheblich auf Dawkins‘ „Gotteswahn“ zurückgehen. Dawkins kennt die gängigen Argumente der Christen – und gute Gegenargumente.
Und deshalb verweise ich gerne auf Dawkins und sein Buch. Kritik an Verweisen auf Dawkins finde ich ebenso unangebracht wie Kritik an Verweisen auf Wikipedia. (Den Vorwurf hat hier niemand erhoben, es geht nur um’s Prinzip.) Auf Dawkins und Wikipedia verweise ich nicht, weil ich das für das Nonplusultra halte, sondern weil es einfach zugängliche Quellen sind, wo jeder relativ schnell nachlesen kann. Ich kann mir auch nicht für jedes Argument eine unterschiedliche Quelle merken.
Es geht mir freilich auch darum, zur Lektüre von Dawkins zu ermuntern. Es gibt eine Echokammer von völlig unfähigen Dawkins-Kritikern, die offenbar vor allem ihre eigenen Behauptungen wiederholen. Oben habe ich z.B. schon geschrieben, dass es einfach nicht stimmt, dass Dawkins keine Ahnung von Theologie hat oder dass er nur naturalistische Argumente akzeptiert. Natürlich macht sich Dawkins meist über die theologischen Aussagen lustig. Wenn man immer nur gewohnt ist, dass Theologie ehrfürchtig und ernsthaft behandelt wird, kann man natürlich leicht übersehen, wie viel Kenntnis Dawkins hier zeigt.
Ein Beispiel für den ignoranten Umgang mit dem „Gotteswahn“: Eine oft gehörte Entgegnung lautet „An den Gott, an den Dawkins nicht glaubt, glaube ich auch nicht!“ Wer das sagt, hat Dawkins entweder nicht gelesen oder nicht verstanden. Denn Dawkins erklärt im „Gotteswahn“ ausdrücklich, dass er sozusagen den kleinsten gemeinsamen Nenner (zwar nicht aller, aber) vieler Religionen angreift: Nämlich den Glauben an einen Schöpfergott. Das tut er mit seinem Argument der ultimativen Boeing 747, in dem er letztlich zeigt, dass ein Schöpfer komplexer sein muss als seine Schöpfung, dass also ein Schöpfer nicht die Komplexität der Schöpfung erklären kann.
(Hier gibt es dann wieder Einwände, dass eine Ursache durchaus einfacher sein kann als ihre Folge. Aber wer so argumentiert, hat den Unterschied zwischen Ursache und Schöpfer nicht verstanden. Eine Ursache kann zwar etwas auslösen. Sie kann aber nichts PLANEN, DESIGNEN oder ERSCHAFFEN. – Dies ist m.E. ein Punkt, der im Gotteswahn besser hätte herausgearbeitet werden können.)
Jedenfalls: Wer nicht an den Gott glaubt, an den Dawkins nicht glaubt, glaubt nicht an einen Schöpfergott. Da diese Behauptung allerdings stets von Christen vorgebracht wird, belegen diese damit nur, dass sie Dawkins entweder nicht gelesen oder aber nicht verstanden haben.
REDUKTIONISMUS
Gofi und Ina finden meine Position reduktionistisch.
Ich glaube, gegen Ende des Podcasts sagte Gofi etwas wie „Das ist aber ganz schön reduktionistisch.“ Ich bin nicht mehr sicher, was ich zuvor gesagt hatte. Ist aber auch egal, weil – wie ich mittlerweile nachgelesen habe – meine Position wohl tatsächlich reduktionistisch ist. Die Bezeichnung Reduktionismus habe ich sicher schon mal irgendwann gehört, ich brauche sie aber nicht, um reduktionistisch zu argumentieren.
Ich habe Gofi entgegnet, dass „Reduktionismus“ so klingt, als würde da etwas fehlen. Den Eindruck habe ich tatsächlich, aber das tut erst einmal nichts zur Sache.
Der Punkt ist vielmehr, dass mir Gofis Feststellung wie ein Einwand vor kam. „Das klingt aber ganz schön reduktionistisch“ vermittelt mir, dass mein Reduktionismus bei Gofi aneckt. (Und bei Ina erklärtermaßen auch.)
Damit haben wir die Situation, dass wir alle darin übereinstimmen, dass meine Position reduktionistisch ist. Während ich das für eine solide Position halte, finden Gofi und Ina sie offenbar defizitär.
Ich hätte Gofi besser entgegnen sollen: „Und was hast Du daran auszusetzen?“
Und Gofi oder Ina können hier gerne erklären, warum sie den Reduktionismus nicht für überzeugend halten.
Ich vermute, es wird genau auf das hinauslaufen, was ich damals gesagt habe: Dass beim Reduktionismus irgendwas fehlt oder nicht berücksichtigt wird. Ich lasse mich aber gerne eines Anderen belehren.
Und übrigens brauche ich den Reduktionismus auch nicht, um Atheist zu sein.
Denn erstens reicht die bloße Feststellung völlig aus, dass sich Gefühle, Persönlichkeit usw. zwanglos auf naturalistische Prozesse im Körper zurückführen lassen. Das betrachte ich nicht als Reduktionismus, sondern als die bloße Feststellung, dass ich zur Erklärung von Gefühlen usw. keine geheimnisvollen übernatürlichen Phänomene annehmen muss. Und selbst, wenn Gefühle usw. darauf hindeuten würden, dass es da noch etwas anderes gibt, sehe ich nicht, was das mit der Existenz Gottes zu tun hätte.
Zweitens bin Ich mir auch bewusst: Wenn ich in Gefühlen usw. keinen Hinweis auf Gott sehe, folgt daraus nicht, dass es keine anderen, besseren Argumente für Gott geben könnte. Und auch, wenn es überhaupt keine überzeugenden Argumente für Gott gibt, könnte er dennoch existieren. (Zumindest der Gott der Bibel, der nicht allmächtig, allwissend und allgütig ist. Letzterer kann nicht existieren weil er im Widerspruch zur Realität und der Bedeutung von „gut“ steht.)
Der Grund dafür, dass ich Atheist bin, ist nicht, dass die atheistischen „Argumente“ so gut wären, sondern schlicht und einfach, dass die theistischen Argumente so schlecht sind. Nach 30 Jahren recht intensiver Beschäftigung mit dem Thema stellt es sich mir so dar, dass die Christen in 2000 Jahren nicht ein einziges (heute) überzeugendes Argument vorweisen können. Alle christlichen Argumente, die ich kenne, beruhen auf Denkfehlern, die ich klar benennen kann. Ich lese übrigens kaum Atheisten, sondern in erster Linie christliche Argumentationen, um zu prüfen, ob ich vielleicht etwas übersehen habe oder ob es neue Argumente gibt. Der Grund dafür, dass ich AKTIVER Atheist bin, liegt vor allem darin, dass Religiöse dazu neigen, anderen ihre Vorstellungen aufzudrücken, z.B. bei Sterbehilfe, Abtreibung, Sexualität, Beschneidung, Feiertagen. Religion beruht m.E. auf Denkfehlern, die man heute nicht mehr machen müsste, und ich halte es grundsätzlich für erstrebenswert, Denkfehler auszuräumen. Das gilt auch für mich. Wenn mir jemand einen Fehler nachweist, bedanke ich mich und passe meine Auffassung an.
Wenn man so verfährt, landet man halt früher oder später in einer ziemlich unangreifbaren Position, weil man nicht auf fehlerhaften Positionen beharrt.
Die Auffassung, dass sich Gefühle etc auf bloße Prozesse im Körper zurückführen lassen, ist eine klassisch reduktionistische. Man muss sich sicher auch nicht für sie schämen.
Zu den Grenzen des Reduktionismus gehört das Problem, dass er Erlebnisqualitäten nicht (oder schlecht) erklären kann.
Physikalisch betrachtet, sind Farben bloß Schwingungen unterschiedliche Wellenlängen. Der Reduktionist würde also sagen, dass etwa nur die schwingenden Teilchen existieren und das Gehirn darauf messbar reagiert. Trotzdem gibt es das Rot, das ich wahrnehme, nämlich in meiner Wahrnehmung. Obwohl weder die Teilchen selbst wirklich rot sind, noch mein Gehirn. In meinem Gehirn ist auch keine Schokolade, wenn ich Schokolade schmecke. Dies Rotempfindung oder der Schokoladengeschmack – völlig alltägliche Phänomene – müssen also „woanders“ sein.
das nur als erster, ganz kurzer Einstieg ins Problem, vgl auch Thomas Nagel, „Wie es ist, eine Fledermaus zu sein“, oder: „Geist und Kosmos“.
Nagel ist übrigens m. W. auch Atheist, eine Ablehnung des Reduktionismus führt auch logisch nicht automatisch zum Glauben, aber der materialistische Reduktionismus ist halt auch nicht die konkurrenzlos einzige Position der Weltbeteachtung.
Hi Florian.
Ich kann gut damit leben, dass ich Dinge nicht erklären kann. Ich sehe trotzdem nicht, dass hier etwas fehlen sollte.
1. Auch wenn ich die genauen Wirkungsweisen nicht kenne, scheint mir doch offensichtlich, dass Wahrnehmungen eben letztlich durch biochemische Vorgänge hervorgerufen werden.
2. Ich kann auch nicht erkennen, was ich für zusätzliche Annahmen treffen sollte, um besser dazustehen. Selbst, wenn ich z.B. eine Geschmacks- oder Orgasmusfee annehmen würde, wäre ich doch letztlich genau so schlau wie zuvor. Einfach zu sagen, „Die Geschmacksfee bewirkt die Wahrnehmung“ ist doch billig. Das ist doch genauso wenig hilfreich, als zu sagen „Gott war’s.“
THOMAS NAGEL!!! Ich habe mich durch sein Hörbuch „Mind and Cosmos“ gequält. Er argumentiert einzig damit, dass er sich nicht vorstellen kann, das es nicht noch was „Höheres“ gibt. Und zwar ziemlich offensichtlich. Das ist doch kein Argument! Ich halte den Typ für völlig überbewertet und fand seine Argumentation lächerlich.
Wo genau führt Nagel denn die Geschmacksfee ein?
Ich halte die genaue Darstellung und Überprüfung analytischer Argumente insgesamt für zielführender, als missliebige Meinungen einfach pauschal als „lächerlich“, „überbewertet“ etc hinzustellen und dies dann noch mit dem eigenen Geschmack zu begründen.
Hi Florian.
Ich habe doch gar nicht behauptet, dass Nagel die Geschmacksfee einführt.
Ich weiß auch nicht, wieso mir ständig unterstellt wird, ich würde Positionen als lächerlich bezeichnen, WEIL ich sie nicht teile.
Es sollte doch wohl erkennbar sein, dass es genau umgekehrt ist: Ich teile bestimmte Positionen nicht, weil ich sie lächerlich finde. Und das Argument „Das muss so sein, weil ich es mir nicht anders vorstellen kann“ (argument from incredulity?) ist ein anerkannter Fehlschluss. Wenn jemand ein ganzes Buch schreibt und kein anderes Argument bringt, kann ich das nicht ernst nehmen.
Apropos Reduktionismus:
Christen scheinen oft zu glauben, dass naturalistische Erklärungen irgendwie den Zauber aus der Welt nähmen. Diesen Eindruck habe nicht nur ich, sondern auch Richard Dawkins (das ist also nicht nur meine Wahrnehmung), und er geht auch darauf im Gotteswahn ein: Die bloße Erkenntnis, dass Sex und Romantik Ergebnisse der Evolution und unserer Biochemie sind, ändert z.B. nichts daran, wie wir das empfinden. Ich liebe meine Frau sehr und genieße den Sex. Wenn ich darüber nachdenke, muss ich davon ausgehen, dass es sich um irgendwelche Prozesse in meinem Körper handelt, die dass Ergebnis der Evolution sind. Na und?
Man könnte auch sagen: Das Essen schmeckt immer noch gleich gut, auch, nachdem man erkannt hat, dass es sich beim Geschmacksempfinden um irgendeinen körperlichen Prozess handelt.
Ich habe allerdings mittlerweile erkannt, dass ich davon ausgehen muss, dass gläubige ChristInnen in ihrer SUBJEKTIVEN „Wirklichkeit“ tatsächlich „etwas haben“ – es handelt sich m.E. tatsächlich um so etwas wie einen eingebildeten Freund. Der kann, wie bei Kindern, natürlich auch einen Zweck erfüllen, und wenn man dem Betreffenden klar macht, dass der imaginäre Freund nur imaginär ist, muss ich davon ausgehen, dass das subjektiv tatsächlich als Verlust empfunden wird.
Ich habe z.B. Tinnitus. Meine persönliche Erfahrung ist, dass da ständig irgendwo ein Piepsen ist. Mein Verstand sagt mir aber, dass da in Wirklichkeit kein Piepsen ist (wenn ich z.B. den Ketzerpodcast aufnehme, zeichnet mein Mikrofon kein Piepsen auf). Ich muss also davon ausgehen, dass sich das Piepsen nur in meinem Kopf abspielt. Das ändert nichts daran, dass ich das Piepsen wahrnehme. Und wenn es verschwinden würde. wäre das für mich ein Vorteil. Umgekehrt wäre es vermutlich für Christen ebenso ein Nachteil, wenn der eingebildete Gott aus ihrem Kopf verschwinden würde. (Wenn ich mir z.B. statt des Piepsens ständig Orgasmen einbilden würde, sähe ich auch keinen Grund, etwas dagegen zu tun. Ich würde allerdings nicht bestreiten, dass es sich um eingebildete Orgasmen handelt.)
Vielleicht könnten wir uns sogar auf folgendes einigen: Christen leben in einer subjektiven „Wirklichkeit“, die sie besser finden als eine nüchterne, naturalistische Weltsicht, und sie würden somit tatsächlich einen unnötigen Verlust erfahren, wenn sie diese subjektive „Wirklichkeit“ aufgäben. Unter der Annahme, dass Religion keine signifikanten negativen Effekte hat, könnte man dann argumentieren, Atheisten sollten den Gläubigen doch ihren Glauben lassen.
Ich teile die letzte Annahme zwar nicht, aber ich versuche hier, eine Position zu entwickeln, die für Christen akzeptabel sein könnte.
Mein Punkt ist: Dawkins und ich (für andere Atheisten kann ich ja nicht sprechen) hätten dann immer noch Recht! Es wäre dann immer noch falsch, uns DENKFEHLER zu unterstellen. Man könnte sich immer noch über Arroganz usw. beklagen – aber das ist ja etwas ganz anderes als Denkfehler.
Dass wir zu unterschiedlichen Ergebnissen kommen, liegt daran, dass Leute wie Dawkins und ich davon überzeugt sind, dass man sein Weltbild der Realität anpassen sollte und nicht seinen Wünschen. Oder genauer gesagt: Das man sein Weltbild IMMER der Realität anpassen sollte – was ja auch Gläubige üblicherweise in allen anderen Lebensbereichen, die nicht den Glauben betreffen, tun. Und im Hinblick auf alle anderen Religionen.
Wenn ein Christ sagt: „Ich glaube eben, ich kann das nicht begründen.“ oder „Mir bietet der Glaube nur Vorteile, aber keine Nachteile“, dann hätte ich dagegen wenig einzuwenden. In beiden Fällen handelt es sich um persönliche Entscheidungen oder Abwägungen, die ich für mich zwar anders treffe, die ich aber akzeptieren kann.
Nur, noch einmal: Daraus folgt nicht, dass Dawkins oder ich Unrecht haben.
Der ganze Diskurs führt ja im Grunde auf die eine Frage zurück: Gibt es Gott oder nicht, bzw. gibt es den einen, sich selbstoffenbarten Gott oder nicht? Da sich diese Frage einer rationalen Eindeutigkeit entzieht, weil die Bedingung für die Existenz Gottes – seine Weltverschiedenheit und damit einhergehend seine Nichtnachweisbarkeit – gleichzeitig der Grund ist, nicht an ihn zu glauben, lässt sie sich nicht beantworten, bzw. läuft auf einen Patt hinaus. Denn was ich begründen kann, das kann nicht mein Grund sein.
Dass die Beweislast beim Gläubigen liegen soll, sehe ich nicht so, da diese Inpflichtnahme m.E. bereits den Materialismus voraussetzt, weil dem Sichtbaren, Messbaren (wie Materie und Gehirn) mehr Substanz zugesprochen wird als dem Unsichtbaren und Nichtmessbaren (wie Geist und Bewusstsein).
Aufgrund dieser Gegebenheiten meine ich auch, dass Gottesvorstellungen nicht ganz so willkürlich entstehen wie Russels Gießkanne (war es eine Gießkanne?) oder das Spaghettimonster dies suggerieren, da die Vorstellung eines sich bewussten Gottes per Analogieschluss geschlossen wird. Wenn wir also überhaupt irgendetwas von Gott wissen können, dann nur Dinge, die bereits in uns angelegt sind, weil Gleiches nur von Gleichem erkannt werden kann.
Diesbezüglich würde ich meinen, dass Gott als Ursache der Welt nicht weniger Realität haben kann als die Selbige. Dawkins Bild mit der Boeing verstehe ich insofern nicht als dass sich die Existenz Gottes, verstanden als das Absolute, einer Wahrscheinlichkeitsrechnung entzieht, weil er schon immer gewesen ist. Gemäß dem Ursachenargument könnte man zwar fragen, wer Gott erschaffen hat, aber wenn eine Ursache eine Möglichkeit zur Wirklichkeit bringt und Gott die erste Wirklichkeit ist, dann hat er, so betrachtet, selbst keine Ursache.
Als Christ glaube ich aber ja nicht nur an eine Gottesvorstellung, sondern an eine Gottesoffenbarung, die m.E. dann authentisch ist, wenn sie einerseits bestimmte menschliche Vorstellungen und Bedürfnisse bedient und sie andererseits weit übersteigt. Das Bild eines aus Liebe leidenden und aufopfernden Gottes wäre für mich genau so eine Offenbarung, an die es sich für mein Dafürhalten trotz aller Zweifel zu glauben lohnt. Denn das wäre m.E. eine wichtige Frage: Welcher Gott ist es wert, dass ich an ihn glaube, selbst wenn ich ihn nicht beweisen kann?
Und um den ganzen noch eine persönliche Note zu geben: Matthias, auch wenn vermutlich jetzt mich das Beil deiner kampferprobten Rhetorik treffen wird: Trotz allem meine allergrößte Hochachtung vor so viel Sprach- und Differenzierungsvermögen; die Sachen dergestalt auf den Punkt zu bringen, das kann nicht jeder. Egal, was und ob überhaupt was zurückkommt, du musst dir darüber im Klaren sein, dass letztendlich nur der Gläubige Recht behalten kann. Denn gibt es keinen Gott, dann ist mit dem Tod alles aus und jeder stirbt mit seiner Erkenntnis. Gibt es einen Gott, dann freu dich jetzt schon auf rechthaberische Gläubige, die dir mit den Worten „Ich habs ja gesagt!“ auf den Sack gehen werden, was vermutlich die eigentliche Hölle, wobei ich mir natürlich nicht sicher bin, ob man im Himmel überhaupt einen Sack hat.
Lieber Alexander,
vielen Dank für Deine anerkennenden Worte. Leider bin ich schon zu k.o., um Dich noch mit meinem rhetorischen Beil zu überziehen.
Es besteht allerdings noch Hoffnung für mich: Sollte es nämlich ein Leben nach dem Tod geben, dann schätze ich die Wahrscheinlichkeit äußerst gering ein, dass wir uns ausgerechnet in der christlichen Nachwelt wiederfinden werden. Viel wahrscheinlicher erscheint mir, dass wir uns BEIDE in der Hölle irgendeines anderen Gottes wiederfinden.
Und da ich das jetzt gesagt habe, könnte ich DIR dann für alle Ewigkeit vorhaben: „Ich hab’s doch gesagt!“ 😉
Ach, du weisst doch wie resistent Christen sind. Ich werde schon Gründe finden, warum dies der christliche Himmel sei, und deine Hölle wird sein, die das jeden Tag anhören zu müssen. 🙂
Es wäre natürlich ein interessanter Twist, wenn alle an den gleichen Platz kommen und dieser nur unterschiedlich als Himmel bzw. Hölle WAHRGENOMMEN wird.
Es gibt doch so eine Geschichte von einem, der stirbt. Er wacht auf ein einem super bequemen Hotelbett, wird fürstlich bewirtet mit Champagner und Kaviar, alle sind super nett, es gibt alles, was das Herz begehrt. Abends wird er ins Casino eingeladen, überall schöne Frauen, er gewinnt immer.
Das geht ein paar Tage so. Irgendwann fragt er seine Gastgeber: „Ich hätte gedacht, dass es im Himmel auch noch andere Sachen gibt.“
Man entgegnet ihm: „Wie kommen Sie darauf, dass Sie im Himmel sind?“
Yep. Sehr schön. Wenn ich mich recht entsinne, war das eine alte Twilight- Folge.
LG,
Der Jay
Alexander schreibt zurecht. „Diesbezüglich würde ich meinen, dass Gott als Ursache der Welt nicht weniger Realität haben kann als die Selbige.“ Denn kein Ding dieser Welt hat die Eigenschaft Wahrheit, oder Ursache wiederzugeben. Wenn Gott, oder Christus nicht im „Bestand“ mich selbst erhält, hält alles nichts! Ohne den Auferstandenen Jesus Christus im konkreten Leben eines Menschen und das Leben des Menschen in diesem Christus fällt der eigene Christus-Glaube wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Das bedeutet zugleich, dass die Wahrheit des Glaubens nicht davon abhängig ist, in wie vielen Tagen die Welt entstand, welche sexuelle Orientierung ich für angemessen halte oder ob mir die Botschaft der Bibel ganz grundsätzlich gefällt oder nicht. Ob der christliche Glaube wahr oder falsch ist, hängt einzig davon ab, ob der Auferstandene Jesus Christus im konkreten Leben eines Menschen und das Leben des Menschen in diesem Christus ist . Wenn er nicht auferstanden ist, ist alles eine Illusion.
Gott als eingebildeter permanenter Orgasmus. Das nenne ich mal einen kreativen Ansatz! 😉
damit würden Gofi & Jay alle iTunes Rekorde brechen…
Guter Tipp…! 🙂
Wenn ich mir hier den Schlagabtausch zwischen Matthias, Ina u.a. anschaue, weiß ich gar nicht, welches der beiden Adjektive ich mehr zutreffend finden soll: interessant oder fruchtlos.
Interessant, weil ich es faszinierend finde, was für Gehirnwindungen man entwickeln kann, wenn man sich über ein Thema beharkt, das man mit dem Verstand nicht ergründen kann: was bzw. ob etwas hinter der materiellen Welt liegt.
Fruchtlos deshalb, weil eben aus dem gleichen Grund nichts bei der Diskussion herauskommen kann außer Rechthaberei.
Lasse doch jeder dem anderen seinen Nicht-/Glauben. Streng rational ist nur eine agnostische Geisteshaltung möglich, also jene schwache Form des Atheismus, welche die Frage nach dem Leben, dem Universum und dem ganzen Rest einfach unbeantwortet lässt.
Für das praktische Leben ist die Beantwortung der Frage genauso irrelevant wie die Zahl 42. Ethik ist keine Frage des Glaubens, schon gar keine der Religion. Ethik ist als Diskurs zwischen allen Beteiligten zu betreiben, ob Agnostiker, Atheist oder Gläubiger einer beliebigen Religion. Das heißt nicht, dass nicht jeder aus seiner Geisteshaltung Inspiration gewinnen kann. Aber für das Finden einer gemeinsamen Lösung lasse jeder bitte seine Weltanschauung zu Hause.
Nur einige wenige Grundsätze/Axiome tun wohl Not: dass Friede, Freude, Liebe, Glück erstrebenswerte Kategorien sind, die es für Alle zu maximieren gilt. Ich bin davon überzeugt, dass diese sich (annähernd) vollständig realisieren lassen, wenn jeder getreu der Goldenen Regel dazu bereit ist, von seinem Egoismus zurückzutreten.
Natürlich kann man seine Egoismen herrlich im Namen der Weltanschauung ausleben: ich empfehle dazu den Gang zum Waffenhändler.
Vollkommen richtig. Daher hatte ich oben einen Link zu einer FRUCHTBAREN Diskussion gepostet. Sowohl der Theologe als auch der Atheist halten sich gar nicht mit Spekulationen auf, sondern sprechen vielmehr darüber, was man mit den unterschiedlichen Weltauffassungen anfängt.
Hier nochmal, sonst geht das im Chaos hier unter:
youtube com/watch?v=rXXhWX0eXSw
Ist zwar schon 7 Jahre alt, aber immer noch gut, wenn man ein bisschen philosophisch interessiert ist.
Auf wesentlich mehr als „Nix genaues weiß man nicht“ wollte ich persönlich auch nie hinaus. In der verlinkten Diskussion findet man dazu die Argumente, sofern man das spannend findet. 😉
Liebe Mitlesende, ich weiß, die „Diskussion“ zieht sich – aber an Inas letztem Kommentar lassen sich noch mal zwei interessante Aspekte christlicher Standardargumentation veranschaulichen, nämlich:
1. Ina widerlegt sich hier, ohne es zu merken, selbst, und bestätigt MEINE Position.
2. Es ist typisch für ChristInnen, erst einmal selbstbewusst eine ganze Ladung Behauptungen vorzubringen – und wenn dann jemand „die Luft rauslässt“, sich auf den Standpunkt zurückzuziehen, darauf komme es ja im Grunde nicht an.
1. Ina widerlegt sich und das Christentum selbst, und bestätigt meine Position
Statt ihre Kritik, z.B. am Reduktionismus, zu begründen, zieht sich Ina auf den auf den vermeintlich unangreifbaren Standpunkt zurück „Nichts Genaues weiß man nicht“. Als Beleg für diese Behauptung verweist sie auf eine Sendung mit vier schnaufenden Labertaschen, die mehrmals ausdrücklich bedauern, dass sie sich eigentlich überall einig sind, obwohl sie mit einem Theologen und einem erklärten Atheisten eigentlich ohne weiteres themenrelevante Punkte hätten finden könnten, an denen sie unterschiedlicher Auffassung sind.
Nehmen wir zur Vereinfachung mal an, Ina hat Recht: Nichts Genaues weiß man nicht.
Das mag zwar richtig sein, diese Aussage steht aber in einem deutlichen Widerspruch zum klassischen und typischen Christentum (auf INAs „Glaubensaussagen“ komme ich noch). Das Christentum zeichnet sich doch gerade dadurch aus, viele bemerkenswerte Dinge ganz genau wissen zu wollen. Z.B.:
– Die Welt wurde durch einen Gott erschaffen.
– Die Christen meinen auch ganz genau zu wissen, dass es nur EIN Gott ist, und nicht etwa mehrere.
– Gott soll gleichzeitig aus drei Personen/Wesenheiten/was auch immer bestehen. Nicht etwa zwei oder vier, DAS wäre Häresie!
– Gott hat die Menschen geschaffen, damit sie ihn lieben können. (Eigentlich egal, warum genau. Jedenfalls behauptet das Christentum typischerweise, Gottes Gedanken zumindest in dieser Hinsicht zu kennen.)
– Jesus war tot und wurde wieder lebendig.
– Jesu Tod war als Sündenbock-Opfer gedacht.
– Die Christen wissen ganz genau, dass sich die vorherigen Punkte nicht einfach nur jemand ausgedacht hat.
– Es gibt ein Leben nach dem Tod.
– Es gibt ein Gericht nach dem Tod.
Wenn Ina sich auf den Standpunkt stellt, man könne man könne eigentlich gar nichts genau wissen, zieht sie dem Christentum somit dem Boden unter den Füßen weg. Wenn man nichts genau wissen kann, können (typische) Christen sich nicht hinstellen und behaupten, über Gewissheiten oder Wahrheiten zu verfügen. Tun sie es doch, erlaube ich mir, darauf hinzuweisen, dass es hohle Phrasen sind.
Freilich will jemand, der sich auf diese Position zurückzieht, damit nicht sich selbst, sondern den Atheisten den Boden unter den Füßen wegziehen. Typischerweise wird diese Floskel gebracht, um Atheisten sozusagen den Mund zu verbieten: „Das kannst DU ja gar nicht so genau wissen!“
Nur: Als Atheist bin doch im Grunde gerade ICH derjenige, der die CHRISTEN darauf hinweist: „Das könnt Ihr doch alles gar nicht wissen!“
Und ich, als Atheist, muss überhaupt nichts über etwas wissen, um nicht daran zu glauben. Von den meisten Göttern, an die ich nicht glaube, weiß ich vermutlich überhaupt nichts. Für Christen gilt übrigens dasselbe.
Und als Atheist ist meine Position nicht „Es gibt keinen Gott“, sondern „Es gibt keine überzeugenden Argumente für die Existenz Gottes“.
Wenn jemand meint, man könne nichts wirklich wissen, dass stärkt also das MEINE Position, untergräbt aber die Position der Christen.
Nun zu Inas persönlichen Vorstellungen, über die ich natürlich fast nichts weiß. Ina vermeidet ja konkrete Festlegungen wie der Teufel das Weihwasser. Einmal hat sie sich allerdings zu einer konkreten Behauptung hinreißen lassen, nämlich:
„Die Bezogenheit auf Gott toppt alles, ja. Kann sogar besser als Sex sein.”
Wäre ich wortklauberisch, würde ich darauf hinweisen, dass Ina für diese Aussage ALLES andere kennen müsste.
Aber selbst, wenn wir Inas Statement nicht auf die Goldwaage legen, ist das eine Aussage, die jemand, der tatsächlich der Auffassung ist, dass man nichts wirklich wissen kann, nicht in dieser absoluten Weise machen würde.
Ina würde vielleicht entgegnen: Das Statement beschreibt aber meine persönliche Erfahrung, und die kann ich wohl wissen!
OK. Auch hier lasse ich diese Aussage mal gelten, um meinen Punkt zu machen.
Ina müsste dann allerdings ihre vorherige Aussage „Nix genaues weiß man nicht“ abändern in „Nix Genaues weiß man nicht – außer, es handelt sich um persönliche Erfahrungen.“
Oder anders ausgedrückt: „Nix Genaues weiß man nicht – manches aber schon!“
Mit solchen Aussagen würde Ina aber vermutlich nicht davonkommen, denn dass persönliche Erfahrung dazu führt, dass man etwas „genau weiß“, lässt sich gut begründet bestreiten.
2. Inas christliche Standard-Taktik
Ina schrieb:
„Auf wesentlich mehr als ‚Nix genaues weiß man nicht‘ wollte ich persönlich auch nie hinaus.“
Vielleicht habt Ihr Euch (wie ich) gefragt, wieso sie dann so viel geschrieben nat.
Nun, es ist typisch für Christen, die ihren Glauben verteidigen (oder Atheisten kritisieren), dass sie erst einmal ein Trommelfeuer irgendwelcher Behauptungen und Argumentationen (letztere habe ich bei Ina nicht gefunden) vorbringen. Die meisten Menschen sind mit logischen Fehlschlüssen und rhetorischen Tricks nicht vertraut. Das heißt: Bei vielen Menschen, oder sogar bei den meisten, FUNKTIONIEREN Fehlschlüsse und rhetorische Tricks! In den seltenen Fällen, wo diese Christen auf die Denkfehler und Tricks hingewiesen werden, ziehen sie sich dann auf den Standpunkt zurück „Letztlich ist das Glaubenssache“ oder „Man muss sich halt darauf einlassen.“ (Sprich: Ich weiß, dass meine „Argumente“ nur jemanden „überzeugen“, der sowieso schon glaubt.) Oder eben „Nichts Genaues weiß man nicht.“
Das vermittelt mir natürlich den Eindruck, dass viele missionarische oder apologetische Christen gewissermaßen einfach mal ihr Glück versuchen und sehen, wie weit sie damit kommen. Es erinnert mich an das Motto von Verleumdungskampagnen (mir fällt kein besseres Beispiel ein): „Schmeißt einfach mit Scheiße – irgendwas bleibt schon hängen!“
Wer natürlich nur mit Ahnungslosen und Gleichgesinnten diskutiert und die Auseinandersetzung mit Andersdenkenden scheut (z.B. als Christ nicht Dawkins liest, sondern nur seine Kritiker), der glaubt vermutlich irgendwann selbst, er hätte gute Argumente. Deshalb lese ich eigentlich kaum Atheisten, sondern vor allem christliche Autoren.
Wenn MIR jemand, klarmacht, dass ein Argument nicht funktioniert, verwende ich es danach nicht wieder, sondern weise ggf. andere Atheisten darauf hin, dass wir es nicht verwenden sollten. Im Ketzerpodcast habe ich in dieser Richtung z.B. auf die Untersuchungen von Robert Pape zu den (nichtreligiösen) Motiven von Selbstmordattentätern hingewiesen (Folge 44.2), und kürzlich (Folge 68.6) habe ich versucht, zu erklären, dass das kreationistische Argument von der irreduziblen Komplexität auf molekularer Ebene nicht einfach mit dem „Standard-Modell“ der Evolution (bereits existierende Organe ändern sich) vom Tisch zu wischen ist, sondern etwas anders gemeint ist.
Wer ERST voll auf die Kacke haut, nur, um sich SPÄTER auf die Position zurückzuziehen „Nichts Genaues weiß man nicht“, oder „Man kann Gott halt weder beweisen noch widerlegen“, den nehme ich so ernst wie den Schwarzen Ritter in Monty Python’s „Die Ritter der Kokosnuss“, der nicht wahrhaben will, dass ihm König Artus beide Arme und Beine abgeschlagen hat und ihm, auf dem Boden sitzend, ein „Unentschieden“ anbietet.
Kleine Anmerkung: die Sündenbock Theologie ist nicht unter allen Christen Konsens. Da gibt’s sogar einschlägige Hossa-Folgen dazu.
Ich denke, es geht halt um den guten alten Unterschied zwischen Glauben und Wissen. Wobei beide Begriffe von verschiedenen Seiten wieder unterschiedlich definiert werden.
was verstehst Du unter „Wissen“? Es klingt so, als ob Du naturwissenschaftliche Erkenntnisse meinst. Kannst das aber gerne richtig stellen.
Daneben gibt es auch anderes Wissen, z. B. introspektives (etwa das Wissen um eigene Gefühle, Erinnerungen usw), mathematisches, sprachliches etc.
Auf der anderen Seite gibt es verschiedene Auffassungen von „Glauben“. Erkenntnistheoretisch meint man meistens eine Art Annahme, die man subjektiv für wahr hält (das wäre in etwa Kants Verständnis).
Christen verstehen darunter oft eher eine Zusage, wie bei der Heirat: „Ich werde Dir treu sein.“ ob dieser Satz wahr ist, lässt sich weder unmittelbar, noch rein rational / objektiv feststellen. Sondern er hängt nun mal sehr stark von subjektivem Erleben, Biographien etc ab. Trotzdem halten wir solche Sätze nicht für komplett sinnfrei. Ihre Wahrheitsbedingungen liegen auf einer anderen Ebene als z. B. naturwissenschaftliches Wissen.
Ob diese Antwort schon der Weisheit letzter Schluss ist, weiß ich noch nicht. Halte sie bisher aber für ganz ergiebig.
Hallo Florian!
Noch mal danke für die prima Fragen! Auch hier reden Gläubige und Atheisten häufig aneinander vorbei, meine ich.
Zum Unterschied zwischen Glauben und Wissen schreibst Du:
»was verstehst Du unter „Wissen“? Es klingt so, als ob Du naturwissenschaftliche Erkenntnisse meinst. Kannst das aber gerne richtig stellen.
Daneben gibt es auch anderes Wissen, z. B. introspektives (etwa das Wissen um eigene Gefühle, Erinnerungen usw), mathematisches, sprachliches etc.«
Zunächst lass mich sagen, dass ich den Unterschied zwischen Religion und Naturalismus sozusagen aus einer anderen Richtung angehen würde. Nicht, dass ich den Unterschied zwischen Glauben und Wissen nicht sehen würde oder damit Probleme hätte. Nur scheint mir der heikle Begriff des „Wissens“ unnötig unscharf, so dass ich lieber einen Ansatz wählen würde, bei dem ich besser abgrenzen kann. Dazu gleich mehr.
Unter „Wissen“ verstehe ich zunächst einmal Aussagen, die intersubjektiv nachvollziehbar sind. (Sage ich jetzt mal spontan.) Das beinhaltet natürlich noch nicht das von Dir angesprochene introspektive Wissen. (Bei Mathe und Sprache würde ich sagen, das ist für alle nachvollziehbar. Bei Sprache nachvollziehbar zwar nicht in dem Sinne „Warum heißt der Baum „Baum“? Aber in dem Sinne, dass ein Baum halt mit „Baum“ zu bezeichnen ist und nicht mit „Fisch“.)
Zum introspektiven Wissen. Da gibt es ja niemand anderen, der das beurteilen könnte. Trotzdem sehe ich kein Problem darin, das als Wissen zu bezeichnen. Allerdings ist hier genau zu unterscheiden:
Ich habe z.B. Tinnitus und höre die ganze Zeit immer ein Piepsen. Ich weiß also, dass ich ein Piepsen wahrnehme. Ich weiß aber auch, dass da „in Wirklichkeit“ kein Piepsen ist – denn andere hören ja keins und mein Mikrofon zeichnet auch keins auf. Ich könnte mich also nicht mit anderen Leuten darauf einigen, dass da ein Piepsen ist.
Folglich weiß ich auch, dass ich aus meinen Wahrnehmungen bzw. Erfahrungen nicht einfach so auf die Realität schließen kann.
Deshalb lässt sich auch aus persönlichen Erfahrungen kein Rückschluss auf die Realität ziehen – zumindest nicht, solange nicht alle Menschen die gleiche Erfahrung machen.
Christen können also gerne von ihren Erfahrungen mit Jesus berichten. Diese Erfahrungen könnte man meinetwegen auch als introspektives Wissen bezeichnen: das Wissen um diese Erfahrungen. Sie sollten bloß (solange es keine anderen, überzeugenden Argumente gibt), daraus nicht schließen, dass Jesus tatsächlich existiert.
Ich würde die Sache so angehen: Für mich sind Naturalismus und Religionen WELTBILDER. (Religion nicht nur, aber auch.) Es sind Vorstellungen davon, wie die Welt funktioniert. Einverstanden?
Es gibt sicher weiter gefasste Vorstellungen von dem Begriff „Weltbild“ – etwa als allgemeine Einstellung zum Leben, wie „Optimist“. Aber für mich hat ein Weltbild zunächst einen einzigen Zweck: Mein Bild von der Welt soll die Welt möglichst korrekt beschreiben. Nachvollziehbar?
Dabei gehe ich davon aus, dass es nur gut sein kann, wenn mein Weltbild möglichst viele richtige und möglichst wenig falsche Annahmen aufweist. OK?
Es hat sich außerdem bewährt, möglichst WENIGE Annahmen aufzustellen. Ich würde das nicht „Reduktionismus“ nennen, aber es scheint mir darauf hinauszulaufen: Wenn ich mit wenigen Annahmen auskomme, brauche ich keine zusätzlichen Annahmen.
Leider haben mir die Reduktionismus-Kritiker hier ja noch nicht mitgeteilt, was sie am Reduktionismus zu kritisieren haben. Ich kenne mich auch mit dem Begriff „Reduktionismus“ nicht so aus. Für mich wäre nur wichtig, dass der Reduktionismus grundsätzlich offen für neue Annahmen ist. Ich schrieb ja: WENN ich mit wenigen Annahmen auskomme, brauche ich keine zusätzlichen Annahmen. Das heißt aber auch: Wenn ich mit meinen bisherigen Annahmen NICHT auskomme, brauche ich ZUSÄTZLICHE Annahmen. Deshalb geht man ja heute z.B. auch davon aus, dass es subatomare Teilchen gibt oder dass der Raum krumm ist (sage ich mal so, Relativitätstheorie). Ich verstehe den naturalistischen Ansatz also so, dass man nicht ohne guten Grund neue Annahmen einführt. Und natürlich ist zu prüfen, ob diese Annahmen dann auch zu korrekten Beschreibungen der Realität führen.
Gofi fand es ja, glaube ich, reduktionistisch, wenn ich davon ausgehe, dass Gefühle usw. biochemische Vorgänge im Körper sind. Ich selbst weiß zwar nicht genau, was das für Vorgänge sind. Ich kann aber nicht erkennen, weshalb ich NICHT davon ausgehen sollte. Wichtig scheint mir dabei, dass ich nicht von VORNHEREIN ausschließe, dass es da noch etwas anderes geben könnte. (Gläubige scheinen oft zu glauben, wir würden Dinge von VORNHEREIN ausschließen. Das wäre natürlich ein Zirkelschluss.) Ich sehe bloß keinen Grund, anzunehmen, dass es für die Wahrnehmung von Gefühlen mehr braucht als diese biochemischen Vorgänge. Das heißt nicht, dass ich meine Gefühle NUR als biochemische Prozesse betrachte. Aber ich sehen eben keinen Grund, hier zusätzliche Annahmen einzuführen. Ist das soweit klar?
Ein Beispiel: Wenn ich das Licht einschalte, kann ich den Vorgang naturalistisch erklären. Nicht mal Christen würden vermutlich behaupten, dass da irgendwas fehlen würde, oder dass ich noch annehmen muss, dass Gott oder eine Lichtfee das Licht immer dann ein- und ausschalten, wenn sie sehen, dass ich den Schalter betätige. Und, ganz wichtig: Die das Licht NICHT einschalten, wenn das Kabel oder die Lampe oder der Schalter kaputt sind. Die Annahme einer Lichtfee würde hier sogar nur stören, denn wenn es auf die Lichtfee ankommt, warum muss dann das Kabel heile sein?
Genauso ist es auch bei den Gefühlen oder Wahrnehmungen: Sie hängen von funktionierenden biochemischen Vorgängen ab. Würden Gefühle nicht durch diese Vorgänge hervorgerufen, wieso ändern sie sich dann, wenn mit diesen Prozessen etwas nicht funktioniert?
Also: Was immer offiziell als Reduktionismus gilt: Für mich
1. schließt der Reduktionismus nichts von vornherein aus
2. ist er prinzipiell offen für Neues
3. aber nur, falls die bisherigen Annahmen nicht ausreichen, um etwas zu erklären und
4. nur mit guter Begründung.
Ich weiß nicht mehr, wer das Beispiel gebracht hat: Wenn sich z.B. zuverlässig jedes Mal in allen katholischen Gottesdiensten während der Wandlung beim Sprechen der richtigen Worte TATSÄCHLICH die Hostie in Fleisch verwandeln würde – DANN z.B. könnten wir über zusätzliche „übernatürliche“ Annahmen reden. Ich schließe überhaupt nichts von vornherein aus!
Aber solange sich religiöse Erfahrungen bzw. Wahrnehmungen völlig problemlos mit Denkfehlern, Sinnestäuschungen, selektiver Wahrnehmung und frühkindlicher Indoktrination erklären lassen (zumindest bei den ANDEREN Religionen, nicht wahr?), sehe ich keinen Grund, Annahmen wie „Gott“ oder ein Leben nach dem Tod in mein Weltbild einzuführen.
Am Rande sei noch bemerkt, dass die Einführung zumindest der christlichen Vorstellungen m.E. überhaupt keinen Erklärungswert hat, aber zu zahlreichen Widersprüchen führt, so dass sich mein Weltbild dadurch nicht nur nicht verbessern, sondern verschlechtern würde.
Bei dieser Herangehensweise kann ich auf die Begriffe „Wissen“ und „Glauben“ komplett verzichten. Beides fällt bei mir unter den Begriff „Annahmen“. Es gibt dann gut begründete Annahmen und überflüssige Annahmen. Diese Unterscheidung gefällt mir eigentlich besser: „Wissen“ wir, dass morgen die Sonne aufgeht? Streng genommen: Nein. Ist es eine gut begründete Annahme: Ja.
„Wissen“ wir, ob Gott existiert? Da die Aussage, weder Gott noch seine Nichtexistenz ließen sich beweisen, hier nicht weiter auf Kritik gestoßen ist, können wir uns vielleicht auf „Nein“ einigen. Ist Gott eine gut begründete Annahme? Ich meine, sie ist überflüssig.
Jetzt kommen natürlich wieder Leute wie Käßmann, von Stosch oder Alister McGrath daher und behaupten: Ja, aber die Gotteshypothese schadet auch nicht, und ich fühle mich damit. besser. Deshalb ist es doch gerechtfertigt, die Existenz Gottes anzunehmen.
Ist es aber nicht. Zunächst erscheint mir diese Idee absurd, aber das ist nur meine MEINUNG. Ich könnte zu meinem naturalistischen Weltbild z.B. auch widerspruchsfrei die Annahme hinzufügen, dass ICH der Mittelpunkt des Universums bin und dass die Welt nur meinetwegen geschaffen wurde. Klingt prima, finde ich. Gleiche „Logik“ wie zuvor. Würde irgendjemand hier dafür plädieren?
Darüber hinaus stimmt es nicht, dass die Einführung der christlichen Gottesvorstellung nur Vorteile hat. Die verbreitete Vorstellung vom „lieben Gott“ ist, wie gesagt, in sich widersprüchlich und steht auch im Widerspruch zur Realität. Gläubige merken das auch, das äußert sich dann in Glaubenszweifeln, die dann mitunter im Hossa Talk thematisiert werden. Ich stimme mit Margot Käßmann darin überein, dass der Glaube immer mit Zweifeln einhergeht. Warum? Weil das christliche Weltbild in sich und zur Realität widersprüchlich ist. ICH muss mich nicht ständig fragen, wie Gott so viel Leid zulassen kann. Das muss nur jemand fragen, der an einen allgütigen und allmächtigen Gott glaubt, und der mit der Realität konfrontiert ist, dass es viel zu viel unverschuldetes Leid gibt.
Und wegen der Widersprüche ist es für mich auch unerheblich, ob ich mich mit der Gottesvorstellung besser fühle.
Bei der Lektüre von Frau Käßmanns Buch „Im Zweifel glauben“ meine ich sogar, folgendes erkannt zu haben (wie Ihr seht, profitiere ich davon, Bücher der Gegenseite zu lesen – sogar welche von Margot Käßmann):
Der Vorteil, den ChristInnen aus ihrem Glauben ziehen, ist ein gewisses „Urvertrauen“. Manchmal ist auch von „Hoffnung“ die Rede.
Worauf gründet sich diese Hoffnung? – Auf die Vorstellung, dass es einen Gott gibt, der es gut mit einem meint, und der den Gang der Dinge beeinflussen kann und das, zumindest gelegentlich, auch tut. Klingt erst mal gut, nicht wahr? (Ach – das brauche ich Euch ja nicht zu sagen!)
Vielleicht sind wir uns soweit noch einig?
Nun ist es freilich NICHT so, dass Atheisten KEINE Hoffnung haben könnten. Krankheit, Krebs? Es besteht üblicherweise eine mehr oder weniger große Wahrscheinlichkeit, wieder zu gesunden. Darauf können auch Atheisten hoffen. Die Hoffnung wird sich freilich im Rahmen der statistischen Erwartungswerte bewegen müssen. Hoffnung, nichtsdestotrotz.
Bei Dingen, für die es KEINE statistische Erwartung gibt, scheinen bemerkenswerterweise auch Christen keine große Hoffnung zu hegen. Habt Ihr Euch schon mal gefragt, warum Gott keine verlorenen Gliedmaßen nachwachsen lässt? Oder etwas weiter gefasst: Weshalb Gott nur Krankheiten zu heilen scheint, bei denen auch eine Gesundung auf natürlichem Weg oder Spontanheilungen möglich sind?
Wie dem auch sei: Atheisten haben auch Hoffnung. Ich will aber gerne zugestehen, dass Gläubige sozusagen einen „Hoffnungsvorsprung“ haben.
Nur: Diese „Zusatzhoffnung“ gründet sich ja auf die Vorstellung eines allmächtigen und allgütigen Gottes. Und mit dem Theodizeeproblem ist gewissermaßen offiziell anerkannt, dass diese Vorstellung im Widerspruch zur Realität steht. (Buchempfehlung: „Theodizee“ von Klaus von Stosch. Der katholische Theologe zeigt zunächst sehr überzeugend, dass keine der bisherigen „Lösungen“ überzeugen kann. Wie geht er damit um? Wird er etwa Atheist? Nein! Er kommt (wenn ich mich recht erinnere) zu dem Ergebnis: Wenn wir die Vorstellung vom allmächtigen und allgütigen Gott aufgeben, dann ist das ein genauso trauriges Weltbild. Also behalten wir sie bei. – So kann natürlich nur jemand argumentieren, dem Widerspruchsfreiheit letztlich egal ist.)
Der Widerspruch der Vorstellung vom „lieben Gott“ führt m.E. zwangsläufig dazu, dass der Glaube stets mit Zweifeln einhergeht. (Eine Beobachtung, die nicht nur Margot Käßmann bestätigt.) Je größer die Erwartung an Gott – und damit die „Zusatzhoffnung“ – desto größer die Kluft zwischen Weltbild und Wirklichkeit. Wer z.B. annimmt, dass Gott jeden heilt, der nur fest genug glaubt (und der glaubt), der wird daraus natürlich größere Hoffnung ziehen als jemand, der glaubt, dass Gott zwar manchmal heilt, aber nicht immer. Dafür wird Ersterer aber öfter mit der Realität konfrontiert, dass Gott offenbar Gläubige nicht geheilt hat. Was Zweifel an seinem Glauben auslösen muss. Ist das soweit klar geworden?
Also: Auch Atheisten dürfen hoffen. Gläubige haben demgegenüber nur einen mehr oder weniger großen „Hoffnungsvorsprung“. Aber je größer diese Zusatzhoffnung, desto größer sind (tendenziell) auch die Zweifel, mit denen sich der Gläubige herumquälen muss. (Ich meine: Wer würde sich ohne Not Käßmann-Bücher kaufen? 😉 ) Und zwar nicht nur, wenn er gerade mal Krebs hat oder in einer Notlage ist, sondern IMMER. Der Widerspruch zwischen dem christlichen Weltbild und der Realität tritt ja ständig zutage. Wie durch das Theodizeeproblem ausreichend belegt sein dürfte.
Mir fällt gerade noch was ein: Ich wollte gerade schreiben, dass ich als Atheist also auch hoffen darf, mein Weltbild aber nicht zu Zweifeln führt. Klingt für mich schon mal besser als Christentum. Nun hinterfrage ich mich ja grundsätzlich immer selbst, fragte also: Habe ich tatsächlich keine Zweifel? Ich meine: Nein. Erstens stellen Leid und Ungerechtigkeit mein Weltbild nicht in Frage, sondern bestätigen mir Tag für Tag, dass es keinen gütigen und allmächtigen Gott gibt. Solange Gott sich nicht öffentlich oder mir persönlich zeigt, können Zweifel bei mir also eigentlich nur durch christliche Argumente kommen. Nun meine ich allerdings seit 30 Jahren zu beobachten, dass sämtliche christlichen Argumente auf Denkfehlern beruhen. Auch dadurch fühle ich mich natürlich in meinem Weltbild bestätigt, wie Ihr Euch vielleicht vorstellen könnt.
Aber jetzt kommt das Beste: Mir ist gerade aufgegangen, dass Zweifel für MICH überhaupt keine Qual darstellen! Ich will mein Weltbild ja nicht beibehalten, sondern, falls nötig, der Realität anpassen. Selbst, WENN ich also Zweifel hätte, ob mein atheistisches Weltbild richtig ist, so würden mich diese Zweifel doch nicht QUÄLEN. Ich fände sie wahrscheinlich eher spannend, oder zumindest interessant.
Ich glaube, damit mache ich Schluss für heute – und möglicherweise erst einmal für ein paar Tage.
Dir, Florian, noch einmal vielen Dank für die prima Fragen! Du konntest jetzt quasi live miterleben, wie sie mich weiter gebracht haben.
Und P.S.: Was ich am geilsten finde ist, dass ich hier, glaube ich, mehr Begeisterung für den Atheismus ausstrahle, als Ina für Jesus 😉
Matthias,
anscheinend fällt es Dir schwer nachzuvollziehen, dass es mir (und auch ein paar anderen Leuten hier) v.a. um eine grundsätzliche Kritik an Deiner Erkenntnismethode (und nicht um Gott) geht. Diese Kritik richtet sich v.a. darauf, dass diese Erkenntnismethode 1. beansprucht die einzige seriöse und 2. absolut zwingend zu sein.
Keiner (jedenfalls nicht ich) stellt eine eigene Theorie oder auch nur Begründung für Gott auf. Das kannst Du gerne blöd finden (weil Du lieber Theorien von Christen hören und dann widerlegen möchtest), aber Du solltest in der Lage sein, Kritik als Kritik und nicht als Theorie wahrzunehmen.
Eine Theorie stelle ich übrigens nicht aus Denkfaulheit auf, sondern weil ich (wie anscheinend auch andere hier) ernsthaft darüber nachgedacht habe, was man überhaupt redlicherweise aussagen kann. Diese Redlichkeit interpretierst Du dann aber als ihr Gegenteil: als romantisch-schwärmerische Haltung, die Du eventuell von Christen kennst, denen ihre „persönliche Beziehung zu Jesus“ unreflektiert reicht.
Ich habe nur insofern „auf die Kacke gehauen“, als ich in meinen Kommentaren direkt nach diesem Podcast hier einen kleinen Crash-Kurs Methodenkritik, Sprachphilosophie und Erkenntnistheorie gemacht habe. Da kann man bestimmt auch was dran kritisieren. Florian z.B. würde bestimmt mindestens andere Akzente bei einem solchen Crash-Kurs setzen, hätte aber auch inhaltlich bestimmt andere Punkte.
Mein Anspruch (den Du mir hier permanent wahlweise zum Vorwurf machst oder abstreitest) bezieht sich dabei darauf, dass ich es kann. Es ist mein Beruf. Unabhängig davon, ob ich auch noch Christin bin oder nicht.
Erzähl also keinen Quark über „Satisfaktionsfähigkeit“. Dieser blöde Begriff sagt nichts über meine Qualifikation, sondern darüber, wie wichtig es Dir ist, Recht zu haben. Kritisieren kannst Du allenfalls, dass meine didaktischen Fähigkeiten vielleicht nicht die besten waren.
Erst auf dieser Grundlage (was sind Methoden? was können sie? wo sind ihre Grenzen?) könnte man dann nachdenken darüber, was man seriöserweise überhaupt „diskutieren“ kann. Ich bin dabei allerdings wesentlich weniger naiv als Du mir zu unterstellen scheinst. Was Warheit ist und welche Geltungsansprüche man unter welchen Bedingungen erheben kann, ist ein umkämpftes Feld in der Philosophie. Das werde ICH nicht lösen. DU allerdings auch nicht.
Mein eigener Punkt ist die ganze Zeit v.a. einer: Sämtliche Erkenntnismethoden sind an Voraussetzungen gebunden, über die man sich im klaren sein muss. Man muss ganz grundsätzlich immer eine Entscheidung treffen, welchen Zugang zu einer Frage man wählt, am besten abgestimmt auf die Frage, die man hat.
Absolut zwingend ist keine davon, wenn es um die Gottesfrage geht. Alexander und Florian haben dazu jetzt auch was geschrieben (Stichwort Materialismus).
Deshalb ist es sinnlos, über die Gottesfrage auf erkenntnistheoretischer Ebene zu streiten. Nur darauf bezog sich mein „Nix genaues weiß man nicht“. Absichtlich flapsig formuliert. Aber nein, nun reiß Du eben das aus dem Kontext und baust es zu einem Strohmann auf, den Du dann theatralisch abfackelst.
Florian hat zu recht auf Kant hingewiesen. Bei ihm kann man Bescheidenheit lernen in Bezug auf Erkenntnisgrenzen. Ein bisschen davon könnte auch Dir nicht schaden.
Nicht mehr und nicht weniger. Also rüste mal nen Tacken ab.
Vielleicht eins noch auf der Meta-Ebene. Ich glaube nämlich langsam, dass Du in mir etwas zu erkennen glaubst, was Du dann exemplarisch bekämpfst (auf eine übrigens unterirdische Weise):
Ich bin weder eine „wiedergeborene geistgetaufte usw.“ Christin, noch halte ich viel von der „persönlichen Beziehung zu Jesus“. Beides ist ideologische Rede. Ich leite aus der Bibel auch keine Anweisungen ab, sondern denke selber, auch und gerade als Staatsbürgerin. An meiner Kirche stört mich jede Menge.
Ich habe noch nie missioniert, nur deshalb kann ich mehrere gute Freundschaften zu (entspannten) Atheisten und (liberalen) Muslimen haben. Meine Weltsicht können meine atheistischen Freunde bestens nachvollziehen (die sind aber halt auch keine Materialisten, d.h. die generelle Art zu denken ist zwischen ihnen und mir ähnlicher als zwischen Dir und mir).
Ich war selber Atheistin und halte meine früheren Argumente gegen Gott nach wie vor für gut. Bei mir hat sich irgendwann lediglich die Einschätzung von Wahrscheinlichkeiten/Möglichkeiten in meinen Überlegungen zur Gottesfrage verschoben. Das sind allerdings nur „Evidenzen“ auf der persönlichen Ebene, d.h. nichts, worüber man vernünftig intersubjektiv diskutieren könnte. Mein eigenes Hauptargument gegen Gott habe ich hier sogar ganz offen jemandem vom MGMBlog genannt.
Du hast ein Feindbild, das ich sogar nachvollziehen kann. (Dass Dawkins so polemisch ist, wundert mich bei der christlichen US-Szene auch kein bisschen.) Die wenigsten der Hossa-Hörer entsprechen dem aber. Es an mir persönlich aufzuhängen ist darüber hinaus echt kindisch.
Ich ziehe mich hier jetzt mal zurück. Florian bringt die Dinge, die mir wichtig sind, besser auf den Punkt bzw. trifft eventuell die Sprache, die Du verstehst, besser als ich.
Ich habe gerade erst Inas obige Ausführungen zu „Logik“ und ihr Ampelbeispiel gefunden.
Jetzt wird mir einiges klar!
Ich wollte es vorher nicht so deutlich sagen, aber mir drängt sich der Eindruck auf, dass Ina grundlegende logische Konzepte nicht versteht.
Aber urteilt selbst:
Ina schreibt:
»Es gibt Widersprüche oder Polaritäten, die man nicht beschreiben kann mit A ist ungleich B, A ist auch ungleich Nicht-A, also ist B gleich Nicht-A.«
Wenn ich es richtig verstehe, will Ina Grenzen der formalen Logik veranschaulichen.
Ihr Beispiel:
A ist ungleich B.
A ist auch ungleich Nicht-A.
Also ist B gleich Nicht-A.
Das ist natürlich Blödsinn. Das sollte man eigentlich gleich erkennen. Aber zur Illustration:
Matthias ist ungleich Ina.
Matthias ist auch ungleich Nicht-Matthias (Nicht-Matthias umfasst alles, was nicht Matthias ist. Also den Rest der Welt, außer Matthias.)
Also ist Ina gleich dem Rest der Welt, außer Matthias. (Das ist ein Fehlschluss.)
Da Ina sich, wie üblich, unklar ausdrückt, sehe ich zwei Möglichkeiten, was sie damit sagen will:
Entweder, sie will darauf hinweisen, dass man NICHT so argumentieren dürfe. Das ist zwar richtig – aber wieso meint sie, extra darauf hinweisen zu müssen? Kein halbwegs vernünftiger Mensch mit eine Funken von Verständnis für Logik würde doch so argumentieren!
Womit wir bei Möglichkeit zwei wären: Ina meint womöglich, man könne tatsächlich so argumentieren.
Der Fehler in Inas Beispiel liegt darin, dass „ungleich“ nicht wie „gleich“ behandelt werden darf: Matthias ist ungleich Ina. Jay ist auch ungleich Ina. Daraus folgt NICHT, dass Matthias gleich Jay ist.
Umgekehrt gilt aber (zumindest logisch): Matthias ist gleich Ina. Jay ist gleich Ina. Daraus folgt, dass Jay gleich Matthias ist.
Vielleicht übersehe ich hier ja etwas. Aber für mich sieht das so aus, als ob Ina entweder ein elementares Logik-Prinzip nicht versteht (auf dem Niveau von: Wenn es regnet, wird die Straße nass. Daraus folgt nicht, dass es geregnet hat, wenn die Straße nass ist), oder, dass sie ein unbrauchbares Beispiel für die Grenzen der Logik präsentiert. Denn das einzige Problem, was hier präsentiert wird, ist ja keine Schwachstelle der Logik, sondern eine Schwäche im Logik-Verständnis.
Kommen wir zum Ampel-Beispiel. Ina schreibt:
»Spätestens bei einer Ampel bedeutet gelb etwas, was über nicht grün oder nicht rot hinausgeht (und nicht grün muss nicht gleich rot sein, sondern kann auch gelb meinen).«
OK, WENN ich mich natürlich dafür entscheide, die Ampelfarben statt mit „rot“, „gelb“ und „grün“ mit „Nicht-rot“, „Nicht-grün“ usw. zu bezeichnen, DANN ist es natürlich so, dass jede dieser Bezeichnungen ZWEI Ampelfarben bezeichnet. Ina findet das unpraktisch? Dann sollte sie halt die Bezeichnungen „rot“, „gelb“ und „grün“ verwenden.
Wer statt von Farben von „Nicht-Farben“ spricht, bezeichnet damit immer ZWEI Ampelfarben. (Z.B. bezeichnet „nicht-grün“ rot und gelb.) Das ist an sich kein Problem – außer natürlich, es glaubt jemand, die „Nicht-Farben“ wie richtige Farben handhaben zu können, und damit EINE Farbe bestimmen zu können. Wer also in „Nicht-Farben“ denkt und spricht, der wird nie sagen können, welche Farbe gemeint ist, weil eine Nicht-Farbe immer zwei Farben bezeichnen.
Auch dies ist aber keine Grenze der Logik, sondern nur eine idiotische Handhabung derselben. (Ich meine: Wenn der Begriff „idiotisch“ hier nicht angebracht ist, wann dann?)
In diesem Zusammenhang fällt nun auf, dass Ina allgemein fast nie konkrete, positive Aussagen macht, sondern sich stark auf Dinge fokussiert, die NICHT gehen, was man NICHT wissen kann usw. Nicht ungewöhnlich für Christen. Es vermittelt allerdings folgenden Eindruck:
Ich kann jetzt, so gesehen, nachvollziehen, dass Ina davon überzeugt ist, dass Logik ihre Grenzen hat, und dass man nicht überall zu sicheren oder eindeutigen Aussagen kommen kann. Das scheint sie einerseits direkt zu sagen, und andererseits durch ihre obigen Beispiele belegen zu wollen. Ich weiß zwar nicht, ob diese Einschätzung richtig ist, aber sie erscheint mir zumindest stimmig.
Es drängt sich doch jetzt aber der Eindruck auf, dass die „Grenzen der Logik“, mit denen Ina sich (und mich!) konfrontiert sieht, tatsächlich nur die Grenzen ihres eigenen Denkvermögens sind. (Ich weiß nicht, wie ich das freundlicher ausdrücken soll. Vielleicht stimmt es ja nicht. Aber ohne weitere Erläuterungen von Ina oder jemand anders sieht es für mich stark so aus.)
Damit kommt mir MEIN Weltbild jedenfalls wieder stimmig vor (und mit stimmig meine ich nicht: zwangsläufig richtig): Für mich sieht es so aus:
– Meine weltanschauliche Position ist sozusagen unangetastet. MEINE Argumentation muss nicht geändert werden. (Oder jedenfalls nicht aufgrund von Inas Einwänden.)
– Ich meine, nachvollziehen zu können, wie Ina zu ihrer Position kommt.
– Ich kann nachvollziehen, dass sie – aus Ihrer Sicht – es für einen Fehler hält, dass ich glaube, bestimmte seriöse und zuverlässige Schussfolgerungen ziehen kann. Und dass sie mir das ankreidet. Ich würde mir das auch ankreiden, wenn ich so denken würde, wie ich es bei Ina vermute.
– Ich habe aber starken Grund zu der Vermutung, dass die Grenzen der Logik (bzw. von Schlussfolgerungen), die Ina wahrnimmt, in Wirklichkeit gar nicht existieren, sondern lediglich die Folge ihres mangenden Logikverständnisses sind.
Folglich habe ich keinen Grund, meine Position anzuzweifeln.
@Matthias
Logik habe ich verkürzt in Form der klassisch zweiwertigen dargestellt. (Es gibt natürlich de facto verschiedene sog. logische Schlussverfahren, aber wann welches angewendet werden kann und wie ihre jeweilige Zuverlässigkeit eingeschätzt wird, ist auch wieder umstritten, je nachdem wen man fragt.)
Die Ampel sollte v.a. allem verdeutlichen, dass es Phänomene gibt, die man nicht mit „entweder dieses oder jenes“ beschreiben kann, sondern die komplexer sind (gelb ist der Übergang, und Übergänge können in der zweiwertigen Logik nicht abgebildet werden – das war der Punkt, und das war auch schon alles)
Es ist nicht richtig, dass ich davon ausgehe, es gäbe überhaupt gar keine verlässlichen Schlussfolgerungen. Ich mache lediglich den Unterschied zwischen Verlässlichkeit und Wahrheit.
An den Beispielen habe ich nur plakativ verdeutlichen wollen, dass man
1. je nach Gegenstand/Frage die passende „Methode“ aussuchen sollte.
(Bsp.: Der menschlichen Psyche komme ich nicht mit quantitativen Messmethoden bei. )
2. man unterscheiden muss, welcher Art das gewonnene Wissen ist.
(Bsp.: Aufgrund der Quantenphysik konnte der CD-Player konstruiert werden. Unser Wissen konnte also einer Anwendbarkeit zugeführt werden. Was Quanten aber wirklich „sind“, wissen wir nicht. Es handelt sich eigentlich nur um „Wahrscheinlichkeitsräume“. Damit kann man zwar zuverlässig mathematisch rechnen, aber es ist nur ein Modell.)
Meine prinzipielle Argumentationslinie (erstmal zeigen, dass die Dinge nicht so klar sind, wie viele glauben) ist überhaupt nicht „typisch für Christen“, sondern ein Verfahren aus der Philosophie seit den 60er Jahren: die Dekonstruktion. Ihr „Erfinder“ Derrida war Atheist. Sie dient dazu, sich klar zu machen, welche Vorannahmen in Schlussfolgerungen einwandern, ohne dass man es merkt. Das hab ich schon in meinen atheistischen Zeiten so gemacht.
Dieses Verfahren benötigt mehr Zeit und Text. Das kommt Dir dann so vor als sei ich „unklar“. Du solltest allerdings mal an den Punkt kommen, Deine Vorliebe für kurze und schnörkellose Erklärungen als Vorliebe wahrzunehmen und nicht MIR als mein „Unvermögen“ oder „Mangel“ anzulasten.
Was natürlich nicht heißen soll, dass mir nicht irgendwelche Fehler unterlaufen können, aber Deine Neigung, mich hier tendentiell als bescheuert hinzustellen, reicht jetzt mal langsam nach 3 Tagen „Ina dies und Ina das“ zu allen möglichen und unmöglichen Anlässen.
Was Du wahrscheinlich v.a. „unklar“ findest, ist, dass ich Dir halt keine „Argumente“ liefere, denn Du möchtest klar überzeugt werden. Ich bin aber in punkto Apologetik sehr skeptisch, wie Du ja schon mitgekriegt hast.
Ich kreide Dir übrigens gar nichts an. Mir geht es nicht ums Rechthaben.
Hallo Ina!
Schön, dass Du geantwortet hast. Noch dazu ausgesprochen sachlich, nachdem ich Dich hart (aber m.E. nachvollziehbar) angegangen bin. Dass Du in der Lage bist, auf harte Kritik sachlich und deeskalierend zu antworten, ist ein sympathischer Zug.
Ich hatte schon wieder eine ganze Menge geschrieben, aber ich gebe jetzt auf. Es hat keinen Sinn, dass wir miteinander diskutieren. (Ich verfasse dazu allgemein unten noch eine „Manöverkritik“.) Aber vielen Dank für die Zeit, die Du Dir genommen hast, und dafür, dass Du auf die harte Kritik schlich geantwortet hast.
Hallo Matthias,
ich möchte hier auch nicht mehr weiterdiskutieren, allein schon aus praktischen Gründen. Ich habe einfach nicht genügend Zeit dafür, und die Struktur dieser Webseite ist nicht dafür aufgestellt, komplexe Diskussionen über einen längeren Zeitraum zu führen. Es steigt ja kaum noch jemand durch, was hier alles schon angesprochen wurde.
Aber ich möchte Dir ein kurzes Feedback dazu geben, was ich aus der ganzen Diskussion konkret sachlich mitnehme. Damit ich möglichst keine neuen Fässer aufmache, beschränke ich mich mal auf drei Punkte.
(Vorbemerkung:
Ich stimme Florian zu, dass die Begriffe Naturalismus, Reduktionismus und Materialismus hier noch nicht ausreichend definiert worden sind und auch noch hinreichend gegeneinander abgegrenzt werden müssten. Das würde jetzt aber alles tatsächlich zu weit führen. Ich verwende sie allerdings nun aus pragmatischen Gründen trotzdem.)
1.
Ich persönlich finde naturalistische Argumente einfach nicht ausschlaggebend für meine Lebensführung, und das war auch als Atheistin schon so. Diskutieren könnte und würde ich aber durchaus über „nicht-naturalistische Kontra-Argumente“ (so habt Ihr, Du und Florian, das genannt), weil man als gläubiger Mensch (aus meiner Sicht) daraus am meisten lernen kann.
Ich habe nun aber verstanden, dass genau diese Argumente (die aus der Philosophie, Soziologie oder Psychologie stammen) nicht dem entsprechen, was Du ernst nimmst, weil Du sie nicht relevant findest.
Zumindest hast Du das (in meinem Verständnis) Florian gegenüber so gesagt. (Und mein eigenes „nicht-naturalistisches Kontra-Argument“, das ich MGMBlog genannt habe, ist Dir anscheinend nicht aufgefallen, obwohl Du den betreffenden Kommentar wohl gelesen hast, soweit ich das rekonstruieren kann. Das meine ich nicht böse. Dass Du es nicht wahrgenommen oder kommentiert hast, zeigt einfach, dass Du es nicht wichtig findest. Daraus habe ich nun etwas gelernt, weil mir das vorher nicht so krass klar war.)
Du und ich würden also bis in alle Ewigkeiten aneinander vorbeireden, weil wir prinzipiell unterschiedliche Sorten von Argumenten „schlagkräftig“ finden, wenn es um Religion geht. Das wäre übrigens auch früher so gewesen, als ich selbst noch Atheistin war.
Für zukünftige Gespräche mit denjenigen Atheisten, die hauptsächlich mit Dawkins argumentieren, werde ich das berücksichtigen und genau so ansprechen. Dann kann man anstrengende Missverständnisse vermeiden und sich entweder auf eine gemeinsame Ebene einigen oder man beschließt, es sein zu lassen.
2.
Ich habe verstanden, dass es Dir um Wahrscheinlichkeiten, nicht um „Beweise“ gegen die Existenz Gottes geht. Das hatte ich zuvor falsch eingeschätzt, weil der Unterschied von so manchen atheistischen Aktivisten oft nicht genügend reflektiert wird.
Falls Du wieder einmal mit Gläubigen sprichst, wäre es bestimmt hilfreich, das am Anfang von Dir aus klar zu sagen, um unnötige „Umwege“ in der Diskussionen zu vermeiden.
(Tipp von mir, musst Du nicht annehmen. Das war aber in meinem Fall ein wichtiger Punkt für vieles, was ich Anfang des Monats hier geschrieben habe. Falls Du wieder jemanden wie mich triffst, könnte das viel Zeit und Energie sparen.)
3.
Über Dawkins habe ich einiges dazugelernt, besonders das Boing-Beispiel finde ich sehr schön. Ich werde es als Argument verwenden, wenn ich mit Kreationisten oder Anhängern des Intelligent Design spreche. Das hat mir nämlich noch nie eingeleuchtet, von daher: an diesem Punkt rennst Du bei mir offene Türen ein und lieferst mir ein nützliches Beispiel im Gespräch mit Glaubensgeschwistern, deren Theologie ich nicht teile.
Dabei belasse ich es mal.
Deinen Podcast mit Katharina Peetz fand ich übrigens sehr interessant zum Thema Dawkins. Kann ich allen hier Mitlesenden empfehlen, kann man auch vom Tonfall (!) her gut anhören.
Mach’s gut!
MANÖVERKRITIK
Liebe Hossarchisten! (Oder die, die es angeht. Jay nehme ich ausdrücklich aus.)
Ist nicht böse gemeint, aber hier mein Feedback/Eindruck:
In den Diskussionen hier türmen sich die kognitiven Defizite geradezu auf.
Ich gebe mir große Mühe, meine Sätze präzise zu formulieren. Sie werden regelmäßig falsch verstanden. Das allein schon gibt mir das Gefühl, dass ihr Dinge kritisiert, die an sich zwar kritikwürdig wären – derer ich mich aber gar nicht schuldig mache. Eure Kritik geht an dem vorbei, was ich meine. Das allein entkräftet Eure Kritik schon – zumindest in Bezug auf mich.
Da meine Aussagen nicht verstanden werden, wäre es für mich wohl auch sehr mühsam, erklären zu wollen, was ich eigentlich meine.
Auf der nächsten Ebene der Missverständnisse werde ich dann in eine Schublade gesteckt wie „Naturalist“. Statt dass meine Aussagen kritisiert werden, wird sozusagen die Schublade kritisiert.
Grundsätzlich wird mir bei mehreren Möglichkeiten immer die übelste unterstellt. WENN ich z.B. Argumente lächerlich finde, ist die FOLGE davon, dass ich sie nicht teile. Ständig wird mir unterstellt, ich würde Argumente lächerlich machen, WEIL ich sie nicht teile. Ihr zäumt das Pferd von hinten auf. Zudem vermute ich, Ihr projiziert Eure eigenen Verhaltenseisen und Denkfehler auf mich. Das ist ja auch nicht ungewöhnlich oder auf Christen beschränkt. Das macht es aber offenbar unmöglich für Euch, meine Argumentation nachzuvollziehen.
Nur ein Beispiel: Ich bin Naturalist. Das heißt, ich glaube nicht an Übernatürliches.
Ihr meint offenbar, Naturalisten glauben VON VORNHEREIN nicht an Übernatürliches, und kritisiert das. Das wäre ja auch zu kritisieren.
Ich glaube aber nicht nicht an Übernatürliches, weil ich es von vornherein ausschließe, sondern weil ich keine vernünftigen Gründe erkenne, an Übernatürliches zu glauben. Das ist eine redliche Position, die auch eigentlich klar erkennbar ist.
Dawkins ist z.B. der Auffassung, dass „es mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit keinen Gott gibt“. Selbst diese Formulierung lässt noch erkennen, dass Dawkins Gott nicht kategorisch ausschließt. Und vor allem nicht von vornherein. Er bringt ja sein Boeing-Argument.
Damit Eure Kritik zuträfe, müsste er auf theistische Argumente antworten „Einen Gott kann es doch gar nicht geben!“
Wenn Ihr auf diesem Level schon nicht in der Lage seid, die Argumentation der Gegenseite nachzuvollziehen, dann ist die Diskussion tatsächlich sinnlos.
Ich denke, es war erkennbar, dass ich redlich versucht habe, eine ergiebige Diskussion zu führen. Ihr habt mir im Großen und Ganzen wieder genau den Eindruck vermittelt, den ich schon hatte.
Mich interessiert, wie Christen denken. Diesbezüglich ist mir einiges klarer geworden, und die Diskussion hat sich für mich gelohnt. Danke an alle Beteiligten.
Wenn ich hier „Ihr“ schreibe, muss sich nicht jeder angesprochen fühlen. Ich habe etwas den Überblick verloren. Aber generell kamen mir die Denkmuster hier recht ähnlich vor.
Vielleicht finde ich ja irgendwann noch einen Kniff, wie ich Gläubigen verklickern kann, was ich überhaupt meine.
Hossa la vista!
Ich habe es oben schon mal gepostet. Aber der hier ja offenbar geschätzte Michael Schmidt-Salomon bringt meine Eindrücke hier wirklich auf den Punkt. Ich poste es noch mal, um Euch zu verdeutlichen, dass dass nicht nur ich diesen Eindruck habe:
»Definition des religiotischen Syndroms: Religiotie ist eine selten diagnostizierte (wenn auch häufig auftretende) Form der geistigen Behinderung, die durch intensive Glaubensindoktrination vornehmlich im Kindesalter ausgelöst wird. Sie führt zu deutlich unterdurchschnittlichen kognitiven Leistungen sowie zu unangemessenen emotionalen Reaktionen, sobald es um glaubensrelevante Sachverhalte geht. Bemerkenswert ist, dass sich Religiotie nicht notwendigerweise in einem generell reduzierten IQ niederschlägt: Religioten sind zwar weltanschaulich zu stark behindert, um die offensichtlichen Absurditäten ihres Glaubens zu erkennen, auf technischem oder strategischem Gebiet können sie jedoch (siehe Osama bin Laden) hochintelligent sein. Wie es »Inselbegabungen« gibt (geistig behinderte oder autistische Menschen mit überwältigenden mathematischen oder künstlerischen Fähigkeiten), so gibt es offensichtlich auch »Inselverarmungen« (normal oder gar hochintelligente Menschen, die in weltanschaulicher Hinsicht völlig debil sind). Religiotie sollte daher als »partielle Entwicklungsstörung« verstanden werden – ein Begriff, den der Entwicklungspsychologe Franz Buggle schon vor Jahren vorgeschlagen hat, um die spezifischen Denkhemmungen religiöser Fundamentalisten zu erfassen.«
Nun ja, erkennbar war in jedem Fall Dein „redliches Bemühen“, Deine eigenen Vorurteile zu bestätigen… unter solchen Voraussetzungen macht eine Diskussion in der Tat wenig Sinn. Unterhaltsam war es trotzdem. Von daher, ebenfalls vielen Dank. Und nach aller Polemik (siehe Ina, auf die hattest Dich ja besonders eingeschossen und die hat meinen Respekt, dass sie trotz allem versucht hat, sachlich und konstruktiv auf Dich einzugehen), dieses formvollendete Statement zum Schluss – ich hab recht und ihr seid alle behindert – köstlich 🙂 Und ebenso vorhersehbar. Dir zu raten, mal Deine Art und Weise, mit anderen umzugehen zu reflektieren, bringt wahrscheinlich nicht viel. Du bist dermaßen damit beschäftigt, Dein Ego aufzublasen und zu proklamieren, dass da für ehrliche, konstruktive Selbstkritik wenig Spielraum ist… Aber, und das ist gut gemeint – komm mal runter. Entspann Dich bisserl.
In diesem Sinne
LG
Hallo Kira!
Du unterstellt mir zwar (wie Florian) wieder gleich das Schlimmste – aber es ist klasse, dass Du Dich trotzdem bedankst. Jedenfalls empfinde ich es so, dass Du das ernst gemeint hast, und ich hatte natürlich auch damit gerechnet, dass Ihr Euch jetzt wieder über das krasse Zitat ärgert.
Ich bin insgesamt eigentlich recht zufrieden. Nicht, weil Ihr Euch so geärgert habt – sondern, weil Ihr trotz Eures Ärgers weiterdiskutiert habt! Ihr könnt es Euch offenbar nicht vorstellen, aber ich habe mich teilweise auch ganz schön geärgert. Die sinngemäße Aussage von jemand anders „Ich muss es wissen, ich bin schließlich Geisteswissenschaftlerin“ kam bei mir z.B. überhaupt nicht gut an. Ich nehme an, dass trotz meiner „Rüpeleien“ irgendwie durchgekommen ist, dass ich es ernst meine. Nach 30 Jahren Diskussionen brauche ich mir wirklich nicht mehr meine (Vor?-) Urteile zu beweisen. Ich habe lange nicht mehr solche Diskussionen geführt. Ich weiß, dass Theologen und Apologeten die atheistischen Positionen typischerweise verzerrt darstellen. (Dies klingt ja auch in dem Buch der Theologin Dr. Peetz mehrfach an.) Deshalb habe ich mich unheimlich reingekniet, um die Chance zu nutzen, Euch einen Eindruck aus erster Hand zu vermitteln.
Vielleicht war es – trotz aller harten Worte – ja auch irgendwie vertrauensbildend, dass ich mich wenigstens zu meiner Überheblichkeit bekannt habe. Oder ist das erst recht überheblich? Naja, egal.
Das Zitat muss ich offenbar auch noch rechtfertigen, das mache ich unter Florians Kommentar.
„Ich weiß, dass Theologen und Apologeten die atheistischen Positionen typischerweise verzerrt darstellen.“
Ja, da ist was dran. Unter dem Aspekt verstehe ich Dich jetzt auch ein bisschen besser. Und dass Du es ernst meinst, wird in dem Zusammenhang auch deutlich.
Auch wenn ich Deinen Standpunkt nicht teile, habe ich trotzdem aus der Diskussion hier einige interessante Denkanstöße von Dir auf sachlicher Ebene mitgenommen. Von daher – ja, dass ich dankbar bin, war ernst gemeint. Was mich geärgert hat, war z. T. die Art und Weise, Stil und Ton. Aber sei’s drum – Deine Ehrlichkeit jetzt hat mich zum Lachen gebracht. („…dass ich mich wenigstens zu meiner Überheblichkeit bekannt habe.“ ) Von daher – das mit dem aufgeblasenem Ego nehme ich zurück 🙂
LG
Geistige Behinderung als Diss-Word. Wow. Ganz großes Kino.
Florian,
Du unterstellst mir gleich wieder, dass ich Euch „dissen“ wollte.
Dass Euch das Zitat von Michael Schmidt-Salomon natürlich ärgern würde, heißt nicht, dass ich es gerade zu DIESEM Zweck gepostet hätte.
Kannst Du Dir wirklich nicht vorstellen, dass es mir tatsächlich – wie ich prophylaktisch auch extra angegeben hatte – darum ging, Euch vor Augen zu führen, dass ich nicht der Einzige bin, der Euch so wahrnimmt? Hast Du auch eine Vermutung, warum Michael Schmidt-Salomon – der sein Buch ja bestimmt nicht im Affekt geschrieben hat und dessen Text durch das Lektorat musste – das Verhalten von religiösen Menschen genauso wahrnimmt, wie ich es hier erlebt habe? Ich selbst hätte meinen Eindruck viel sachlicher formuliert (habe ich ja auch – erst später fiel mir ein, dass ich auch noch mal Schmidt-Salomon als Gewährsmann bringen könnte). Aber bei einem Zitat kann ich mir die konkreten Formulierungen halt nicht aussuchen, und gerade Schmidt-Salomon war ja hier irgendwo mal von Eurer Seite als „akzeptabler“ Atheist erwähnt worden.
Ich habe die Kommentare gerade mal nachgeschaut:
Patrick Rabe schrieb über das „denkerische Schwergewicht“ MSS:
“
Man kann über ihn sagen, was man will, man kann auch sogar die Giordano-Bruno-Stiftung tendenziell sektiererisch finden, aber eines kann man nicht: Abstreiten, dass dieser Mann was in der Birne hat, zu sagen hat und sauber recherchiert. Und außerdem ein äußerst angenehmer und respektvoll kommunizierender Gast in Talkshows ist.
“
Und woanders schrieb er:
“
Der einzige atheistische Autor, der mich inhaltlich wirklich total gepackt hat, war Michael Schmidt-Salomon. Sein “Manifest des evolutionären Humanismus” kann ich wirklich jedem nur ans Herz legen. Erstens argumentiert Schmidt-Salomon wirklich äußerst intelligent und fundiert, zweitens schlägt das Buch einen anspruchsvollen, sehr nachvollziehbaren, philosophischen Bogen und drittens hat er sich wirklich eingehend mit dem Gegenstand seiner Kritik auseinandergesetzt,
“
Gerade nach Deinen wiederholten Unterstellungen und Deiner Empfindlichkeit, was die Virenmetapher angeht, konnte ich mir ja denken, dass Ihr mir unterstellt, dass ich aus Ärger geschrieben habe und „die Schuld“ bei Euch suche. Daher dachte ich, das MSS-Zitat (das ich ja sowieso schon mal gepostet hatte – um Euch aus erster Hand zu vermitteln, was es mit dem „R-Wort“ auf sich hat) würde vielleicht den einen oder anderen doch nachdenklich machen.
Ich sehe hier allerdings gar keine „Schuld“. Ich gehe nämlich davon aus, dass Ihr es genauso ernst meint wie ich.
Ob ich meinerseits noch mal derart den Arroganten raushängen lassen würde, weiß ich nicht. Nachdem ja bereits bei dem netten Hossa-Talk bemängelt worden war, ich sei arrogant rübergekommen, wollte ich deutlich machen, warum ich tatsächlich meine, das überlegenere und intellektuell redlichere Weltbild zu haben. Hat vielleicht mehr geschadet als genützt. Ich weiß allerdings nicht, ob der harte Schlagabtausch vielleicht am Ende mehr Mitleser erreicht als eine betont rücksichtsvolle Konversation. Ich sehe jedenfalls keinen Grund, mich zu entschuldigen (hat ja auch keiner vorgeschlagen), weil ich mir nämlich VORHER gut überlegt habe, wie ich formuliere. Wäre ich nicht der Auffassung, dass alles, was ich geschrieben habe, korrekt ist (wenn auch schmerzhaft), würde ich mich für dafür entschuldigen, unsachlich gewesen zu sein – weil ich natürlich weiß und vorher wusste, dass Euch das vor den Kopf stößt.
Ach, übrigens:
RESPEKT, dass der Kommentar mit dem MSS-Zitat überhaupt freigeschaltet wurde.
Ich gebe zu, dass ich kurz gezuckt habe… 😉
LG,
der Jay
@Jay:
Du wirst es vielleicht nicht glauben – das ging mir bei nochmaligem Lesen mit etwas Abstand genauso!
Hey Matthias,
Sieh es doch mal von der positiven Seite. An einer Stelle hast Du Dich hier immerhin über neue eigene Einsichten gefreut. Das ist doch prima. Dann hat Dir das alles hier zumindest irgendwas gebracht.
Du hattest nach einer Definition von Reduktionismus etc gefragt, auch die Begriffe Materialismus und Naturalismus scheinen mir nach wie vor durcheinander zu gehen. Habe überlegt, ob ich meine Erläuterungen der entsprechenden philosophischen Standard Definitionen hier nochmal ausführlicher wiederhole, denke aber nicht, dass es noch sinnstiftend ist.
Dass in Deiner Manöver-Kritik vor allem die meisten Anderen hier verantwortlich für das Fehlgehen der Debatte sind, überrascht mich nicht so besonders.
an dieser Stelle möchte ich jedenfalls selbst ein paar Betrachtungen auf der Meta Ebene anstellen.
Ich glaube, dass die Form eines Internet Forums solchen Debatten nicht besonders hilft. Wie Du richtig schreibst, verliert man bei der Menge der Threads und der Länge der Texte, die sich teils wiederholen, einfach irgendwann die Übersicht. Der rote Faden geht verloren, Teilfäden werden aufgedröselt und irgendwann franst alles aus.
von verschiedenen Seiten wird beklagt, die jeweilige Gegenseite befasse sich nur mit Strohmännern, habe x nicht wirklich gelesen oder y aus dem Zusammenhang gerissen etc. das liegt m. E. daran, dass die Prämissen der Diskusion unklar bleiben.
Hier mein Vorschlag, wie es eigentlich ablaufen müsste:
0) Gesprächsregeln werden aufgestellt (Tonfall, erwünschte Lange der Beiträge)
1) man sammelt, welche konkreten Fragen überhaupt auf dem Tisch liegen und wer über welche dieser Fragen mit wem sprechen möchte
2) alle formulieren ihre jeweiligen Standpunkte und entwickeln zunächst schrittweise ihre Argumentationsschritte dahin ( dazu hattest Du ja einmal einen Ansatz, der auch offen nach Verständigung suchte, leider fehlte bei mir hier ein bisschen Zeit und Muße)
3) alle stellen jeweils Rückfragen, die zunächst nur das Verständnis betreffen, formulierten ggf im eigenen Worten , wie sie die andere Position verstanden haben, ergänzen im Idealfall weitere Aspekte / Argumente dort
4) Gemeinsamkeiten werden gesichert
5) JETZT erst (!!!) Geht es los mit Einwänden, Gegenbeispielen, Fragen
6) offene Suche nach möglichem Konsens / Annäherung, Festhalten der bestehenden Differenzen
7) persönliches Feedback: Was hat mir das gebracht (neue Gedanken etc)
So sähe ein Diskus aus, bei dem sich meine investierte Zeit lohnt. Je mehr dagegen die Sprache mit Vokabeln der wechselseitigen Erniedrigung etc aufgeladen wird (Idioten, armselig, blödsinnig, kann ich nicht ernst nehmen, Bullshit,…), desto weniger lohnt sich die Zeit.
Mit diesen Gedanken steige ich erst mal aus.
Beste Grüße aus Guatemala nach Singapur, Deutschland und alle anderen schönen Orte auf der Welt!
Hallo Florian,
vor allem halte ich es für hilfreich, in Diskussionen zu differenzieren zwischen Dingen, die einen nicht ÜBERZEUGEN, und Dingen, die einem nicht GEFALLEN.
Ich hatte mich im Hossa-Talk sozusagen verbal zurückgehalten, ohne mich zu verstellen. Ich hatte auch überhaupt keinen Grund, Jay und Gofi (oder den HörerInnen) gegenüber arrogant zu sein, deshalb fiel mir das nicht schwer.
Ich hatte mir sogar vorgenommen, NICHT den Begriff „Religioten“ zu verwenden. Einmal ist er mir allerdings rausgerutscht.
Es ging, glaube ich, um das Argument „Wieso sollten die ersten Christen denn geglaubt haben, wenn es nicht wahr gewesen ist?“
Dieses Argument habe ich sinngemäß entkräftet mit zwei Hinweisen:
1. Von den Leuten damals in Jerusalem und Galiläa – also, denen, die es hätten beurteilen können – sind die allermeisten KEINE Christen geworden.
2. Die kleine Zahl derer, die doch Christen wurden, lässt sich zwanglos damit erklären, dass sich für jeden Sch*** immer ein paar Idioten finden, die ihn glauben.
Ich hätte mich sicher gepflegter ausdrücken können.
Ich nehme allerdings an: Wenn ich in IRGENDEINEM ANDEREN ZUSAMMENHANG (z.B. Verschwörungstheorien, Trump, Scientology) die These vertreten hätte „Für jeden SCH*** finden sich immer ein paar Idioten, die ihn glauben“, dann hätte von den hier Anwesenden wohl kaum jemand etwas dabei gefunden. Ich vermute, die meisten hätten mir zugestimmt.
Offenbar ist es nötig, Folgendes ausdrücklich zu erläutern:
Wenn ich die Beobachtung hervorhebe, dass sich immer irgendwelche Idioten finden, dann widerlegt das weder das Christentum, noch bezeichne ich die ersten oder die heutigen Christen als Idioten.
Ich zeige lediglich, dass das zuvor erwähnte Argument nicht funktioniert: Aus dem Umstand, dass eine kleine Zahl von Leuten etwas geglaubt hat, lässt sich kein Rückschluss auf den Wahrheitsgehalt ziehen.
Vielleicht haben die ersten Christen ja tatsächlich Jesus selbst erlebt. Warum sollte das nicht so gewesen sein? Wüsste ich auch keinen Grund. Wir wissen es aber halt nicht und können deshalb aus dem Umstand, dass es damals einige Gläubige gab, keinen Rückschluss auf den Wahrheitsgehalt des Christentums ziehen.
Ich erwarte nicht von jedem, dass er hier differenzieren kann.
Von GeisteswissenschaftlerInnen hätte ich es allerdings schon erwartet. Der Großteil meiner Aussagen hier wurde in vergleichbarer Weise falsch verstanden.
Wenn dann selbst Geisteswissenschaftler auch nach Klarstellungsversuchen nicht verstehen, was ich meine, dann weiß ich auch nicht mehr, wie eine vernünftige Diskussion zustande kommen soll.
Noch ein Beispiel:
Thomas Nagel argumentiert in „Mind and Cosmos“ das ganze Buch hindurch immer wieder damit, dass er sich nicht vorstellen kann, dass es NICHT noch etwas „Höheres“ gibt. (Ketzerpodcast 42.6, ab Minute 29:15)
Dies nennt man „argument from incredulity“ – Aus dem Umstand, ob ich mir etwas vorstellen kann oder nicht, lassen sich keine Schlüsse ziehen. Wenn ich hier schreiben würde „Ich kann mir einfach nicht vorstellen, dass Gott existiert“, dann würdet Ihr das ja auch nicht ernst nehmen – und zwar zu Recht! (Dann könntet Ihr mir völlig zu Recht „armselige“, „dumme“ oder „bescheuerte“ Argumentation vorhalten.)
Wie Ihr an der Bezeichnung „argument from incredulity“ erkennen könnt, handelt es sich hier um einen anerkannten Standard-Fehlschluss.
Wenn sich ein ausgewiesener Philosoph sein ganzes Buch hindurch immer wieder auf diesen Fehlschluss beruft, dann kann ich ihn nicht ernst nehmen.
Und wenn dieser Autor allgemein als „hochkarätig“ gilt , dann drängt sich mir halt (solange ich nur dieses eine Buch von ihm kenne) der Eindruck auf, dass Nagel überbewertet wird.
Von einem Geisteswissenschaftler hätte ich nun erwartet, dass er sagt: „OK, Matthias hat offenbar etwas von Nagel gelesen. Er hatte den Eindruck, dass Nagel mit einem Fehlschluss argumentiert, und zwar dem argument from incredulity. Ich kenne das Buch zwar nicht, aber wenn Matthias‘ Beobachtung, dass Nagel tatsächlich so argumentiert, zutrifft – und solange ich sonst nichts über das Buch weiß, habe ich keinen Grund zu der Annahme, dass Matthias‘ Beobachtung nicht stimmt –, dann kann ich nachvollziehen, dass Matthias Nagel nicht ernst nimmt und ihn für überbewertet hält.
Stattdessen wird mir unterstellt, ich würde Nagel niedermachen, weil mir seine Auffassung nicht gefällt.
Das ist unterstes Niveau. Es macht mir nichts aus, wenn mich jemand beschimpft. Aber wenn jemand nicht in der Lage ist, nachzuvollziehen, was ich meine, und mir darüber hinaus ständig bösartige Unterstellungen macht, dann kann ich mir die Diskussion halt sparen.
Mit Leuten, die mich beschimpfen, kann ich prima diskutieren.
Mit Leuten, die nicht in der Lage sind, überhaupt zu verstehen, was ich meine, ist es irgendwann aussichtslos.
Noch kurz zum Thema „Begriffe“.
Vielleicht können wir uns darauf einigen, dass ich Naturalist bin. Jedenfalls glaube ich nicht an Übernatürliches. Anders ausgedrückt: Ich sehe keinen Grund, Übernatürliches anzunehmen.
Ihr findet den Naturalismus nicht überzeugend. Ihr kritisiert offenbar, dass es zu kurz greift, wenn man Übernatürliches entweder
– VON VORNHEREIN ausschließt, oder
– überhaupt KATEGORISCH ausschließt.
Darin stimme ich mit Euch überein. Aber meine Position ist
„Ich glaube nicht an Übernatürliches“ (weil ich – nach reiflicher Überlegung – keinen Grund dafür erkennen kann)
Ihr attackiert entweder
„Ich glaube nicht an Übernatürliches“ (weil ich es VON VORNHEREIN AUSSCHLIESSE),
oder
„Es GIBT NICHTS Übernatürliches“.
Dazu kann ich nur sagen: Der Naturalismus, den ihr nicht vertretet, vertrete ich auch nicht.
Eure Logik ist insofern gut, als Ihr echte Denkfehler kritisiert.
Aber Ihr seid nicht in der Lage, meine Position zu erkennen.
Deshalb führt auch die Begriffsdiskussion in die Irre. Selbst, wenn wir uns darauf einigen, was mit „Materialist“, „Naturalist“ usw. gemeint ist, sagt das doch lediglich, WAS für eine Position ich vertrete. Es sagt noch nichts darüber aus, WARUM ich diese Position vertrete.
Ich spekuliere mal, einfach, weil ich die folgende Überlegung für interessant halte:
1. Nehmen wir an, wir sind uns einig, dass der Begriff „Naturalist“ so gemeint ist, dass ein Naturalist sich dadurch auszeichnet, dass er nicht an Übernatürliches glaubt.
2. Das heißt, es gibt PRINZIPIELL (definitionsgemäß) keinen Naturalisten, der an Übernatürliches glaubt. (Sonst wäre er ja kein Naturalist.)
3. Man könnte sich also merken: „Ein Naturalist glaubt prinzipiell nicht an Gott“.
4. Das STIMMT auch insofern, als man prinzipiell nie einem Naturalisten begegnen wird, der an Gott glaubt.
5. Es stimmt aber insofern NICHT, als nicht jeder Naturalist AUS PRINZIP (also von vornherein) nicht an Übernatürliches glaubt.
6. Das Prinzip, dass ein Naturalist nicht an Übernatürliches glaubt, betrifft den BEGRIFF – und nicht die ARGUMENTATION der Naturalisten. Die Bezeichnung „Naturalist“ sagt nur, DASS ein Naturalist nicht an Übernatürliches glaubt, aber nicht, WARUM.
Diese Tücke des Begriffs „prinzipiell“ ist mir auch eben erst aufgegangen, also noch einmal vielen Dank für Eure Kritik.
Ich kann nicht mehr tun, als zu versuchen, Euch Eure Denkfehler aufzuzeigen.
Wie gesagt: Ich erwarte nicht, dass jeder (oder auch nur die meisten Menschen) diese tückischen Unterschiede erkennen.
Wenn allerdings selbst ausgewiesene Geisteswissenschaftler ständig „alles“ falsch verstehen, dann muss ich die Waffen strecken. Ich freue mich, dass ich was gelernt habe. Vielleicht ermöglicht mir das, in Zukunft z.B. auf Kritik, die sich an Begriffen festmacht, effektiver zu antworten.
Allgemein werde ich zukünftig die Begriffsdiskussion zu vermeiden versuchen. Ich werde meine Position wie folgt zur Debatte stellen:
– Ich vertrete nicht die Position, dass es keinen Gott gibt.
– Ich sehe nur keinen Grund, seine Existenz anzunehmen.
Ob man das mit irgendeinem Etikett versieht, ist unerheblich. Kritik muss an den beiden Aussagen ansetzen, nicht an Unterstellungen.
Matthias sagt:
“
– Ich vertrete nicht die Position, dass es keinen Gott gibt.
– Ich sehe nur keinen Grund, seine Existenz anzunehmen.
“
Damit ist alles gesagt.
Es wird nichts geben, was für etwas metaphysisch Seiendes spricht und für Matthias Gültigkeit hat. Denn Matthias hat in all den Posts hier denke ich genügend dargelegt, dass nur rationale Gründe für ihn gelten. Das definiert seinen Erfahrungs- und Denkhorizont.
Alles darüber Hinausgehende kann er zwar denkerisch nachvollziehen, aber nicht gelten lassen. In seiner Denkwelt erscheinen alle solche Versuche logischerweise dümmlich, weil sie dem Rationalen widersprechen. Sein Weltbild ist damit absolut konsistent.
Es könnten noch kilometerweise Papierrollen gefüllt werden mit Gründen, die etwas metaphysisch Existierendes nahelegen, Matthias würde sie genüsslich zum Klo runterspülen, eben weil sie nicht rational sind.
Damit ist diese Diskussion hier wohl in der Tat zu ihrem Ende gekommen. Denn eine Diskussion über Metaphysisches lässt sich nicht rational führen.
Eigentlich schade finde ich, denn einen Austausch, in dem das Zuhören Vorrang vor der Kritik hat, finde ich sehr bereichernd. Zum Glück ist das im Podcast gelungen.
Hallo Matthias,
zunächst zwei Einlassungen zur Terminologie, dann was Grundsätzliches.
Erstens in aller Kürze zu Nagel. „Nicht vorstellbar“ heißt in der Philosophie nicht, dass mir die Phantasie fehlt, mir x vorzustellen. Sondern dass es schlechthin undenkbar ist, dass x existiert (Z. B. Runde Quadrate. Ich muss dazu nicht alle Quadrate einzeln prüfen) bzw dass x nicht existiert (z. B. der Raum. Wir können uns leere Räume vorstellen, aber keine Welt ohne Raum), was wiederum ein Argument dafür wäre, dass x in der Welt, insofern sie uns überhaupt betrifft (vorstellbar ist) existiert / nicht existiert / existieren kann / nicht existieren kann. ob Nagel am Ende Recht hat, ist eine andere Frage. Will nur sagen: Ganz so doof stellen sich Philosophen meistens nicht an.
Dafür, dass Phänomene existieren, die nicht vollständig auf Physikalisches zurückgeführt werden können, gibt es ziemlich viele Argumente, z. B. das von mir bereits erwähnte Qualia-Problem, das fremdpsychische Problem, die Existenz geistig konstruierter Entitäten (z. B. Gerechtigkeit, Wohnzimmer, Fiktionen) usw. Aber das ist eine offene Debatte.
zweitens. Ein Naturalist ist dagegen jemand, der davon ausgeht, dass allein das physikalische Universum existiert und alles andere Entweder darauf reduziert = zurückgeführt (re-ducere) werden kann oder eben gar nicht existiert. Das ist jedenfalls in etwa die gängige Definition. Dir ist natürlich unbenommen, den Begriff nach eigenem Belieben zu definieren. Deine Definition verstehe ich als: „jemand, der DERZEIT (warum auch immer) nur an das physikalische Universum glaubt“. Diese Definition ist halt nicht gebräuchlich, darum würden wir jetzt lange aneinander vorbei reden.
Gemäß der Standard-Definition glaubt der Naturalist also gewissermaßen tatsächlich „aus Prinzip“ nicht an Gott, es sei denn, Gott wäre irgendwo im physikalischen Universum. Wonach es, spontan betrachtet, aber eher nicht aussieht. Der Naturalist führt alles, wie „göttlich“ auch immer, auf Natürliches zurück. Es ist eine Frage der Weltanschauung, also der Brille, mit der ich auf dieWelt schaue.
Ob Du Dich auch innerhalb dieser, geläufigeren, Definition immer noch als „Naturalist“ verstehst, ist Dir überlassen. Vieles, was Du schreibst (z. B. dass Gefühle rein chemische Prozesse sind), klingt für mich danach. Aber da kann ich mich auch irren.
jetzt zum weiteren Vorgehen.
Ich lege mich bis jetzt nicht darauf fest, ob der Naturalismus falsch ist. Er hat bestimmte Stärken, aber auch Schwächen. So wie jede andere Position auch. Ich möchte solche Positionen erst mal ganz durchspielen können. Und mich am Ende vielleicht auf eine festlegen. Oder halt auch nicht.
Bevor wir jetzt auf einzelnen Begriffen und Argumenten herumhacken und dabei von Hundertsten ins Tausendste kommen, würde mich (im Sinne meiner oben vorgeschlagenen Geschäftsordnung) erst mal interessieren, über welche konkrete Problemfrage Du sprechen willst. (wobei ich hierfür auch leider nur begrenzt Zeit aufbringen kann)
Zur Frage, ob Du an Gott glauben willst, hast Du ja schon eine für Dich zufriedenstellende Antwort, wenn ich richtig sehe, da kann ich deshalb auch vermutlich weinig beitragen.
Beste Grüße
Hallo Florian!
Du schriebst:
“
Ganz so doof stellen sich Philosophen meistens nicht an.
“
Ich wollte mich schon bedanken, weil ich jetzt tatsächlich besser verstehe, was gemeint ist.
Dafür bedanke ich mich auch.
ABER: Du schriebst:
“
“Nicht vorstellbar” heißt in der Philosophie nicht, dass mir die Phantasie fehlt, mir x vorzustellen. Sondern dass es schlechthin undenkbar ist, dass x existiert (Z. B. Runde Quadrate.
“
Du scheint hier mit den Begriffen „unvorstellbar“ und „widersprüchlich“ durcheinander zu kommen.
1. Worauf Du abzielst, ist offenbar nicht „undenkbar“, sondern „widersprüchlich“.
2. Dass etwas widersprüchlich ist, heißt nicht, dass es nicht denkbar ist. Es soll Leute geben, die denken, dass jemand eine und drei Personen zugleich sein kann. Dass jemand allgütig und allmächtig sein kann, aber zugleich die Welt so geschaffen hat und erhält, wie sie ist. Mit „nicht vorstellbar“ meinst Du offenbar: „Ein VERNÜNFTIGER Mensch kann sich sowas nicht vorstellen.“ (Weil es widersprüchlich ist.)
3. Christen sind der beste Beweis dafür, dass Widersprüchliches durchaus „denkbar“ oder „vorstellbar“ ist.
4. Wenn Nagel also seine Position damit begründen will, dass alles andere „undenkbar“ sei, und damit gemeint sein sollte, dass alles andere „widersprüchlich“ ist – dann hätte Nagel aufzeigen müssen, dass alles andere widersprüchlich ist. Hat er aber nicht. (DAS hätte ich sicher interessant gefunden. Und wenn er es gut gemacht hätte, hätte er mich auch überzeugt.)
5. Da ich mich nicht daran erinnern kann, dass er irgendwelche Widersprüche aufgezeigt hätte, sondern stets nur erklärte, es sei nicht anders denkbar, gehe ich davon aus, dass er es sich tatsächlich lediglich nicht anders vorstellen konnte.
6. Wer ist auf die Idee gekommen, für den simplen Umstand, dass etwas widersprüchlich ist, die Bezeichnung „undenkbar“ zu verwenden? Das kann doch nur zu unnötigen Missverständnissen führen.
Bis zu Deinem Kommentar dachte ich nur, NAGEL habe sich doof angestellt …
Hallo Matthias
Da verwechselst Du anscheinend Beispiele, Prämissen und Argumente in meinem Beitrag.
Aber sei’s drum.
Ich habe jetzt mehrere Anläufe unternommen, mit Dir in ein vernünftiges Gespräch zu kommen. Nach der vollständigen Lektüre Deiner Antwort inkl letzten Satz betrachte ich dieses Vorhaben als gescheitert. Ich lese weder das Bemühen, wenigstens ein gemeinsames Gesprächsthema vorzuschlagen, noch, konsequent auf Beleidigungen zu verzichten.
Ich überlasse Dir die Bühne hier wieder alleine. Und den Zuschauerraum gleich mit. Ich werde Dich bei Deinen Monologen nicht weiter stören.
Machs gut!
Ich hatte fälschlich gedacht, nachdem mein Kommentar praktisch mit den Worten „Ganz so doof stellen sich PHILOSOPHEN meistens nicht an.“ anfing, wäre erkennbar gewesen, dass ich sich mein harmloser Scherz am Ende auf Philosophen bezog. Deshalb habe ich extra die Formulierung „doof“ übernommen.
Ich weiß nicht einmal, ob Florian Philosoph ist oder nicht.
Meine Einwände sollten klar sein.
Statt mir zu erzählen, wie wir besser diskutieren sollten, wäre es hilfreich gewesen, mir zu helfen, die „Verwechselungen“ aufzuklären.
Allerdings weise ich darauf hin, dass ich bereits auf einen „Erklärungsversuch“ von Florian geantwortet hatte.
Es ist vielleicht nachvollziehbar, dass ich jetzt den Eindruck haben muss, dass nicht nur Nagel fehlerhaft argumentiert, sondern dass das bei Philosophen/Geisteswissenschaftlern so üblich ist, und Nagel deshalb auch von denen so hoch eingeschätzt wird.
Ja, Begriffe sind wichtig, und Logik ist tückisch.
Ihr vermittelt mir allerdings immer wieder den Eindruck, dass EURE Argumente durch diese Tücken getrübt sind, nicht meine.
Florian hat sich mit den Worten verabschiedet:
„Ich werde Dich bei Deinen Monologen nicht weiter stören.“
Wenn Florian meine Monologe primär als störend empfindet, soll er das tun. Ich schreibe hier nicht „für Florian“, sondern ich greife für die Mitlesenden Punkte auf, die mich nicht überzeugen, und lasse Euch an Einsichten teilhaben, die mir gekommen sind.
Da sich die anderen vermutlich weniger an meinen vermeintlichen Angriffen stören, können die sicher auch etwas nüchterner beurteilen, ob wie gut meine Argumentation ist. Und Florians.
Florian verabschiedet sich mit dem Hinweis, ich hätte anscheinend Beispiele, Prämissen und Argumente in seinem Beitrag verwechselt.
GANZ schlechter Stil, weil er einfach nur suggeriert, er hätte Recht und ich Unrecht, ohne das auch nur ansatzweise zu belegen.
Aber nachdem seiner vorherigen „Klarstellung“ zu Nagel verständlich …
Eine ERNSTGEMEINTE Frage:
Was bringt Euch das hier? Was ist (anscheinend) so spannend und befriedigend an diesen etwas sehr langwierigen (und zu keinem Ziel führenden) Ausführungen wo man doch in der selben Zeit schön spazieren gehen, ein Buch lesen, mit Freunden unterwegs sein oder vielleicht auch einem einsamen Menschen mit einem Besuch Freude machen könnte?
LG, Christa, deren Tag (nicht nur ;)) mit 10 Stunden Arbeit ausgefüllt ist und die zu so was überhaupt keine Nerven hätte
Christa, Du machst es richtig. 😉
Liebe Hossarchisten!
Es klingt bestimmt wieder überheblich, aber die Brillanz der folgenden Überlegung werdet wahrscheinlich auch Ihr nicht bestreiten. Lasst Euch überraschen! 😉
CHRIST: „Ich glaube an Gott. Schließlich lässt sich seine Nichtexistenz nicht beweisen.“
ATHEIST: „Das ist doch kein Argument! Wenn es eins wäre, müsstest Du doch auch an die Zahnfee glauben! Deren Nichtexistenz lässt sich doch auch nicht beweisen!“
CHRIST: „Verstehe ich Dich richtig? Dein Argument geht wie folgt?“
1. Die Nichtexistenz der Zahnfee lässt sich nicht beweisen. („Einverstanden!“)
2. Wenn das ein Argument für die Existenz der Zahnfee wäre, müsste die Zahnfee also existieren. („Genau!“)
3. Ich GEHE ABER DAVON AUS, dass die Zahnfee NICHT existiert. („Upps!“)
4. WENN die Zahnfee nicht existiert, aus dem Argument aber folgt, DASS sie existiert, dann führt das Argument zu einem falschen Ergebnis. („Ähm …“)
5. Also ist MEIN Argument unbrauchbar? („Nun ja …“)
CHRIST: „Um zu beweisen, dass mein Argument unbrauchbar ist, müsstest Du also erst einmal beweisen, dass die Zahnfee nicht existiert!“
ATHEIST: „Immer sollen WIR irgendwas beweisen!“
CHRIST: „Ich habe NICHT gesagt, DASS Du irgendwas beweisen sollst! Ich habe lediglich festgestellt, dass Du für Dein Argument erst einmal beweisen müsstest, dass die Zahnfee nicht existiert. Ich wollte nur deutlich machen, dass Dein Weltbild genauso auf unbeweisbaren Annahmen basiert wie meins!“
ATHEIST: „OK, ich kann vielleicht nicht BEWEISEN, dass Dein Argument unbrauchbar ist. Es ist aber trotzdem meine ÜBERZEUGUNG, dass es unbrauchbar ist.“
CHRIST: „Soso, das ist ja sehr interessant!“
Weshalb für Christen das Fehlen von Beweisen ein Argument für Gott ist
Liebe Hossarchisten!
Ich glaube, die Diskussion mit Euch war für mich tatsächlich der Schlüssel zum Verständnis, warum Christen und Atheisten aneinander vorbeireden. Also noch mal vielen, vielen Dank an alle, die mitdiskutiert haben, vor allem Ina und Florian.
Ich erwarte hier keine Diskussion mehr, will Euch aber an folgender Einsicht teilhaben lassen.
Oben wurde mir vorgehalten, dass
“
formale Logik zweiwertig funktioniert (wahr/falsch, an/aus), die Wirklichkeit aber meistens nicht.
“
RICHTIG ist, dass die Wirklichkeit nicht immer zweiwertig funktioniert.
FALSCH ist die Vorstellung, dass formale Logik zweiwertig funktioniert und daher die Wirklichkeit nicht immer richtig abbildet.
Und wer das nicht versteht, kann ALLES „beweisen“.
Wie durch den Hinweis auf die „Zweiwertigkeit der Logik“ von Eurer Seite schon deutlich wird, sind es offenbar die CHRISTEN, die zweiwertig denken – nicht die Atheisten.
Logisch kann man nämlich zu DREI Ergebnissen kommen:
FALSCH
RICHTIG
KEINE AUSSAGE ABLEITBAR
Der ATHEIST weiß (und das stimmt auch): Aus der Nichtexistenz von Beweisen ist KEINE AUSSAGE über Gottes Existenz ableitbar.
Der CHRIST weiß (und das stimmt auch): Es ist FALSCH, aus der Nichtexistenz von Beweisen abzuleiten, dass Gott NICHT existiert.
In der „zweiwertigen Logik“ würde nun folgen:
1. Es existieren keine Beweise für Gott.
2. Es ist FALSCH, daraus zu schließen, dass Gott NICHT existiert.
3. Also muss es wohl RICHTIG sein, daraus zu schließen, DASS er existiert.
Noch leichter kann man auf diese Weise das Gegenteil „beweisen“:
Es existieren keine Beweise für Gott.
Es ist offensichtlich FALSCH, daraus zu schließen, DASS Gott existiert.
Also muss es wohl RICHTIG sein, daraus zu schließen, dass er NICHT existiert.
Hinweis für Atheisten: BEIDE Schlussfolgerungen sind FALSCH. Dass am Ende das „richtige“ Ergebnis rauskommt, heißt nicht, dass die Logik stimmt!
Das Fehlen von Beweisen ist zwar ein Grund für das Nichtglauben an Gott, aber kein Grund, zu glauben, dass Gott nicht existiert.
Der „Trick“ besteht darin, dass das Ergebnis „keine Aussage ableitbar“ gleichbedeutend ist mit „NICHT FALSCH, aber auch NICHT RICHTIG“.
Wenn man nicht höllisch aufpasst und die Gesamtsituation im Blick behält, kann man schnell auf den Gedanken kommen „NICHT FALSCH = RICHTIG“ und „NICHT RICHTIG = FALSCH“.
Wenn das tatsächlich so wäre, würde „keine Aussage ableitbar“ aber bedeuten „RICHTIG, aber auch FALSCH“.
Das Ganze erinnert mich stark an das Ampel-Beispiel oben. Nur, dass damit EUER Problem beschrieben wurde, nicht meins.
Ich stelle fest, dass ich oben einen Fehler gemacht habe.
Aus dem Umstand, dass Christen zweiwertig argumentieren, folgt NICHT, dass Atheisten das nicht tun.
Scheiß Logik! 😉
Gerade ist mir noch was eingefallen:
Wenn Euch einleuchtet, was ich oben geschrieben habe.
Und das keinem Theologen jemals aufgefallen ist.
Dann müsst Ihr damit rechnen, dass ALLE theologischen Argumente fehlerhaft sind.
Du hast natürlich auch Glück, dass zurzeit der Naturalismus en vogue ist. Sobald der Idealismus zurück ist – und ich gehe stark davon aus, dass dies passieren wird – würde ich dann noch einmal feststellen wollen, dass es beispielsweise bei dem Satz „Ich sehe die Welt!“ zunächst einmal nur das Ich ist, das existiert, was auch immer es sieht.
Bis dahin halte ich mich an den Religionsphilosophen Jörg Splett, der Gott zunächst einmal als das Von-Woher-meines-Gutsein-Sollen-Dürfens definiert, wobei man mit Recht, bzw. mit Kant, festhalten sollte, dass mich ein Sollen nur von einer Person her treffen kann. Man könnte jetzt zwar utilitaristisch einwenden, dass man nicht gut sein soll, sondern dass es nützlich ist, gut zu sein. Allerdings gebe ich zu bedenken: Wer fragt, warum man gut sein soll, ist es schon nicht mehr, da er nach Gründen sucht, gut zu sein.
Ist aber nicht mehr das Gute, sondern das Nützliche die letzte moralische Instanz, könnte das dem Menschen, insofern er nicht mehr nützlich ist, genau den Boden unter den Füßen wegziehen, auf dem er steht.
Andersherum begeistert mich der Gedanke, dass die Würde des Menschen darin besteht, dass Gott, gettarnt als die Stimme des Gewissens, jedem Menschen, und auch den Nutzlosen – den Mördern und Vergewaltigern – jeden Morgen aufs Neue ins Ohr flüstert, dass sie gut sein sollen.
Immer noch kann man natürlich sagen, dass man es auch ohne Gott hinkriegen kann, gut zu sein, aber ich weiß gerade nicht, wer es war, jedenfalls hat irgend jemand mal gefragt: Wenn es keinen Gott gibt, wohin mit meiner Dankbarkeit, gut sein zu dürfen?
Ich schwadroniere übrigens nur in den Abend hinein, ohne Gewähr auf logische Konsistenz.
Ich störe nur ungern beim Schwadronieren, hätte da aber ein paarFragen.
1) was bedeutet der Ausdruck „das Von-Woher-meines-Gutsein-Sollen-Dürfens”?
2) wo behauptet Kant, dass „mich ein Sollen nur von einer Person her treffen kann“? Und wie begründet er das?
3) warum macht die Frage nach Gründen, Gut zu sein, mich weniger gut?
4) was genau heißt „gut sein dürfen“?
5) warum sollte ich dafür dankbar sein?
Beste Grüße
Hi Florian!
Ähnliche Fragen blitzten bei mir auch auf …
Aber zu 5):
Nachdem Ihr mich auf die Wichtigkeit der Begriffe aufmerksam gemacht habt, achte ich jetzt immer darauf, was gemeint ist.
Für mich gibt es zwei Varianten von Dankbarkeit:
1. Dankbarkeit für etwas, das mir eine Person zugutekommen lassen hat. (Z.B. interessante Diskussion.)
2. Dankbarkeit für irgendetwas. Z.B. Dankbarkeit dafür, dass ich gesund bin.
Wer religiös ist (und immer war), für den gibt es vermutlich nur Bedeutung 1. Denn für den sieht auch Fall 2 immer wie Fall 1. aus. Er wird dann nämlich Gott dankbar sein.
Wenn jemand Dankbarkeit aber ausschließlich in Bedeutung 1 kennt, und er überlegt sich, wie es ohne Gott wäre, dann ergibt sich tatsächlich sofort die Frage: „Wenn es keinen Gott gibt, wohin mit meiner Dankbarkeit?“
Ich glaube mittlerweile, dass unsere Logik gar nicht so sehr durch Ratio geprägt ist, sondern durch Instinkte.
Wer unbewusst durch den Glauben an Gott immer einer Person danken kann, der wird unbewusst instinktiv „Dankbarkeit“ mit „Dankbarkeit gegenüber einer Person“ gleichsetzen. Wenn er sich dann überlegt, wie eine Welt ohne Gott aussähe, wird er instinktiv diese Frage stellen.
Das ist mir gerade klar geworden, also vielen Dank, Alexander und Florian.
@Alexander:
Darf ich fragen, ob Du religiös bist und es schon immer warst?
Hi Alexander!
Nur ein Punkt – und auch hier habe ich wieder den Eindruck, dass die Begriffsverwirrung bei EUCH liegt. Du schreibst:
“
Man könnte jetzt zwar utilitaristisch einwenden, dass man nicht gut sein soll, sondern dass es nützlich ist, gut zu sein. Allerdings gebe ich zu bedenken: Wer fragt, warum man gut sein soll, ist es schon nicht mehr, da er nach Gründen sucht, gut zu sein.
“
Der Utilitarist fragt: Was macht eigentlich etwas Gutes aus? Offenbar, dass es nützlich ist.
Für den Utilitaristen gilt also: Gut ist, was nützlich ist.
Du fragst ebenfalls: Was macht eigentlich etwas Gutes aus? Deine Antwort ist: „Wer fragt, warum man gut sein soll, ist es schon nicht mehr, da er nach Gründen sucht, gut zu sein.“
Du scheinst „Eigenschaft“ und „Motiv“ zu verwechseln.
„Nützlich“ ist zunächst einmal eine Eigenschaft. Irgendjemandem entsteht dadurch ein Nutzen.
Auf das Motiv kommt es dabei nicht an.
Der Utilitarist fragt also gar nicht nach dem Motiv, sondern nach der Eigenschaft.
DU bist derjenige, der nach dem Motiv fragt. Denn alles, was Du über „Gutes“ zu wissen glaubst (oder zumindest hier gesagt hast), ist offenbar, dass es ohne Motiv getan werden muss.
Wenn ich ohne Grund um mich schießen würde, würde das offenbar immer noch unter Deine Definition von „gut“ fallen.
Wenn mich jemand aufhalten würde, um meine Mitmenschen zu schützen, würde das offenbar NICHT unter Deine Definition von „gut“ fallen.
Demgegenüber würde der Utilitarist zu den Einschätzungen kommen, zu denen ein normaler Mensch kommt.
Weiter schreibst Du:
“
Ist aber nicht mehr das Gute, sondern das Nützliche die letzte moralische Instanz, könnte das dem Menschen, insofern er nicht mehr nützlich ist, genau den Boden unter den Füßen wegziehen, auf dem er steht.
“
Kann es sein, dass Du Nützlichkeitserwägungen aus Nützlichkeitserwägungen ablehnst?
Auf mich mach das den Eindruck, denn Du argumentierst ja mit potenziellem Schaden. Das fällt für mich unter Nützlichkeitserwägung.
Das ist für mich alles sehr aufschlussreich. Aber es überzeugt mich überhaupt nicht.
Guten Morgen. (Ich bin spät aufgestanden). Du bist aber auch spitzfindig. Bevor ich vorschnelle Anworten gebe, muss ich zunächst einmal darüber nachdenken. Dies kann eine gewisse Zeit in Anspruch nehmen, gut Ding will Weile haben.
Allerdings, was dein Beispiel angeht: „Um mich schiessen“ tue ich ja gerade deswegen nicht, weil ich ein grund-legendes Verständnis davon habe, dass „Menschen zu töten“ böse ist. Weil also der Grund, gut zu sein, in mit bereits angelegt ist, benötige ich in dem Sinne kein Motiv. Ich handle dann aber nicht ohne Grund, sondern ich handele auf der Grund-lage des Guten.
Was meine eigene Religiösität betrifft: Ich denke, in Gedanken gibt es immer ein Für und Wider, im Leben aber, zumindest, was wichtige Entscheidungen angeht, ein Entweder Oder. Und so habe ich mich dazu entschieden, um es mit Luther zu sagen, mich an Jesus zu hängen. Warum? Ich schätze, weil in meinen besten Lebensmomenten seine Wirklichkeit so sehr aufgeleuchtet hat wie sonst nichts auf der Welt. Nietzsche sagt: Werde glücklich und dann tu, was du tun willst. Bei mir ist es so, in den Momenten, in denen ich glücklich bin, will ich an Gott glauben, also tu ich es dann auch.
Ob das intellektuell redlich ist, weiß ich nicht, aber ich weiß, dass die Erkenntnis, mich umgriffen zu wissen, tiefer geht als die Erkenntnis, etwas zu begreifen. Daher ist Gott dann ja auch ein Geheimnis, also ein Ort, an dem ich daheim bin.
Hey Alexander,
ich weiß genau, worauf Du hinaus willst und erkenne Deine gedanklichen Bilder, ich lese gerade nämlich auch Jörg Splett. 🙂
Er leuchtet einem genau dann ein, wenn man sowieso schon beschlossen hat, an Gott zu glauben, und nach Worten sucht, eine „existentielle Situation“ zu beschreiben. Und das ist im Sinne des Diskurses hier ja kein „Argument“. Macht aber nichts, denn solange man ausweist, dass man gerade die Ebene wechselt (indem man sagt, Achtung, ich spreche jetzt nur über meine Überzeugung, die man nicht teilen muss), ist das intellektuell redlich genug. Meiner Ansicht nach.
Bei Splett selbst ist ja völlig klar, dass er als Religionsphilosoph eine andere Art Philosophie betreibt, nämlich Philosophie als „Zulieferin“ der Theologie verwendet. Einzelheiten kann man da durchaus diskutieren (z.B. wann er welche Setzungen einführt), aber das mach ich hier lieber nicht. Würde nur zu weiteren Verhedderungen der Diskussionsstränge führen…
(Außerdem ist Splett ja Katholik, und die haben bis heute einen höheren Anspruch, Gottglauben deduktiv apologetisch zu begründen, meist über Ethik und oft auch unter Verwendung antiker oder scholastischer Denker, die Luther alle abgewatscht hat…)
Das hier war nur ein kleiner Zwischenruf von mir, weil ich Splett schätze, aber nicht mit ihm „argumentieren“ würde. Weil ich ja sowieso davon ausgehe, dass Gottglaube oder nicht davon abhängt, wie jeder einzelne mit den Wahrscheinlichkeiten umgeht.
So long & bis zum nächsten Splett-Treffen bei einem anderen Hossa-Talk! 🙂
Ich bin wieder weg!
Ina
Hallo Alexander,
lass Dir ruhig Zeit! Lieber eine durchdachte Antwort als eine vorschnelle.
Nur eine kleine Anmerkung:
Ich bin natürlich davon überzeugt, dass kein Hossarchist einfach wild um sich schießt und dass Du natürlich ein Verständnis von Gut und Böse hast.
Ich wollte nur folgendes deutlich machen:
Wir haben natürlich alle eine Intuition davon, was gut und böse bedeutet. Und ich bin mir ziemlich sicher, dass wir üblicherweise auch zu denselben Einschätzungen kommen werden.
Ich glaube, wir haben hier wieder ein Begriffsproblem: Wir FÜHLEN, was gemeint ist, können das aber nich nicht richtig beschreiben.
Obwohl: Spontan würde ich sagen, dass ich wenig Problem damit hätte, „gut“ und „nützlich“ gleichzusetzen.
Ich weiß zwar, was Dir dabei fehlt. Aber das, was noch fehlt, würde ich vielleicht als „edel“ bezeichnet.
Aber ich denke, „nützlich“ trifft es zumindest schon mal ZIEMLICH GUT.
Ich wollte sozusagen nur Dein KRITERIUM „abklopfen“ und Dir zeigen, dass Du damit, nach normalem Empfinden, gute Dinge aus- und schlechte Dinge einschließt. Das kommt freilich daher, dass Du „gut“ negativ definierst. Dann enthält es halt ALLES, außer dem, was Du ausgeschlossen hast. Also auch den irren Todesschützen.
Ich habe doch schon erwähnt, dass ich mittlerweile erkannt habe, dass wir ALLE im Grunde intuitiv argumentieren. Wir „spüren“ sozusagen, was gemeint ist. Und vermutlich verstärken wir jedes Mal, wenn wir „gut“ oder „schlecht“ urteilen, unser Verständnis davon.
Und ich vermute, unser Unterbewusstsein „merkt“ sich die sparsamste Bedeutung.
Ich hatte oben ja schon geschrieben, dass ein Gläubiger die beiden Sachverhalte
1. Dank gegenüber einer Person und
2. das Gefühl der Dankbarkeit
als „dasselbe“ abspeichern kann, weil er ja mit Gott immer eine Person hat, der er dankbar sein kann. Er braucht keine zwei Varianten abzuspeichern, wie der Atheist, bei dem manchmal jemand fehlt.
Als Christ wird Dir vermutlich von Deiner Umgebung, und auch von Dir selbst, immer wieder das Muster vermittelt, dass „gut“ nur „gut“ ist, wenn es selbstlos getan wird.
Tatsächlich wird bei Dir ein zweistufiger Filter greifen:
Zunächst erkennst Du unbewusst nur das als gut, was „alle“ sowieso für gut halten.
Dann kommt der bewusstere, christlicher Filter, der aus dem Guten noch mal alles aussiebt, was nicht selbstlos war.
Als Christ bist Du quasi so „gut“, dass es für Dich – um es mit den Worten der Philosophen zu sagen – UNDENKBAR ist, dass bestimmte Dinge als gut aufgefasst werden könnten.
Das ehrt Dich zwar – aber dadurch ist es für Dich auch schwerer, zu erkennen, dass Dein Kriterium – wenn man es ernst nimmt – auch den willenlosen Todesschützen mit einschließt.
Vielleicht ist es für Dich sogar GERADE DESHALB schwer, überhaupt ein Kriterium zu finden: Wenn es nämlich tatsächlich undenkbar für Dich ist, dass nicht-gute Dinge gut sein könnten – dann findet die Auswahl schon im Unterbewussten statt. Dann BRAUCHST Du gar kein Kriterium mehr. Du suchst aber trotzdem eins, weil Du ja weißt, dass es eins geben muss. Tja – und besser als „gut“ ist es halt nur, wenn es zusätzlich auch noch selbstlos ist.
Ich hingegen bin ja BWLer. Die ganze Wirtschaft basiert darauf, dass Leute aus Eigennutz Win-Win-Situationen produzieren. Deshalb gibt es für mich
1. keinen Grund, Eigennutz auszuklammern und
2. keinen Grund, ein zusätzliches Kriterium zu „gut“ zu finden als das, was Du schon unterbewusst ansetzt.
So, ist wieder etwas länger geworden. Das meiste ist mir erst beim Schreiben eingefallen.
Na ja, ganz uneigennützig handelt wohl keiner, da wir alle nach Glück streben, egal, ob wir Gutes oder Böses tun. Wenn ich also jemandem, der Hunger darbt, eine Stulle schmiere, dann macht mich das sicherlich selbst auch etwas glücklich. Auf der anderen Seite: Selbst wenn mich ein Stromschlag treffen würde und ich fortan kein Glück mehr empfinden könnte, wäre es trotzdem richtig, dem Mann eine Stulle zu schmieren. Insofern ist das, was gut ist, zwar nützlich, aber das, was nützlich ist, nicht unbedingt gut. Denn je nach Vorzeichen würde ich den Nutzen abwägen und, beispielsweise, wenn ich besonders wirtschaftsliberal drauf wäre, zum Entschluss kommen, ihm die Stulle nicht zu schmieren.
Aber Ina hat natürlich Recht, alles, was ich gesagt habe, hat hinsichtlich der Gottesfrage keine große Schlagkraft, da es eher dazu dient, einen bereits gefundenen Grund zu bestellen, statt ihn zu legen. Das wäre allerdings ein interessantes Wahrheitskriterium: Zu schauen, ob und was auf dem Grund, den man gelegt und bestellt hat, denn so alles wächst.
In dem Sinne wünsche ich einen gesegneten Restsonntag. Wobei, es gab mal einen Atheisten, der ist richtig sauer geworden, als ich ihm Gottes Segen zum Geburtstag gewünscht habe. Ich hoffe mal, du kannst damit besser umgehen, schließlich hast du, insofern es keinen Gott gibt, ja auch keinen Segen zu befürchten 😉
Keine Ahnung, ob das jetzt passt, aber ich habe vor einer Weile diese kleine Geschichte geschrieben, um meine Unsicherheiten gegenüber dem zum Ausdruck zu bringen, was man so Realität nennt. Ich geb sie an
der Stelle mal zum Besten:
Wer wird Millionär?
Szene: Das Studio ist gut besucht. In der Mitte auf dem Stuhl Günther Jauch. Ihm gegenüber ein junger Mann, der sich selbst Viktor nennt. Dieser hat die ersten Hürden bravourös genommen, dann aber bei der 500€ Frage den 50:50 Joker verdaddelt. Günther Jauch ist gerade dabei, ihm die 1000€ Frage zu stellen.
Günther Jauch: Hui, das ist spannend heute Abend. Ich stelle Ihnen jetzt die 1000€ Frage. Sind Sie bereit?
Viktor: Ich bin bereit.
Günther Jauch: Also los, hier kommt sie: Wie alt ist die Erde? A: 5 Milliarden Jahre. B: 6000 Jahre. C: 5 Minuten. Oder D: Die Erde gibt es gar nicht.
Viktor: Puh, das ist schwer. Ich habe eine Tendenz, aber ich würde gerne das Publikum fragen.
Günther Jauch: Das ist ihr gutes Recht. (Er wendet sich ans Publikum). Bitte stimmen Sie ab, wie alt ist die Erde?
Viktor: Aber bitte, nur drücken, wenn Sie es auch wirklich wissen!
Günther Jauch: Und schon haben wir ein Ergebnis! Stolze 90% sagen, die Erde ist 5 Milliarden Jahre alt.
Viktor verschränkt seine Arme.
Günther Jauch: Sie hatten eine andere Tendenz?
Viktor: Eigentlich schon. Aber 90%, das sind natürlich nicht wenige. Auf der anderen Seite, wenn 90% aller Lemminge eine Klippe runterspringen, ist das trotzdem doof.
Günther Jauch: Sie finden das Publikum doof?
Viktor: Das habe ich so nicht gesagt.
Günther Jauch: Aber sie glauben ihm nicht?
Viktor: Es schadet auf jeden Fall nichts, noch einen Joker zu nehmen. Und zwar soll bitte jetzt nur einer aus dem Publikum aufstehen.
Günther Jauch: Also gut, wer kennt die Antwort, wie alt ist die Erde?
Mehrere Leute stehen auf, Viktor entscheidet sich für einen älteren Herrn mit Bart und Pullunder.
Günther Jauch: Wie heißen Sie und wie lautet die Antwort?
Älterer Herr: Mein Name ist Hans Herbert Meier und ich gehe davon aus, dass die Antwort C richtig ist.
Günther Jauch: Antwort C lautet, die Welt ist 5 Minuten alt. Wie kommen Sie darauf?
Älterer Herr: Nun, wie wir alle wissen, sind wir im Jubiläumsjahr von Bertrand Russell. Die Antwort C ist daher höchstwahrscheinlich als Hommage an Russell gedacht, dem es logisch nicht unmöglich erschien, dass die Welt erst vor 5 Minuten ins Dasein kam, und zwar genauso, wie sie ist, voll bewohnt von Leuten, deren Erinnerung ihnen eine ältere Vergangenheit vorspielt.
Günter Jauch (zu Viktor): Und, hilft Ihnen das weiter?
Viktor: Doch, das hört sich eigentlich sehr plausibel an. Dennoch würde ich gerne, um sicherzugehen, noch einen dritten Joker nehmen.
Günther Jauch: Und das wäre dann auch schon ihr letzter. Wen rufen Sie an?
Viktor: Professor Hagedorn, der müsste das eigentlich wissen.
Die Nummer wird gewählt, am anderen Ende der Leitung meldet sich Professor Hagedorn. Günther Jauch begrüßt ihn. Viktor liest ihm die Frage und die vier Antworten vor.
Professor Hagedorn: Das ist nicht sonderlich schwer. Als Vertreter des Solipsismus meine ich, dass die Antwort nur D lauten kann.
Günther Jauch: Ist das ihr Ernst, die Erde soll es gar nicht geben?
Professor Hagedorn: Schlichte Gemüter finden das vielleicht absurd, aber ich gehe stark davon aus, dass ich das einzig existierende Wesen bin und alles andere nur ein Traum ist. Damit sind Sie, lieber Günther Jauch, leider nur Fiktion. Nur real als Teil meines Traums. Das heißt, es gibt weder Sie noch gibt es die Erde, auf der wir zu existieren scheinen. Und daher kann nur Antwort D richtig sein.
Günther Jauch (zu Viktor): Was sagen Sie dazu?
Viktor: Das klingt zwar erst einmal verwirrend, aber der Mann hat sicherlich nicht ganz Unrecht.
Günther Jauch: Das heißt, Sie entscheiden sich für D?
Viktor: Ehrlich gesagt ist eine Antwort so gut wie die andere. Herr Jauch, ich weiß es nicht.
Günther Jauch: Können Sie vielleicht irgendetwas ausschließen?
Viktor: Lassen Sie mich überlegen. Wenn D stimmt, dann denkt Professor Hagedorn zwar, dass es nur ihn gibt. Aber das denkt er nur, weil er es ist, der denkt. Daher kann es aus meiner Sicht logischerweise nur mich geben und Professor Hagedorn ist eine Fiktion. Wenn aber Professor Hagedorn eine Fiktion ist, dann sind auch die 1000€ eine Fiktion. Wenn ich also D nehme, habe ich 1000€ gewonnen, die es aber eigentlich gar nicht gibt. Da ich jedoch hier bin, um Geld zu gewinnen, fliegt Antwort D schon mal raus.
Günther Jauch: Bleiben A, B und C.
Viktor: Antwort C klingt auch verlockend, aber wenn die Welt erst 5 Minuten alt ist, wer sagt mir, dass in den nächsten 5 Minuten nicht eine ganz neue Welt ins Dasein kommt? Oder wir in den nächsten 5 Minuten eine ganz neue Erinnerung haben, in der ich niemals 1000€ gewonnen habe? So gesehen ist Antwort C auch raus, denn was nützen mir 1000€, wenn ich keine Sicherheit habe, sie über die nächsten 5 Minuten hinaus auch ausgeben zu können?
Günther Jauch: Und somit müssen Sie sich nur noch zwischen A und B entscheiden.
Viktor: Jetzt wird’s aber wirklich kniffelig. 5 Milliarden Jahre oder 6000 Jahre? Es gibt ja Menschen mit Gendefekt, die als Kind schon so aussehen wie ein Greis. Vielleicht ist es mit der Welt auch so. Vielleicht wirkt sie nur Milliarden Jahre alt und ist eigentlich blutjung? Auf der anderen Seite, wir sind hier bei RTL.
Günther Jauch: Hier hake ich ein, was meinen Sie damit, wir sind hier bei RTL?
Viktor: Naja, es ist doch so: RTL strahlt aus, was die Mehrheit denkt und umgekehrt denkt die Mehrheit das, was RTL ausstrahlt. Und daher würde ich mich jetzt einfach auch der Mehrheit anschließen und sage, die richtige Antwort lautet A, die Welt ist 5 Milliarden Jahre alt.
Günther Jauch: Wenn das Ihr letztes Wort ist, dann logge ich das jetzt ein.
Viktor (zaghaft): Das ist mein letztes Wort.
Günther Jauch: Also gut, dann will ich Sie nicht länger auf die Folter spannen. Die richtige Antwort ist, da hatten Sie völlig Recht, weder C noch D. Es tut mir aber leid, Ihnen sagen zu müssen, dass auch A nicht richtig ist. Allerdings ist auch B falsch. Wenn ich das hier auf meinem Bildschirm richtig sehe, sind alle 4 Antworten falsch.
Viktor (perplex): Alle Antworten sind falsch? Wie kann das sein?
Günther Jauch: Tja, das ist wirklich ein Rätsel, aber wenn Sie meine persönliche Meinung hören wollen, dann hat es wohl damit zu tun, dass wir in einem Multiversum leben.
Viktor: Hä?
Günther Jauch: Sie haben Recht, das ist nicht ganz einfach zu verstehen, aber scheinbar ist in diesem Universum gerade der höchst unwahrscheinliche Fall eingetreten, dass alle Antworten falsch sind. Ihr Pech ist sozusagen, dass Sie zur falschen Zeit im falschen Universum sitzen, und damit leer ausgehen.
Viktor: Was gehe ich?
Günther Jauch: Tut mir leid, Sie gehen hier und jetzt leer aus. Wenn Sie das tröstet, kann ich Ihnen aber versichern, dass es da draußen mit Sicherheit auch ein Universum gibt, in welchem Sie die richtige Antwort nennen und damit die 1000€ einstreichen. Ärgern Sie sich also nicht zu sehr, sondern freuen Sie sich stattdessen für Ihr anderes Ich, das womöglich gerade sehr glücklich ist.
In diesem Moment ertönt der Gong. Die Sendung ist um. Günther Jauch und Viktor schreiten gemeinsam Richtung Studioausgang. Das Publikum bleibt zurück. Einige klatschen. Die meisten wirken irgendwie verstört.
Den Impuls nehme ich gerne auf, nachdem ich mich bis hierhin in den Kommentaren vorgearbeitet habe.
Die Frage nach der Entstehung der Erde entzündet ja gerne die Gemüter, besonders bei denen, die eine Zahl um die 6000 Jahre errechnet haben oder einfach denen glauben schenken, die so eine Zahl verbreiten, weil die andere Zahl so unvorstellbar ist.
Die Frage nach dem Alter der Erde ist eine Frage nach Raum und nach Zeit. Die Frage ist also eine naturwissenschaftliche Frage. Naturwissenschaftliche Fragen benötigen naturwissenschaftliche Antworten. Irgendwas zwischen 4,5 und 5 Milliarden Jahren, so könnte die Antwort lauten. Das ist der Forschungsstand, welcher laufend hinterfragt und korrigiert wird.
Nun gibt es Menschen, die halten einen Widerspruch zwischen Zahlen kaum aus. Zahlen stehen bei ihnen alle auf einer Ebene. Jede Zahl steht für Nachprüfbarkeit, für Ehrlichkeit, für Wahrheit. Diese Menschen müssen fast zwangsweise Aussagen formulieren wie: „Es sieht aus wie 4,5 Milliarden, es ist aber in Wirklichkeit nur 6000 Jahre – weil Gott es so aussehen lässt!“ – Auf der anderen Seite meinen einige Andersgläubigen, die Naturwissenschaft könne auf alles Antworten geben und hätte darum längst geklärt, dass es keinen Gott gebe, was man ja auch am Widerspruch jener obigen Berechnungen erkennen könne. – Beide Seiten haben dasselbe Problem der „unsauberen Argumentation“. Beide verschmelzen ihre Denkvoraussetzungen mit den naturwissenschaftlichen Ergebnissen und behaupten anschließend, das sei nun „die ganze Wahrheit“. Sie vermischen zwei Erkentnisse, die auf unzterschiedlichen Ebenen gewonnen werden, auf der selben Ebene miteinander. Da wäre zum einen die Frage nach dem Entstehungsgrund (Philosophie/Theologie) und zum anderen nach dem Entstehungszeitpunkt (Naturwissenschaft). Es sind zwei verschiedene Fragen und beide Fragen können nur mit den passenden „Werkzeugen“ erforscht werden. „Die Bibel hat in allem Recht – auch in den Dingen, die wir modernen Menschen durch Addition von Jahreszahlen ausrechnen wollen“, halte ich darum aus genannten Gründen für genauso falsch wie die Aussage: „Was die Naturwissenschaft nicht erkennt, ist nicht existent.“
Zurück zur Geschichte: Dem Publikumsjoker (Befragung der Allgemeinheit) begegnet man täglich. Es ist eins der Hauptwerkzeuge der Gesellschaftswissenschaften, die Empirie. Dieses Werkzeug ist untauglich zur Beantwortung der meisten naturwissenschaftlichen Fragestellungen (also z.B. wie alt die Erde ist). Die Empirie soll ermitteln, wie viele Menschen welcher Meinung sind. Sie kann also im Sinn der Fragestellung gar keine Antworten geben. Das Ergebnis wäre nur zufällig richtig.
Der 2. Publikumsjoker gehört in die Kategorie „komplett verlaufen.“ Hier schaut jemand auf die Dinge, die ihn momentan bewegen und hält Monokausalität für den Schlüssel zur Lösung aller an ihn herangetragenen Fragestellungen. Solche Begründungen sollten weder Viktor in der Geschichte noch irgendjemand sonst verwirren. (Das Beispiel zeigt meiner Meinung auch exemplarisch, wie die Außenwirkung eines Menschen ist, der die Bibel in allen Dingen wörtlich interpretiert. Es wird irgendwie komisch.)
Der verzweifelte Ruf nach dem Telefonjoker führt endlich zu einer Expertenantwort. Doch der ausgewählte Experte ist nicht kompetent für die Beantwortung der Frage. Das Fachgebiet des Professors lautet weder Atomphysik noch Geologie. Seine Antwort ist darum gleich der eines Ahnungslosen zu bewerten. Merke: Experten kennen sich in den allerwenigsten Dingen besser aus als der Rest der Menschheit. In 99,99 % aller Fragen des Lebens sind sie auch nur Laien.
Der sich nun anschließende Wortwechsel zwischen Viktor und Jauch bezieht sich nur noch vordergründig auf die Fragestellung. Wenn der Protagonist tatsächlich so ahnungslos sein sollte, wie er dargestellt wird, dann hätte ihm ein Kundiger als Telefonjoker die Lösung sagen können oder er hätte eben zocken müssen. Das Gelaber von Jauch hätte er als reines Ablenkungsmanöver erkannt. Oder aber er hätte heimlich die Spielregeln ein wenig verletzen und sich von jemandem aus dem Publikum den letzten Stand der Forschung zuflüstern lassen können. Anschließend hätte er darauf verweisen können, dass der Unterschied zwischen 4,5 und 5 Milliarden heutzutage bei der Verabschiedung von öffentlichen Haushalten als vernachlässigbar gilt, also dann erst recht bei einer aus Allgemeinwissen zusammengewürfelten Quizshow.
Somit ist das eigentliche Problem die Nichtbekanntgabe der richtigen Antwort!
Das ist entweder ein klarer Verstoß gegen die Spielregeln der Show oder aber es ist handelt sich um einen Anzeigefehler am Monitor des Moderators.
Wir haben es also weder mit einem naturwissenschaftlichen noch mit einem erkenntnistheoretischen Problem zu tun. Nein, es ist ein technisches oder vielleicht sogar eher juristisches Problem. Entweder jemand hat einen Fehler gemacht oder jemand hält sich absichtlich nicht an die Regeln.
Fazit: Wenn Beweise des Nichtbeweisbaren angestrebt werden, dann „[…] sollte [man] sich aber immerhin daran erinnern, dass der denkende Mensch oft Fehler macht, indem er entweder von falschen Voraussetzungen aus argumentiert oder in der Argumentation selbst unachtsam ist. So kann es dann geschehen, dass wir Dinge für möglich halten, die in Wahrheit unmöglich sind, und umgekehrt. (Jeder gute Taschenspielertrick z. B. tut etwas, das den Zuschauer mit dem, was sie für Tatsachen halten, und mit ihrer Denkfähigkeit in Widerspruch zu stehen und also ‚unmöglich‘ zu sein scheint.) Wir sollten also daher mit großer Vorsicht zu Werke gehen, wenn wir jenes ‚in sich Unmögliche‘ definieren […]“ C.S. Lewis, „Über den Schmerz“ aus dem Jahre 1940.
Hallo Ralf,
ich will nur einen Punkt aufgreifen von dem, was Du schreibst:
Du scheinst der Eindruck zu haben, Wissenschaftler (oder Atheisten) würden denken, Gottes NICHTEXISTENZ sei BEWIESEN. Das ist aber kein Vorwurf, ich greife das nur auf, weil sich daran deutlich machen lässt, wieso Atheisten und Gläubige sich übereinander ärgern.
Wir sind uns, glaube ich, alle einig, dass man Gottes Existenz weder beweisen noch widerlegen kann.
Wir sind also, wenn wir darüber nachdenken, ALLE AGNOSTIKER: Wir wissen, dass wir keine Aussage über Gottes Existenz machen können.
Was macht den Unterschied zwischen Gläubigen und Atheisten aus?
– Atheisten sind Agnostiker, die so leben, als ob es Gott nicht gäbe.
– Gläubige sind Agnostiker, die so leben, als ob es Gott gäbe.
Agnostiker gibt es also gewissermaßen nur in der Theorie, aber nicht in der Praxis. In der Praxis lebt man entweder, als ob es Gott gibt, oder, als ob es ihn nicht gibt.
Und das wiederum nehmen die „anderen“ wahr: Da lebt jemand, ALS OB es Gott gibt. Also muss er glauben, DASS es Gott gibt. Oder: Da lebt jemand, ALS OB es keinen Gott gibt. Also muss er wohl glauben, DASS es keinen Gott gibt.
Und ganz ehrlich: Unbewusst glaube ich höchstwahrscheinlich tatsächlich, dass es KEINEN Gott gibt. NUR AUF DER KOPF-EBENE weiß ich, dass dass sich das nicht beweisen lässt. In der Praxis muss ich eine Entscheidung treffen, und ich lebe so, als ob es Gott nicht gibt. Und das nehmen offenbar auch alle so wahr.
Umgekehrt muss ich davon ausgehen, dass auch Gläubige unbewusst tatsächlich glauben, dass Gott existiert. Nur auf der Kopf-Ebene erkennen sie, dass sich seine Existenz nicht beweisen lässt. Und die Atheisten nehmen natürlich ebenfalls nur das Verhalten der Gläubigen wahr, nicht die Unterscheidung im Kopf.
Das hat nun bisher immer zu folgernder kurioser Situation geführt:
Mein Eindruck ist, Gläubige haben nur ein Problem mit ATHEISTEN, nicht mit AGNOSTIKERN. Denn die Gläubigen wissen ja, dass sich Gottes Existenz nicht beweisen lässt.
Die Leute, die sich als Agnostiker bezeichnen, leben aber auch so, als ob es keinen Gott gibt. Deshalb weisen die Atheisten darauf hin (ich habe das selbst immer gemacht): Ja, in der THEORIE bin ich auch Agnostiker – aber in der PRAXIS sind Agnostiker doch AUCH ATHEISTEN. Denn sie glauben auch nicht, das Gott existiert – und leben so.
Dadurch haben wir alle übersehen, dass wir ALLE AGNOSTIKER sind: Gläubige sind Agnostiker, die so leben, als ob es Gott gibt, Atheisten (und diejenigen, die man gemeinhin als Agnostiker bezeichnet) sind Agnostiker, die so leben, als ob es keinen Gott gibt.
Die bittere Ironie:
Mein Eindruck ist, dass die Gläubigen schon zufrieden wären, wenn sich die Atheisten als Agnostiker bezeichnen würden. Damit könnten die Gläubigen leben.
Dabei übersehen die Gläubigen, dass sie sich selbst – nach der gleichen Logik – EBENFALLS als Agnostiker bezeichnen müssten.
Und die Atheisten übersehen das auch.
Ich glaube, allein für diese Erkenntnis haben sich die Scharmützel hier schon gelohnt.
Nachtrag: Ich werde die Begriffe, „Gläubiger“, „Atheist“ und „Agnostiker“ in Zukunft wie folgt definieren und verwenden:
Ein AGNOSTIKER ist jemand, der weiß, dass sich die Existenz Gottes weder beweisen noch widerlegen lässt.
Ein GLÄUBIGER ist ein Agnostiker, der so lebt, als ob es Gott gibt.
Ein ATHEIST ist ein Agnostiker, der so lebt, als ob es Gott nicht gibt.
Super Definitionen. Ich bezeichne mich ja oft als christlichen Agnostiker. Finde mich da also gut wieder. 🙂
LG,
Der Jay
Das finde ich alles andere als super. Das sind ja keine offiziellen Definitionen, sondern bestenfalls zu 80% oder so deckungsgleiche. Damit leistest du einer babylonischen Sprachverwirrung nur noch mehr Vorschub, und schlimmstenfalls nur für dich selbst.
Zum zweiten finde ich mich als Atheist darin nicht wieder. Ich sehe auf deiner agnostischen Ebene keinen Grund, Gott widerlegen noch beweisen zu können. Es ist einfach völlig irrelevant. „Agnosis“ heißt ja eben „nicht wissen“. Bequem, ich weiß. Aber ich könnte mir aus dem Stegreif auch irgendwelche Fantasiefiguren ausdenken, die man genau dort einordnen müßte.
Hallo Mathias,
du schriebst:
„Du scheinst der Eindruck zu haben, Wissenschaftler (oder Atheisten) würden denken, Gottes NICHTEXISTENZ sei BEWIESEN. Das ist aber kein Vorwurf, ich greife das nur auf, weil sich daran deutlich machen lässt, wieso Atheisten und Gläubige sich übereinander ärgern.“
Der Eindruck täuscht.
Ich habe vielmehr den Eindruck, dass Naturwissenschaft und Wissenschaft gerne als Synonyme verwendet werden. Dabei ist die Naturwissenschaft eine von tausenden Disziplinen, die alle ihre klar abgesteckten Forschungsgebiete, Methoden und Grenzen ihrer Zuständigkeiten besitzen.
Naturwissenschaftler sind sich meistens darüber im Klaren, dass ihre Wissenschaft keine Aussagen über Gott tätigen kann. Es treten immer mal wieder Vertreter aus ihren Reihen auf, die sich zur Gottesfrage äußern, aber diese Äußerungen sind dann ihre persönlichen Überzeugungen und können per Definition nicht aus den Naturwissenschaften begründet werden. Als populäres Bespiel möchte ich den Astrophysiker und Philosophen Harald Lesch nennen. Er sagte einmal sinngemäß: „Die Astrophysiker können heute berechnen, wie die Welt Bruchteile von Millisekunden nach dem Urknall aussah und wie sie sich seitdem bis heute verändert hat. Aber wir können aus unserem Fachgebiet heraus gar nichts aussagen darüber, was davor gewesen ist, weil der Untersuchungsgegenstand der Naturwissenschaft davor gar nicht existierte. Und wir können auch nicht beschreiben, was außerhalb des Kosmos sein könnte, weil alle Methoden nur in der uns umgebenden Natur von Raum und Zeit angewandt werden können.“
Er beschreibt damit die Grenze der Erkenntnismöglichkeit seiner wissenschaftlichen Disziplin. Auf die Frage, ob er als Wissenschaftler an Gott glaube, antwortetet er einmal sinngemäß: „Was hat das eine mit dem Anderen zu tun? Die Naturwissenschaften können rein gar nichts über Gott aussagen. Aber wenn sie mich als Mensch fragen, dann bin ich mit Gott ganz Dicke.“
Wissenschaft ist also nicht gleichzusetzen mit Naturwissenschaft; und Gotteserkenntnis spielt sich auf einer ganz anderen Ebene ab.
Man möge mir nachsehen, dass ich nun erneut C. S. Lewis zitiere. Ich befolge momentan einen Rat, den er seinen Lesern gab. Er empfahl, nach der Lektüre von vier neuen Büchern ein altes Buch zu lesen. Denn jede Generation entdecke viel Neues und Wahres, aber gleichzeitig habe jede Generation auch blinde Flecken für sich selbst und ihre Zeit und sei damit genauso anfällig für Denkfehler, wie die Denker in früheren Zeiten. Manchmal deckten alte Bücher darum die heutigen Denkfehler auf.
C. S. Lewis war Atheist. Es gibt eine wunderbare Einleitung in seinem Buch „Über den Schmerz“, in der er beschreibt, wie logisch und folgerichtig der Atheismus ist, wenn man sich die Welt anschaut und diese mit der Vorstellung eines angeblich liebenden Gottes in Einklang zu bringen versucht.
Als Literaturprofessor in Oxford schloss er Freundschaft und diskutierte viel mit J. R. R. Tolkin über das Dasein, über die Welt und über Gott. Beide wurden als Schriftsteller später berühmt für ihre fantastischen Geschichten, in denen sie diese Themen literarisch verarbeiteten (Lewis ‚Die Chroniken von Narnia‘ und Tolkin ‚Der Hobbit‘ und ‚Der Herr der Ringe‘).
Lewis beschreibt zum Ende hin in seiner Autobiographie seine Gotteserfahrung: […] Ich fuhr oben im Bus […]. Ohne Worte und (ich glaube) beinahe ohne Bilder wurde mir irgendwie eine Tatsache über mich selbst präsentiert. Mir wurde bewusst, dass ich etwas auf Abstand hielt oder etwas aussperrte. Oder, wenn sie so wollen, dass ich irgendeine steife Kleidung trug, wie ein Korsett oder gar Rüstung, als wäre ich ein Hummer. Ich spürte, wie mir dort und in diesem Moment eine freie Wahl angeboten wurde. Ich konnte die Tür öffnen oder verschlossen lassen; ich konnte die Rüstung ablegen oder anbehalten. Keine der Alternativen wurde mir als Pflicht dargestellt; und an keine waren Drohungen oder Verheißungen geknüpft, obwohl ich wusste, dass ich mich auf etwas Unberechenbares einließ, wenn ich die Tür öffnete und das Korsett abnahm. Die Wahl schien von tiefgreifender Bedeutung zu sein, doch gleichzeitig auch merkwürdig emotionslos. Ich wurde nicht von Wünschen oder Ängsten getrieben. In gewissem Sinne wurde ich von gar nichts getrieben. Ich entschied mich, aufzumachen, die Rüstung abzulegen, den Zügel zu lockern.
Ich sage ‚ich entschied mich‘, doch es schien eigentlich gar nicht möglich zu sein, das Gegenteil zu tun. Auf der anderen Seite waren mir keinerlei Motive bewusst. Sie könnten einwenden, dass ich hier nicht frei handeln konnte, doch ich neige eher zu der Auffassung, dass dies einer vollkommen freien Handlung ähnlicher war als das meiste andere, das ich je getan habe. Notwendigkeit ist vielleicht nicht das Gegenteil der Freiheit, und vielleicht ist ein Mensch am freisten dann, wenn er, statt Motive vorzubringen, nur sagen kann: ‚Ich bin was ich tue.‘ – Dann kam die Erschütterung auf der imaginativen Ebene. Ich fühlte mich wie ein Schneemann, der endlich zu schmelzen beginnt. […] Ich mochte das Gefühl nicht besonders.
[…]
Wirklich, ein junger Atheist kann seinen Glauben nicht sorgfältig genug hüten. Allenthalben lauern Gefahren für ihn. […] Leute, die von Natur aus religiös sind, haben Schwierigkeiten zu verstehen, wie grauenerregend eine solche Offenbarung für mich war. Liebenswerte Agnostiker reden immer fröhlich von ‚der Suche des Menschen nach Gott‘. Aus meiner damaligen Sicht hätten sie genauso gut über die Suche der Maus nach der Katze reden können. […] Erinnern Sie sich: Vor allen Dingen hatte ich immer gewollt, dass man sich nicht in meine Angelegenheiten ‚einmischt‘. Ich hatte (welch ein wahnsinniger Wunsch) ‚meine Seele mein Eigen nennen‘ wollen. Ich war weit ängstlicher darauf bedacht gewesen, Leiden von mir fernzuhalten als Glück zu finden. Immer hatte ich es auf beschränkte Haftung abgesehen. Das Übernatürliche selbst war für mich zuerst ein verbotener Traum und dann, wie die Reaktion eines Trinkers, ekelerregend gewesen. […] ich würde ‚vernünftig‘ bleiben.
[…]
Was ich so sehr fürchtete, hatte mich endlich eingeholt. Im Trinty Term 1929 lenkte ich ein und gab zu, dass Gott Gott war, und kniete nieder und betete; vielleicht in jener Nacht der niedergeschlagenste und widerwilligste Bekehrte in ganz England. […]
Wohlgemerkt, die Bekehrung […] war nur eine Bekehrung zum reinen und schlichten Theismus, nicht zum Christentum. […] Der Gott, dem ich mich unterworfen hatte, war schier nicht-menschlich. […] Ich weiß noch sehr gut, wann, aber kaum wie ich den letzten Schritt tat. Eines sonnigen Morgens wurde ich nach Whipsnade gefahren. Als wir aufbrachen, glaubte ich nicht, dass Jesus Christus der Sohn Gottes sei, und als wir den Zoo erreichten, glaubte ich es. Dabei hatte ich die Fahrt eigentlich nicht mit Denken zugebracht. Auch nicht in starken Emotionen. ‚Emotional‘ ist vielleicht das Wort, mit dem man manche der wichtigsten Ereignisse am wenigsten beschreiben kann. Es war eher so, wie wenn ein Mensch nach langem Schlaf immer noch bewegungslos im Bett liegt und sich bewusst wird, dass er nun wach ist. Und es war wie jener Moment auf dem Bus zweideutig. Freiheit oder Notwendigkeit? Oder unterscheiden sich die beiden überhaupt noch, wenn sie ihr Höchstmaß erreichen? Auf diesem Höchstmaß ist ein Mensch das, was er tut; es ist nichts von ihm über die Tat hinaus oder außerhalb der Tat übrig.“
Aus „Überrascht von Freude – Eine Autobiographie“, C.S. Lewis, 1955
Viele, die sich Christen nennen, haben wie C.S. Lewis auf dieser Ebene ihre sehr individuellen Erfahrungen gemacht und sind seitdem verändert und mit einer anderen Wahrnehmung in der Welt unterwegs.
Für zwei Menschengruppen und ihre Fehde untereinander fehlt mir darum Verständnis.
Ich habe erstens kein Verständnis für Christen, die behaupten, Atheisten wollten ja nur nicht glauben. Diese Christen haben ein magisches Verständnis vom Glauben. Sie halten den Glauben für steuerbar, für „machbar“.
Ich habe zweitens kein Verständnis für Atheisten, die sich über Menschen lustig machen, die solche Erlebnisse gehabt und Veränderungen an sich erfahren haben. Sie sprechen wie Männer von Geburtswehen.
Es ist und bleibt ein Geheimnis, wieso manche Menschen an Gott glauben und manche nicht. Oder wie C.S. Lewis es ausdrückte, es gibt etwas „nicht-menschliches“, dem manche Menschen begegnen.
Hallo Ralf,
was Du schreibst, ist für mich mit meinem (dank der Diskussion hier) neugewonnenen Verständnis recht aufschlussreich. Ich will es auch nicht kritisieren oder infragestellen. Nur soviel:
Es ist für mich KEIN Geheimnis mehr, warum manche Menschen an Gott glauben und manche nicht. Von daher habe ich jetzt auch Verständnis für die beiden Gruppen, die Du erwähnst. Und es besteht Hoffnung für uns alle, in nicht allzu ferner Zukunft freundlicher miteinander zu kommunizieren.
Ich bin noch am Überlegen, wie man das am besten erklärt. Beide Seiten machen Denkfehler, das ist mir jetzt klar. Ich weiß aber noch nicht, wie sich diese Denkblockaden auflösen lassen. Ich befürchte, wenn man das falsch angeht, wird das Schlamassel womöglich noch schlimmer. Gläubige reagieren ja nicht so begeistert, wenn man ihnen Denkfehler vorhält. Atheisten werden werden genausowenig begeistert reagieren. Atheisten haben nur das Glück bzw. Pech, dass die Gläubigen die Denkfehler der Atheisten zwar erkennen und beschreiben können – aber nicht so erklären, dass die „Logiker“ es verstehen.
Sry, aber da muß ich meinen Senf zu geben..
Du schreibst:
Im Nachgang erwartete ich nun eigentlich, daß, falls du diese beiden Begriffe voneinander abgrenzt, auch eine sinnvolle und nachvollziehbare Abgrenzung durchführst. Aber es erfolgt nicht. Ist „Naturwissenschaft“ nun als echte Teilmenge von „Wissenschaft“ zu sehen, oder gibt es bestenfalls Überschneidungen? Im zweiteren ergibt die Frage
keinen Sinn mehr: Er antwortet nämlich als „Naturwissenschaftler“. Und an der Stelle frage ich mich, was soll diese Einleitung und Unterscheidung überhaupt, wenn man sie eh bei der nächsten Gelegenheit gleich wieder aufgibt? Dann sagst du
Das erstere ist nach wie vor „non sequitur“, und das zweite hat damit sowieso nichts zu tun? Doppelt die Frage: Wozu diese Einleitung, wenn sie eh nichts Konkretes beitragen kann?
Dann kommt der C S Lewis-Sums. Erst einmal: „Narnia“ und auch „Herr der Ringe“ sind imho Bücher für simple Gemüter, deren Duktus in der McCarthy-Ära begründet ist. Zum zweiten beschrieb Lewis wohl so etwas, was Jiddu Krishnamurti als „seine Kalamität“ bezeichnete – nur kommt der zu ganz anderen Ergebnissen. Eine Art psychischen, plötzlichen Zustand der Erkenntnis, der aber weder umfassend beschrieben noch weitergegeben werden kann. Sowas läßt sich u.U. auch mit Drogen erreichen. Frag Michael Schmidt-Salomon. Irgendwo beim jungen Krishnamurti gab es mal die Szene, wo er einen „Weisen“ darum bitten wollte.
Er sagte: „Kannst du mir Erleuchtung geben?“ Der Weise antwortete: „Ich kann sie dir geben, aber kannst du sie nehmen?“
Auf einen Schelmen anderthalb: Und ich habe kein Verständnis für Christen/Gläubige, die sich über Menschen und/oder Atheisten lustig machen, die solche Erlebnisse..usw usf
Lieber Alexander,
Deine Geschichte ist GE-NI-AL! Sie bringt genau einen Punkt rüber, der mir dank der Diskussion hier deutlich geworden ist.
Und wenn Du schreibst:
“
ich habe vor einer Weile diese kleine Geschichte geschrieben, um meine Unsicherheiten gegenüber dem zum Ausdruck zu bringen, was man so Realität nennt.
“
dann verdeutlicht das zusätzlich die Tücke von BEGRIFFEN.
Du schreibst von Unsicherheiten gegenüber der REALITÄT. Lass mich Dir versichern: Vor der Realität brauchst Du keine Angst zu haben! Was Dich – völlig zu Recht! – etwas verwirrt, ist die LOGIK. Die Realität ist, wie sie ist. Das Problem ist, dass wir mit Logik zu MEHREREN STIMMIGEN ERKLÄRUNGEN gelangen können. Dass eine Erklärung logisch stimmig ist, heißt aber nicht, dass sie RICHTIG ist:
Es gibt doch das Paradox mit Achilles und der Schildkröte. Beide laufen um die Wette. Die Schildkröte hat 100 Meter Vorsprung. Während Achilles die 100 Meter zurücklegt, kommt die Schildkröte schon wieder ein wenig weiter voran. Sie hat also immer noch einen Vorsprung vor Achilles. Während Achilles diesen Vorsprung überwindet, kommt die Schildkröte wieder ein Stück voran usw. Auf diese Weise kann Achilles die Schildkröte nie einholen.
Natürlich holt Achilles in der Realität die Schildkröte tatsächlich in kurzer Zeit ein, bzw. er wird sie sogar überholen.
Das Beispiel zeigt: Man kann durchaus absurde Überlegungen anstellen, die logisch stimmig sind, aber trotzdem „falsch“*. Wenn Dir die 5-Minuten-These oder der Solipsismus nicht gefallen, ist es Dein gutes Recht, dir eine andere stimmige Vorstellung auszusuchen, z.B. (wie ich), dass die Welt nun mal so existiert, wie sie ist. Ich kann das zwar nicht beweisen, weil man ungewöhnlichere Thesen wie den Solipsismus nicht widerlegen kann. Aber es scheint mir die pragmatischste Erklärung zu sein.
Allerdings: Die Antworten A, C und D (also alle außer der Vorstellung, dass die Erde 6000 Jahre alt ist) sind immerhin STIMMIG. Man kann zwar nicht beweisen, dass sie richtig sind. Daraus sollte man aber um Himmels Willen nicht schließen, dass man ebensogut Antwort B nehmen könnte. Denn sämtliche Informationen, die wir aus unterschiedlichen Wissenschaftsbereichen haben (Astronomie, Geologie, Biologie usw.) deuten eben stimmig auf ein hohes Alter der Welt hin und NICHT auf ein Alter von 6000 Jahren. Während die übrigen 3 Theorien stimmig sind, ohne weitere Annahmen zu benötigen, müsste man für Antwort B zusätzlich annehmen, dass z.B. der Teufel alles gerade so eingerichtet hat, dass wir die Welt älter einschätzen müssen, als sie tatsächlich ist. Dann könnten wir unserer Wahrnehmung allerdings ebensowenig trauen wie beim Solipsismus oder der 5-Minuten-These.
Also: Durch den Hinweis, dass sich immer mehrere STIMMIGE (und absurde) Erklärungen konstruieren lassen, sollte man sich nicht zu einer UNSTIMMIGEN Erklärung überreden lassen. Stimmige Erklärungen sind besser als unstimmige Erklärungen.
* Die LOGIK des Beispiels mit Achilles und der Schildkröte ist nicht falsch. Wenn man das Wettrennen so modelliert, wird man natürlich nie fertig, weil die Schildkröte ja bei jedem Schritt immer wieder einen neuen Vorsprung erhält. Der Denkfehler liegt vielmehr darin, dass „nie“ im Sinne von „unendlich viele Durchgänge“ mit „nie“ im ZEITLICHEN Sinne gleichgesetzt wird. Hier wurde gezielt ein Verfahren konstruiert, das das Wettrennen bescheuert abbildet.
Ich sehe das so: Wenn ich über die Welt nachdenke und logisch stimmig zu einem absurden Ergebnis komme, muss das nicht heißen, dass die Welt absurd ist. Es kann auch heißen, dass mein logisches Modell unbrauchbar war.
Seit ich mir das mit Achilles und der Schildkröte überlegt habe, vermute ich z.B. dass die Logik „Alles Bewegte braucht einen Beweger“ usw. (alle Überlegungen, die zu einem unendlichen Regress führen würden, der „nur durch Gott gestoppt werden kann“) zwar logisch sind, aber die Welt einfach falsch abbilden.
Bei Achilles und der Schildkröte WISSEN wir ja, wie es wirklich ist, und können daher erkennen, dass die Logik unpassend ist. Gerade weil bei bestimmten „Gottesbeweisen“ die Prämisse „Alles braucht einen …“ letztlich wieder verletzt wird („GOTT braucht das nicht“ > aber dann stimmt halt die Prämisse „ALLES …“ nicht mehr), gehe ich mittlerweile davon aus, dass wie hier einer ähnlich unbrauchbaren Logik „aufsitzen“ wie bei dem Paradox mit Achilles und der Schildkröte.
Amen dazu, die beste Konklusion hilft nichts, wenn die Prämissen Murks sind. Um Fehlschüsse zu vermeiden, tut man vermutlich ganz gut daran, kognitive Dissonanz so lange zu ertragen, bis Gegenargumente nicht nur auf- sondern einleuchten, ohne die Lücke gleich mit dem erstbesten Argument schließen zu wollen. Irgendwie so sagt das ja auch schon Goethe:
Wer will denn alles gleich ergründen!
Sobald der Schnee schmilzt, wird sich’s finden.
Hier hilft nun weiter kein Bemühn!
Sind’s Rosen, nun, sie werden blühn.
Übrigens habe ich mir deinen Talk mit Klaus von Stosch angehört. Dabei hat mich eigentlich am meisten geärgert, dass deine teilweise hervorragenden Gags oft nur mit einem müden Lächeln quittiert wurden. Nur am Schluss, wo du meintest, dass die Pastorentöchter von heute ja auch Besseres zu tun hätten als sich mit Theologie zu beschäftigen, war mal etwas Stimmung im Raum 🙂
Hehe … beim von-Stosch-Interview ist mir nur ein Gag in Erinnerung, der kam aber von von Stosch: Ich meinte (im Scherz), er könne ja für irgendetwas (ich weiß nicht mehr was, ich glaube, es war der Erfolg des Ketzerpodcasts) BETEN, und er entgegnete, das könne er zwar machen – aber als Nicht-Interventionist müsse er trotzdem auch selbst noch etwas für das angestrebte Ziel tun. (Als Nicht-Interventionist geht von Stosch davon aus, dass Gott nicht in die Geschichte eingreift. Außer natürlich dort, wo es die katholische Lehre ausdrücklich sagt, z.B. bei der Schwängerung Mariens und Jesu Auferweckung.)
Was die üblichen Überlegungen „Warum existiert überhaupt ETWAS und nicht NICHTS?“, die Frage nach dem „ersten Beweger“ und nach dem „Feintuning“ des Universums angeht, habe ich mir neulich folgendes überlegt. Ob das Sinn macht, bin ich mir selbst noch nicht ganz klar.
1. Entweder gab es „zu Beginn“ NICHTS oder aber ETWAS. Also quasi „NICHT NICHTS“.
2. Wenn es NICHT NICHTS gab, dann war das ALLES, was es gab.
3. ALLES lässt sich komplett und sauber unterteilen in ALLES STABILE und ALLES NICHT-STABILE. Also alles INSTABILE. Es könnte „zu Beginn“ alle möglichen Naturgesetze, Elemente, was auch immer gegeben haben, die aber nicht stabil waren. Diese wären aber per Definition nicht stabil gewesen, d.h. sie wären mit der Zeit verschwunden oder hätten sich in stabile Dinge umgewandelt. Vielleicht gibt es ja noch andere Naturgesetze – aber diejenigen Elemente des (anfänglichen) Universums, die auf diese Naturgesetze reagierten, waren nicht stabil.
4. Auf diese Weise wäre alles Instabile zerfallen, so dass im Universum nur noch eine stabile Kombination von Naturgesetzen und „Dingen“, die auf diese Naturgesetze reagieren, übrig geblieben. Wie gesagt: Vielleicht gibt es ja noch die verrücktesten Naturgesetze – aber alles, was darauf angesprochen hat, gibt es mittlerweile nicht mehr.
5. Dann sollten wir also jetzt ein Universum mit einer stabilen Naturgesetz-Elemente-Kombination erwarten.
6. Ich bin nicht sicher, ob man da überhaupt noch einen „ersten Beweger“ annehmen muss, um die Dinge „in Schwung“ zu bringen. Aber falls ja, so lässt sich zwanglos annehmen, dass der Zerfall alles Instabilen die Dynamik ausgelöst hat.
7. Die Frage „Warum gibt es überhaupt etwas und nicht nichts?“ scheint mir falsch verstanden zu werden. Entweder gibt es etwas, oder es gibt nichts. Eine von beiden Möglichkeiten MUSS es sein. Die Frage scheint darauf abzuzielen: Wenn man rein theoretisch durch Überlegungen „vorhersagen“ sollte, ob man glaubt, dass etwas existiert oder nichts, dann müsste man seine Vorhersage natürlich begründen. Bloß wie?
8. Aber wie gesagt: Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder gibt es etwas oder es gibt nichts. Ein Blick aus dem Fenster zeigt: Es gibt etwas. Die Frage, ob es etwas gibt oder nichts, lässt sich zwar nicht theoretisch entscheiden. Aber das ist auch nicht nötig, weil wir ja wissen, dass es etwas gibt.
Mit den obigen Überlegungen lässt sich offenbar zwanglos erklären, warum es etwas gibt (die Welt ist nicht aus dem NICHTS entstanden, sondern aus dem ALLES), warum sie „feingetuned“ ist (d.h. alle Naturkonstanten und -gesetze so aufeinander abgestimmt, dass die Welt stabil ist), und wie Bewegung in die Sache gekommen ist.
Ich sage nicht, dass es so gewesen sein muss. Es erscheint mir aber eine originelle neue Alternative zu der Frage zu sein, wie die Welt aus dem Nichts hätte entstehen können.
Ich hab den Lawrence Krauss nicht gelesen, aber er ist der Ansicht, daß durchaus „etwas“ aus „nichts“ entstanden sein könne. Du setzt jetzt hier auch die Big-Bang-Theorie als wahr voraus, aber.. ich könnte mir denken, daß sie irgendwann durch eine bessere ersetzt wird, die eben nicht am Ende aller Zurückrechungen in „Nichts“ mündet. Allein es fehlen Daten. Rein rechnerisch lassen sich ja auch „Tachyonen“ beweisen, aber sie sind nur das Ergebnis einer Berechnung, real existieren sie (mit hoher Sicherheit) nicht.
3. Naturgesetze, so wir sie kennen, sind deskriptiv, nicht preskriptiv. Und diese Tatsache (!) reicht ja schon, um die Punkte 3 bis 5 für irrelevant zu erklären.
8. Ich finde nicht, daß ein Blick aus dem Fenster reicht, um zu klären, daß „etwas“ existiert. Falls die Welt aus „NULL“ bestehen würde, so wäre auch überhaupt kein Gedanken an diese Welt möglich, und schon der Gedanke, daß es evtl nichts geben könnte, widerlegt ihn.
Das mit dem „Feintuning“ finde ich auch eher zweifelhaft. Das generelle Argument lautet ja eher „Weicht nur eine Naturkonstante ein Minimum vom Nominalwert ab, bricht das Universum in sich zusammen“. Woher will man denn das wissen? Ich vergleiche das mit dem Brett auf der Fensterbank, das im rechten Winkel liegt, beide Seiten ragen gleichlang darüber hinweg. Nun ändere ich den Parameter und schieb das Brett 5 cm nach außen, es wird langsam aber sicher kippen. Lege ich jetzt ein Gegengewicht von meinetwegen 10g auf das kurze Ende, ist das Gleichgewicht wieder hergestellt: Nix kippt. Kennt jeder. Ich habe dann aber 2 Parameter geändert. Und nun übertrage ich das auf diese Naturkonstanten: Wie viele Kombinationen unter den Werten gibt es, die für ein stabiles Universum sorgen? Ich sage mal: Fantastilliarden. Und um die alle bewerten zu können, reicht wahrscheinlich die gesamte bisher vergangene Zeit im Universum nicht aus.
„Wer will denn alles gleich ergründen!
Sobald der Schnee schmilzt, wird sich’s finden.
Hier hilft nun weiter kein Bemühn!
Sind’s Rosen, nun, sie werden blühn. “
oder wie es Gamaliel I. bzw. Rabban Gamaliel der Ältere (Gamliel ha-Zaken) (Patriarch ca. 9 bis ca. 50 n. Chr.) sagte: »Denn wenn dieser Rat oder dieses Werk aus Menschen ist, so wird es zugrunde gehen; wenn es aber aus Gott ist, so werdet ihr sie nicht zugrunde richten können« (Apostelgeschichte 5,38-39). Mit diesen Worten beruhigte der Gelehrte Gamaliel seine Ratskollegen. Die hatten nämlich vor, die Jünger Jesu umzubringen.
Gamaliel verwies darauf, dass alle Gruppierungen, seien sie politisch oder religiös geprägt, auf die Dauer nur dann Bestand haben, wenn diese tatsächlich von Gott sind und somit der Wahrheit entsprechen. Alles andere wird genauso schnell verschwinden, wie es aufgetaucht ist.
Darüber, inwieweit Gamaliels Rat immer zutreffend ist, lässt sich bekanntlich streiten. Vielmehr sollte jeden das enorme Wachstum und der bis heute anhaltende Bestand des Christentums nachdenklich stimmen. Kein Mensch hat die Welt so sehr geprägt und verändert wie der Zimmermann aus Nazareth: Jesus Christus.
Die Geschichte zeigt, dass seither an vielen Orten immer wieder versucht wurde, das Christentum aufzuhalten und auszurotten: Die Kommunisten verkündeten stolz, dass es sehr bald keine Christen mehr gäbe, doch stattdessen brach ihr eigenes System zusammen. Voltaire kündigte an, dass die Bibel bis spätestens 1850 komplett von der Bildfläche verschwunden sein wird, doch ausgerechnet in seinem Haus wurden später haufenweise Bibeln gedruckt. Weder Nationalsozialisten noch Kommunisten, weder die römischen Kaiser noch andere Machthaber waren jemals in der Lage, auf die Dauer den Siegeslauf der Bibel aufzuhalten. Genauso wie früher gilt auch heute noch die froh und frei machende Botschaft der Bibel, die zu einer Beziehung mit Gott aufruft, die ewigen Bestand hat. str
Weil der Platz weiter oben ausgegangen ist, an dieser Stelle eine kleine Frage an phoen23 zu diesem seinen Kommentar: https://hossa-talk.de/92-interview-mit-einem-ketzer/#comment-7583
@phoen23:
Wolltest du nur mal Dampf ablassen oder bist du an einer Antwort und einer konstruktiven Diskussion ernsthaft interessiert?
Sicher bin ich an einer konstruktiven Diskussion interessiert.
An welcher Stelle habe ich denn überhaupt Anlaß gegeben, daß ein Zweifel daran gerechtfertigt wäre?
@ phoen23: Den Link zu deinem Kommentar hatt ich doch oben eingefügt. ???
Hier ist er noch einmal – für den Kontext.
Mein Text -> https://hossa-talk.de/92-interview-mit-einem-ketzer/#comment-7580
Und hier die Gegenrede von phoen23 -> https://hossa-talk.de/92-interview-mit-einem-ketzer/#comment-7583
phoen23 schrieb: „Im Nachgang erwartete ich nun eigentlich, daß, falls du diese beiden Begriffe voneinander abgrenzt, auch eine sinnvolle und nachvollziehbare Abgrenzung durchführst. Aber es erfolgt nicht. Ist ‚Naturwissenschaft‘ nun als echte Teilmenge von “Wissenschaft” zu sehen, oder gibt es bestenfalls Überschneidungen?“ phoen23 schrieb weiter: „Doppelt die Frage: Wozu diese Einleitung, wenn sie eh nichts Konkretes beitragen kann?“
Ich nahm ehrlich an – da ich hier ja kein Lehrbuch schreibe – dass meine Worte ausreichten. Die Einteilung der Wissenschaft (Oberbegriff) in ihre Wissenschaftsbereiche und Einzelwissenschaften ist in meiner Wahrnehmung Allgemeinbildung.
Nun zur Frage, warum ich jene Einleitung so formuliert habe, wenn sie nicht zur Wiederholung des Voraussetzbaren dient. Mathias meinte, er hätte den Eindruck, ich hätte den Eindruck, dass zwei Personengruppen behaupteten, Gottes Nichtexistenz sei bewiesen. Diesen Gedanken aufnehmend entgegnete ich einleitend (zur Ergänzung und zum Verstehen jetzt in anderen Worten ausgedrückt): Nein, ich habe den Eindruck es wird vieles miteinander vermischt, was getrennt werden muss, da ansonsten unsinnige Aussagen entstehen. Als Positivbeispiel für einen „sauberen“ Umgang mit der Gottesfrage brachte ich dann den Astrophysiker ins Spiel, der ständig im Fernsehen auftaucht und deshalb wahrscheinlich vielen bekannt ist.
Nun meine Anmerkungen zu einer Äußerung von phoe23 über seine „Erwartungen an den Text“. Mir fällt auf, dass es Menschen gibt, die – sobald ihre Erwartungen an was auch immer nicht erfüllt werden – dazu neigen, den Grund dafür nicht auch bei sich selbst zu suchen. Erwartungen an Texte sind antrainierte Denkschablonen. Die Spannung in Dialogen (und das ist ja hier ein Dialog) ergibt sich im Weglassen des Offensichtlichen. Ein Stilmittel also, um Denkschablonen zu durchbrechen und neue Erkenntnisse zu gewinnen.
phoen23, ich fand deine weiteren Auslassungen fast schon rabulistisch. Ich meine, wenn du behauptest „Narnia“ sei etwas für schlichte Gemüter und der Autor C.S. Lewis sei ein Vertreter der McCarthy-Ära, dann hast du weder mitbekommen, dass Narnia für Kinder geschrieben wurde, noch hast du dich mit dem Autor (der Zeit seines Lebens in England beheimatet und ein Liberaler war) auseinandergesetzt, geschweige denn mit seinem Werk, das nicht nur aus einer einzigen literarischen Gattung besteht. So fällt die Aussage, Narnia sei Literatur für „schlichte Gemüter“ auf den zurück, der solchen Unsinns behauptet.
Sehr schön finde ich allerdings den letzten Themenbereich deiner Antwort. Hier kommen weitere Fehlschlüsse ins Spiel, die immer wieder zu lesen sind. Wenn du Lewis‘ Schilderung mit Erlebnissen vergleichst, die auch durch Drogen hervorgerufen werden könnten, dann sagt das nichts weiter aus, als das es Berichte gibt von Leuten, die vor ihrem Erleben Drogen genommen haben, und – von außen betrachtet ähnliche – Berichte anderer, die das nicht getan haben. Nun wird häufig aus ähnlichen Wirkungen dieselbe Ursache abgeleitet. Das muss in unserem Fall ganz offensichtlich ausgeschlossen werden. Wenn das auszuschließen ist, welches Argument bleibt übrig, um beide Erlebnisse als identisch anzusehen? In dem einen Fall sind wir uns in der Ursache sicher, es waren Drogen. In Lewis‘ Fall waren es aber keine Drogen. Mir scheint, es werden gerne Vergleiche zu Drogenwirkungen angestellt um sie zur Abwertung eines Phänomens einzusetzen. Drogen seien manipulativ, leiten den Menschen ins Irrationale und die damit erzielten Effekte seien es damit auch, selbst wenn sie gar nicht durch Drogen ausgelöst wurden. Ursache und Wirkung wir nicht getrennt voneinander untersucht.
Wären beide Personen in diesem Zustand mit den Mitteln der Medizin oder der Neurobiologie untersucht worden, so hätte man ähnliche Abläufe in ihrem Körper feststellen können. Dem stimme ich zu. Das wäre höchstwahrscheinlich bei solchen Untersuchungen herausgekommen. Bringt uns das aber auf die Spur, was bei Lewis die Ursache für sein Erleben war? – Nein.
Ich spinne den Faden noch ein wenig weiter. Als letztes Erklärungsmittel wird manchmal die Psychologie oder die Psychiatrie herangezogen. Es werden aus Erfahrungswerten Vermutungen über die Ursachen solcher Erlebnisse angestellt, denn leider bieten diese beiden Wissenschaften keine naturwissenschaftlichen Messmittel an, die zweifelsfreie Ergebnisse liefern könnten. Es wird eine (gern auch Fern-) Diagnose gestellt und so mögliche Ursachen für den Auslöser jenes Erlebnisses genannt. – Damit wäre endlich alles wieder eingeordnet in das rationalistische Weltbild und wir müssen uns nicht weiter gestört fühlen in unseren Denkschablonen.
Doch ein Problem bleibt: Was folgt bei dem einen (dem Drogenkonsumenten) als Konsequenz aus seiner erlebten Selbsterkenntnis? Hat er sich auch anschließend und nur sehr widerwillig – wie Lewis – einem fundamental anderen Weltbild zugewandt? Um noch eine Schippe drauf zu legen: Mir ist ein Mensch persönlich bekannt, der Selbsterkenntnis unter Drogeneinfluss erlebt UND anschließend eine 180°-Lebenswende hingelegt hat. Damit haben wir alle denkbaren Kombinationen vorliegen. Monokausalität (im Sinne von „es liegt immer genau daran und ist ja nur dies und das“) wäre also ausgeschlossen.
Zum Schluss: phoen23 schrieb: „Auf einen Schelmen anderthalb: Und ich habe kein Verständnis für Christen/Gläubige, die sich über Menschen und/oder Atheisten lustig machen, die solche Erlebnisse..usw usf)“
Es muss sich um ein großes Missverständnis handeln. Ich mache mich über Atheisten nicht lustig, im Gegenteil. Diese Gedankenwelt war mir lange Jahre vollkommen verschlossen und ich erlebe sie nun als sehr bereichernd für mich. Ich bin allerdings häufig verblüfft, wie sehr die Denkweisen von Hardlinern unter den Atheisten und den Religiösen denselben Gesetzen folgen. Beide suchen das Absolute und können es manchmal kaum ertragen, wenn etwas nicht in Windeseile ins eigene Weltbild eingepasst werden kann. Ich wage das so zu formuliere, weil ich mal einer dieser Personengruppen zugerechnet werden konnte und die früher erlebten Emotionen bei solchen Themen noch nachspüren kann. Es war eine Art Unfreiheit. Ein gewisser Zwang.
Ich hoffe deshalb auf weitere Gedankenanregungen zum Thema.
Geht schon klar. Im Nachhinein liest sich mein Comment wirklich etwas unwirsch. War aber nicht persönlich gemeint. Und ist es auch diesmal nicht.
Ja, eben. Aber meiner Meinung bist du derjenige, der immer noch mehr Text und mehr Text und mehr Nebengleise anhäuft und nicht wirklich Begriffe so klar umreißen möchte, daß man anschließend nicht mehr drüber reden muß. Du gibst vor es zu tun, aber ich steh immer wieder vor einem Durcheinander, das ich jedes Mal wieder neu sortieren muß. Normal würde ich einen knallharten Satz -oder auch meinetwegen Absatz- erwarten, in dem es keine Mißverständnisse mehr geben kann. Richard David Precht zB, der sagt knallhart, verständlich und präzise, was er meint und führt auch dementsprechend Argumente an.
Hier z.B.: Was willst du mir damit sagen? Ich lese deinen -gerade eben angeführten- Text doch nicht nur auf einer Ebene. Und ich könnte jetzt etliches dazu sagen. „daß es Menschen gibt, die“.. zählst du dich nicht dazu? Falls doch, suchst du den Grund für irgendetwas bei dir selbst? Zu welchem Ergebnis bist du gekommen? Ich könnte zB realistische Erwartungen an ein erworbenes, bestimmtes Produkt (zB eine Software) haben. Nun erfüllt dieses Produkt meine Erwartungen aber nicht, und dann bin ich da „nicht auch“ selbst schuld daran?
Falls du dich nicht zu den o.a. Menschen dazu zählst, warum genau machst du diese Aussage? Ist sie für die Diskussion nicht irrelevant? Möchtest du vielleicht eine Art Distanz schaffen, um dich nicht nur als Standpunktverteidiger, sondern auch als Person abzugrenzen und dich sozusagen über deinen Diskussionspartner stellen, also diesen in eine defensive Stellung zu versetzen? Dann „Denkschablonen“ durchbrechen und neue Erkenntnisse gewinnen? Ja, aber auf wen ist denn das jetzt noch gemünzt?
Ich meinte eigentlich Herr der Ringe mit McCarthy, aber nach Aussage Tolkien will der sein Werk nicht so verstanden sehen. Also, die Aussage zieh ich mal mit Vorbehalt zurück.
Was Narnia angeht: Die Bücher hab ich nie gelesen, mußte mir aber die Hörbücher anhören sowie eine der Neuverfilmungen ansehen. Und bei ein wenig Nachforschen findet man ja schnell heraus, daß die ganze Story von christlichen Fundamentalisten derart vereinnahmt wird, daß sie sogar bei Kirchenpredigten eingesetzt wird. Leute, das ist ein Kinderbuch, und es ist für schlichte Gemüter, da lass ich nicht von ab. Allein die Figur „Aslan“, die immer wieder erwähnt wird, sozusagen gottgleich über allem thront, aber so gut wie nie in Erscheinung tritt, bestenfalls in Visionen, sorry, das ist lächerlich. Die Darstellung der Invasoren (im Film) zielte ganz klar auf nahöstliche, geradezu rassistisch anmutende Ideen: allein, wie sie synchronisiert wurden. Und das ist nicht nur mir aufgefallen. Furchtbar.
Mir gebricht es heute leider etwas an Zeit, auf deine weiteren Ausführungen einzugehen, aber mir fällt auf, daß du zB den Namen J.Krishnamurti nicht mehr weiter erwähnst. Warum nicht? Der Mann hat hochinteressante Sachen gesagt. Du stellst auch nur selten ergebnisoffene Fragen, oder nicht? Da lass ich mir bestimmt nicht sagen, ich wäre irgendwie in Denkschablonen gefangen, und du könntest das natürlich eindeutig beurteilen, weil gerade du ja nicht in Denkschablonen gefangen bist. Warum äußerst du sowas? Du würdest sowas ja normalerweise nur dann sagen, falls du dir sicher sein könntest, damit einen Punkt zu machen, und da will ich gar nicht drumherum reden, jede Diskussion ist eine Art „Match“. Mal gewinnt man, mal verliert man. Und selbst da sind sich die Zuschauer meist nicht einig.
Also bis dann
Hallo phoen23,
vielen Dank für Deine Antwort.
Heute im Steno-Stil…
Nein, ich möchte mich nicht über meinen Diskussionspartner stellen. Sollte der Eindruck entstanden sein, so bitte ich um Entschuldigung.
Im Folgenden die Antworten auf deine Fragen; und danach denke ich, könnte es wieder um das eigentliche Talk-Thema gehen.
Woran es liegt, dass ich nicht wie Richard David Precht antworte? Ich bin es nicht.
Was ich sagen wollte? Da halte ich es mit Andreas Rebers, der auf die Frage, was man von seinen Texten denken solle, antwortete: Ja, versuchen Sie es einmal.
Ich nutze die Kommentarfunktion hier im Sinne von Dieter Hildebrandt, der sagte: Der Kopf ist rund, damit die Gedanken in Bewegung bleiben.
Ob ich den Grund zu einer enttäuschten Erwartung bei mir suche? Immer als erstes.
Texte, die meine Erwartungen erfüllen, finde ich langweilig. Produkte, die meine Erwartungen erfüllen, finde ich in Ordnung.
Ob ich eine Distanz schaffen will zwischen mir und anderen? Nein.
Früher bestand mein Weltbild aus lauter Standpunkten und Denkschablonen. Ein wasserdichtes, lückenloses, felsenfestes Gebilde. Heute liebe ich es, Neues zu entdecken, vor allem das, was zunächst nicht passend erscheint. Das mit den Denkschablonen scheint einen wunden Punkt getroffen zu haben. So fing es bei mir auch an …
Wenn die Fundamentalisten sich etwas mehr mit der von Lewis vertretenen Theologie beschäftigen würden, dann wären die Narnia-Filme nicht von ihnen so gepuscht worden. Ansonsten empfehle ich die Essays von Lewis. Aber bitte keinen Precht erwarten. Die Sprache und die Gedankenwelt von Lewis hat ein paar Jährchen auf dem Buckel, fordert zu intensivem Nachdenken heraus und nicht selten auch zum Rätseln.
Zu Krishnamurti kenne ich seit 2 Tagen zumindest den Wikipedia-Eintrag. Deshalb fällt mir nichts ein zu schreiben. Dass er viele hochinteressante Dinge geäußert hat, glaube ich ungeprüft.
Ein Match? Nein, ich empfinde das hier nicht als ein Spiel. Die Kommentare bei Hossa-Talk sind kein Kräftemessen, sondern ein offener Gedankenaustausch im Sinne das Talks, also frei nach dem Motto: Das Gute behalten und das Schlechte vergessen.
Schönen Sonntag.
Hi again,
ich muß leider zugeben, daß ich bei den Namen nicht aufgepaßt hatte – ich war irgendwie der Meinung, daß diese Diskussion sich an eine andere, von mir geführte anschloss. Bei Nachkontrolle war dem aber nicht so. Naja, ist auch egal im Grunde.
Ich muß auch sagen, Diskussionen im Kommentarbereich von WP machen keinen großen Spaß. Das wird sehr schnell sehr unübersichtlich, man kann die Threads nicht teilen und nichts. Da wäre eine richtige Forumssoftware wie früher bei Parsimony besser angebracht. Aber aus irgendeinem Grund sind die aus der Mode gekommen.
Doch zur Sache:
Was ist denn eigentlich deine Grundposition? So in etwa:
„Obwohl ich es nicht handelsüblich beweisen kann, existiert Gott – oder zumindest etwas Göttliches. Und C S Lewis ist mein Kronzeuge.“ ?
Jedes Weltbild besteht aus Standpunkten, mehr oder weniger. Aber die können sich ja ändern. Niemand verlangt, daß dein Weltbild immer das gleiche ist, oder daß es überhaupt jeder Überprüfung stand hält. Du kannst doch heute an deinen persönlichen Gott glauben, morgen kannst du Atheist sein, wenn du willst. Wer soll dir das denn verbieten? Ich zB habe niemals wirklich an diesen Gott geglaubt, auch schon in der Grundschule nicht, obwohl es durchaus Phasen gab, wo ich dachte, oh-oh, das ist jetzt irgendwie nicht gut, weil.. weil, genau weiß ich es auch nicht, aber da war irgendwie eine Bedrohung, die aus dem Religionsunterricht stammt. Später habe ich mich zum Atheismus bekannt, obwohl ich genau genommen Agnostiker war: Ich fand das alles eher unglaubwürdig, und die damit verbundenen Rituale, die andere durchführten, peinlich. Da bin ich lieber rausgegangen. Was Denkschablonen angeht: Es geht nicht ohne. Du brauchst immer eine Art Schablone, sobald du was Sinnvolles tun oder äußern willst, ich würde daher Denkschablonen nicht per se als Negatives ansehen, sondern (wie weiter oben schon mal erwähnt) als Werkzeug. Ich mein, hör dir FreeJazz-Tumulte an, vielleicht irgendwas von Sun Ra oder weitgehend strukturloses von Merzbow; oder Stille bzw. 4’33 von John Cage als etwas vom andern Ende der Skala. Das ist auf den ersten Moment ganz lustig, aber irgendwann nervt das nur noch oder du denkst, warum soll ich mir das anhören. Struktur ist eins der Grundbedürfnisse des Menschen. Sag ich jetzt mal so.
Vielleicht ist der Punkt ganz interessant, aber „wund“? Nö. Falls du jemandem Denkschablonen „vorhalten“ willst, weil er deiner Meinung nach im Gegensatz zu dir Denkschablonen anheim gefallen ist, worüber du bereits hinaus bist (denn das „So fing es bei mir auch an“ impliziert es, aka „Ich bin fortgeschritten, du Anfänger“), wie kommst du denn zu der Aussage? Ich würde sowas überhaupt nie als Argument für nur irgendwas anbringen wollen, sofern ich nicht sicher wäre, daß da wirklich jemand nicht aus seiner Haut kann. Du wirst es jetzt natürlich abstreiten, aber weißt du noch so genau, was deine Motivation war, sowas zu schreiben zu dem Zeitpunkt, wo du es geschrieben hast? Immerhin ist es ja schon ein paar Stündchen her.
Und dann ist es eben doch ein Match. Du möchtest deinem Argument (s.o.) Nachdruck verleihen und am Ende soll ich bestätigen, daß dein Argument gültig ist und dich damit bestätigen, oder besser noch, dasselbe Argument als erwiesene Grundhypothese annehmen. Und ich halte eben damit entgegen, daß ich im Grunde (in diesem speziellen Fall) gar nichts zu machen brauche, weil du immer in Zugzwang bist, aber an der atheistischen Nullposition keinen wirklichen Angriffspunkt findest. Da kannst du deine Figuren noch so sehr hin und her schieben. Wo nichts ist, kann man auch nichts angreifen. Was macht man in so einem Fall? Sucht sich andere Angriffsziele. Die haben zwar primär mit der atheistischen Position nichts zu tun, aber wenn man da oder dort zumindest einen Teilsieg erreichen kann, und dann irgendwie eine Konnotation zum Atheismus reinbiegen kann (Apologeten machen das ja gern mit der „objektiven Moral“ oder ähnlichem) …. Ich habe nichts gegen diese Art Spiele. Ich finde das sogar ganz spannend. Du nicht? Selbst wenn man „verliert“, ist doch egal. Evtl nimmt man ein bischen Erfahrung mit und kann beim nächsten Mal an mancher Stelle besser auftrumpfen.
Ich sag ja: Mir fällt auf, du stellst so gut wie nie Fragen, die du nicht selbst beantwortest.
Abschließend möchte ich noch auf den älteren Beitrag von dir eingehen:
Ok, Meister, leg los 😉
Na, das „nichts weiter“ lass ich mal so stehen, denn evtl könnte das noch mehr aussagen.
Ja, es ist mir klar, daß analog zB verschiedene Krankheiten dieselben Symptome hervorrufen und daß man nicht dem Augenschein nach unterscheiden kann, welche Krankheit wirklich vorliegt.
Das ist jetzt DEIN Fehlschluss. Wo ist denn die Begründung dafür? Du lieferst ja gar keine. Vielleicht hat C S Lewis ja den ganzen Tag gesoffen und an Pilzen geschnüffelt. Oder es war wirklich eine Art plötzliche Eingebung. Sogenannte „Erleuchtete“ berichten ja auch sowas, ganz ohne speziellen Auslöser. Oder es war Todesangst. Oder eine Art epileptischer Anfall. Wer weiß das schon?
Das kannst du nicht mit Gewissheit sagen (s.o.).
Du kaprizierst dich jetzt auf die Drogenbemerkung und ignorierst alle anderen möglichen Ursachen.
Also.
Angenommen, die Existenz von Gott wäre real, wäre das dann eine rationale „Denkschablone“ nach deiner Definition? Muß ja wohl. Und damit könnte ich Lewis‘ Erleuchtung rational erklären, und damit wäre in dein „rationalistisches Weltbild“ alles eingeordnet und etc. Es würde sich ja nichts ändern.
Widerwillig? Vielleicht hat er das behauptet. Oder er war auch eher so Atheist, der darüber nicht grundlegend nachgedacht hat. Keine Ahnung, ich les das jetzt auch nicht nach, weil behaupten kann man ja vieles.
Ich versteh nicht, was du meinst. Deine letzten beiden Sätze begründen irgendwie gar nichts.
War ein interessanter Talk, wenn auch manche Aussagen mich hart treffen, besonders, wenn sich über gewisse Dinge lustig gemacht werden, die mir ganz wichtig sind. Das bin ich allerdings schon gewohnt, z.B. von meinem pubertierenden Nachhilfeschüler, der auch überzeugter Atheist ist, und sich über christliche Märtyrer, etc. lustig macht, und es nicht schafft, wenn ich ihm einfach mal irgendetwas aus der Kirchengeschichte erkläre, weil es gerade aufkommt in der Nachhilfe, sich das einfach anzuhören ohne irgendeinen Witz über das Christentum zu reißen. Er kann sich das schlichtweg nicht verkneifen, das ist schon wie ein Reflex. Und das finde ich echt schade – weil es manchmal wirklich geschmacklos ist.
Mein Nachhilfeschüler ist da ja nicht der einzige – ich glaube, er ist so ziemlich der deutsche Durchschnittsatheist (allerdings noch in der Pubertät): Eltern schon nicht mehr in der Kirche, hat wenig bis gar kein Wissen über den christlichen Glauben, geht in den Ethikunterricht und wird von seinen Freunden mit motiviert sich über Religion lustig zu machen, weil das irgendwie als cool empfunden wird. Für ihn scheint es so auf dem selben Level zu sein wie sich über Flacherdler und Neonazis lustig zu machen – beides Gesinnungen, die ich auf doof und gefährlich finde und von denen ich mir wünsche, dass sie verschwinden würden – ähnlich wie sich das Matthias von Religion erhofft.
Aber das macht mich so traurig. Mir ist durchaus bewusst, dass es viele religiöse Spinner gibt, aber ich persönlich sehe mich nicht so. Ich reflektiere das, was ich glaube ständig. Ist das wirklich alles schlecht und sollte verschwinden? Der Gedanke triggert wiederum bei mir nichts Gutes, weil ich als Teenager so gefühlt habe, dass es besser wäre, wenn ich nicht da wäre. Eine Zeit lang wurde ich gemobbt in der Schule und die einzige „Freundin“, wegen der ich eigentlich gemobbt wurde, hat mich wie Müll behandelt. Ich durfte nichts erzählen, wann immer ich den Mund aufgemacht habe, kam ein „Das interessiert mich nicht. Hör auf, darüber zu reden.“ bis wir schweigend nebeneinander über den Pausenhof gelaufen sind. Das ging mehrere Monate so und war reinster Psychoterror. Mein Vater war zu der Zeit psychisch krank, meine Mutter in gewisser Weise mit den Nerven am Ende, meine Oma hatte als Daueroptimist kein Verständnis für meine Probleme, Geschwister hatte ich keine, das mit der Therapiegruppe für Kinder von psychisch Kranken hat nicht funktioniert, eine Schulkameradin, die auch mit mir in die Gemeinde ging, der hab ich mich anvertraut und sie hat mich in den Arm genommen, ist dann aber zu meinen Mobbern und hat denen alles erzählt und in der nächsten Stunde blökt so eine Kuh quer durch das Klassenzimmer „Ist dein Vater in der Klappse?“. Ich hab versucht mit meinem Schmerz alleine umzugehen, weil es gab niemanden, der die Kraft oder die Lust hatte, mich zu trösten, am ehesten noch meine Mutter, aber die war selber ständig am Weinen. Aber wenn ich alleine damit umgegangen bin, endete das immer in düsteren Rachefantasien, irgendwann in dem Wunsch nicht mehr zu existieren. In diesem Moment aber lag ich zusammengerollt auf dem Boden und hab nur noch geweint und auf einmal kam so eine Wärme über mich und wenn ich die Worte auch nicht gehört habe, habe ich gefühlt „Du bist nicht allein. Ich bin bei dir. Alles wird wieder gut.“
Das ist der Hauptgrund, warum ich glaube. Hat nichts mit Logik und Verstand zu tun, weil das war mir in der Situation echt nicht wichtig. Der Atheist mag jetzt vielleicht sagen, dass das alles nur Wunschgedanken sind, aber das ist mir egal. Ich glaube, dass es Gott gibt und ich glaube an einen Gott, der sich für seine Schöpfung hingibt und der da ist und mitleidet und uns am Ende von allem die Tränen abwischt. Ich glaube an einen Gott, der Liebe ist. Und da finde ich jetzt nicht, dass da was Dummes dabei ist oder dass das irgendwie gefährlich ist.
Ich will noch sagen, dass ich meine, dass ihn vielleicht der ein oder andere Atheist besser kennt als der ein oder andere Christ – ohne es zu bemerken. Aber viele Christen kennen Gott einfach nicht, obwohl sie es behaupten, weil sie nicht in der Lage sind zu lieben, sondern total hartherzig und hasserfüllt sind. Letzten Endes kommt es doch darauf an, dass wir unsere Mitmenschen lieben.
Hast du schon einmal darüber nachgedacht, warum dich gesprochene Worte so mitnehmen (aka „traurig machen“)? Ich weiß, daß das schwerfällt, aber das sind nur Worte, nichts weiter. Sie werden gesagt, dann sind sie weg – ganz im Gegenteil zu geschriebenen Diskussionsbeiträgen wie diesem hier. Wenn dich dein Nachhilfeschüler mit Religionswitzen nervt, mach doch einfach mit und erfinde eigene Witze. Ist doch egal, ob du an Gott glaubst oder nicht. Falls Gott so’n cooler Typ ist, kann er auch drüber lachen, oder nicht?
Tjaja, aber was denn dieser Gott konkret getan? Hat er die Leute, die dir weh getan haben, meinetwegen mit unheilbaren Krankheiten bestraft? Hättest du das gewollt?
Eigentlich ist es auch egal, ob es dumm ist, sofern es nur dich was angeht. Gefährlich könnte es zB in folgender Situation werden: Deine Gebets(oder was auch immer)gruppe beschließt etwas, mit dem du nicht einverstanden bist und das sich gegen eine andere Gruppe richtet (zB könnte das eine Anti-Homosexuellen-Aktion oder so was sein). Jetzt mußt du entweder notgedrungen mitmachen, oder du läßt es und gehst sogar noch dagegen an. Schlimmstenfalls wirst du aus deiner Peergroup „ausgestoßen“ und stehst plötzlich alleine da. Um so schlimmer, falls die Gruppe einen Großteil deiner sozialen Beziehungen ausmacht.
Ich sag mal: nö. Ist egal. Was man von jedem erwarten dürfen sollte, ist einfach nur Fairness. Und Ehrlichkeit in vernünftigen Maßen.
Mein Hauskreis würde niemals eine Anti-Homosexuellen-Aktion machen…also wirklich nicht. Da würde ich mir jetzt keine Sorgen machen.
Ich wollte auch nie, dass Leute, die mir wehgetan haben, unheilbar krank werden…
Mein Nachhilfeschüler nervt mich auch nicht mit Religionswitzen, bei ihm ist es mir nur aufgefallen, dass sobald mal das Thema Christentum aufkommt, er sich darüber lustig macht und eben halt auch über Märtyrer aus der Antike – er macht keine richtigen Witze, denn die hätten ja eine Pointe. Er macht sich nur drüber lustig.
Sieh mal, das ist genau das, was ich bei Gläubigen immer wieder sehe: Da wird jedes Beispiel als Strohmann hergenommen, der wird widerlegt, und dann stimmt die Realität wieder.
Aber so war das nicht gemeint: Das Beispiel sollte als reale Konkretisierung eines Prinzips eben dieses veranschaulichen. Ein anderes Beispiel könnte sein, wie sich die jeweiligen Fans gegnerischer Fussballvereine gegenseitig verprügeln.
Dasselbe mit der unheilbaren Krankheit. Du kaprizierst dich jetzt auf das Beispiel, nicht auf die eigentliche Frage, die du erwartungsgemäß nicht beantwortet hast: Dein Gott tut konkret nichts für dich. Und der Tatsache willst du ausweichen.
Nein, ich weiche dieser Frage nicht aus, aber Du hattest sie als rhetorische Frage formuliert. Rhetorische Fragen beantwortet man in der Tat erwartungsgemäß nicht. Ich hatte nicht gedacht, dass Du eine Antwort hören willst. Und Du hast die Frage ja schon selber beantwortet, obwohl Du die Antwort gar nicht kennen kannst mit „Dein Gott tut konkret nichts für dich.“
Ich habe jetzt halt keine Lust hier meine ganze Lebensgeschichte auszubreiten. Das würde etwas zu weit gehen in diesem Rahmen.
Du sagst, es wäre eine rhetorische Frage gewesen. Stimmt aber nicht. Die Aussage im zweiten Post ist deswegen als Aussage formuliert, weil sie als These ja immer noch im Raum steht. Jetzt ist es doch an dir, diese These zu widerlegen. Deine Lebensgeschichte mehr oder weniger hattest du ja schon erzählt.
Aber dann kommen wieder nur ausweichende Anmerkungen. Ich bin mir ziemlich sicher, daß du kein halbwegs überzeugendes Beispiel anbieten kannst, daß auf Gottes Hilfe in irgendeiner Situation Rückschlüsse zuläßt. Du wirst es nur niemals zugeben (wollen).
Hey ihr Lieben,
Ich hab mich jetzt nicht durch alle Kommentare gearbeitet… Falls er noch nicht erwähnt wurde: Kennt ihr Alain de Botton? Er hat ein Buch geschrieben „Religion for Atheists“. Ich hab mal ein Interview mit ihm gesehen, das ich echt interessant fand:
https://www.youtube.com/watch?v=7n1iElbC4Uk
Danke für alle eure Denkanstöße!
Katja
… ich möchte nochwas zu dem Link hinzufügen:
Ich denke, dass unsere Welt/ Gesellschaft nicht dadurch besser wird, dass es weniger religiöse Menschen gibt, sondern dadurch, dass es mehr Menschen gibt, die kontingenzsensibel sind, andere Menschen, Meinungen oder Weltanschauungen nicht als minderwertig betrachten, das Andere und Fremde nicht als Bedrohung sondern als Chance wahrnehmen und bereit sind, von anderen zu lernen und sie (auch wenn sie eine andere Weltanschauung haben) respektvoll zu behandeln – in letzterem Aspekt sehe ich übrigens eine Umsetzung der Aufforderung Jesu zur Feindesliebe, in der es nicht darum geht, hilflosen, armen, kranken, ausgegrenzten Menschen zu helfen, von denen man nachher Dankbarkeit erfährt, sondern gerade Andersdenkenden und Gegnern mit Humanität zu begegnen.
Gerade weil mir hauptsächlich Atheisten bekannt sind (mit Ausnahme von de Botton), die, ebenso wie Fundamentalisten und Populisten aller Art, diese Eigenschaften und Haltungen nicht haben, denke ich, dass die Welt durch mehr Atheisten kein Stück besser wird.
Hut ab, dass ihr hier einen überzeugten Atheisten zu Wort kommen lasst, finde ich mutig und auch irgendwie schlau. Hatte kurz Hemmungen, ob ich mir den Talk anhören soll, weil ich grad auch nicht weiß, was ich von Gott halten soll, aber ich fand’s bereichernd. Viele Ansagen von Matthias finde ich nachvollziehbar und dachte mir: „Yeah, endlich bringt das mal jemand auf den Punkt.“ Aber genauso finde ich Jays und Gofis Fragen und Antworten total sinnvoll und gut. Mein Fazit ist, auch nachdem ich hier ein paar Kommentare überflogen hab: Argumente hin oder her, Glaube ist eine persönliche Entscheidung, so richtig überzeugt mich keiner in diesem Talk. Der Gast redet mir ein bisschen zu viel, hört zu wenig zu und redet vor allem zu schnell und undeutlich, ich hab ihn manchmal kaum verstanden. Von daher bin ich nicht motiviert mir seinen Podcast anzuhören und bleibe bei Hossa Talk.
1:30:00 Wenn keiner was vom Christentum erzählt, oder der Mensch irgendwo ohne Bezug ohne „WortVirus“, dann gäbe es kein Christentum mehr?
Tja, da hat sich unser Ketzer getäuscht!
Denn Christentum ist kein Huhn-Ei-Projekt- ala Wer war zuerst !
Gott ist!
Von wem erführen Adam und Eva von Gott? Von Gott, er ging mit ihnen spazieren.
Wer kam auf die Erde aus der Ewigkeit: Gott, der Christus.
Woraus besteht Christsein? Aus Christus seinem Geist!
Worte, Mensch, das kommt hinzu. Bedingt aber nicht. Assisis Franz sagte mal: Verkündigt das Evangelium Christi, wenn sein muss, auch mit worten.
Da hat Hossa-Talk ein wenig abgelooset und ist vielen springenden den Worten des Ketzers erlegen gewesen, wie dieser selber beschreibt über Blume: “ Kann schön präsentieren, aber sucht sich raus was ihm selbst genehm!
Für mich macht der Atheismus wenig Sinn wenn man über Logik, Wahrscheinlichkeit oder sonstiges diskutiert. Die meisten Menschen die sich Atheisten nennen sind sowieso auch Agnostiker. Denn dass ich nicht an einen Gott glaube weil ich ihn nicht begreifen, sehen und wahrnehmen kann weil er sich mir völlig entzieht, kann ich noch verstehen. Selbst als Christ. Aber wie so sollte ich dann im Umkehrschluss GLAUBEN dass es keinen Gott gibt, wo ich das doch genauso wenig beweisen kann. Rational ist niemals der Atheismus. Das Rationale hört im Agnostizismus auf. Und wenn ich dann über Leben nach dem Tod usw. nachdenke bietet ein Nicht-Glaube nichts. Rein gar nichts. Die Vorstellung, dass nach dem Tod nichts ist würde mich nicht nur traurig machen, sondern ich hätte keine ruhige Minute. Wenn es nur aufs Leben ankommt, verschwenden alle Atheisten meiner Meinung nach Ihre Zeit. Denn die läuft Ihnen ja dann unaufhaltsam ab und endet im großen nichts. Der Atheismus ist für mich die Reduzierung des Lebens in eine pure Sinnlosigkeit und Zeitverschwendung.
Du hast Atheismus falsch verstanden. Es geht nicht darum, zu glauben, daß es keinen Gott gibt, sondern nicht zu glauben, daß es einen Gott gibt. Das ist nicht dasselbe. Du glaubst ja auch nicht, daß es gddsllkhklhsdg nicht gibt, oder? Oder glaubst du, daß es gddsllkhklhsdg nicht gibt? Dann hättest du aber viel zu glauben, daß es irgendwas nicht gibt. Warum sollte man sein Hirn damit belasten? Das Dumme ist nur, daß man im Grunde ständig mit diesem Religionskram konfrontiert wird – schon als Kind. Das müssen auch Atheisten alles verarbeiten.
Was das Leben nach dem Tod angeht: Es gibt keins. Wozu auch? Niemand macht die Erfahrung, tot zu sein. Im Buddhismus zB ist das Nirwana das Höchste: Die Nicht-Existenz. Falls dich das in eine existenzielle Krise stürzen sollte… dann hat die Indoktrination bei dir ganze Arbeit geleistet.
Wer hier was nicht verstanden hat, wurde bis zum Schluss dieser Mega-Diskussion nicht einvernehmlich geklärt.
Deshalb schwing DU Dich nun nicht zum Hueter des Atheismus auf. Du vertrittst auch nur eine Variante, und zwar die intellektuell schlanke.
Feuerbach nachplappern kann ich auch. Das stuerzt hier niemanden in eine Krise. Missionier besser woanders.
So long!
Vermutlich wird das nie geklärt werden (können).
Aber ich verwehre mich gegen diese doofe Aussage, ich würde mich zum Hüter von „Nichts“ aufschwingen. Es gibt nichts zum Hüten, es gibt nur jede Menge Aussagen, die keinen Sinn ergeben und imho *nicht* am Ende einer Diskussion stehen sollten.
Ich plappere niemanden nach, ich lese all diese Bücher nicht, weil sie mir nichts Neues geben. Das, was ich sage, ist das Ergebnis meiner eigenen Gedankenarbeit. Falls jemand früheres bereits auf Ähnliches oder Gleiches gekommen ist, dann ist es eben so. Gleiche Ausgangslage, gleiches Ergebnis. Das wäre dann nur ein Indiz, daß an Feuerbach mehr dran sein mag, als man ohnehin meint.
Und das mit der Krise ist auch aus dem Zusammenhang gerissen: Nach dem Tod lauert… Nichts. Es gibt nichts. Und niemand wird davon etwas spüren. Das nichtige Nichts sozusagen. Es gibt nichts zu „missionieren“. Leute wie du wollen das aber nicht wahrhaben. Es spielt doch gar keine Rolle, ob man tot ist oder nicht existiert. Wieso ist das nicht einzusehen? Hängt ihr alle so an eurem kleinlichen Leben, daß jede Kritik daran eine Bissigkeit erzeugt, daß nicht sein kann, was nicht sein darf? So long selber
Mein Kommentar bezog sich darauf, dass wir das alles hier in den rund 170 Kommentaren schon hatten. Der Ketzer-Podcaster hat dann immerhin eingesehen, dass er mit den Standardargumenten hier nicht punkten kann uns dass es durchaus intellektuell zurechnungsfaehige Christen gibt.
Wenn Du jetzt also schon wieder mit gddsllkhk usw um die Ecke kommst, wirst Du hier nicht mehr viele Diskussionswillige finden. Warum niemand beweisen kann, dass es die Stadt blablub in Belgien nicht gibt, wurde weiter oben bereits von mir eroertert. Über Sterblichkeit habe ich nichts geschrieben, das war jemand anders.
Darüber hinaus sind die Argumente des atheistischen Aktivismus 2.0 durch die Bank weg nicht neu. Wurde im 19. Jh bereits durchgekaut (und jetzt meine ich nicht Feuerbach).
Dass Du unter Religion in Deinem Umfeld gelitten hast, tut mir ehrlich leid, aber in diesem Forum werden ueblicherweise andere Wunden verarztet. Mit Deinen kenne ich mich nicht aus.
Cheerio
Aber mein Kommentar bezog sich einzig und ausschließlich auf den von „Ulkig Marzany“. Ich glaub nämlich nicht, daß der sich alles stundenlang durchgelesen hat.
Und meinst du, ich hätte Monate später noch alles parat? Nöö.
Was geht mich der Ketzer-Podcaster an? Es ist mir völlig egal, was er eingesehen hat und was nicht.
Wo hab ich das explizit angezweifelt?
Ich suche nicht danach. Meine EmailAdr steht in der Antwort-Funktion und ich bekomme jedes Mal ne Mail, sobald hier was Neues reinkommt.
Nein, du nicht. Aber du hast die „Krise“ übernommen. Und das wiederum bezog sich auf
Hä? Woraus schließt du denn das? Ich habe sowas nirgendwo behauptet.
Imho liegt dein Problem darin, daß du zu schnell und zu unreflektiert Schlüsse ziehst, Schlüsse, die überhaupt nicht zwingend sind. Und einen willkürlichen Kontext setzst. Natürlich wirst du jetzt sagen, nein, das stimmt nicht, ich täte das. Ich kenne die Nummern alle.
Aber auf die Art und Weise kann man natürlich jedes Thema unterlaufen. Führt einen nur nicht weiter.
@phoen23:
Es hat keinen Sinn, mit Ina zu diskutieren. Ich habe von der Diskussion hier letztlich profitiert, das aber deshalb, weil mir irgendwann klargeworden ist, warum Gläubige und Atheisten oft aneinander vorbei diskutieren. Dazu bedarf es jetzt aber keiner weiteren Diskussion mehr, Inas Diskussionsverhalten ist ja oben dokumentiert.
Ein Punkt, auf den ich bei der obigen Diskussion gestoßen bin, ist, das Gläubige, Theologen und Apologeten gerne (unbewusst) den Fehler machen, zu glauben, wenn Sie dem Diskussionsgegner irgendeinen Fehler ankreiden können, oder zumindest irgendetwas zu kritisieren finden, dann „folge“ daraus quasi, dass der andere Unrecht habe, „folglich“ müsse man also selbst Recht haben. Im Hinblick auf mich erinnere ich mich daran, dass z.B. meine Arroganz kritisiert wurde und Ina mir irgendwelche off-topic Wortklaubereien vorhielt.
Daraus folgt natürlich in keiner Weise, dass meine atheistische Position falsch wäre, und erst recht nicht, dass Inas weltanschauliche Position korrekt wäre. Es gibt Ina aber offenbar das Gefühl, irgendwie intellektuell überlegen zu sein – ein Punkt, den ich hier ausdrücklich noch einmal bestreiten möchte.
Bei Dir nimmt Sie Deinen – völlig richtigen und zielführenden – Hinweis an jemand anders:
Und entgegnet:
Auch hier wieder: Einzig irgendwelches irrelevantes und der Diskussion nicht dienliches Herumgekrittel.
Ina: Wenn jemand auf die korrekte Bedeutung des BEGRIFFS „Atheismus“ hinweist, schwingt er ich damit nicht zum „Hüter des Atheismus“ auf. Der Hinweis hätte genauso gut von einem Gläubigen kommen können.
Mit so jemandem ist keine vernünftige Diskussion möglich.
@Matthias:
Yep, voll acknowledged. Dieses (Ina’s) Diskussionsverhalten ist mehr darauf ausgelegt, andere mundtot machen zu wollen. Da werden persönliche „Revier“-Interessen, Charakterfehler und all so was nahe gelegt. Kann man alles leicht als „ad hominem“ entlarven.
Aber: In einer Diskussion lasse ich mich mir sowas nicht (mehr) ans Bein binden. Falls ich nicht mehr antworte, sieht das evtl so aus, als würde ich die Diskussion einfach so verloren geben – nö. Du siehst ja selbst, daß die christlichen Apologeten hier eher aufgeben – wie auch auf dem MGEN-Blog. Und ich lasse mich auch ungern als „Schmalspur-Atheist“ bezeichnen. Da werd ich schon mal impulsiv (meine erste Antwort an Ina wurde ja auch zensiert, zugegeben, sie war gemein und sexistisch).
Bis denne
Ich glaube DU hast den Atheismus falsch verstanden. Du hast Recht, dass man die Form die ich beschreibe vielleicht besser als Antitheismus benennt. Aber Du machst sehr deutlich warum der Atheismus den Du nennst keinen Sinn hat. Man kann nicht nicht glauben. Man kann nur nicht wissen. Wenn du sagst du glaubst nicht, dass es einen Gott gibt, glaubst du eben etwas anderes. Eine andere Theorie Dinge zu erklären, die sich dir entziehen. Das kann ja sein, aber dieses Andere hat dann nichts mehr mit dem Atheismus zu tun. Wenn du sagst ich glaube nicht dass es einen Gott gibt, impliziert dass aber automatisch dass du glaubst dass es ihn nicht gibt. Sonst wärst du Agnostiker. (Daher mein Hinweis, die meisten Atheisten sind eigentlich Agnostiker). Denn wenn ich sage ich glaube (die These) nicht, dass es gddsllkhklhsdg gibt, ist das so als würde ich sagen, ich glaube nicht dass Zähneputzen gegen Karies hilft. Es impliziert immernoch eine deutliche Chance dass es doch hilft. Du kritisierst die These eines anderen, ohne gleichzeitig eine eigene Weltanschauung, die auf einem Glauben beruht, preiszugeben. Mit Rationalismus hat das sowieso nichts mehr zu tun. Es ist nur wenig sinnvoll, weil du sozusagen bei allem sagen musst: Glaube ich nicht, ich habe aber auch keinen rationalen Ansatz. Es bringt dem Menschen keinen Mehrwert, weder geistlich, noch wissenschaftlich. Erst wenn ich sage : Ich glaube, dass es gddsllkhklhsdg nicht gibt weil… ! Wird es eine Aussage. Auf die du in dem Fall wieder keine Argumente hättest, außer dass du dir sicher bist dass du dir die Buchstaben gerade ausgedacht hast. Dass du das nicht verarbeiten kannst, da habe ich ehrlich gesagt kein Mitleid. Das muss jeder Mensch schaffen und es überfordert auch niemanden einfach zu sagen : Ich weiß es nicht (siehe Agnostiker).
Was mich angeht liegst du falsch. Natürlich glaube ich dass es gddsllkhklhsdg nicht gibt. Nicht nur weil ich auch rational glaube dass du es dir eben ausgedacht hast, sondern weil ich monotheistisch an einen Gott Glaube, den der Christen Jahwe. Somit bin ich nicht mit der Argumentationslast belastet zu sagen ich glaube nicht dass es den und den und den gibt. Sondern ich glaube, dass es nur einen gibt. Wozu gibt es eins? Das Fortbestehen der Erde hat ja dann auch keinen höheren Sinn oder? Wenn es danach keins gibt? Vorallem wenn der Mensch Sie kaputt macht. Also wozu das System mit der Fortpflanzung und das Alles? Diese Fragen sind doch 0 zielführend, es geht doch tatsächlich nur um das persönliche Gefühl. Und da der Atheismus eben überhaupt keine These präsentiert, gibt mir meine Version ein besseres Gefühl. Ein viel besseres. (ich verschone dich jetzt mal mit den Vorteilen die ein Christ hat, der eine persönliche Beziehung zu Gott hat). Nein, mach dir um mich keine Sorgen, mich bestärkt es wie gesagt und deinen Ansatz glaube ich wie gesagt nicht. Deshalb sagte ich ich bedaure „Atheisten“ dass sie dieses Vertrauen im Leben nicht haben und Ihnen praktisch nur die Zeit abläuft. Und indoktrinierend wird es erst, wenn man wie in einigen Kreisen den Menschen so ins Gewissen redet, dass sie psychisch und im Gewissen darunter leiden. Die se Beschränkungen versucht Hossa und Worthaus aber ja grade abzubauen, deshalb bist du hier richtig 🙂
Danke für den schönen langen Text. Doch der Reihe nach:
Du kannst glauben, was du willst. Mir ist das egal. Interessant wird es zum einen erst dann, wenn aus einem Glauben (insbesondere an eine Gottheit, die Vorschriften ausgibt) heraus Unterdrückung etc legitimiert wird, zum zweiten das Verbreiten von Glauben als Tatsachen: Das regt sich in mir der Widerspruchsgeist.
Der zweite Teil lautet, ich hätte den Atheismus falsch verstanden. Du kannst das nicht wissen, weil.. du dich nicht als Atheist definierst. Ich habe schon als Kind im Religionsunterricht die ganzen Bibelstories als das wahrgenommen, was sie sind: Alte Geschichten. Genau wie Märchen. Den rein moralischen Impetus konnte man natürlich immer gut brauchen, wenn man klein und schwächlich ist.
Habe ich explizit nicht getan. Ich finde Antitheismus ebenso konzeptionell fragwürdig wie Theismus.
Ja, vielleicht was Nützlicheres. Ich glaube zB nicht, daß das menschliche Gehirn unbegrenzte Kapazität hat. Falls ich mit Religion und deren absonderlichen Routinen etc noch zusätzlich abmühen muß, stünde das meiner geistigen Erfassung der _Realität_ nur im Wege. Und die Realität einigermaßen umfassend begreifen zu können, das ist wahrlich eine Lebensaufgabe.
Nein. Atheismus erklärt überhaupt nichts. Das solltest du dir merken. Für alle Phänomene in der Natur etc existiert die Wissenschaft, die mit reichlich gesicherten Methoden an die Dinge herangeht und herausfindet, wie unser Universum funktioniert. Aber: Der Erkenntnis sind Grenzen gesetzt, die jeden Tag dank intelligenter Menschen ein winziges Stück herausgeschoben werden. Und irgendwann wird in diesem Universum für einen real existierenden Gott kein Platz mehr sein, wo er sich noch verstecken könnte.
Am Ende willst du darauf hinaus „Atheismus ist auch nur ein Glaube“. Und damit dem Atheismus einen Boden unterjubeln, den er nicht hat. Die Gleichsetzung von Atheismus zu jeder anderen Religion würde dann natürlich deine Religion entsprechend aufwerten.
Nein, das ist kein fairer Vergleich. „gddsllkhklhsdg“ ergibt keinen Sinn, das ist einfach nur eine zufällig in die Tastatur eingehackte Buchstabenkombination – du kannst da nicht einfach eine Aussage, die Sinn ergibt, entgegensetzen und dann behaupten, ein Begriff bar jeder Definition könnte in der realen Welt doch existieren, weil dein Begriff ja im weitesten Sinne „existiert“ („Zähneputzen“ existiert ja nicht wirklich, sondern beschreibt eine Tätigkeit).
Um eine These zu kritisieren, brauche ich nicht gleichzeitig eine eigene Weltanschauung als Ersatz zu liefern. Das ist doch blanker Unsinn und käme einem radikalen Meinungsäußerungsverbots gleich. Abgesehen davon: Du kritisierst Atheismus und bietest dann als Ersatz die christliche Religion?
Dann definiere einmal aus, was du unter „Rationalismus“ verstehst. Und warum ist dieser so wichtig?
Falls eine Aussage so wie oben keinen Sinn ergibt, ist auch die Begründung beliebig. Z.B. so: „Ich glaube, dass es gddsllkhklhsdg nicht gibt, weil krtjksvfgas“. Ist es besser so?
Versteh ich überhaupt nicht. Was kann ich nicht „verarbeiten“? Wozu brauche ich dein Mitleid?
Natürlich _weiß_ ich nicht, ob es nicht doch einen Gott gibt. Aber du doch genausowenig. Und falls du es doch weißt, woher rührt denn dein Wissen? Aus einem alten Buch? Von alten, überlieferten Geschichten?
Wie gesagt, was du letztendlich glaubst, ist mir egal. Und dir kommt es keinen Moment komisch vor, daß die Menschen in anderen Breiten deinen Gott für Unsinn halten und stattdessen „Allah“ für den einzig und alleinigen? In weiter entfernten Regionen glaubt man wiederum an ganz andere Götter (Hinduismus), oder an gar keinen (Buddhismus), oder irgendwelchen anderen Blödsinn (Scientology, Mormonen). Und man könnte stundenlang irgendwelche Götter aufzählen, die sich die Menschen im Laufe der Geschichte ausgedacht haben.
Die Frage nach dem „Wozu“ ergibt keinen Sinn. Du kannst nicht in allem und jedem einen Zweck sehen wollen.
Tja, nun denn. Wer’s braucht… Ich für meinen Teil habe (auf Religion bezogen) ein besseres Gefühl, wenn ich mich mehr in der real existierenden Welt aufhalte. Das obige klingt für mich mehr nach Eskapismus. Auch ein schönes Gefühl, der realen Welt fernbleiben zu können, sicher. Das macht ja jeder manchmal.. n fesselndes Buch lesen, eine Serie zu gucken, bei der man nicht einschläft, interessante Musik…
Wie gesagt, Atheisten benötigen kein „Bedauern“. Was soll die Bemerkung überhaupt? Du willst andere Menschen, die deinen Glauben nicht teilen, diskreditieren, indem du ihnen eine Minderwertigkeit zusprichst. Auch ein schönes Gefühl, sich über andere Menschen erheben zu können, gell? Besonders, wenn dir dein Gott dabei hilft…
Und deine Reden sind nicht „indoktrinierend“? Wer sagt dir denn, daß Atheisten nicht auch psychisch unter dem ganzen Gottgerede leiden? Besonders, wenn man schon als Kind mit dem ganzen Quark belästigt wurde? Oder evtl die Familie einen verstoßen hat, weil man vom Glaube abfiel? Was ist mit Ex-Muslimen, die ständig Morddrohungen und dergleichen ausgesetzt sind? Du machst dir die Sache echt einfach..
Sorry für die späte Antwort, es gibt eben doch noch wichtigeres als das hier 😀
Du hast ja oben gesagt, dass du glaubst dass ich mir das meiste nicht durchgelesen habe. Das stimmt. Brauch ich aber auch nicht. Deine letzten paar Antworten reichen ja eigentlich, um zu wissen dass du nicht mehr lieferst als Ideen, Christen effektiv zu trollen. Mach das mal bite im evangelikalen Lager, da könnte ich noch mehr drüber lachen. Fesr steht: Du lässt dich überhaupt nicht kategorisieren und stellst dumme Gegenfragen damit du keine Angriffsfläche für Kritik und Argumente bietest. Das Spielchen kann ich auch. Wenn du ein Argument bringst, sage ich halt ja das gilt für alle außer mich. Fehlt nur noch, dass du gleich meine Rechtschreibung korrigierst wie die Kids unter politischen Diskussionen auf Youtube.
Eigentlich auch Schade das alles so anonym ist (außer für Matthias, der bietet natürlich genug Angriffsfläche für böse Witze, die aber leider gelöscht werden würden :D) Deshalb spart euch eure gekünstelte Entrüstung, euch will keiner mundtot machen ihr dürft euren Dünnschiss weiterhin verbreiten, so wie ich auch. Ich hab wie gesagt nur noch nicht ganz verstanden was du/ihr hier wollt. Auch nicht was Matthias mit seinem Ketzer Podcast erreichen will (oder lässt sich Kohle machen? Lohnt sich das in Singapur?). Ganz oben sagst du ja dir ist egal was ich glaube. Wenn das so wäre, warum dann die systematische Zerlegung meines Textes? Denkst du du kannst mich oder andere überzeugen? Ich bin in meinen Ansichten 20 mal selbstbewusster als du. Ich hab alles erreicht was ich wollte in meinem Leben und kann das voll und ganz einem Gott zuschreiben und dankbar sein. Was macht ihr mit den ganzen Menschen die ihr „Entindoktriniert“ habt? Ihnen sagen, dass Sie auch wirklich tot sind wenn Sie sterben? Oder habt ihr einfach Langeweile?
Jetzt kurz zu deinen letzten Zeilen…(keinen Schimmer wie das mit dem zitieren geht, juckt ja auch keinen.)
– Wer legitimiert von den Leuten hier im Forum Unterdrückung? Wenn du dich über kirchlichen Missbrauch (auch dem emotionalen) auskotzen willst bist du hier im falschen Lager. Den Podcast gibt es nur, weil die beiden etwas dagegen tun wollten. Deshalb haben die Leute hier auch gefragt ob du damit schlechte Erfahrungen gemacht hast. Weil du das immer als Argument bringst und sagst da „wird es interessant“ aber dann doch sagst: „Hä? Woraus schließt du denn das? Ich habe sowas nirgendwo behauptet“. Natürlich denken andere dass es aus deinen eigenen Erfahrungen stammt. Dass ich dir das jetzt erklären muss sagt ja einiges. Ich habe übrigens noch nie jemandem in sein Leben gepfutscht und kenne auch „Atheisten“ die keine „Gläubigen“ in ihrer Gruppe haben wollten.
-„Aber… aber .. aber .. du kannst das ja gar nicht wissen, weil du dich nicht als Atheist definierst“. Was? Meinst du mich hat der Reli Unterricht nicht genervt? Klar waren das als Kind Geschichten… Aber das schmälert doch den historischen, lyrischen und moralischen Wert einer Bibel nicht. Du hast dich halt einfach nicht entwickelt sondern die Texte so gelassen wie du sie gelesen hast. (Hier die Parallele zu unseren lieben Fundis). Ist doch auch kein Problem. Du musst daraus keine Lehren für dein Leben ziehen (Was Märchen eigentlich auch haben, aber egal). andere tun es eben und die Qualität der Texte sind unbestreitbar wenn man Sie verstehen kann.
-Dann sagst du du glaubst an was nützlicheres. Ja was denn? Hat du nicht gesagt. Weil in dem Gelaber danach, sagst du nur wieder an was du auch nicht glaubst. Nämlich dass das Gehirn unendliche Kapazitäten hat. Glaube ich auch nicht. So wie ungefähr 99% der Menschen mit nem Abschluss. „Falls ich mit Religion und deren absonderlichen Routinen etc noch zusätzlich abmühen muß, stünde das meiner geistigen Erfassung der Realität nur im Wege. Und die Realität einigermaßen umfassend begreifen zu können, das ist wahrlich eine Lebensaufgabe“. –> Ja aber Kollege das ist doch dein Problem. Wie ich schon sagte es ist für mich keine Mühe sondern eine Bestärkung. Nur weil du es nicht kannst, heisßt das nicht dass andere es nicht können… Ich kann die Realität genauso wahrnehmen und zusätzlich an Gott glauben. Erst sagst du oben der moralische Input ist ja ganz nett für die kleinen und schwachen und dann ist es dir doch so ein Hindernis dass du nichtmal mehr mit der Realität klarkommst?? Weiß jetzt nicht wer da schwach ist 😀
-Genau der Atheismus erklärt überhaupt nichts. Er hilft auch überhaupt nichts beim Übel dieser Welt. Deshalb fällt es dir auch so leicht zu sagen „Damit habe ich doch nichts zu tun“. Weil ganz genau das habe ich gesagt und auch, dass mich persönlich ganz genau das stört. Ist also nicht dein Argument, sondern du wiederholst genau was ich gesat habe. Und wenn etwas nicht weiterhilft, „keinen Boden hat“ ist es für MICH eben nutzlos. Denn dass eine Religion den Menschen Geborgenheit, Angstbewältigung, Kraft für den Alltag, oder einfach Rechfertigung oder Sinn bringen kann ist ja fakt. Und solange es eben noch nicht soweit ist, dass es „keinen Platz mehr“ für einen Gott gibt muss sich der Atheismus sehr wohl mit anderen Glaubenrichtungen messen. Matthias hat zumindest verstanden, dass der Agnostizismus die Basis ist auf der Gläubige und Atheisten gleichzeitig stehen. Darüber hinaus ist es eben Glaube. Und ab da startet für dich die Zeitverschwendung. Und die christliche Religion wird sicher nicht aufgewertet nur weil der Atheismus keinen mehrwert hat. (Mal nicht davon ausgehend, dass du so naiv bist zu Glauben dass es ohne Religionen keine Kriege gäbe)
-Achso ich dachte bis eben hättest du noch dran geglaubt? Jetzt ist es doch Zufall? Du weißt aber schon, das viele der Kernfragen des christl. Glaubens auf historischen Ereignissen gründen? Wo sind die Überlieferungen zu gddsllkhklhsdg? Und doch sicher. Wer kritisiert muss sich erklären. Zumindest wenn du ernstgenommen werden willst (ähnlich wie eine Opposition in der Politik). Ich erlaube dir doch zu sagen „Religion ist scheisse“. Du erlaubst mir aber nicht zu fragen „Warum?“
Ja ich biete die christliche Religion. Fragst du einen Christen (in gesundem Umfeld) was bietet dir der Glaube? „Geborgenheit, Gemeinschfat, Kraft, Linderung meiner Ängste.“ Fragst du einen Atheisten: „Gar nichts.“(hast du selbst geschrieben)
– Rationalismus ist das halten an Fakten und Wissenschaft. Die Ebene auf der wir auf Augenhöhe sind. Nämlich mit all den Erkenntnissen, die uns die Wissenschaft bis heute geliefert hat. Und die einzige Ebene auf der du mich korrigieren kannst.
– zum Verarbeiten. Du sagst doch dass es dein Hirn belastet. Und dich schon als Kind belästigt hat. Oder redest du jetzt wieder über hypothetische andere Menschen damit du persönlich nicht angreifbar bist?? 😀 Also gut kein Mitleid mehr. Das nächste Argument ist noch dass die Kirchenglocken am Sonntag so laut sind.
-Ne kommt mir nicht komisch vor. Du glaubst ja auch nur Blödsinn..Wenn ich über den Urknall nachdenke tun sich mir genauso viele Fragen auf wie wenn ich über Christi Auferstehung nachdenke ( und ja ich halte den Urknall für möglich und die Evolution für wahr.)
– „Tja, nun denn. Wer’s braucht… “ Dieser Satz ist wertvoll. Ich brauchs. Du vielleicht nicht, ist mir aber auch egal. Deine Vermutung, man wird als Gläbiger Mensch zum Träumer, an dem die reale Welt vorüberzieht ist aber falsch. Ich habe ein Unternehmen, Verantwortung für 47 Mitarbeiter, eine Familie,zwei Hunde, Hobbys außerhalb der Kirche und und und….
– Mein Wissen rührt aus der Bildung her, mein Glaube aus der Bibel.
-Du brauchst kein Bedauern. Was willst du für andere sprechen? Ich diskreditiere niemanden. Wer bedauern nicht braucht, braucht es ja nicht anzunehmen. Wüsste jetzt auch nicht wie ich mich mit Gott höher stellen soll wenn du bezweifelst dass es einen gibt.
– Nö sind sie nicht. Ich schreibe dir nicht vor was du zu glauben hast. Wie gesagt mit diesen Kirchenmissbrauchsfällen bist du hier falsch oder behauptest du auch der IS seien Muslime und Atheisten sind humanitäre Pazifisten die kein Unrecht begehen??
Lieben Gruß
–
EINSPRUCH:
Es kommt drauf an!
Aus ATHEISTISCHER Sicht erklärt der Atheismus nichts.
AUS RELIGIÖSER SICHT aber schon:
Atheismus liefert zwar keine ANTWORTEN, aber Religion führt zu überflüssigen FRAGEN – der Theologe Heinz-Werner Kubitza spricht von „Scheinproblemen“, die man als nichtreligiöser Mensch gar nicht hat. Z.B. die Frage „Wie kann Gott so viel Leid zulassen?“ oder „Wenn es Gott gibt, weshalb glauben Menschen dann an so viele unterschiedliche Götter und bekriegen sich deswegen?“
Fragen für Gläubige, auf die es keine vernünftige Antwort gibt. Die Frage, das Scheinproblem, ergibt sich überhaupt erst aus der unbewiesenen und unplausiblen Annahme, dass es einen gütigen Gott gibt.
Und für alle diese Scheinprobleme bietet der Atheismus die Erklärung: Es gibt überhaupt keinen Gott, der Leid verhindern könnte oder sich eindeutig offenbaren könnte.
Das ist mir auch eben erst klar geworden. Dies ist ein Beispiel dafür, wie ich von der Diskussion hier profitiere (vielen Dank!), ohne, dass mir ein Christ etwas Einleuchtendes sagen muss.
@Ulkig Marzany
Zitieren geht mit „blockquote“ in spitzen Klammern.
Schach und matt, Ina…
Na immerhin. Es ist im übrigen immer einfach, jemanden als Troll zu bezeichnen, wenn einem dessen Meinung nicht paßt. Etwas Ähnliches kann man derzeit auch als „Reverse Strawman“ entdecken. Jemandem vorhalten, er hätte einen Strohmann gebaut, den er attackieren würde – in Wahrheit stimmt das aber gar nicht.
Zufürderst stelle ich Fragen, um etwaige Mißverständnisse auszuräumen, oder den Standpunkt besser zu verstehen, um dann den Widerspruch (falls noch vorhanden) zu identifizieren. Daß du das nun als aalglatte Verhaltensweise darstellst… naja. Im allgemeinen tendiere ich dazu, daß meine Argumente stichhaltig sind und das Konstrukt dazu weitgehend widerspruchsfrei ist.. Warum sollte ich gegen ein anderes, meiner Meinung nach weniger widerspruchsfreies Konstrukt mit einem ebensolchen antreten? Wenn dich jemand zu einem Wettrennen herausfordert, kommst du dann auch mit nem Tretroller um die Ecke, falls der Gegner immerhin ein getunetes Mofa hat?
Immer langsam. Das ist ein völlig anderes Thema. Du kannst davon ausgehen, daß Atheist nicht gleich Atheist ist. Die geraten sich wegen ganz anderen Sachen genauso gern in die Haare. Natürlich bezeichne ich mich als Atheisten, weil es die Definition hergibt, ganz einfach. Aber ich gehöre nicht zu den _ideologischen_ Atheisten; Atheisten, die deswegen Atheisten sind, weil sie gern einer Peergroup angehören wollen.
Wieso? Du bist doch selber anonym. Willst du Leute mit anderer Meinung stalken?
Ist doch egal. Du verbreitest deinen „Dünnschiss“ über Atheismus, und ich und auch Matthias halten dagegen, einfach so. Es gibt keine höheren Ziele. Und schon gar keine finanziellen.
Das, was du glaubst, ist nicht unbedingt deckungsgleich mit dem, was du von dir gibst. Und letzteres nehme ich eben nicht unwidersprochen hin. Das ist alles. Desweiteren: Das, was du still, heimlich und leise glaubst, bleibt da, wo es hingehört: In deinem Kopf. Wie sollte ich denn das kontrollieren können? Und selbst falls ich ’s könnte, würde ich es schon aus Prinzip nicht tun.
Ich hab noch niemals jemanden davon überzeugen können, Atheist zu werden. Das geht auch nicht so *schnapp*. Bei vielen von der Kindheit an systematisch indoktrinierten Menschen ist es ein langer, schwieriger und mitunter auch schmerzhafter Prozess, äußerlich wie innerlich.
Zu was soll diese Bemerkung jetzt gut sein? Ist ein Selbstbewußtsein überhaupt in der Art messbar, daß so eine Aussage überhaupt möglich ist? Zum zweiten meinst du wohl eher „Selbstwertgefühl“. Und falls dein Selbstwertgefühl 20x höher ist als meins, dann leidest du mit Sicherheit am Dunning-Kruger-Effekt. Was du selbst aber nicht wissen kannst.
Klar, und das, was du nicht erreicht hast, das wolltest du auch gar nicht. Super.
Also hast du es nicht aus eigener Kraft geschafft. Daher auch die Anmerkung mit dem Selbstbewußtsein. Falls dir dein unsichtbarer Feind alle Schwierigkeiten abgenommen hat, dann hat man auch kein Selbstwertgefühl. Was einen ja nicht daran hindert, es trotzdem mal zu behaupten, mit Faktor 20.
Wie gesagt, es sollte ein persönlicher Prozess sein, nicht einfach ein Fähnchen nach dem Wind hängen. Und „wirklich tot zu sein“ – niemand macht eine solche Erfahrung. Es ist irrelevant. Wenn du tot bist, hast du auch keine Möglichkeit, das festzustellen.
Keine Ahnung. Hab ich sowas gesagt? Ich meine viel subtilere Dinge. Das fängt damit an, daß ein Geschiedener und Wiederverheirateter seinen Job verliert. Oder die Atheistin, die in ihrem Kirchenchor nichts davon erzählen darf, weil sie dann plötzlich nicht mehr mitsingen darf, obwohl sie es ausgesprochen gerne tut. Oder sie wagt es überhaupt nicht, so was zu sagen, weil sie befürchtet, ausgeschlossen zu werden, obwohl es evtl grundlos ist. Das wäre fast noch schlimmer. P.S. Das sind hypothetische Fälle, klar?
Hier muß ich auch sagen „Hä? Woraus schließt du denn das?“. Niemand hat gefragt, ob ich schlechte Erfahrungen gemacht habe, und ich habe auch von keinen berichtet. Du hast den völlig aus dem Zusammenhang gerissenen Ina-Beitrag für bare Münze genommen und versuchst jetzt, mich damit irgendwie aufs Kreuz zu legen? Ehrlich, lies dir 2 Stunden lang *alle* Beiträge hier durch, vielleicht kapierst du dann mehr.
Na, wer weiß.. Sind ja komische Atheisten. Ich sag ja, falls Atheismus zur Ideologie wird, dann haben wir nur das Problem verlagert. So einer Gruppe würde ich nie beitreten.
Wo ist da denn der Zusammenhang zu dem Zitat von mir?
Ich hab die Bibel nie gelesen. Später haben wir im Religionsunterricht ganz andere Sachen behandelt. Erich Fromm, Nietzsche etc. War zumindest interessanter. Ist trotzdem nicht viel hängengeblieben. Ich tausche echt 10 Bibeln und 10 Korane gegen ein anständiges Donald-Heft ein.
Ist doch egal. Vielleicht ein paar Informationen aus dem Gartenbau. Wie man Beete anlegt, wann man welches Gemüse wo aussät, und so…
Haha, du *glaubst*, du könntest die Realität wahrnehmen. Wenn du das wirklich könntest, würdest du nicht an Gott glauben. Wozu? Das ergäbe dann keinen Sinn mehr. Nee, so einfach ist das nicht. Niemand kann Realität umfassend wahrnehmen, weder Einstein noch Krishnamurti. Aber die wußten das auch.
Doch, ich komm mit der Realität klar. Sofern ich sie erfassen kann. Das mit dem Hindernis hast du dir ausgedacht. Und ich hab das auch anders gemeint. Aber ich hab keine Lust, das Fass auch noch aufzumachen.
Womit hab ich nichts zu tun? Mit den Übeln? Ist mir so zu pauschal.
Dann wird das wohl korrekt gewesen sein. Wobei ich immer noch nicht weiß, auf was genau du dich beziehst.
Ist ja ok. Bis auf das mit dem Sonderfall Rechtfertigung, das müßte man genauer beleuchten.
Ich hab nichts von dem so behauptet. Die „Aufwertung“, von der ich sprach, wäre die intrinsische Überhöhung des jeweiligen persönlichen Glaubens.
?? Hat sich halt alles so entwickelt. Evolution. Zufall und Mutation, und vermutlich noch ein paar Faktoren, die noch nicht so ganz klar sind.
Unbewiesene Behauptungen. Es ist ja noch nicht mal geklärt, ob auch nur irgendeine Bibelgeschichte auf einer wahren Begebenheit beruht.
Hier in meinem Safe. Nicht der Öffentlichkeit zugänglich. Alles alte, echte und als wahr erwiesene Dokumente.
Doch, natürlich. Das hast du aber nicht gefragt. Du hast gesagt „Atheismus ist Scheisse“ (bzw „irrational“). Aber dann darf ich dagegen nichts sagen? Die Begründung hattest du ja größtenteils mitgeliefert.
Tjaja, ich sag ja, solange es bei solchen Sachen bleibt, kann es mir egal sein. Aber daß „Linderung von Ängsten“ auf einer groß angelegten Lüge beruht, stimmt mich schon seltsam..
Ja, richtig. Alles andere sind entweder soziale Fragen oder psychologische.
Gut, alles klar. Dann wäre also die Aussage „Es gibt einen Gott“ eine irrationale.
Ich hab nicht gesagt, daß es mein Hirn belastet, sondern daß es das täte. Konjunktiv. Als Kind war mir das egal, das hab ich gesagt. Und ja, Kirchenglocken können nerven.
Was hat denn der Urknall wieder mit Atheismus zu tun? Gar nichts. Der Urknall ist, so wie es aussieht, das derzeit wahrscheinlichste Szenario für den physikalischen Beginn des Universums. Und da haben sicher auch Hardcore-Physiker jede Menge Fragen zu. Genau wie zur Evolution.
Ist ja in Ordnung. So what?
So habe ich das nie ausgedrückt. Es geht darum, nicht Dinge für real zu halten, die in der realen Welt keine Entsprechung haben.
Wofür Gott verantwortlich ist. Und deine 47 Mitarbeiter, die haben auch Wünsche, die von Gott erfüllt worden sind: zB, daß sie in einem Betrieb arbeiten, den sich der Chef von Gott gewünscht hat. Und .. jetzt kommt’s… das sind alles Atheisten, mit denen kann Gott ja machen, was er will.
Das seh ich aber ein bischen anders, genau wie du.
Das mit den Missbrauchsfällen ist überhaupt nicht mein Thema – an der Stelle sollte man vllt Religion von Kirche trennen, bevor man weiter drüber redet. Ich glaub kaum, daß sich ein Nicht-Muslim beim IS lange halten würde, und daß Atheisten Pazifisten sind, habe ich auch nie behauptet. Da gibt’s wohl alle möglichen Kombinationen.
Ich habe hier nur mal kurz reingelesen, ausreichend wie ich finde, um zu erkennen, dass hier die gleichen ermüdenden „Dialoge“ zwischen Geistergläubigen und Atheisten stattfinden, wie anderswo. Ich muss wohl anerkennen, dass Glaube das Hirn derart verstopft, dass rationales Denken verhindert wird. Ich sage nicht ‚unmöglich‘, sondert verhindert, weil es ja Menschen gibt, die diesen Glaubenskäfigen via Einsicht entkommen sind.
Aber mitdiskutieren möchte ich hier nicht, dafür habe ich andere Möglichkeiten. Außerdem begleite ich so viele Projekte, um die Menschen wirklich aufzuklären, dass mir immer weniger Zeit dafür bleibt. Das ist eigentlich Schade, weil ich tief in meinem Inneren an die Einsichtsfähigkeit des Menschen glaube. Aber ich will wenigstens erkennen, dass diese Einsichtsfähigkeit auch aktiviert ist…
Ja, lieber Herr Kammermeier, wir wollen Sie nicht davon abhalten, die WIRKLICH Aufklärungswilligen zu erreichen und die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Seien Sie Gott oder dem Spaghettimonster empfohlen!
Hallo Gofi,
kannst du mir einen Gefallen tun? Ich hatte bei meinen letzten Kommentaren immer quote anstelle von blockquote eingetragen. Das quote-Tag bewirkt aber bei WordPress nix Messbares. Kannst du das nachträglich noch ändern?
Gruß phoen23
Ausnahmsweise. (-> Done!) Sozusagen als Geschenk an die „Gegenseite“. 😉
Gott segne Dich! (Den Segen musst Du Dir jetzt dafür gefallen lassen…! 😉 )
Der Jay
na, wenn’s nur das ist 😉
*Ich* danke dir.
P.S. Nicht, daß du denkst, ich wäre so eine Art Hardliner oder Sektierer. Ich zähle zu meinem weiteren Freundeskreis Atheisten wie auch Christen und Moslems.
Spannend! Da hast Du ja richtig was geleistet, phoen23!
Fällst erst in ein „fremdes“ Internet-Forum ein, packst Dinge auf den Tisch, die schon längst durchdiskutiert waren und reagierst auf ein bisschen Gegenwind mit solchen Beleidigungen, dass die Forumsbetreiber Deinen Beitrag kürzen müssen.
Selbstverständlich warst Du auch sexistisch, denn was wagt sich die blöde Kuh auch, selber schuld! Zumal der Ketzer-Podcaster es mit der Ina vor ein paar Monaten ja vorgemacht hat, wie man seine persönliche Lieblingszielscheibe attackiert.
Praktischerweise meldet sich Matthias auch prompt zu Wort und gibt die liebe Ina schnell nochmal zum Abschuss frei. (Von ihr hatte er vor ein paar Monaten natürlich nichts in der Diskussion gelernt, weil er prinzipiell immer alles aus sich heraus alleine leistet. Is klar.)
Nichts Neues unter der Sonne.
Hab ich Dich also richtig eingeschätzt. Ein bisschen Kontra und Du zerlegst Dich selber. (Auch das hat Matthias ja schon vorgemacht, wie man seine angebliche Diskussionsbereitschaft ad absurdum führt.)
Da warst Du ja jetzt somit ein richtiger Held!
Btw: Du wurdest nicht „zensiert“.
„Zensur“ meint etwas anderes. Politische Bildung und so, vielleicht schon mal gehört.
Das wirkt auf mich ja schon pathologisch.
Das Problem ist nicht das Thema, sondern, daß du nicht daran halten willst. Du willst ständig das Thema, den Bezugsrahmen wechseln, irgendwelche absurden persönlichen Motive unterstellen, dann daraus ad hominem-Argumente stricken… Ist ja wohl klar, daß das Diskutieren mit dir irgendwann keinen großen Spaß mehr macht. Falls du da irgendeine prinzipiell feindselige Einstellung draus entwickelst.. dann lass das Diskutieren lieber komplett. Du hast doch deine Meinung aka Glauben. Warum solltest du dich mit Leuten auseinandersetzen, die andere Meinungen haben? Und dann noch auf so eine unehrliche, indifferenzierte Art und Weise?
Der „zensierte“ Beitrag bestand im Übrigen nur aus einer Zeile, der das, was ich in den Antworten wortreich ausführte, zusammenfaßte. Aber diese Zeile werde ich hier nicht wiederholen.
Das ist auch gut so, sonst hätte ich auch diesen Kommentar nicht von dir freigeschaltet…
LG,
Der Jay
P.S.
Ich tippe mal ganz banal darauf, dass Matthias (angeregt durch den Troll in den Kommentaren zu Folge 105) hier einfach nur mehr Action haben wollte, damit er auf mehr Kommentare kommt als Markus Till.
phoen23 und Herr Kammermeier waren da immerhin hilfreich.
@Matthias
Dass dir das mit den Scheinproblemen erst in der Diskussion klar geworden ist, nehm ich dir nicht ab, hör dir mal dein Schlusswort im Talk an! 🙂
Außerdem ist das mit den Scheinproblemen aus meiner Erfahrung ein sehr weit verbreitetes Argument dafür, AtheistIn zu sein/werden und für mich der einzige Grund, es zu werden: dass ich damit der Frage nach dem Leid (oder überhaupt nach ungelösten Fragen) aus dem Weg gehen kann.
Sicher werden Religionen Fragen auf, die sich Atheisten nicht stellen müssen, aber sie beantworten halt auch Fragen, die der Atheismus nicht beantworten kann ;). Und manchen Religiösen helfen sie zum Beispiel dafür, weniger auf sich selbst einzubilden. Das kann der Atheismus, so wie du ihn vertritts, schonmal nicht, denn da geht es ja darum, dass der eigene erhabene Intellekt der Maßstab für alles ist (und irgendwie auch alle Gläubigen per se schonmal ne Stufe drunter stehen). Das löst die gesellschaftlichen Probleme nicht, die wir heute haben und die mE genau daher rühren, dass sich Menschen über ihre Mitmenschen erheben, andere ausgrenzen, niedermachen, unterdrücken, ausbeuten, Macht missbrauchen, Reiche fördern statt Arme zu unterstützen etc. Ich stimme da eher Gofi zu, der in nem Live-Talk mal gesagt hat „Wir irren alle“ (was aus meiner Sicht auch ein recht christliches Statement ist) und wir sollten daher zusehen, das anzupacken, was ungerecht ist, anstatt ideologische Schlachten auszutragen und uns darüber in die Haare zu kriegen, ob man denn nach dem Tod tot ist oder nicht.
@Katja:
Das mit den Scheinproblemen war mir schon klar. Was oben meinte, ist folgendes:
Bis vorhin hätte ich – wie vermutlich die meisten Atheisten – zugestimmt, dass der Atheismus keine Erklärungen liefert. Und zwar in dem Sinn, dass er erklärt, wie sich z.B. das Leben entwickelt hätte oder wie man sich ethisch verhalten soll.
Jetzt meine ich, dass wir Atheisten den Atheismus dabei sozusagen „unter Wert“ verkaufen. Einige wichtige Fragen, die Religiöse nicht befriedigend beantworten können, lösen sich dadurch eben in Luft auf. Dieses „erweiterte“ Erklärungspotential ist mir erst vorhin aufgegangen.
Ah, ok, danke für die Erklärung.
Würde ich nie so ausdrücken. Falls ich einer Frage aus dem Weg gehe, hat das was von Ignoranz. Aber es geht ja darum, den gesamten Themenkomplex sozusagen zu nullifizieren.
mit „sie“ meinst du jetzt Religionen? Welche Fragen wären denn das? Bring das beste Beispiel
Wie meinst du das? Atheisten verleihen sozusagen Religiösen mehr Bodenhaftung? Oder eben gerade nicht? Oder umgekehrt?
Das kann ich so nicht stehen lassen. Das mag für manche Atheisten gelten, weil die sich für was besseres halten, nur weil sie den Glauben überwunden haben, ansonsten: #notall. Der Intellekt eines Atheisten ist nicht mehr oder weniger erhaben als jeder andere Intellekt. Auch ein Atheist ist mitunter ein totaler Idiot, handelt aus Dummheit oder wider besseres Wissen, oder impulsiv und irrational. Die Darstellung, ein Atheist wäre irgendwie geistig überlegen nur aus seinem Atheismus heraus, finde ich abwegig.
Liebe(r) phoen23,
Zunächst einmal: Ich glaube auch, dass der Gott nicht existiert, von dem du glaubst, dass er nicht existiert.
In dem Talk mit Matthias, bei den Lesen von Argumenten von anderen Atheisten und beim Überfliegen der Kommentare hier entstand bei mir der Eindruck, dass bestimmte Bilder/Vorstellungen von Gott bzw. einem göttlichen Wesen angegriffen/negiert werden. Es ist aber ein Unterschied, ob man sagt: ‚Diese oder jene Vorstellung von Gott ist unsinnig, führt zu Leid und ist schädlich für die Menschheit.‘ Oder ob man sagt: ‚Gott führt zu Leid und ist schädlich für die Menschheit.‘ Und ich habe den Eindruck, dass du und andere Atheisten die erste Position einnehmt, obwohl ihr das zweite sagt. Daher halte ich dich und bspw Matthias auch nicht für Atheisten im buchstäblichen Wortsinn, sondern für antireligiöse, insbesondere antichristliche (und da wiederum bestimmte Arten von Christentum) Rationalisten.
Du hast Recht, es wurde und wird im Namen von Gottheiten viel Mist gebaut und irrsinnige Regeln aufgestellt. Das bedeutet aber nicht automatisch, dass eine göttliche Entität diesen Mist gut heißt oder gar einfordert. Natürlich gibt es auch dumme Atheisten. Vielleicht gibt es auch Rationalisten, die nicht überheblich sind, aber eben auch solche, die es sind und für die diese Überheblichkeit wesentlich zu ihrer Weltsicht dazugehört (da es ja über ihrer Ratio keine Instanz gibt) – daher habe ich in meinem Kommentar an Matthias ausdrücklich geschrieben: „Der Atheismus, WIE DU IHN VERTRITTST“. Und da sehe ich zum Beispiel hier in dieser Diskussion, dass das anderen Menschen schadet und zu Leid führt – wie in allen anderen Lebensbereichen auch, in denen Überheblichkeit zu finden ist (und davon ist der religiöse Bereich nicht ausgenommen). Zu deinen Fragen: Ich denke, dass Religionen dazu beitragen können, dass Menschen sich weniger auf sich einbilden – einfach dadurch, weil man annimmt, dass es etwas gibt, was das eigene Denken übersteigt. Natürlich gibt es auch überhebliche Menschen, die religiös sind oder ihre Überheblichkeit religiös begründen – was ich nicht nachvollziehen kann und was ich für eine ungesunde Form von Religiosität halte.
Zur Frage nach dem Leid: Ich sehe das schon so, dass man der Frage aus dem Weg geht, in dem man sie nullifiziert. Für mich ist die Frage nach dem Leid auch keine künstlich konstruierte, denn ich finde sie bei allen Menschen im täglichen Leben, und zwar an dem Punkt, an dem man auf einen anderen Menschen neidisch ist. Denn Neid ist das, was passiert, wenn im Inneren die Fragen auftauchen: Warum ist ihm das vergönnt und mir nicht? Warum hat er so ein tolles Leben und ich nicht? Warum sind die anderen Menschen um mich herum gesund und ich bin es nicht, obwohl ich keinen gesundheitsschädlichen Lebensstil habe? Usw. Das hat erstmal nichts mit Gott zu tun – christliche Menschen führen diese Fragen aber halt in den Theodizee-Fragenkomplex – der sicherlich auch Probleme schafft, die man ohne ihn nicht hätte – gar keine Frage. Ich weiß nicht, wie du mit solchen Situationen umgehst. Vielleicht hast du ein Pech-Glück-Konzept oder es stört dich einfach nicht, dass es manchen Menschen besser geht und anderen (oder dir selber) schlechter. Dann gratuliere ich dir herzlich – so etwas kenne ich bisher nur von Zen-Mönchen! Und dann ist es für mich auch völlig verständlich, weshalb du keine theistische/religiöse Weltvorstellung hast.
Zu den Fragen, die Religionen beantworten können: Hier kann ich nur für das Christentum, speziell meine Form des christlichen Glaubens sprechen. Fragen, die der Atheismus, zumindest so wie ich ihn kennengelernt habe, nicht beantworten kann, sind zB: Wer/Was gibt mir Kraft, wenn ich keine mehr habe und mir auch keine anderen Menschen oder Materialien Kraft geben können? Wer liebt mich und gibt mir Geborgenheit, wenn es kein anderer Mensch und nicht einmal mehr ich selbst kann? Wer gibt mir Wert und Würde, wenn ich nichts (mehr) leisten kann oder kein Ansehen von anderen oder mir selbst bekomme? Wer kennt mich, wenn mich niemand mehr versteht und ich mich selbst nicht verstehe und mir fremd geworden bin? Wer versteht mich und nimmt mich ernst, wenn mein Intellekt versagt? Wer versteht mich, an wen kann ich mich wenden, wenn meine Sprache versagt und ich im wörtlichen und übertragenen Sinne sprachlos bin?
So in etwa die Fragen, die ich für „die Besten“ halte. Es gibt heutzutage hervorragende (säkulare) psychotherapeutische Ansätze bzgl des Themenkomplexes „Neid“ und bzgl der oben genannten Fragestellungen. Insbesondere verhaltenstherapeutische Ansätze sind, obwohl sie säkular arbeiten, von der buddhistischen Tradition und der Mystik wesentlich inspiriert und viele Psychotherapeuten sind sich einig, dass eine gesunde Spiritualität ein wesentlicher Faktor zum Aufbau und Erhalt von Resilienz ist (da gibt es auch Studien und Bücher, die diese Thematik behandeln, wie zB „The gifts of imperfection“ von Brené Brown – sie ist allerdings selbst ein spiritueller Mensch und daher in diesem Bereich nicht „neutral“. Ich kenne aber PsychtotherapeutInnen, die selbst nicht spirituell sind und die trotzdem Spiritualität einen hohen Wert für seelische Gesundheit beimessen).
Ich hoffe, ich habe alle deine Fragen beantwortet und keine übersehen.
Liebe Katja,
vielen Dank für deine lange und detaillierte und auch im Ton sehr angemessene und sachliche Antwort. Ich möchte schon noch ein paar Dinge anmerken. Auch, damit du nicht denkst, dein Text würde einfach in Vergessenheit geraten.
Im Grunde ist es andersherum: Aus logischen Gründen glauben Atheisten i.A. nicht, daß ein Gott existiert; die Aussage, Atheisten würden glauben, daß ein Gott nicht existiert. Es steht also der Zweifel im Vordergrund, nicht einfach nur eine andere Art des Glaubens.
Das ist durchaus eine interessante Aussage bzw Unterscheidung. Falls man als Atheist nicht davon ausgeht, daß Gott wirklich existiert, sondern nur eine Vorstellung ist, so wären in der Tat beide Aussagen so gut wie identisch. Ginge ich als Gläubiger davon aus, impliziert es, daß dieser Gott existiert, aber die Auffassung von ihm kann fehlerhaft sein.
Dann hat man wirklich ein Problem, denn an dem Punkt ist eine Kommunikation nicht fehlerfrei möglich, da man von unterschiedlichen Voraussetzungen ausgeht. Als Atheist würde ich da in einer Art Falle stecken. Entweder ich sage ich ersteres und impliziere damit die Existenz eines Gottes. Oder ich sage zweiteres und meine ersteres, wie du es sagst. Ich denke mir, das bei Aussage b) aber durchaus der Begriff „Gott“ als eine Art Konzept mit all seinen Implikationen wie Religion etc ausgelegt werden kann.
Ich kann nicht wirklich für Matthias sprechen, aber falls ich einer solchen Einordnung entspräche, würde Antireligionist evtl ganz gut passen. Eigentlich lehne ich jede Art von Ideologie ab, vor allem, wenn sie organisiert ist. Natürlich kann man sagen, Stop, das Ablehnen jeder Ideologie ist wiederum eine Ideologie, daher müßte man das auch ablehnen.. wobei man wieder bei Beliebigkeit wäre. – Ich bilde mir schon ein, vorwiegend rational zu handeln, dennoch: Es ist ebenfalls schwierig, zu beurteilen, was rational ist und was nicht, solange man den genauen Bezugsrahmen nicht kennt. Im Grunde wäre es zB sehr rational, opportunistisch zu handeln. Aber du siehst ja selbst, daß ich es hier nicht tue.
Nein, natürlich nicht. Aber da gibt’s halt so Bücher… In dem Zusammenhang fällt mir eine Situation aus dem Berufsleben ein:
Ich arbeitete an irgendeinem IT-Kram, und da kam die Frau aus dem Nachbarteam vorbei und meinte, ich solle das und das so und so machen (weiß nicht mehr, was es genau war). Da entgegnete ich, das macht ja gar keinen Sinn, da hast du hinterher ja den 3fachen Aufwand oder dergleichen. Da sagte sie einfach „Aber der Chef will das so!“. So, nun saß ich in der Zwickmühle. Was soll ich tun? Das so machen, wie ich denke? Aber dann ist es nicht so, wie der Chef will. Das tun, was sie sagt? Dann hätte sie mich kleingekriegt mit einem Verweis auf eine höhere Instanz. Ich könnte den Chef fragen, aber die ganze Situation wird dann irgendwie peinlich. Ich könnte als Befehlsverweigerer und Querulant da stehen, falls der Chef das wirklich gesagt hat. Ich stünde als Teamschwein und Petze da, falls der Chef das nicht gesagt hat.
Ich hätte wirklich den Weg des kleinsten Widerstands gehen können und Möglichkeit #2 ausführen. In der Tat habe ich mich dafür entschieden, den Chef zu fragen. Da mußte erst ein Termin ausgemacht werden, usw. Ich hab ihn gefragt und siehe: Der wußte von der ganzen Angelegenheit überhaupt nichts, jedenfalls nichts von den Details. Das Ganze wurde dann auch schnell wieder vergessen.
Aber ich hab diese Situation mehrmals erlebt.
Angewandt auf einen Gott käme jemand und sagt, deinem Kind müßte die Vorhaut entfernt werden.
Wer sagt das? Gott sagt das. Steht ja im Koran oder Tora. Kann man aber Gott _direkt_ fragen, ob das wirklich richtig ist? Nö, irgendwie nicht. Ansonsten ist es die gleiche Situation.
Ich sehe irgendwie nicht, wie genau so eine Diskussion wie diese hier jemandem schaden kann. Es sei denn, jemand bestünde auf seiner persönlichen Befindlichkeit als Maß aller Dinge. Da muß ich aber auch sagen, daß imho auf religiöse Befindlichkeiten viel zu viel Rücksicht genommen wird. Wieso zB darf man in Österreich auf seinem Führerschein-Foto (als Ausnahme) eine religiöse Kopfbedeckung tragen, obwohl die Vorschrift besagt, daß keine Kopfbedeckung getragen werden darf; bist du aber Atheist, ist das Nudelsieb verboten (natürlich ist das albern, aber falls diese Vorschrift Gültigkeit haben soll, dann ausnahmslos).
Sollte das wirklich so sein, daß Diskussionsverläufe bei manchen zu Leid führen, dann kann man nur sagen, daß man besser von der Küche wegbleiben solle, falls es zu heiß her geht.
Ich glaube auch, daß diese Überheblichkeit nicht immer eine ist. Gerade in Diskussionen nehme ich zB wahr, daß man seinem Debattengegner das gerne einfach unterstellt, sobald man selbst argumentativ in der Klemme steckt. Dann verbliebe das nur als rhetorisches Element. Genaugenommen ist Überheblichkeit auch irrelevant und man sollte sie einfach ignorieren und auch gar nicht zur Sprache bringen. Sollte dein Gegner wirklich überheblich herüberkommen, dann kannst und mußt du jeden Argumentationsfehler von ihm auch beinhart ausnutzen, um seine Überheblichkeit zu demaskieren – die Chancen sind garantiert größer als bei einem Gegner, der nicht überheblich wirkt. Im Gegenzug kann die o.a. Methode auch dazu führen, daß man selbst eine Art Ad-Hominem-Attacke ausführt, die dann wie ein Bumerang zurückkommen kann, falls der „Überhebliche“ das Manöver durchschaut.
Ich denke, du meinst sowas wie „Demut“. Das kann aber auch nichtreligiös begründet sein, einfach so aus sich selbst heraus.
Da fällt mir auch was zu ein, es stammt -glaub es oder nicht- aus einem Donald-Heft:
„Warum vergeuden Sie Ihre Zeit mit diesem blödsinnigen Kohlgeruch? Mit der Maschine könnten Sie der Herr der Welt sein!“ – „Ja, aber es gibt schon so viele Herren der Welt, und so wenig demütige Menschen.“
Es ist wohl eher die Verführung der Macht, nicht unbedingt die Religion an sich, die Menschen in dem Sinne überheblich macht.
Hm, Moment. Ging es nicht eher darum, das Leid so zu nehmen, wie es ist und nach Lösungen zu suchen, die machbar sind, aber nicht darum, das Leid bzw. dessen Ursache auf eine höhere Instanz zu schieben. Dann funktioniert das aber nicht wirklich, und dann kommen Fragen auf, die im Grunde irrelevant sind. Sobald ich erkannt habe, daß diese höhere Instanz nicht existiert, bräuchte ich mich an dem Themenkomplex nicht mehr abzuarbeiten. Also Fragen wie „Gott, warum läßt du zu, daß ich an zB multipler Sklerose erkrankte?“ wären plötzlich vollkommen obsolet. Weil die Krankheit zB genetische Ursachen hat oder so und u.U. eine wissenschaftsbasierte Behandlung das Leid lindert.
Hm, ok. Jetzt hatte ich das obige schon geschrieben, ohne dies hier genau zu lesen. Dann wären wir da ungefähr einer Meinung.
Manchmal stört es mich schon, aber andererseits vergesse ich das auch wieder schnell. Als es hier im Sommer so heiß war, war ich schon ein wenig neidisch auf den Nachbarn, der da den Swimmingpool aufgebaut hatte und da herumplanschte. Aber ein paar Tage später fegte ein heftiger Wind durch die Gegend und er mußte den ganzen Dreck rausfischen.
Ich denke über die meisten Dinge halt ambivalent – alles hat seine Vor- und Nachteile.
Im übrigen: Ich habe mich wirklich mal eine Zeit lang mit Zen beschäftigt. Rein intellektuell, nix mit Yoga und so…
Das sind genau die Fragen, von denen ich meine, ich hätte kein Recht dazu und ich will dir deinen Glauben auch gar nicht wegnehmen. Kein ehrlicher Atheist will das. Die Fragen stammen ja alle aus deinem Inneren, wenn man so will, und dort kannst du tun und lassen, was du willst. Es geht niemanden was an, und es gibt auch keine wirklichen Argumente dagegen.
Aber irgendwo gibt es dann einen Punkt, wo das sozusagen nach draußen dringt und in Religion übergeht; dann gibt es u.U. eine Peergroup, die helfen will, sich aber nur auf generalisierte Dinge berufen, aber keine individuelle Lösung anbieten kann, naja, usw. Sollte diese Peergroup aber helfen können, so könnte der Geholfene u.U. ihr gegenüber Schuldgefühle entwickeln, und dann verkompliziert sich alles, weil er diese Schuld abtragen will, und dann kommen Machtspielchen hinzu, und am Ende macht der Geholfene bei Dingen mit, die er sonst nie machen würde.
Die Fragen an sich sind vermutlich kaum jemandem fremd, der zumindest ein bischen über sich reflektiert und/oder auch mal die eine oder andere Tief- oder Hochphase seines Selbsts erlebt.
Zum letzten Absatz kann ich nichts sagen, ich habe von Psychotherapie schlichtweg keine Ahnung, ich mußte sogar „Resilienz“ nachschlagen.
Ja, das war sehr ausführlich, auch etwas privat. Und ich muß sagen, mit Sicherheit einer der besten, weil sachlichsten und ehrlichsten Beiträge in dieser Diskussion.
Hallo phoen23,
danke ebenfalls für die ausführliche Antwort.
Hier noch ein paar Fragen/Anmerkungen von mir dazu:
Du schreibst, dass beim Atheismus der Zweifel im Vordergrund steht und nicht eine andere Art des Glaubens. Für mich ist Zweifeln gerade das: eine andere Art des Glaubens, sozusagen das Negativ zum Glauben. Von Paulus gibt es in der Bibel folgende Aussage, die ich teile: ‚Es ist aber der Glaube eine feste Zuversicht dessen, was man hofft, und ein Nichtzweifeln an dem, was man nicht sieht.‘
Atheisten zweifeln an dem, was sie nicht sehen. Kann man als Atheist eigentlich etwas hoffen? Ist es für dich auch denkbar, dass deine Vorstellung von dem nicht-existenten Gott eben nur eine Vorstellung ist, aber nichts darüber aussagt, ob ein Gott existiert oder nicht?
Zum Thema „Überheblichkeit“: Da habe ich ja sozusagen einen Bonus, denn ich unterstelle Überheblichkeit hier nicht, weil ich argumentativ in der Klemme stecke. Ich finde, Matthias hat, wie so viele Atheisten, brillant durchdachte Argumente und wenn das für ihn alles in dieser Form schlüssig ist, darf er das gerne so annehmen. Sie gehen aber an dem vorbei, was für mich im Glauben relevant ist. Deshalb bin ich da argumentativ raus. In meinem Glauben liegt der Fokus auch nicht darauf, dass ich ihn durch möglichst brillante Argumentation rational oder philosophisch überzeugend darlegen kann oder dass ich ihn argumentativ verteidigen muss (auch wenn ich viele Argumente finde, die dafür sprechen und ich mich gerne mit Philosophie beschäftige). Es ist bei mir einfach beim Hören und Lesen der Kommentare der Eindruck von Überheblichkeit entstanden (und ein direkter Zusammenhang zwischen dieser Überheblichkeit und dem rationalistischen Weltbild) – daraus, dass andere von Matthias in ihrer Argumentation/Weltsicht als „doof“ bezeichnet wurden, er süffisant das Wort „Religioten“ verwendet, Argumente als „Bullshit“ bezeichnet (und nicht sagt, dass er sie als solchen empfindet, sondern dass das Bullshit IST) oder Sätze fielen à la „Ich erwarte nicht, dass du meine Gedanken nachvollziehen kannst“ usw. Manchmal musste ich an Sheldon Cooper in dieser Szene von TBBT denken 😉 https://www.youtube.com/watch?v=rKMc4PkyI7E (Bis 00:36)
Dein Beispiel mit dem Firmenchef finde ich gut. Ich würde allerdings sagen, dass man Gott schon direkt fragen kann 😉 Und dass mit dem Argument „steht doch in der Bibel“ auch innerchristliche Grabenkämpfe ausgetragen werden, davon können einige der Hossarchisten hier ein trauriges Lied singen. Ich denke, das ist ein wesentlicher Unterschied zwischen Christentum und Islam: Dass es im christlichen Glauben um eine persönliche Beziehung zu einem lebendigen, liebenden Gott geht, der sich in einer Person gezeigt hat, über die etwas aufgeschrieben wurde und im Islam grundsätzlich – Mystiker sind da anders – um eine Direktoffenbarung Gottes in einer Schrift. Aber es gibt halt auch Christen, die die Bibel als eine Art Direktoffenbarung Gottes sehen und mit denen ist oft nicht gut Kirschenessen…
Du schreibst, dass du nicht erkennen kannst, wie die Diskussion hier jemandem schaden kann und dass dann wohl die persönliche Befindlichkeit das Maß aller Dinge wäre. Aus meiner Sicht schadet man jemandem in einer Diskussion, in dem man dessen (Menschen)Würde (die für mich ein objektives Maß aller Dinge ist) durch herablassende (oder gar sexistische…) Bemerkungen, Beschimpfungen, Gemeinheiten beschädigt. Es gibt ja in unserem Kulturkreis auch recht objektive Kriterien dafür, was höflich ist. Ich glaube nicht, dass die Lösung ist, anderen zu raten, sich von Diskussionsverläufen zurückzuhalten, falls es zu heiß her geht, sondern dass die Lösung ist, es nicht dazu kommen zu lassen, dass es heiß her geht in dem Sinne, dass abschätzige Bemerkungen, Beschimpfungen usw. zum gewöhnlichen sprachlichen Inventar werden.
Ich finde es bewundernswert, wenn es Menschen einfach aus sich selbst heraus schaffen, demütig zu sein. Ich schaffe das z.B. nicht. Ich muss mir immer wieder vor Augen halten, dass mein Gegenüber dieselbe Würde hat wie ich und ich kein Recht dazu habe, mich über ihn zu stellen. Ich begründe das unter anderem religiös mit der Gottesebenbildlichkeit, andere begründen das ausschließlich säkular mit gesellschaftlichen Konventionen (also auch mit etwas, was außerhalb ihrer selbst liegt) – die aber aus meiner Sicht auch nicht einfach aus dem Nichts entstanden sind, sondern aus einer religiös geprägten Menschheitsgeschichte. Mag sein, dass da meine religiöse Indoktrination mir ein Schnippchen schlägt, wir werden aber nicht herausfinden, ob meine Sichtweise dadurch beeinträchtigt ist oder ob ich anders denken würde, wenn ich in einem religions-, weltanschauungs- und ideologiefreien Raum aufgewachsen wäre, denn solche Räume gibt es mE auf unserem Planeten nicht und hat es mW auch nie gegeben. Religionen/Weltanschauungen sind einfach entstanden, ich habe noch nichts darüber gelesen, dass man herausgefunden hat, wann genau und warum sie entstanden sind. Ich habe mich aber auch noch nicht intensiv mit Religionsgeschichte beschäftigt. Da du dich ja sicher schon mit vielen Religionen auseinandergesetzt hast: Weißt du da mehr?
Ich bin mir auch nicht sicher, ob Menschen überhaupt dazu in der Lage sind, einfach aus sich selbst heraus demütig zu sein (ohne eine externe Korrektivinstanz vor Augen oder verinnerlicht zu haben). Hast du schonmal Kleinkinder in ihrer ersten Trotzphase erlebt? Selbst atheistisch aufwachsende Kinder, die man ja möglichst ideologiefrei erziehen möchte, haben diese Trotzphase, in der sie alles sind, aber nicht demütig. Da ist für mich die Frage, woher das kommt und ob selbst Menschen, die auf den ersten Blick aus sich selbst heraus demütig sind, nicht einfach nur einer verinnerlichten externen Korrektivinstanz folgen. Ein spannendes Feld, finde ich, aber ich bin da nur Laie und kann nur nach meinen Beobachtungen und vllt ein paar Büchern über Psychologie und Pädagogik gehen.
Das mit der Peergroup und den Schuldgefühlen musst du mir nochmal erklären, da kann ich dir nicht folgen.
Liebe Grüße
Katja
Hallo nochmal,
heute morgen bin ich hochgeschreckt und mir ist aufgefallen, dass der erste Teil meines Kommentars ziemlich unlogisch klingt. Tut mir leid, ich bin so ein sprunghafter Assoziativdenker und lass gerne mal 2-5 Zwischenschritte weg oder mir nicht lange genug Zeit, etwas auszuformulieren und drüber zu brüten…
Also nochmal ausführlicher: ich denke, das, was der Zweifel und die daraus entstehenden Annahmen über die Welt bei Atheisten dem entspricht, was bei Christen „Glauben“ nennt – deshalb sehe ich in dem, was Atheisten tun, ein Negativ-Bild (im Sinne eines Negativs beim Fotografieren, nicht das wertende „negativ“!) zu dem, wie zB Paulus den christlichen Glauben definiert. Dazu kommt noch der Ansatz, dass Glauben bedeutet, etwas für wahr zu halten. Atheisten (die Rationalisten/Naturalisten sind) halten das für wahr, was sie sehen und mit ihrem Intellekt erklären/beschreiben können – sie glauben also an das, was sie sehen, beschreiben, erklären… können. Daher ist für mich der Atheismus eine andere Art des Glaubens – eben nicht an das, was man nicht sieht, sondern an das, was man sieht. Ich finde das auch nicht weiter problematisch. Worin siehst du das Problem, wenn man sagt, dass Atheisten einen Glauben haben?
So, jetzt ist das hoffentlich nicht mehr so wirr. Vielleicht komme ich aber beim erneuten Brüten noch auf andere Gedanken 😉
Katja
Hallo Katja,
ich fang mal mit deinem jüngsten Post an.
Ich bin jetzt schon am Überlegen, wo da die Crux ist. Meiner Meinung liegt es an der Definition des Wortes „Zweifel“. Bei mir ist „Zweifel“ mit „unschlüssig“, „nicht unbedingt glaubhaft“ u.ä. konnotiert. Ich hab extra noch mal in der Wikipedia nachgeschlagen, und das kommt wohl weitgehend hin. Jedenfalls fand ich die Bestätigung im ersten Satz. Vielleicht geht dieses Beispiel: Angenommen, ich hätte so gut wie keine Ahnung von Mathematik, und jemand würde mir erzählen 1+1=2, dann hätte ich nur die Wahl, das entweder so anzunehmen oder eben zu sagen: Das kann sein, kann aber auch nicht sein – ich bezweifel das mal. Und das wäre dann der Zweifel. Um ihn aufzuräumen, müßte man weitere Untersuchungen vornehmen. Aber das Wesen des Zweifels ist die Ergebnisoffenheit, nicht das sture Verneinen.
Möglicherweise gibt es Atheisten, die auf der Dawkins-Skala wirklich die „7“ vertreten (vgl.: https://en.wikipedia.org/wiki/Spectrum_of_theistic_probability#Dawkins'_formulation – Dawkins sieht sich selbst als „6“. ich selbst würde mich schon eher bei „6,5“ vermuten).
Vielleicht noch ein anderes Beispiel: Angenommen, du willst eine Datenbank mit deinen Schallplatten erstellen. Du machst da ja nur Einträge, die Sinn ergeben: Also Platten, die du besitzst, oder vielleicht noch so eine Art Wunschliste. Aber du trägst keine Platten ein, die überhaupt nicht existieren. Du könntest es natürlich tun, aber sobald du eine Abfrage auf die Existenz so einer Platte machst , gibt dir die Datenbank nur zurück, daß die Platte nicht existiert, das würde sie aber auch tun, falls du den Eintrag nie angelegt hättest.
Das Problem, tja. Ich sehe es gewissermaßen als Problem an, daß die Auffassung „Atheismus ist ja auch nur eine Religion“ nicht von den Atheisten selbst stammt, das ist meist eine Zuschreibung von Theisten, die ihren Theismus damit rechtfertigen wollen. Ich sehe das anders: In einer Art (von mir mal eben konstruierten) Hierarchie der Religionen sähe ich den Atheismus als „root“ an, als unterste Wurzel sozusagen. Das „Nichts“ des Atheismus erlaubt jedwede Religion als Konstruktion mit Hilfe einer (idR wenigen) Glaubenssätze. Als Atheist kann ich mich sozusagen immer vom Nullpunkt aus beliebig im Gewirr der Äste der Religionen bewegen und auch wieder zurückkehren. Ich wäre weitestgehend frei in meinen Handlungen und Denkweisen, ich kann -je nach derzeitigem Standort – das Eine glauben und das andere nicht, oder umgekehrt. Ich denke mir auch, daß man sich auf diese Weise eher in der Realität bewegt als wenn man sich auf eine bestimmte Religion festlegt. Solche Bilder werden idR aber nicht propagiert – propagiert werden bestimmte Religionen, die einen sozusagen festlegen auf etwas Bestimmtes. Und die dazugehörigen Zwänge werden meist von den Mitmenschen auferlegt, nicht von den auferlegten Glaubensinhalten. Viele Menschen fallen gern auf so was rein, einfach weil sie entweder gar nicht das Bestreben haben, die Realität so weit begreifen zu wollen, wie es einem Menschen eben möglich ist, oder darüber auch gar nicht nachdenken können oder wollen. Wie sonst kann man sich erklären, daß die Zeugen Jehovas bei einem klingeln, daß Moslems Koran verteilen., etc pp?
Ja, das ist eine Aussage, die ich so auf den ersten Blick auch unterschreiben würde – als Definition des Glaubens. Aber da steckt der Teufel natürlich auch im Detail: „..was man nicht sieht“. Ich gehe davon aus, daß mit „Sehen“ hier im Prinzip alle Sinne gemeint sind. Wie also kann ich Erkenntnis von etwas erlangen, von dem ich keinen Input bekomme? Falls ich von x nichts sehe, nichts höre etc, wie kann ich auf die Idee kommen, daß x dennoch in der Außenwelt existiert? Beschreibungen von anderen? Aber diese beruhen ja ebenfalls auf Sinneseindrücken, hier sekundär. Und deren primäre Eindrücke müßten ja auf etwas beruhen, was sie gesehen haben – andernfalls wäre die „Nichtsichtbarkeit“ ja gar nicht gegeben.
In welcher Hinsicht? ich hoffe ja auch immer auf den million-dollar-check, aber der kommt nicht.
Ja, das ist ja auch so. Aber wie ich oben erwähnte, ist diese Nicht-Vorstellung von x keine Vorstellung von x, sondern einfach nur … Nichts. Die Frage müßtest du dir dann aber auch anders herum stellen (können): Sagt die Vorstellung von x etwas darüber aus, ob x wirklich existiert?
Ich habe jetzt nicht mehr jeden Beitrag in Erinnerung, aber ich könnte mir denken, daß man von manchen Argumenten auch irgendwann genug hat, weil die trotz schon langer Widerlegung immer und immer wieder neu vorgebracht werden, als wäre überhaupt nichts gewesen. Und dann wird man einfach ungeduldig. Das geht mir bei manchen Diskussionsbeiträgen ja auch so (siehe Ina). Da werden völlig ohne Not A-Priori-Annahmen getroffen, Nebenschauplätze aufgemacht, nebenbei noch Ad-Hominems und Non-Sequiturs eingestreut. Das ist dann so, als würdest mit jemandem Mühle spielen wollen, der aber andauernd alle Steine oder gar das Brett umwirft. Da hast du dann auch irgendwann keine Lust mehr drauf und fängst auch so an.
Tja, für mich fangen da die Probleme erst an: N Termin ausmachen? Geht nicht. Anrufen? Geht auch nicht. Mail schreiben? Hm, nee. Was nun? Bleibt mir ja nur die Introspektion oder das Deuten von Begebenheiten.
Ich hatte mal kurz in HT#105 reingehört, mit Professor „Siggi“. Der Mann war theologischer Professor, etc pp, und dann wird lange über persönliche Befindlichkeiten und erfolgte Ungerechtigkeiten schwadroniert? Leute, ihr habt doch einen Gott, an den ihr euch wenden könnt.
Hm, ich stoß mich da an „Direktoffenbarung“. Soweit ich weiß, wurden die Koranverse angeblich an Mohammed via Erzengel Gabriel von Allah übermittelt. Ich finde das nicht sehr direkt, eher sehr dubios und umständlich. Und mit der Bibel sehe ich das ähnlich. Wie Religionen entstehen, kann man zB anhand der Mormonen sehen: Da behauptet ein als Betrüger verurteilter, daß Jesus in Amerika gewesen wäre, und Gott irgendwo Platten aus Gold mit Inschriften vergraben hätte, die er, Joseph Smith, gefunden und abgeschrieben hätte. Danach hätte er sie wieder vergraben, damit sie niemand findet. Findest du das glaubhaft? Stichwort Scientology: Die ganzen Prämissen sind derart lächerlich: Thetanen heften sich an Menschen, jene wurden in Vulkanen auf der Erde mit Wasserstoffbomben ausgebombt, vorher wurden sie von weit entfernten Planeten auf die Erde geschafft. Solche Geschichten denken sich 8jährige aus, die vorher 2 Dutzend SF-Romane verschlungen haben. Das ist doch alles total lachhaft. Und dennoch glauben manche Menschen daran und machen voll mit.
Würde ist für dich ein objektives Maß? Ich finde, allein der Ausdruck „Würde“ ist doch recht unscharf. Und am Ende ist es dann doch nur die persönliche Befindlichkeit. Ich halte es da eher mit dem Sänger der Happy Mondays: „Sie [die Journalisten] haben uns als drogenspritzende, stinkende, dreckige Junkies bezeichnet. Na und, das sind wir ja auch!“
In einer vernünftigen Diskussion/Debatte sollte das eigentlich nicht vorkommen, da hast du vollkommen recht. Aber falls du dich in einer solchen Debatte befindest, wo du auf diese Weise angegriffen wirst, kannst du dir recht sicher sein, einen Fuß in der Tür zu haben. Versuch, das als Hilflosigkeit des Gegners zu verstehen, dann relativiert sich das recht schnell. Falls du an solchen Dingen Interesse hast, kann ich dir nur empfehlen, auf Youtube dir mal n paar Debatten reinzuziehen, leider sind die meisten aus Amerika oder England (in Deutschland existiert so eine Debattenkultur kaum). Insbesondere die Atheist Experience mit Matt Dillahunty, Debatten mit William Lane Craig oder John Lennox und so.
Es besteht ja kein Zwang dazu. Ich finde es wichtig, an den richtigen Stellen demütig zu sein. Manchen Menschen sollte man manchmal auch anders entgegentreten; es gibt welche, die legen das als Schwäche aus und nutzen dich dann schamlos aus. Ich denke, Demut ist immer dann angebracht, falls das, dem du gegenüber trittst, schwächer scheint als man selbst. Und damit meine ich vor allem die Natur, Tiere, hilfsbedürftige Menschen usw., nicht aber Menschen, die einem mit lauter Rap-Musik auf den Wecker fallen.
Nicht wirklich. Es gibt ja einige Theorien darüber, vermutlich enthalten alle irgendwo ein Quäntchen Wahrheit darüber.
Ich bin auch nur Laie. Viel kann ich darüber nicht sagen, mit diesem speziellen Thema hab ich mich auch noch nicht wirklich so beschäftigt.
Ich versuch’s mit nem Beispiel. Die Scientology-Organisation bietet für Drogenabhängige „Narconon“ (oder so ähnlich) an, eine Entziehungskur. Aber das ist natürlich nur vordergründig. In Wirklichkeit versuchen sie auf diese Weise, weitere Mitglieder zu generieren. Der Drogenabhängige müßte ja eigentlich den Leuten dankbar sein, wenn sie ihm aus der Drogenabhängigkeit helfen. Dankbarkeit ist aber idR mit einer Art Schuldgefühl verbunden (denk mal an das gegenseitige Beschenken an Weihnachten – stell dir vor, du bist bei deiner Familie und bekommst von jedem ein Geschenk, du selbst aber verschenkst nichts; wie fühlst du dich dann?), also bleiben sie auch nach erfolgreichem Entzug dabei und werden weiter indoktriniert (so ungefähr „Ich hab dich unterstützt, als es dir dreckig ging, und jetzt willst du einfach abhauen? Ist das der Dank dafür?“). Das ist also Kalkül, keine wirkliche Hilfsbereitschaft.
Hallo phoen23,
hier meine Gedanken:
1. Zweifel
Ja, in der Tat, ich denke, das hat viel damit zu tun, wie man Zweifel definiert! Ob eher als ergebnisoffenes „nicht wissen, ob das wahr ist und erst noch nachprüfen müssen“ oder als „skeptisch gegenüber stehen“ oder „für eher unwahr halten/ nicht für wahr halten können“. Wenn man atheistischen Zweifel als ergebnisoffenes Nicht-wissen-und-Nachprüfen betrachtet, wirst du unter den Hossarchisten recht viele Teilzeitatheisten finden. Ich denke, eine Weltanschauung ist nur dann gesund und tragfähig, wenn sie immer wieder auf den Prüfstand gestellt wird. Ein Mensch ist nur dann auf Dauer sozial kompatibel, wenn er in der Lage und Willens ist, sich selbst zu hinterfragen.
Zu den Fragen nach der Hoffnung und deiner Vorstellung von Gottes Nicht-Existenz: Ich würde gerne wissen, ob es im Atheismus Konzepte gibt wie „Hoffnung“, „Erwartung“, „Vorfreude“. Wie meinst du das, dass du nicht eine Vorstellung von Gottes Nicht-Existenz hast, sondern „einfach nichts“? Ist das „Nichts“ ein Vakuum, Stille, ein Rauschen, Dunkelheit…? Denkst du dabei etwas?
Zum Zusammenhang zwischen Vorstellung und der Existenz einer Sache: Ich meine, sobald ich mir eine Sache vorstelle, existiert sie: nämlich in meiner Vorstellung. Ob es davon nun eine materielle Version gibt oder nicht, darüber kann ich solange keine Aussage machen, bis ich eine materielle Version gefunden habe. In meinem Fall gibt es eine materielle Version von Gott, nämlich die historische Person Jesus – Gott an sich ist aber etwas, was über diese Person hinaus geht.
Wenn ich mir „Nichts“ vorstelle, bedeutet das für mich automatisch, dass das Nichts existiert, somit also wiederum nicht Nichts ist.
2. Religionen
Danke für die Erklärung bzgl der Aussage, dass Atheismus ein Glaube ist – für mich ist das keine Abwertung in dem von dir zitierten Sinn „auch NUR eine Religion“. Ich sehe das so: es gibt zwangsläufig verschiedene Arten von Weltbildern, denn auf irgend eine Art erklärt sich eben jeder Mensch die Welt. Und zwar als das, was er ist: als Subjekt – jede Weltanschauung ist subjektiv. Für mich ist die Form des christlichen Glaubens, die ich momentan habe, für mein Leben am meisten sinnstiftend. Bezüglich anderer Weltbilder gehe ich in etwa so vor, wie du mit diesem Weltanschauungsbaum. Nur dass für mich „das Göttliche“ – oder, um mit dem Evangelisten Johannes zu sprechen: „der logos“ – die Wurzeln bildet. Ausgehend davon sehe ich mir an, wie die einzelnen Weltanschauungen mit diesem logos umgehen und suche das heraus, was mir am sinnvollsten erscheint. Für mich ergibt es keinen Sinn, sich an den Wurzeln „Nichts“ vorzustellen, da es dann nicht möglich wäre, dass daraus „etwas“ entsteht. Von nichts kommt nichts. Für mich ist es logischer, dass an den Wurzeln etwas ist und sich dann jeder Mensch in irgendeiner Form dazu verhält. Ich tu mich schwer damit, dass man als irdisches Wesen sagt: ‚Nur das, was irdisch ist, existiert. Das Überirdische existiert nicht, weil ich es mit irdischen Mitteln nicht erfassen kann.‘ Man kann ja doch über die Existenz des Überirdischen nur Aussagen machen, wenn man selbst überirdisch ist oder in irgendeiner Form Anteil daran oder eine Ahnung davon hat. Ich denke zB, dass sich Menschen deshalb prinzipiell etwas Überirdisches vorstellen können, weil sie Anteil am Überirdischen haben. In jüdisch-christlichen Termini heißt das: Gott hat uns seinen Geist eingehaucht und deshalb haben wir Anteil am Göttlichen und können darauf in irgend einer Form reagieren.
Im Gegensatz zu dir halte ich also den Atheismus nicht für einen neutralen Nullpunkt. Auch du bist nicht frei oder objektiv, denn du bist ja durch deine atheistischen Vorannahmen beeinflusst. Du verwendest den Begriff Realität in seiner wörtlichen Bedeutung, nämlich als das Dingliche, Be-greifbare, das faktisch Überprüfbare, das Sichtbare, wissenschaftlich Messbare…(und negativ das Nicht-Messbare als nicht real). Damit legst du dich fest, sogar wortwörtlich auf etwas Be-stimmtes, nämlich auf Dinge, die Menschen im Laufe der Geschichte benannt, bestimmt, begriffen haben. Für mich gehören zur Realität zusätzlich auch noch Dinge, die ich nicht (oder noch nicht) methodisch nachprüfen kann, wissenschaftlich nachmessen, faktisch überprüfen. Aus meiner Perspektive könnte ich sagen, du bist auf den Atheismus hereingefallen, weil du gerne etwas hättest, was du im Griff haben kannst, worüber du durch deinen Intellekt die Kontrolle und Hoheit hast. Was ich an deinem Welterklärungsmodell nicht verstehe, ist, dass du so tust, als wäre auch die Annahme Realität, dass Gott nicht existiert, obwohl das ja (noch) nicht wissenschaftlich nachgeprüft ist. Denn dass die Aussage falsch ist, dass das, was wissenschaftlich nicht nachgewiesen wurde, automatisch auch deshalb nicht existiert, wissen wir ja aus der Menschheitsgeschichte (zB Schallwellen). Also auf der einen Seite sagst du sinngemäß „Das was wir nicht messen, bestimmen können, ist nicht real“, aber auch „Weil wir etwas nicht messen können, ist dessen Nicht-Existenz real“ und dann wiederum „Weil ich annehme, dass wir alles irgendwann messen können (folglich auch das, was andere „Gott“ nennen), kann Gott nicht real sein“ (das war in deinem einen Kommentar vom 10.Oktober). Das ergibt für mich keinen Sinn. Vielleicht habe ich dich aber auch falsch verstanden.
Ich erlebe in meiner Form des Glaubens immer wieder, dass mein Welt- und Gottesbild bereichert und vertieft wird durch die Sichtweisen von Menschen anderer Religionen/Weltanschauungen – außer der fundamentalistischen (Rand)Gruppen, die du immer als „Musterbeispiele“ anführst, zB Scientology oder Zeugen Jehovas – und durch wissenschaftliche Erkenntnisse in den unterschiedlichsten Disziplinen.
Ich habe große Schwierigkeiten damit, dass du als Musterbeispiele für Religion Gruppen nennst, in denen Zwänge herrschen, mit Ängsten operiert wird, Gewalt angewandt wird und ungesunde Machtsysteme vorhanden sind (und nicht etwa Eremiten, Mystiker, gewaltfreie Gruppen, Jay&Gofi ;)…) – und womöglich mich, da ich religiös bin, mit diesen Gruppen in einen Topf wirfst, mit denen ich so ziemlich gar nichts gemeinsam habe, außer dass wir alle keine naturalistischen Rationalisten sind. Die Tatsache allein, dass man das Göttliche zum Ausgangspunkt nimmt, führt nicht automatisch dazu, dass man sich in so einer Art von Gruppe wiederfindet oder dass es zu beschriebenen Machtstrukturen kommt. Sicher kann für die Unterdrücker das Göttliche prima als Legitimation herhalten, aber prinzipiell funktioniert das mit Macht, Angst und Unterdrückung auch ohne Gott sehr gut (siehe Nordkorea, DDR, China, UdSSR – oder ganz alltäglich bei Mobbing innerhalb einer Schulklasse/in einem Kollegium/ in einer Firma…).
3. (Nicht)Sichtbarkeit des Göttlichen
Ich finde hier die Begriffe, die im lateinischen & griechischen Bibeltext an dieser Stelle von Paulus verwendet werden, interessant, denn da geht es wörtlich um Dinge die „sich nicht sehen lassen“/ „nicht in Erscheinung treten“. Der eingenommene Blickwinkel ist hier also der von den nicht in Erscheinung tretenden Dingen, und nicht der des (nicht)sehenden Menschen. Abgesehen davon würde ich sagen: Es gibt Dinge, die man nicht sehen kann, von denen man aber eine Ahnung hat, ein Gefühl, was man nicht einordnen kann, etwas, was einen im tiefsten Inneren berührt und ergreift. Die zweite Generation Christen hat anderen das über Jesus geglaubt, was sie als Zeitzeugen gesehen und erlebt haben und weitergegeben haben. Und ich halte die Begegnungen und Darstellungen derer für wahr, die Jesus damals persönlich kannten oder sich von dem haben inspirieren lassen, was die Zeitzeugen weitererzählt haben. Warum auch nicht? Ich glaube ja auch vieles von dem, was Wissenschaftler herausgefunden haben, ohne es selbst herausgefunden zu haben oder ohne es ohne Weiteres nachprüfen zu können. Aber es erscheint mir dennoch sinnvoll, spricht mich an, beeindruckt mich, lässt mir die Welt schlüssiger erscheinen usw. Der Vergleich hinkt, weil für die Wissenschaftler etwas anderes als wahr gilt als für die ersten Christen. Es hängt also wieder daran, wie man „Wahrheit“ bzw. „Realität“ definiert – als etwas faktisch Belegbares, mit wissenschaftlichen Methoden Nachweisbares oder als etwas was darüber hinaus geht oder überhaupt eine andere Ebene menschlicher Erkenntnis anspricht. Ich denke, wir haben durch die Entwicklungen der Industrialisierung & Aufklärung als Gesellschaft verlernt, andere Ebenen der Erkenntnis zu berücksichtigen oder wahrzunehmen. Daher möglicherweise auch der Esoterik-Boom in der Moderne, die Begeisterung für fernöstliche, mystische Traditionen – sie ersetzen das, was im Laufe der Zeit der Säkularisierung vom christlichen Glauben verloren gegangen ist oder aus säkularer Sicht nicht mehr als wahr anerkannt werden kann.
4. Gott fragen und Offenbarungen
Bei uns heißt das „Gebet“ und „Bibellesen“. Was findest du an Introspektion und dem Deuten von Begebenheiten schlecht? Das machen wir alle ständig – sobald wir einen Input bekommen, beginnt unser Gehirn, in sich hineinzuschauen und sucht nach abgespeicherten Informationen, die es dann mit den neuen vergleicht und so eine Aussage/ein Bild/eine Begebenheit deutet. Ich definiere Gebet als etwas, was über Introspektion hinausgeht, denn im Gebet wendet man sich an eine Ebene, die mehr weiß als man selbst.
Ich finde die Gründungsgeschichten von den Mormonen und Scientology auch nicht glaubhaft und das mit Mohammed und dem Engel eher fragwürdig. Ich muss es ja auch nicht glauben.
5. Würde und persönliche Befindlichkeit
Zum HossaTalk #105: Ja, wir haben einen Gott, an den wir uns wenden können. Das ändert aber nichts daran, dass wir menschlich interagieren müssen und über Konflikte, Verletzungen, verschiedene Ansichten sprechen und Dinge benennen können müssen, die wir für ungut halten oder die uns stören.
Zum Begriff „Würde“: Danke für den Einwand. Ich habe ja in meinem Beitrag schon geschrieben, dass ich finde, dass es für unseren Kulturkreis recht objektive Kriterien dafür gibt, was höflich ist (und das ist für mich ein Teil des Gegenstücks zu Würde – ich werde der Würde eines anderen u.a. gerecht, wenn ich höflich zu ihm bin). Würde hängt mit Achtung zusammen (siehe dazu zB https://www.dwds.de/wb/W%C3%BCrde). Für einen würdevollen Umgang mit anderen ist es aus meiner Sicht deshalb wichtig, sich folgende Fragen zu stellen:
– Betrachte ich den anderen mit Achtung oder Verachtung?
– Welchen Wert hat der andere für mich (sehe ich mich als höherwertig an oder gleichwertig?)
– Gehe ich in Gespräche mit der Haltung, von anderen lernen zu können oder mit der Haltung „Ich habe Recht und die anderen liegen sowieso daneben“? Habe ich eine offene, neutrale Haltung, oder gehe ich mit einer Angriffshaltung oder einer Verteidigungshaltung in eine Begegnung?
– Habe ich anderen gegenüber negative Vorurteile? Weshalb? Bin ich bereit, diese Vorurteile korrigieren zu lassen? Warum/Warum nicht?
– Verwende ich Bezeichnungen, die dem anderen vermitteln, dass er wertvoll ist oder eher solche, die ihn abwerten, überflüssig erscheinen lassen oder unwichtig?
Ich habe nochmal über den Begriff „persönliche Befindlichkeit“ nachgedacht. Es stimmt, bei Würde (siehe Wortdefinition) geht es auch um des persönliche Empfinden, etwas wert zu sein. Ich hatte mich an dem Begriff persönliche Befindlichkeit gestört, weil er negativ konnotiert ist und für mich in Richtung „Beleidigtsein“ geht. Das ist für mich kein Kriterium – es gibt ja auch Leute, die beleidigt reagieren, wenn man sie auf Fehlverhalten aufmerksam macht, zB wenn sie vor dem Tor eines Feuerwehrhauses parken. Es könnte allerdings sein, dass sie gerade deshalb beleidigt reagieren, wenn man sie auf Fehler aufmerksam macht, weil sie fatalerweise (wie so viele Menschen in unserer Leistungsgesellschaft) gelernt haben, ihren persönlichen Wert darüber zu definieren, dass sie keinen Fehler machen dürfen…
Das ist ein interessantes Feld. Da werde ich mich wohl noch eine Weile damit beschäftigen.
6. Demut
Ja, es stimmt, dass Menschen Demut als Schwäche verstehen (was allerdings nicht passieren würde, wenn sie selbst demütig wären…). „Sich entgegenstellen“ ist aber, wie schon das Wort zeigt, etwas anderes als „sich über jemanden stellen“. Man kann auch demütig sein, wenn man sich jemandem entgegenstellt. Da kommt wieder die Würde ins Spiel: Wenn man ein würde-voller Mensch ist mit einem stabilen Wertempfinden, kann man dem anderen entgegentreten, ohne sich über ihn zu stellen oder sich klein machen zu müssen.
7. Peergroup & Schuldgefühle
Das Scientology-Beispiel ist in der Tat gruselig. Ob man nun religiös ist oder nicht – es kann immer passieren, dass man in Notlagen ausgenutzt wird. Sekten sind auf notleidende und Hilfesuchende angewiesen. Ich sehe allerdings keinen Grund zur Annahme, dass man in eine solche Sekte geraten muss, wenn sich Fragen stellt, wie ich sie aufgezählt habe. Denn das sind sehr persönliche Fragen, die letztlich nur mich alleine betreffen und bei denen es ja gerade darum geht, was im Leben noch übrig bleibt, wenn der Halt, den mir andere Menschen oder Dinge geben, wegbricht.
Die Frage für mich ist: Führt das Religiös-Sein dazu, dass sich solche unterdrückenden Machtstrukturen bilden oder liegt es daran, dass man sich als religiöser Mensch meistens in einer Gruppe von Menschen befindet? Also ist der Glaube an sich das Problem oder die Tatsache, dass er in einer Form stattfindet, an der mehrere Menschen beteiligt sind? Ich denke, dass es an den Gruppendynamiken liegt und nicht an dem Glauben an etwas Göttliches an sich, denn die Probleme mit Schuldgefühlen und Macht entstehen ja nur, wenn auch andere Menschen außer mir daran beteiligt sind (vgl auch Punkt 2). Das passt gut zu den HossaTalks #31 und #106 inkl. Kommentare! Viele Menschen erleben in christlichen Gruppen geistlichen Missbrauch und Machtmissbrauch – sobald sie erkennen, dass Gott für menschliche Interessen missbraucht wird, können sie sich davon zu lösen beginnen. Ich glaube, dass wir als soziale Wesen angelegt sind, die mit anderen auf Augenhöhe zusammenleben sollen („Es ist nicht gut,dass der Mensch allein ist ich will ihm ein Gegenüber schaffen“ – sagte Gott, als er MIT dem Menschen zusammen in Garten Eden war!). Das Christentum ist eine Religion, die um die Gefahren der menschlichen Gemeinschaft weiß. Gerade deshalb gibt es von Jesus und auch von Paulus – dem Gemeindecoach schlechthin – so viele Aussagen darüber, wie das Leben in der Gemeinschaft aussehen soll, zB „In Demut achte einer den anderen höher als sich selbst“, „Liebt einander, wie Christus euch geliebt hat (der Christus, für euch den Himmel verlassen und sein Leben gelassen hat)“, „Ordnet euch einander unter“, „Der Größte unter euch soll euer Diener sein“, „Niemand suche das Seine, sondern was dem anderen dient“…. Und das alles steht unter dem „höchsten Gebot“, nämlich, dass wir unseren Nächsten lieben sollen wie uns selbst. Dadurch wird aus meiner Sicht dem ein Riegel vorgeschoben, was man leider viel zu oft in christlichen Kreisen vorfindet, nämlich dass sich Menschen aus einem falschen Demutsverständnis heraus klein machen und immer nur dienen und sich unterordnen und dass andere das ausnutzen, sie beherrschen und unterdrücken.
Soweit von mir.
Hallo Katja,
das artet ja echt in so einen intellektuellen Briefwechsel von Schriftgelehrten wie aus dem 19.Jahrhundert aus. Das ist echt „high degree“, und ich denke mal, bestimmt sinnreicher (auch für Leser) als das übliche gegenseitige Bashing.
Dann geh ich mal die einzelnen Issues durch:
Ja, das ist wahr. Aber ist es nicht im Grunde mit jedem Ausdruck, der in Worte gefaßt wird, so? Falls jeder einzelne von uns zu jedem einzelnen Wort ein anderes Konnotationsverhältnis hat, wie kann denn eine Kommunikation ohne Mißverständnisse überhaupt noch möglich sein? Reden wir dann nicht sozusagen zwangsläufig ständig aneinander vorbei?
a. ja, b. Nein. „Soziale Kompatibiltät“ (also so wie ich es verstehe) hat mit einem realen Weltbild so gut wie nichts zu tun. Falls in einer hermetisch abgeriegelten Gruppe das gleiche (objektiv falsche) Weltbild herrscht, so ist gerade die Hinterfragung desselben eher dem sozialen Status des einzelnen Subjektes hinderlich. Angenommen, du hast ein soziales Konstrukt, in dem jeder einzelne glaubt, daß der andere an „X“glaubt, den Zweifel aber nie verbalisiert, und vice versa, wird, obwohl jeder einzelne um die Nichtmöglichkeit von „X“ weiß, der Glaube an „X“ aufrecht erhalten, praktisch zwangsläufig. So eine paranoide Gesellschaft scheint mir unwahrscheinlich, aber denkbar.
Ehrlich gesagt, ich wüßte hier keinen Unterschied zu jemandem, der an Gott glaubt. Auch als Atheist hat man Vorfreude auf seinen Urlaub, oder Hoffnung auf eine Gehalterhöhung, oder daß der heimliche Schwarm, der bisher immer so abweisend war, vielleicht plötzlich doch mal entgegenkommend wirkt.
Nö. Es ist einfach.. Nichts. Normalerweise denke ich darüber nicht weiter nach, genausowenig wie du meinetwegen über meine finanzielle Zukunft nachdenkst. Du weißt nichts davon, es kann dir im Grunde egal sein, usw.
An der Stelle muß ich einen ganz klaren, harten Schnitt machen. Die Existenz einer Sache an sich ist nicht gleich der Existenz einer Vorstellung einer Sache. Das ist das Problem an der Stelle: Natürlich kannst du dir vorstellen, was du willst; sobald du darüber aber sprichst, müßtest du auch unmißverständlich mitteilen, daß es sich um die Existenz der Vorstellung handelt. Aber niemand spricht so. Du könntest das ja auch abkürzen mit „ich denke, daß…“ – dann ist es offensichtlich, daß du das denkst, aber nicht unbedingt mit der realen Welt konform geht.
Ich hab da auch n Beispiel:
https://youtu.be/mua8Pr6uRso?t=789
Was meint Laurie Anderson, wenn sie sagt „What is more ‚mucho‘ – Pineapple or knife'“ bzw „Lightbulb or Schoolbus“ und die erste Antwort als korrekt gelten läßt, die zweite aber nicht? Komm dahinter…
Doch, du kannst darüber eine Aussage machen: Eine wirkliche Existenz, die sich ursprünglich nur als Vorstellung einer Existenz manifestiert hat, ist ohne Evidenz nicht haltbar. That’s it. Die historische Person Jesus basiert im Grunde nur auf Hörensagen.
Dann hast du dir das „Nichts“ nicht richtig vorgestellt, oder vllt ist es auch gar nicht möglich, weil Nichts ist de facto nicht vorhanden. Ein „Nichts“ hat keine Eigenschaften, es hat quasi auch keine Existenz. Wie auch?
Ich sprach nie davon, daß etwas „entsteht“. Ich gehe bei einem Nichts davon aus, daß im Prinzip alles möglich ist. Glaube an ein Weltbild wäre dann also so etwas, was als leeres Spielfeld anfängt, dann mit Inhalten gefüllt werden kann, mit logischen Gesetzen, etc. Natürlich kann man das Ergebnis als gültiges Weltbild akezptieren, genausogut aber wieder verwerfen, um ein gegenteiliges aufzubauen. Das ist ungefähr so wie die leere Lego-Grundplatte: Das sieht echt erstmal nach nichts aus, aber falls du genügend Steine hast, kannst du ein Haus, eine Garage, ein Schloß etc drauf bauen.
Zwischen diesen beiden Aussagen sehe ich keinen Zusammenhang. Was meinst du mit „irdisch“? Das, was existiert, ohne das, was außerhalb der Erde existiert? Was ist dann mit anderen Sonnensystemen? Oder sind die auch in dem Sinne „irdisch“? Falls letzteres, wie kann ich überhaupt Aussagen über etwas treffen, was über das hinausgeht, was in dem Sinne „irdisch“ ist?
Damit wären wir ja wieder beim gleichen Thema: Selbst wenn ich mir Dinge vorstellen kann, die in der Realität nirgendwo eine Entsprechung haben, wo genau ist die zwingende Verbindung dazu, daß diese Dinge in einer „überirdischen Realität“ eine „überirdische“ Entsprechung haben könnten? Ich kann dies an keiner Stelle nachprüfen. Jeder lebt dann und wann in seiner Traumwelt und entwirft Dinge, die in der Realität gar nicht möglich wären.
Erstens ja, zweitens Nein. Es existiert ja keine de facto „atheistische Vorannahme“ für irgendwas. Und ja, sicherlich kann ich auch nicht ohne Vorurteile sein, weil man nicht ohne überleben kann, aber diese Vorurteile betreffen keine göttliche Instanz, sondern viel profanere Dinge.
Im wesentlichen ja, aber es gibt sicherlich auch Dinge, die nicht einfach mal so ohne Weiteres meßbar sind – zB Konstruktionen. Zum zweiten, ich finde es nicht zweckmäßig, den Begriff „Realität“ plötzlich auf etwas auszudehnen, was dann eben nicht mehr meßbar sein darf. Dann würde ich zur Wortkonfusion ja noch mehr beitragen, als unbedingt notwendig ist.
Und was zb? Sind das dann auch Dinge, die ich zur Realität zählen würde? Sagen wir mal, ich würde regenbogenfarbige Einhörner zur Realität zählen, würdest du mir dann beipflichten, daß das ganz klar der richtige Weg zu einer Realität wäre, auf die wir uns beide einigen könnten?
Es ist prinzipiell nicht möglich, die Nichtexistenz von etwas zu beweisen. Das ist allerdings ein (mittlerweile) triviales Thema:
vgl.: https://perspektiefe.privatsprache.de/der-beweis-der-nichtexistenz/
Atheismus ist nun mal kein Welterklärungsmodell. Atheismus sagt nichts über Dinge aus. Atheismus ist eigentlich gar nichts. Atheismus erklärt auch nicht den Ursprung des Universums und auch nicht die Evolution. Wäre niemals jemand auf die Idee gekommen, es würde Götter geben, gäbe es so was wie Atheismus gar nicht.
Ich bin auf nichts „hereingefallen“, weil es nichts zum Hereinfallen gibt: Es gibt keine These, keine Lehre.. An der Stelle frage ich mich, wir sind in der Diskussion doch recht weit gekommen, aber an dieser Stelle macht es „Ka-Chunk“ und du klinkst wieder in deinen Glauben ein und argumentierst insofern, daß „Atheismus“ eine Art Feindbild zum „Theismus“ ist und bekämpft gehört, indem man alle „feindlichen“ Konnotationen übernimmt und seinen Diskussionspartner dann darauf festnageln will. So kommt es mir vor. Würdest du sagen, daß dieser Eindruck Realität ist?
?? Ich verstehe den Satz nicht. Schallwellen konnten schon immer gemessen werden, selbst Tiere können das (nur sagt man dazu „hören“). Welcher physikalischen Natur Phänomene sind, ist doch eine ganz andere Geschichte. Früher hat man auch so etwas wie einen „Äther“ postuliert, um physikalische Beobachtungen zu verplausibilieren.
Nä, hab ich bestimmt nie gesagt, auch nicht, daß „Nicht-Existenz real“ sein soll. Falls du einen Gott unwidersprüchlich messbar sprich: erfahrbar machen kannst, und ich ihn auf dieselbe Weise erfahren kann, dann bin willens, daran zu glauben. Aber es hat noch niemand geschafft…
Imho hat das mit Glauben an Gott wenig zu tun. Dein Weltbild kann ja auch dadurch bereichert werden, daß dir jemand die Funktionsweise einer Maschine erklärt, oder die Interpretationsmöglichkeiten eines Kunstwerks, oder was auch immer.
Und von den „Fundis“ kann man sicherlich auch was lernen, sei es nur als abschreckendes Beispiel.
Nun, das liegt evtl daran, daß wir bisher auch immer mit sozialen Gruppen operiert haben. Eremiten oder Mystiker.. von denen hört man halt nicht viel, und falls doch, so sind es evtl Einzelmeinungen.. könnte man jeweils sicherlich auch einiges zu sagen.
Sicher, das stimmt. An der Stelle sehe ich das u.U. auch so, nicht Gott an sich wäre das Problem, sondern etwas ganz Anderes. Was es aber genau ist, darüber scheiden sich die Geister. Am ehesten noch „soziale Konstruktionen“, vgl.: Fussballvereine, Feminismus, Antifa, SJW, etc pp
Ich möchte an dieser Stelle zunächst mal schließen, auf die Punkte 3-7 gehe ich die Tage noch mal ein. cu
So, dann arbeite ich mich mal an den nächsten Punkten ab. Danke auch an denjenigen, der den Text redigiert bzw. die Teile gelöscht hatte, die ich noch nicht durchgegangen war, dann aber vergessen habe, aus der Maske zu löschen.
Damit wären wir wieder beim gleichen Thema: Wie kannst du Dinge, die nie in Erscheinung treten, von den Dingen unterscheiden, die nur ausgedacht sind? Von Dingen, die nie in Erscheinung treten, von denen du de facto nichts wissen kannst sowie nicht von dir ausgedacht werden können, kannst du nur eine agnostische Haltung haben.
Mal abgesehen davon, daß das alles sehr fraglich ist: Du läßt dich doch auch von Darstellungen in Filmen, Büchern etc inspirieren und glaubst dann nicht automatisch, daß das alles real ist?
Vllt ist es einfach nur die natürliche Neugier des Menschen. Der eine setzt sie um in die Erforschung physikalischer Phänomene, der andere kann sich für Geheimnisvolles begeistern – ganz egal, ob es wirklich Sinn ergibt. Vllt kommt noch das gemeinsame Erlebnis hinzu. Es gibt ja selbsternannte Geisterjäger, die sich Nächte in alten Häusern um die Ohren hauen, nur um einem vermeintlichen Geist-Phänomen auf die Spuren zu kommen. Ich zB schaue immer genau hin, was die Leute beim Sperrmüll alles wegwerfen und es juckt mich schon, irgendeinen Scheiß davon mitzunehmen (mach ich aber idR nicht mehr, weil ein Jahr später oder so ich den Scheiß erneut auf die Straße stelle). Oder das Besichtigen von fremden Dachböden oder Abbruchhäusern.
Hab ich nie behauptet.
Eben das ist ein Trugschluß. Ich würde Gebete nicht als Introspektion bezeichnen. Introspektion bedeutet, zu erfassen, wie man selbst auf etwas reagiert und sozusagen eine Art Selbstanalyse durchführt.
Nun… die beiden ersteren sind ja Beispiele aus der jüngeren Vergangenheit, und anhand der Dokumentation kann man sehen, wie sich so Religion entwickelt. Falls du das nicht glaubhaft findest, wieso findest du dann andere, viel ältere und im Grunde viel, viel schlechter dokumentierte Geschichten für glaubhaft. Ich finde das widersprüchlich.
Ich stolper hier über den Ausdruck „objektiv in einem bestimmten Kulturkreis“. Stellst du damit fest, daß du „objektiv“ als Begriff dann für gerechtfertigt hältst, sobald du einen halbwegs klaren Bezugsrahmen gesetzt hast? Im Umkehrschluß würdest du dann diese objektiven Kriterien außerhalb des zuvor erwähnten Zusammenhangs als „subjektiv“ erachten? Ist denn dieser Kulturkreis wirklich so hermetisch, daß man dann immer von objektiven Eigenschaften reden kann?
Hm, okay. Ich sehe das aber nicht so eng.
Nicht uninteressant. Darauf bin ich noch nicht gekommen, das mit dem „persönlichen Wert darüber zu definieren, etc..“ Finde ich so auf den ersten Blick unwahrscheinlich, aber nicht unmöglich.
Ja. ich denke, es kommt sehr auf die Situation und wie man sie beurteilt, an. Und es hat auch viel mit Prägung zu tun – da kann man nicht immer alles auf die Schnelle durchplanen, wie man am sinnvollsten zu handeln hat.
Da würde ich jetzt nicht unbedingt widersprechen wollen. Das sind sicherlich hehre Grundsätze, die allerdings auch mit der Golden Rule bereits abgedeckt sind, ohne daß man das ganze Beiwerk wie Gottesglauben, Rituale etc und daraus sich folgernde Erscheinungen wie zb Virtue Signalling mitschlucken muß. Und das klingt ja auch alles recht vernünftig, soweit.
Es gibt ja einige interessante Experimente über Gruppendynamiken (Stanford-Prison-Experiment, Milgram-Experiment), das zumindest ein wenig Aufschluß geben kann, wie all das ungefähr funktioniert.
Tja, so weit, so gut. Ich hab hier noch ein Video von Aron-Ra, der sich über „Evolutionismus“ ausläßt: https://www.youtube.com/watch?v=ROYEXefmJJA
Keine Ahnung, ob dich das interessiert, aber vllt verdeutlicht es nochmals, was man als Theist von Atheismus zu halten hat.
Gruß, phoen23
Hallo Katja,
danke, ich hab mir den Thorsten Dietz angehört. Der Beitrag ist ganz gut unterhaltsam, aber… da ist man hinterher auch nicht wirklich schlauer als vorher : er sagt ellenlang, was alles Gott nicht ist und adressiert auch etliche Issues imho korrekt, aber es heißt das „Das Geheimnis“ (frei nach „The Secret“?) und .. naja. Da habe ich nicht wirklich Fragen zu… aber ich denke, ich werd mir den 2.Teil bei Gelegenheit auch mal anhören
Gruß, Phoen23
Hallo phoen23,
ja, in der Tat, das artet aus. Und ich bin mir auch ehrlich gesagt nicht sicher, ob das die LeserInnen wirklich so sinnreich finden…
Ich sehe, dass wir auf ganz unterschiedlichen Ebenen an die Themen herangehen und tatsächlich aneinander vorbeireden. Und dass für uns verschiedene Dinge wichtig sind, um unser Leben hier zu gestalten. Und dass wir unterschiedliche Konzepte und Vorannahmen haben, wie wir auf die Welt blicken – und daher zu ein und demselben Thema zu so unterschiedlichen Aussagen/Ideen kommen. Ich kann das, was ich schreibe, nicht in andere Worte fassen und nicht in deine Konzeptionen übertragen, weil meine Gedanken so anders sind als deine, meine Voraussetzungen andere sind, ich eine andere Biographie habe und andere Schwerpunkte (nämlich keine philosophischen, sondern theologische, psychologische, soziale und ethische). Ich kann daher auch meinen Glauben (also mein Theologie) nicht in deine philosophischen Denkgebilde übersetzen – auf die meisten deiner Fragen kann ich einfach nur antworten: Ich glaube das eben, weil ich das so als stimmig erlebe.
Noch ein paar Begriffsklärungen und Erläuterungen:
– Mit „irdisch“ meinte ich „physisch“ und mit „überirdisch“ „metaphysisch“. Ich hatte erst die Fremdwörter stehen und hab sie dann umformuliert, damit es leichter zu lesen ist. Aber es stimmt „irdisch“ umfasst nicht alles, was „physisch“ umfasst.
– Mit „sozial kompatibel“ meinte ich nicht „systemkonform“. Denn wenn ein System die Anpassung gewaltsam erzwingt, sollte man erstmal den Punkt a bearbeiten, nämlich dieses System auf den Prüfstand stellen. Gemeint war die Fähigkeit, sozial kompetent zu interagieren (mit Empathie, Respekt… da sind wir wieder beim Würde-Demut-Thema). [Voraussetzung dafür ist natürlich, dass der entsprechende Mensch medizinisch/entwicklungstechnisch überhaupt in der Lage ist, sich selbst zu reflektieren. Einem Säugling oder jemandem mit Demenz oder einer Hirnblutung kann man zB nicht vorwerfen, dass er sich sozial inkompatibel verhält]
– Die historische Person Jesu basiert im Grunde auf demselben „Hörensagen“ wie andere antike Persönlichkeiten, nämlich auf antiken (auch ein paar wenigen außerbiblischen) Dokumenten – ebenso wie die Annahme, dass er der inkarnierte Gott JHWH ist (das aufgrund von biblischen Dokumenten). Aber seine göttliche Realität geht über die antiken Dokumente hinaus und ist, wie gesagt, auf einer anderen Erfahrungsebene erkennbar als in Form von Dokumenten.
– Die lego-Grundplatte ist genau das, was ich meinte: nämlich nicht Nichts, sondern die lego-Grundplatte.
– Zur Realität gehört für mich zB, dass es etwas gibt, was metaphysisch ist und dass ich Anteil daran habe. Und klar gibt es regenbogenfarbige Einhörner, meine Nachbarsmädels haben alle welche. Kitschig, nicht mein Fall, aber doch sehr real.
– Schallwellen: Danke für den Einwand! Mir ging es konkret um die Wellen, nicht um den Schall an sich. Ich meinte Folgendes: Wir haben schon immer Schallwellen als Schall wahrgenommen, Tiere wie Menschen. Man kann sie auch schon immer fühlen, zB bei einem lauten Knall – eine Ahnung davon, dass „da etwas ist“ haben wir also schon immer. Schallwellen sind real, aber nicht in dem Sinne, dass sie materiell, dinglich, sichtbar sind und selbst wenn jemand früher gesagt hätte, dass es keine Schallwellen gibt, weil da nichts Wellenförmiges ist oder grundsätzlich nichts, was man anfassen oder sehen kann oder wissenschaftlich nachweisen, hat es sie doch schon immer real gegeben. Und schon immer gibt es Schallwellen, die wir Menschen nicht einmal hören können – dennoch sind sie real und werden von bestimmten anderen Lebewesen wahrgenommen. Ihre Realität ist nicht davon abhängig, dass wir sie bildlich darstellen oder wissenschaftlich messen/belegen können, nicht einmal davon, dass wir Menschen sie hören können. Bis zum wissenschaftlichen Nachweis und ihrer bildlichen Darstellung konnte man nie sagen: Schau her, DA sind sie, so sehen sie aus, das ist ihre Gestalt, so können wir sie berechnen…Wir können sie zwar jetzt auch bildlich darstellen, aber das, was sie ausmacht, ist etwas anderes: nämlich, dass sie einfach da sind und wir sie wahrnehmen können, ohne unser Zutun und ohne die Voraussetzung, dass wir verstanden haben, wie sie funktionieren oder wir sie bildlich darstellen können. Ich denke, so ähnlich ist das mit Gott: Er ist schon immer da, wir können ihn als seine geschaffenen Lebewesen wahrnehmen, jeder auf seine Art und Weise, es gab auch einmal eine materielle, sichtbare Version von ihm auf dieser Erde, aber wir können immer noch nicht vollständig sagen: Schau her, da ist er, so sieht er aus etc. Das, was ihn ausmacht, ist nicht, dass wir ihn erklären und begreifen können, sondern dass er einfach da ist, ohne unser Zutun und ohne, dass wir ihn vollständig verstehen (ich glaube aber, dass wir als physische Wesen nie über ein Instrument verfügen werden, dass das Metaphysische vollständig erfassen kann). Und ähnlich wie bei Schallwellen vor ihrer ersten wissenschaftlichen Messung oder bei Schallwellen, die unser menschliches Ohr nicht wahrnehmen kann, meine ich, dass wir nicht sagen können: Weil da nichts ist, was wir anfassen, sehen, hören oder wissenschaftlich nachweisen können, ist da einfach nichts. Und wenn Leute sagen, sie können Gott spüren, sollten sie eigentlich auch nicht als verrückt angesehen werden – man weiß ja nie…Vielleicht spüren sie nur einfach etwas, was man selbst nicht spürt?
– Der Atheismus ist für mich kein Feinbild zum Theismus und ich glaube nicht, dass man ihn bekämpfen muss (im Gegensatz zu manchen Atheisten, die den Theismus oder allgemein Religionen als Feind sehen und meinen, ihn/sie bekämpfen zu müssen wie einen Virus…). Ich sage nur, wie ich das, was du sagst, wahrnehme. Und dass das, was du sagst, für mich keinen so rechten Sinn ergibt. So wie das, was ich sage, für dich offenbar keinen Sinn ergibt. Muss es ja auch nicht – ich schreibe dir hier einfach, wie ich die Welt und Gott sehe und denke.
– Kriterien bzgl der Höflichkeit: Ich meinte damit, dass es Kriterien gibt, die ich nicht allein als Subjekt festlege (und jeder sie so festlegt, wie es ihm gerade passt), sondern dass es Übereinkünfte zwischen vielen Menschen gibt, ähnlich wie Gesetze, die nicht in jeder Situation individuell-subjektiv neu formuliert werden, sondern für alle an der jeweiligen Gesellschaft Beteiligten relativ stabil gelten. Diese unterscheiden sich von Kulturkreis zu Kulturkreis – wir leben eben in diesem Kulturkreis und da gibt es bestimmte Übereinkünfte, die man getroffen hat, weil man festgestellt hat, dass es sich gut miteinander leben lässt, wenn man sich daran hält, wie zB auch die Goldene Regel.
Zu den restlichen Fragen zu Gottesexistenz und Gotteserkenntnis mache ich dir einen Vorschlag: Da ich keine Philosophin bin – such dir am besten eine/n Philosophen/-in, mit dem/der du deine Probleme über Existenzen und Evidenzen wälzen kannst. Oder einen religiösen Menschen, der mal Atheist war und sich auch mit den philosophischen Fragestellungen eingehender beschäftigt hat, die für dich so zentral sind (spontan fällt mir da Thorsten Dietz ein, der auch schon bei HossaTalk zu Gast war, googel ihn doch mal, ich glaube, mit ihm kann man sich gut über solche Sachen austauschen!). Ich kann dir da nicht weiterhelfen und ich finde auch in dem, was du schreibst, keine so recht hilfreichen Gedanken für mein Leben. Ich denke da ähnlich wie Richard David Precht, der einmal sagte, Philosophie habe eine ähnliche Wirkung wie Alkohol: Die Reise ist nicht besonders zielführend, aber der Weg führt durch schöne Landschaften und die Welt wird leichter, wenn man spürt, wie sie sich dreht. Aber die Beschäftigung mit den großen metaphysischen Fragen könne auch dazu führen, dass man restlos in ihnen versackt. Philosophie liefert, so Precht, keine Antworten auf die großen Fragen des Lebens – ihre Aufgabe sei einfach nur das Nachdenken.
In diesem Sinne stelle ich also hiermit mein Glas ab und wende mich wieder dem Leben zu. Es war interessant, mir dir hier nachzudenken und mein Glaube hat sich dadurch wieder ein Stück verdichtet auf lebensrelevante Fragen – und ich merke, dass Glaube eben etwas sehr anderes ist, als philosophische Thesen oder wissenschaftliche Axiome. Aber ich sehe auch, dass wir beginnen, zu versacken. Daher: Danke für deine Zeit und deine Zeilen. Ich wünsche dir alles Gute auf deiner weiteren Reise durch Sofies Welt. Wer weiß, vielleicht begegnet dir ja sogar irgendwann das Leben.
Katja
Hallo Katja,
ich wollte jetzt eigentlich nichts mehr antworten, aber n paar Punkte dennoch:
Das ist für mich Esoterik. Ich könnte genausogut behaupten, ich würde eine noch höhere Erfahrungsebene betreten können und auf der ist erkennbar, das die „göttliche Realität“ keine Realität ist. Nur beweisen kann ich das nicht, aber du brauchst ja auch keine unmittelbaren Beweise, sondern nur eine postulierte Erfahrungsebene. 1:1. Sozusagen als Quintessenz der gesamten Diskussion.
und:
Warum schreibst du so was? Auf der einen Seite zitierst du die „guten“ Bibelverse und sprichst dich für Würde und Demut aus, machst einen ehrlichen Eindruck, und gleich anschließend teilst du immer wieder mal zwischendurch filigrane Seitenhiebe aus, mit dem du dann doch Menschen (nach deiner Lesart) anderen Glaubens sozusagen en passant diskreditieren willst. Für mich paßt das nicht wirklich zusammen.
In dem Sinne, machs gut, phoen23
Lieber Phoen23,
oh… – das waren keine Seitenhiebe.
Ich dachte, du verstehst dich als philosophierender Mensch und ich wünsche dir wirklich, dass dir das Leben begegnet (ich hätte auch schreiben können: Gottes Segen, aber das mag ich nicht so gerne).
Machs gut
Katja
Hallo Phoen23,
gestern kam der neueste Worthaus-Vortrag von Thorsten Dietz in die Mediathek. Ich hab einiges gelernt und er passt gut zu unserem Austausch. In den kommenden Wochen werden voraussichtlich die anderen Vorträge folgen, die er ankündigt.
https://worthaus.org/worthausmedien/das-geheimnis-8-1-1/
Wie gesagt, ich denke, du kannst dich gut mit ihm über deine Fragestellungen austauschen.
Katja
Ein neuer Worthausvortrag ist in der Mediathek. Passt gut hier rein, finde ich!
https://worthaus.org/worthausmedien/glaube-und-zweifel-8-2-3/
Katja
Hab mir gerade den Ketzertalk gehört und dazwischen eine heiße Diskussion mit meinen Eltern gehabt. Zwei Gedanken:
1. Wenn man mal eine Frau hat weinen sehen, die um ihren verstorbenen Mann, den sie in der Hölle wähnt, trauert, kann man schon glauben, dass radikale Reliquösität ein Virus ist. Es spricht wirklich nichts dafür. Fein raus sind natürlich harmlosae Gläubige, die die Menschen zum Guten bewegen (diesen Faktor kann ich gerne sehen, würde aber auch gerne mal untersuchen, ob es nicht eine schöne, säkulare oder spirituell-esoterische Geschichte für die Welt gibt, die die Menschen motiviert.)
2. Ich glaube nicht, dass Gott einen Menschen verwirft, der es einfach nicht glauben KANN und dem die christliche Theologie teils zu rigide teils zu grausam ist. Was wäre das für ein Gott? Ich bin Agnostiker vom Verstand und gläubig (kein Christ) aus Gemüt. Aber wenn man ans Christentum glaubt, weil es die SCHÖNERE Geschichte ist, dann muss man den Atheisten, die grundsätzlich keinen Fundamentalismus fördern könnten, zu Gute halten, dass sie den Wert der Wahrheit sehr hoch halten und dafür auch leiden (sie verzichten auf den Jesus-Buddy etc.). Fein raus wieder Leute, die in die Kirche gehen, weil sie glauben, dass der Mensch ein spitituelles Wesen ist und in Bildern spricht und sich dann noch so „verbiegen können“, dass sie in diesen argumentieren, auch vor sich selbst. IRgendwie können wir doch alle Clown 😉 Is ne Kernkompetenz…
Kann sein, dass ich erst mal zwei Wochen weg bin und mir den KEtzer gebe, sehr sympathisch.
Kann sein, dass ich erst mal zwei Wochen weg bin und mir den KEtzer gebe, sehr sympathisch.
Sorry, irgendwie ist da beim zitieren und antworten durcheinandergeraten und es lässt sich nicht mehr ändern. Es ist natürlich umgekehrt, meine Antwort steht im Zitat.
Keine Angst, verlieren werdet ihr mich nicht, fühle mich bei euch sehr heimisch und treibe es gerne auch mal mit mehreren :-‚)
Zu der Virus-Sache: Ich haben den Gotteswahn von Richard-Dawkins großenteils gelesen. Ich finde es sehr gefährlich, Glaube als Krankheit zu deuten, wegen der Menschenrechte, global gesehen ist das verantwortungslos. Aber in einem Buch von mir für Evangelikale beschreibe ich sie als „Virus im freundschaftlich gesprochenen Sinne“. Ich denke der Ketzer hat den Punkt getroffen: Es geht um Konditionierungen, den Schlüsselbegriff der neueren Psychologie. Die Gläubigen sind auf ein Wort/eine Kunstfigur („Jahwe“) konditioniert und fürchten ihn und seine Hölle. Die Hölle der Moslems lässt sie völlig kalt. Durch meine Krankheit weiß ich, wie es sich anfühlt, in einem Film zu leben. Ähnlich ergeht es Gläubigen, Argumente können Sie oft erkennen, fallen aber nach Sekunden wieder in ihre Prägungen und erzählen, was sie auch Gutes machen oder was die anderen auch schlechtes machen. Sie sind regelrecht getrieben, glauben dann manchmal überraschenderweise, dass ausgerechnet ihre Oma nicht in der Hölle ist, obwohl sie das nach ihrer LEhre sein müsste (solche Ausnahmen können psychisch Kranke auch machen, sie leben in zwei Welten). Ich würde einen krankhaften Glauben als Vorstufe zur Geisteskrankheit sehen (die Grenzen sind ja fließend) und als Vorhof zur Hölle. In der Psychologie gibt es die Folie-a-deux, das ist, wenn eine gesunde Person den Wahn ihres Partners übernimmt. Schwer zu sagen, ob Jesus krank war (gewisse Denkschemata wie dasjenige, das die Geschichte sich in ihm erfüllt und er die Gesetze), weisen darauf hin. Die Gläubigen wären in diesem Modell der Partner. Dafür spricht auch, dass Gläubige mehr oder weniger lauer werden oder gar in der Praxis abfallen (und über den Überbau gar nicht mehr nachdenken), wenn sie nicht mehr in die Gemeinde gehen und sich prpagandamäßig in den Kreis setzen, um einen Vortragenden anzuhören, der über einen Gott mit absoluter Gewissheit spricht, den niemand je gesehen hat (und der diese Gewissheit oft spielt, weiljede Meinung, mit genügend Schmackes rübergrebracht, ihre Anhänger findet). Bei den Partner der Wahnkranken ist das ähnlich, die gesunden, wenn man sie vom PArnter trennt.
Yep. Im Großen und Ganzen mache ich ganz ähnliche Beobachtungen. Das wäre für mich jetzt nicht per se ein Argument gegen den Glauben an Gott, sondern eher ein Argument dafür, wie schwierig es ist, die menschliche Existenz zu deuten und wie anfällig jeder von uns dabei ist für „confimation bias“, Manipulation und Wunschdenken. Ob mit oder ohne Glauben an Gott, stolpern wir über diese Fallen doch immer wieder.
LG,
der Jay