#229 Was wollen wir hoffen

Trost, Utopie, oder Jenseits-Vertröstung?

Im ersten Duo-Talk 2024 machen sich Jay und Marco Gedanken über die Hoffnung. Ein großes Wort, das sich in dem Dreiklang aus Glaube, Liebe und Hoffnung so schnell sagen lässt und gleichzeitig oft so wenig konkret ist. Auch gesellschaftlich, in Podcasts, Büchern und Titelschlagzeilen wird dieser Tage viel über die Hoffnung und der Frage danach geredet und nachgedacht. Können wir etwas beitragen zu diesen Gesprächen? Was genau hoffen wir eigentlich? Worauf? Und womit begründen wir das? Persönlich und aus der Perspektive des christlichen Glaubens?  Ist diese Hoffnung mehr als eine wie auch immer geartete Jenseits-Erwartung? Gibt es da etwas, das uns in Krisen, Krieg und Trauer wider alle Umstände trotzdem hoffen lässt? 

Ein Gespräch, das den Versuch unternimmt den Begriff Hoffnung mit Leben zu füllen und konkreter werden zu lassen und wie so oft mehr Fragen als Antworten bereit hält. Und dennoch ein Talk, der hoffentlich Spuren von Hoffnung enthält. 

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19 Kommentare zu „#229 Was wollen wir hoffen“

  1. Hallo!
    Diese Folge ist ein echtes Highlight! Der weise Jay hat alles richtig und in angemessener Weise dargestellt. Aber nicht nur das: Er hat auch einen Gedanken gebracht, den ich gar nicht kannte und auf den ich nie gekommen wäre, nämlich die Zuordnung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft auf Glaube, Liebe und Hoffnung. Da habe ich echt was gelernt. Hoffentlich merke ich mir das Schema!
    Marco klang auch nett.
    Alles Gute!

  2. Hey ihr zwei,
    Ich bin erst am Anfang mit dem Hören, aber ich möchte gleich etwas loswerden zu der Sache mit der Beerdigung und der Frage nach Hoffnungsvollem vs.(?) Dekonstruktion.
    [Vorweg: Vielleicht ist meine Dekonstruktion auch eine andere als eure und weniger intellektuell als existenziell – ich nenne meinen Prozess jedenfalls nicht so und es ist für mich auch nichts, was mir „Spaß macht“ (in einem anderen Talk habt ihr ja auch gesagt, dass das ja nichts ist, was ihr just for fun macht….)]

    Ich empfinde eure Gespräche, gerade auf eurem Weg der „Dekonstruktion“, als etwas Hoffnungsvolles. Denn ich weiß dadurch, ich bin nicht alleine mit meinen Fragen. Und das wäre doch genau etwas, was ihr Leuten zu geben habt und auch immer wieder rückgemeldet bekommt, dass sie sich dadurch weniger alleine fühlen und verstanden. Für mich wäre das am Grab die wichtigste und hoffnungsvollsten Geste,dass mir jemand zeigt, dass ich nicht alleine bin mit meinen Gefühlen, meiner Trauer, Wut, Angst, Unsicherheit, Hilflosigkeit… Dass er das vllt selbst schon durchgemacht hat. Dass er das auch durchgestanden hat. Ich weiß gar nicht, ob es mir akut so viel Hoffnung geben würde, wenn mir am Grab dann jemand etwas Frommes sagt oder mich auf Gewissheiten bzgl eines Himmels verweist.

    Mich habt ihr in oder trotz oder wegen (?) eurer Gespräche, die ja auch eure „Dekonstruktion“ spiegeln, jedenfalls hoffnungsvoll gemacht, dass ich doch noch irgendwas Sinnvolles im Glauben finden kann.

    1. Liebe Katja,
      80% Zustimmung 😉
      Du hast für dich genommen vollkommen Recht (und auch für ganz viele andere). Wenn ich Marco richtig verstanden habe, hatte er am Grab aber eben den Eindruck, dass es an diesem Ort eine Menge Menschen gegeben hat (die anderen 20%?), denen seine Dekonstruktion wenig Trost gewesen wäre. Menschen brauchen zu unterschiedlichen Zeiten Unterschiedliches. Und wenn man um einen Menschen trauert, hat die mögliche Nichtexistenz Gottes u.U. weniger Hoffnungs- und Trotzkraft als der Glaube daran, dass dieser Verlust in den liebevollen Händen Gottes (gut) aufgehoben ist. Aber ja, es mag auch Menschen an diesem Grab gegeben haben, denen gerade der Zweifel daran mehr geholfen hätte als der Zuspruch. Aber vermutlich trügt Marcos Gefühl nicht, dass es an einem solchen Ort prozentual eher umgekehrt ist.

      LG,
      der Jay

      1. Hey Jay,
        na klar hab ich für mich gesprochen 🙂

        Es klang für mich einfach generell so ernüchtert, was ihr über euch gesagt habt. Wie ein: wir haben jetzt wegen unserer Dekonstruktion Leuten in echt schweren Lagen nichts mehr zu geben/zu sagen – und das empfinde ich für meine schweren Lagen nicht so.

    2. Das verstehe ich nicht. Warum sollten andere Menschen die Fragen haben, also auch keine Ahnung haben, Hoffnung geben?
      Das du dich nicht alleine fühlst und das als angenehm empfindest, kann ich nachvollziehen. Die geste am Grab kann allenfalls Solidarität ausdrücken.
      Aber wo ist da die konkrete Hoffnung?
      Viele Grüße Andreas

      PS Vielleicht habe ich dich auch nicht verstanden.

      1. Hallo Andreas,
        Ich versuchs mal. Vielleicht sind meine Gedanken auch tatsächlich nicht so griffig 🙈

        Es ist für mich etwas Konkretes, wenn ich in einer schweren Situation, wie bspw bei einer Beerdigung, jemanden an meiner Seite habe, der meine Lage kennt. Weil er sie selbst schon durchgemacht und. Und das gibt mir Hoffnung,dass ich an dieser Lage nicht verzweifeln werde,weil ich nicht alleine bin. Und weil ich weiß, dass sie „überstehbar“ ist.

        Im Bezug auf die Situation mit dem Tod eines geliebten Menschen oder anderen Verlusten war es für mich so, dass die „klaren“ frommen und als Hoffnung geltenden Antworten: „ihr werdet euch ja im Himmel wiedersehen!/Im Himmel wirst du dafür tausendmal mehr Freude haben als jetzt das kurze irdische Leiden!“ irgendwann bei mir dazu geführt haben, dass ich eine sehr starke Todessehnsucht entwickelt habe, oft jeden Abend beim Einschlafen gebetet habe, dass ich bitte nicht mehr aufwache, damit ich endlich in diesem verheißenen neuen Leben sein kann ohne dieses Leid.
        Das hat mich aber eben gerade nicht hoffnungsvoll gemacht, sondern depressiv.
        Es gibt mir also mehr Hoffnung für mein Leben, wenn ich Menschen zur Seite habe, die vielleicht keine solchen klaren Gewissheits-Antworten habe , aber dafür mir mir durchgehen.
        Ich glaube auch nicht, dass am Grab meine wichtigste Frage ist: Gibt es einen Himmel und ein Wiedersehen? Sondern: wie geht mein Leben jetzt konkret weiter? Und da finde ich es hoffnungsvoll,wenn ich Leute habe, die mit mir weiter im Leben sind und mit mir fühlen.

        1. Und weil ich weiß, dass sie „überstehbar“ ist.
          Aha, das fehlte mir – das macht jetzt Sinn – danke!

          Deine letzten Sätze kann ich voll unterstreichen:
          „Ich glaube auch nicht, dass am Grab meine wichtigste Frage ist: Gibt es einen Himmel und ein Wiedersehen? Sondern: wie geht mein Leben jetzt konkret weiter? Und da finde ich es hoffnungsvoll,wenn ich Leute habe, die mit mir weiter im Leben sind und mit mir fühlen.“

          Ein schönes Wochenende wünsche ich dir!
          Andreas

  3. Das sind die Talks, die mir am liebsten sind – mit einem Thema, an das man sich dranhängen und weiterdenken kann.

    Ich fühlte mich beim Hören daran erinnert, dass ich kürzlich mit Corona und 39,2 Fieber im Bett lag. Bei 39,1 hatte ich Hoffnung gehabt, dass es besser wird, und hätte ich fiebersenkende Mittel genommen, dann hätte ich vermutlich noch mehr Hoffnung gehabt.

    Und das passt zu dem, was ihr über Frankl sagt: dass der Mensch einen Sinn braucht, um Hoffnung haben zu können. Denn Sinn heißt ja eigentlich „Richtung“, das haben wir noch im „Uhrzeigersinn“ drin, und das ist genau das, was mir bei Corona Hoffnung gemacht hat: dass die Richtung (zum Guten) stimmt.

    Vielleicht ist die Auferstehungskraft, mit der Gott die Welt neu macht, also auch so eine Art fiebersenkendes Mittel, wobei ganz am Ende die 36,5 steht, aber man sich, von 39,2 kommend, auch schon über 39,1 freuen kann – also übersetzt: über jedes Gebet, jeden charakterlichen Fortschritt, jede gute Begegnung, die einem Hoffnung gibt, dass das, was Gott angefangen hat, auch zu Ende bringen wird.

  4. Ihr sagt, ‚ein Grund für Hoffnung haben Christen durch ihren Glauben.‘

    Finde ich ehrlich gesagt irrational. Und zwar dann, wenn der Glaube ebenfalls nur Theorie ist – z.B. der Galube an die Bibel, wenn es hierfür keine Begründung in Form von Belegen gibt. Wobei Belege natürlich alles sein kann, also nicht unbedingt wissenschaftlich sein müssen.

    Beispiel:
    Die Hoffnung, dass meine Bremsen am Auto in Ordnung sind, weil ich daran glaube, dass eine Überprüfung der Bremsen, durch eine Fachwerkstatt, stattgefunden hat,
    ist irrational, wenn ich nicht WEIß, ob diese Überprüfung tatsächlich gemacht wurde, – denn Belege oder ähnliches habe ich nicht.

    Wer macht so was??

    Hoffnung, vor allen Dingen wenn deren Erfüllung lebensnotwendig ist, muss doch auf einem soliden Grund stehen! Das muss doch rational begründbar sein.

    Wer einen solchen Grund nicht hat, sollte nicht so blauäugig oder oberflächlich sein, seine Hoffnung auf nichts zu setzen.

    Viele Grüße Andreas

    1. Ganz genau. Und genau deshalb – also wenn deine beschriebene Form des Glaubens/ Hoffens die einzige Begründung für glauben, hoffen, lieben wäre, die denkbar ist, wenden sich so viele vom christlichen Glauben ab. Denn der funktioniert auf dieser Ebene nur mit viel Einbildungskraft und Verdrängungsmechanismen. Die Bibel ist geradezu eine Gegenthese zu dem, was du formuliert hast. Ich lese sie seit über 40 Jahren immer wieder gerne, liebe sie und lebe aus ihr, aber das, was du ihr unterjubelst, kann ich in ihr nicht finden.

      LG,
      der Jay

  5. Hallo Jay
    Die Bibel ist für sich allein betrachtet doch nur Theorie.
    Wer darauf vertraut nur weil so viele Menschen sie gut finden oder sonstiger Meinungen oder weil man selber sie toll findet – verhält sich irrational.

    Die Bibel ist in dieser Hinsicht also gerade keine Genethese! Das du sie gerne liest und liebst, ändert doch nichts an der Tatsache, dass sie lediglich Theorie ist; insbesondere in den Fragen der Neuwerdung, des Himmelreichs, des ewigen Lebens, etc., reicht es doch nicht aus, dass es dort behauptet wird. Also, die Hoffnung auf Neuwerdung, ewiges Leben, etc. damit zu begründen, weil es in der Bibel steht – ist zu wenig – das ist und bleibt irrational – deswegen wird dieser Glaube, diese Hoffnung auch nicht tragen.

    Viele Grüße Andreas

    1. Äh, das verstehe ich jetzt nicht. Bist du nicht oben davon ausgegangen, dass die christliche Hoffnung deshalb analog zu den Berechnungen von Ingenieuren (Bremsen am Auto) vertrauenswürdig ist, weil die Bibel diese (ähnlich überprüfbar wie eine Ingeneursberechnung) bezeugt? So hatte ich dich verstanden. Und darauf habe ich geantwortet, dass die Bibel exakt dieses gerade nicht leistet. Im Gegenteil. Deine Antwort darauf verstehe ich nun nicht. Worin besteht denn nun die Sicherheit die du hier andeutest? Kannst du das ein bisschen erklären?

      Und kannst du bitte auch ausführen, was du mit „irrational“ meinst? Mach allem was ich von dir gelesen habe, fällt es mir schwer, davon auszugehen, dass du den Begriff korrekt benutzt.

      LG,
      der Jay

  6. Was für eine tolle Folge.
    Die habe ich mir seit Jahren gewünscht!
    Endlich redet man mal über den Kern des christlichen Glaubens, ganz nahbar, unverblümt und mit allen Zwickmühlen.

    Meine StandardAusrede für „Kalendersprüche“ ist die, dass „der Hl. Geist“ auch diese lebendig werden lassen kann in uns.
    Und dann wird es schön, unbeschreiblich schön, so schön, dass man es nicht mehr in Worte fassen kann, „weil es wie Tanzen über Architektur“ wäre.

    Glaube – Liebe – Hoffnung
    Vergangenheit – Gegenwart – Zukunft
    Welch ein großes Bild!!!

    1. Die im Talk zitierte Rede Martin Luther Kings endet mit der „Utopie“:
      „Und wenn dies geschieht, wenn wir zulassen, dass die Freiheit von jedem Dorf und jedem
      Weiler erschallt, von jedem Staat und jeder Stadt, dann werden wir jenen Tag herbeiführen,
      an dem alle Kinder Gottes, Schwarze und Weiße, Juden und Heiden, Protestanten und Katholiken, sich die Hände reichen und die Worte dieses alten Spirituals singen können:
      Endlich frei! Endlich frei!
      Danke, allmächtiger Gott, wir sind endlich frei!“

      Ich könnte mich nicht erinnern, dass dieses „Große Denken“ bei den PartikularVeranstaltungen „Black Lives Matters“, „Me2“ oder auch bei den deutschen Protesten (Querdenker, Bauern, „gegen Rechts“) zu beobachten wäre.
      Und das stimmt mich überhaupt nicht hoffnungsvoll! !!! !

  7. Wir beide als Navigator und Kapitän auf einem Schiff, wir kämen nie an! 🙂

    Was du aus meinem Beispiel liest ist abenteuerlich.

    Ich hatte ursprünglich geschrieben:“Finde ich ehrlich gesagt irrational. Und zwar dann, wenn der Glaube ebenfalls nur Theorie ist – z.B. der Glaube an die Bibel, wenn es hierfür keine Begründung in Form von Belegen gibt.“

    Also der Glaube einzig und allein an die Bibel – ohne irgendwelche rationale Begründung/Belege – ist eben nicht „… ähnlich überprüfbar wie eine Ingenieursberechnung“ = Das Gegenteil von dem, was du herausgelesen hast 🙂

    So habe ich euch verstanden: ihr habt Hoffnung, z.B. auf das ewige Leben und stützt eure Hoffnung auf einen Glauben, der daran glaubt, dass die Aussagen in der Bibel stimmen, obwohl es nur Theorie ist. Und hierzu habe ich ein Beispiel gegeben, dass deutlich macht, wie irrational so eine Hoffnung ist, wenn sie sich ebenfalls nur auf eine Theorie stützt.

    Die Hoffnung ist Theorie und das Fundament auf dem sie steht, ist ebenfalls Theorie – das nenne ich irrational.

    Ich wünsche Dir ein schönes Wochenende
    Andreas

    Wenn dich meine Nachrichten nerven dann denk daran, dass ich vielleicht aus einem anderen Denkuniversum stamme – deshalb vielleicht die Irritationen.

    1. Und wie belegst du nun deine Hoffnung?
      Jay

      PS
      Es ist tatsächlich so, dass ich mit Deinen Kommentaren nur wenig anfangen kann, bzw nicht verstehe, was du aussagen möchtest.

      ZB

      Die Hoffnung ist Theorie und das Fundament auf dem sie steht, ist ebenfalls Theorie – das nenne ich irrational.

      Wieso steht meine Hoffnung auf dem Fundament einer Theorie und deine nicht?

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